Bezwinge den Wolf in dir - Mark Divine - E-Book

Bezwinge den Wolf in dir E-Book

Mark Divine

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Beschreibung

Sie gelten als Amerikas schlagkräftigste Spezialeinheit – die Navy SEALs. Doch worauf gründet der Erfolg dieser Elite-Kampftruppen? Auf deren Vertrauen in die Stärke ihrer Führungskräfte und die Effizienz der Teams. Der ehemalige Navy-SEAL-Commander und New York Times-Bestsellerautor Mark Divine weiß: Ein Team ist nur dann gut, wenn die Führungskraft Verantwortung übernimmt und den Weg weist. Er zeigt, wie man hierfür den inneren »Angstwolf« besiegt und anhand von sieben Prinzipien seinen Führungskompass konsequent auf den Teamerfolg ausrichtet. Was im Einsatz unerlässlich ist, gilt auch im unternehmerischen Kontext: Mut, Vertrauen, Respekt, persönliches Wachstum, Tugend, Resilienz und Hingabe. So wird man die Führungskraft, die ein Team braucht, um erfolgreich zu sein und Außergewöhnliches zu leisten.

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Seitenzahl: 363

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Mark Divine

BEZWINGE DEN WOLF IN DIR

MARK DIVINE

New York Times-Bestsellerautor von Der Weg des SEAL

BEZWINGE DEN WOLF IN DIR

Sieben Führungsprinzipien, mit denen man Eliteteams schmiedet

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

1. Auflage 2021

© 2021 by Redline Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,

Türkenstraße 89

D-80779 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

STARING DOWN THE WOLF

Copyright © 2020 by Mark Divine.

Dieses Werk wurde im Auftrag von St. Martin’s Publishing Group durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover, vermittelt. Die englische Originalausgabe erschien bei St. Martin’s Publishing Group unter dem Titel Staring down the Wolf.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Redaktion: Silvia Kinkel

Umschlaggestaltung: Marc T. Fischer

Umschlagabbildung: Mircea Costina / Shutterstock

Satz: ZeroSoft, Timisoara

Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN Print 978-3-86881-809-3

ISBN E-Book (PDF) 978-3-96267-250-8

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96267-251-5

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.redline-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de

INHALT

Einleitung:

Neuland betreten

Angst:

Fehlschläge passieren. Sind Sie bereit?

Mut

Bezwinge die Angst vor Risiken

Vertrauen

Bezwinge die Angst vor dem Versagen

Respekt

Bezwinge die Angst vor Beurteilung

Wachstum

Bezwinge die Angst vor dem Unbehagen

Vortrefflichkeit

Bezwinge die Angst vor Einzigartigkeit

Widerstandsfähigkeit

Bezwinge die Angst vor Hindernissen

Alignment

Bezwinge die Furcht vor dem Teilen

Fazit

Das letzte Prinzip Bezwinge die Angst vor einer größeren Mission

Der unbezwingbare Geist

Danksagung

Über den Autor

Endnoten

EINLEITUNG:

NEULAND BETRETEN

Atme tief durch. Wirf deine alte Landkarte und den Kompass weg.

Sie sind Geschäftsführer oder hochrangiger Manager, der verzweifelt nach neuen Quellen für Einnahmen und Gewinne sucht? Die Landkarten, an denen Sie sich in Ihrer Branche orientieren, sind durch den Wandel der geschäftlichen und technologischen Landschaft obsolet geworden, und unter diesen Bedingungen müssen Ihr Team und die Unternehmenskultur ein Übermaß an Verpflichtungen und ständiges Chaos bewältigen?

Ihre Personalabteilung kann sich den Bedingungen nicht anpassen, weil die Mitarbeiter dafür ausgebildet wurden, Menschen als Ressource und nicht als menschliche Wesen zu betrachten. Die Abteilung funktionierte, solange es nur darum ging, Leute einzustellen, deren Leistungen zu messen, sie zu befördern und zu entlassen … und vielleicht war sie sogar in der Lage, Umfragen durchzuführen und Sensibilisierungsmaßnahmen einzuleiten. Aber es fällt Ihnen schwer, Führungskräfte mit jener Art von emotionalen, moralischen und intellektuellen Fähigkeiten auszubilden, die mittlerweile am wichtigsten sind.

Vielleicht zählen Sie zu den jungen Führungskräften, die sich ihrem Unternehmen nicht verbunden fühlen, weil sie sich darüber ärgern, wie Vermögenswerte behandelt zu werden – oder, schlimmer noch, weil sie einen Mistkerl zum Chef haben. Große Organisationen neigen normalerweise dazu, an endlosen Prozessen und einer strikten Aufgabenteilung festzuhalten und kaum Zeit in den Aufbau einer starken Kultur zu investieren, die aber unverzichtbar ist, um sich auf neuem Terrain zurechtzufinden. Die Geschäftswelt kann sich in ein Schlachtfeld verwandeln – und Ihr Unternehmen könnte schwer angeschlagen oder sogar vernichtet werden.

Um uns auf dem neuen Schlachtfeld behaupten zu können, brauchen wir die emotionale Kraft und richtige Geisteshaltung, um die für den Erfolg nötige kreative Energie entwickeln zu können. Wir benötigen neue Entwicklungsmodelle, damit es uns gelingt, mit rasanten Veränderungen und Ungewissheit umzugehen. Nach dem Kalten Krieg prägte das US Army War College das Akronym VUCA, das für volatility (Volatilität), uncertainty (Ungewissheit oder Unsicherheit), complexity (Komplexität) und ambiguity (Mehrdeutigkeit oder Unklarheit)1 steht. VUCA (deutsch: VUKU) hat mittlerweile in den Führungsebenen vieler Unternehmen Einzug gehalten. Um ihre Mission unter den Bedingungen von Volatilität, Ungewissheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit verwirklichen zu können, brauchen Führungskräfte einen neuartigen Kompass, der ihnen hilft, mit emotionaler, moralischer und intellektueller Stärke ihren Weg über Gipfel und durch Täler zu finden. Sie müssen lernen, ihr Ego hintanzustellen, ihre Bedürfnisse den Erfordernissen ihres Teams und ihrer Mission unterzuordnen und sich in »ganzheitliche Führungspersönlichkeiten« mit einem auf die Welt ausgerichteten, integrierenden Bewusstsein zu verwandeln. Wenn sie dies beherzigen und sich stetig weiterentwickeln, können Führungskräfte eine tiefe Beziehung zu ihrem Team herstellen. So werden sie ihren Unternehmen in der Zukunft, die bereits begonnen hat, bedeutsame Erfolge sichern.

Diese Fähigkeiten zu entwickeln, ist für Führungskräfte in der heutigen Zeit unabdingbar.

Aber auf dem Weg dorthin begegnen sie dem aus der Angst geborenen Wolf.

Der »Angstwolf« ist eine Metapher für das, was uns emotional zurückhält – tief verwurzelte Ängste, negative Reaktionsmuster und Voreingenommenheit. Woran hindern uns diese Dinge? Sie verhindern, dass unser Team alles gibt, sich ganz der Sache verschreibt. Und sie hindern uns daran, unser wahres Selbst zu verwirklichen.

Dieses Buch wird Ihnen helfen, Ihren Angstwolf zu bezwingen und eine negative Konditionierung abzuschütteln, damit Sie Ihre Möglichkeiten ausschöpfen können. Nur so können Sie Ihr gewaltiges Potenzial erschließen.

Auf dem neuen Schlachtfeld ist es nicht mehr möglich, auf Kosten anderer Gewinne einzufahren. Ihre Mitarbeiter und Ihre Kultur sind jetzt »die Hauptsache«. Alles andere ist dem Wandel ausgesetzt und kann schnell an Bedeutung verlieren.

Als Führungskraft sind Sie VUCA nicht wehrlos ausgeliefert. Sie können die Schuld nicht auf den Markt, die Volatilität, die Konkurrenten, die Investoren oder die Kunden schieben. Im neuen Geschäftsklima müssen Sie sich verändern oder Sie werden getötet. Sie können von Glück reden, dass Sie nicht physisch getötet werden; diese Gewissheit hatte ich bei den SEALs nicht. Sie dürfen sich nicht von Volatilität, Komplexität und verwirrender Mehrdeutigkeit lähmen lassen.

In der Zusammenarbeit mit Führungskräften und ihren Teams konnte ich feststellen, dass die meisten von ihnen irgendwann in den vergangenen fünf Jahren an ihre Grenzen gestoßen waren. Plötzlich zweifelten sie an ihrer Kompetenz. Was lange Zeit funktioniert hatte, war nicht länger relevant. Die Waffen, an denen sie ausgebildet worden waren, bewirkten nichts mehr. Ihre im Studium, in endlosen Workshops und Kursen sowie im On-The-Job-Training erworbenen beruflichen Kenntnisse waren nicht mehr geeignet, die angestrebten Ziele zu erreichen. Sie konnten sehen, wie das Gefechtsfeld beschaffen war, aber sie wussten nicht, wie sie sich dort bewegen sollten.

Diese alliierten Unternehmenstruppen reagierten mit Kampf, Flucht oder Erstarrung.

Wo sind die Eisenhowers und Pattons, wenn man sie braucht?

Tut mir leid, aber diesmal wird kein Retter kommen. Es gibt keine außenstehende Führungspersönlichkeit und keinen Berater, der eine Wende herbeiführen kann und es »für uns richten wird«.

Die einzige Führungspersönlichkeit, die eine Wende herbeiführen kann, sind Sie selbst.

Sie müssen sich verändern. Und Sie müssen Ihr Team verändern.

Sie können nicht länger Methoden anwenden, die nicht mehr funktionieren, und trotzdem bessere Ergebnisse erwarten. In diesem Buch finden Sie keine raffinierten Strategien und spektakulären Taktiken zur Lösung Ihrer Probleme. Stattdessen finden Sie eine Anleitung, wie Sie Ihren eigenen Charakter und den Ihres Teams entwickeln können. Ein Charakter, der geprägt ist von Moral und Mut, Vertrauen und Vertrauenswürdigkeit, Respekt und Achtbarkeit, Vortrefflichkeit durch Selbstführung und Anpassungsfähigkeit, stetigem Wachstum, Resilienz und einer abgestimmten Ausrichtung auf ein gemeinsames Ziel, einer Vision und dem Entwickeln einer Mission. Diese sieben Prinzipien werden den 100-prozentigen Einsatz des Teams gewährleisten.

Um diese Fähigkeiten zu entwickeln, müssen Sie tief in sich hineinschauen, um sich von allen negativen Eigenschaften zu befreien, die Sie daran hindern, Ihre Intuition, Ihre Kreativität und Ihre Fähigkeiten vollkommen auszuschöpfen. Sie können nicht behaupten, die perfekte Führungskraft zu sein, die alle guten Eigenschaften und keine einzige schlechte besitzt. Diese Fassade haben Ihre Leute längst durchschaut. Genauso wichtig ist, dass Sie aufhören müssen, Ihren Schatten auf Ihr Team zu werfen. Ihr Schatten besteht in Ihrem negativen Verhalten, das überwiegend durch emotionale Traumata in der Kindheit konditioniert wurde und sich jetzt nachteilig auf Ihre Beziehungen und die Leistungen Ihres Teams auswirkt. Es äußert sich in Projektion, Übertragung, aggressivem, passiv-aggressivem oder passivem Verhalten oder einfach in miserablen Kommunikationsfähigkeiten. Ihr Team wird Ihnen erst vertrauen und Sie respektieren, wenn Sie dieses negative Verhalten abschütteln. Ihr Schatten behindert Ihren eigenen Erfolg.

Um sich in einer von VUCA geprägten Welt behaupten zu können, müssen Sie sich und Ihr Team dazu bringen, die sieben Prinzipien zu verkörpern, die ich in diesem Buch beschreibe. Wenn Ihnen das gelingt, werden Sie die höchste Entwicklungsstufe erklimmen. Erreichen werden Sie das, indem Sie sich des Schattens Ihres Angstwolfs bewusst werden und täglich daran arbeiten. Auf diese Art werden Sie Ihre emotionalen Probleme überwinden und zu einer authentischen Führungspersönlichkeit heranwachsen. Das ist mühsam, aber unumgänglich. Ihre Zukunft und die Zukunft Ihrer Teams – und angesichts der globalen Herausforderungen, mit denen wir kollektiv konfrontiert sind, möglicherweise sogar die Zukunft der Menschheit – hängen davon ab.

Sie müssen den Angstwolf bezwingen.

DIE FÜNF EBENEN

Die Entwicklungspsychologen wissen, dass sich unsere inneren Karten der Realität voneinander unterscheiden. Das macht die Führung zu einer komplexen Aufgabe, denn abgesehen davon, dass sich das äußere Terrain aufgrund von VUCA verändert, unterscheidet sich auch die Wahrnehmung des äußeren Terrains durch unsere Teammitglieder von unserer eigenen: Das führt zu unterschiedlichen, nicht übereinstimmenden inneren Karten der Realität! Die meisten Führungskräfte sind sich dieser Tatsache nicht bewusst, weil sie nicht gelernt haben, die Karten der anderen zu erkennen, oder weil sie sich an eine unvollständige Karte klammern und den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen. Um mit unserer Veränderung beginnen zu können, müssen wir die vorherrschenden Sichtweisen der Realität kennen.

Ich habe fünf unterschiedliche Standpunkte ermittelt, mit denen sich meine Unternehmenskunden identifizieren (dies sind ihre Realitätsterrains und -karten). Diese bezeichne ich als die Fünf Ebenen. Diese Ebenen geben ihrem Weltbild, ihren Reaktionen auf andere Menschen und ihren bevorzugten Überzeugungen Gestalt. Jede Ebene entspricht einer in sich schlüssigen Weltsicht, ist jedoch nicht voll umfänglich oder ganzheitlich. Ein umfassendes Weltverständnis haben wir erst, wenn wir die fünfte Ebene erreichen, die sämtliche Perspektiven beinhaltet. Dazu kommt, dass die Schattenelemente auf jeder Ebene unterschiedlich zutage treten und negative Auswirkungen auf die persönliche Entwicklung haben können. Die Übergänge zwischen diesen Ebenen sind fließend, denn eine Führungspersönlichkeit kann auf der einen Ebene eine intellektuelle Ansicht vertreten, während sie auf einer anderen einem unbewussten Schattenmuster folgt. Erfreulicherweise können wir durch diszipliniertes Trainieren in einem täglichen, wöchentlichen und jährlichen »Programm« unseren Schatten zerstören und rasch auf die vierte Ebene aufsteigen, um das ganzheitliche oder integrierte Entwicklungsstadium zu erreichen. Anders ausgedrückt bringt die fünfte Ebene eine expansivere und umfassendere Erkenntnis und Weltsicht mit sich, die über alle anderen Ebenen hinausgeht und diese einschließt. Diese Ganzheit ermöglicht ein besseres Verständnis, ein Bewusstsein des Dienens und erschließt ein größeres Potenzial sowie bessere Leistungen. Und natürlich versetzt sie uns in die Lage, fähiger zu führen auf dem Weg zu Erfolg, Relevanz und Zufriedenheit.

Führungskräfte, die ihre Weiterentwicklung ernst nehmen und die fünfte Ebene erreichen, werden die Welt immer klarer sehen und sich von ihrem Schatten lösen. Es handelt sich nicht um eine einmalige Anstrengung, sondern um einen anhaltenden Prozess, bei dem keine Ziellinie überquert werden kann. Die Experten sind sich auch darin einig, dass sich das Wachstum über die fünfte Ebene hinaus fortsetzt, aber leider wird zu unseren Lebzeiten nur ein geringer Teil der Menschheit diese Stufe erreichen. Wir müssen es zu unserer Mission machen, unsere Teams und neuen Führungskräfte auf die fünfte Ebene zu heben und nicht nur sie, sondern die globale Kultur zu verändern.

Wenn Sie mit dem Werk des amerikanischen Philosophen Ken Wilber vertraut sind, werden Sie wissen, dass er und andere Entwicklungspsychologen das Konzept der Fünf Ebenen beeinflusst haben. Ich habe die Ehre gehabt, bei Ken zu studieren und mit ihm und einigen seiner frühesten Schüler zusammenzuarbeiten. Ken hat die Integrale Theorie entwickelt, einen Rahmen für das persönliche Wachstum, in dem die westliche Psychologie mit östlichen transpersonalen Entwicklungsmodellen zu einer vollständigen Karte der menschlichen Erfahrung zusammengesetzt wird. Diese Karte beinhaltet sowohl die subjektiven als auch die objektiven Aspekte des Individuellen und des Kollektiven. Wir müssen all diese Bereiche verstehen, weil die inneren Realitätskarten, wenn wir sie zum Gegenstand des Selbststudiums machen, psychoaktiv sein können, was bedeutet, dass die bloße Erkenntnis ihrer Existenz dazu führt, sie beim Persönlichkeitswachstum einzubeziehen.

Als langjähriger Student von Zen, Yoga und Kampfkünsten und mit 20 Jahren Therapieerfahrung bin ich endlich zu einem tiefen Verständnis dessen gelangt, was Ken meint, wenn er sagt, dass die Mission jedes Menschen darin besteht, »aufzuwachen, zu wachsen und aufzuräumen, damit er sein wahres Selbst verwirklichen kann«. Das Erwachen besteht in der Erfahrung, uns von der Geschichte unseres Ursprungs, von unseren Gedanken und Emotionen zu lösen und unsere ewige Natur und unsere Einheit mit allen Dingen zu erkennen. Verschiedene Wege zum Erwachen finden wir in allen unvergänglichen spirituellen Traditionen. Wenn wir erwachen, werden wir uns des ehrfurchtgebietenden Potenzials bewusst, das in uns allen schlummert. Das Wachsen ist ein anderer Prozess. Er bedeutet, höhere Stadien der persönlichen Entwicklung zu erreichen und sich dadurch eine inklusivere Haltung und bessere Führungsfähigkeiten anzueignen. Aufzuräumen bedeutet, die eigenen emotionalen Schatten zu beseitigen. Dies ist die wirklich schwierige Arbeit, die uns in die Lage versetzt, den Angstwolf zu bezwingen. Beim Aufräumen finden wir die Inspiration und die Werkzeuge, die wir brauchen, um auf der fünften Ebene zu authentischeren Führungskräften heranzureifen. Darum geht es in diesem Buch.

AUF WELCHER EBENE BEFINDEN SIE SICH?

Ihr eigenes Entwicklungsstadium hängt in hohem Maß davon ab, in welchem Stadium sich Ihre Eltern und die Kultur befinden, in der Sie aufgewachsen sind. Wer unter idealen Umständen aufwuchs, kann natürlich durch die ersten vier Stadien oder Ebenen aufsteigen, die der Entwicklung des Bewusstseins der Menschheit im Industriezeitalter entsprechen. Wie bereits erwähnt, wird das Selbstverständnis und das Verständnis anderer expansiver und inklusiver, wenn Menschen von einer Ebene zur nächsten fortschreiten. Auf der ersten Ebene sind wir vollkommen egozentrisch und konzentrieren uns ausschließlich auf unsere eigenen Bedürfnisse. Auf der zweiten Ebene sind wir ethnozentrisch und konzentrieren uns auf unseren Tribus, und auf der Dritten sind wir im Wesentlichen ethnozentrisch, haben jedoch das Potenzial, weltzentrisch zu werden, sofern wir bei Reisen und im Job die Welt kennenlernen. Auf der vierten und fünften Ebene sind wir weltzentrisch und sorgen uns zunehmend um die gesamte Menschheit und um den Planeten. Leider befinden sich nach Wilbers Schätzung nur etwa 5 Prozent der Weltbevölkerung auf der fünften Ebene.

In der folgenden Fünf-Ebenen-Grafik sind die Merkmale der einzelnen Stadien zusammengefasst:

Ebene

Einstellungen und Entwicklungsstadien

Archetypische Einstellungen

Positive Emotionen und Motivationen

Rückwärtsgewandter Schatten

1

• Primäre Einstellung: Überleben

• Entwicklungsstadium: Egozentrisch

• Natürliche Auslese

• Unabhängig … Mein eigenes

• Risikobereitschaft

• Einsamer Wolf oder Hochstapler

• Bandenmitglied

• Sicherheitsbedürfnis nicht erfüllt

• Kühnes Handeln

• Liebe (engstirnig)

• Aufgeben verboten

• Unbesonnenheit

• Scham oder Stolz

• Aggression oder Unterwerfung

• Ängstlichkeit

• Mangel an Vertrauen oder Respekt

• Unbewegliche Geisteshaltung

• Übertriebene Risikoneigung

2

• Primäre Einstellung: Beschützer

• Entwicklungsstadium: Ethnozentrisch mit extremer Fixierung auf eigenen Tribus

• Krieger/Hütehund

• Fundamentalist und Traditionalist in Bezug auf Familie, Religion und Rollen: Die alte Art ist immer noch die beste

• Bürokratisch: Regeln, Position und Rang sind sehr wichtig; Sicherheit und begrenzte Ressourcen müssen geschützt werden

• Mutiges Handeln

• Vertrauen in und Respekt gegenüber Autorität, traditionelle Rollen

• Schutz des Status quo

• Für Rechte kämpfen

• Liebe zur sozialen Gruppe; Patriotismus

• Vertrauen in hö-here Macht und Rolle der Religion

• Schuld

• Eifersucht

• Geringer Selbstwert

• Unbewegliche Geisteshaltung: »So wird es einfach gemacht«

• »Ismen«: Rassismus, Sexismus, Altersdiskriminierung usw.

• Streng hierarchisch

3

• Primäre Einstellung: Leistungsorientiert

• Entwicklungsstadium: Ethnozentrisch (Kapitalismus besser als Kommunismus), entstehende weltzentrische Haltung durch Welthandel und Problemlösung dank Technologie

• Führungskraft, Unternehmer, Manager, Fachkraft

• Selbstsicher und unabhängig

• Konzentration auf materiellen Erfolg

• Verdienst wichtiger als Rang und Position

• Vertrauen in schöpferische Fähigkeit

• Ehrgeiz, bewältigt Aufgaben

• Teamplayer, um seine Bedürfnisse zu erfüllen

• Horizontales Wachstum – persönliche Entwicklung für Erfolg

• Erste fünf Prinzipien gegeben

• Unreflektiert

• Rücksichtslos

• Gierig

• Abstraktes Denken und moralischer Relativismus

4

• Primäre Einstellung: Ausgleichend

• Entwicklungsstadium: Weltzentrisch, Ökologie, Aktivismus, nachhaltiger Handel, verantwortlicher Kapitalismus, Philanthropie

• Sozialer Unternehmer, Wissenschaftler, Führungskraft Non-Profit-Organisation

• Einfühlsam, egalitär

• Aktivist, Philanthrop

• Handelt aus Fürsorge, Sorge, Knappheit

• Sieben Prinzipien gegeben, aber nicht integriert

• Respekt gegenüber Gleichheit

• Fürsorge, Aufbau von Beziehungen

• Liebe und Heilung anderer

• Streben nach vertikalem Wachstum – Entwicklung, um zu dienen

• Offen sein für das Geheimnis des Universums

• Spiritueller Egoismus

• Klassenneid oder Wut

• Keine Inklusion jener, deren Entwicklungsstadium oder Intelligenz als unterlegen betrachtet werden

• Mangel an konkretem Handeln – abstraktes Bemühen um Rettung der Welt

5

• Primäre Einstellung: Integration

• Entwicklungsstadium: Weltzentrisch, Handel zur Erfüllung der Bedürfnisse der ganzen Menschheit, Berücksichtigung der Welt. Gaia als lebendes System, das ein Gleichgewicht zwischen allen Lebewesen erfordert

• Globaler Stratege oder Vordenker

• Integrierter Heiler

• Lehrmeister: Yogi, Qigong, Aikido, Coach für Integrierten unbezwingbaren Geist

• Konzentration auf Prozess und systemische Interdependenz

• Strebt nach Winwin-Lösungen, handelt aus Mitgefühl, Überschwang, Großzügigkeit, Bemühen ums Dienen

• Integration der sieben Prinzipien

• Starke Vision

• Embodiment – vielfältige Welterfahrung … Körper-Verstand, Geist, Vision, Handeln

• Ganzheit, Frieden, Ausgewogenheit

• Beherrscht Komplexität

• Universelle Fürsorge und Sorge

• Vollkommene Konzentration auf Entwicklung

• Kann übermäßig inklusiv sein und den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen

• Beschränkte Vorstellung, jedermann sei im Recht

• Residualer spiritueller Egoismus

• Mangelnde Fähigkeit zur Begegnung mit der Perspektive anderer auf deren jeweiliger Ebene

Hinweis: Wer mit Wilbers2 Arbeit vertraut ist, wird erkennen, dass ich seine ersten drei Ebenen zur Ebene »Überlebenswille« zusammengefasst habe. Auf diesen drei Ebenen ist ein archaisches, magisches und mythisches Wachstum zu beobachten, das man bei erfolgreichen Führungskräften im Westen nicht oft sieht. Wir sehen vor allem Führungsperspektiven, die der zweiten, dritten und vierten Ebene zuzuordnen sind.

Wie erwähnt können Führungskräfte und Teams alle fünf Ebenen erreichen, bewegen sich normalerweise jedoch auf einer einzigen Ebene und gestehen sich das nicht ein – sie sitzen in der Flasche und können das Etikett nicht lesen. Für andere mag es offenkundig sein, nicht jedoch für sie selbst, denn sie sind nicht mit den Karten vertraut. Und viele haben nicht genug Wissen, Antrieb, Zeit, Gelegenheiten oder Energie, um dieses wichtige persönliche Wachstum anzustreben. Die meisten Leute haben sich auf ihrer gegenwärtigen Ebene eingerichtet. Von dort aus betrachtet wirken ihre Beziehungen sowie ihre politischen, religiösen und sonstigen Überzeugungen sinnvoll. Und sie haben durchaus recht – allerdings nur teilweise. In diesem Sinn ist Unwissenheit tatsächlich ein Segen. Es ist angenehm, in der Komfortzone zu bleiben. Diese Menschen werden sich nicht bemühen, wenn es ihnen an Motivation mangelt, wenn sie überlastet, deprimiert oder abgestumpft sind oder sich im Überlebensmodus befinden. Sie werden auch kein Bedürfnis nach persönlichem Wachstum verspüren, wenn sie vollkommen in ihrer sozialen Gruppe und deren Geschichten gefangen sind. Unter diesen Bedingungen werden sie nicht bereit sein, anzuerkennen, dass die Ansichten oder auch das Leben anderer genauso wertvoll sind wie ihre eigenen. Hier haben wir es mit der klassischen verfestigten Geisteshaltung zu tun, mit der sich Carol Dweck in ihrem ausgezeichneten Buch Mindset beschäftigt. Eine verfestigte Geisteshaltung ist nicht ungewöhnlich bei Teams, denn die Schattenarbeit und die integrale Führung sind Konzepte, die den meisten Führungskräften neu sind.3 Da Sie dieses Buch lesen, gehe ich davon aus, dass Sie keine verfestigte Geisteshaltung haben, sondern gerne lernen und schnell wachsen möchten.

Selbst wenn wir eine auf Wachstum ausgerichtete Geisteshaltung haben, ist die statistische Wahrscheinlichkeit groß, dass wir uns nicht alle auf der fünften Ebene befinden. Sie können also davon ausgehen, dass es noch Raum für Wachstum gibt! Ich befand mich jahrelang in einer Entwicklungssackgasse, weil meine Karte unvollständig war und weil mich die Schatten daran hinderten, mich vom Erfolgsmenschen der Dritten und vom Beschützer der zweiten Ebene zu lösen. Dank eines täglichen Selbsterkenntnistrainings und durch die Konfrontation mit meinem Angstwolf gelang es mir, die selbst auferlegten Beschränkungen zu überwinden und meine höchste Entwicklungsebene zu erklimmen.

Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, dass Sie aufwachen, wachsen, aufräumen und sich für Ihr Team einsetzen! Und ich möchte Sie fragen: Auf welcher Ebene befinden Sie sich Ihrer Meinung nach?

Vielleicht haben Sie den Eindruck, dass Sie in Ihren besten Momenten die fünfte Ebene erreichen – Sie leben in Frieden mit der Welt und lieben die Menschheit –, während Sie in Situationen, in denen Ihr Angstwolf heult, auf die dritte Ebene zurückfallen – Sie werden zum gefühllosen Erfolgsmenschen. Oder Sie stürzen sogar auf die zweite Ebene hinab und leiden derart unter einer Niederlage Ihrer Lieblingsmannschaft, dass Sie in Rage geraten und beinahe eine Schlägerei anfangen.

Wie bereits erwähnt, werden sich Ihre Erziehung und Ihre Schattenaspekte erheblich auf Ihren Weg durch diese Ebenen auswirken, und auf diese Aspekte haben Sie eigentlich keinen Einfluss gehabt. Wichtig ist, dass Sie sich nicht selbst verurteilen, dass Sie sich nicht entmutigen lassen oder dies als Einstufung auf einer Werthierarchie betrachten. In der persönlichen Entwicklung werden keine Noten vergeben. Tatsächlich wäre eine solche Reaktion normal und ein Zeichen dafür, dass Arbeit vor Ihnen liegt. Der erste Schritt beim Wachsen und Aufräumen besteht darin, dass Sie sich der unvollständigen Karten und Schattenelemente bewusst werden, von denen Sie zurückgehalten werden. Anschließend können Sie trainieren, bis Ihnen die vollständige, das heißt »transzendente und inklusive« Integration gelingt. Im Verlauf dieses Prozesses werden Sie lernen, sich zwischen den Ebenen zu bewegen, wenn Sie unterschiedlichen Menschen und Umständen begegnen. Indem Sie den Wolf bezwingen, werden Sie feststellen, dass sich Ihr Bewusstsein weiterentwickelt, da die Schattenaspekte auf den einzelnen Ebenen beseitigt werden.

DEN WOLF BEZWINGEN

Den Wolf zu bezwingen bedeutet, die am tiefsten sitzenden negativen Eigenschaften oder Ängste zu erkennen, die in unser Wesen eingebrannt wurden, und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, um ihren Einfluss auf unser Leben zu verringern. Wir müssen den Wolf aushungern, damit er unser Wachstum und unsere umfassende Integration auf der fünften Ebene nicht behindern kann. Wenn uns das gelingt, werden wir uns in die erfolgreiche Führungspersönlichkeit verwandeln, die wir sein können.

Wie erwähnt, bestehen die Schattenaspekte unseres Wesens in der Voreingenommenheit, den unbewussten Mustern und den rückwärtsgewandten Verhaltensweisen, die unsere Bemühungen bremsen und unsere Beziehungen untergraben. Wir alle weisen solche Schattenaspekte auf, so ungern wir es auch zugeben. Sie hindern uns daran, uns in die authentische Führungspersönlichkeit zu verwandeln, die wir sein möchten.

Auf der langen Entdeckungsreise durch mein Selbst, die ich auf den folgenden Seiten beschreiben werde, habe ich herausgefunden, dass ich insbesondere in der Auseinandersetzung mit VUCA als Führungskraft sehr viel erfolgreicher bin, seit ich meine konditionierten Schatten abgeschüttelt habe. Die Befreiung von den Schatten hat mir zu Authentizität verholfen, die es mir erlaubt hat, Eliteteams aufzubauen, welche die sieben in diesem Buch beschriebenen Prinzipien in die Tat umsetzen. Und diese Prinzipien musste ich auch selbst verkörpern. Wenn es um das Herz geht, muss man mit gutem Beispiel vorangehen.

Viele der Ängste, mit denen wir uns im Leben auseinandersetzen müssen, sind existenzieller Natur, darunter vor allem die Angst vor dem Tod oder aus Sicht eines SEALs die Angst vor der Dunkelheit in der Tiefe des Meeres. Aber andere Ängste, darunter jene vor Risiken, vor dem Scheitern, vor Beurteilung, Unbehagen, Andersartigkeit oder Hindernissen, haben ihren Ursprung in Kindheitstraumata, in Schattengefühlen der Verlassenheit, der Unsicherheit, der Bedeutungs- oder Wertlosigkeit. Es gibt Taktiken, die uns den Umgang mit den zuerst genannten Ängsten erleichtern, und viele von uns wenden diese Taktiken an. Aber diese groben Taktiken der emotionalen Kontrolle helfen uns nicht weiter, wenn wir mit der zweiten Art von Ängsten konfrontiert sind, mit den Schattenängsten. Diese werden immer wieder zum Vorschein kommen und Fortschritte verhindern. Beispiele für Schattenprobleme, die auf den einzelnen Ebenen auftreten, sind:

ERSTE EBENE: Die Rolle des Opfers der eigenen Traumata; das kurzfristige Überleben steht im Vordergrund; impulsives Verhalten; übermäßiger Aberglaube oder rituelles Verhalten; Rachsucht; Bloßstellung anderer und Anfälligkeit für Bloßstellung; passiv-aggressives und Suchtverhalten; Unsicherheit; das Gefühl, unbeachtet, nicht geschätzt, unwürdig zu sein; Zurückgezogenheit oder Gefühl der Bindungslosigkeit.

ZWEITE EBENE: Nimmt bereitwillig Schuld auf sich und neigt zu Schuldzuweisungen; eifersüchtig auf Erfolg, Körper, Reichtum oder Stellung anderer; aggressives, passiv-aggressives Verhalten oder Kontrollbedürfnis; moralischer Absolutismus; Gehabe; Arroganz, rassistische oder sexistische Einstellung, extreme Religiosität.

DRITTE EBENE: Extremes Konkurrenzverhalten oder Materialismus; Arbeitssucht, Rücksichtslosigkeit, Gier oder übermäßige Risikoneigung; Ablehnung von Hilfe – fühlt sich sicherer dabei, es allein zu versuchen; Vermeidung von Konflikten und ernsten Gespräche; Bedürfnis nach Bewunderung und Perfektion.

VIERTE EBENE: Überempfindlich; kehrt wichtige Fragen unter den Teppich, weil die Auseinandersetzung damit emotional unangenehm ist; Verurteilung von Personen, die nicht derselben Meinung sind; zwingt anderen Personen oder dem Kollektiv Vorstellungen der vierten Ebene als einzig richtige Denkweise auf.

FÜNFTE EBENE: Auseinandersetzung mit Bewusstsein von Schatten auf anderen Ebenen; Neigung, Probleme mit Mutter oder Vater auf das andere Geschlecht oder Autoritätsfiguren zu übertragen; überträgt eigene Mängel oder ungeliebte eigene Eigenschaften auf andere.

Dies sind die Schattenängste, die unsere Führungsqualitäten beeinträchtigen können. Warum ist das so? Weil sämtliche Mitglieder unseres Teams die Dysfunktion deutlich spüren. Dazu kommt, dass sie ebenso unvollkommen sind und wissen, dass wir wie sie menschlich sind. Wenn wir vorgeben, etwas anderes zu sein, während wir sie mit Negativität überhäufen, verlieren wir sie augenblicklich. Das Team wird gelähmt, büßt jegliches Engagement ein und richtet sich in der Mittelmäßigkeit ein.

Hier sind einige Angstwolfmuster, die meine eigene Führungstauglichkeit beeinträchtigten, sowie die Ursprünge dieser Muster:

Als junger Erwachsener hatte ich nicht das Gefühl, intelligent zu sein. Also strebte ich höhere Bildungsabschlüsse an, die mir nicht viel brachten. Ich musste mir selbst und anderen beweisen, dass ich intelligent war. In Führungsrollen musste ich immer recht haben; ich musste das letzte Wort haben und berücksichtigte die Standpunkte anderer kaum. Das mangelnde Vertrauen in meine intellektuellen Fähigkeiten hatte damit zu tun, dass ich als Kind, konditioniert von meinen Eltern, ein negatives Selbstbild entwickelt hatte.

In der Kindheit wurde ich durch Misshandlung und schlechte Rollenvorbilder in meinem Elternhaus emotional eingeschränkt. Die Folge war, dass ich in mich gekehrt war, was zu Beziehungskrisen und dazu führte, dass eine Beziehung nach der anderen scheiterte. Dieses mangelnde emotionale Bewusstsein war in Führungsrollen problematisch.

Als junger Erwachsener lernte ich, mich co-abhängig zu verhalten und bekam die Rolle des »Vollkommenen« übertragen (möglicherweise ernannt ich mich auch selbst dazu), weshalb ich stets versuchte, einen guten Eindruck zu machen. Das bedeutete, dass ich praktisch zu allem und jedem ja sagte. Als Führungskraft fiel es mir schwer, nein zu sagen, und ich konnte nicht richtig einschätzen, was (und wer) gut für mich war. Das führte dazu, dass ich sehr viel Energie dafür aufwenden musste, mich von unnützen Verpflichtungen und von Narzissten zu befreien, die mich ausnutzten.

Ich hatte kein Vertrauen in meine angeborene Intelligenz und meinen Wert. Die Folge war, dass ich mich von Autoritätspersonen einschüchtern ließ und eifersüchtig auf jene war, die erfolgreicher waren als ich. Das verstärkte mein Bedürfnis, mich unentwegt zu beweisen.

Da ich stets unzufrieden mit meiner Entwicklung war, versuchte ich unentwegt, meine »Mängel zu beheben««, indem ich unablässig nach persönlicher, beruflicher und spiritueller Vervollkommnung strebte.

Die Ausbildung zum Navy SEAL und jahrelange Meditation konnten die negative Konditionierung, die mein Wachstum behinderte, nicht korrigieren. Mein Denken verharrte jahrelang auf der zweiten und dritten Ebene.

Ich musste meinen Angstwolf bezwingen und Schattenarbeit leisten, um mich zu befreien.

Indem ich den Wolf bezwang, gelang es mir, trotz all der negativen Konditionierung eine glückliche Familie und ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen, einen Podcast mit Spitzenranking zu entwickeln und mehrere Bestseller zu schreiben. Ich gestand mir meine Mängel ein, verbesserte meine innere Karte und nahm meine Schattenprobleme in Angriff. Erst nachdem ich diese Arbeit geleistet hatte, konnte ich meinen Teams endlich mein authentisches Selbst zeigen. Sie wollten das und hatten es verdient, und als ich schließlich in der Lage war, eine tiefe und ergebene Bindung zu ihnen herzustellen, gaben sie mir dasselbe zurück. Nachdem ich mit zahlreichen erfolgreichen Managern, Unternehmern und anderen herausragenden Personen gearbeitet habe, kann ich Ihnen versichern, dass alle Menschen ähnliche Probleme mit dem Angstwolf haben – und dass sie alle sehr viel erfolgreicher und glücklicher sind, nachdem sie diese Arbeit geleistet haben!

DIE WÖLFE IN UNS

Die Analogie des Angstwolfes stammt aus einer indianischen Erzählung. Sie handelt von einem ängstlichen Wolf, der im Geist der Menschen wohnt. Dieser Wolf handelt aus Furcht, hat ein Bedürfnis nach Dramen, sieht überall Katastrophen und führt unablässig negative Selbstgespräche.

Aber im Herzen jedes Menschen lebt ein weiterer, positiver Wolf. Dieser sehnt sich nach Liebe und Bindung, hat kein Bedürfnis nach Dramen, ist zuversichtlich und richtet seine Aufmerksamkeit auf die anderen Menschen.

Der Angstwolf kämpft um unsere Aufmerksamkeit und um eine dominante Stellung. Der Mutwolf versucht einfach, auf sich aufmerksam zu machen, und sucht nach Nahrung für das Selbstwertgefühl. In der Legende heißt es, dass sich der Wolf, dem wir mehr Futter geben, letzten Endes durchsetzen wird.

Wenn wir unentwegt die Angst füttern, indem wir darüber nachdenken, was hätte sein können und hätte sein sollen, was geschehen wäre, wenn, und was nicht sein kann – wenn wir negative Überzeugungen, Einstellungen und Verhaltensweisen zulassen, die durch dramatische Erlebnisse oder verinnerlichten Geschichten konditioniert wurden–, dann wächst die Kraft des Angstwolfs. Und schließlich wird er so stark, dass sich der Mutwolf nicht mehr gegen ihn behaupten kann.

Aber wir können den Angstwolf bezwingen und uns weigern, ihn weiter zu füttern. Hungern wir ihn aus, indem wir ihm die negative Konditionierung entziehen! Dann können wir den Mutwolf mit guter Nahrung aufpäppeln und beginnen, mit Herz und Verstand als gleichberechtigten Partnern die Führung zu übernehmen.

Für den Fall, dass Sie jetzt denken: Verdammt, ich dachte, das hier wäre ein Buch über tolle Navy-SEAL-Führungsstrategien, aber das ist ja lauter Psychogelaber …

Keine Sorge, wir werden schon noch dahin kommen. Das Hauptthema des Buchs ist, wie andere ihren Angstwolf bezwungen haben, um die sieben Prinzipien in die Tat umzusetzen. Aber ich werde auch zeigen, wo ich selbst versagte und wie ich lernte, die Prinzipien zu verwirklichen. Ich werde Ihnen den Weg zu der Freiheit zeigen, die jenseits der Angst liegt.

Wenn Ihnen meine persönliche Reise zu einer authentischen Führungspersönlichkeit voller Umwege und mühsam scheint, so liegt das daran, dass es genauso war. Meine Hoffnung ist, dass Sie, wenn Sie die Werkzeuge in diesem Buch anwenden, nicht erst SEAL werden oder 25 Jahre Meditation betreiben und zwei Jahrzehnte zu Therapiesitzungen gehen müssen, um Ihr authentisches Wesen zutage zu fördern. Sie werden dieses Ziel sehr viel schneller erreichen und in der Lage sein, Eliteteams aufzubauen und auf der fünften Ebene zu führen. Sie werden sich in eine aus dem Herzen heraus handelnde, auf die Welt ausgerichtete Führungspersönlichkeit verwandeln, indem Sie die sieben Prinzipien mitIhrem Team in die Tat umsetzen. Sie werden gemeinsam trainieren und eine Kultur der Vortrefflichkeit errichten und Sie werden ein zum gegenwärtigen Zeitpunkt unvorstellbares Potenzial erschließen.

So werden Sie das VUCA-Terrain erobern.

Das Geheimnis besteht darin, dass Sie einen Charakter entwickeln werden, der würdig ist, andere Anführer zu führen.

Den Wolf zu bezwingen ist Ihr neues Mantra – Sie werden sich von Ihren Gedanken lösen und Ihr Herz erschließen. Nur so wird es Ihnen gelingen, Ihre Beschränkungen zu überwinden und ein Team aufzubauen, das 20-mal mehr leisten wird als bisher.

Das ist leichter gesagt als getan. Aber vertrauen Sie mir: Die Mühe lohnt sich.

Ihr Team wartet auf Sie.

Ein Hinweis zu den Fallbeispielen in diesem Buch: Die Geschichten über Militärführer sollen die sieben Prinzipien veranschaulichen. Sie sind das Ergebnis unmittelbarer Beobachtung oder wurden mir von Teamkollegen berichtet. Diese Geschichten stammen nicht aus historischen Archiven und beinhalten keine exakte Darstellung der tatsächlichen Ereignisse. Aber davon abgesehen kann ich Ihnen versichern, dass ich die wesentlichen Geschehnisse so gewissenhaft wie möglich wiedergebe. Mein Hauptinteresse gilt jedoch der Frage, wie diese Geschichten die hier behandelten Prinzipien veranschaulichen.

ANGST:

FEHLSCHLÄGE PASSIEREN. SIND SIE BEREIT?

Sie sind nicht perfekt. Ich bin nicht perfekt. Na und?

Als junge Führungskraft bei den SEALs hielt ich einige Dinge für selbstverständlich. Dass sie es nicht waren, wurde mir klar, als mein erster Versuch, in der Geschäftswelt ein Team aufzubauen, mit einem katastrophalen Fehlschlag endete.

Bevor ich zu den SEALs ging, hatte ich einen Abstecher in die Unternehmenswelt gemacht, wo ich genauso wenig Ahnung wie alle anderen hatte, was ein gutes Team ausmacht. Ich war nur ein weiteres Rädchen in der Maschine, aber ich tat alles, um die besten Methoden zu erlernen. Obwohl ich nicht definieren konnte, was ein gutes oder ein schlechtes Team ausmachte, war mir schon im Alter von 21 Jahren klar, dass mir nicht gefiel, was ich sah.

Als Angestellter großer Unternehmen wie Arthur Andersen, Coopers & Lybrand und Paine Webber sah ich vor allem eigennütziges Verhalten. Die Geschlossenheit der Teams, eine Kultur der Vortrefflichkeit und moralische Integrität wurden vernachlässigt. Die Angestellten dachten nur daran, ihre eigene Haut zu retten und ihre Position zu verbessern; sie interessierten sich nicht dafür, wie sie zur Kultur oder zum Unternehmen beitragen konnten. Nur eine dieser Firmen existiert heute noch, weshalb man ruhigen Gewissens sagen kann, dass in den übrigen die Führung versagte.

Ich fühlte mich meinen Teams nicht verbunden und die Kultur dieser Unternehmen entsprach nicht meinen utopischen Vorstellungen von Führung. Schon damals ging es mir weniger um Äußerlichkeiten – wie Geld, ein schönes Haus oder Luxusschlitten. Ich war auf der Suche nach einem Daseinszweck und einer tieferen Erfahrung der Führung. Ich sah kaum eine Möglichkeit, mich in dieser Unternehmensumgebung in eine wirkliche Führungspersönlichkeit zu verwandeln, obwohl ich mir durchaus vorstellen konnte, ein guter Manager zu werden und einen Weg zu finden, um mich in der Hierarchie nach oben zu arbeiten. Wenn ich genug Zeit investierte und die nötigen taktischen Fähigkeiten entwickelte, würde ich befördert werden und die Möglichkeit erhalten, mehr Mitarbeiter zu leiten.

Aber das war keine wirklich bedeutsame Inspiration, um es zurückhaltend auszudrücken.

Also stieg ich aus und meldete mich zu den Navy SEALs. Warum nicht etwas Neues ausprobieren?

DER GEIST DES ANFÄNGERS

Die vier Jahre, die ich als Manager und Wirtschaftsprüfer an der Wall Street verbrachte, waren nicht gänzlich vergeudet. Schließlich kam ich in New York in Kontakt mit der großartigen Zen-Tradition, die mein Leben veränderte. Unter der Aufsicht des Meisters Tadashi Nakamura ssaugte ich die Zen-Lehren so begierig auf wie ein Baby die Muttermilch. Das Meditationstraining erlaubte es mir, meinen aufrührerischen Geist unter Kontrolle zu bringen und zu erkennen, dass die Endlosschleifen meines Denkens, die von meiner Familie und meiner Jugend in einer Kleinstadt programmiert worden waren, durchbrochen werden mussten. Durch tägliche Zen-Praxis gelang es mir, mich zu befreien: Ich erwachte langsam und studierte das neue Terrain und die Karte, an der ich mich bei meinem zukünftigen Wachstum orientieren würde.

Zum ersten Mal sah ich mein wirkliches Selbst.

Nachdem ich meinen Verstand ein wenig gezähmt hatte, bestand die nächste Aufgabe darin, mich mit den inneren Geschichten auseinanderzusetzen, die meinen wenig hilfreichen Verhaltensweisen zugrunde lagen – und das waren die meisten! Durch die Beschäftigung mit diesen Geschichten erweiterte ich mein Selbstbild erheblich: Ich stellte fest, dass ich kreativer, reaktionsfreudiger und spontaner wurde. Ich konnte meine Zukunft deutlicher sehen und reagierte nicht mehr so negativ auf die Herausforderungen des Lebens. Es war eine befreiende Zeit in meinem Leben, die mich demütig werden ließ. Rückblickend sehe ich, dass ich den »Geist des Anfängers« entwickelte, von dem der Zen-Meister sprach.

Im Alter von 25 Jahren warf ich den Großteil meiner irrelevanten Managementkenntnisse über Bord und flog ans andere Ende des Landes, um ein Navy SEAL zu werden und mich in eine wirkliche Führungspersönlichkeit zu verwandeln.

Im BUD/S-Kurs (Basic Underwater Demolition/SEAL-Training) fand ich mich in einer Gruppe hoch motivierter Männer wieder, die auf der Suche nach der größten denkbaren Herausforderung waren. Mir war sofort klar, dass sie alle angehende Führungspersönlichkeiten waren. Und ich stellte fest, dass die Organisation bei der Entwicklung ihrer Führungskräfte und Teams methodisch vorging. Ihre Methode unterschied sich grundlegend von der, die ich an der Wall Street kennengelernt hatte – als wäre ich auf einem anderen Planeten gelandet und lernte von einer unbekannten Spezies. Die Ausbildner konzentrierten sich bei der Entwicklung junger Führungskräfte auf den Aspekt des Wachsens. Für das Aufräumen des emotionalen Durcheinanders war jeder einzelne SEAL-Anwärter selbst zuständig. Teilweise war es das Produkt der niederschmetternden Fehlschläge, die man erlebte.

Ich wurde mit der Leitung eines als Bootscrew bezeichneten kleinen Teams beauftragt – die Bezeichnung stammte daher, dass wir überall, wo wir hingingen, ein Boot über unseren Köpfen trugen. Das Boot war ein IBS, was für Inflatable Boat, Small (Aufblasbares Boot, Klein) steht, aber mir wurde gesagt, das Akronym stehe für Itty-Bitty Ship (Klitzekleines Schiff). Die SEALs brauchen Humor, um den unablässigen Druck besser ertragen zu können. Ich schärfte den Mitgliedern meines Teams ein, dass wir alle im selben Boot saßen und dass ich trotz meiner Rolle als ihr Anführer vor allem ein Teamspieler sein und dafür sorgen wollte, dass jeder Einzelne von ihnen die Aufnahmeprüfung bestand. Unsere Einstellung war, dass uns die Ausbildner schon umbringen müssten, wenn sie uns loswerden wollten. Sollte einer von uns irgendwann auf die Idee kommen, aufzugeben, so vereinbarten wir, dass sich der Betreffende zwecks Hilfe an mich oder ein anderes Teammitglied wenden musste. Das unterschied sich deutlich von der Vorgehensweise, die ich in der Unternehmenswelt kennengelernt hatte, und es fühlte sich gut an: Wir führten nicht mit dem Kopf, sondern mit dem Herzen.

BUD/S (und das anschließende SQT, SEAL Qualification Training) stellen einen neunmonatigen Ausleseprozess dar, der dazu dient, jene Kandidaten auszusortieren, die nicht die Art von Führungspersönlichkeit besitzen, wie man sie in den SEAL-Teams braucht. Gemeint ist eine Persönlichkeit, die sich selbst und andere führen und sich führen lassen kann. Im Lauf der Ausbildung werden alle drei Charaktereigenschaften laufend kontrolliert. Kandidaten, denen eine der drei Eigenschaften fehlt, werden ausgesiebt, und die Zusammensetzung der Bootsbesatzungen ändert sich fast täglich.

Für mich lag der Sinn des Trainings auf der Hand. Es ging nicht darum, zu beweisen, wie hart wir waren – Härte war nur Voraussetzung für die Aufnahme in das Programm. Es ging darum, die Bereitschaft unter Beweis zu stellen, sowohl zu einem guten Anführer als auch zu einem guten Teamkameraden heranzureifen.

Ich begann meine Ausbildung im BUD/S-Kurs 170 an der Seite von 185 unbeugsamen Männern. Am Ende des Kurses waren 19 Führungskräfte übrig. Alle sieben Mitglieder meiner Bootsbesatzung standen bei der Abschlussfeier lächelnd neben mir. Ich wurde zum Ehrenmann der Klasse gewählt.

Ohne wirklich zu verstehen, wie oder warum ich es getan hatte, gelang es mir, mein erstes Eliteteam aufzubauen – eines, das imstande war, die körperlich, geistig und emotional anspruchsvollste Ausbildung der Welt zu bewältigen. Alle Teammitglieder hatten Mut bewiesen, Vertrauen geschaffen, Respekt geweckt und sich weiterentwickelt; und dabei hatten sie sich unentwegt auf unsere gemeinsame Mission konzentriert.

Als Führungskraft bei den SEALs wiederholte ich diese Erfahrung viele Male und glaubte zu wissen, wie man ein authentischer Anführer war. Als ich aus dem aktiven Dienst ausschied und mein erstes Unternehmen gründete, hatte ich daher Grund zu der Annahme, dass es mir schwerfallen würde, diesen Erfolg zu wiederholen.

Wie sehr ich mich irrte.

SCHNELL SCHEITERN

Bevor ich im Jahr 1996 aus dem aktiven Dienst ausschied und in die Reserve der SEALs eintrat, gründete ich mein erstes Unternehmen. Mein Plan bestand darin, im kalifornischen Coronado, der Heimatstadt der SEALs, ein Brauereilokal namens CBC zu gründen (CBC stand für Coronado Brewing Company, die Navy hatte mir offenbar einen Hang zu Akronymen verpasst). Mein Schwager, den ich gerade erst richtig kennenlernte, hatte mich für die Idee begeistert, ein Nachtlokal zu eröffnen, und wurde mein Geschäftspartner.

Es leuchtete ein, dass es in diesem Unternehmen um Bier ging. Ich war mit Bier aufgewachsen und besaß ein Master-Diplom im Biertrinken. Der Alkohol war ein Bestandteil des Schattens meiner Familie, der meinem Angstwolf bald zusätzliche Nahrung geben würde. Unter geschäftlichen Gesichtspunkten war selbst gebrautes Bier eine ausgezeichnete Idee und mit der erst vierten Brauerei in San Diego gehörten wir zu den Ersten in dieser Marktnische. Ich dachte nicht allzu viel darüber nach, wie wir auf diese Idee gekommen waren. In meinen Ohren hörte es sich wunderbar an, Brauereibesitzer zu sein.

Ich hatte jedenfalls nicht die geringste Lust, wieder einen Job in einem großen Unternehmen anzunehmen oder in unseren Familienbetrieb in meinem Heimatort im Norden des Staates New York einzutreten. Zudem hatte ich bei den SEALs beträchtliches Selbstvertrauen gewonnen und war überzeugt, es allein schaffen zu können. Obwohl ich nichts über das Bierbrauen, den Betrieb eines Restaurants oder die Gründung eines Unternehmens wusste, war ich sicher, dass ich einen Weg finden oder selbst anlegen konnte, wie wir bei den SEALs sagten.

Mein Geschäftspartner war nicht bereit, den Alltagsbetrieb zu leiten, weil er sich um ein anderes Unternehmen kümmern musste. Also musste ich entscheiden, ob ich die Navy verlassen wollte, um diese Aufgabe zu übernehmen. Mir war klar, dass sich für einen verheirateten Mann das Leben als SEAL sehr schwierig gestalten würde und dass mich die Navy mit einer Frau oder einem Unternehmen ausgestattet hätte, wenn sie gewollt hätte, dass Ehe und Betriebsführung zu meinem Leben gehörten. Also verabschiedete ich mich widerwillig von dem aufregenden Leben und der Kameradschaft in meinem SEAL-Team, um die Geschäftsführung von CBC zu übernehmen.

Willkommen auf einem neuen Schlachtfeld, Mark.

Mit dem eisernen Willen, es zu schaffen, machte ich mich an die Arbeit. Ich glaubte, die bei den SEALs erworbene Konzentrationsfähigkeit und meine nachweislichen Führungsqualitäten genügten als Zutaten für ein Erfolgsrezept. Ich wollte loslegen und sammelte bei Verwandten und Teamkameraden 600.000 Dollar Startkapital. Dann wandte ich mich gestützt auf meine Management- und Wirtschaftsprüfungsdiplome und einen Geschäftsplan an die Small Business Administration, die mir einen Förderkredit von weiteren 800.000 Dollar zugestand. Wir fanden einen geeigneten Standort und stampften das Lokal wie in einer SEAL-Operation aus dem Boden. Sechs Monate nach meinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst in der Navy feierten wir mit einer großen Party die Eröffnung des Lokals.

Mission erfolgreich abgeschlossen!

Oder auch nicht. Es dauerte nicht lange, und ersten Aufstände begannen.

Bei den SEALs hatte ich gelernt, wie wichtig es war, in der Auseinandersetzung mit gegnerischen Kräften die übergeordneten Erfordernisse des Teams nicht aus den Augen zu verlieren. Und man musste stets den Grund der Mission im Blick und einen guten Überblick über die Situation auf dem Gefechtsfeld behalten. Mir war eingeschärft worden, diese Faktoren laufend zu überprüfen und das Vorgehen der Situation anzupassen. Aber aus irgendeinem Grund gelang mir das auf diesem neuen Gefechtsfeld in der Unternehmenswelt nicht. Irgendetwas fehlte. Ich war derart mit den Liquiditätserfordernissen und den betrieblichen Herausforderungen beschäftigt, dass ich nicht sah, wie sich das Gefechtsfeld veränderte. Ich hatte kein SEAL-Team zur Seite, das mir den Rücken freigehalten hätte und mir half, die Situation richtig einzuschätzen. Auswahl, Ausbildung, Kultur und Systeme der SEALs gaben mir in dieser Umgebung keinen Rückhalt. Stattdessen fand ich mich jeden Tag in einem völlig neuen Terrain wieder, in dem ich Schlag auf Schlag mit negativen Überraschungen konfrontiert wurde.

Mein Angstwolf leckte sich die Lefzen.

Noch bevor wir den Betrieb aufnahmen, festigte mein Geschäftspartner seine Machtposition. Er erklärte, seinen Bruder als Teilhaber an Bord zu holen. Mein co-abhängiger Verstand leistete keinen Widerstand. Warum? Weil die Co-Abhängigkeit eines meiner großen Schattenprobleme war. Plötzlich waren »drei Brüder« die Gründer der Coronado Brewing Company, wobei ich (in ihren Augen) der Außenseiter war. Wir brauten ein Bier mit der Bezeichnung Three Brothers Pale Ale, und ich machte einfach weiter wie gehabt.

Mein Anteil am Unternehmen war ganz nebenbei von 50 auf 33 Prozent gesunken und mein Mitbestimmungsrecht war entsprechend geschrumpft. Und durch die Kapitalverwässerung infolge der Aufnahme zusätzlicher Kapitalgeber lag mein Anteil eher bei 20 Prozent. Ich hatte meine gesamten Ersparnisse in das Unternehmen gesteckt, das gesamte externe Kapital aufgetrieben und die Geschäftsführung übernommen. Meine Partner hatten bis dahin kein eigenes Geld investiert, sie hatten kein Kapital beschafft und sie arbeiteten nicht in Vollzeit im Betrieb.

Sie fragen sich, was in aller Welt ich mir dabei gedacht hatte?