Blinder Zorn und Blaue Zipfel - Birgit Ringlein - E-Book

Blinder Zorn und Blaue Zipfel E-Book

Birgit Ringlein

5,0

Beschreibung

Ein schräger kulinarischer Krimi mit köstlichen Rezepten. Gerade erst hat Dora Dotterweich ihren Job als Schlossköchin auf Burg Lauenfels an den Nagel gehängt und ein eigenes Restaurant eröffnet – da liegt eine gut betuchte Stammkundin tot vor ihrer "Hexenküche". Mitten in der frisch gebotoxten Stirn: ein Stilettoabsatz. Ist die Frau den tödlichen Folgen einer Affäre zum Opfer gefallen? Das unken zumindest die Ratschen aus dem oberfränkischen Dorf, und auch die Polizei ist davon felsenfest überzeugt. Doch diese Lösung ist für Doras Geschmack und ihre unstillbare Neugier viel zu einfach!

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 366

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
5,0 (1 Bewertung)
1
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Birgit Ringlein absolvierte sowohl eine Ausbildung zur Rechtsanwaltsfachangestellten als auch zur Fremdsprachenkorrespondentin und arbeitete mehrere Jahre in Nordafrika als Geschäftsführerin. Im Jahr 2000 kehrte sie nach Bayreuth zurück und ist seitdem als Autorin tätig. Neben ihren Genusskrimis hat sie zahlreiche regionale Kochbücher veröffentlicht.

Dieses Buch ist ein Roman. Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind nicht gewollt und rein zufällig.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© Emons Verlag GmbH

Alle Rechte vorbehalten

Umschlagmotiv: Joana Kruse/Arcangel.com

Umschlaggestaltung: Nina Schäfer, nach einem Konzept

von Leonardo Magrelli und Nina Schäfer

Umsetzung: Tobias Doetsch

Lektorat: Susanne Bartel

E-Book-Produktion: CPI – Clausen & Bosse, Leck

ISBN 978-3-9604-1760-6

Ein fränkischer Genusskrimi

Originalausgabe

Unser Newsletter informiert Sie

regelmäßig über Neues von emons:

Kostenlos bestellen unter

www.emons-verlag.de

Dieser Roman wurde vermittelt durch die

Literaturagentur Lesen & Hören, Berlin.

Für meine FreundinnenCarmen und Susan, die das Entstehen des Buchs geduldig, beratendund mit großem Engagement begleitet haben

Aus-der-Haut-Fahren ist Risikosport für die Seele.

Professor Dr. Hans-Jürgen Quadbeck-Seeger, deutscher Chemiker

Wenn jemand außer sich gerät, bekommt man einen ungewohnten Einblick in sein Inneres.

Ernst Ferstl, österreichischer Lehrer und Autor

1

»Ruhe!«

Mit der rechten Hand taste ich auf dem Nachttisch nach dem Funkwecker, der mir um sieben Uhr in der Früh dermaßen ins Ohr plärrt, dass mein Trommelfell vibriert. Wie ich ihn find, hau ich mit der Faust drauf, und beleidigt hält er die Goschn. Recht so. Todmüd reib ich mir die Augen. Draußen is es noch stockfinster, aber so is es halt Anfang Dezember in aller Herrgottsfrüh.

Ich richt mich auf, reiß den Vorhang zur Seite und glotz missmutig aus dem Fenster. Es hat geschneit, ned viel, aber so fünf Zentimeter werden scho zsammkommen. Außerdem heult der Wind, dass es sich anhört, wie wenn alle bösen Geister der Wilden Jagd um mein Pförtnerhäusla fegen. Bei so einem Wetter fehlt mir jegliche Lust, mich aus dem Bett zu quälen, um im »Eppelein« drüben des Frühstück fürs Personal und die Grafenfamilie herzurichten. Aber es hilft halt alles nix. Heut hab ich nämlich Frühdienst.

Ach so, Sie kennen mich wahrscheinlich noch gar ned. Also, ich bin die Dora Dotterweich, achtunddreißig, mit pumucklroten Haaren, volljährig, vollbusig, vollschlank und Küchenchefin im trendigsten Wirtshaus der Fränkischen Schweiz, dem »Eppelein« auf Schloss Lauenfels. Schloss wie Wirtshaus gehören meinem Chef, dem jungen Grafen Karl-Gustav von Lauenfels. Seit fast vier Jahren schwing ich da heroben den Fleischklopfer, erst drüben in der Schlossküche als Haushälterin beziehungsweise Köchin für die Grafenfamilie und seit zwanzig Monaten als Küchenchefin im »Eppelein«. Wohnen tu ich von Anfang an auf dem Schlossgelände im ehemaligen Pförtnerhäusla. Des is winzig, ned sonderlich komfortabel, aber enorm gemütlich. Vor allem der Blick von meiner Zwergenterrasse auf die Naturschönheiten der umliegenden Landschaft is der Hammer, und außerdem is der Weg von meiner Wohnung zum Arbeitsplatz überschaubar. Viele im Dorf neiden mir die freie Kost und Logis als fettes Extra zum Lohn, aber der is ned so üppig, wie sich die meisten wohl einbilden. So sind sie halt, die Lauenburger Bauern, neidig um jeden noch so lumpigen Hosenknopf. Aber wenn man sich erst amol an die oberfränkischen Eigenarten gewöhnt hat, kann man einigermaßen locker darüber hinwegschauen. Man muss sie halt in die Rubrik Folklore einordnen, dann fühlt man sich unter den Eingeborenen wohl, für die »bassd scho« des allerhöchste Lob is. Ich jedenfalls mag die fränkische Wortkargheit und des Rustikal-Derbe lieber als wie großmaulige Wichtigtuerei, aber ich bin ja selbst eine Eingeborene, weil ich ursprünglich aus Lauenburg stamme.

Die erste Zeit hat’s mir da heroben auch saugut gefallen. Was aber in den letzten Monaten bei uns im Schloss alles passiert is, des glauben Sie mir bestimmt ned, wenn ich’s Ihnen erzähl. Drei Morde hat’s innerhalb kürzester Zeit gegeben. Erst is der alte Graf, also der Vater vom Chef, in der Folterkammer aufgespießt worden wie ein Grillhähnchen. Fei ned, dass jetzt der Eindruck entsteht, dass hier lauter abartige Spinner wohnen, die wo eine Folterkammer brauchen, ganz bestimmt ned. Die Folterkammer gibt’s scho so lang wie des Schloss, und die Vorbesitzer haben sie auch ned etwa für irgendwelche komischen Sexspielchen gebaut, sondern um ihren Feinden so richtig Feuer unter dem Hintern zu machen, im wahrsten Sinne des Wortes. Aber ich schweif scho wieder ab. Ein paar Monate später nämlich sind dem alten Grafen seine Patentochter und ein Angestellter im Schloss zu Tode gekommen. Quasi in Sichtweite. Und weil ich mich mehr so oberflächlich für die Mordermittlungen interessiert hab, hätt’s mich sogar um ein Haar selber erwischt. Ein paarmal bin ich bloß ganz knapp mit dem Leben davongekommen. Obwohl ich fei wirklich keine Zimperliesl bin, sondern mehr so der robuste, standfeste Typ, hat mich des doch ganz schön aus der Bahn geschmissen. Früher hab ich meine Haustür oder mein Auto nie abgesperrt, aber seit den letzten Erlebnissen bin ich vorsichtiger geworden. Ich schau mich erst nach allen Seiten um, bevor ich um Mitternacht vom »Eppelein« aus über den Schlosshof zum Pförtnerhäusla spreißle. Ja, Sie haben scho richtig gelesen. Ich schlapp nimmer wie früher gemütlich von einer Tür zur anderen, sondern presch so schnell, wie ich kann, vor allem, wenn’s finster is. Und wenn der Sofie, des is unser Gemüsmadla, in der Küche ihr Wiegemesser mit Geschepper auf den Boden fällt, fahr ich vor Schreck so zsamm, wie wenn ich ein feiger Angsthas wär. Zum ersten Mal in meinem Leben fürcht ich mich, und zwar oft. Drum fühl ich mich auch nimmer so recht wohl auf Schloss Lauenfels. Ab und zu überleg ich ernsthaft, wie es denn mit mir und meiner Kochkarriere weitergehen könnt und ob meine Zukunft tatsächlich im Bekochen von Mord-Touristen liegt, die des »Eppelein« tagtäglich heimsuchen. Ständig fragen sie uns, wie es denn so is, ein Mordopfer am Arbeitsplatz zu finden, und ob es uns ned grausen tät, weiterhin im Schloss zu arbeiten. Mich allerdings graust’s genauso arg vor den neugierigen Gaffern.

»Gruseln Sie sich denn gar ned? Ich hätt ja eine Heidenangst in so einem uralten Kasten!« »Fürchten Sie sich ned, hier zu arbeiten, wo immer wieder derart schreckliche Verbrechen geschehen?« Solche Sätze kriegen wir jeden Tag von den Deppen zu hören. Dass da auf Dauer ein psychischer Schaden entsteht, versteht wohl ein jeder.

Während ich des so denk, dusch ich und wurstle mir anschließend die Haare auf dem Kopf zsamm. Dann pack ich mich warm ein in Daunenjacke, Schal und Stiefel und öffne die Tür. Mit einem bösartigen Fauchen fährt mir gleich der eisige Nordostwind ins Gesicht und lässt mir eine Ladung Schnee um die Ohren tanzen. Huscherla, is des kalt! Ich zieh den Kopf ein und wiesle im Eiltempo Richtung Wirtshausküche.

»Guten Morgen, Dora!« Die Mona, des »Eppelein«-Beilagenmadla und meine zweitallerbeste Freundin, wirbelt scho total aufgedreht durch die Wirtshausküche, richtet Platten mit Wurst und Käs an, schneidet Brot und legt die noch warmen Weggla, die unser Kellner Alex immer vom Lauenburger Dorfbäcker mitbringt, in einen handgeflochtenen Korb. Eigentlich wär des ja heut mein Job, aber die Mona is halt eine ganz Emsige, und tüchtig noch dazu. Nachdem ich kurz die Vorräte inspiziert hab, hol ich die selbst gekochten Marmeladen aus dem Kühlschrank, den Honig aus der Speis und nehm die Pfanne vom Haken. Ratzfatz hab ich ein Stückchen Butter erhitzt, zwölf Eier aufgeschlagen und bereit ein feines Rührei mit frischem Schnittlauch, einem Schuss Sahne, einer Prise Salz und einem Hauch Pfeffer für unser Frühstück zu. Der Alex deckt derweil den Personaltisch drüben im Wirtshaus und schleppt Teller, Besteck und eine appetitlich angerichtete Platte nach der anderen hinüber.

Wie die Mona und ich mit den Weggla und dem Rührei die Tür zum Wirtsraum aufstoßen, sitzen der Graf und seine Frau scho am Tisch. Sie begrüßen uns freundlich, dann langen sie kräftig zu. Es schmeckt ihnen, des is unübersehbar.

»Sehr gut, das Ei, Dora. Locker und flaumig. So muss es sein«, lobt der Chef.

Stimmt, die Rühreiproduktion gehört zu meinen Spezialitäten. Aber des is ja auch keine große Kunst, oder? Jedenfalls ned für eine Köchin mit langjähriger Erfahrung, wie ich eine bin.

»Für heute Abend haben wir bisher einunddreißig Anmeldungen«, informiert uns der Chef über des Tagesprogramm. »Der Kegelverein Schnalzlreuth hat sich spontan entschieden, seine Weihnachtsfeier bei uns zu veranstalten. Haben wir genügend Vorräte, oder brauchen wir noch etwas?«

»Naa, bassd scho, es is alles da«, kann ich berichten, weil ich mir wie jeden Tag als Erstes einen Überblick über die Lage in der Speis, den Vorratsräumen und den Kühlkammern verschafft hab. Des gehört zu meinem Job als Küchenchefin, müssen Sie wissen.

»Ein Wunder, dass sich bei diesem Wetter überhaupt noch jemand zu uns heraufwagt. Der Weg von der Hauptstraße durch den Wald bis zu unserem Parkplatz ist sicher tief verschneit«, meint Gräfin Freya, die sich gerade ihr zweites Marmeladenweggla schmiert.

»Dann muss eben mal der Biergärtner seine Füße bewegen und mit dem Gartentraktor den Weg freischaufeln. Wofür bezahle ich ihn denn?«, murrt ihr Mann. »Überhaupt, wo steckt der Kerl eigentlich? Sonst ist er doch stets der Erste bei Tisch.«

Uiuiui, da is aber einer mächtig sauer auf seinen Schlossverwalter. Aber der Biergärtner oder Bierdümpfel, wie ich ihn nenn, wenn er es ned hört, is auch wirklich der faulste Sack, den man sich vorstellen kann. Und es stimmt, dass er immer der Erste is, wenn es ums Saufen und Fressen geht. Die Arbeit überlässt er lieber anderen, vorzugsweise dem Böhner Sebbi, unserem umtriebigen, multitaskingfähigen One-Man-Team, der der Bruder meiner Erzfeindin Sonja Böhner is. So eine hinterfotzige Britschn, wie seine Schwester eine is, so ein hilfsbereiter, netter Kerl is der Sebbi. Man will’s kaum glauben, dass ausgerechnet die beiden Geschwister sind.

Grad kommt er zur Tür rein, zieht die Handschuh aus und klopft sich den Schnee von der Joppen. Dann hockt er sich zu uns her. »Der Weg vom Schloss bis zur Strass vor wär frei«, teilt er dem Chef mit.

»Wieso hat der Biergärtner das nicht schon längst erledigt?«, entgegnet der krätzig. »Wozu wohnt er eigentlich im Schloss? Doch wohl, damit er sich gleich frühmorgens um solche Dinge kümmert. Nach dem Frühstück werde ich mir den Herrn Verwalter einmal vorknöpfen und auf seine Aufgaben hinweisen.«

»Des wird ned gehen.« Der Sebbi wirkt skeptisch. »Der Herr Biergärtner is nämlich krank.«

»Soso, was fehlt ihm denn?«, will der Graf wissen.

»Der hat wahrscheinlich einen ordentlichen Kater«, wirft die Mona ein, die den Bierdümpfel genauso gefressen hat wie ich.

»Können wir nicht einmal in Ruhe frühstücken?«, fährt Gräfin Freya dazwischen. »Besprich deine geschäftlichen Angelegenheiten doch bitte im Büro und nicht bei Tisch, wenn es keine Umstände macht.«

Aha, es herrscht also dicke Luft zwischen dem Ehepaar Lauenfels. Wir ziehen die Köpf ein und mampfen still vor uns hin. Wenn die beiden schlechte Laune haben, macht man sich erfahrungsgemäß lieber klein und hält des Maul.

Der Tag plätschert ereignislos vor sich hin. Mittags is wegen dem Schneefall, der mit jeder Stund ärger wird, ned viel los. Sechzehn Essen gehen über den Tresen, des is gar nix im »Eppelein«. An schönen Sommertagen haben wir mittags manchmal achtzig bis neunzig Gäste, abends noch mehr. Aber jetzt im Winter? Ich tät ja des Wirtshaus mittags zusperren und nur abends öffnen, aber ich hab da herin ja nix zu melden.

Nachdem des letzte Essen ausgegeben is, wienern die Sofie, die Mona und ich die Küche auf Hochglanz, dann ziehen wir unsere Jacken über und stapfen durch den mittlerweile ziemlich hohen Schnee hinüber in mein Pförtnerhäusla. Ich koch uns einen Tee aus Pfefferminze, die von mir eigenhändig gepflanzt, gepflegt, geerntet und getrocknet worden is. Des Herstellen verschiedener Teesorten is nämlich ein Steckenpferd von mir. Den Tee würz ich mit dem Honig unserer schlosseigenen Bienen, horch zufrieden, wie die Madla des Gebräu in den Himmel loben, und servier ihnen auch noch ein paar von den Butterplätzchen, die ich gestern für den Konni, meinen ganz persönlichen Lieblingsförster, gebacken hab.

Den Nachmittag über hocken wir beieinander, ratschen, lachen und lästern, während draußen leise der Schnee rieselt. Die Sofie lässt sich endlich von dem fiesen Frauenschläger, dem Burger Justus, scheiden und zieht zu ihrem neuen Freund Alex, dem Kellner vom »Eppelein«, der auf dem Hof von seiner Schwester Hanni wohnt. Der Justus is nämlich ein ganz schlimmer Finger, der scho einige Zeit wegen Einbruchdiebstahl und anderen Straftaten im Knast gesessen hat. Die Sofie hat tierisch Angst vor ihm, und des aus gutem Grund. Er argumentiert nämlich lieber mit den Fäusten als wie mit Worten.

Gestärkt vom Tee und Buttergebäck machen wir uns abends mit Feuereifer wieder an die Arbeit. Nur ein paar Minuten nach uns treffen auch scho die Kegler ein; man hört’s am Geschrei aus dem Gastraum. Warum eigentlich können Mannsbilder sich ned leis und gesittet unterhalten, sondern müssen immer umeinanderbrüllen wie eine Horde Paviane? Der Alex hat alle Hände voll zu tun, weil des Bier und der selbst gebrannte Obstler so dermaßen in Strömen fließen, dass der Chef den Sebbi an den Zapfhahn beordern muss. Die Madla und ich bereiten derweil wie am Fließband Steinpilz- und Biersuppe, Sauerbraten, Wildschweingulasch, Lammrücken, Hirschragout, Schnitzel und Entenbrust mit Unmengen von Klößen sowie andere beliebte Beilagen und Salate zu.

Nachdem sich alle ordentlich den Wanst vollgeschlagen und auf Betriebstemperatur vorgeglüht haben, fangen sie an, Weihnachtslieder zu grölen, die sich nach dem unmäßigen Alkoholgenuss eher anhören wie der Fangesang in der Clubbererkurve.

Weil bei dem Schneesturm wohl niemand sonst mehr den Weg auf den Lauenfels findet, schwingen wir scho amol fleißig die Putzhadern, damit wir heut ausnahmsweis pünktlich Feierabend machen können. Wie ich nur noch schnell an meinen Spind im Personalraum will, weil ich scho seit Tagen meinen Autoschlüssel such, torkelt mir im Gang ein Kegler entgegen, der sechs bis acht Obstbrände sowie diverse Seidla zu viel intus hat.

»Ja, Zuckerschneggla, wos machst denn du do?«, lallt er und bläst mir seine Schnapsfahne ins Gesicht.

Ich will mich an ihm vorbeischieben, doch er packt mich so grob an den Schultern, dass mein T-Shirtla bis zum Bauch aufreißt, drückt mich gegen die Wand und presst mir sein stinkendes Maul auf die Lippen, während er mit einer Hand nach meinem Busen grapscht. Weil ich aber kein zierliches Frauchen, sondern mehr so ein gewichtiges Weibsbild bin, geb ich ihm einen gscheiten Schumberer, dass er mit dem Schädel an die gegenüberliegende Wand kracht. Wumm! Mit einem überraschten Schnauferer geht er zu Boden. Bevor er sich wieder aufrappeln und nach meinen Beinen greifen kann, kriegt er noch einen ordentlichen Tritt in die Eier, und der sanfte Schnauferer verwandelt sich auf der Stell in ein durchdringendes Quieken.

Wie ich grad so überleg, ob ich nachlegen und ihm noch eine verpassen soll, geht die Klotür auf, und ein anderer Kegelbruder wankt heraus.

»Ja, Fritzla, wos is denn los? Wos treibst denn du do am Boden?«, staunt er.

Des Fritzla wimmert.

Der Kegelheini mustert mich misstrauisch. »War’n Sie des? Ham Sie mein Kumpel umg’haut?«, will er wissen und kommt mit bedrohlicher Miene näher.

»Wenn Sie fei glaub’n, Sie könna mich antatsch’n, dann fanga Sie sich einen Schwinger ein«, fauch ich den Kerl an, der daraufhin erschrocken ein paar Schritt zurückstolpert.

»Des gibt’s doch ned!«, poltert er und hilft seinem lädierten Kumpel auf die Füß. Dann schwankt er mit ihm Richtung Gastraum davon, aber ned, ohne mir vorher zu drohen: »Des zahl ich dir heim, du Brunzkundl, du traurige, verlass dich drauf! Du wirst dich nuch wundern.«

Des mag scho sein, aber jetzt grad hab ich keine Zeit, mich zu wundern, weil ich erst amol hektisch nach Luft schnappen muss.

Also ehrlich, ich bin’s ja mittlerweile gewohnt, dass ich ständig von irgendwelchen Irren eingesperrt, gewürgt, geschlagen, verfolgt und bedroht werd, aber bei uns da im Wirtshaus hat mich noch nie ein Gast angegriffen. Ich halt mein zerrissenes T-Shirtla über der Brust zsamm, schnauf ein paarmal tief durch und stolpere dann zurück in die Küche, wo mit krebsrotem Gesicht scho der Chef auf mich wartet.

»Haben Sie total den Verstand verloren, Dora? Was zum Teufel hat Sie dazu getrieben, dem Vorstand des Kegelvereins in die Weichteile zu treten? Außerdem hat der Mann eine Platzwunde am Hinterkopf und kann vor Schmerzen nicht mehr sitzen. Vielleicht erklären Sie mir freundlicherweise, wie das passiert ist. Also los, ich höre!«

Wortlos zeig ich ihm mein Hemdla, dessen rechter Ärmel nur noch an einem Faden hängt und des in der Mitte durchgerissen is. Außerdem deut ich auf den blutigen Kratzer, der sich von meinem Hals bis zum Brustansatz zieht.

Dann überwältigen mich die Nachwehen des soeben erlittenen Schocks. »Soll ich mich vielleicht zum Wohl von Ihrem Wirtshaus vor dem Klo vergewaltigen lass’n? Hätten Sie des wohl gern?«, kreisch ich empört und bin den Tränen nah, weil der Graf anscheinend null Verständnis für meine Situation hat.

»Natürlich nicht, Dora«, stottert er. »Aber mussten Sie ihn deshalb gleich halb totschlagen?«

»Halb tot?«, schnaub ich verächtlich. »Da muss ich fei amol lachen, gell. Da hätt scho noch die eine oder andere Watschen g’fehlt, bis der halb tot gewesen wär. Aber Sie versteh’n scho, dass ich mich irgendwie wehren musst?«

»Ich gehe jetzt jedenfalls hinaus und entschuldige mich, auch in Ihrem Namen. Wir sind uns doch darüber einig, dass es sich um ein Missverständnis handelt, oder nicht?«, motzt der Chef mich an.

»Sie sind sich einig, ich ned«, schnief ich weinerlich.

Sobald der Graf in die Wirtsstube zurückgestaubt is, packt mich die Mona am Arm.

»Komm, Dora, wir gehen. Ich übernachte heute bei dir, nicht dass du noch losziehst und einen Mord oder zwei begehst.«

»Ja, geht nur, ihr zwaa«, stimmt ihr die Sofie zu. »Des bissla Putzen schaff ich allein. Außerdem muss ich eh auf den Alex wart’n, weil der ja nuch im Service is.«

Im Pförtnerhäusla braut uns die Mona einen Kirschglüher, der es in sich hat. Nichts wärmt den Körper und beruhigt die Nerven besser als wie ein ordentlicher Kirschglüher, am besten mit einem großen Schuss Rum drin. Nach und nach lässt mein Zittern nach.

»So geht des nimmer weiter, Mona«, schimpf ich, zutiefst verletzt vom Chef seinem Verhalten. »Ich kann es ned glaub’n, dass der mir die Schuld an dem Verhalten von dem Besoffenen gibt. Irgendwann amol is mein Glück auf Urlaub, und einer von den Wahnsinnigen, die do bei uns ein und aus geh’n, nutzt die Gelegenheit und drückt mir die Gurgel zu. Und was tätst du ohne mich mach’n, ha? Wahrscheinlich vor Langeweil sterben, weil dann halt keiner mehr für a bissla Action sorgen tät.«

»Darüber macht man keine Witze, Dora«, sagt die Mona ernst. »Es ist wirklich unglaublich, wie oft du schon einen Anschlag auf dein Leben ohne größere Blessuren überstanden hast. Wobei dich allerdings bisher noch keiner vergewaltigen wollte.«

Des klingt jetzt irgendwie a weng abwertend, find ich. Fast so, wie wenn ich zu greislich dafür wär. Aber des stimmt ned. Ich bin zwar ned die Miss Oberfranken, aber so abschreckend schau ich jetzt auch wieder ned aus. A kleins bissla massig vielleicht, aber ned greislich, ich schwör’s. Weil mich nämlich meine Ecken und Kanten erst so richtig rund machen.

»Wenn ich einen Job finden tät, der mir taugt, dann wär ich so schnell weg, dass von mir bloß noch ein Chemtrail zu sehen wär«, erklär ich meiner Freundin. »Aber es müsst halt was Gscheites sein, a echte Herausforderung, verstehst? Spaß müsst es mir machen, und a bissla Geld tät ich auch gern verdienen. Und a Wohnung sollt dabei sein, so was wie des Pförtnerhäusla, aber ned so schäbig, dass die Ziegel auf dem Dach bei jedem Windstoß Tango tanz’n und es ins Bett neiregnet. Und mit Blick ins Grüne und einer schönen Terrassen.«

»Genau, und mit goldenen Armaturen und Marmorausstattung im Bad, einem Porsche vor der Tür und einem knackigen Toy Boy in der Kiste. Ich hab’s verstanden.« Die Mona verdreht die Augen. »Träum weiter von elektrischen Weißwürsten, Dora. Eine Arbeit, wie du sie gern hättest, muss erst noch erfunden werden. Außerdem schaffst du es sowieso nicht, dich von Schloss Lauenfels zu trennen. Ich darf dich daran erinnern, wie du nach kaum zwei Wochen mein Haus fluchtartig verlassen hast, weil du solches Heimweh nach deiner Wohnhöhle hattest.«

»Aber wenn ich eine Arbeit finden tät, die wo –«

»Wenn du dich beruflich verändern willst, hör auf zu jammern, komm in die Gänge und schau dich nach etwas Geeignetem um«, unterbricht sie mich. »Du hast schließlich jede Menge Berufserfahrung, bist eine talentierte, einfallsreiche Köchin und findest in jedem Umfeld deinen Platz, was deine zahlreichen Auslandserfahrungen beweisen. Wenn es dir hier nicht mehr gefällt, musst du dir eine neue Stelle suchen, so einfach ist das.«

»Es geht doch ned ums Gefallen, Mona. Gefallen tut es mir hier immer noch, aber ich fühl mich einfach nimmer sicher auf dem Lauenfels.« Ich halt kurz inne. »Sogar hier in meiner Wohnhöhle spring ich mitten in der Nacht auf, um nachzuschauen, ob die Fenster alle zu sind und die Tür abgesperrt. Is des vielleicht normal? Ich hab Angst, nachts vor die Tür zu geh’n, weil ich immer denk, dass mir wer im Finstern auflauern könnt. So kann ich ned weitermachen. Ich will keine Angst mehr hab’n. Aber do im Schloss is in der letzten Zeit zu viel passiert. Verstehst du des ned, Mona? Ich will nimmer do heroben bleib’n. Ich will weg, und zwar am liebsten auf der Stell. Und dich mitnehmen.«

»Interessant. Und wohin soll unsere Reise gehen?«, fragt meine Freundin sarkastisch.

»Wart’s halt ab. Mir fällt scho wos ein, du wirst es erleb’n.«

Feine Butterplätzchen

Zutaten:

250 g Mehl

150 g Butter

150 g Zucker

4 Eigelb

Schale einer abgeriebenen Zitrone

Eigelb und etwas Sahne zum Bestreichen

gehackte Mandeln und Hagelzucker zum Bestreuen

Zubereitung:

Alle Zutaten zu einem glatten Teig verkneten und in Folie gewickelt im Kühlschrank eine Stunde ruhen lassen.

Anschließend den Teig dünn ausrollen und mit verschiedenen Förmchen Plätzchen ausstechen.

Eigelb mit etwas Sahne verrühren, Plätzchen damit bepinseln, Mandeln mit Hagelzucker mischen und auf die Glasur streuen.

Die Plätzchen auf ein Backblech mit Backpapier legen. Im auf 200 °C vorgeheizten Backofen circa 15–20 min hellbraun backen. Währenddessen immer wieder einen Blick in den Ofen werfen, weil die Plätzchen schnell zu dunkel werden.

Bei mir gibt’s dazu einen Becher Glühwein und für Antialkoholiker einen Cappuccino.

2

Den Silvesterabend verbring ich mit der Sofie, dem Alex, dem Sebbi und meinem Lieblingsförster daheim bei der Mona. Während die Feuerzangenbowle vor sich hin dampft, gießen wir Blei und lachen schallend, wie ich so eine Art Ring aus dem kalten Wasser hol.

»Also, Konni, wennst uns fragst, dann schaut des verdächtig nach einem Verlobungsring aus«, stänkern die Mannsbilder. »Da wirst jetzt auf die Knie gehen und der Dora einen Antrag machen müssen.«

»Ihr spinnt wohl«, hust ich verlegen und werd dabei so rot wie ein erntefrisches Radiesla. Es stimmt scho, dass ich den Konni ziemlich gernhab, aber ich hab halt gedacht, dass es außer der Mona keiner spannt. Da war ich wohl auf dem Holzweg. Ganz ehrlich, eine Verlobung mit dem Konni, des wär was. Aber des sag ich jetzt nur Ihnen, erzählen Sie’s bloß ned weiter. Mein Gspusi nimmt’s übrigens sportlich, lacht und meint, dass der Vorschlag durchaus eine Überlegung wert wär.

Seit dem Angriff von dem besoffenen Kegelheini in der Vorweihnachtszeit hab ich auch noch den letzten Rest Spaß an meiner Arbeit im Schloss verloren. Der Chef is mir gegenüber kurz angebunden, ruft mich »Frau Dotterweich« und nimmer »Dora«, so wie früher. Unsere gemeinsamen Kaffeetermine, bei denen wir bis zu dem besagten Vorfall die Speiskarte, Personalprobleme, Bestellungen und auch amol was Privates besprochen haben, hat er ohne eine Erklärung gecancelt. Dafür liegt jetzt jeden Tag in der Früh eine schriftliche Notiz mit den notwendigen Anweisungen auf meinem Arbeitsplatz. Unpersönlicher geht’s wirklich ned. Ich nehm es ihm schwer übel, dass er sich meine Seite der Geschichte ned amol anhören wollt und mir die komplette Schuld für des Theater mit dem Saufkopf anlastet. Des is einfach unfair. Anscheinend is ihm der gute Ruf von seinem Wirtshaus wichtiger als wie ich. Die ganze Zeit über hab ich geglaubt, dass mich mein Chef mag und schätzt. Ich bin so was von enttäuscht von seinem Verhalten, dass mir scho die Tränen in die Augen schießen, wenn ich bloß dran denk. Momentan hab ich echt nah am Kirschwasser gebaut, des mir über gelegentliche depressive Durchhänger hinweghilft. Wobei Heulen und Rumjammern normalerweis überhaupt ned so mein Ding is. Deswegen und weil meine Angst ständig wächst, fühl ich mich von Tag zu Tag unwohler im Schloss. Die Drohung von dem Kegler geht mir einfach ned aus dem Kopf. Drei- bis viermal in der Woche fahr ich mit der Mona zu ihr heim nach Lauenburg und übernacht in ihrem Gästezimmer. Zum Glück lebt meine Freundin in einem von ihren Eltern überlassenen Einfamilienhaus, in dem sie immer ein warmes Plätzla für mich frei hält. Schon im letzten Sommer hab ich ein paar Wochen bei ihr campiert, weil meine Eltern, die eigentlich auf Gran Canaria wohnen, des Pförtnerhäusla besetzt hatten, aber des is eine andere Gschicht.

Heut is also scho des neue Jahr und wieder so ein Tag, wo ich mir am liebsten des Kaffeepulver direkt durch die Nase ins Hirn ziehen tät. Wie ich nachmittags heimkomm, steht die Tür sperrangelweit offen, und des bei der Eiseskälte. Hab ich etwa vergessen, sie hinter mir zuzusperren? Hat eine Windböe sie aufgedrückt? Oder hat wer in meiner Wohnung umeinandergestöbert? Eigentlich wurscht. Mir is so was von klar, dass ich nimmer da herinnen bleiben will.

In Windeseile raff ich ein paar Klamotten zsamm und wetz zurück ins Wirtshaus. Zum Glück werkelt die Mona noch in der Küche rum, sodass wir gleich miteinander in ihrem roten MINI runter nach Lauenburg tuckern können. Unterwegs halten wir bei der Babett im Dorfladen, kaufen Bamberger, Nürnberger und Bayreuther Tageszeitungen, dazu noch eine gute Flasche Domina, ein Baguette und ein großes Stück von dem würzigen französischen Weichkäs, den es bloß bei der Babett gibt.

Daheim bei der Mona hocken wir uns in ihr Wohnzimmer und studieren aufmerksam die Stellenangebote. Nebenbei süffeln wir den Rotwein vom Würzburger Juliusspital und naschen Weißbrot und Käs. Eine ganz einfache Brotzeit, aber sensationell gut. Kann ich Ihnen wärmstens empfehlen, wenn Sie amol keine Lust zum Kochen haben.

»Hier, hör mal: ›Küchenchef(in) gesucht‹«, liest die Mona nach ein paar Minuten laut vor. »›Für unseren kleinen, aber feinen Landgasthof im Herzen der Fränkischen Schweiz suchen wir eine(n) engagierte(n) Küchenchef(in), die/der sich auf die Zubereitung regionaler Spezialitäten versteht. Großzügige Bezahlung, Wohnmöglichkeit in einem der Nebengebäude. Gerne erwarten wir Ihren Anruf unter der Nummer 0181/34729437.‹ Was meinst du, Dora? Wär das etwas für dich? Vielleicht versteckt sich hinter dem Nebengebäude ja so etwas Kuschliges wie dein Pförtnerhäusla?«

»Klingt gar ned schlecht«, bestätige ich. »Ich ruf gleich amol an und frag, ob ich mich vorstell’n kann.«

»Und hier ist noch etwas: ›Junges, kreatives Team benötigt dringend Verstärkung. Wenn du Herausforderungen liebst und sowohl stressresistent als auch teamfähig bist, bist du die/der Richtige in unserem Restaurant der gehobenen Luxusklasse. Wir freuen uns auf deinen Anruf.‹« Die Mona notiert die Nummer auf einen Extrazettel und wird kurz darauf noch amol fündig. »Das könnte auch etwas für dich sein: ›Arbeiten im Herzen von Nürnberg. Direkt unterhalb der Burg liegt unser beliebtes Ausflugslokal mit Terrasse und Blick über die Altstadt. Beste Bezahlung, ein nettes Team und eine komfortable Wohnmöglichkeit im Haus erwarten Sie, die erfahrene und flexible Fachkraft. Rufen Sie uns an.‹«

Und des tue ich auch, sodass zehn Minuten später drei Vorstellungstermine in meinem Kalender stehen. Zuerst beim kreativen Team, danach beim Ausflugslokal und ebenfalls am selben Tag zwei Stunden später beim feinen Landgasthof.

An unserem freien Montag machen wir uns auf den Weg, die Mona und ich.

Des kreative Team kreiert seine feinen Luxusspeisen in einer aufwendig sanierten alten Mühle mit riesigem Parkplatz davor. Auf dem drängelt sich kurz vor der Mittagszeit, als wir ankommen, eine Edelkarosse an die nächste.

»Das sieht wirklich stark nach Stress aus«, murmelt die Mona, während sie die Unmengen an Autos skeptisch mustert. »Wenn die alle in der Mühle beim Essen sitzen … Na, dann viel Glück, ich warte hier auf dich.«

Und tatsächlich, drinnen hocken die genusssüchtigen Fresssäcke dicht an dicht. Vier total genervte Kellner sprinten von Tisch zu Tisch, balancieren mordsmäßig beladende Tabletts oder nehmen Bestellungen auf. Wie ich einen von ihnen nach dem Geschäftsführer frag, scheucht er mich aus dem Weg und zeigt zum kupferglänzenden Tresen. Dort steht ein wie frisch lackiert wirkender Kerl mit festgetackerter König-Ludwig-Frisur, arrogantem Geschau und lavendelfarbenem Lederanzug von Versace, quasi ein oberfränkisches Moshammer-Double. Stockschwul, des seh ich auf Anhieb. Mit einem mulmigen Gefühl geh ich auf ihn zu.

»Servus, ich bin die Dora Dotterweich«, stell ich mich vor. Meine ausgestreckte Hand übersieht er, stattdessen taxiert er mich abschätzend von oben bis unten, bevor er sich umdreht und vor mir her zu einem winzigen Zimmerchen schreitet. Er schreitet wirklich storchenmäßig, so als tät uns die Kaiserin Sisi höchstpersönlich in der schäbigen Abstellkammer von Büro zur Privataudienz erwarten. Nachdem er mir mit aristokratischem Genäsel die harten Arbeitsbedingungen und mageren Verdienstmöglichkeiten vorgesäuselt hat, diagnostiziert er nach zwei bis drei Fragen meinerseits, dass ich optisch irgendwie ned so recht in sein hochherrschaftliches Ambiente pass. Des hab ich zwischenzeitlich aber scho selber geschnallt, drum teil ich ihm frei von der Leber weg mit, dass ich für ihn als unterbezahlte Haussklavin ned zur Verfügung steh. Dann stolzier ich hocherhobenen Hauptes zur Tür hinaus.

Im Auto erzähl ich der Mona von dem misslungenen Vorstellungsgespräch. »So ein wichtigtuerischer Arsch, so ein aufgeblasener. Was glaubt der denn, wer er is, dass er mich wie einen Volldeppen behandeln kann, der für ein läppisches Trinkgeld arbeitet«, schimpf ich wie ein Rohrspatz.

Meine Freundin zuckt bloß mit den Schultern. »Das wäre sowieso nicht das Richtige für dich gewesen, Dora«, meint sie. »Ein Glück, dass du das sofort erkannt hast. Kopf hoch, es gibt bestimmt andere Jobs, die besser zu dir passen.«

Also schaukeln wir entspannt zum nächsten Termin im Nürnberger Ausflugslokal. Hoffentlich gefällt es mir dort besser, drück ich mir die Daumen.

Parkplätze sind in der Altstadt Mangelware, drum drehen wir eine Runde nach der anderen, bevor die Mona endlich ihren MINI in einen winzigen Parkplatz zwängen kann. Während ich einigermaßen lustlos zum Vorstellungsgespräch losdackle, will sie in einem Café einen Latte macchiato schlürfen. Am liebsten tät ich mit ihr tauschen, aber des is leider ned möglich.

Immerhin is des Ausflugslokal in einem schönen Fachwerkhaus mit bemalten Fensterläden untergebracht und macht von außen einen sehr ansprechenden Eindruck. Drinnen geht es ähnlich zu wie auf dem Nürnberger Christkindlesmarkt. Kaum überschaubare Menschenmassen drängen sich auf engstem Raum. Die Tische stehen so nah beieinander, dass kaum ein Durchkommen is, und ein jeder einzelne Stuhl is besetzt. Die Luft is zum Schneiden dick, und es riecht durchdringend nach Bratwürsten und Sauerkraut.

Den Chef find ich hinter dem Tresen, wo er geschäftig ein Seidla nach dem anderen zapft. Weil es so laut is wie auf einem Rockkonzert, muss ich mein Anliegen über die Theke hinweg brüllen. Wie er mich endlich verstanden hat, winkt er mich gleich in die Küche durch.

Auf den ersten Blick is mir klar, was hier gekocht oder besser gesagt gebraten wird: Bratwürste in allen Variationen, Nürnberger, Coburger, Thüringer und Bayreuther Bratwürst, Merguez, Saucisse grillée, grob und fein, aus Lamm-, Rind-, Schwein- und Kalbfleisch, dazu gibt es kübelweise Sauerkraut. Aber den ganzen Tag Würschtla in die Pfanne hauen, des is ned ganz meine Vorstellung von gehobener Küche. Kein Wunder, dass des Lokal »Bratwurst-Tempel« heißt. Eigentlich hätt ich scho bei dem Namen stutzig werden sollen.

Also nix wie raus aus dem Fettgestank und die Mona ausfindig gemacht, die ihren freien Tag in einer schicken Café-Bar mit Kaffee und Kuchen feiert. Wie ich in des Café komm, hockt ein Kerl neben meiner Freundin am Tisch, Typ George Clooney ohne Alterspatina. Ich stell mich provokativ neben ihn, und es dauert ned lang, da fängt er an, irritiert rumzuschnuppern. Nach ein paar Sekunden steht er auf und schleicht sich, ned ohne mir vorher noch einen verächtlichen Blick zugeschmissen zu haben.

»Wo hast du dich denn vorgestellt?«, erkundigt sich die Mona grinsend. »In der Frittenbude? Oder bei McDonald’s? Du stinkst ja, als hättest du einen Köpfer in die Fritteuse gemacht.«

Ich berichte ihr von meinem Erlebnis im »Bratwurst-Tempel«.

Sie lacht bloß und meint: »War mir von Anfang an klar, dass es nicht einfach wird, eine geeignete Stelle für dich zu finden.«

Ja freilich, denk ich, weil ich halt eine durch und durch anspruchsvolle Person bin.

Als Nächstes steht des feine Landgasthaus auf meinem vollen Terminplan. Trotz eindringlicher Navi-Anweisungen verfranzen wir uns zweimal, bevor wir endlich auf einem morastigen Feldweg von einem Schlagloch zum nächsten unserem Ziel entgegenschaukeln.

»Hier soll es einen noblen Landgasthof geben?«, wundert sich meine Freundin. »Wo der sich wohl verkrochen hat? Noch ein ordentlicher Regenguss, und man kann auf dem Feldweg Schlammbäder nehmen. Wie sollen denn da die Gäste zur Wirtschaft kommen?«

»Vielleicht mit dem Trecker?«, mutmaße ich. »Oder einem Unimog?«

»Perfekt! Die Kneipe ist bestimmt ein Publikumsmagnet«, murrt meine Fahrerin, bevor ihr Autochen fast bis zu den Fenstern in einem Schlagloch versinkt.

Endlich angekommen staunen meine Freundin und ich Backsteine. Der »kleine, aber feine Landgasthof« entpuppt sich als maroder Sanierungsfall mitten im oberfränkischen Nirgendwo. Die einsturzgefährdeten »Nebengebäude« beziehungsweise Bruchbuden müssen sich aneinanderlehnen, damit sie ned umfallen. Dazwischen wuchern Unkraut und Gestrüpp.

»Da kannst du dir schon einmal deine neue Wohnung aussuchen«, lästert die Mona. »Magst du lieber dort in dem Schuppen mit den zerbrochenen Fenstern hausen oder drüben in dem Stall ohne Tür?«

»Des gibt’s doch ned.« Ich bin sprachlos, also, gewissermaßen. »Des is ja ein baufälliger Bauernhof, sonst nix. Bist du sicher, dass des die richtige Adress is?«

»Wenn du dich im ›Jagdschlösschen‹ bewerben willst, dann ja.« Die Mona deutet auf des schief hängende Schild über dem Eingang. »Da wünsch ich dir schon jetzt recht viel Vergnügen.«

Mutlos mach ich die Beifahrertür auf und lins hinaus. Neben mir dehnt sich eine Wasserlache aus, so groß wie der Egloffsteiner Weiher. Zum Durch- beziehungsweise Überqueren bräucht ich Gummistiefel oder besser noch ein Schlauchboot.

»Weißt wos? Wir fahr’n haam«, beschließ ich spontan. »Des kann doch ned sein, dass sich so eine Ruine als ›kleiner, aber feiner Landgasthof‹ bezeichnet. Wahrscheinlich sind die einzigen Gäst do drin Ratten, Mäus und Kakerlaken. Danke, aber da bleib ich doch lieber im ›Eppelein‹, egal, wie viel Irre mir dort an die Gurgel woll’n.«

»Besser ist das«, stimmt mir die Mona zu, wendet zackig den MINI, dass des Pfützenwasser nur so spritzt, und gibt Gas.

Wieder bei ihr daheim hocken wir ratlos um den Küchentisch herum. Ganz so einfach, wie ich mir des vorgestellt hab, wird sich der Arbeits- und Ortswechsel offensichtlich ned gestalten.

»Warte doch ab, Dora. Kommt Zeit, kommt Kon-Ra(t)d«, orakelt meine temporäre Mitbewohnerin süffisant.

In mir drin brodelt es. Ständig zieht sie mich wegen meiner Liebesaffäre mit dem Konni auf. Aber sagen tu ich nix, um des lieben Friedens willen.

Es dauert zwei Tag, dann kommt er tatsächlich, der Konrad, und zwar abends ins »Eppelein« zum Essen. Niedergeschlagen schaut er aus seinem grünen Janker heraus, wie er da vor seinem halben Karpfen und einem Glas Weißwein hockt. Der Alex hat mir Bescheid gegeben, dass mein Gspusi da is und mich sprechen möcht.

»Grüß dich, Konni«, begrüß ich ihn, wie ich mich ihm gegenüber niedersetz. »Schön, dass du amol widder vorbeikommst. Ich hoff, dir schmeckt der Karpf?«

»Jaja, Dora, danke. Obwohl ich momentan keinen großen Appetit hab.« Er nimmt einen Schluck von seinem Wein, dann schiebt er den Teller beiseite.

»Warum denn? Bassd was ned? Is der Karpf doch ned recht? Soll ich dir was anderes hol’n?«, frag ich verunsichert, weil der Konni sonst immer einen guten Appetit mitbringt.

»Meine Oma ist überraschend gestorben. Du kennst sie, die Babett vom Dorfladen. Heute Mittag hat die Gabler Hanni sie leblos vor dem Kühlregal gefunden und gleich den Doktor Haager angerufen. Aber der konnte nur noch den Tod feststellen. Ein Herzinfarkt, der dritte innerhalb kurzer Zeit. Sie war die Mutter meiner Mutter. Das ist ein schlimmer Schlag, nicht nur für die Mama, sondern für die ganze Familie. Sie war nämlich die Beste, unsere Oma Babett.«

»Ach, Konni, des tut mir echt leid für dich und deine Leut.« Ich lang über den Tisch nach seiner Hand. »Wenn ich was für dich tun kann, musst es mir nur sag’n, gell«, fordere ich ihn auf.

Er nickt. »Ich pack’s dann auch wieder«, sagt er nach einer Weile. »Sei mir nicht böse, Dora, aber eigentlich ist mir heut gar nicht nach Gesellschaft zumute. Ich melde mich bei dir.« Er gibt mir einen flüchtigen Schmatzer und legt einen Geldschein vor mich hin. »Fürs Essen«, sagt er.

»Bassd scho, Konni, lass gut sein.« Ich schieb des Geld zurück, aber er schüttelt den Kopf.

»Nein, das will ich nicht.« Damit steht er auf und schleicht sich mit hängenden Schultern.

»Hat eine von euch g’wusst, dass die Babett vom Dorfladen gestorben is?«, frag ich, wie ich in die Küche komm. »Der Konni hat’s mir grad erzählt.«

Sofort lassen meine Beiköchinnen alles fallen und kommen zu mir her. Bloß die Edith ned, weil sie nix gehört hat. Die Edith is unsere stocktaube Küchenhilfe, aber ich kenn keine, die in so kurzer Zeit so viel arbeiten kann wie sie. Drum is sie unser Goldstück, auf des ich nix kommen lass. Wer was gegen die Edith sagt, kriegt von mir eins hinter die Löffel, merkt es euch.

»Wie jetzt? G’storben? Wieso denn g’storben? Woran denn? Sie war doch ned ebba krank, oder? Und noch gar ned so alt«, reden die zwei aufgeregt durcheinander.

»Mehr weiß ich auch ned. Und jetzt zurück an die Arbeit, hopphopp!«, ruf ich, und eine jede saust wieder an ihren Arbeitsplatz. Heut haben wir nämlich wieder amol full house, weil ein Bus voller Chinesen aus Nürnberg angereist is. Als denen unser Essen serviert wird, bewundern sie die Kalbshäxla, den gespickten Hecht und die Schäufele auf ihren Tellern und fotografieren sie mit ohrenbetäubendem Geplapper von allen Seiten.

Wie endlich der letzte Asiate bierselig aus dem Wirtshaus gewankt is, machen wir Feierabend.

Auf der Fahrt nach Lauenburg fragt die Mona: »Warum bist du denn so still? Bist du traurig wegen der Babett? So gut hast du sie doch gar nicht gekannt, oder doch?«

»Meine Eltern hab’n früher neben dem Dorfladen g’wohnt, drum hob ich sie scho ganz gut kennt. Wenn mir als Kinder bei ihr eing’kauft hab’n, hod sie uns immer Brausebonbons g’schenkt oder Gummibärla oder Eiskremtörtla. Ich hab nirgends so gern eing’kauft wie bei der Babett. Aber des is es ned«, antwort ich.

»Und was dann?«

»Des weiß ich etzd noch ned so genau. Ich sag dir Bescheid, wenn ich des Ei ausgebrütet hab.«

»Aha.«

Jetzt is sie a bissla angefressen, meine Freundin, des merk ich gleich. Aber wurscht. In meinem Kopf schwirren nämlich grad eine Menge Ideen helikoptermäßig hin und her, aber ich krieg keine einzige davon richtig zu fassen.

Es is mitten in der Nacht, wie ich aus dem Schlaf auffahr, als wär draußen eine Bombe hochgegangen. Auf amol weiß ich pfeilgrad, wie meine berufliche Karriere in Zukunft ausschauen wird. Ganz deutlich hab ich sie vor Augen, und sie schaut rundherum richtig klasse aus. Mit einem Lächeln auf den Lippen dreh ich mich auf die Seite und schlaf zufrieden wieder ein.

Des Allererste, was ich am nächsten Morgen ganz früh noch vor dem Zähneputzen mach: den Konni anrufen.

Ich erreich ihn, wie er scho längst zwischen seinen Bäumen oben im Fuchswäldla umeinanderstiefelt. Er wundert sich ned schlecht, dass ich mich in aller Herrgottsfrüh bei ihm meld, weil des noch nie vorgekommen is. Unsere Liebschaft findet meistens nachts statt, manchmal auch nachmittags, aber nie in der Früh.

»Du, Konni, horch amol, hättst du heut Abend Zeit? – Ja? – Subba! Dann um zehna bei mir im Pförtnerhäusla. Ich freu mich. Bis nachher.«

Wie ich den Hörer aufgelegt hab, schnauf ich ganz tief durch. Der erste große Schritt Richtung Selbstständigkeit is gemacht. Denn wer wär besser dafür geeignet als wie ich? Ich bin nämlich scho ganz schön in der Welt rumgekommen und hab dabei jede Menge Erfahrungen gesammelt. Sie glauben mir ned? Also, gelernt hab ich Patissière in einem noblen Münchener Hotel, aber jeden Tag nur mit Süßkram zu hantieren war mir auf Dauer zu langweilig. Vier Jahr lang bin ich auf einem Kreuzfahrtschiff durch die Karibik und den Golf von Mexiko gegondelt und hab am Herd alles gelernt, was frau im Leben so braucht. Nach einem Zwischenstopp von drei Monaten auf der Knott’s Berry Farm in Kalifornien hat es mich dann in einen deutschen Ferienclub nach Sri Lanka verschlagen und danach ein paar Jahre auf die Kanaren. Und wenn mein damaliger Lover, der Arsch, sich ned bei einem Kurztrip nach Südafrika mit einer Tabledance-Tussi und unserer Reisekasse aus dem Staub gemacht hätt, würd ich heut vielleicht in Johannesburg in einem sauteuren Restaurant für den Geldadel kochen und richtig Kohle scheffeln. Stattdessen koch ich im oberfränkischen Hinterwald Schäufele und Klöß für asiatische Touristen und unsere Bauern. Für den, der’s mag, des Höchste, gell?

»Du, Mona, heut Abend bleib ich ausnahmsweis amol dahaam im Pförtnerhäusla. Ich hab wos Wichtigs zu erledigen«, teil ich meiner Beiköchin mit, wie wir scho auf dem Weg ins »Eppelein« sind.

»Soso«, is alles, was sie dazu zu sagen hat. Keine einzige Frage, nix. Wahrscheinlich is sie todbeleidigt, weil ich ihr ned erzählen will, was ich vorhab, jedenfalls vorläufig ned.

Heut is es bei uns in der Küche so ruhig wie sonst nie. Sogar die Sofie ratscht ned unentwegt, sondern hält zur Abwechslung amol des Maul. Bloß der Chef schneit überraschend herein, linst mir über die Schulter wie ein waschechter Heffalasglotzer und will mit gespielter Freundlichkeit wissen: »Was kochen Sie denn da Schönes, Dora?«

»Wasser. Ich koch Wasser«, schnaub ich, immer noch so angefressen wie junger Salat im Frühjahr. »Für Grüne Klöß.«

»Ah ja, verstehe.« Verlegen druckst er umeinander. »Was meinen Sie, könnten wir nach dem Mittagessen wieder einmal zusammen Kaffee trinken?«

»Könnt ma, wenn ich Zeit hätt. Hab ich aber ned«, entgegne ich schmallippig.

Wie er merkt, dass ich ned des geringste Interesse an seinem Small Talk hab, zieht er den Kopf ein und schiebt ab in die Wirtsstube.

Der soll bloß ned denken, dass er sich mit einem läppischen Kaffee wieder an mich ranwanzen kann. Mich mit ihm zsammhocken? Im Leben ned. Nach seinem schäbigen Verhalten wär des für mich quasi eine Happy Hour in der Hölle, und darauf hab ich grad überhaupt gar keine Lust. Die Sache mit dem Kegeldepp is ned vergessen und vergeben. Wenn er des glaubt, hat er sich sauber geschnitten, der Herr Graf.

Abends um kurz nach halb zehn is für mich endlich Schicht im Schacht. Ich verabschied mich von meinem Team und saus hinüber in meine Wohnhöhle. Ruckzuck bereit ich alles für einen Snack für zwei vor und überprüf, ob des Bier auch schön kalt is. Dann spring ich unter die Dusche und danach in mein neues dunkelblaues Samtkleid mit dem tiefen Ausschnitt, bevor ich des Blech mit den Pizza-Weggla in den Ofen schieb. Geschäftliches verhandelt man erfahrungsgemäß am besten beim Essen.

Der Konni is pünktlich, wie immer. Scho wie er zur Tür reinkommt, wittert er die Gustostückla im Ofen und grinst. »Das riecht ja saugut. Sag bloß, du hast für mich gekocht?«

Zum Essen treffen wir uns nämlich eher selten. Unsere gemeinsamen Interessen liegen mehr woanders.

»Komm, setz dich her.« Der Tisch is gedeckt mit feinem Damast, Stoffservietten, meinem besten Porzellan und brennenden Kerzen. Da staunt der Konni Bauklötz, weil er noch nie so dermaßen von mir verwöhnt worden is. Jedenfalls ned beim Essen.

»Ist das lecker!«, lobt er dann auch, wie er sich seine fünfte Wegglahälfte in den Schlund schiebt.

»Lang nur zu«, animier ich ihn und halt ihm die Platte mit dem Rest hin. »Ich hob scho im ›Eppelein‹ gegess’n.« Des is zwar eine astreine Lüge, aber wenn es ihm doch so schmeckt, verzicht ich gern.

»Du, Konni, ich wollt dich wos frag’n«, fang ich schließlich an, wie er sich die Hände an der Serviette abwischt.

»Ich hab mir schon gedacht, dass du mich nicht nur zum Abendessen herbestellt hast«, sagt er und greift nach seinem Bierglas. Dann schmunzelt er mich über dessen Rand hinweg an. »Ich ahne schon, worum es heute Abend geht.«

»Echt jetzt?« Des verunsichert mich jetzt scho ein bissla.