Beratungskompetenz in der Altenhilfe - Jürgen Link - E-Book

Beratungskompetenz in der Altenhilfe E-Book

Jürgen Link

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Beschreibung

Beratungsanlässe in der Pflege gibt es viele: der Erstbesuch, der Beratungsbesuch nach § 37 Abs. 3 SGB XI, die Anleitung zur Pflege in der Häuslichkeit sowie die besondere Beratungssituation bei demenziell erkranken Menschen und ihren Angehörigen. Gerade Pflegedienstleitungen sind hier gefordert. Sie müssen ihr Portfolio kennen, Bedarfe erkennen und möglichst effizient befriedigen. Dieses Buch zeigt, welche fachlichen, rechtlichen, kommunikativen und personalen Kompetenzen ein Berater braucht. Für alle Beratungsanlässe und Adressaten werden unterschiedliche Methoden und Vorgehensweisen beschrieben.

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Jürgen Link ist Diplom-Verwaltungswirt/Betriebswirt und arbeitete viele Jahre in leitenden Positionen als Sozialdezernent und in der Altenhilfe. Er ist Inhaber der Firma JuLi-Beratung in Kirchheim am Neckar (www.juliberatung.de).

» Der Erfolg von ambulanten und stationären Einrichtungen der Altenhilfe bemisst sich an ihrer Beratungskompetenz und ihren Beratungsangeboten.«

JÜRGEN LINK

pflegebrief

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Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN 978-3-89993-993-4 (Print)ISBN 978-3-8426-8974-9 (PDF)ISBN 978-3-8426-8975-6 (EPUB)

© 2019 Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG,Hans-Böckler-Allee 7, 30173 Hannover

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der gesetzlich geregelten Fälle muss vom Verlag schriftlich genehmigt werden. Alle Angaben erfolgen ohne jegliche Verpflichtung oder Garantie des Autoren und des Verlages. Für Änderungen und Fehler, die trotz der sorgfältigen Überprüfung aller Angaben nicht völlig auszuschließen sind, kann keinerlei Verantwortung oder Haftung übernommen werden. Die im Folgenden verwendeten Personen- und Berufsbezeichnungen stehen immer gleichwertig für beide Geschlechter, auch wenn sie nur in einer Form benannt sind. Ein Markenzeichen kann warenrechtlich geschützt sein, ohne dass dieses besonders gekennzeichnet wurde.

Titelbild: pressmaster - stock.adobe.com

Covergestaltung und Reihenlayout: Lichten, Hamburg

Inhalt

Vorwort

1Die Beratungskompetenz

1.1Die fachliche Kompetenz

1.2Die rechtliche Kompetenz

1.3Die kommunikative Kompetenz

1.3.1Wir kommunizieren ständig

1.3.2Die Ebenen der Kommunikation

1.3.3Das »Vier-Ohren-Modell« von Schulz von Thun

1.3.4Wahrnehmung und Beurteilungsfehler in der sozialen Wahrnehmung

1.3.5Wie funktioniert überhaupt unsere Wahrnehmung?

1.3.6Beurteilungsfehler in der sozialen Wahrnehmung

1.3.7Fremdbild und Selbstbild

1.4Die personale Kompetenz

1.5Die empathische Kompetenz

1.6Zuhören und Interpretieren

1.6.1Aktiv zuhören

1.6.2Fragetechniken für den Informationsgewinn

1.7Test: Sind Sie ein kompetenter Berater?

1.7.1Selbsttest zur Beratungskompetenz

1.7.2Auswertung

1.8Kompetenzraster

2Gesetzliche Grundlagen der Beratung

2.1Die gesetzliche Krankenversicherung (SGB V)

2.1.1§ 37 Häusliche Krankenpflege

2.2Das Pflegeversicherungsgesetz (SGB XI)

2.2.1§ 3 Vorrang der häuslichen Pflege

2.2.2§ 4 Art und Umfang der Leistungen

2.2.3§ 14 Begriff der Pflegebedürftigkeit

2.2.4§ 45b Entlastungsbetrag

2.2.5§ 42 Kurzzeitpflege

2.2.6§ 39 Häusliche Pflege bei Verhinderung der Pflegeperson

2.2.7§ 41 Tagespflege und Nachtpflege

2.2.8§ 43 Vollstationäre Pflege

2.2.9§ 40 Pflegehilfsmittel und wohnumfeldverbessernde Maßnahmen

2.2.10§ 120 Pflegevertrag SGB XI bei häuslicher Pflege

2.2.11Inanspruchnahme eines ambulanten Dienstes

2.2.12Selbstzahler

2.3Sozialhilferecht (SGB XII)

2.4Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB)

2.4.1Vertragsrecht

2.4.2Betreuungsrecht (Betreuungsgesetz)

2.4.3Vorsorgevollmacht

2.4.4§ 1901a Patientenverfügung

2.4.5Betreuerverfügung

3Grundlagen einer Beratung

3.1Ihre Checkliste fürs Gespräch

3.2Beraten heißt nicht bestimmen

3.2.1Der Betroffene steht im Mittelpunkt

3.2.2Bei widerstreitenden Interessen schlichten

3.2.3Lösungsmittel »Mediation«

3.3So schaffen Sie eine positive Atmosphäre

3.4Wichtige Methoden in der Beratung

4Der Erstbesuch im ambulanten Bereich

4.1Die Chance, einen Kunden zu gewinnen

4.1.1Das äußere Erscheinungsbild

4.1.2Terminvereinbarung und Terminerinnerung

4.2Ablauf eines Erstbesuchs

4.2.1Die Begrüßung

4.2.2Das Gespräch beginnt

4.2.3Die konkreten Fragen klären

4.2.4Nutzen Sie Ihre Sinne

4.3Erkenntnisse speichern und auswerten

4.4Das Portfolio möglicher Hilfen und Leistungen und ihre Finanzierung

4.5Informationen strukturieren und verständlich machen

4.6Kriterien der Wahl eines Pflegedienstes aus Sicht der Kunden

5Der Pflegeberatungsbesuch nach § 37 Abs. 3 SGB XI

5.1Rechtliche Grundlagen

5.2Ziele des Pflegeberatungsbesuchs

5.3Die besondere Situation der Betroffenen

5.4Vorbereitung des Pflegeberatungsbesuchs

5.5Durchführung des Pflegeberatungsbesuchs

5.6Beratung zur Verbesserung der Pflegesituation

5.7Die Intervalle der Pflegeberatungsbesuche

5.8Die Dokumentation des Pflegeberatungsbesuchs

5.9Folgen der Ablehnung des Pflegeberatungsbesuchs

5.10Wenn die Pflege nicht sichergestellt ist

5.11Beratungsbesuche als Werbung

6Anleitung zur Pflege in der Häuslichkeit

6.1Rechtliche Grundlagen

6.2Ziele der Anleitung

6.3Bereiche der Anleitung

6.4Phasen der Anleitung

6.5Besondere Problemstellungen

6.5.1Die Balance zwischen professioneller Fachlichkeit und Laienpflege

6.5.2Belastungssituation pflegender Angehöriger

6.5.3Unterstützungsangebote für pflegende Angehörige

7Beratung von demenziell erkrankten Menschen und ihren Angehörigen

7.1Die Besonderheiten

7.1.1Das Demenzstadium erfassen

7.1.2Vorhandene Ressourcen des Betroffenen nutzen

7.1.3Die Biografie als Informationsquelle

7.2Der Pflegebedürftige im Mittelpunkt

7.3Die Rolle der pflegenden Angehörigen

7.3.1Mögliche Auswirkungen einer Demenz

7.3.2Befindlichkeiten, Kräfte und Grenzen der pflegenden Angehörigen erkennen

7.3.3Tabus ernst nehmen

7.3.4Demenz – der lange Abschied

7.4Pflege ist auch soziale Betreuung

8Beratung im teil- und vollstationären Bereich

8.1Das besondere Beratungs-Setting

8.2Beratungsanlässe

8.2.1Beratung bei Interesse an einer Aufnahme in die Einrichtung

8.2.2Beratung über die Kosten der Pflege und Versorgung

8.2.3Beratung zu den Leistungen der Einrichtung

8.2.4Beratung zum Pflegeverständnis und der Versorgungsqualität

8.2.5Beratung bei »schlechtem Gewissen« der Angehörigen

8.2.6Beratung zur neuen Rolle des Angehörigen

Schlusswort

Literatur

Register

Vorwort

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

unsere Gesellschaft hat sich zu einer »Beratungsgesellschaft« entwickelt und ein Ende dieses Trends ist nicht abzusehen. Für alle Lebenslagen gibt es Beraterinnen und Berater1: Finanzberater, Immobilienberater, Rechtsberater, EDV-Berater, Karriereberater etc.

Diese Entwicklung ist nachvollziehbar, wenn man anerkennt, dass unsere Lebenswelt immer komplizierter und unüberschaubarer geworden ist. Da hilft auch das allwissende World Wide Web nicht weiter. Im Gegenteil, es bringt uns eine noch größere Informationsfülle, die wir letztlich weder zu- noch einordnen können und die unsere Entscheidungen oftmals eher noch erschwert.

Berater gibt es zwischenzeitlich wie Sand am Meer, mal glitzernd, mal eher grobkörnig oder auch als kleine Felsen in der Brandung. Berater kann jeder werden. Es gibt weder eine entsprechende Ausbildung noch einheitliche Profile. Und damit haben wir schon einen weiteren Beratungsbedarf: »Welcher ist der für mich und mein Problem geeignete Berater?«

Doch nun zu unserem speziellen Thema: die Beratung in der Altenhilfe. Das gleiche Problem der unüberschaubaren Fülle taucht auch hier auf. Die Angebote von Hilfen, die Suche nach dem idealen Leistungsanbieter, die rechtlichen Zusammenhänge und mögliche Finanzierungen sind u. a. durch die Gesetzesreformen des SGB V und des SGB XI immer undurchsichtiger geworden.

Auch der Gesetzgeber hat dies erkannt und im Pflegestärkungsgesetz III sogar den Anspruch auf Pflegeberatung verankert und damit zugleich die Pflegekassen verpflichtet, niederschwellige Beratung in allen Fragen der Pflege anzubieten.

Aufgrund der demografischen Entwicklung ist nicht nur die Altenhilfe selbst, sondern auch die Beratung in Fragen der Altenhilfe ein »Wachstumsmarkt«!

Dieses Buch möchte Sie dabei unterstützen, Ihren Auftrag als Berater mit hoher Qualität und zur Zufriedenheit Ihrer Klientel umsetzen zu können.

Ich hoffe, es ist mir gelungen, diesem Anspruch gerecht zu werden.

Viel Erfolg und auch Spaß beim Lesen

IhrJürgen Link

Dieses Buch entstand durch eine lange Diskussion mit meiner Frau und Mitarbeiterin Elke Link, die eine Seminarreihe zur Beratungskompetenz vorbereitet und schon mehrfach erfolgreich gehalten hat. Unsere intensiven Gespräche führten schließlich dazu, ein Fachbuch über die Beratung in der Altenhilfe und die notwendigen Kompetenzen von Beraterinnen und Beratern zu schreiben. Nun ist meine Frau aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit als Pflegedienstleitung von ambulanten Diensten eher sehr praktisch veranlagt. Also lag es an mir, all unsere Überlegungen und Grundlagen von guter Beratung zu Papier zu bringen.

Für die wertvollen Hinweise (»Das ist nicht schlecht!«2) und die konstruktive Kritik im Sinne von »Das versteht so kein Mensch« oder »Kann man das nicht praktischer erklären?« danke ich meiner Frau von Herzen!

_____________

1 Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichte ich künftig auf die weibliche Form »Beraterin«.

2 Für Nichtschwaben: »Ist nicht schlecht« ist eine hohe Form von Lob!

1  Die Beratungskompetenz

Definition Beratungskompetenz

Beratungskompetenz ist die Kompetenz, andere Menschen so beraten zu können, dass diese sich wahrgenommen fühlen, Vertrauen in den Berater entwickeln können und seine Ratschläge als Grundlage ihrer Entscheidungen gut nutzen und umsetzen können.

Es geht also bei der Beratungskompetenz im Wesentlichen um drei Faktoren (Abb. 1).

Abb. 1: Die Faktoren einer guten Beratung.

Also ist eine gute Beratung gar nicht so schwer? Nun, wenn dies so wäre, könnte dieses Buch hier enden oder wäre wahrscheinlich gar nicht geschrieben worden. Doch so einfach ist es eben nicht.

Die Beratungskompetenz wird von mehreren Eigenschaften und Verhaltensweisen bestimmt, die sich voneinander unterscheiden lassen (Tab. 1).

Die spannende Frage ist dabei, ob man »Berater« lernen kann. Meine These lautet dazu: Man kann Beratung lernen, allerdings sollten die genannten Eigenschaften (Tab. 1) zumindest teilweise ausgeprägt vorhanden sein. Denn die Eigenschaften eines Menschen grundlegend zu verändern, ist nach vielfältiger Erfahrung nicht möglich. Was Sie aber sehr gut erlernen können, sind die genannten Verhaltensweisen. Die lassen sich trainieren! Womit wir wieder bei diesem Buch wären.

Tab. 1: Faktoren der Beratungskompetenz

Neben und ergänzend zu den gerade genannten Eigenschaften und Verhaltensweisen benötigt ein guter Berater in der Pflege verschiedene Kompetenzen, die in der Übersicht (Abb. 2) dargestellt sind und nachfolgend ausführlich beschrieben werden.

Die fachliche und die rechtliche Kompetenz sind sehr gut erlernbar, d. h., Sie können sie sich durch Ausbildung und Fortbildungen aneignen. Die übrigen Kompetenzen liegen primär in Ihrer Person. Es sind also Eigenschaften, die nicht oder nur sehr schwer »erlernbar« sind. Aber ich bin mir sicher, dass Sie sie bereits mitbringen, denn sonst würden Sie dieses Buch gar nicht lesen.

Abb. 2: Die wichtigen Kompetenzen eines guten Beraters.

1.1Die fachliche Kompetenz

Die fachliche Kompetenz eines Beraters in der Altenhilfe umfasst das notwendige Wissen in allen Fragen der Grund- und Behandlungspflege, hauswirtschaftlichen Versorgung und sozialen Betreuung von pflegebedürftigen Menschen.

Dazu ist es notwendig,

• den grund- und behandlungspflegerischen Bedarf in Abhängigkeit von den Einschränkungen, aber auch den Ressourcen des Pflegebedürftigen sachgerecht beurteilen zu können,

• die (häusliche) Situation umfassend zu betrachten,

• die Ressourcen, aber auch die Grenzen der pflegenden Angehörigen zu erkennen,

• die Notwendigkeit einer sozialen Betreuung und sozialer Kontakte für den Pflegebedürftigen einzuschätzen.

Diese Kompetenzen erfordern im Regelfall eine abgeschlossene Ausbildung zur Altenpflegerin bzw. zum Altenpfleger oder zur Gesundheits- und Krankenpflegefachkraft.

Mehr zur fachlichen Kompetenz erfahren Sie in den nachfolgenden Kapiteln, jeweils abgestimmt auf die spezifische Beratungssituation.

1.2Die rechtliche Kompetenz

Neben der fachlichen Kompetenz benötigen Sie als Berater umfangreiche und vor allem aktuelle Kenntnisse aller relevanten Rechtsvorschriften aus dem Bereich des Krankenversicherungs- und des Pflegeversicherungsgesetzes, aber auch der Sozialhilfe. Daneben spielen auch die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches, z. B. das Vertragsrecht und die Geschäftsfähigkeit, eine Rolle. Auch das Betreuungsrecht ist in vielen Beratungssituationen von Bedeutung.

Abb. 3: Wichtige Rechtsgrundlagen für die Beratung in der Altenhilfe.

Fazit Bleiben Sie auf dem Laufenden!

Die rechtlichen Grundlagen haben sich in den letzten Jahren häufig verändert, nicht zuletzt durch die Pflegestärkungsgesetze I bis III. Es reicht daher nicht aus, wenn Sie sich quasi nur ein einziges Mal mit den rechtlichen Grundlagen befasst haben. Sie müssen tatsächlich alle rechtlichen Änderungen in diesem Bereich beobachten und Ihr Wissen ständig auf dem neuesten Stand halten.

Im nächsten Kapitel (Kap. 2) erläutere ich Ihnen deshalb die wesentlichen, aktuellen Rechtsvorschriften3 und ihre Zusammenhänge. Doch lassen Sie uns nun zunächst weitere wichtige Kompetenzen eines Beraters näher betrachten.

1.3Die kommunikative Kompetenz

Der gute Berater holt den Ratsuchenden mit seinen Fragestellungen und Problemen ab und verbindet diese mit seinem Wissen und seiner Erfahrung in den angesprochenen Themen mit dem Ergebnis:

• zunächst mehr von der Situation des Ratsuchenden zu erfahren,

• den Ratsuchenden da abzuholen, wo er mit seinen Problemen steht,

• auf dieser Grundlage mögliche Handlungsmöglichkeiten zu erarbeiten,

• das Wissen des Ratsuchenden zu erweitern,

• den Blick für mögliche Handlungsalternativen zu öffnen,

• den Ratsuchenden möglicherweise auch bei der Umsetzung von getroffenen Entscheidungen begleitend zu unterstützen.

Der »Antityp« eines guten Beraters ist demzufolge durch eine Reihe anderer Attribute gekennzeichnet: Er

• hört nicht zu,

• hat keine Ruhe und keine Zeit,

• interessiert sich nicht für Details einer Situation,

• arbeitet mit vorgefertigten Lösungen,

• weiß alles besser,

• drängt seine Lösungen auf,

• interessiert sich nicht dafür, wie es dem Ratsuchenden mit der getroffenen Entscheidung geht.

Unter Umständen hatten Sie schon mal eine Begegnung mit einem »Antityp-Berater« und haben gespürt, wie wenig Sie sich verstanden fühlten, dafür umso mehr »überfahren« und gedrängt von den Ratschlägen.

Kommunikation ist eine der schwierigsten »Disziplinen« im menschlichen Zusammenleben. Sie ist geprägt von Missverständnissen und Irritationen. »Gesagt ist nicht gemeint, gesagt ist nicht gehört, gehört ist nicht verstanden und verstanden ist nicht einverstanden«, brachte es einmal Konrad Lorenz, ein bekannter österreichischer Verhaltensforscher, auf den Punkt. Wenn Sie diese Faustregeln kennen und sie bei Ihrer Kommunikation berücksichtigen, vermeiden Sie bereits grundlegende Fehler und erleichtern damit die Verständigung. Kurzum: Sie müssen ständig überprüfen, ob Sie wirklich gesagt haben, was Sie meinten bzw. was bei Ihrem Gesprächspartner angekommen ist und wie er zum Gehörten steht.

Übrigens geht es bei der Eigenschaft »kommunikativ« nicht darum, dass Sie besonders viel reden. Gute Kommunikation besteht nicht nur aus Sprache. Ein kommunikativ guter Berater ist vielmehr in der Lage, die verbalen, nonverbalen und paraverbalen Signale seines Gesprächspartners durch aufmerksames Zuhören und Beobachten aufzunehmen und zu verarbeiten.

1.3.1Wir kommunizieren ständig

Die bekannte Aussage von Paul Watzlawick, einem berühmten amerikanisch-österreichischen Kommunikationswissenschaftler, lautet: »Der Mensch kann nicht nicht kommunizieren!«

Watzlawick meint damit, dass beim Aufeinandertreffen von zwei oder mehreren Menschen immer Kommunikation stattfindet, auch wenn nicht gesprochen, also verbal kommuniziert wird. Auch Schweigen ist Kommunikation. Besonders in der Kommunikation mit Pflegebedürftigen, die demenziell erkrankt sind, spielt dieser Aspekt eine wichtige Rolle.

Sie kommunizieren also immer, wenn Sie anderen Menschen begegnen. Auch wenn Sie nicht miteinander sprechen, drücken Sie mit Ihrer Mimik und Gestik Gefühle aus, die Sie dem anderen, oftmals unbewusst, mitteilen. Einen anderen Menschen gar nicht mit Blicken zu beachten, ist auch eine klare Botschaft.

1.3.2Die Ebenen der Kommunikation

Menschen kommunizieren auf drei Ebenen (Abb. 4) miteinander: verbal, nonverbal und paraverbal.

1. Die verbale Kommunikation besteht aus dem gesprochenen Wort, also der Sprache. Diese nehmen wir mit dem Ohr als wichtigstem Sinnenorgan auf. Problematisch wird diese Form der Kommunikation dann, wenn wir unterschiedliche Sprachen sprechen. Sie kennen das vielleicht aus dem Urlaub in einem Land, dessen Sprache Sie nicht sprechen und verstehen.

2. Die nonverbale Kommunikation erfolgt über Mimik und Gestik. Denken Sie wieder an Ihren letzten Urlaub in einem fremden Land. Weil Sie die Sprache nicht verstanden haben, redeten Sie viel mehr als sonst mit Händen und Füßen. Sie lächelten, um Ihre Freundlichkeit zu betonen, hoben die Arme, um Unverständnis zu signalisieren etc. Sie haben damit ganz gezielt das Auge Ihres Gegenübers angesprochen.

Abb. 4: Ebenen der Kommunikation.

3. Die paraverbale Kommunikation bezeichnet die Lautstärke und die Sprachmelodie, wenn Menschen miteinander sprechen.

Diese Ebenen der Kommunikation verbinden sich zu einem »Gesamtbild«, das uns das Verstehen erleichtert. Nur auf einer Ebene zu kommunizieren, provoziert Missverständnisse und hilft nicht dabei, dass wir einander gut verstehen. Daher rate ich auch immer wieder davon ab, Beratungen am Telefon durchzuführen. Ihnen fehlen dabei die wichtigen Erkenntnisse aus dem nonverbalen Verhalten des Ratsuchenden. Schaut er fragend, wendet er sich ab, runzelt er kritisch die Stirn? Sie werden das am Telefon nicht herausfinden. Ebenso bedenklich ist die Weitergabe von wichtigen Informationen per SMS oder E-Mail. Da helfen auch die häufig verwendeten Smileys nicht wirklich weiter.

Richtig interessant und spannend wird die Kommunikation, wenn verbale, nonverbale und paraverbale Signale widersprüchlich sind. Was kommt beim Empfänger als Botschaft an?

Ein einfaches Beispiel: Stellen Sie sich vor, Ihr Chef steht vor Ihnen, die Arme verschränkt, das Gesicht grimmig. Aber er sagt: »Eine tolle Leistung, gratuliere!« Würden Sie ihm das glauben? Wohl eher nicht. Dieses kleine Beispiel zeigt, dass im Zweifel das gesprochene Wort, also die verbale Kommunikation die geringste Wirkung hat, wenn nonverbales und paraverbales Verhalten eine andere Sprache sprechen.

1.3.3Das »Vier-Ohren-Modell« von Schulz von Thun

Das Kommunikationsmodell von Schulz von Thun sagt im Kern aus, dass wir mit vier Ohren hören und auf vier Kanälen senden. Der Kommunikationsforscher Schulz von Thun entwickelte ein eingängiges Modell der Kommunikation. »Danach enthält jede Äußerung oder Nachricht zwischen Menschen vier Aspekte, die stets gleichzeitig wirksam sind. Schulz von Thun spricht daher von einem ›Quadrat der Nachrichten‹, das aus Sachinhalt, Beziehung, Selbstoffenbarung und Appell besteht.«4

Abb. 5: Das Quadrat der Nachrichten.

Auch hier gilt wieder die Erkenntnis, dass die Wirkung des »Sachverhaltsohres«, also die gesprochene Botschaft, im Zweifel die geringste Wirkung entfaltet.

Betrachten wir nun nicht den Empfänger, sondern den Sender einer Botschaft, kommuniziert dieser genauso mit vier Kanälen, also der Sprache (Sachverhaltsohr), dem Appell (vor allem paraverbal), der Selbstoffenbarung (paraverbal und nonverbal) und der Mitteilung über die Beziehung (paraverbal und nonverbal).

BeispielDie Sache mit der Sauce

Stellen Sie sich vor, Sie säßen gemütlich am Mittagstisch. Sie haben extra für Ihre Familie gekocht, sind entsprechend stolz und hören plötzlich Ihre Frau fragen: »Was ist das Grüne in der Sauce?«

Die Sachverhaltsmitteilung ist klar und eindeutig. Ihre Frau fragt nach einem grünen Bestandteil in der von Ihnen zubereiteten Sauce.

Aber was kommt bei Ihnen an?

Das ist abhängig von der Beziehung, dem Appell und der Selbstoffenbarung. Diese Bestandteile werden nonverbal und paraverbal »übersandt«.

Ihre positive Interpretation:

»Das Grüne in der Sauce schmeckt richtig gut, ich bin neugierig, was du da für eine Zutat verwendet hast.« – »Verwende das doch öfter, das macht deine Sauce noch ein Stückchen besser.« – «Ich bin so froh, dass ich immer wieder dein gutes Essen genießen darf.«

Ihre negative Interpretation:

»Das Grüne in der Sauce sieht unappetitlich aus.« – »Nimm das nie mehr.« – »Und ich muss diese eklige Sauce wieder im wahrsten Sinne des Wortes auslöffeln.«

Sie merken, ohne die Möglichkeit, auf allen vier Kanälen zu senden und auf allen vier Ohren zu hören, sind verbale Inhalte einer Botschaft kaum interpretierbar.

Fazit Das Beratungssetting

Senden Sie, wann immer möglich, auf allen vier Kanälen. Bedienen Sie also alle vier Ohren des Ratsuchenden, damit diese Ihre inhaltlichen Aussagen interpretieren kann.

Kommunikative Kompetenz heißt für Sie als Berater:

• Sie sind sich der »Tücken« der Kommunikation stets bewusst.

• Sie wissen, dass Kommunikation nicht erst mit dem Gespräch beginnt.

• Sie senden eindeutige Botschaften.

• Sie berücksichtigen alle vier Ohren des Ratsuchenden, achten also besonders auf nonverbale und paraverbale Signale.

• Sie hören gut, also aufmerksam zu.

• Sie signalisieren dem Ratsuchenden (überwiegend nonverbal), dass Sie ihm zuhören.

• Sie unterbrechen den Redefluss des Ratsuchenden nur dann, wenn er sich (ständig) wiederholt.

• Sie beraten möglichst nicht am Telefon.

• Sie denken ab und zu an das Sprichwort: »Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.«

1.3.4Wahrnehmung und Beurteilungsfehler in der sozialen Wahrnehmung

In der Wahrnehmungsforschung begegnen wir vier typischen Merkmalen (Abb. 6):

Abb. 6: Merkmale der Wahrnehmung.

Zur Ungenauigkeit unserer Wahrnehmung ein kleines Beispiel aus der Sauna: Herr Müller betritt den Ruheraum nach einem 20-minütigen Saunagang. Er empfindet die Temperatur von 23 Grad Celsius als eher kühl. Anders dagegen Herr Schulze, der aus dem 5 Grad kalten Außenbereich hereinkommt. Er empfindet die Temperatur als merklich wärmer als 23 Grad.

Die Wahrnehmung unterliegt dem Merkmal der »Subjektivität«. Die Bewertung einer Wahrnehmung ist immer abhängig vom Betrachter, von seiner Haltung, seiner Gefühlslage, seinen Erfahrungen und seiner Motivation. Wie Sie etwas empfinden, hängt immer von Ihren Erfahrungen und Ihrer aktuellen seelischen Verfassung ab.

Der Mensch nimmt selektiv