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In diesem Buch werden Einsichten und Erkenntnisse aus einer langjährigen Praxis in der therapeutischen Begleitung von Menschen vermittelt, die den Leser, die Leserin auf eine Reise ins Innere der eigenen Seele mitnehmen möchte. Dabei werden die wichtigsten Landschaften unseres privaten und auch beruflichen Lebens durchwandert, die uns zeigen können, was, bzw. wer uns fehlt. Es sind reale Personen aus unserem Familiensystem, die ausgegrenzt bzw. vergessen wurden und mit denen wir auf sonderbare Weise verstrickt sind, so dass wir nicht frei sind, unser eigenes Leben zu leben. Es handelt sich dabei auch um innere Seelenanteile, die wir abgespalten haben und von denen wir getrennt sind. So möchte dieses Buch auch anhand von Beispielen aus der Praxis verschiedene Situationen der Trennung und Abspaltung, in denen wir uns alle befinden, aufgreifen und Wege zeigen, wie wir diese fehlenden Personen bzw. inneren Anteile wieder zu uns zurück holen können. Dies ist ein Weg unserer Genesung auf dem wir durch jeden Anteil, den wir zu uns zurück holen ein Stück heiler werden können. Ein weiterer Schwerpunkt dieses Buches umschreibt konkrete Wege, wie dieses Rückholungswerk geschehen kann. Dies geschieht in erster Linie auf dem Hintergrund der systemischen Aufstellungsarbeit bei der wir von den Bewegungen des Geistes erfasst werden, die uns unserem Werdeziel entgegenführen. Wir kommen dabei auch in direkten Kontakt mit unserer Seele, die alles für uns bereit hält, was wir für unsere Erlösung brauchen. So möchte dieses Buch dazu einladen, den eigenen Blick mehr und mehr nach innnen zu richten und so wieder mit der Liebe in Kontakt zu kommen, die auf alles wohlwollend schaut, so wie es ist.
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Seitenzahl: 980
Veröffentlichungsjahr: 2019
Hans-Peter Regele
Bewegungen der Liebe
Wege der Heilung in unserem privaten
und beruflichen Leben
Band 1: Die Grundlagen
© 2019 Hans-Peter Regele
Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
ISBN Hardcover: 978-3-7482-6100-1
ISBN E-Book: 978-3-7482-6101-8
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
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Für meinen früh verstorbenen Bruder Frieder,
dessen Existenz für einige Jahrzehnte
im Inneren meiner Seele verloren schien,
und für meine Tochter Hannah, deren sensible Seele
mich an ihn erinnert hat.
Inhalt
Vorwort
Mein eigener Weg der Berufung
Einleitende Gedanken
Der Hintergrund
Das Höhlengleichnis
Der Hintergrund der systemischen Aufstellungspraxis
Das „Männliche“ und das „Weibliche“
Die Gesellschaft und die Krise
Die Bedeutung für den beruflichen Bereich
Geschichten und Bilder
Über die Liebe
Einführende Gedanken
Die Liebe und die systemische Aufstellungspraxis
Das Kind im Inneren der Seele
Einführende Gedanken
Die dunkle Seite des inneren Kindes
Die Hypnose des inneren Kindes
Lösungswege
Das innere Kind in beruflichen Feldern
Wahrnehmung – das Tor zur Ganzheit
Einführende Gedanken
Verschiedene Arten der Wahrnehmung
Realität und Pseudorealität
Achtsamkeit und Meditation
Die Bedeutung der Wahrnehmung im Beruf
Wahrnehmung und Einsicht
Die Felder des Gewissens
Astrophysik – die Tür zur erweiterten Wahrnehmung
Kommunikation – denn wir sind nicht allein
Einführende Gedanken
Wichtige Kommunikationsrollen
Die „Metaebene“ der Kommunikation
Kommunikation in beruflichen Feldern
Verletzungen innerhalb der Kommunikation
Die inneren Personen der Seele
Einführende Gedanken
Das Unbewusste
Pluto – Verführer und wahrer innerer Heiler
Künstliche Intelligenz
Opferaltäre
Der Umgang mit den Archetypen
Die „verzauberte“ Liebe
Der Vordergrund und der Hintergrund
Begleitete Seelenreisen in der Einzelarbeit
Das Haus der Seele
Der Ablauf einer begleiteten Seelenreise
Die Ordnungen der Seele
Widerstände im innerseelischen Prozess
Die Begegnung mit der Angst
Einführende Gedanken
Die Angst aus systemischer Sicht
Feuerlaufen – ein Weg durch die Angst
Die Angst in gesellschaftlichen Feldern
Die Angst im Krankheitssystem
Die Angst im Bildungssystem
Die Angst in beruflichen Feldern
Beziehung und Partnerschaft
Einführende Gedanken
Die Phasen einer Partnerschaft
Partnerschaft – eine Wiederholung der Kindheit
Der systemische Hintergrund von Partnerschaft
Die Ordnungen der Liebe zwischen Mann und Frau
Die Sühne
Frühere, nicht gewürdigte Partnerschaften
Die doppelte Verschiebung
Die Achtung der Früheren
Die Treue
Meditation, ein Weg aus der Beziehungsfalle
Der systemische Hintergrund in beruflichen Feldern
Der Vordergrund und der Hintergrund
Die Vergebung
Der Krieg und die systemischen Folgen
Das Patriarchat und seine Folgen
Das Ende der Partnerschaft
Das „liebe“ Geld
Einführende Gedanken
Geld und Spiritualität
Die Gier und der Geiz
Das Geld und der systemische Hintergrund
Das Gold und der Vater
„Burn – out“ – ein Hilfeschrei der Seele
Die Symptome von „Burn – out“
Der gesellschaftliche und familiäre Hintergrund
„Burn – out“ und Suchtverhalten
Der Blick in die eigene Seele
Wege der Genesung
Sucht - die verdrängte Krankheit
Einleitende Gedanken
Die Entstehung von süchtigem Verhalten
Die Sucht und das Suchtsystem
Sucht – was ist das?
Die seelischen Hintergründe süchtigen Verhaltens
Die systemischen Hintergründe süchtigen Verhaltens
Verschiedene Suchtformen
Substanzgebundene Süchte
Prozessgebundene Süchte
Merkmale süchtigen Verhaltens
Beziehungssucht – die Angst vor der Nähe
Die Sucht im beruflichen und sozialen Umfeld
Die Genesung
Abschließende Gedanken
Der Tod – Höhepunkt des Lebens
Einführende Gedanken zum Thema Tod und Sterben
Der geworfene Stein
Der Tod und die Seele
Tod und Abschied in beruflichen Feldern
Der systemische Hintergrund
Ausklang
Quellenhinweise
Vorwort
Es ist mir schon seit einigen Jahren ein großes Bedürfnis, meine Erfahrungen über die menschliche Seele aufzuschreiben und mit Menschen zu teilen, die dadurch ihrer eigenen Seele ein Stück näher kommen möchten. Diese Erfahrungen entspringen einer Zeitperiode von vierzig Jahren, in der ich Menschen auf ihrem Weg ein Stück begleitet habe und immer noch begleiten darf. Dabei möchte ich den Fokus auf die systemische Betrachtungsweise richten, die uns in den letzten Jahren so viele heilsame Erkenntnisse über die menschliche Seele geschenkt hat und immer wieder aufs Neue schenkt. Mit der systemischen Betrachtungsweise meine ich die Praxis des Familienstellens, sowie die Praxis der begleiteten „Seelenreisen“.
In dieser „Seelenarbeit“ fühle ich mich mitgenommen von einer Bewegung, die uns alle führt und die allem gleichermaßen wohlwollend zugewandt ist: Dem Guten, wie dem Bösen, dem Kleinen, wie dem Großen, dem Kranken, wie dem Gesunden, dem Opfer, wie dem Täter, dem Männlichen, wie dem Weiblichen.
Wenn ich meinen Blick auf den privaten und den beruflichen Bereich unseres Lebens richte, so liegt es nicht in meiner Absicht, die Seele aufzuteilen, so als ob sie sich in diesen beiden Bereichen in unterschiedlicher Erscheinung zeigen würde. Seele beinhaltet immer alles, was zu uns gehört und was uns als menschliche Wesen ausmacht, völlig gleichgültig, in welchem Umfeld wir uns aufhalten und bewegen.
Dass ich den beruflichen Bereich in meine Betrachtung mit einbeziehe, hängt ganz einfach damit zusammen, dass sich die meisten von uns einen großen Teil des Tages dort bewegen. Schwierigkeiten und Probleme am Arbeitsplatz sind immer Abbild und Ausdruck unserer Seele. Unsere Seele ist in alten Bildern und Geschichten gefangen und in tiefer Liebe z. B. mit einem verstorbenen oder noch lebenden Familienangehörigen verbunden, so dass wir Menschen dadurch unser eigenes Leben nicht wirklich leben können. All dies wirkt sich auf unser ganzes Leben aus, völlig gleichgültig, auf welchen Bereich wir auch schauen mögen.
Obwohl es auf dem Markt inzwischen sehr viele Bücher gibt, die sich auch vor dem systemischen Hintergrund mit dem Thema der Seele beschäftigen, so ist es doch mein Anliegen, meine ganz persönlichen Erkenntnisse und Einsichten, die mir in all den Jahren, in denen ich Menschen auf ihrem Weg begleiten darf, geschenkt wurden, zum Ausdruck zu bringen und die Seele aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten.
In diesem Zusammenhang erscheint es mir wichtig zu sein, die seelische und geistige Essenz in die Betrachtungsweise mit einzubeziehen, die unser ganzes Wesen mit einschließt. Es ist jene Essenz, die uns allen zutiefst innewohnt und ohne die alle Beziehungen, sowohl im privaten wie im beruflichen Bereich scheitern müssen. Diese Essenz beschreibt jenen Teil unserer Seele, der die Einheit nie verlassen und der sich immer als Teil des großen Ganzen erfahren hat. Es liegt mir fern, hier eine Abhandlung über das, was wir als sogenannte „Spiritualität“ beschreiben, vorzulegen.
Es geht mir in diesem Zusammenhang vor allem darum, Räume zu schaffen, in denen das, was getrennt wurde, in die Sichtbarkeit kommen, und so im Lichte unseres Bewusstseins wieder vereint werden kann. Das, was sich jeder von uns als „Spiritualität“ vorstellt, sind nur Bilder, die wir selbst erschaffen haben, um dem Diesseits zu entkommen und uns über die Brücke dieser Bilder eine „Scheinwelt“ zu kreieren, die wir, wenn wir meinen, uns besonders anzustrengen, irgendwann auch erreichen und so dem tristen und belastenden Dasein dieser Inkarnation entkommen zu können, so hoffen wir zumindest. Unserer sogenannten „Spiritualität“ sind wir am nächsten, wenn wir dem zustimmen, was ist und was jetzt von uns geachtet und anerkannt werden möchte – hier auf der Erde.
Dabei ist es nicht meine Absicht, eine Trennung der unterschiedlichen Lebensbereiche in denen wir unser Leben gestalten, vorzunehmen, so als hätten die unterschiedlichen Lebensbereiche nichts miteinander zu tun, auch wenn wir nichts unversucht lassen, dies immer wieder anzustreben. Wo immer wir uns aufhalten, was auch immer wir tun, mit wem wir auch immer zu tun haben, wir sind es selbst, die in Erscheinung treten mit allem, was zu uns gehört und mit allem, was wir aus unserer Familie mitbringen.
Die Essenz, die uns allen innewohnt, ist die Liebe, die universelle Kraft unseres Universums, die ständig neues Leben erschafft und die alles in Bewegung hält. Ich meine hier nicht das, was wir als „persönliche Liebe“ bezeichnen, denn diese ist immer eingefärbt von unserer egoistischen Haltung dem Leben und anderen Menschen gegenüber. Ich meine die allumfassende Liebe, die in unserem Inneren schon so lange darauf wartet, dass wir lernen, sie zu erkennen und anzunehmen. Sie macht nicht halt an den Grenzen des privaten und beruflichen Lebens, sondern sie möchte in unserem ganzen Sein zum Ausdruck kommen.
Ich kann mir gut vorstellen, dass Du jetzt beginnst, darüber zu schmunzeln und Dich zu fragen, was denn die Liebe mit einer erfüllenden beruflichen Tätigkeit oder gar dem erfolgreichen Führen eines Unternehmens zu tun hat. Möglicherweise hast Du den Verdacht, dass dadurch versucht werden soll, dem beruflichen Bereich ein rosa Schleifchen umzubinden, das alles richten soll. Das ist nicht meine Absicht. Aber ich möchte mit meinen Worten aufzeigen, dass ein Leben, das alle Lebensbereiche umfasst und das versucht, das Kontinuum von Körper – Seele – und Geist auszuschließen, im Chaos, im Konflikt und im Leiden verharren muss. Dies betrifft die Bereiche von Beziehungen, Partnerschaften und Familie in gleicher Weise, wie auch unsere beruflichen Felder. Ein Wirtschaftssystem, das dieses seelisch – geistige Kontinuum weiterhin ausklammert, wird keine Überlebenschance mehr haben. Das wird uns allen gerade auch in der gegenwärtigen Zeit so eindrucksvoll vor Augen geführt.
So ist es mir ein großes Anliegen, nicht nur theoretische und praktische Ansätze der systemischen Aufstellungsarbeit im privaten und beruflichen Bereich darzustellen, sondern in erster Linie die menschliche Seele in den Fokus zu rücken, die allem zugrunde liegt, was unser Leben bestimmt.
Gleichgültig, in welchem Bereich des Lebens wir beruflich aktiv sind, zuallererst sind wir beseelte Wesenheiten, die auf dem Weg sind, Mensch zu werden. Und diesem Menschen als körperlich, seelischem und geistigem Wesen gilt hier meine ganze Aufmerksamkeit. Aus dieser Ganzheit heraus pulsiert jener Lebensstrom, der in jedem Augenblick unseres Lebens wirksam ist, unabhängig davon, wohin uns unser Schicksal auch immer gestellt haben mag. Außerdem möchte ich jener geistigen Kraft, die über uns waltet einen gebührenden Platz einräumen, denn unsere Aufgabe besteht vermehrt darin, uns deren geistigen Bewegungen, die immer um uns sind, anzuvertrauen, und uns von ihnen vertrauensvoll durch unser Leben führen lassen
Es ist mir ein weiteres Anliegen, mit meinen Gedanken und Erfahrungen Dein Interesse zu wecken und mit Dir gemeinsam Türen zu öffnen, die uns zu neuen Wegen führen können, die nicht mehr geprägt sind von Egomanie, Macht, Manipulation, Gier, Korruption, Selbstverleugnung usw., sondern die uns daran erinnern können, dass wir alle höhere Wesen sind und dass unsere Hauptaufgabe hier auf Erden in erster Linie darin besteht, dass wir uns an die Liebe erinnern dürfen. Diese Liebe schließt den anderen nicht aus. Sie schließt auch uns selbst nicht aus. Sie führt uns zu einem anderen Umgang, zu einer anderen Haltung gegenüber uns selbst, unserem Nächsten und gegenüber der ganzen Schöpfung, die uns anvertraut wurde.
Die systemische Aufstellungsarbeit, die ich hier vorstellen und näher beleuchten möchte, hat in meinen Augen nicht nur im privaten, sondern auch im beruflichen Bereich zu weitreichenden Lösungsansätzen geführt. Was die menschliche Seele betrifft, werde ich versuchen, anhand von verschiedenen Themenbereichen auf ihr Wesen einzugehen, die alle Lebensbereiche erfasst. Nebenbei bemerkt, lässt sich unsere Seele niemals „coachen“, auch wenn dieses Unterfangen in den letzten Jahren immer weitere Kreise gezogen hat und fast schon zu einem „Volkssport“ geworden ist. Jeder Versuch, die Seele in bestimmte Bahnen lenken zu wollen, die uns noch mehr Erfolg, noch mehr Profit, noch mehr Wachstum und noch mehr Glück bringen sollen, muss kläglich scheitern.
Ein Mensch, der seinem Erfolg hinterher jagt, kann niemals lieben. Ein Umstand, den wir gerade in dieser Zeit in allen Lebensbereichen beobachten können. Die Seele beschreiben zu wollen, ist ein sehr riskantes und letztlich nie wirklich befriedigendes Unternehmen. Immer dort, wo wir in den Bereich der Seele eingreifen wollen, z. B. dadurch, dass wir sie verändern wollen, zieht sie sich zurück. Nein, Seele lässt sich nicht manipulieren, aber Seele lässt sich erfahren. Genau darum geht es in meinen Augen.
Zeit meines Lebens hat die menschliche Seele mich in ihren Bann gezogen. Mich hat dieses „Wesen“, das wir ja selbst sind und das sich seit Anbeginn auf dem Weg durch die verschiedensten Daseinsformen unserer Existenz befindet, so fasziniert, dass ich meine Berufung darin gefunden habe, andere Menschen auf ihrem Weg durch die inneren Landschaften und Räume ihrer Seele zu begleiten. So wurde und wird mir dadurch die Möglichkeit geschenkt, auch meiner eigenen Seele immer näherzukommen. Die Seele ist jener Teil von uns, der niemals stirbt, den es immer gegeben hat und den es immer geben wird, auch wenn sie von Zeit zu Zeit ein neues Kleid trägt. Auf den Bereich der Seele werde ich an anderer Stelle noch näher eingehen.
Mein eigener Weg der Berufung
Mein beruflicher Weg führte mich zunächst in die Begegnung mit geistig behinderten Menschen, jenen Seelen, die meiner Erfahrung nach die Aufgabe haben, uns daran zu erinnern, dass es noch etwas anderes in uns gibt, als unsere Ratio, unser Streben und unsere Flucht vor uns selbst. Es sind Menschen, die uns daran erinnern wollen, dass es jenseits unserer Masken und Rollen, die wir zu spielen gelernt haben, noch eine andere Instanz gibt – unser göttliches Selbst, unsere Essenz, das, was nie stirbt. Ich habe von Ihnen sehr viel über die menschliche Seele lernen dürfen und nicht nur einmal haben sie – liebevoll – ihre Finger in meine seelischen Wunden gelegt und mich daran erinnert, dass wir alle auf dem Weg nach Hause sind und uns als die erfahren dürfen, die wir wirklich sind: Gottes geliebte Kinder.
Nach diesen wertvollen Erfahrungen mit diesen Menschen habe ich meine Berufung darin gefunden, diese Erkenntnisse auch anderen Menschen zukommen zu lassen. Seit vier Jahrzehnten begleite ich nun Menschen auf ihrem Weg und ich durfte auf all diesen Reisen erleben, welche Vielfalt und welch großes Potential der Heilung unserer Seele innewohnen. Wenn wir ihr einen Schritt entgegen gehen, kommt sie in großen Schritten auf uns zu, denn sie wartet schon so lange auf uns.
Weitere wichtige Impulse auf meinem Weg bekam ich von Peter Orban, über den sich mir die Welt der „Inneren Personen“ erschloss, die mich seither nicht mehr losgelassen hat. Auch seine „Symbolon – Astrologie“ ist seit vielen Jahren zu einem unverzichtbaren Instrument innerhalb meiner Arbeit geworden. Vor allem aber Bert Hellinger bin ich zu großem Dank verpflichtet. Er hat meine Seele ordentlich durchgeschüttelt. Was er in den letzten Jahrzehnten in die „Psychoszene“ hineingeworfen und durcheinandergewirbelt hat, ist mit Worten allein nicht auszudrücken.
Die Begleitung von Menschen, die er uns mit der systemischen Arbeit des Familienstellens an die Hand gegeben hat, ist aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken. Ermöglicht sie uns doch, weit über den Bereich der Psychotherapie hinauszugehen und uns einer geistigen Bewegung zu öffnen, die uns alle führt und die allem in gleichem Maße zugewandt ist, so wie es ist. Ich sehe ihn als großen Friedensstifter unserer Zeit, versucht er doch über alle nationalen, kulturellen und auch religiösen Grenzen hinweg zu versöhnen, was ehedem getrennt war, zu lösen, was nicht in der natürlichen Ordnung ist, und somit einer Liebe die Tür zu öffnen, die keine Grenzen kennt.
An Bert Hellinger schätze ich sehr, dass er niemals stehen geblieben ist, sondern dass er bereit war, sich von dieser geistigen Kraft führen zu lassen, die in ihm immer wieder neue Erkenntnisse und Einsichten aufleuchten ließ. So hat er viele Menschen in den letzten Jahren dazu ermutigt, sich den Bewegungen des Geistes anzuvertrauen, von denen wir geführt werden und die sich jenseits der Vorstellungen und Meinungen unseres Verstandes vollziehen.
In meiner Arbeit wurde mir schon sehr früh bewusst, wie wenig der soziale Bereich und die Welt der Wirtschaft bereit sind, sich zu begegnen, wenn wir einmal von den verschiedenen Formen der Spendentätigkeit absehen. Doch die hatten schon immer auch eine Alibifunktion, um sich diesem „Non – Profit – Bereich“ nicht wirklich nähern zu müssen und sich dennoch ein gutes Gewissen zu verschaffen. Wir waren immer schon sehr spendabel, wenn es darum ging, dem eigenen Spiegel entkommen zu können. Schon damals konnte ich spüren, wie viel sich beide Seiten geben könnten, wie viel beide voneinander lernen könnten. In Wirklichkeit sind beide nicht voneinander getrennt, so wie nichts Existierendes jemals von etwas anderem getrennt ist. Sie zeigen sich als einzelne Teile, die in Wirklichkeit eins sind.
Der soziale Bereich hat sich die Liebe auf die Fahnen geschrieben, mit der karitativer Dienst am Nächsten praktiziert werden soll, zumindest nach außen hin. Bei Licht besehen treten diese Organisationen inzwischen auch immer mehr in die Fußstapfen von Profitunternehmen, wenn dies öffentlich auch nicht immer so in Erscheinung treten mag.
Der Bereich der Wirtschaft konnte es sich bis jetzt leisten, auf die Liebe zu verzichten, da sie in all den Jahresbilanzen von Aktiengesellschaften keine Rolle spielt. So hat mich der Gedanke nie verlassen, mit meinen Erfahrungen im Bereich der menschlichen Seele und des Geistes auch in der Welt des beruflichen Feldes etwas anzustoßen und dafür zu sensibilisieren, dass es ohne Rückverbindung zur Seele keine Entwicklung geben kann, die auf das Allumfassende ausgerichtet ist und die Nachhaltigkeit garantiert.
So möchte ich meine Erfahrungen und meine Erkenntnisse allen Menschen zukommen lassen, die dafür offen sind, sich ihrer Seele wieder zu nähern, gerade auch im Bereich unseres beruflichen Lebens. Es ist mir auch ein Anliegen, alle, die im Bereich der Wirtschaft Verantwortung tragen und die vielfach einem globalen Wachstumswahn frönen, der sich eher früher als später selbst zerstören wird, dafür zu sensibilisieren, sich mit ihren seelischen Wurzeln wieder zu verbinden.
Meine Worte wollen Wege aufzeigen, die zum Nachdenken und vor allem zum Nachspüren anregen sollen, die aber auch zeigen können, wie Störungen in Beziehungen innerhalb unseres Lebens entstehen und einer Lösung zugeführt werden können. Völlig unabhängig von unserem sozialen Status oder der jeweiligen Tätigkeit, die wir gerade ausüben, die Hinwendung zu uns selbst, zu unserem innersten Kern, der uns vermittelt, wer wir wirklich sind, wird der Schritt auf die nächste Evolutionsstufe der Menschheit sein. Darauf weisen in jüngster Zeit auch alle geistigen Lehrer hin. Wenn wir uns unserer seelisch – geistigen Seite öffnen, dann werden wir auf den Weg der Liebe geführt, auf den Weg zu unserem Herzen.
Der Auftrag an uns Menschen lautet von jeher, uns selbst zu erkennen, mit allem was zu uns gehört, denn alles, was zu uns gehört, ob es uns gefällt oder nicht, ist göttlichen Ursprungs und somit immer ein Ausdruck von Liebe. So möchte ich uns alle einladen, unseren Blick über den Tellerrand unserer eingefahrenen Egoismen hinaus zu richten, um jenen geistigen Kräften Raum zu geben, die uns bewegen und die wir so lange ausgesperrt haben.
Sie können uns den Weg zeigen, der uns zur Liebe zu uns selbst und zu allen anderen führt.
Im ersten Band dieses vorliegenden Werkes - „Die Grundlagen“ - möchte ich auf die Hintergründe des menschlichen Lebens, also insbesondere auf die Fragen eingehen, warum wir hier sind, was der Sinn unseres Lebens ist und was die Gründe unseres Leidens sind. So werde ich versuchen, die wichtigsten Lebensbereiche von verschiedenen Seiten zu beleuchten. Dabei habe ich nicht den Anspruch, den Stein der Weisen gefunden zu haben, sondern ich versuche, meine Erkenntnisse und Erfahrungen, die mir in all den Jahren, in denen ich Menschen begleiten darf, geschenkt wurden, zum Ausdruck zu bringen. Von daher gilt mein größter Dank all jenen Menschen, die ich in all den Jahren in ihre Seele begleiten durfte und die mir das Vertrauen geschenkt haben, gemeinsam mit ihnen ihre Seele zu durchlichten.
So möchte ich den Fokus auf verschiedene Bereiche der Seele und des Geistes richten und versuchen, die jeweiligen Auswirkungen und Erscheinungsformen, sowohl in unseren privaten wie auch in unseren beruflichen Feldern darzustellen. Es sind Erkenntnisse, die ich vor allem in den Aufstellungen, die ich begleiten durfte, erfahren habe und die meine Seele zutiefst bereichert haben. In diesem ersten Teil möchte ich unter anderem auch noch ganz speziell auf zwei Themen näher eingehen, die gerade in der heutigen Zeit immer mehr in den Vordergrund rücken: Das sogenannte „Burn – Out“, sowie das Thema „Sucht“. Außerdem möchte ich einen Weg vorstellen, der uns in Form von begleiteten Seelenreisen in der Einzelarbeit direkt mit unserer Seele in Kontakt bringen kann.
Im zweiten Band werde ich dann ausführlich auf das Thema „Depression“, die aktuelle Situation von Frauen, Männern und Kindern und vor allem auf die systemische Aufstellungspraxis im Allgemeinen eingehen und auch hier den jeweiligen Bezug zu verschiedenen Lebensbereichen herstellen. Das Familienstellen im Rahmen von Seminargruppen steht hier im Vordergrund meiner Betrachtung. So möchte ich in diesem Zusammenhang auch auf die erfahrungsreiche Entwicklung dieser systemischen Arbeit eingehen, die noch lange nicht zu Ende ist.
Dieses Buch wurde von mir absichtlich nicht als „Ratgeber“ verfasst. Derer gibt es im Bücherwald reichlich genug. Ein Ratgeber hat für mich immer den Hauch eines Versuches, den eigenen „inneren Dämonen“ entkommen zu wollen. Ein Ratgeber möchte uns einen Rat geben, wie wir z. B. aus einer festgefahrenen Situation, in der wir leiden, wieder heraus kommen können. Darin liegt bereits die Täuschung. Niemand kann einem anderen Menschen aus einem Konflikt heraus helfen, auch wenn wir alle bestrebt sind, das immer wieder zu versuchen. Wir können es deshalb nicht, weil wir nichts oder nur wenig über die Seele unseres Gegenübers wissen. Was noch wichtiger ist, ist die Tatsache, dass der Ratgeber den Ratsuchenden und den Platz an dem er gerade steht, nicht achtet. Warum sollte er sonst einen Rat geben wollen.
Wenn wir einem anderen helfen oder ihm einen Rat geben, dann tun wir so, als wüssten wir, wo der andere steht, was ihm fehlt und vor allem, was ihm helfen kann. Das kann jedoch einzig und allein seine eigene Seele. Aber wir können einen Raum schaffen, in dem es möglich ist, dass sich die Seele erfahren lässt und so Entwicklung und Heilung möglich wird.
Selbst der beste Therapeut kann uns nichts über unsere Seele sagen. Er kann uns nur etwas über seine eigene Seele mitteilen. Wir können ihm unsere Geschichte erzählen und er kann daraus Schlussfolgerungen ziehen, warum wir heute so leiden. Diese Schlussfolgerungen greifen aus meiner Erfahrung jedoch immer zu kurz, da sie nur Teilaspekte berücksichtigen können, die darüber hinaus auch noch den persönlichen Filter des „Helfers“ durchlaufen, der immer subjektiv eingefärbt ist. Unsere Seele umfasst aber viel mehr, als wir überhaupt greifen, herleiten oder erklären könnten. Einem anderen auf seelisch – geistigem Gebiet helfen zu wollen, ist im Grunde eine Anmaßung und eine Einmischung in den Intimbereich der Seele. Wir meinen häufig zu wissen, was für uns und den anderen richtig oder falsch ist. Einem größeren Irrtum können wir nicht erliegen. Niemand hat das Recht, einen anderen aus seinem Leid herausführen zu wollen. Aber wir können uns vor seinem Schicksal verneigen und daran Anteil nehmen. Und wir können uns vor unserem eigenen Schicksal verneigen und es mit anderen teilen. Das ist es, was uns weiterbringen kann.
Von Jidduh Krishnamurti stammt die Aussage: „Die Größe eines Menschen besteht darin, dass niemand ihn erretten kann.“
Ein Ratgeber ist bestrebt, mithilfe von „Ratschlägen“ – auch das sind Schläge –, eine Situation, die wir als belastend erleben, zu ändern. Veränderung ist das Credo der heutigen Zeit. Ich frage mich allerdings, wohin wir uns denn verändern sollen? Einen Zustand verändern zu wollen setzt voraus, dass wir mit dem Ort, wo wir gerade stehen, oder der Situation in der wir uns gerade befinden, nicht einverstanden sind. Wir wollen es in uns nicht haben und deshalb möchten wir es ändern. Doch worunter wir leiden, gehört auch zu uns, zu unserer Seele und zu unserem Schicksal.
So sind wir aufgerufen, dieses Leiden nicht zu bekämpfen, sondern uns ihm zuzuwenden, uns ihm ganz auszusetzen und uns somit mit ihm zu versöhnen, d. h. es als Teil von uns selbst mit Liebe anzunehmen. Dadurch findet Veränderung von alleine statt. Wenn es uns möglich ist, all das, was zu uns gehört, anzunehmen, dann verändern wir uns von selbst. Dann nehmen wir den Fuß von der Bremse und können uns der Bewegung hingeben, die uns führen möchte.
Wenn wir am Punkt „A“ stehen, an dem wir leiden und den wir ändern möchten, so dass wir zum Punkt „B“, dem Ort unserer Erlösung kommen können, so wird dies niemals stattfinden können, solange der Punkt „A“ von uns nicht gewürdigt und anerkannt wird. Das ist ein kosmisches und damit auch ein seelisches Gesetz, das sich mir in den vielen Jahren meiner therapeutischen Tätigkeit und auch auf meinem eigenen Lebensweg immer wieder offenbarte.
Jemandem einen Rat zu geben beinhaltet immer die Botschaft:
„Mache du es für mich!“
Erst wenn wir bereit sind, unser Leiden, wie auch immer es sich uns zeigen mag, anzuerkennen, mit allem was es uns kostet, werden wir frei.
Dadurch findet Veränderung immer von selbst statt. Nicht unbedingt in der Form, die sich unser Verstand vorgestellt hat.
Mich selbst haben immer diejenigen Bücher bereichert, in denen die Autoren ihre eigenen Erfahrungen zum Ausdruck gebracht haben, die sie mit ihren Lesern teilen wollten. Und so liegt es mir am Herzen, auch meine Erfahrungen, meine Gedanken und Empfindungen, meine Seele zum Ausdruck zu bringen und mit Dir zu teilen.
Es geht mir auch darum, Worte zu „verlieren“. Worte die in mir sind, die mich bewegen. Ich möchte sie verlieren, um wieder leer zu werden für neue Worte, für neue Fragen, die ich dann auch verlieren darf. So lange, bis sich vielleicht eines Tages Leere in meinem Geist und in meiner Seele ausbreiten dürfen.
Es kann auch sein, dass in diesem Buch einige Gedanken immer wieder auftauchen und ich mich wiederhole. Es war und ist nicht meine Absicht, dies zu vermeiden, da ich dieses Buch als eine Kommunion zwischen meiner Seele und Deiner Seele betrachte.
Was ich hier in diesem Buch zum Ausdruck bringe, ist zu einem großen Teil von den Bewegungen meiner Seele geprägt, der ich hier die Möglichkeit eingeräumt habe, sich mitzuteilen und sich zu entfalten. Wiederholungen sind Möglichkeiten, immer wieder einer bestimmten Aussage bzw. einer bestimmten Erkenntnis zu begegnen, die sich durch die Wiederholung in uns immer deutlicher erfahren lässt.
Ich werde Dich auf unserer gemeinsamen Reise durch dieses Buch in der Regel in der männlichen Form anreden. Das hat nichts damit zu tun, dass ich die weibliche Seite nicht auch im Blick habe, es ist für mich von der Gestaltung her so am einfachsten.
Wie Du ja schon bemerkt hast, erlaube ich mir auch, Dich in der „Du – Form“ anzureden. Das hat allerdings nichts damit zu tun, dass ich unhöflich sein oder mich Dir aufdrängen möchte, sondern damit, dass ich nicht nur mit Deinem Verstand kommunizieren möchte, sondern in erster Linie mit Deiner Seele und die kennt keine Höflichkeitsformen. Ja, ich möchte Dir bewusst nahe treten und Dich und auch mich einladen, gemeinsam diese Reise zu unternehmen. Wir sitzen alle im gleichen Boot und keiner bleibt zurück. Herzlich willkommen.
Einleitende Gedanken
Der Hintergrund
Wir alle leben heute in einer Zeit, die geprägt ist von unglaublichen Entwicklungen in allen Bereichen des menschlichen Lebens. Viele dieser Entwicklungen erscheinen uns allerdings eher als Rückschritte, da sie auf Kosten der uns anvertrauten Natur, der zunehmenden Verabschiedung von sozialer Verantwortung und Entfremdung, der Ausbeutung von Menschen und natürlichen Ressourcen, der Gewinnmaximierung auf Kosten menschlicher Wertschätzung usw. geschehen. Dies alles erscheint vielen von uns auf den ersten Blick abstoßend und bringt manche von uns dazu, sich dagegen aufzulehnen. Bei Licht betrachtet können wir uns fragen, ob wir diese „lebensverachtenden“ Strömungen noch aufhalten können und sollen, oder ob es nicht schon zu spät ist für eine Kurskorrektur.
All das, was wir täglich durch die Medien in unsere Wohnzimmer geliefert bekommen, völlig unabhängig davon, ob dies immer der Wirklichkeit entspricht, sind Geschehnisse, die folgerichtig sind und die wir alle selbst erschaffen haben, um bestimmte Erfahrungen damit zu machen. Diese Entwicklungen haben uns immer mehr in eine Sackgasse geführt, aus der es für uns kein Entkommen zu geben scheint.
Wenn wir den Erkenntnissen der neuen Astrophysik, auf die ich im Kapitel „Wahrnehmung – das Tor zur Ganzheit“ noch näher eingehen werde, Aufmerksamkeit schenken, dann können wir sehen, dass die Erde, und damit jeder von uns, derzeit gewaltigen Veränderungen unterworfen ist, die unser bisheriges Weltbild, das uns die Wissenschaften und institutionalisierten Religionen geliefert haben, auf den Kopf stellen. Wir sind herausgefordert, uns mit all dem zu beschäftigen, was uns an diese Stelle der menschlichen Entwicklung geführt hat, um uns mit ihm zu versöhnen, so dass es sich verwandeln kann. Dies geschieht sowohl im persönlichen, wie auch im kollektiven Bereich unseres Lebens.
Diese Entwicklungen, die wir als Menschheit erlebten und immer wieder erleben, waren und sind immer folgerichtig, selbst wenn es mitunter Millionen von Menschen das Leben kostet. Erst wenn wir bereit sind, nach innen zu schauen und uns selbst zu erkennen, können wir den Bildern der Täuschungen und der Illusionen, die wir vor unser Leben gestellt haben, entkommen. Die Zeit dafür ist längst reif.
Möchten wir uns dem Anliegen dieses Buches nähern, so ist es notwendig, einen Blick zurückzuwerfen, auf den Anfang unserer Geschichte.
Die Geschichte von uns Menschen ist seit Anbeginn in erster Linie eine Geschichte der Abspaltung und der Trennung. Alle Schwierigkeiten des menschlichen Lebens, unabhängig davon, in welcher Art und in welchen Lebensbereichen sie sich auch immer zeigen mögen, sind in erster Linie auf die Abspaltung und die Trennung zwischen dem Männlichen und dem Weiblichen zurück zu führen. Dies sind Erkenntnisse, die ich in all den Jahren, in denen ich Menschen begleiten darf, machen durfte.
Um dies deutlicher ins Bewusstsein zu bringen ist es notwendig, den Fokus auf jenen Ort zu richten, an dem unsere Geschichte begonnen hat, wie es uns der Mythos erzählt. Ich bin mir dabei bewusst, dass solche Geschichten, gerade in der heutigen Zeit, gerne mit einem Lächeln quittiert werden, so wie wir die Geschichte vom Osterhasen oder von der Jungfrauengeburt der heiligen Maria in der Weihnachtsgeschichte ebenfalls mit einem Schmunzeln betrachten. Auf eines möchte ich an dieser Stelle allerdings aufmerksam machen: Alle diese Geschichten, ob wir nun an sie glauben oder nicht, sind Geschichten unserer Seele. Wären sie es nicht, so würden wir sie nicht erzählen. Da es Geschichten unserer Seele sind, lohnt es sich durchaus, den einen oder anderen Blick darauf zu werfen.
Ich möchte nun den Fokus auf die Geschichte von der Vertreibungaus dem Paradies richten, da uns diese Geschichte unsere Ausgangssituation gut beschreibt.
Im Paradies, so berichtet der Mythos, waren Adam, der Mensch und Eva, seine Frau noch im Zustand der Unschuld. Der Talmud, die heilige Schrift des Judentums, lehrt uns, dass Gott den Menschen nach seinem Bilde schuf. Zuerst schuf er Adam und als er sah, dass es nicht gut ist, dass der Mensch allein ist, schuf er ihm eine Frau aus Erde und er nannte sie Lilith. Da sie ebenfalls aus Lehm erschaffen wurde, war sie Adam ebenbürtig. Adam war nicht damit einverstanden, dass sie auf Augenhöhe mit ihm war. Er wollte über Lilith stehen, was ihr verständlicherweise missfiel und so verließ sie das Paradies. Hier hat wohl die folgenschwerste Trennung im Inneren unserer Seele stattgefunden. Das Männliche (Adam) wollte sich über das Weibliche (Lilith) erheben. Das Weibliche entzog sich dem Männlichen und somit war Adam allein. Da er diesen Zustand nicht ertragen konnte, bat er Gott um eine Lösung. Daraufhin formte Gott, wie allseits bekannt, Eva, die er aus einer linken Rippe von Adam erschuf. Sie war Adam untertan, denn sie war ja ein Teil von ihm. Über sie konnte er herrschen, was er bis heute immer noch tut. Sie war nicht auf Augenhöhe mit ihm, sondern ein rudimentäres Anhängsel. So hat Adam, symbolisch gesehen, seine ursprüngliche weibliche Seite verloren, die ihm fortan als seine rudimentäre Weiblichkeit in Form der Eva von außen entgegenkam. Lilith, die Schwester von Eva hatte das Paradies verlassen und war nicht mehr bereit, zurückzukommen. Zur Strafe wurde sie verbannt, verkehrte täglich mit eintausend Dämonen und brachte täglich eintausend Quälgeister zur Welt. Sie blieb unsterblich, da sie nie von der verbotenen Frucht im Paradies aß. Ihre Kinder wurden „Lilim“ genannt. Diese verführten, wie ihre Mutter, schlafende Männer. Wer einmal von ihnen verführt wurde, konnte nie wieder eine andere Frau lieben.
Der Weggang Lilith´s aus dem Paradies erinnert uns natürlich auch an den Sturz Luzifers, des höchsten Engels in der Schar der Engel Gottes. So können wir Lilith getrost als dessen Schwester bezeichnen. Auch Luzifer (der Lichtbringer) wollte sich nicht erniedrigen lassen und wurde deshalb gestürzt. Er wurde zusammen mit Adam und Eva, dem Urgeschlecht von uns Menschen auf die Erde gestürzt und so ist er seither der Herrscher dieser Erde.
Er ist der gestürzte Engel auch in unserer Seele und er hat den Auftrag, uns, die wir in der Welt der Trennung leben, jeden Tag aufs Neue zu verführen, so dass wir immer mehr in jenes Leiden kommen, das Ausdruck dieser Trennung ist. Auch er möchte erlöst werden und er kann nicht dadurch erlöst werden, indem wir ihn verteufeln, sondern nur durch unsere Liebe zu ihm. Dies ist uns aber erst möglich, wenn wir all das, was wir verloren haben und von dem wir getrennt sind, wieder in unser Herz zurück holen.
Unter diesem Weggang von Lilith aus dem Paradies leiden wir alle, unabhängig davon, ob wir eine Frau oder ein Mann sind, bis heute. Es ist durchaus bemerkenswert, dass die Person von Lilith über viele Jahrhunderte auch aus unserem Bewusstsein verbannt wurde. Dass wir uns inzwischen wieder an sie erinnern, ist auch der besondere Verdienst der Astrologie.
Lilith möchte in unser Seele wieder ihren Platz bekommen. Das setzt aber voraus, dass wir uns mit der dunklen Seite unserer Weiblichkeit – sie wird auch als „schwarze Mondin“ bezeichnet – , beschäftigen. Diese Seite umfasst den Bereich unserer animalischen Seelenanteile und in diesem Zusammenhang besonders den Bereich unserer eigenen Sexualität. Wenn wir uns die Geschichte der Menschheit und hier insbesondere die Geschichte der institutionalisierten Religionen vor Augen führen, so können wir sehen, dass die Sexualität immer verteufelt wurde. Dies steckt so tief in unserer Seele, dass wir auch in der heutigen Zeit noch weit von einem wirklich natürlichen Umgang mit ihr entfernt sind, auch wenn wir heute so tun, als hätten wir damit kein Problem.
Wenn etwas in uns verleugnet wird, kommt es als Dämon durch die Hintertür wieder herein. Das ist bei der Sexualität nicht anders. Dieser Dämon trägt dann die Namen „Sexueller Missbrauch“, „Vergewaltigung“, „Sexsucht“, „Pornographie“, „Prostitution“, „Sado – Masochismus“, usw. Dieser Dämon wird auch in unserer Zeit noch sehr erfolgreich gemästet, einfach dadurch, dass wir diese Seite unserer Weiblichkeit, unabhängig ob wir Mann oder Frau sind, nach wie vor abspalten.
Wenn wir Lilith ablehnen, fordert sie immer ein Opfer von uns. So sagt sie z. B. innerlich zu einer Frau: „Wenn Du nicht bereit bist, mich als deine Schwester anzuerkennen, mit allem was zu mir gehört, und wenn Du weiterhin deine Sexualität ablehnst, dann fordere ich ein Opfer von dir.“ Das Opfer trägt dann weibliche Namen wie z. B. „Totaloperation“, „Gebärmutterhalskrebs“, „Abtreibung“, „Sterilisation“, usw. Natürlich betrifft dieses Opfer auch die Männer. Auch Männer opfern in Form von Sterilisation, Prostataleiden, Impotenz usw. und bei Licht betrachtet ist jeder Mann, der mit einer Frau zusammen ist, die, in welcher Form auch immer, Lilith ihr Opfer vor die Füße legt, ebenfalls in dieses Thema eingebunden. Es ist auch ein Thema seiner eigenen Seele.
Adam und Eva waren im Paradies wie Kinder, unschuldig und nackt. Damit sich Kinder weiterentwickeln können, brauchen sie Verbote, die sie dann überschreiten. Das kennen wir alle auch aus unserem Leben. Mit den Konsequenzen müssen wir dann selbst umgehen. Doch diese Konsequenzen formen uns und schicken uns auf den Weg, auf dem es unsere Aufgabe ist, das, was wir abgespalten haben, wieder zu uns zurückzuholen.
Es war Adam und Eva verboten, vom Baum der Erkenntnis zu essen und dieses Verbot war notwendig, damit sie in ihre Entwicklung kamen. An dieser Stelle kam Lilith in Form der Schlange in den Garten Eden zurück. Sie verführte Eva mit einem Apfel vom Baum der Erkenntnis. Eva sprach mit der Schlange und dieses süße Geheimnis bewahrt sie bis heute. Wegen dieses Geheimnisses wurden die Frauen auf Scheiterhaufen verbrannt und von den Männern (der männlichen Seite der Seele) unterdrückt. Adam hat nicht mit der Schlange gesprochen und dieser Schritt liegt noch vor ihm. Erst wenn er, und damit sind wir alle gemeint, denn „Adam“ bedeutet „Mensch“, bereit ist, sich seiner dunklen Seite der Weiblichkeit auszusetzen, mit all ihren seelischen Abgründen, mit all den verdrängten und verstoßenen Seiten, die wir in uns nicht haben wollen, wird die weibliche Seite wieder in unser Bewusstsein zurückkehren.
Diese dunklen Seiten unserer Weiblichkeit umfassen unsere Gier, unser Machtstreben und unser korruptes und selbstzerstörerisches Verhalten, unseren eigenen und gegenseitigen Missbrauch, unsere Gefühlskälte, unsere Angst, unsere Depression, unsere verdrängte Sexualität usw. Dieser Weg ist immer ein Weg durch die eigene Hölle.
An dieser Stelle möchte ich betonen, dass ich, wenn ich von „männlich“ und von „weiblich“ spreche, nicht in erster Linie die Männer und Frauen im Außen meine. Diese sind nur Abbilder von uns selbst. Jeder von uns, gleichgültig ob Mann oder Frau, trägt sowohl einen männlichen, als auch einen weiblichen Anteil in sich. Erst wenn sich unser innerer Adam seiner Schwester Lilith wieder zuwendet und sie in sein Herz zurückholt, ist er wieder ganz und damit frei.
Nachdem Adam und Eva vom Baum der Erkenntnis gegessen hatten, gingen ihnen die Augen auf und sie erkannten, dass sie nackt waren, und sie schämten sich. Sie traten ein in die Welt der Polarität, der Welt des Guten und des Bösen. Als Gott Adam fragte, was er getan habe, so antwortete Adam: „Nicht ich bin schuld, Eva hat mich dazu verführt.“ Hier ist der Ort der Ur – Sünde. Hier ist der Ort der Schuld. Schuldig wurde Adam nicht an dem was er getan hat, – das war bezogen auf seinen Entwicklungsweg absolut notwendig –, schuldig wurde er allein dadurch, dass er nicht bereit war, für sein Verhalten Verantwortung zu übernehmen. So hat er versucht die „Schuld“ abzuspalten und sie Eva zuzuschieben. Und als Gott Eva fragte, was sie getan habe, antwortete sie: „Nicht ich bin schuld, die Schlange hat mich verführt.“ Eva hat sich ebenfalls schuldig gemacht, indem sie die Verantwortung über ihr Verhalten ebenfalls abgespalten hat.
So können wir uns fragen, wer denn die Schuld bis zum heutigen Tag noch für uns trägt. Es ist die Schlange. Sie hat die Schuld nicht abgespalten und deshalb wurde sie nicht aus dem Paradies vertrieben. Das ist der tiefe Grund, warum die Schlange in allen Kulturen und zu allen Zeiten immer das Symbol der Heilung ist und war.
Wir finden die Schlange an jedem Äskulapstab, dessen Symbol wir z. B. an vielen Apotheken sehen können. Auch die Äskulapnatter, die vor allem in der altgriechischen und und auch in der altrömischen Heilertradition eine große Rolle spielte, weist auf diesen Zusammenhang hin. Nicht zu vergessen, die vielen Schlangengifte, die in der Homöopathie zu unseren wichtigsten Heilmitteln zählen. Die Schlange trägt symbolisch bis heute unser aller Schuld und solange wir nicht bereit sind, unseren Teil der Schuld, unseren Teil der Abspaltung von ihr zurückzuholen, sind wir in der Sünde, in der Ab – sonderung.
Das Wort Sünde beinhaltet den Wortstamm „sund“ und das Wort Absonderung entstammt ebenfalls diesem Wortstamm, genauso wie das Wort „Ge – sund – heit“. Dieses Wort bedeutet also, wenn wir uns in dieses Wort wirklich hinein fühlen, „Einssein mit der Sünde“, „Einssein mit der Absonderung.“ Wir sind also nicht in der Sünde, weil wir gegen bestimmte Gebote verstoßen haben, sondern weil wir etwas, was zu uns gehörte, abgesondert haben.
Bei Licht betrachtet, werden Gebote nur deshalb aufgestellt, damit wir dagegen verstoßen. Das war schon im Paradies nicht anders, als in unserem Leben. Wir müssen dagegen verstoßen, damit wir überhaupt die Möglichkeit haben, mit dem, was uns fehlt, was aber zu uns gehört, wieder in Kontakt zu kommen. Erst dadurch werden wir heil. Das Verbot an sich spiegelt uns ja bereits das, was uns fehlt, was wir aus unserem Inneren verbannt haben.
Wenn wir z. B. das sechste Gebot der Hebräischen Bibel nehmen, das da lautet: „Du sollst nicht die Ehe brechen“, so können wir das als Verbot auffassen, das von Gott erlassen wurde, und versuchen, uns daran zu halten. Wenn wir dagegen verstoßen, dann haben wir ein schlechtes Gewissen, weil wir gesündigt haben. Wir können es aber auch von einer ganz anderen Seite aus betrachten: Solange wir mit unserem inneren Ehebrecher noch nicht versöhnt sind, wird er früher oder später versuchen, auf sich aufmerksam zu machen, indem er das Heft in die Hand nimmt und uns dazu verführt. Wenn wir bereit sind, ihn als Teil von uns selbst anzuerkennen und zu uns zurück zu holen, dann brauchen wir auch keine Ehen mehr zu brechen, da er dann in unserer Seele Erlösung erfährt. Dann brauchen wir aber auch dieses Gebot nicht mehr.
Wir alle haben einen inneren Ehebrecher, Kinderschänder, Mörder, Betrüger, Nazi usw., da alle diese Anteile zum Menschsein gehören. Wenn wir unserem inneren Ehebrecher noch keinen guten Platz in unserer Seele geben können, so wird er sich auf seine Weise Gehör verschaffen. Bei Licht betrachtet steht er natürlich immer in Verbindung mit einer anderen inneren Person, die ebenfalls noch nicht gesehen wurde, die sich im Mangel erlebt und die sehr leidet. Dies ist in der Regel ein kindlicher Seelenanteil. Solange diese leidende Person in unserem Inneren noch nicht erlöst ist, wird auch unser innerer Ehebrecher seinen Status behalten. Erst wenn die leidende Person wieder einen Platz in unserem Herzen hat, kann sich auch der Ehebrecher verwandeln.
Heilung bedeutet also: „Suche die Schlange und frage sie, was (wer) Dir fehlt, was oder wen sie noch für Dich trägt.“ Das ist die wichtigste Frage, die wir uns auf unserem Heilungsweg stellen können. Die Schlange zeigt sich uns natürlich nicht nur dadurch, dass wir ihr ganz real in der Natur begegnen, was aus eigener Erfahrung auch in unseren Breiten vorkommen kann. Sie hat auch andere Namen. Wir nennen sie z. B. Masernvirus, Ehefrau oder Ehemann, die Achse des Bösen, der tyrannische Hauswirt, der korrupte Politiker, der Kinderschänder, IS, Neonazi – ihrer Namen sind viele!
Die Konsequenzen, die Adam und Eva tragen mussten, sind hinlänglich bekannt. Sie wurden aus dem Paradies vertrieben und in die Welt der Polarität und der Absonderung gestellt, um die Erfahrung machen zu können, das sogenannte Gute und Böse kennenzulernen. Und diesen Weg gehen wir alle seit Anbeginn. Wir versuchen, das Gute zu leben und das Böse zu lassen bzw. zu verteufeln und anzuklagen. Die Schlange blieb als unsere Verbündete im Paradies zurück. Sie trägt alles, was wir in uns nicht haben wollen, was aber zu uns gehört. Vor allem trägt sie das sogenannte „Böse“, das wir in uns verteufeln.
So sprechen wir andere auch heute noch schuldig, in der Hoffnung, der Schlange auch weiterhin erfolgreich entkommen zu können. Doch wir können ihr nicht entkommen. Die Schlinge (Schlange) schließt sich immer enger um unseren Hals. Alles, was wir in uns nicht haben wollen, spalten wir ab und stellen es in unseren Schatten. Wir benötigen unglaublich viel Lebensenergie um diese Tür des Schattens unter Verschluss zu halten. Alles, was wir in den Schatten gestellt haben, nährt sich von unserer Lebensenergie und verwandelt sich dann in dämonische Kräfte, die uns unser Leben mitunter zur Hölle machen. Diese Kräfte nennen wir Sucht und Abhängigkeit in jeder bekannten Form, Depression, Angst, Krebs, Autoimmunerkrankungen, Aids, Gier, Schizophrenie, Selbstmord, Todessehnsucht, selbstzerstörerisches Verhalten, Betrug, usw.
Die Welt, in der wir leben, und jeder lebt in seiner eigenen Welt, ist nur Spiegel für uns. Wir und die Welt sind eins und so wie wir nicht sonderlich erfolgreich sind, wenn wir versuchen, das Gesicht, das uns morgens aus dem Spiegel anschaut zu bekämpfen, indem wir den Spiegel zerschlagen, so macht es auch keinen Sinn, an der äußeren Welt auch nur das kleinste Detail verändern zu wollen.
Natürlich können wir den Spiegel zerschlagen, doch uns selbst entkommen wir dadurch nicht. Die Welt, so wie sie ist, zeigt uns nur uns selbst. Von daher leben wir in der besten aller Welten. Sie erinnert uns jeden Moment daran, was uns fehlt und was wir abgespalten haben.
Bei Licht betrachtet besteht unser größtes Bemühen darin, die Welt und damit uns selbst verändern zu wollen. Wir geben Unsummen von Geldern aus und verschwenden unglaublich viel Energie, die wir in diesen Veränderungswahn stecken. Ganze Industriezweige stoßen sich seit vielen Jahrzehnten daran gesund. Ganze Berufsgruppen wurden installiert, um dem Schatten, um uns selbst, entkommen zu können. Da nehme ich natürlich meine eigene Zunft keinesfalls aus.
Wir wollen immer noch wie Kinder sein, so wie damals im Paradies, und so brauchen wir auch heute noch jemanden, den wir für unsere Misere verantwortlich machen können: Die Eltern, den Partner, den Chef, die korrupten Politiker, die geldgierigen Manager, die Viren, die Industriemafia, die Migranten, Vater Staat und Mutter Erde und am Ende der Fahnenstange thront dann immer jener Gott, den wir nach unserem Bilde erschaffen haben. Jenem Bild, das unseren subjektiven Wünschen entspricht. Eingetaucht in die Welt der Polarität gehen wir einen Weg, der uns das Gute suchen, das Böse aber meiden lässt, ohne zu ahnen, dass das Böse die andere Seite des Guten ist, weil sich beide bedingen. Wir suchen das Licht und fliehen die Schatten, wir haben Mitleid mit dem Opfer und verabscheuen den Täter. Das ist unsere Welt, die wir kreiert haben und die uns in die Sackgasse geführt hat.
Immer nur gut sein zu wollen bedeutet, das sogenannte Böse zu nähren. Je mehr wir nach dem Licht streben, umso dunkler wird es in uns und um uns herum. Erst wenn wir bereit sind, beide Seiten in unser Herz zu nehmen, können sie heilen und wir haben die Möglichkeit, diese Ebene der Dualität zu verlassen und auf eine höhere Ebene zu gelangen, auf der die Liebe zu allem, so wie es ist, auf uns wartet.
Das was wir nicht wollen und bekämpfen, das nähren wir!
Das ist seelisches und geistiges Gesetz!
Die systemische Aufstellungsarbeit bietet ein Feld, auf dem diese grundlegenden Trennungen erkannt, gewürdigt und dadurch aufgelöst werden können. Wir sind meist noch nicht bereit, für all unser Erleben die alleinige Verantwortung zu übernehmen, denn das hieße, erwachsen zu werden. Auch wir machen uns jeden Tag schuldig, indem wir absondern und den Feind nach außen projizieren, wo wir ihn dann versuchen zu bekämpfen – und siehe, wir scheitern. Wir nähren den Dämon Tag für Tag aufs Neue und dann wundern wir uns, dass wir in einer so „bösen“ Welt leben. Die Welt ist nicht böse, wir haben sie lediglich mit unseren Schatten, mit all dem, was wir in uns nicht haben möchten, überzogen, so dass sie uns von Außen entgegenkommen müssen.
Die anderen sind es nie, es sind immer wir selbst, die unser Leiden erschaffen und nähren!
Diesem Schatten ist es gleichgültig, in welcher Form er zu uns zurückkehrt, und wenn es das Leben von Millionen von Menschen fordert (siehe Drittes Reich). Pluto, der astronomische und vor allem der geistige Vertreter des Schattens, wurde im Jahre 1930 entdeckt, also kurz vor Beginn der nationalsozialistischen Ära. Was in diesem sogenannten „Dritten Reich“ mit all seinen Tätern und Opfern geschah, ist Abbild unseres kollektiven Schattens. Pluto (Luzifer) vertritt seit jeher die Schattenseiten der Seele, also das sogenannte Böse schlechthin.
Zur Zeit seiner Entdeckung durchlief er das Tierkreiszeichen Krebs, was in der Astrologie seit jeher dem Prinzip der Weiblichkeit zugeordnet wird. Pluto steht immer für die Opferaspekte im Inneren unserer Seele und so verwaltet er all jene Seelenanteile, die wir in uns nicht haben wollen. So wird sein Reich zur Schmiede der inneren und auch äußeren Dämonen. Dies zeigt uns, dass wir ihm unsere Weiblichkeit geopfert haben und damit wurde uns auch wieder unsere „Ur – trennung“ vom Paradies deutlich vor Augen geführt, indem das Ereignis der kollektiven Zerstörung ganze Generationen in einen Schockzustand versetzte.
Die Frage ist, ob wir aus diesem Ereignis für uns etwas gelernt haben. Wenn ich mir unsere Welt heute anschaue, dann wage ich das zu bezweifeln. Wir machen uns heute immer noch schuldig, indem wir jene bekämpfen, die auf der Täterseite des Geschehens standen und dort immer noch stehen. Sie werden immer noch abgeurteilt und gejagt, auch wenn sich deren Reihen langsam lichten. Sie wurden und werden immer noch als die „Schuldigen“ gebrandmarkt. „So etwas darf nie wieder geschehen“, wie wir gerne verlauten lassen – welche Anmaßung.
Wir maßen uns an, darüber zu urteilen, was im Grunde folgerichtig und not – wendig ist und was wir alle aus unserer Unbewusstheit heraus selbst erschaffen haben. Wir machen uns zum Richter über andere und wähnen uns in dem Glauben, besser zu sein, als sie. Wir spielen den lieben Gott, erheben uns über andere und haben nicht den Mut, uns einzugestehen, dass wir keinen Deut besser sind, als jene, die wir bekämpfen.
Alles und alle, die wir bekämpfen, die wir verurteilen, die wir beschuldigen, sind wir selbst, ob wir uns das zugestehen wollen oder nicht. Pluto will uns daran erinnern und da wir nicht bereit sind, uns dies einzugestehen, fordert er Opfer von uns, die wir ihm offensichtlich bereitwillig erbringen. So verharren wir im Leiden und verlieren unsere Lebenskraft. Auf den Archetypen von Pluto möchte ich weiter unten noch näher eingehen.
All das ist Abspaltung, all das ist Trennung. Solange wir in der Trennung sind, sind wir in der Schuld und im Leiden. Daran hat sich seit der Zeit, als wir in Höhlen hausten, nichts geändert. Die Formen sind subtiler geworden, doch im Inneren sind wir die gleichen Barbaren wie damals. Ich weiß, dass ich mich an dieser Stelle weit aus dem Fenster lehne, doch die Gedanken, die ich hier zum Ausdruck bringe, sind Beobachtungen aus vielen Jahren meiner Begleitung von Menschen und insbesondere des Familienstellens.
Es sind auch Beobachtungen, die mich mein eigenes Leben zutiefst gelehrt haben. Wenn mir das Familienstellen, das mich seit vielen Jahren begleitet und das ich vor allem im zweiten Band näher vorstellen möchte, etwas gezeigt hat, dann ist es dies:
Die Täter und die Opfer gehören immer zusammen, sie sind eine sogenannte „Schicksalsgemeinschaft“. Solange die Täter nicht geachtet werden, geht es den Opfern nicht gut. Dies widerspricht zunächst möglicherweise jeglicher menschlichen Vernunft. Wir haben gelernt, die Täter zu verurteilen und zu bestrafen und die Opfer zu bedauern. In dieser Haltung bleiben wir nur halb. Die Seele lässt es nicht zu, dass jemand ausgeklammert wird. Wenn dies geschieht, dann tritt immer ein Späterer in die Nachfolge derer, die ausgegrenzt werden. Er lebt dann mehr das Leben des Ausgestoßenen, als sein eigenes Leben.
So werden wir auch weiterhin keinen Erfolg haben, wenn wir versuchen, sogenannte „Neonazis“ zu bekämpfen und auszurotten. Wenn wir der Schlange den Kopf abschlagen, wachsen gleich mehrere Köpfe nach. In meinen Augen haben diese Menschen einen Auftrag. Sie sollen uns an die Täter erinnern, die wir immer noch aburteilen und die nicht zu uns gehören dürfen. Wir ertragen es nicht, in diesen Spiegel zu schauen und uns einzugestehen, dass wir auch so sind wie sie, genau so. Warum? Weil wir Menschen sind und weil alles was geschieht, zum Menschsein dazu gehört. Wer das leugnet bleibt in der Absonderung und damit in der Sünde.
Bert Hellinger, derjenige, der das Familienstellen in seiner jetzigen Form zum Leben erweckt hat, erzählte vor vielen Jahren auf einem seiner Seminare folgende Geschichte: Er berichtete, dass er einst nach Israel eingeladen wurde, um mit Überlebenden des Holocaust zu „arbeiten“, d. h. die seelischen Verstrickungen dieser Menschen in die Sichtbarkeit zu holen, so dass sie gelöst werden können.
Allein schon die Tatsache, dass ein Deutscher, der als Soldat im zweiten Weltkrieg „gedient“ hatte, mit Überlebenden des Holocaust arbeitet, ist für sich genommen ein schon kaum vorstellbares Unternehmen. Während dieser Arbeit wurde er von den anwesenden Israelis gefragt, warum es denn keinen Frieden zwischen den Juden und den Palästinensern geben könne. Bert Hellinger meinte darauf hin, dass es diesen Frieden erst geben könne, wenn auch der letzte Jude bereit wäre, Adolf Hitler einen guten Platz in seinem Herzen zu gewähren. Daraufhin wären die Anwesenden sehr betroffen gewesen und einige hätten sogar zustimmend genickt. Einer der Anwesenden soll sogar gesagt haben, dass die Israelis mit den Palästinensern genau das gleiche machen würden, wenn auch in abgeschwächter Form, was die Deutschen damals mit den Juden gemacht hätten. So finden wir heute in fast jeder jüdischen Familie einen Täter.
Wir brauchen aber gar nicht so weit reisen. Wir selbst sind es, die die Täter immer noch ausklammern und uns als die „Guten“ über sie stellen. Solange kann es auch in unserer Volksseele keinen Frieden geben und der Schlange, die wir so vehement bekämpfen, geben wir dadurch ununterbrochen Nahrung. Dann wundern wir uns, dass die sogenannte rechte Szene, nicht nur in Deutschland, immer mehr in den Vordergrund drängt. Wir wehren uns mit Händen und Füßen dagegen, anzuerkennen, dass alles, was in der Welt und in unserem Inneren geschieht, immer folgerichtig ist. Es folgt immer der Tatsache, dass wir etwas oder jemanden abspalten, der ebenfalls zu uns gehört und von daher auch eine Berechtigung hat, auf unserer Seelenbühne mitspielen zu dürfen.
Natürlich hat jeder sogenannte Neonazi seine eigene Geschichte, die ihn zu seinen Handlungen veranlasst, doch auch dieses Verhalten folgt gesetzmäßig immer einer Folgerichtigkeit. Erst wenn wir mit der gleichen Liebe auf die Täter und auf die Opfer schauen, sind alle in Frieden miteinander. Dadurch werden sie einander gleich und gleichzeitig sind sie frei. Wir können uns in Liebe vor ihrem gemeinsamen Schicksal verneigen und es anerkennen. Erst dann sind wir in der Lage, das, was uns fehlt, zu erkennen und zu uns zurück zu holen. Dann können wir einen neuen Schritt nach vorne gehen. Diese tiefe Erfahrung durften wir in zahlreichen Familienaufstellungen immer wieder machen.
All das, was Menschen jemals getan haben, ist auch in uns und verlangt, von uns geachtet zu werden. Erst dann kann es sich er – lösen. Über jemanden zu urteilen oder sie oder ihn schuldig zu sprechen bedeutet nichts anderes, als dass wir meinen, besser zu sein als sie oder er. Das ist ein großer Irrtum. Der andere, den wir verurteilen, zeigt uns nur eine Seite von uns selbst, die wir in uns nicht haben wollen und die wir deshalb beim anderen, über den wir richten, bekämpfen müssen. Doch seinem Schatten ist noch niemand entkommen.
„Das sogenannte „Böse“ ist das nicht geachtete „Gute“ in uns!“ (1)
Böse wird etwas erst dann, wenn wir es in uns nicht haben wollen. Holen wir es zu uns zurück, so kann es in uns erlöst und zu einem „höheren Guten“ werden, in dem das „Böse“ und das „Gute“ eins sind. Wenn wir diejenigen, die fehlen, wieder zurückholen, dann können wir erkennen, welche Wirkung das auf uns selbst und auf unser ganzes Familiensystem hat, und darüber hinaus.
Das Höhlengleichnis
An dieser Stelle möchte ich das Höhlengleichnis von Platon, jenes alten griechischen Philosophen (428 – 348 v. Chr.) und Schülers von Sokrates wiedergeben, das für uns alle, die wir in der heutigen Zeit leben, immer noch ein tiefes Sinnbild ist.
„Sokrates beschreibt eine unterirdische, höhlenartige Behausung, von der aus ein breiter Gang zur Erdoberfläche führt. In der Höhle leben Menschen, die dort seit ihrer Kindheit ein Leben als Gefangene verbracht haben. Sie sind sitzend an Schenkeln und Nacken so festgebunden, dass sie immer nur nach vorn auf die Höhlenwand blicken und ihre Köpfe nicht drehen können. Daher können sie den Ausgang, der sich hinter ihren Rücken befindet, nie erblicken und von seiner Existenz nichts wissen. Auch sich selbst und die anderen Gefangenen können sie nicht sehen; das einzige, was sie je zu Gesicht bekommen, ist die Wand. Erhellt wird die Höhle von einem großen, fernen Feuer, das oben auf der Erdebrennt und dessen Licht durch den Gang hineinscheint. Die Gefangenen sehen nur das Licht, das die Wand beleuchtet, nicht aber dessen Quelle. Auf der Wand sehen sie ihre Schatten. Aufder Erdoberfläche befindet sich zwischen dem Höhleneingang und dem Feuer eine kleine Mauer, die nicht so hoch ist, dass sie das Licht des Feuers abschirmt. Längs der Mauer tragen Menschen unterschiedliche Gegenstände hin und her, Nachbildungen menschlicher Gestalten und anderer Lebewesen aus Stein und aus Holz. Diese Gegenstände ragen über die Mauer hinaus, ihre Träger aber nicht. Manche Träger unterhalten sich miteinander, andere schweigen. Da die bewegten Gegenstände auf die Höhlenwand, der die Gefangenen zugewendet sind, Schatten werfen, können die Höhlenbewohner die bewegten Formen schattenhaft wahrnehmen. Von den Trägern ahnen sie aber nichts. Wenn jemand spricht, hallt das Echo von der Höhlenwand so zurück, als ob die Schatten sprächen. Daher meinen die Gefangenen, die Schatten könnten reden. Sie betrachten die Schatten als Lebewesen und deuten alles, was geschieht, als deren Handlungen. Das, was sich auf der Wand abspielt, ist für sie die gesamte Wirklichkeit und schlechthin wahr. Sie entwickeln eine Wissenschaft von den Schatten und versuchen in deren Auftreten und Bewegungen Gesetzmäßigkeiten festzustellen und daraus Prognosen abzuleiten.
Lob und Ehre spenden sie dem, der die besten Voraussagen macht. Nun bittet Sokrates Glaukon sich vorzustellen, was geschähe, wenn einer der Gefangenen losgebunden und genötigt würde, aufzustehen, sich umzudrehen, zum Ausgang zu schauen und sich den Gegenständen selbst, deren Schatten er bisher beobachtet hat, zuzuwenden. Diese Person wäre schmerzhaft vom Licht geblendet und verwirrt. Sie hielte die nun in ihr Blickfeld gekommenen Dinge für weniger real als die ihr vertrauten Schatten. Daher hätte sie das Bedürfnis, wieder ihre gewohnte Position einzunehmen, denn sie wäre überzeugt, nur an der Höhlenwand sei die Wirklichkeit zu finden. Gegenteiligen Belehrungen eines wohlgesinnten Befreiers würde sie keinen Glauben schenken.
Wenn man den Befreiten nun mit Gewalt aus der Höhte schleppte und durch den unwegsamen und steilen Aufgang an die Oberfläche brächte, würde er sich dagegen sträuben und wäre noch verwirrter, denn er wäre vom Glanz des Sonnenlichts geblendet und könnte daher zunächst gar nichts sehen. Langsam müsste er sich an den Anblick des Neuen gewöhnen, wobei er erst Schatten, dann Spiegelbilder im Wasser und schließlich die Menschen und Dinge selbst erkennen könnte. Nach oben blickend würde er sich erst mit dem Nachthimmel vertraut machen wollen, später mit dem Tageslicht, und zuletzt würde er es wagen, die Sonne unmittelbar anzusehen und ihre Beschaffenheit wahrzunehmen. Dann könnte er auch begreifen, dass es die Sonne ist, deren Licht Schatten erzeugt.
Nach diesen Erlebnissen und Einsichten hätte er keinerlei Bedürfnis mehr, in die Höhle zurückzukehren, sich mit der dortigen Schattenwissenschaft zu befassen und dafür von den Gefangenen belobigt zu werden. Sollte er dennoch an seinen alten Platz zurückkehren, so müsste er sich erst wieder langsam an die Finsternis der Höhle gewöhnen. Daher würde er einige Zeit bei der dort üblichen Begutachtung der Schatten schlecht abschneiden. Daraus würden die Höhlenbewohner folgern, er habe sich oben die Augen verdorben. Sie würden ihn auslachen und meinen, es könne sich offenbar nicht lohnen, die Höhle auch nur versuchsweise zu verlassen. Wenn jemand versuchte, sie zu befreien und nach oben zu führen, würden sie ihn umbringen, wenn sie könnten." (Wikipedia/Höhlengleichnis)
Wir alle sitzen seit Anbeginn der Zeit in dieser Höhle. Angekettet an Armen, Händen und Hals starren wir auf die Schattenbilder, die wir vor unseren Augen auf der Höhlenwand wahrnehmen können. Diese Schattenbilder halten wir für die Realität und die Wissenschaften, Religionen, Regierungen usw. sind seit jeher bestrebt, alles dafür zu tun, diese „Scheinrealität“ als Wirklichkeit zu verkaufen. So sitzen wir alle wie hypnotisiert davor und bekämpfen jeden, der es auch nur wagt, an dieser, von uns selbst erschaffenen Wirklichkeit, zu zweifeln. So wurden in früheren Zeiten Männer wie Giordano Bruno (1548 – 1600) oder Sokrates (469 – 399 v. Chr.), die diese Realität bezweifelten auf dem Scheiterhaufen verbrannt bzw. durch den Schierlingsbecher vergiftet. Die Scheiterhaufen brennen immer noch und die Gifte, die uns heute gereicht werden, sind viel subtiler, so dass wir die schleichende Vergiftung meist gar nicht bemerken.
So wird uns auch heute noch eine Realität verkauft, die uns in der Knechtschaft halten und einige Wenige, die die Macht und die finanziellen Mittel haben, privilegieren soll. Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer und wir werden mit allerhand „Futter“ zufriedengestellt und eingeschläfert, so dass wir davon nichts mitbekommen sollen. Bei Licht besehen, wollen wir es ja auch gar nicht wissen, denn dieser süße Schlaf ist allzu verlockend. Jedenfalls verlockender, als uns der Wirklichkeit auszusetzen, der wir nur im Licht, in der Sonne unseres Bewusstseins, gewahr werden können, nachdem wir die Höhle der Illusionen und Täuschungen entrinnen konnten. Doch all das ist folgerichtig, gehört es doch offensichtlich zu unserem Entwicklungsweg als Menschheit dazu.