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Diplomarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich BWL - Rechnungswesen, Bilanzierung, Steuern, Note: 1.3, Technische Hochschule Wildau, ehem. Technische Fachhochschule Wildau (Wirtschaft, Verwaltung und Recht), Veranstaltung: Wirtschaft und Recht, Sprache: Deutsch, Abstract: Diese Diplomarbeit handelt von der Entstehung der aktuellen Finanzkrise beginnend ab dem Jahr 2008. Es werden originäre Finanzinstrumente untersucht die im direkten Zusammenhang mit der globalen Finanzkrise und der WestLB stehen. Ferner werden diese beispielhaft nach HGB und IAS/IFRS Grundsätzen bewertet und bilanziert. Letztlich werden die orig. FI - die die WestLB zum Zeitpunkt 2008/2009 hält - an die Erste Allgemeine Abwicklungsanstalt ausgelagert und übertragen. Dieser Vorgang wird ebenfalls kritisch untersucht und zusammenfassend bewertet...
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Veröffentlichungsjahr: 2011
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zur Erlangung des Grades eines Diplom-Wirtschaftsjuristen (FH)
über das Thema
Bilanzierung, Bewertung und Auslagerung originärer
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„Dieglobale Finanz- und Wirtschaftskrise erreichte zu Beginn des Jahres 2009 ihren Höhepunkt. Rund um den Globus brach die Wirtschaftsleistung in einer seit der Weltwirtschaftskrise nicht dagewesenen Weise ein. Das Finanzsystem stand auf der Kippe und wäre vermutlich ohne die erheblichen Stützungsmaßnahmen von Notenbanken und Regierungen kollabiert. Die Regierungen brachten vielerorts umfangreiche Programme. zur Stützung der Konjunktur und der Finanzinstitute auf den Weg, die tiefe Löcher in die öffentlichen Haushalte rissen“1
heißt es im Geschäftsbericht 2009 der WestLB AG.2Ferner ging mit der Finanz- und Wirtschaftskrise ein Vertrauensverlust im Interbankenverkehr einher, der diesen nahezu vollständig zum Erliegen brachte. Der Grund hierfür liegt in den enormen Beständen an risikobehafteten Wertpapieren, die Kreditinstitute, wie die WestLB AG, im Laufe der vergangenen 10 Jahre aufgebaut haben. Darunter fallen bei der WestLB AG konkret Milliardeninvestitionen in strukturierte
Wertpapierportfolios, wie den Asset Backed Securities und Collateralized Debt Obligations (squared) in Höhe von nominal 6,7 Milliarden Euro (Stand: 30.6.2009) sowie durch die WestLB gesponserte Asset Backed Commercial Paper Conduits in Höhe von 5,7 Milliarden Euro (Stand: 30.6.2009).3
Risikobehaftet sind diese Portfolios deshalb, da sie zum Höhepunkt der Finanz- und Bankenkrise 2008/ 2009, mangels eines aktiven Marktes, als nahezu unverkäuflich galten und ihr tatsächlicher Wert nicht ermittelbar war und/ oder heute noch nicht ermittelbar ist.
1O.V., WestLB „Geschäftsbericht“ [2009], S. 45
2Anmerkung: Im Rahmen dieser Diplomarbeit ist mit „WestLB“ immer der Konzern „WestLB
AG“ gemeint.
3O.V., vgl. WestLB „FSB-Bericht“ [2009], S. 1 ff
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Im Zuge der Bilanzierung des Wertpapierportfolios zum beizulegenden Zeitwert, wirkte sich dies auf die Konzernbilanz der WestLB AG nachhaltig negativ aus. Durch außerplanmäßige Abschreibungen in dreistelliger Millionenhöhe drohte der WestLB im Jahr 2009 eine Unterschreitung ihrer gesetzlichen Eigenkapitalquote und damit der zwangsweise Entzug der Banklizenz sowie letztlich die Schließung der WestLB durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), sofern sie nicht in der Lage sein sollte, neues Eigenkapital zu beschaffen oder generell Eigenkapital freizusetzen. Somit war es der WestLB ferner nicht mehr möglich, Kreditzusagen einzuhalten oder weitere Kredite an ihre Kunden aus der Realwirtschaft zu vergeben.
Die Realwirtschaft, die diese Kredite für Investitionen benötigte, reagierte darauf ihrerseits mit Misstrauen in die Banken allgemein und sorgte damit für weitere Unsicherheiten an den Kapitalmärkten, was die Finanz- und Bankenkrise wiederum zusätzlich verschärfte.
Um diesen Negativkreislauf im Finanzsystem zu durchbrechen, hatte dieBundesregierung am 13. Mai 2009 das „Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung“ (FMStG)und das„Gesetzzur Errichtung eines Finanzmarktstabilisierungsfonds“ (FMStFG) beschlossen. Hierbei handelt es sich unter anderem um Gesetze, dass Kreditinstituten die Möglichkeit einräumt, ihre Problemaktiva in den Bilanzen kurzfristig zu bereinigen in dem sie abzubauende Risikopositionen und nicht strategienotwendige Geschäftsbereiche an eine Zweckgesellschaft oder Abwicklungsanstalt auslagern. Durch diese Bilanzbereinigung soll das Eigenkapital der Kreditinstitute gestärkt und ihre Möglichkeit zur Kreditvergabe erweitert werden.4Ziel des Gesetzes ist es, das Vertrauen in das Finanzsystem wiederherzustellen und den Geschäftsverkehr zwischen den Finanzinstitutionen wieder in geordnete Bahnen zu lenken.5
4O. V., Pressemitteilung des Bundesrates Nr. 132 [2009], S. 1
5O. V., BMF „Stabilisierung der Finanzmärkte“ [2008], s. p.
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Da die WestLB AG im Jahr 2009, als erstes Kreditinstitut in Deutschland einenAntrag auf die Gründung einer sog. „Bad-Bank“ gestellt hat und dasGesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung nutzen will, soll sie als Beispiel für die Auslagerung originärer Finanzinstrumente im Zuge dieser Diplomarbeit dienen. Ferner gehen mit dem Thema Bilanzierung, Bewertung und Auslagerung originärer Finanzinstrumente folgende Fragestellungen einher, die im Rahmen dieser Diplomarbeit beantwortet werden sollen.
Was sind originäre Finanzinstrumente?
Welche originären Finanzinstrumente kommen als Ursache und Auslöser der aktuellen Finanz- und Bankenkrise in Betracht?Kommen diese originären Finanzinstrumente auch für die Krise der WestLB AG in Betracht?
Wie sind originäre Finanzinstrumente grundsätzlich handelsrechtlich und nach den International Accounting Standards (IAS) sowie den International Financial Reporting Standards (IFRS) zu bilanzieren und zu bewerten?
Aus welchem Grund hat die WestLB AG Teile ihres Portfolios an originären Finanzinstrumenten ausgelagert?Welche Vorraussetzungen musste die WestLB AG erfüllen, um sie auslagern zu können?Wie wurde das Portfolio ausgelagert?
Kapitel 2 widmet sich daher zunächst der Charakterisierung der WestLB AG von der Hülfskasse hin zur international tätigen Geschäftsbank. Darüber hinaus werden themenrelevante Kennzahlen (Konzernergebnis, Bilanzsummen, Gewinn- und Verlustrechnung, Segmentberichterstattung aus den Geschäftsberichten 2007-2009 vorgestellt, die in Verbindung mit dem WestLB Financial Stability Board Bericht (FSB-Bericht), für die spätere Auslagerung von Bedeutung sind, in Kapitel 6 vorgestellt.
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Kapitel 3 soll Aufschluss darüber geben, was der Gesetzgeber und das International Accounting Standard Board unter originären Finanzinstrumenten subsumieren. Ferner werden drei Verbriefungsarten, die der Gruppe der originären Finanzinstrumente angehören, beispielhaft vorgestellt und auf ihre Funktionsweise hin untersucht.
In Kapitel 4 werden die Ursachen der Finanz- und Wirtschaftskrise skizziert und dargestellt, wie sich die US-Immobilienkrise zur weltweiten Finanz- und Bankenkrise entwickeln konnte. Ferner wird in Punkt 4.2 untersucht, ob, weshalb und in wie weit sich die WestLB auf dem US-Hypothekenmarkt engagiert hatte.
Kapitel 5 widmet sich zunächst der handelsrechtlichen Bilanzierung und Bewertung originärer Finanzinstrumente vor und nach Inkrafttreten des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG).
Darauf folgt die Bewertung und Bilanzierung originärer Finanzinstrumente nach den International Accounting Standards (IAS) sowie den International Financial Reporting Standards (IFRS). Ferner werden Bewertungsmodelle dargestellt, nach denen sowohl nach HGB n. F. und IAS/IFRS der beizulegende Zeitwert ermittelt werden kann.
In Kapitel 6 wird der Begriff der „Bad-Bank“ definiert und die von derBundesregierungvorgesehenen zwei „Bad-Bank“-Modelledargestellt. Außerdem wird auf die Vorraussetzungen und rechtlichen Rahmen-bedingungendie mit dem „Bad-Bank“-Modellder WestLB einher gehen eingegangen sowie die Auslagerung des WestLB Wertpapierportfolios anhand des FSB-Berichts beispielhaft dargestellt.
In Kapitel 7 werden die Erkenntnisse aus der vorliegenden Arbeit einem Fazit unterzogen.
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1832 beschloss der Landtag der Provinz Westfalen die Gründung eines gemeinnützigen, vom Landtag zu verwaltenden Kreditinstituts. Dieses Kreditinstitut nahm seine Geschäftstätigkeit noch im gleichen Jahr unter dem Namen Westfälische Provinzial-Hülfskasse mit Sitz in Münster auf. Im Jahr 1835 folgte das Rheinland mit der Gründung der Rheinischen Provinzial-Hülfskasse mit Sitz in Köln. Beide Institute wurden zum Zwecke der Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Provinz-, hin zum Industriestaat gegründet.
Um 1888 wurden zunächst die Rheinische Provinzial Hülfskasse mit Verlagerung des Hauptsitzes nach Düsseldorf und zwei Jahre später die Hülfskasse Westfalens, durch Satzungsänderung zu öffentlich-rechtlichen Landesbanken.
1969 fusionierten die beiden Landesbanken zur Westdeutschen Landesbank Girozentrale mit doppeltem Firmensitz in Düsseldorf und Münster. Unter ihrem ersten Vorstandsvorsitzenden Ludwig Poullain etablierte sie erste Standorte im Ausland. Poullains Anspruch war es die Westdeutsche Landesbank Girozentrale sehr rasch und dynamisch zu einer universellen, international tätigen Geschäftsbank zu formen. Er konnte seine Vision jedoch nicht beenden, da er aufgrund einer als skandalös empfundenen Beratertätigkeit (Poullain-Affaire 1977) frühzeitig von seinem Amt zurücktreten musste. Auf ihn folgte Friedel Neuber der Poullains Expansionspläne weiter führte. Mitte der 1980er Jahre hatte die damalige WestLB bereits 13 ausländische Standorte etabliert.6Darunter Niederlassungen in New York, Moskau, London, Zürich, Hong Kong und Tokio. 1989 ging sie eine Kooperation mit der britischen Standard
6Vgl. o. V., WestLB „Von der Hülfskasse 1832 zur WestLB AG“, 80er Jahre [2010], s. p.
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Chartered Bank ein, um in nahezu allen westeuropäischen Staaten vertreten zu sein und ihren Kunden die Möglichkeit zu geben, auf über 700 Standard Chartered-Filialen weltweit zugreifen zu können. Durch diese Kooperation wurde die WestLB zu einer der zehn größten Kreditinstitute Deutschlands. Es folgten Beteiligungen an den Landesbanken Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein sowie die Gründung der Westdeutschen Immobilienbank in den 90er Jahren.
Am 17. Juli 2001 erzielten die Bundesregierung und die EU-Kommissionnach jahrelangen Differenzen hinsichtlich der Anstaltslast und Gewährträgerhaftung, - eine Vereinbarung über die Änderung und den Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung für den öffentlichrechtlichen Bankensektor, deren Übergangsfrist bis zum 18. Juli 2005 lief.7Nach Meinung der EU-Kommission stand die Gewährträgerhaftung im Widerspruch zu den Regeln eines freien und fairen Wettbewerbs, da die Gewährträgerhaftung die unmittelbare Haftung des Trägers einer Sparkasse oder Landesbank für die Verbindlichkeiten der Anstalt, soweit die Gläubiger nicht durch die Anstalt selbst befriedigt werden können (subsidiäre Haftung), beinhaltet.8Folglich hätten die Gläubiger einer öffentlich-rechtlichen Anstalt im Falle, dass die Verbindlichkeiten das Vermögen der Anstalt übersteigen, Anspruch auf Erfüllung ihrer Forderungen gegenüber dem Träger in Höhe ihrer Trägeranteile. Im Falle der WestLB waren das damals der Rheinische Sparkassen- und Giroverband (RSGV), der Westfälisch-Lippische Sparkassen- und Giroverband (WLSGV) sowie das Land Nordrhein-Westfalen (NRW). Innerhalb der langen Übergangsfrist von vier Jahren (2001-2005) genoss die WestLB AG weiterhin beste Bonität und konnte sich dem entsprechend günstiger am Kapitalmarkt refinanzieren, als es zum damaligen Zeitpunkt den meisten privatrechtlichen Instituten möglich war.
7Vgl. o. V., Justiz Online NRW „Gewährträgerhaftung“ [2010], s. p.
8Vgl. o. V., Stellungnahme des DSGV [2001], RZ 102