Biltong zum Frühstück - Claudia Tülp - E-Book

Biltong zum Frühstück E-Book

Claudia Tülp

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Beschreibung

Jette ist noch nie aus Deutschland rausgekommen und lebt ein ganz normales Leben in der Kleinstadt. Sie lernt an einem Abend einen jungen Mann aus Namibia. Sie fliegt mit ihrer neuen Liebe in seine Heimat und erlebt dort viel Hass und Ignoranz, aber sie lernt eine junge Frau kennen, die ihr Leben auf den Kopf stellt. Es entsteht eine wunderbare Freundschaft zwischen den beiden Frauen. Die Freundschaft sorgt dafür, dass Jette alles in Deutschland hinwirft und in Namibia ein neues Leben beginnt. Immer wieder begleitet von ihrer ersten großen Liebe, die sie belogen und betrogen hat. In ihrem großen Schmerz lernt sie einen jungen Mann kennen, der ihr zeigt, dass man dieses Land lieben muss. Sie verliebt sich auf ein Neues, doch die alte Liebe bleibt hartnäckig. Ein Buch über die Liebe in einem schwierigen Land als Frau mit einem traumhaften Hintergrund.

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Seitenzahl: 291

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Claudia Tülp

Biltong zum Frühstück

Roman

* Biltong ist getrocknetes Rind- oder Wildfleisch

© 2023 Claudia Tülp 2. Auflage

Verlag und Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN

Paperback:

978-3-347-26735-0

Hardcover:

978-3-347-26736-7

e-Book:

978-3-347-26737-4

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Einleitung

Jette ist in Deutschland geboren und lebt in einer Kleinstadt. Sie hat ihre freie Zeit nur in ihrer kleinen Welt verbracht und Reisen ist für sie ein Fremdwort. Nach einem Abend in ihrer Stamm-Diskothek verliebt sie sich in Ringo - einen Namibier. Er ist in Deutschland, um seine Ausbildung zu bewältigen. Er nimmt sie mit in seine Heimat Namibia und zu seiner Familie. Die Mutter versprüht Hass und versucht, einen Keil zwischen den beiden zu treiben. Ringo rutscht in sein altes Leben zurück und verletzt Jette täglich mit seiner Ignoranz. Er lässt sich mit vielen Frauen ein und als eine davon schwanger wird, muss Jette die Situation retten. Doch durch Ringo lernt sie seine Cousine Core kennen, die ihr ein Angebot macht, dass sie nicht ausschlägt. Sie kehrt Deutschland den Rücken und die beiden Frauen führen eine Gästefarm inmitten der Wildnis. Ringo bleibt hartnäckig in ihrem Leben und obwohl sie sich neu verliebt, kreuzen sich ständig ihre Wege. Jettes Einstieg in diesem fremden Land ist nicht unproblematisch und sie kämpft jeden Tag um Freundschaft, Anerkennung und um ihre Existenz.

Deutschland

„So ein Mist! Schon wieder diese Tür!“ Jeden Tag blieb Jette mit dem Ärmel an der Haustür hängen. Gerade an diesem Morgen, an dem der Kaffee schon nicht schmeckte und die Sonne sich hinter den Wolken aufhielt. Sie verschloss die Haustür und überlegte, ob sie das kurze Stück zum Büro nicht mit dem Fahrrad fährt. Ein Blick in den Himmel und sie entschied sich. „Ich fahre mit dem Auto!“ Der Weg ist keine fünf Minuten lang, aber warum sich anstrengen. Sie fuhr in ihrem Kleinwagen los und stand schon an der ersten roten Ampel. Jette hatte mit ihren 25 Jahren einen Bürojob und verdiente so viel, wie sie zum Leben benötigte, wie eine Mietwohnung, ein eigenes Auto und etwas zum Leben. Nach kurzer Zeit stand sie vor dem Bürogebäude. „Na typisch, kein Parkplatz!“ Sie fuhr eine Runde um das Gebäude und fing wieder an zu fluchen. Zweite Runde und noch immer nichts. „Wäre ich bloß mit dem Fahrrad gefahren“, geisterte es durch ihren Kopf. Dieser Tag fing ja gut an! Endlich fuhr ein älterer Herr mit Hut aus einer Parklücke. Zumindest versuchte er es. Sie setze den Blinker und wartete. Ein Panzer hätte dort herausfahren können!

Der Tag zog sich dahin und zum Feierabend regnete es schon wieder. Jette war nun doch froh, in ihr Auto einzusteigen, statt auf dem Fahrrad nass zu werden. Zu Hause hatte sie zwei Anrufe auf dem Anrufbeantworter, aber Jette entledigte sich erst einmal ihrer Sachen, um es sich auf dem Sofa bequem zu machen, als das Telefon erneut klingelte. „Ja?“ „Mensch hast Du eine Laune!“, schepperte es ihr entgegen. Jettes beste Freundin Susanne rief leider für gewöhnlich zum falschen Zeitpunkt an oder sie ahnte die schlechte Stimmung von ihr. Jette erzählte ihr von dem Tag.“ „Du jammerst auf hohem Niveau“, bemerkte Susi. Ha! Ich? Nicht schon wieder eine Predigt, ärgerte sich Jette, aber Susi ließ nicht ab. „Jetzt zieh dir mal etwas Nettes an und wir gehen aus. Da das Wochenende kurz bevorstand, hatte Jette heute echt keine Lust darauf, sich irgendwo hinzusetzen und sich von fremden Menschen anquatschen zu lassen. Wie es ständig so war, ließ sich Susi nicht davon abbringen und sie verabredeten sich. Jette nahm die Fernbedienung von dem Fernseher und schaltete durch die Programme. Nur Berichte über andere Kulturen oder Sendungen über Krankheiten. Sie erhoffte sich Spaß oder eine dumpfe Unterhaltung, aber sie blieb auf einem Kanal hängen, der über die Townships in Südafrika berichtete. Die Armen! Aber was hätte sie von hier aus schon unternehmen. Sie schaltete den Fernseher wieder aus und begab sich in das Badezimmer. Sie war noch nie in ihrem Leben Urlaub im Ausland. Was heißt hier Ausland? Sie hatte es gerade 300 Kilometer weit geschafft und wenn andere etwas von ihrem Skiurlaub oder Mittelmeerurlaub erzählten, überkam ihr Höhenangst und Sonnenallergie. Nein danke, sie blieb lieber hier in ihrem gewohnten Umkreis.

Am nächsten Morgen hatte Jette nicht nur Kopfweh, auch die Füße taten ihr weh. Sie war abends nach Hause gelaufen, da der letzte Bus schon weg war. Aus Frust legte sie die ganze Strecke zu Fuß zurück und das in ihren neuen Schuhen. Blasen an den Füßen und Kopfschmerzen vom billigen Wein. Jedes Mal das dasselbe. Wenn sie nur zu Hause geblieben wäre! Sie musste los. Sie war wieder zu spät dran. Sie wollte gerade die Haustür zuziehen, als sie mit dem Ärmel wieder hängen blieb. Fahrrad oder Auto? Nennt man das nicht Déjà-vu? Bin ich schon in dem Alter, wo sich nichts mehr verändert?

An diesem Freitagabend gingen Jette und Susi zusammen in ihre Stamm-Diskothek. Wie gewöhnlich standen sie an dem kleinen runden Tisch in der hinteren Ecke des Raumes. Ein junger Mann stellte jedem einen Drink hin und prostete ihnen zu. „Cheers!“ Jette griff zum Glas und sagte „Prost!“ Ein Freund von ihm gesellte sich dazu und gemeinsam hatten sie eine Menge Spaß. Später am Abend fiel das Wort Namibia. Jette guckte unglaubwürdig und Susi fragte sofort: „Wo liegt das?“ „Das liegt zwischen Angola und Südafrika und wir leben dort.“ „Ja, klar. Sie lebten dort und kommen jedes Wochenende hier in die Diskothek! So ein Blödsinn hatten sie schon lange nicht mehr gehört!“, überlegte Jette. Sie wendeten sich genervt ab und zeigte den beiden einen Vogel. Auf einmal lag ein Reisepass vor ihr. In dem Ausweis stand wahrhaftig Namibia. Jette hatte die Vorstellung, dass in Afrika alle Menschen eine dunkle Hautfarbe hätten. Aber hier standen zwei blonde Typen, die überhaupt nicht afrikanisch aussahen und ein perfektes Deutsch sprachen. Gemeinsam hatten sie einen amüsanten Abend und bevor die beiden Frauen nach Hause aufbrachen, tauschten sie gegenseitig ihre Telefonnummern aus.

Am nächsten Morgen wachte sie auf und ihre Gedanken wanderten zu den beiden Männer vom gestrigen Abend. Es war schwer zu glauben, dass sie tatsächlich von dem schwarzen Kontinent kamen. Jette hatte“ einen alten Weltatlas zu Hause liegen und schlug die Seiten mit dem afrikanischen Kontinent auf. Wahrhaftig gab es ein Land mit dem Namen Namibia. Gar nicht mal so klein. Deutschland konnte sich dadrin ein paar Mal verstecken. Gab es noch ein Leben außerhalb ihres Horizonts, grinste sie. Sie kochte sich erst einmal einen Kaffee und überlegte, was sie heute unternehmen konnte, als ihr Telefon klingelte. „Jette hier“, meldete sie sich. Sie hatte sich den Nachnahmen abgewöhnt. Erstens ging es niemanden etwas an und zweitens klang es besser. „Hey! Hier ist Ringo. Wir haben uns gestern Abend kennengelernt.“ Oh man, sie war sprachlos. Das war jetzt aber schnell. „Wir machen heute ein afrikanisches Braai und möchten dich und Susi dazu einladen. Wäre mooi, wenn ihr um 15 Uhr am Beach seid.“ „Ähm ja, aber was ist mö und brei?“ Ringo lachte. „Sorry, das heißt, mooi und bedeutet schön und Braai, ist eine Art von Grillen, nur wir grillen das Fleisch direkt auf Holz und nicht auf Holzkohle. Außerdem haben wir spezielles Fleisch dabei, wie ihr es nicht gewohnt seid.“ Gut, aber sie möchte erst mit Susi sprechen. Außerdem wollte sie auf gar keinen Fall alleine dorthin gehen. Was wusste sie schon von einem afrikanischen Braai? Jette rief ihre Freundin an und sie war sofort Feuer und Flamme für die Aktion. Somit war der Tag schnell verplant und sie ließ sich mit einem unguten Gefühl überraschen.

Sie kamen zum Beach. Ein Lokal etwas außerhalb der Innenstadt, an einem kleinen See. Jette liebte die Menschen dort. Die Stimmung war hier so angenehm. Sie zog gleich ihre Schuhe aus und lief Barfuß durch den herrlich weißen Sand. An den ersten Tischen saßen Familien mit Kindern, die freudig im Sand buddelten. Ein paar Tische weiter saß eine Ausflugsgruppe, die mit ihren Fahrrädern eine Pause einlegten. Rechts neben den Liegen sah sie ein kleines Feuer. Das musste sie sein. Dort saß eine kleine Gruppe von Menschen, die lachten und miteinander sangen. Sie marschierten auf die Gruppe zu und schon winkte Ringo sie zu sich. Jette hatte ihre kurze Jeans an und nur ein T-Shirt und setzte sich in den Sand. Susi hatte da schon mehr Probleme. Mit dem kurzen Rock und der Bluse war es nicht so einfach, es sich bequem zu machen. Sie drängelte sich zwischen zwei Typen, die auf einen Baumstamm saßen, und machte es sich dort gemütlich. Jette musste grinsen, da diese beiden sie ziemlich verdutzt anstarrten. Das bewunderte Jette an ihrer Freundin. Sie passte sich jeder Situation an.

Ringo gab Jette ein Bier. Sie hasste Bier. Wie konnte man nur dieses Zeug trinken. „Du, entschuldige bitte, aber ich trinke kein Bier.“ „Wie gar keinen Alkohol?“, fragte er ungläubig. „Doch, aber kein Bier. Ich gehe eben zur Bar und hole mir einen Longdrink.“ Sie stand auf und ging los. Was sollte sie hier, überlegte sie auf den Weg zur Bar. Ist dieser Mann etwas für mich? Er war ja ganz nett, aber sie wollte sich auf gar keinen Fall mit einem Afrikaner einlassen. Sie schaute die Menschen an der Bar an, die sich dort unterhielten und zusammen lachten. Das konnte sie den ganzen Tag machen. Nur hier sitzen und Leute anschauen. Sie bestellte sich einen Rum mit Cola, obwohl es viel zu früh für Alkohol war. Sie wusste aber, dass sie etwas Lockerer in dieser Gruppe werden musste. Langsam schlenderte sie zurück und hörte schon von weitem, wie Susi sich amüsierte. Sie war so ungezwungen und konnte mit jedem so ein Gespräch in Gang setzen. Außerdem war sie blond. Ja, Jette hatte mit ihren roten Haaren immer etwas mehr Probleme und die Haut war schneeweiß und mit Sommersprossen übersät. So sehr sie die Sonne liebte, sie verbrannte ihre Haut gnadenlos. Sie setzte sich wieder zu der Gruppe und das erste Fleisch lag auf dem Feuer. Ringo erklärte ihr, dass in Namibia viel Rind und Wild gegessen wird und kaum Schwein. Es wurde Boerewurst und Springbock auf das Feuer gelegt. Boerewurst ist eine Bratwurst der Buren in Südafrika und Namibia erklärte man ihr. Sie enthält andere Zutaten als die typische. Deutsche Wurst wie diese hier mit Lamm und Koriander. Ringo gab ihr ein großes Stück und stellte seine Freunde vor. „Da drüben sitzt Daniel. Der hat das ganze Fleisch organisiert. Er macht in Deutschland eine Ausbildung zum Metzger und dadurch hat er entsprechende Kontakte.“ „Kommen hier alle aus Namibia?“, fragte sie. „Nein, nur Daniel mit seiner Freundin Melly, Mark, Tom und ich.“ „Aber was macht ihr alle hier in Deutschland?“, erkundigte sie sich weiter. „Wir sind alle Deutsche. Der eine hat einen dauerhaften Aufenthaltstitel, der andere ist im Besitz von zwei Staatsbürgerschaften. Da es bei uns keine anständigen Ausbildungsberufe gibt, kommen wir hier her. Wir leben bei unseren Verwandten und ziehen unsere Ausbildung durch. Im Anschluss gehen fast alle wieder zurück nach Namibia. Einige versuchen ihr Glück in England, aber wir werden in Europa nicht glücklich. Das Wetter ist zu nass und die Menschen sind etwas zu ernst.“ „Was heißt hier zu ernst?“, fragte sie ungläubig. Er schaute ihr ins Gesicht und lächelte. „Du warst doch sicherlich schon mal im Süden. Dort ist die Lebensphilosophie eine andere.“ „Nein, ich war noch nie im Süden und verstehen auch nicht, was du meinst.“ Sie sprach es nicht aus, was sie dachte. Zum Glück kam gerade ein Teller mit Fleisch. Sie probierte nur ein kleines Stück von der Wurst. Jette fand sie etwas ungewöhnlich, aber sie schmeckte lecker, aber erst das Springbockfleisch. So zart und unverwechselbar. Sie war total begeistert. Dazu gab es Knoblauchbrot. Was auch gut war, denn es kamen die ersten Mücken. Alle saßen dicht zusammen und Jette und Susi hörten immer wieder Wörter, die sie noch nie zuvor gehört hatten. Die Namibier sprachen eine Mischung aus Deutsch und Afrikaans, wo sie hin und wieder Schwierigkeiten hatte, etwas zu verstehen. Die Stimmung war freundlich und als sie alle aufbrachen, fragte Susi Ringo, was er an Geld dafür bekam. „Nein, ihr seid unsere Gäste und damit eingeladen.“

Alle schlenderten in Richtung Parkplatz, wo Daniel sein Auto parkte. Es wurden die Restbestände in das Auto eingeladen und die gefüllte Mülltüte. Susi schrie. „Iiihh, konntet ihr den Müll nicht dort lassen!“ „Nein, konnten wir nicht“, antwortete Daniel genervt. „So typisch deutsch. Das sollen doch andere wegmachen“, sprach er mit piepsiger Stimme nach und Susi war es sichtlich peinlich, dass er so reagierte. Melly, die Freundin von Daniel erklärte es ihr. „In Namibia fahren wir fast täglich zum Braai und jeder nimmt seinen Müll wieder mit. In der Wüste gibt es keine Müllabfuhr. Ihr Europäer seid so verwöhnt!“ Das saß. Ihr Europäer! Ich bin Deutsche und fühle mich nicht wie ein Europäer, ärgerte sich Jette. Sie versuchte sich aber nicht einzumischen, obwohl ihr ein blöder Spruch auf der Zunge lag. Ringo rettete die Auseinandersetzung, indem er sich bei Susi und Jette einhakte. „Meine Damen, ich bringe euch jetzt nach Hause, da es schon dunkel w ird und die Straßen hier sind auch nicht mehr so sicher wie alle es ständig sagen.“ Er blinzelte Jette zu und sie merkte erst jetzt, dass die Dämmerung schon angebrochen war. Es war so herrliche Luft, dass sie Lust hatte, nach Hause zu schlendern und dabei mehr von diesem außergewöhnlichen Mann zu erfahren. Die drei schlenderten zusammen los und Ringo hakte sich bei beiden unter. Sie lachten und Susi hatte die Sache mit dem Müll schon wieder vergessen, als ihr Handy klingelte. Sie blieb stehen, sprach leise in ihr Telefon und beendete das Gespräch. „Ich werde gleich abgeholt“, sage sie zu Jette. „Oh nein! Nicht wieder von ihm“. Als ob sie die Gedanken ihrer Freundin lesen konnte, reagierte sie patzig. „Ja, von dem, den du nicht magst.“ Es war nicht Jettes Problem, aber sie wusste, dass sie sich später das Gejammer wieder anhören musste, wenn Frank sie wieder mal versetzte. Dieser Mann war verheiratet und Susi kam nicht von ihm los. Was liebte sie nur an diesem Menschen, der andere so hintergeht und ihnen weh tut, aber es war nicht Jettes Problem. Ringo und Jette liefen alleine weiter und sie war so froh, dass er keine Fragen stellte. Sie hatte überhaupt das Gefühl, das er anders erzogen war, wie die Männer, die sie bisher so kennengelernt hatte. Er nahm ihre Hand und sie liefen Hand in Hand weiter. „Sag einmal, was lernst du hier“, fragte Jette. Ringo schaute in den Himmel. „Bei uns sehe ich die Milchstraße und viele andere Sterne. Das vermisse ich hier. Deutschland ist viel zu hell.“ Sie schauten beide hoch und Jette fand, dass es einen herrlichen Sternenhimmel zu sehen gab. Er schaute sie an und antwortete schließlich doch ausführlich auf ihre Frage. „Ich lebe seit fast einem Jahr hier bei meiner Tante. Ich wollte nicht nach Deutschland, aber meine Familie hat mich wegschickt, weil ich nur Partys im Kopf hatte. Jetzt durchlaufe ich eine Ausbildung zum Klempner. Das liegt mir gar nicht, aber der Schwager meiner Tante hat ein eigenes Geschäft und da haben sie mich reingesteckt. Ich werde das nicht schaffen. Wenn ich schon Rohre sehe, drehe ich durch.“ Er verzoge sein Gesicht. „Sogar Menschen von einem anderen Kontinent, haben dieselben Probleme wie wir“, schoss es ihr durch den Kopf.

Ich fliege zu Weihnachten nach Hause und werde dort mit meinem Vater sprechen. Er finanziert mir hier mein Leben und er sollte wissen, wie ich mich dabei fühle.“ Ringo schaute auf den Boden und ging in Gedanken weiter. Weihnachten… Das ist erst in vier Monaten. Jette empfand es als verschwendete Zeit noch so lange zu warten. „Warum rufst du ihn nicht an und erklärst ihm das?“ „Nein, nicht bei meinem Vater! Er hat dafür kein Ohr. Weihnachten ist die Familie zusammen und sein Unternehmen hat geschlossen. Da passt es besser, so ein Thema zu besprechen. Zwischen Weihnachten und Neujahr fahren bei uns viele Menschen an die Küste. Im Inland ist es zu heiß und somit auch nichts los. Die meisten Geschäfte schließen in dieser Zeit.“ „Wieso heiß? Wir frieren uns hier den Hintern ab und ihr schwitzt?“ „Ja, wir haben genau das gegenteilige Klima von Deutschland. Na ja und Herbst und Frühjahr sind auch nicht dasselbe. Wir haben keine Laubbäume, die alles verlieren und Blumen, die im Frühjahr überall zu sehen sind, sind auch Mangelware.“ Sie schaute Ringo an. Sein Gesichtsausdruck wirkte ernst oder täuschte es? Dieser Mann machte sie neugierig. Nicht nur auf ihn, sondern auch auf das Land, dem sie noch keine Beachtung in ihrem kleinen Leben geschenkt hatte. Beide liefen einige Zeit schweigend nebeneinander her. Ruckartig blieb Ringo stehen und schaute sie an. Er nahm ihren Kopf in seine Hände und küsste zärtlich ihre Lippen. Ein warmer Schauer lief durch ihren Körper und im Bauch tanzten Schmetterlinge. Sie hatte sich verliebt! In einen Menschen, den sie gar nicht kannte und den sie hier nicht lieben konnte. Wer weiß, ob er nach dem Gespräch zu Hause wieder nach Deutschland zurückkam. Sie liefen weiter und wie ein Taxi vorbeifuhr, hielt Ringo es an und sie fuhren zu Jette. Vor der Haustür küsste er sie kurz auf die Wange. „Ich rufe dich an.“ Er stieg in das Taxi wieder ein und fuhr davon. Jette schaute ihm hinterher und empfand ein leichtes Kribbeln in ihrem Magen.

Inhalt

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

Einleitung

Deutschland

Irgendwo in Namibia

Ängste

Freundschaft

Willkommen

Freizeit

Strand & Meer

Liebe

Familie

Weggeschickt

Entscheidung

Europa

Endlich frei

Egoistisch

Veränderung

Andere Welt

Warum nicht?

Neue Chance

Familie

Neue Heimat

Tierwelt

Der große Tag

Lebensmotto

Anmerkung

Biltong zum Frühstück

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Titelblatt

Urheberrechte

Irgendwo in Namibia

Lebensmotto

Biltong zum Frühstück

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Irgendwo in Namibia

Auf einen anderen Kontinent, ca. 10.000 Kilometer entfernt von Jette, saß ein kleines Mädchen im Garten auf der Farm und spielte mit einem Welpen, der gerade mal laufen konnte. Die Nanny war im Haus und bereitete das Abendessen vor, als sie einen Schrei hörte. Sie rannte in den Garten und sah noch, wie ein Honigdachs um das Kind herumschlich und es anknurrte. Der Welpe lag neben dem Kind und blutete. Er war bereits tot, als die Nanny sich zwischen dem Kind und dem Honigdachs stellte. Der Honigdachs überlegte nicht lange und griff an. Er erwischte das Kind nur leicht am Bein, bevor die Nanny es hochriss. Sie rannte los, auf das Haus zu, als das Tier wieder angriff. Diesmal biss es in ihre rechte Wade. Sie schrie und hielt das Kind weiterhin hoch. Doch der Honigdachs ließ nicht locker. Er griff wieder an und die Nanny fiel. Das Kind an ihre Brust gedrückt, blieb sie liegen und wartete, was passiert. Sie spürte den Schmerz in der Wade und Tränen liefen in den heißen Sand. Plötzlich fiel ein Schuss! Das Tier erschrak, rannte über das Grundstück in die Büsche und war weg. Die Nanny drehte sich zitternd um und sah, wie Core mit dem Gewehr ihres Vaters vom Parkplatz kam. „Lidia! Alles gut mit dir und der Kleinen? Er ist weg. Du kannst hochkommen!“ „Core, ich bin so froh, dass du da bist!“ Lidia stand humpelnd auf und gab Core ihre kleine Schwester. „Wir fahren zum Arzt! Die Bisswunden müssen behandelt werden!“ Die Nanny schüttelte den Kopf. „Nein keinen Doktor. Das ist zu teuer.“ „Was soll das! Wir fahren jetzt zum alten Morris. Der kennt sich mit diesen Verletzungen aus.“ Core legte ihre Schwester auf die Rückbank und küsste sie. Sie weinte still vor sich hin, da sie noch unter Schock stand. Die Nanny rutschte daneben und drücke ihr Halstuch gegen die Wunde der Kleinen, derweil ihr eigenes Blut das Bein herunterlief.

Was hätte Core jetzt für einen Handyempfang gegeben! Leider hatten sie hier auf der Farm keinen Empfang und es war keine Zeit mehr, um in das Haus zu laufen zum Festnetz. Sie musste jetzt schnell zum alten Morris. Er war hier im Umkreis der einzige Arzt und nach Windhoek war es einfach zu weit. Gute zwei Stunden und das über Nebenstraßen. Sie sprang hinter das Lenkrad und gab Gas. Keine 15 Minuten später, mit einer Vollbremsung vor der Haustür des Arztes, rannte sie raus und nahm ihre kleine Schwester Amelie aus dem Auto und lief zur Tür. Dr. Morris hatte die Vollbremsung gehört und öffnete schon die Tür. „Hallo Core, was ist passiert?“ „Ein Honigdachs hat Amelie angegriffen. Ich habe Angst, dass etwas in der Wunde ist.“ „Lege sie hier hin. Ich schaue mir das einmal an.“ Lidia kam langsam reingehumpelt, sagte aber nichts. „Diese verdammten Viecher.“ Er untersuchte das Bein von Amelie und gab der Kleinen ein leichtes Schmerzmittel. Er reinigte die Wunde und verband das Bein. „Sie hat Glück. Das Tier hat sie nur leicht gestreift.“ Der Blick fiel auf die Nanny. „Was ist mit ihr?“ Er brauchte keine weiteren Fragen. Er sah, das Blut am Bein herunterlief. „Oh Gott! Das sieht schlimm aus. Das Tier hat sie mit voller Kraft erwischt. Sie muss in die nächste Stadt nach Windhoek in das große Krankenhaus. Ich kann bis auf die Knochen schauen.“ „Nein Core! Ich nicht gehen in das Hospital!“ „Beruhige dich. Ich kann dich auch nach Katutura in das Staatshospital bringen. Du weißt aber, dass du dort sehr lange warten musst.“ „Nein! Ich gehe nicht dahin! Ich muss unsere Medizin nehmen.“ „Bitte Lidia, werde doch vernünftig! Das muss genäht werden und nicht mit Hokuspokus behandelt“, schrie Core fast. Aber Lidia war nicht davon abzubringen. Sie hatte Angst vor den Geistern der Fremden. Immerhin nahm sie einen Verband von Dr. Morris entgegen und wickelte ihn im Auto um ihr Bein. Core konnte sie nicht überzeugen. Sie wollte nur noch nach Hause. Lidias Hütte war in der Nähe und Core brachte sie nach Hause. Es war nicht üblich, dass die Angestellten nach Hause gebracht wurden und deshalb kamen aus den anderen Hütten die ganzen Familien. Lidias Mann kam zum Auto und öffnete die Tür. Er sah die rote Bandage und fing an, in ihrer Stammessprache auf Lidia einzureden. Core konnte nichts mehr unternehmen. Sie wollte schnell nach Hause und ihre kleine Schwester ins Bett legen und einen Rooibuschtee mit ihrer Mutter trinken. Lidia humpelte, gestützt von ihrem Mann, in ihre Hütte. Dahinter ging der Medizinmann mit seinem Beutel. Core setzte sich hinter das Lenkrad und fuhr zurück auf die Farm.

Schon als sie auf der langen Einfahrt zur Farm entlangfuhr, kam ihr Vater ihr entgegen. Mit einer großen Taschenlampe leuchtete er in das Auto. Die Nacht war schnell hereingekommen und man sah ohne Licht gar nichts mehr. „Was ist passiert? Wir sind nach Hause gekommen und haben unseren Welpen hier liegen sehen. War das wieder ein Honigdachs?“ Core hielt an und schon sah sie ihre Mutter. Sie kam so schnell angelaufen, dass sie den kleinen Durchgang zum Parkplatz übersah und gegen den großen Stein lief, der dort lag. „Aua! Was ist mit Amelie!“ „Mama, beruhige dich. Sie schläft hinten auf der Rücksitzbank. Sie hat kaum etwas abbekommen, aber bei Lidia sieht das schon anders aus.“ Cores Mutter Klara nahm vorsichtig ihre Kleinste aus dem Auto und brachte sie ins Haus. Core erzählte alles ihrem Vater, während sie zum Haus gingen. „Dann muss ich morgen zu Lidia hin. Es kann nicht sein, dass sie sich wieder mal auf diesen Medizinmann verlässt. Das war letztes Mal schon grenzwertig mit Malaria.“ Cores Vater war sehr aufgewühlt. Er konnte nicht verstehen, dass sie sich schon wieder in die Obhut ihrer Familie begibt, um solche Bisswunden zu heilen. Wenn er Lidia damals nicht mit Gewalt in das Krankenhaus von Windhoek gebracht hätte, wäre sie an Malaria gestorben. Es hatte sie sehr schlimm erwischt und die Kräuter des Medizinmannes halfen ihr nicht. „Ich fahre hin, wenn es hell wird.“ Das war gerade beschlossen und das brauchte auch niemand mehr mit Ludwig diskutieren.

Am frühen Morgen wurde Core von den Schreien der Zebras geweckt. Diese Tiere konnten aber auch laut sein. Sie kroch aus dem Bett, durch ihr Moskitonetz und roch schon den Kaffee aus der Küche. Ihre Eltern waren schon auf. Sie zog sich einen Pullover über und ging nach draußen, um die kühle Morgenluft einzuatmen. Wie herrlich es war. Core setzte sich auf den Stuhl vor dem Haus und genoss die Ruhe. Ihre Mutter kam mit einem Kaffee raus und setze sich zu ihr. „Guten Morgen mein Schatz. Hast du gut geschlafen, nach der ganzen gestrigen Aufregung?“ Sie gab ihr den heißen Becher. „Danke Mom. Ja, ich habe geschlafen wie ein Stein. Ich musste nur noch einmal aufstehen und das Moskitonetz über mein Bett hängen. Die Moskitos sind schon wieder unterwegs. Das heißt, es wird wieder wärmer.“ „Amelie geht es wieder besser. Sie hat die Nacht auch durchgeschlafen. Dann brauche ich nicht mehr mit ihr nach Windhoek“, meinte ihre Mutter. „Ach, ist Papa schon losgefahren?“ Sie wusste, dass er mit den ersten Sonnenstrahlen aufsteht und bestimmt auch schon auf den Weg nach Windhoek mit Lidia war. „Ja, dein Vater ist schon um 6 Uhr losgefahren. Wenn alles gut läuft, ist er um 8:30 Uhr im großen Krankenhaus in Windhoek mit Lidia.“ „Wenn sie mitgeht“, lachte Core. Sie gingen beide in die Küche, wo der kleine Ofen brannte. Es war noch Winter und die Temperaturen waren um die Zeit erst um die 5 Grad.

Nach einem gemütlichen Frühstück kam Sonja zur Arbeit. Sie war das Hausmädchen auf der Farm. Sie gehörte zu der Familie von Lidia. Die Familie lebte hier mit auf dem Farmland und fast alle arbeiteten hier. Die Farm sicherte somit das Einkommen etlicher Familien in Namibia. „Hallo Sonja“, sagte Klara. „Hat Ludwig Lidia mit nach Windhoek bekommen?“ Sonja lachte nur. „Ja, Klara, aber das war ein großes Theater. Lidia hat sich fast totgestellt, damit sie nicht in sein Auto einsteigen musste.“ Sonja war als Kind auf die Schule in Windhoek gegangen und hatte dort Lesen und Schreiben gelernt. Ihre Familie hatte sie aber wieder auf die Farm zurückgeholt, damit sie die Familie finanzielle unterstützten konnte. Sonja wollte in Windhoek bleiben, aber sie hatte nicht das Recht, dies alleine zu entscheiden. Ludwig war es wichtig ihre Ausbildung weiterhin zu finanzieren, aber es war nicht möglich. Jetzt bekam sie ein kleines Gehalt, um für ihre eigene Zukunft zu sorgen. Core konnte sich gut vorstellen, was da bei Lidia los gewesen ist! Typisch Lidia! Sie konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.

Es war Samstag und Core brauchte heute nicht zur Schule. Sie lebte in der Woche im Internat in Windhoek und fuhr deshalb nur am Wochenende und in den Ferien auf die Farm zu ihren Eltern. Es war ihr Abschlussjahr und ihr Vater erwartete, dass sie daraufhin nach Europa ging. Das war so üblich in der Familie Benton. Ihre ältere Schwester Heike studierte auch gerade in England. Sie zog sich ihre Reitsachen an und lief in den Stall. Peppito wartete schon ganz aufgeregt. Sie sattelte ihn und ritt los. Sie ritt zu ihrem Lieblingsplatz am großen Felsvorsprung. Dort konnte sie die ganze Farm überblicken und nahm sich die Zeit um nachzudenken. An diesen Vorsprung waren alte Buschmannzeichnungen und jedes Mal, wenn sie hier war, glitt ihre Hand darüber, und sie verspürte einen Zauber. Diese Geschichte faszinierte sie. Was wollten diese Menschen mit ihren Zeichnungen ausdrücken? Die Farm lag am Rande der roten Kalahari Wüste und deshalb hatten sie viele von diesen Zeichnungen. Core dachte an ihre Zukunft. Was sollte sie nur machen? Sich wie ihre Schwester im Tourismus rumärgern? Das Gemecker anhören, wenn nicht gleich fließend Wasser aus dem Hahn kam? Oder die Buschmänner hinstellen für ein Foto? Nein, das war nicht ihr Ziel. Sie musste für sich einen anderen Weg finden.

Nach einiger Zeit ritt sie wieder nach Hause. Ihre kleine Schwester rannte ihr am Stall schon entgegen. Amelie war nicht ihre richtige Schwester. Sie war die Tochter von ihrem Onkel Tom. Der hatte sich erschossen, als seine Frau bei einem Autounfall um ihr Leben kam. Es war erst vor zwei Jahren passiert. Tom hatte lange alleine gelebt, als er bei einem Treffen der Rinderzüchter seine zukünftige Frau kennen lernte. Sie war 15 Jahre jünger als er und sie zog sehr schnell zu ihm auf die Farm. Sie bekamen Amelie und ein Jahr später wollte Angie nur schnell zum Nachbarn, als sie hinter einer Kurve in eine Rinderherde fuhr. Durch das plötzliche Bremsen überschlug sie sich und war sofort tot. Tom hatte ein halbes Jahr versucht, mit dem Schmerz zu leben, aber es war zu viel für ihn. Eines Morgens hörte sein Farmarbeiter einen Schuss. Er fand ihn hinter dem großen Schuppen mit seinem Gewehr. Er hatte vorher die Farm an Amelie überschrieben und jetzt führte ein deutscher Verwalter die Farm, bis Amelie 18 Jahre alt war und selber entscheiden konnte, was damit passiert.

„Na mein Engel. Wie geht es deinem Bein? Du rennst ja schon wieder“, rief Core ihr zu. „Ja, es tut auch nicht weh. Daddy ist wieder da und Jill hat schon angerufen“, rief sie vergnügt. Heute Abend war die Geburtstagsfeier von Jill. Sie wohnte auf der Nachbarfarm und die Beiden gingen zusammen in das Internat. Dort traf sie alle ihre Freunde und sie freute sich schon auf diese Party. Sie gab Peppito dem Stalljungen und ging zum Farmhaus.

„Hallo Papa. Na wie war es in Windhoek? Hast Du Lidia gut versorgen lassen?“ Lächelnd stand sie ihrem Vater gegenüber. „Hör bloß auf! Diese Frau ist der einzige Horror.“ Er war sichtlich genervt. Ihre Mutter musste lachen und bekam einen liebevollen Blick von Ludwig. Wie sehr sich die beiden liebten. „Ich habe Lidia heute Morgen eine geschlagene Stunde überzeugen müssen mit mir zu fahren. Sie hatte schon Fieber, aber nein, sie wollte nicht. In den zwei Stunden zur Klinik, habe ich mir das Gejammer angehört, weil sie als Einheimische nicht in ein Krankenhaus für Weiße gehen wollte. Das war mal so, ist aber heute nicht mehr. Nein, sie wolle davon nichts wissen. Dann ist alles viel zu teuer und so weiter.“ Ihr Vater war gestresst von dem Tag. Er wollte doch nur das Beste für seine Farmarbeiter.

Auf einer Farm in der Umgebung hatte der Farmbetreiber seine Arbeiter geschlagen. Eines Morgens wachte er nicht mehr auf und das Haus stand in Flammen. Die Einheimischen hatten an dem Abend zuvor ein großes Fest gefeiert und viel zu viel getrunken. Man nahm an, dass die Farmarbeiter das Feuer gelegt haben, aber man hatte den Brandstifter nicht gefunden. Nun waren die Farmarbeiter arbeitslos und konnten ihre Familien nicht mehr ernähren. Sie sitzen den ganzen Tag vor ihren Hütten und trinken ihren selbst gebrannten Schnaps, der sie im Kopf durchdrehen lässt.

Ihr Vater trank einen Schluck Kaffee. „Jetzt sitzt sie wieder in ihrer Hütte, weil sie nicht im Krankenhaus bleiben wollte, und ist beleidigt. Sie haben ihr eine Tetanusspritze gegeben und die Wade mit wenigen Stichen genäht. Ich hoffe, sie hält sich an die Absprache, dass sie eine Woche noch die Salbe auf die Wunde reibt. Wer weiß was ihr der Medizinmann sonst darauf schmiert.“ „Ludwig, da pass ich schon drauf auf. Ich werde jeden Tag ins Dorf gehen und nach ihr sehen“, meinte Klara und drehte sich nach Core um. „Jill hat angerufen. Du möchtest bitte heute um 17 Uhr da sein. So könnt ihr vor Sonnenuntergang das Feuer anzünden.“ Core sah auf die Uhr. Es wurde Zeit. Sie hatte 2 Stunden und wollte noch eine Runde im Pool schwimmen. Ihr Vater schaute sie an. „Core wir müssen morgen über deine Zukunft reden. Du hast noch ein Vierteljahr im Internat und ich vonnöten jetzt den Flug nach Europa zu buchen. Du müsstest mir endlich sagen, was du in Zukunft machen willst.“ Cores Vater klang auf einmal sehr ernst. Sie wusste, das sie es nicht mehr herausschieben konnte. Was sollte sie aber nur tun?

Ängste