Blender im Job - Bärbel Wardetzki - E-Book

Blender im Job E-Book

Bärbel Wardetzki

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Beschreibung

Grandios, selbstherrlich, egoman: Narzissten in der Arbeitswelt Viele zwischenmenschliche Konflikte am Arbeitsplatz entstehen durch narzisstische Manöver, die dazu dienen, das Selbstwertgefühl zu erhöhen und damit das Gegenüber zum Claqueur für die eigene Großartigkeit zu degradieren oder es als inkompetenten Idioten zu entwerten. Geblendet von der eigenen Kompetenz und Größe verlieren diese Menschen den Kontakt zum anderen und konzentrieren sich nur auf den Erhalt ihrer Position und Macht. Dahinter lauert unsichtbar die Angst, nicht gut genug zu sein und womöglich zu versagen. Eine gleichwertige Arbeitsbeziehung ist unter diesen Umständen erschwert bis völlig aussichtslos.

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BÄRBEL WARDETZKI

BLENDER IM JOB

Vom klugen Umgang mit narzisstischen

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1. eBook-Ausgabe 2015

© 2015 Scorpio Verlag GmbH & Co. KG, München

Umschlaggestaltung und Umschlagmotiv:

Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich

Satz und Herstellung: BuchHaus Robert Gigler, München

ePub: 978-3-95803-016-9

eBook-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheimwww.brocom.de

Das eBook einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Der Nutzer verpflichtet sich, die Urheberrechte anzuerkennen und einzuhalten.

Alle Rechte vorbehalten.

www.scorpio-verlag.de

INHALT

Einleitung

I

NARZISSMUS – EIN SCHILLERNDER BEGRIFF

Narzissmus – Worüber reden wir eigentlich?

Normaler und positiver Narzissmus

Die Janusköpfigkeit des Narzissmus: anziehend und abstoßend

Ich, Ich, Ich oder: Me, myself and I

Der Alleinherrscher

Der große Gönner und Förderer

Narzisstische Gesellschaftsstrukturen

Die Blender

Weiblicher Narzissmus und Abwertung von Frauen im Job

Macht Macht narzisstisch?

Gefangen im fremden Selbst

Ideenklau

Die narzisstische Wunde

»Ich will, dass sie mich lieben«

II

NARZISSMUS IN DER ARBEITSWELT

Narzissmus im Beruf

Meetings als narzisstische Bühne

Ohnmacht in schulischen Organisationen

Was macht der Beruf aus uns?

Das Bankenwesen

Wie viel Narzissmus braucht die Führung?

Narzissmus im weißen Kittel

Narzissmus als Karriere-Hemmer

Frauen führen anders

Du sollst keine anderen Götter neben mir haben

Narzisstische Kränkungen

Die anderen sind alles Idioten

Die narzisstische Rache

Idealisierung und Entwertung

Das Dorian-Gray-Syndrom

Die Scham, nicht zu genügen

Es ist so schön, »Narzisst« zu sein

Zwischen vereinnahmender Nähe und einsamer Distanz

Soft Skills

Die emotionale Intelligenz

Die persönliche Kompetenz

Die soziale Kompetenz

Die methodische Kompetenz

III

VOM KLUGEN UMGANG MIT NARZISSTISCHEN MENSCHEN

Was passiert, wenn wir narzisstisch strukturierten Menschen begegnen?

Charakteristika narzisstischer Beziehungen

Typologie von Reaktionsmustern

Die Selbstbewussten

Die Bewunderer

Die Ängstlichen

Die Kämpfer

Die Verweigerer und Trotzigen

Die Resignierten

Herausforderung für die eigene Entwicklung

Defizite erkennen und überwinden

Selbstverletzungen und Selbstunsicherheit

Eigene narzisstische Anteile

Selbstbeobachtung und Selbstkontrolle

Umgang mit Kritik und Kränkungen

Wertschätzung, Empathie und Mitgefühl

Wege aus dem narzisstischen Konflikt

Was hilft den narzisstischen Chefs und Kollegen?

Wie Wohlstand gierig und egoman macht

Danksagung

Literatur

Anmerkungen

einleitung

Bei den Worten Blender im Job denken wir zuerst an egomane Manager, die selbstsüchtig und ohne Rücksicht auf andere nur an ihren eigenen Profit denken, oder an Politiker, die sich in ihrer Macht sonnen. Aber Menschen mit narzisstischen Strukturen gibt es natürlich nicht nur in den höchsten Führungsebenen. Was ist mit den Kollegen, die uns den Arbeitsalltag schwer machen, weil sie nur um sich selbst kreisen und uns als Claqueure missbrauchen? Was ist mit unseren eigenen narzisstischen Anteilen, die uns zur permanenten Suche nach Bestätigung und Anerkennung treiben und zu besonderen Leistungen anspornen?

Anhand von Beispielen sollen die Facetten narzisstischer Ausprägungen in der Arbeitswelt beleuchtet werden. Wir finden sie überall, in Wirtschaft und Politik, im Gesundheitswesen, in Universitäten und Schulen, in Ämtern und Mittelstandsbetrieben, in Kunst und Kultur.

Mich interessieren keine individuellen Diagnosen, sondern die narzisstischen Prozesse zwischen den Menschen. Wie beeinflussen sie das Verhalten, Denken und Fühlen und welche Auswirkungen haben sie auf die Arbeitsbeziehungen? Ich versuche herauszufinden, wo wir narzisstische Strukturen finden in den Menschen, in den Berufssituationen, den Organisationen und der Gesellschaft, wie wir sie erkennen und auf sie reagieren können. Unter das Stichwort »Gesunde Arbeit« fällt ganz sicher auch der Umgang mit narzisstischen Strukturen und Kränkungen.

Dieses Buch ist nicht denkbar ohne eine Reflexion darüber, was wir unter Narzissmus verstehen. Da es zum Modewort geworden ist, wird es teilweise inflationär gebraucht, was dem Verständnis wenig dienlich ist. Als Abwehrform von Angst und Unsicherheit und als Schutz vor Verletzung und Wertlosigkeit hat der Narzissmus sich hervorragend bewährt. Doch er steht auch für Kreativität, Intelligenz und Können, für große Sprachgewandtheit und Visionen, für Verführung und mitreißende Kraft. Wäre da nicht die Unfähigkeit zu Mitgefühl und menschlicher Bezogenheit, ganz zu schweigen zu Liebe. Ist das ein Ausdruck unserer heutigen Gesellschaft, oder prägen unsere narzisstischen Strukturen auch diese Gesellschaft?

Macht Macht narzisstisch oder streben nur narzisstische Menschen nach Macht? Wie können wir umgehen mit gekränkten Menschen, deren verletztes Selbstwertgefühl uns das Leben zur Hölle macht? Was müssen wir lernen, um mit narzisstischen Menschen zurechtzukommen und unser positives Selbstbild aufrechtzuerhalten? Auf diese und viele andere Fragen versucht das Buch Antworten zu geben.

Das letzte Kapitel fasst die wesentlichen Ideen zusammen, wie wir den Umgang mit narzisstischen Chefs, Kollegen und Mitarbeitern klug anlegen, um die Verletzungsgefahr so gering wie möglich zu halten und den Arbeitsalltag ohne körperliche Krankheiten, Depressionen oder Burnout zu bewältigen.

Zugunsten der Lesefreundlichkeit verwende ich in diesem Buch mal die männliche, mal die weibliche Person. Gemeint sind natürlich immer Personen beider Geschlechter.

I

NARZISSMUS – EIN SCHILLERNDER BEGRIFF

Narzissmus – Worüber reden wir eigentlich?

Narzissmus ist heute zu einem Modewort geworden, das fast jeder im Munde führt. Narzissten sind demnach alle, die sich mit ihren Erfolgen brüsten, die selbstherrlich ihren Vorteil vielleicht sogar auf Kosten anderer suchen, immer im Mittelpunkt stehen und Macht und Einfluss haben. Doch sind das wirklich alles Narzissten? Ist das Narzissmus?

Es ist nicht einfach, den Begriff Narzissmus zu fassen, denn es kommt ganz darauf an, aus welcher Perspektive wir ihn betrachten:

als Selbstverliebtheit wie in der Umgangssprache

als Krankheitsbegriff wie in der Psychopathologie

als ein Kontinuum von narzisstischem Persönlichkeitsstil bis zur narzisstischen Persönlichkeitsstörung, wie es die psychologische Theorie beschreibt

als gesunden bzw. defizitären Narzissmus

als Notwendigkeit, unser Selbstwertgefühl permanent ausbalancieren zu müssen

Vom Ursprung her ist Narzissmus ein Krankheitsbegriff. Demnach wird die narzisstische Persönlichkeit durch folgende diagnostische Kriterien definiert:

Sie erlebt Wut, Scham und Demütigung als Reaktion auf Kritik. Deshalb kann sie sich keine Fehler eingestehen bzw. leugnet ihre Fehler.

Sie geht ausbeuterische Beziehungen ein, in denen der andere nur dem eigenen Nutzen dient. Sie hält es daher nicht für nötig, sich in den anderen hineinzuversetzen, d.h., ihre Fähigkeit zur Empathie geht gegen null.

Sie besitzt ein übertriebenes Selbstwertgefühl im Sinne der Selbstüberschätzung. Sie macht sich größer, als sie ist, und erlebt sich und ihre Probleme als einzigartig.

In ihrer Phantasie ist sie grenzenlos mächtig, erfolgreich, unübertroffen und beansprucht daher immer eine bevorzugte Behandlung.

Sie fordert permanente Aufmerksamkeit und Bewunderung und reagiert mit starken Neidgefühlen.

Bei Ausbleiben der Beachtung droht eine schwere narzisstische Krise bis hin zum Suizid.

Die Diagnose einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung wird heute kontrovers diskutiert und nur sehr selten gestellt.1 Sie beschränkt sich auf extreme Varianten des Narzissmus. Häufiger findet sich der sogenannte »narzisstische Persönlichkeitsstil«. Er zeichnet sich durch eine abgeschwächte Form der oben genannten Kriterien aus und beschreibt Menschen, die »zu sehr damit beschäftigt sind, ihren Wert zu beweisen – oder richtiger, ihre Wertlosigkeit zu widerlegen –, um die Liebe, Anerkennung und Freude menschlicher Verbundenheit zu empfinden … Es sind Menschen, die gequält sind von narzisstischen Kränkungen…, die ihnen das erfüllte Leben unmöglich machen, das sie verdienen würden.«2

Für Leistung und Erfolg opfern sie ihre Beziehungen, ihre Zufriedenheit und Lebenslust, zu der sie oft sogar den Zugang verloren haben; sie glauben, sie seien nicht gut genug und müssten daher durch Erfolg und Status der Welt zeigen, was sie alles draufhaben; sie sind innerlich so unsicher, dass sie den Erfolg anderer mit Neid und Angst betrachten, weil sie befürchten, dem Vergleich nicht standzuhalten; sie engen daher ihren Lebenssinn auf Arbeit, Status und Geldverdienen ein. Sie als Narzissten zu betiteln, wäre falsch, und ich werde daher in diesem Buch nicht von »den Narzissten« sprechen. Denn es ist eine Diagnose – noch dazu eine teilweise fragwürdige –, die ich nicht stellen kann und will, wenn ich über Menschen schreibe, die nie bei mir in Therapie waren. Ich würde ihnen ein Label aufdrücken, das sie festschreibt und wenig zum Verständnis beiträgt.

Der Coach Klaus Eidenschink, der sich viel mit narzisstischen Strukturen von Führungskräften und Organisationen beschäftigt hat, geht noch ein Stück weiter:

»Die Psychologie hat eine Neigung zur Vergabe von Etiketten – Borderliner, Phobiker, Schizoide, Narzissten –, die eine Trennschärfe und eine Eindeutigkeit suggerieren, die falsch ist. Solche Labels werden einzelnen Personen nie gerecht und sind daher falsch. Überdies werden sie in der Öffentlichkeit abwertend und nicht beschreibend verstanden. Es gibt keine Narzissten! Sondern es gibt ›nur‹ konkrete Menschen, die sich in unterschiedlichen seelischen Zuständen und Erlebniswelten befinden und in diesen Zuständen zu sehr unterschiedlichen Wahrnehmungen, Unterscheidungen und Bewertungen ihrer Lebenswelt kommen. Diese Erlebniswelten erlauben unterschiedliche Spielräume von persönlicher Freiheit, Authentizität und Kontaktmöglichkeiten. Und natürlich auch unterschiedliche Weisen ein Unternehmen und Mitarbeiter zu führen.«3

Ich spreche daher von narzisstischen Strukturen, einem narzisstischen Stil oder einer narzisstischen Akzentuierung. Und diese ist nicht nur auf Personen beschränkt, sondern es gibt sie auch in Organisationen, Familien und Gesellschaften. Diese narzisstischen Strukturen ihrerseits prägen wieder die individuelle narzisstische Akzentuierung.

Normaler und positiver Narzissmus

In Abgrenzung zur narzisstischen Persönlichkeit sprechen die beiden amerikanischen Autoren Raskin und Hall4 vom subklinischen5 bzw. normalen Narzissmus. Das beschreibt eine narzisstische Haltung, die bei jedem von uns auftreten kann und nichts mit einer klinisch diagnostizierten Persönlichkeitsstörung zu tun hat. Wir können sie gleichsetzen mit der narzisstischen Haltung und dem narzisstischen Persönlichkeitsstil. Durch Untersuchungen fanden Raskin und Hall vier Faktoren, die den normalen Narzissmus definieren: Grandiosität, Anspruchshaltung, Dominanz und Überlegenheit. Sie dienen dazu, das angeschlagene Selbstwertgefühl zu stabilisieren.

Das zentrale Thema beim Narzissmus ist der persönliche Wert bzw. der erlebte Unwert und das Streben, diesen Wert mit allen Mitteln zu erhalten bzw. zu erhöhen. Narzisstische Menschen müssen immer die besten sein, um sich wertvoll zu fühlen. Sie gebärden sich, als seien sie verliebt in ihre eigene Person, aber das täuscht über ihre inneren Selbstzweifel hinweg. Wer sich wirklich liebt und wertschätzt, muss sich nicht erhöhen und anderen zeigen, wie toll er ist. Wer dies tut, hat ein narzisstisches Defizit, das durch eine optimale Selbstdarstellung kompensiert werden soll.

In der Literatur finden wir auch den Begriff des sogenannten »gesunden Narzissmus« als einem intakten Selbstwertgefühl. Ich spreche lieber vom positiven Narzissmus im Sinne von Eigenliebe und Selbstwert. Ein Mensch mit einem positiven Narzissmus hat sowohl zu sich selbst als auch zu anderen Menschen eine gute Beziehung, er fühlt seinen persönlichen Wert und weiß sich auch »im Bewusstsein der eigenen Unzulänglichkeit zu schätzen«6. Das bedeutet, er kann auch bei Niederlagen und Kritik sein Selbstwertgefühl stabil halten bzw. wieder ins Lot bringen. Er hat Vertrauen zu sich selbst, kann seine Schwächen ebenso respektieren wie seine Stärken und muss deshalb anderen nicht so viel neiden und vormachen.

»Der gesunde Narzissmus kennt zwar auch Schwankungen des Selbstwertgefühls, doch kann die Person zwischen den Polen Selbstkritik und Selbstzufriedenheit je nach Situation oszillieren (schwanken), ohne dabei in das Extrem der Selbsterniedrigung oder das der Selbstüberhöhung zu verfallen.«7

Ist die Selbstliebe dagegen geschädigt und wenig entwickelt, dient die perfekte äußere Fassade aus Erfolg, Leistung, Status, Attraktivität und Macht als Ersatz für ein positives Selbstgefühl. In beruflichen Zusammenhängen sind narzisstische Menschen daher meist sehr erfolgreich und kompetent, ihr Problem liegt mehr im Umgang mit Menschen und in intimen Beziehungen. Denn Unsicherheiten und Selbstzweifel können zwar hinter der perfekten Fassade versteckt werden, bleiben aber dennoch erhalten und zeigen sich häufig in den Momenten, in denen jemand einem anderen Menschen emotional nahekommt. In der Distanz können sie sich besser tarnen als in der wärmenden Nähe.

Der Unterschied zwischen Menschen mit einem positiven Selbstwertgefühl und einer narzisstischen Struktur im Sinne eines Selbstwertdefizits zeigt sich im Umgang mit sogenannter »narzisstischer Zufuhr«. Darunter versteht die Psychologie alles, was den Selbstwert eines Menschen stärkt wie Lob, Anerkennung, Bewunderung und Applaus. Jeder von uns braucht sie, denn wir müssen alle unser Selbstwertgefühl immer wieder stärken und erhöhen. Die Frage ist nur, wie gehen die Menschen damit um? Halten sie sich durch die Anerkennung für besser als alle anderen und werten diese als Versager ab oder freuen sie sich darüber? »Toll, dass ich eine Bestätigung bekomme. Ich bin stolz, freue mich und finde auch, dass ich es sehr gut gemacht habe. Aber ich muss deshalb niemanden entwerten oder mich über ihn stellen, der es nicht so gut kann wie ich.« Eigenlob stinkt keineswegs und ist auch kein Kriterium für Narzissmus, sondern eine gesunde Form der Selbstbestätigung. Das sollte man nicht vergessen, sonst wird jeder, der sich kompetent fühlt und sich lobt, zum »Narzissten«.

Im Weiteren werde ich folgende Terminologie benutzen:

Spreche ich vom positiven Narzissmus, so meine ich damit einen stabilen Selbstwert. Die Begriffe »normaler Narzissmus«, »narzisstischer Persönlichkeitsstil« und »narzisstische Akzentuierung oder Struktur« gebrauche ich synonym für den Begriff »Narzissmus«. Und Menschen mit einem Selbstwertdefizit, einem narzisstischen Persönlichkeitsstil oder einer narzisstischen Persönlichkeit, nenne ich narzisstisch.

Die Janusköpfigkeit des Narzissmus: anziehend und abstoßend

Der Begriff Narzissmus hat eine eher negative Wertigkeit, er wird mitunter sogar als Schimpfwort gebraucht. Doch dabei übersieht man die positiven Seiten, die ohne Zweifel ebenfalls vorhanden sind. Besonders im Berufsleben sind viele Eigenschaften, die wir im Zusammenhang mit narzisstischen Strukturen kennen, von großem Vorteil. Die Fähigkeit, sich ins beste Licht zu setzen, die eigenen Kompetenzen wirksam einzusetzen, sich effektiv zu präsentieren, nach Höherem zu streben und sich mit dem Erreichten nicht zufriedenzugeben, sind unerlässlich, um Karriere zu machen.

Narzisstische Menschen zeichnen sich durch ein besonderes Charisma aus, das sie anziehend und interessant macht. Sie sind Menschenfänger, weil sie schnell und gut Kontakt herstellen können und andere in ihren Bann ziehen. Die meisten sind äußerst eloquent und begeistern ihr Gegenüber, auch jene, die ihnen ansonsten kritisch gegenüberstehen. Ihre Grandiosität beschert ihnen eine große Anhängerschaft und eine Schar von Bewunderern. Ihre Sprachgewandtheit ist so überragend, dass sie für andere zur Falle werden kann, wenn sie zur Abwehr eigener Unsicherheit oder als Vehikel der Rechthaberei eingesetzt wird. Dann hat der andere keine Chance und wird niedergeredet. Denn das Ziel narzisstischer Menschen ist es, am Ende Recht zu behalten.

Aber nicht nur Recht haben ist wichtig, sondern auch Visionen entwerfen und sich immer wieder nach neuen Ideen ausrichten. Stellen Sie sich vor, Sie haben einen visionären Chef. Langweilig wird es Ihnen dann sicher nicht, manchmal vielleicht etwas anstrengend, aber zugleich aufregend und mitreißend. Denn er wird nicht im Alten verharren, sondern immer neue Projekte an Land ziehen und Sie mit einem neuen Einfall nach dem anderen beeindrucken.

Doch der unerbittliche Einsatz für ihre Ideale und Visionen birgt auch Gefahren, wenn narzisstische Menschen dabei zu viel riskieren. Ihr Motto ist: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Sie besitzen eine übersteigerte Risikobereitschaft, die so weit gehen kann, dass sie die möglichen fatalen Konsequenzen ihres Handelns nicht genügend berücksichtigen. Auch wenn die Gefahr besteht zu scheitern, ist für sie der Kick durch die Herausforderung oft größer als die Angst. Versagen sie, so stehen sie entweder wieder auf, spucken in die Hände und packen das Nächste an: Auf ein Neues.

Oder sie gehen zusammen mit ihrem Projekt unter und versinken in Scham und Selbstmitleid. Im schlimmsten Fall setzen sie ihrem Leben ein Ende, wenn wirklich kein Ausweg mehr in Sicht ist. So wie es Adolf Merckle tat, als sein Lebenswerk zusammenzufallen drohte.

In der Stimme.de Südwesten konnte man lesen:

»Adolf Merckle hatte sich am Montag das Leben genommen, nachdem er die Einigung mit den Banken noch selbst unterschrieben hatte. Seiner Familie zufolge hatte es Merckle nicht verkraftet, die Kontrolle über sein Imperium zu verlieren. Er hatte sich zudem lange gegen den Verkauf von Ratiopharm gesträubt, da er angesichts der Finanzkrise keinen Erlös erwartete, der dem Unternehmenswert entspricht.«8 Es ist zu vermuten, dass der alte Herr so sehr mit seinem Werk identifiziert war, dass dessen Untergang auch seinen bedeutete. Ob dahinter auch bei ihm eine zu große Risikobereitschaft stand, kann ich nicht beurteilen. Aber allein die Vorstellung der Zerschlagung seines Imperiums konnte er nicht ertragen. Sein Stolz hielt das nicht aus.

Es sieht so aus, als berge fast jede positive Eigenschaft des Narzissmus zugleich die negative Seite in sich.

Charisma führt leicht zur Menschenfängerei, Eloquenz zur Rechthaberei, das Streben nach Höherem zur grandiosen Rücksichtslosigkeit und der Mut fürs Risiko zum Harakiri.

Diese zwei Gesichter des Narzissmus, seine Janusköpfigkeit, haben gerade Forscher mehrerer Universitäten untersucht.9 Sie fanden, dass folgende zwei Seiten bei narzisstischen Personen grundsätzlich miteinander einhergehen: das Bedürfnis nach Bewunderung und die narzisstische Rivalität. Bekommen sie Bewunderung, stärkt das ihr Selbstwertgefühl. Zugleich müssen sie verhindern, dass andere auch bewundert werden, sonst ist ihre Huldigung nichts mehr wert. Daraus folgt rivalisierendes Verhalten. Beides brauchen sie also, um ihr Selbstwertgefühl zu stabilisieren: die Bewunderung und die Rivalität. Beides hat ganz unterschiedliche Konsequenzen zur Folge. Das Ringen um Bewunderung führt zu Selbstsicherheit, sozialem Erfolg und Beliebtheit, die Rivalität aber zu vermehrten Konflikten und Ablehnung. Das klingt wie eine Zwickmühle, denn egal auf welche Seite sie sich schlagen, sie müssen immer mit negativen Auswirkungen rechnen. Denselben Zwiespalt finden wir auch in anderen Bereichen, beispielsweise in Beziehungen. Sie brauchen andere Menschen, weil sie das Alleinsein nicht aushalten, wehren sie aber zugleich ab, weil sie Angst vor Nähe haben. Sie leben in einem permanenten inneren Widerstreit, der sie für andere so schwer einschätzbar macht.

Versucht man Narzissmus testpsychologisch zu erfassen, so trifft man hier wieder auf eine positiv/negativ Einschätzung. Narzisstische Menschen besitzen einen hohen Wert für Extraversion (nach außen gerichtete Haltung) und zugleich einen hohen Wert für Unverträglichkeit im sozialen Kontakt.10 Sie sind also auf der einen Seite aufgeschlossen, kontaktfähig, gesellig und geben sich selbstsicher, auf der andern Seite wirken sie kalt, misstrauisch, eigensinnig, aggressiv, intolerant und verlogen. Narzisstische Menschen sind einerseits beliebt, andererseits unerträglich.

Ich, Ich, Ich oder: Me, myself and I

Wie wankelmütig ihr Verhalten sein kann, zeigt sich auch im Rahmen ihrer Ich-Bezogenheit als einem zentralen Merkmal narzisstischer Menschen. Ohne es zu merken, stellen sie ihre Interessen vor die der anderen, sprechen permanent über sich, führen sich auf, als seien sie überall die Chefs, und wüssten alles besser. Sie treffen Entscheidungen, ohne andere mit einzubeziehen, auch wenn diese ebenso betroffen sind. Sie üben Kontrolle über andere aus, bestimmen, was diese tun dürfen und was nicht, und sind unzugänglich. Sie verhalten sich, als seien sie der Dreh- und Angelpunkt der Welt. Hat das Gegenüber begriffen, wer hier das Sagen hat, werden sie freundlich und zugewandt, aber nur so lange, wie es für sie nutzbringend ist. Ansonsten beenden sie die Beziehung und wenden sich jemand anderem zu.

Irene und Sophie kannten sich schon vom Studium und mochten sich. Sophie bewunderte Irene für ihren Einfallsreichtum und die zupackende Art. Bald machte sich Irene selbstständig mit einer Werbeagentur. Ihr Ein-Frau-Laden lief erstaunlich gut, sie hatte viele Aufträge und entschloss sich zu expandieren. Durch Zufall traf sie auf Sophie, die gleich Feuer und Flamme war, mit ihr zu arbeiten. Sie zogen in ein größeres Büro, richteten alles nach ihrem Geschmack ein und hatten viele Pläne. Doch Irene führte sich auf, als sei sie die alleinige Chefin. Sie wies Sophie zurecht und bestimmte die Zusammenarbeit.

Zunehmend fühlte sich Sophie von Irene bevormundet, wenn diese darüber schimpfte, dass ihre geliebte Tasse mal wieder von Sophie benutzt wurde. Ob sie denn immer noch nicht wisse, dass nur sie daraus trinken dürfe. Und im Übrigen störe sie die Art, mit der sie mit manchen Kunden rede. Das gehe so nicht, es sei geschäftsschädigend. Dass es aber Irene mit der Ordnung nicht so ernst nahm und daher viele Unterlagen lange gesucht werden mussten, wehrte sie ab. Das sei doch kindisch und kleinkariert, sie sei eben genial und kreativ. Eigene Fehler leugnete sie, die von Sophie aber hängte sie hoch. Andererseits jedoch war Irene nicht nachtragend und tat im nächsten Moment, als sei nichts geschehen. Brauchte sie darüber hinaus das Wissen von Sophie, schmeichelte sie ihr, lobte ihre Kenntnisse und vermittelte ihr, unverzichtbar zu sein. Sophie ließ sich dadurch einwickeln, denn es freute sie, dass ihre Arbeit anerkannt wurde. Eine sachliche Auseinandersetzung war auf diese Weise nicht möglich. Um unnötige Konflikte zu vermeiden, versuchte Sophie, Irenes Ansprüche zu erfüllen, und unterließ es, ihr Fehler nachzuweisen. Stattdessen bügelte sie deren Versäumnisse aus und vermied jegliche Konfrontation. Das ging eine Zeit lang gut, bis Sophie eines Tages eine E-Mail bekam, in der Irene ihr mitteilte, dass sie die Zusammenarbeit aufkündige. Keine Erklärung, warum, und keine Aussprache über die Konsequenzen. Sophie war wie vor den Kopf geschlagen, traurig und sauer zugleich, und verzweifelt, weil sie nicht wusste, wie es nun weitergehen sollte. An Irenes Entscheidung war nicht zu rütteln. Auf die Frage, was los sei, bekam sie nur die lapidare Antwort: »Ich habe mich anders orientiert und das kann ich nur alleine durchziehen. Du kannst ja die Räume übernehmen, ist ja alles kein Problem.« Auf Sophies Betreiben hin trafen sie sich zu einer Aussprache, doch Irene konnte nicht nachvollziehen, wie schmerzhaft und verletzend ihr Verhalten für Sophie war. Sie konnte nicht mitfühlen und verstehen, worum es Sophie ging. Irene war sich keiner Schuld bewusst.

An diesem Beispiel zeigt sich eine Form der Ich-Bezogenheit, die ausbeuterisch und gefühllos ist. Trennung wird unemotional abgehandelt und Zusammenarbeit zur beziehungslosen Zweckgemeinschaft degradiert. Daher interessiert es auch nicht, wie die andere Person sich fühlt, denn sie war nur Mittel zum Zweck. Hat sie ausgedient, wird sie entsorgt.

Das zeigt die Unfähigkeit narzisstischer Menschen, sich einzufühlen und das eigene Verhalten zu reflektieren. Ihnen fehlt nicht nur Kooperationsfähigkeit, sondern auch die Einsicht in ihre Fehler. Werden sie auf ihre egozentrische Haltung hin angesprochen und wird ihr unfaires Verhalten kritisiert, leugnen sie jegliche Verantwortung und deuten die Situation in einer Weise um, die dem anderen das Problem zuschiebt. Passt man nicht auf, tappt man in die Falle und fühlt sich womöglich selber schuldig. Eine ebenbürtige Auseinandersetzung kommt nicht zustande.

Zum Schmunzeln ist die Geschichte von Rathenau, der vor lauter Narzissmus seinen Narzissmus nicht mehr sah:

»In seinem Theaterstück ›Der Snob‹, an dem Carl Sternheim im Sommer 1913 arbeitet, versteckt er Dutzende Anspielungen auf Walther Rathenau, den großen Aufsichtsratsvorsitzenden der AEG, Romantiker, Autor, Politiker, Denker. Und daneben eine der narzisstischsten Personen seiner Zeit. Bei der Premiere von ›Der Snob‹ sitzt Sternheims Gattin direkt neben Rathenau und befürchtet, dass er merkt, dass er es ist, der da auf der Bühne dargestellt ist. Aber Narzissmus schützt auch. Rathenau bleibt ungerührt. Er sagte anschließend nur, er wolle das Stück noch einmal genau lesen.«11

»Mittelmäßigkeit lautet der Vorwurf derer, die allen Ernstes von sich glauben, ihr Leben sei eine permanente Sensationsveranstaltung.«

Hilmar Klute12

Der Alleinherrscher

Diese starke Ich-Bezogenheit erinnert an die Figur des Sonnenkönigs, des absolutistischen Herrschers und Königs im 17. Jahrhundert. Ihm legte man den Satz »Der Staat bin ich« in den Mund, den er vermutlich nie sagte.

Das Motto im 21. Jahrhundert lautet: »Wo ich bin, ist oben.« Das verkündete Frank Asbeck, den man den Sonnenkönig der Solarindustrie nennt.

Die Firma Solarworld galt als das Vorzeigeunternehmen der aufstrebenden Solarindustrie, Firmenchef Frank Asbeck als Börsen-Star. »Der Sonnenkönig« wurde er aber auch wegen seines glamourösen Lebensstils genannt, und er tat eine Menge, um diesem Ruf gerecht zu werden. 2013 war Solarworld an den Rand der Pleite geraten, und die Aktie wurde zum Penny-Stock; sie war nicht mal mehr einen Euro wert. Viele Kleinanleger verloren dadurch fast ihr ganzes Geld. Mit dem Aufstieg und Fall von Solarworld stellt sich auch die Frage nach der persönlichen Verantwortung des Sonnenkönigs.13

Sein Vermögen wird immer noch auf ungefähr 500 Millionen Euro geschätzt, sein Wohnsitz ist eine schlossartige Villa am Rheinufer. Die Verluste der Kleinanleger seien natürlich bedauerlich, aber sie hätten ja gewusst, worauf sie sich einließen. Und es würde ja auch wieder besser werden. Ein Weggefährte sagte über ihn, er wolle mit der Solarenergie nicht die Umwelt retten, sondern einzig und allein Profit machen.

Ein weibliches Pendant zum Sonnenkönig ist mir nicht bekannt, auch wenn es viele mächtige weibliche Herrscherinnen gab von der altägyptischen Königin Hatschepsut über die Pharaonin Kleopatra bis hin zur Erzherzogin von Österreich und Königin von Ungarn und Böhmen, einer der prägenden Monarchinnen der Ära des aufgeklärten Absolutismus, Maria Theresia, der Kaiserin von Russland Katharina der Großen und Queen Victoria. Vielleicht findet sich hier wieder ein Gender-Faktor?

Eine sonnenköniginnenhafte Attitüde wird Anna Wintour, der Chefredakteurin der Vogue, unterstellt, die der Filmfigur aus Der Teufel trägt Prada als Vorlage gedient haben soll: kalt, unempathisch, herrschsüchtig, ichbezogen und mächtig.

Alleinherrscher zeichnen sich dadurch aus, dass sie Macht haben, diese ausbauen, wo sie können, und ohne Rücksicht auf andere ausnutzen. Das Leiden der Betroffen unter der Willkürherrschaft ist in der Regel groß. Denn die Entscheidungen werden ohne Rücksprache getroffen und einfach umgesetzt, unabhängig von den Beteiligten.

Josef erlebte die negativen Folgen einer solchen Alleinherrschaft und brauchte lange, um diesen Konflikt zu verarbeiten. Er war in der Ausbildung in einem Institut tätig, hatte seine festen Kurse und auch einen gut funktionierenden Pool an Mitarbeitern, die entsprechende Ausbildungsmodule übernahmen. Das Institut unterstand der Schulbehörde, weil es eine Einrichtung der Erwachsenenbildung war. So lief das ungefähr 10 Jahre, bis es zu einem Wechsel an der Spitze kam, weil die bisherige Leiterin in Rente ging. Die Karten wurden ganz neu gemischt und auf einmal sollte das Institut nicht mehr der Schulbehörde, sondern einem anderen Träger unterstellt werden, was eine völlig neue Konzipierung der Lehrgänge zur Folge gehabt hätte. Josef war wie vor den Kopf gestoßen, denn es hätte geheißen, sich dem dort residierenden Alleinherrscher unterzuordnen. Das war ein Mann, der alles nach seinen Vorstellungen plante, die Leute im Team umstellte wie Schachfiguren, altgediente Mitarbeiter entließ, weil sie ihm nicht linientreu genug oder zu betagt waren, und alles auf den Kopf stellte, was lange gewachsen und vor allem bewährt war. Wollten Josef und seine Mitarbeiter ein Gespräch mit ihm führen, dass eine Änderung der Lehrgänge wenig Sinn habe, mussten sie relativ lange auf einen Termin warten und kamen mit ihrem Anliegen gar nicht richtig durch. Es klärte sich nichts im Gespräch, und sie zogen unverrichteter Dinge davon, weiterhin in einer unklaren Situation über ihre Zukunft. Josef versuchte, Unterstützer zu finden, aber das Geflecht derer, die Einfluss hatten, war so undurchsichtig und es fand sich niemand, der Klarheit hätte hersteilen können. Irgendwann gab er auf. Nun war er an der Reihe, sich zu überlegen, wie er weiterhin tätig sein wollte und ob er überhaupt weitermachte. Aber dann waren die Pläne zur Umstrukturierung plötzlich von einem Tag auf den anderen vom Tisch, weil es am Geld scheiterte. Der Alleinherrscher hatte seine Geldgeber verärgert, woraufhin sie ihm den Hahn zudrehten und er den Rückzug antrat. Von jetzt auf gleich nahm er Abstand von dem bisher unumstößlichen Vorhaben und schwenkte einfach um. Allerdings wissen die Mitarbeiter nie, was ihm wieder einfallen wird, und können sich auf nichts Stabiles verlassen. Darüber vergehen die Jahre mit Ungewissheit und Unsicherheit, was viele Nerven kostet und Stress verursacht.

Versetzen wir uns einmal in die Lage von Alleinherrschern, dann erfahren wir, dass sie die Vorstellung haben, alles perfekt machen zu wollen. Und sie müssen es selbstverständlich allein schaffen. Hilfe zu holen ist in ihrem System nicht vorgesehen, im Gegenteil, sie ist nur hinderlich, weil sie Kompromiss- und Kooperationsbereitschaft voraussetzt. Und Hilfe in Anspruch zu nehmen würde ja auch zeigen, dass sie etwas nicht können. Somit würden sie dadurch ihre Schwäche offenbaren. Sie sind wie besessen von ihren Ideen, die sie unbedingt durchdrücken müssen, weil nur sie zum erwünschten Ziel führen. Jeder, der sich ihnen in den Weg stellt oder nicht mitzieht, bedroht den Erfolg und muss daher zur Seite geschoben werden.

Der große Gönner und Förderer

Eine weitere Spielart ist der große Gönner oder Förderer, auch wenn er auf den ersten Blick gar nicht narzisstisch wirkt. Doch hinter der Fassade des scheinbar aufopfernden Menschen steckt ein großer Selbstwerthunger. Indem er dem anderen hilft, ihn fördert, ihm die Türen öffnet und sich um ihn kümmert, stärkt der narzisstische Mensch seine grandiose Position dem anderen gegenüber. Der andere wird abhängig von seinem Einfluss und seiner Hilfe und zu ewiger Dankbarkeit verpflichtet. Der Gönner gewinnt auf diese Weise einen Bewunderer und treuen Adlatus, auf den er sich verlassen kann, da er in seiner Schuld steht.