Bist du schon du selbst? - Ilona Friederici - E-Book

Bist du schon du selbst? E-Book

Ilona Friederici

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Beschreibung

Sei dir selbst wichtig! Mit den richtigen Fragen kannst du dein ganzes Denken auf den Kopf stellen! Mit Lebensfreude, Zuversicht und Mut lernst du, wieder du selbst zu sein – und auf einmal hat alles wieder einen Sinn für dich. Dieses Buch berührt dein Herz, lässt dich weinen, schmunzeln, lachen ... aber es verändert auch dein Leben auf positive Weise. Wie Phönix aus der Asche erneuerst du deine Kraft und tust dir selbst und der Welt etwas Gutes.

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Seitenzahl: 142

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Dieses Buch ist in Liebemeinem Vater gewidmet.

DEINE MUTMACHERIN

ILONA FRIEDERICI

Bist du schondu selbst?

Alle Rechte vorbehalten.

Außer zum Zwecke kurzer Zitate für Buchrezensionen darf kein Teil dieses Buches ohne schriftliche Genehmigung durch den Verlag nachproduziert, als Daten gespeichert oder in irgendeiner Form oder durch irgendein anderes Medium verwendet bzw. in einer anderen Form der Bindung oder mit einem anderen Titelblatt als dem der Erstveröffentlichung in Umlauf gebracht werden. Auch Wiederverkäufern darf es nicht zu anderen Bedingungen als diesen weitergegeben werden.

Copyright der ersten Auflage © 2019 Pro BUSINESS GmbH, erschienen unter dem Titel »Insel Sonnenschein« mit der ISBN 978-3-96409-188-8

Copyright © 2021 Verlag »Die Silberschnur« GmbH

ISBN: 978-3-96933-017-3

eISBN: 978-3-96933-969-5

1. Auflage 2021

Lektorat: Birgit Rentz

Gestaltung & Satz: XPresentation, Güllesheim

Umschlaggestaltung: XPresentation, Güllesheim; unter Verwendung eines Motivs von © Velychko Viktoriia; www.shutterstock.com

Verlag »Die Silberschnur« GmbH · Steinstr. 1 · 56593 Güllesheim

www.silberschnur.de · E-Mail: [email protected]

INHALT

Prolog

Abreise

Angekommen

Kinderlachen

Angel

Schnitzereien

Bunte Farben

Erinnerungen

Strohhut

Kleine Neckereien

Rückblick

Tränen reinigen die Seele

Lachen ist gesund

Platz der Erinnerungen

Dankbarkeit

Tiere

Ein Lied für die Zukunft

Zeit zum Nachdenken

Vertrauen

Abendessen

Gutenachtgeschichte

Epilog

Danksagung

Die Autorin

PROLOG

Marie schreckte vom Klingeln des Weckers hoch. Völlig gerädert versuchte sie die Augen zu öffnen, doch es wollte ihr nicht so recht gelingen. Ihre Lider fühlten sich schwer an und ließen sich gerade mal einen kleinen Spalt öffnen. Ein angestrengter Blick auf den Wecker zeigte ihr, dass es Zeit war aufzustehen. Sechs Uhr fünfzehn. Schwerfällig drehte sie sich auf die andere Seite. Wie ein Blitz schreckte sie hoch. Die Betthälfte neben ihr war leer! Ihr Herz schien sich zu überschlagen. Wie von der Tarantel gestochen sprang sie auf, musste sich aber sogleich am Türrahmen festhalten. Ihr Kreislauf wollte wohl nicht so schnell mitkommen. Wie benommen blieb sie stehen, um sich zu sammeln.

Nur ganz langsam ließ der Schwindel nach. Behutsam ging Marie durchs Haus. Es war still. Genauso still wie schon in den letzten Monaten. So lautlos wie seit dem Tag des Unglücks. Inzwischen war es mehr als sechs Monate her, dass die Polizei vor der Tür stand und ihr mitteilte, dass Paul einen Unfall gehabt hatte.

Vier Tage lang hatten die Ärzte um das Leben ihres Mannes gekämpft, leider ohne Erfolg. Gerade mal neunundvierzig Jahre alt war er geworden, und alles war grau seit jenem Tag.

Marie wurde bewusst, dass heute der zehnte Mai war. Pauls fünfzigster Geburtstag. Sie hatte wie in all den Wochen davor auch in der letzten Nacht nur sehr wenig geschlafen. Immer wieder war sie wach geworden und hatte die dunkle Wolke über sich gespürt. Welchen Sinn hatte das Leben noch? Das fragte sie sich immer öfter. Am liebsten würde sie Paul folgen, aber sie wusste nicht, wie. Trübe Gedanken verfolgten sie, was immer sie tat. Kein Tag verging, an dem sie davon verschont blieb.

So viele Menschen – unter anderem ihre Freundin, ihre Schwester und ihre Tochter Sophia – versuchten sie immer wieder aufzumuntern. Meinten, es wäre gut, unter Leute zu gehen. Aber was sollte das für einen Sinn haben? Alles und jeder Ort erinnerte Marie an Paul. Es gab kaum einen Platz, an dem sie nicht mindestens ein Mal mit ihm gewesen war. Sophia war in Rostock und studierte, und sie selbst war ganz allein in ihrem Haus in dem kleinen schleswig-holsteinischen Dorf Heiligenstedten. Jeder kannte sie hier, und natürlich wurde sie von ihren Nachbarn angesprochen, die wissen wollten, wie es ihr ging. Dabei hatte sie nicht die geringste Lust, irgendjemandem von ihrem Befinden zu erzählen oder gar ihre Gefühle zu offenbaren.

Vor zwei Tagen, am Montag, hatte sie versucht, wieder zur Arbeit zu gehen – deshalb war auch der Wecker gestellt –, aber es war ihr nicht gelungen, aus dem Bett zu kommen. Ihre Chefin hatte sich erstaunlich verständnisvoll gezeigt, als Marie sie später anrief und sie bat, ihr noch einen Tag Zeit zu geben. Aber auch gestern hatte sie es nicht geschafft, das Haus zu verlassen. Nachdem sie sich gewaschen und angezogen hatte, war wieder diese graue Wolke über sie gekommen. Frustriert hatte sie sich aufs Bett gesetzt und sich die Decke über den Kopf gezogen. Wollte nichts hören und nichts sehen.

Aber heute, das hatte sie beschlossen, würde sie es schaffen. Immer noch etwas benommen, schleppte sie sich ins Bad, duschte, schminkte sich und zog sich ein hübsches Kleid an. Es sollte ein warmer und sonniger Frühlingstag werden.

Als sie wenig später die Küche betrat, hörte sie ein Klappern aus Richtung der Haustür. Ihre Nachbarin hatte ihr, wie jeden Morgen, die Tageszeitung durch den Briefschlitz gesteckt. Marie ging hin, hob die Zeitung auf und nahm sie mit in die Küche. Auf dem Weg dorthin glitt ein kleiner Werbeflyer aus der Zeitung und fiel zu Boden. Marie bückte sich danach, hob ihn auf und legte ihn neben die Zeitung auf den Küchentisch.

Nachdem sie Kaffee aufgesetzt hatte, fiel ihr Blick auf den Flyer. Er zeigte ein Bild von einer Insel. Palmen und türkisfarbenes Wasser waren darauf abgebildet, ebenso wie ein strahlend weißer Sandstrand. Die hellen, freundlichen Farben sprachen sie an. In großen grünen Buchstaben stand oben auf dem Flyer: »Fällt dir die Decke auf den Kopf? Brauchst du eine Pause vom Alltag? Dann komme zu uns auf die Sonneninsel.«

Oh ja, kam es Marie in den Sinn, einfach weg von hier, das wäre toll! Weg an einen Ort, an dem mich niemand fragend und mitleidig anschaut. Eine Insel, und dazu die wärmenden Strahlen der Sonne, das wäre ideal!

Sie legte den Flyer zurück in die Zeitung und goss, noch etwas schlaftrunken, Kaffee in eine Tasse. Den zu trinken würde ihr guttun. Heute war sie fest entschlossen, ins Büro zu fahren. Sie wollte die Gutmütigkeit von Silvia, ihrer Chefin, und auch die ihrer Kollegen nicht noch weiter herausfordern.

Aber dann überkamen sie plötzlich wieder die Tränen. Wie so oft in den vergangenen Monaten waren sie nicht aufzuhalten, egal wie viel Mühe Marie sich gab. Eine Welle des Schluchzens schüttelte sie. Sie sackte auf ihren Küchenstuhl, unfähig, irgendetwas zu tun. Ihr Körper bibberte und bebte. Gedanken wie »Warum er?«, »Wieso ich?« und »Gott, weshalb hast du uns das angetan?« sowie unzählige weitere Fragen quälten sie. Sie stützte die Ellbogen auf den Tisch und ließ den Kopf in ihre Hände sinken. Eine gefühlte Ewigkeit blieb sie reglos sitzen. Erst als ihr Handy vor ihr auf dem Küchentisch klingelte und sie aufschreckte, war sie fähig, ihren Kopf zu heben. Ein Blick auf das Display verriet ihr, dass ihre Kollegin Marita anrief. Marie griff zum Handy und meldete sich kurz und knapp mit »Ja«.

»Ist mit dir alles in Ordnung?«, hörte sie Marita fragen.

Eigentlich hatte Marie keine Lust zu reden, aber sie wollte ihre Kollegin, die auch ihre Freundin war, nicht beunruhigen. »Alles okay, ich komme gleich. Bin schon auf dem Weg«, versicherte sie ihr. Sie vernahm einen deutlichen Seufzer der Erleichterung am anderen Ende der Leitung.

»Das ist gut, Marie. Silvia tobt hier nämlich schon rum. Ich will dich ja nicht beunruhigen, aber sie meinte, wenn du heute nicht kommst, dann kündigt sie dir – du weißt ja, wie sie ist.«

Nachdem beide kurz geschwiegen hatten, wiederholte Marie: »Bin gleich da.« Im selben Moment fing sie wieder an zu weinen. Sie schaffte es gerade noch rechtzeitig, das Gespräch zu beenden, bevor Marita etwas von ihrem Gefühlsausbruch mitbekommen konnte. Das fehlte ihr noch, dass sie jetzt auch noch arbeitslos wurde!

Marie hasste ihre Arbeit zwar, und ihre Chefin konnte ein ganz schöner Drachen sein, aber was sollte sie machen? Sie hatte schon vor Pauls Unfall Probleme damit gehabt, dem Druck, den Silvia auf sie ausübte, standzuhalten, aber sie brauchte das Geld. Die Raten für das Haus mussten bezahlt werden. Zudem hatte Pauls Beerdigung ein großes Loch in ihre Kasse gerissen. Wie oft hatte sie in den letzten zwei Jahren daran gedacht, einfach zu kündigen. Die Arbeit als Buchhalterin lag ihr nicht und sie bekam immer mehr Arbeit auf den Tisch. Anfangs hatten sie die Aufgaben zu dritt bewältigt, doch seit etwa einem Jahr musste sie das alles allein schaffen.

Immer wieder hatte sie mit Paul gestritten, weil sie Überstunden machen musste und dafür gemeinsame Termine abgesagt hatte. Bei dem Gedanken überkam sie ein erneuter Weinkrampf. Kopfschüttelnd riss sie sich zusammen, stand auf, ging ins Bad und benetzte ihr Gesicht mit kaltem Wasser. Dann zog sie sich die hellen Schuhe an, die so gut zu ihrem Kleid passten, warf einen letzten Blick in den Spiegel im Flur und ging schließlich zur Haustür. Mit schleppenden Schritten durchquerte sie den Vorgarten, bis sie den Carport erreicht hatte. Auf geht's, dachte sie, stieg in ihren Wagen und fuhr zur Arbeit.

Als Marie auf dem Betriebsgelände in Itzehoe parkte, blieb sie noch ein paar Minuten im Auto sitzen, denn ein erdrückendes Gefühl lastete auf ihrer Brust. Doch es nützte nichts, sie musste hineingehen, wenn dies nicht ihr letzter Arbeitstag sein sollte. Seit mehr als zehn Jahren war sie hier tätig und sie hatte trotz immer wiederkehrender Unlust gute und zuverlässige Arbeit geleistet. Das wollte sie mangels einer Alternative nicht aufgeben.

Entschlossen, diesen Tag zu überstehen, schritt sie über den Parkplatz in Richtung Bürogebäude. Marita, die als Servicekraft mit ihr ein Büro teilte, hatte sie schon durch das Fenster gesehen. Sie kam ihr entgegen, nahm sie in den Arm und begrüßte sie.

Auch die anderen Kolleginnen und Kollegen hießen sie herzlich willkommen und waren sichtlich erfreut, Marie zu sehen. Und natürlich wurde sie gefragt, wie es ihr gehe, aber sie ließ sich auf kein Gespräch ein. Marie wusste, wenn sie über Paul sprechen würde, dann käme die graue Wolke zurück und würde ihr die Luft zum Atmen nehmen. Dabei hatte sie ja hier ihre Arbeit zu machen.

Sie war gerade einmal fünf Minuten in ihrem Büro, der Rechner fuhr soeben hoch, da kam Silvia herein und begrüßte sie mit knappen Worten: »Schön, dass du wieder da bist!« Bevor Marie eine Chance hatte, etwas darauf zu erwidern, fuhr ihre Chefin fort: »Ich habe dir die aktuellen Zahlen und Belege auf den Tisch gelegt. Die laufende Auswertung muss noch erstellt werden, aber das schaffst du sicher bis zum Mittag. Ich komme gegen zwölf, bevor ich in die Telefonkonferenz gehe.« Mit diesen Worten wandte sie sich von ihr ab und verließ das Büro.

Marie seufzte. Hier hatte sich also während ihrer Abwesenheit nichts geändert. Die Hektik, der schroffe Umgangston und auch die kalte Atmosphäre waren unverändert zu spüren. Sie schaute hinüber zu Marita, die am Schreibtisch ihr gegenüber saß. Ihr Blick war vielsagend. Achselzuckend verdrehte sie die Augen und richtete ihren Blick wieder auf ihren Rechner.

Ohne über Silvias gefühllose Begrüßung nachzudenken, nahm Marie die Belege in die Hand und fing wie automatisiert an, sie zu sortieren. Sie wusste, was zu tun war, und wollte keine Zeit verlieren.

Gegen Mittag klopfte ihr Marita auf die Schulter. »Kommst du mit mir nach draußen? Es ist zehn nach eins. Mittagspause!«

Marie war gar nicht aufgefallen, dass es schon so spät war, so vertieft war sie in ihre Arbeit gewesen. Sie stand auf und folgte ihrer Kollegin ohne ein Wort durch das benachbarte Büro auf den Flur. Als sie einen Blick auf den Schreibtisch einer weiteren Kollegin warf, erblickte sie plötzlich einen Flyer und erkannte das Bild darauf sofort. Es war der gleiche Flyer, der heute Morgen in ihrer Zeitung gesteckt hatte. Marie blieb kurz stehen, sah genauer hin und las noch mal die Überschrift: »Fällt dir die Decke auf den Kopf? Brauchst du eine Pause vom Alltag? Dann komme zu uns auf die Sonneninsel.« In großen Buchstaben stand darunter: »Insel Sonnenschein«.

Marita, die wartend im Türrahmen stehen geblieben war, räusperte sich. Marie löste ihren Blick von dem Flyer und folgte ihrer Freundin wortlos.

Als Marie am Abend wieder zu Hause ankam, war sie völlig erschöpft. Ja, sie hatte den Tag überstanden, und sie hatte ihre Arbeit zu Silvias Zufriedenheit erledigt. Dennoch fühlte sie sich noch lange nicht wieder an ihrem Arbeitsplatz angekommen. Sicher würde es eine Weile dauern, bis sie in ihrem Alltag Fuß gefasst hatte.

Sie schloss die Haustür auf, doch bevor sie eintreten konnte, klingelte ihr Handy. Es war Silvia. Sie berichtete ihr von einem Meeting am folgenden Tag und sagte, sie brauche noch ein paar Daten und Zahlen. Ob Marie ihr diese bereitstellen könne. Alles, was sie dafür wissen müsse, stehe in der E-Mail, die sie ihr gerade geschickt habe.

Marie unterdrückte ein Stöhnen. »Okay, ich schaue gleich in mein Postfach und mache mich an die Arbeit«, hauchte sie. Alles war wieder beim Alten. Nichts hatte sich geändert. Warum sollte ihre Chefin auch Rücksicht auf ihre Situation nehmen? Irgendwann musste sie ja wieder ein normales Leben führen, und dazu gehörte auch, ihren Job zu erfüllen. Allerdings hasste Marie sich dafür, dass sie Silvia nicht entgegnen konnte, dass sie Feierabend hatte. Doch sie wusste nur zu gut, dass ihre Chefin nicht lockerlassen würde, bis sie das Gewünschte bekommen hatte. Ihr Motto lautete: »Wir brauchen uns alle, jeder für jeden.«

Also setzte sich Marie an ihren Laptop, las die angekündigte E-Mail und begann damit, die benötigten Daten bereitzustellen.

Während sie sich zwischendurch etwas zu trinken aus der Küche holte, fiel ihr Blick wieder auf die Zeitung. Ein Zipfel des Flyers von der Insel Sonnenschein ragte zwischen zwei Seiten heraus. Neugierig geworden, zog sie ihn heraus, nahm ihn in die Hand, blieb stehen und fing an zu lesen.

Fasziniert von dem Werbespruch, schüttelte sie den Kopf. Ein Blick auf die Küchenuhr sagte ihr, dass es inzwischen nach einundzwanzig Uhr war, und sie war immer noch nicht fertig mit der Arbeit.

Müde setzte sich Marie wieder an ihren Laptop. Statt jedoch weiterzuarbeiten, tippte sie die Adresse der Website aus dem Flyer ein. Sofort lachte ihr das strahlende Gesicht einer alten Frau entgegen. Es war das Startbild zu einem YouTube-Video. Ohne zu überlegen, klickte Marie auf »Play« und hörte der Stimme von Oma Tille zu. Marie hatte das Gefühl, als würde die alte Frau sie direkt ansprechen. Andächtig lauschte sie den Worten, die so wohlig und warmherzig klangen und auf sie wirkten, als würden wärmende Sonnenstrahlen auf sie hinabscheinen. Oma Tille lud zu einer Auszeit auf die Insel Sonnenschein ein. Wie in Trance und ohne darüber nachzudenken, was sie tat, klickte Marie auf den Button »Buchen«, tippte das Datum vom kommenden Samstag ein und klickte auf »Senden«. Ehe sie sichs versah, erhielt sie eine Bestätigung mit dem Hinweis, sie würde am Samstag um zehn Uhr am Bahnhof Itzehoe vor dem Zeitungskiosk abgeholt werden.

Es dauerte eine Weile, bis Marie dämmerte, was sie gerade getan hatte. Ein Lächeln glitt über ihr Gesicht. Schon in drei Tagen würde sie wissen, was es mit der Insel Sonnenschein auf sich hatte. Auf einmal gar nicht mehr müde, widmete sie sich wieder den Zahlen, die sie noch zu versenden hatte.

ABREISE

Es war neun Uhr fünfundvierzig. Was hatte sich Marie eigentlich dabei gedacht? Noch nie zuvor in ihrem Leben hatte sie etwas so Spontanes und Unüberlegtes getan. Okay, früher schon. Damals als Teenager, da hatte sie immer ein paar verrückte Ideen im Kopf gehabt und diese dann ohne zu überlegen umgesetzt. Aber nachdem sie mit Paul zusammengekommen war, war es nicht mehr so gewesen. Wenn sie mal etwas unternommen hatten, war es stets sorgfältig und von langer Hand geplant gewesen.

Jetzt stand sie hier, wie verabredet, vor dem Zeitungskiosk. Neben ihr stand ein kleiner Trolley und sie hatte keine Ahnung, wohin die Reise ging. Sie hatte gestern Abend noch nach »Insel Sonnenschein« gegoogelt, aber außer einem Computerspiel waren keine Ergebnisse angezeigt worden. Das hatte sie verunsichert. In der E-Mail, die sie als Buchungsbestätigung erhalten hatte, war nur die Adresse einer Agentur in Hamburg angegeben, und um dort noch jemanden zu erreichen, war es gestern bereits zu spät gewesen. Natürlich hatte sich am Freitagabend, wie zu erwarten war, nur noch die Mailbox gemeldet.

Marie sah sich um, ein wenig nervös und aufgeregt. Ziemlich naiv, schalt sie sich. Aber irgendwie fand sie es auch ganz schön spannend, dass ihr ein Abenteuer bevorstand. Interessanterweise war ihr heute Morgen das Aufstehen gar nicht so schwergefallen. Zumindest nicht so schwer wie in den letzten Monaten. Und nun wartete sie gespannt darauf, was passieren würde.

Keine fünf Minuten später tauchte ein Mann mit einem bunten Schild vor ihr auf. Darauf erkannte sie das Bild, das auch auf dem Flyer gewesen war, und darunter stand ihr Name. Der Mann kam direkt auf sie zu und begrüßte sie. Er war um die fünfzig, trug eine auffällig bunte Flickenhose und ein weißes Leinenhemd und hatte lange blonde Haare, die er zu einem Zopf zusammengebunden hatte. Seine Erscheinung erinnerte Marie an Leo Steiner, einen früheren Schulfreund. Leo war ähnlich gekleidet herumgelaufen. Das Wort »hippiemäßig« kam Marie in den Sinn. Leo und sie waren damals gute Freunde gewesen, kannten sich seit dem Kindergarten. Sie überlegte kurz, wann sich ihre Wege getrennt hatten, kam mit ihren Gedanken aber nicht weit, denn der Mann vor ihr forderte ihre Aufmerksamkeit, indem er sie bat, ihm zu folgen. Höflich nahm er ihr den Trolley ab und sie betraten