Blut der Nymphen - Janette Altinsoy - E-Book

Blut der Nymphen E-Book

Janette Altinsoy

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Beschreibung

Nymphen, Drachen, Liebe

Das E-Book Blut der Nymphen wird angeboten von tredition und wurde mit folgenden Begriffen kategorisiert:
Liebe, Nymphen, Drachen, Fantasy, Wesen

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© 2022 Janette Altinsoy

Buchsatz von tredition, erstellt mit dem tredition Designer

ISBN Hardcover: 978-3-347-65057-2

ISBN E-Book: 978-3-347-65058-9

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:

tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.

„Ich kann mich nicht

auf die Stunde

oder den Ort

oder das Aussehen

oder die Worte festlegen,

die den Grundstein gelegt haben.

Es ist zu lange her.

Ich war in der Mitte, bevor ich wusste,,

daSS ich angefangen hotte“

— Jane Austen

1

>> Jetzt zieh doch nicht so! <<

>> Koray, du weißt genau, dass heute dein großer Tag ist! <<

Wie immer mochte er es gar nicht, wenn ich ihm den Kragen seines Hemdes zurechtrichtete, aber was nun einmal sein musste – musste sein. Immerhin war der Tag heute wirklich etwas Besonderes. Koray hatte heute seinen zwanzigsten Geburtstag und das bedeutete, dass er endlich sein Hauptelement zugesprochen bekommen würde. Eigentlich machte er sich in jedem Element gut, aber erst heute würden wir endlich erfahren, was seine wahre Bestimmung sein würde.

>> Aber jetzt ist es wirklich schon gut! Hör auf, Mama! << schnaufte Koray, als ich ihm winzige Fussel von der Schulter wischte.

>> Ja… ich höre ja schon auf. <<

Rongo wartete bereits unten und rief gerade nach uns. Ich zwinkerte Koray zu, als er sich ein letztes Mal prüfend im Spiegel betrachtete. Er war wirklich ein hübscher junger Mann geworden. Er glich seinem Vater auf erstaunliche Weise wie aus dem Gesicht geschnitten. Dunkle Haare, ein markantes Kinn, ein ähnlicher Körperbau und auch charakterlich waren sie sich sehr ähnlich. Das Einzige, das er von mir hatte, war die Farbe seiner Augen. Sie stachen silbergrau hervor und bildeten einen wunderschönen Kontrast zu den schwarzen Haarsträhnen, die ihm leicht in die Stirn hingen.

>> Bist du soweit? <<

>> Ich denke schon. << sagte er, atmete ein letztes Mal tief durch und folgte mir anschließend die Stufen nach unten.

All die Jahre hatte sich in Rongos Haus eigentlich nichts verändert. Nur, dass wir jetzt ein Zimmer mehr hatten. Ich schaffte es damals tatsächlich, das Haus in ein Schloss zu verwandeln, aber Rongo und ich stellten schnell fest, dass wir uns darin überhaupt nicht wohlfühlten. Somit nahm das Haus wenige Monate später wieder seine ursprüngliche Form an. Rongo hatte sich bereits in Schale geworfen und stand im schwarzen Anzug am Ende der Treppe. Er knöpfte gerade den obersten Knopf seines Hemdes zu und lächelte uns entgegen.

>> Hier seid ihr ja endlich! <<

Koray ging auf seinen Vater zu, der ihm aufmunternd auf die Schulter klopfte.

>> Du schaffst das schon! << sprach er unserem Sohn zu und bewunderte gleich darauf seinen schicken weißen Anzug.

Koray sah heute wirklich wie ein junger Prinz aus – und das war er auch. Er war der Prinz der Nymphen. Wieviel Drachenblut in ihm schlummerte, konnte bisher keiner genau sagen, aber dass er es in sich trug, war ohne Zweifel. Rongo versuchte früher oft mit ihm zu üben und ihm beizubringen, wie er sich in einen Drachen verwandeln könnte. Doch immer, wenn er es versuchte, nahm sein Körper bloß die Erscheinung seines Nymphen – Stammtieres an. Ein weißer Löwe! Früher stellte ich mir oft die Frage, wie dieses Stammtier entschieden wird, oder was der ausschlaggebende Grund dafür wäre, doch bei Koray war mir das schnell klar. Der Löwe symbolisierte seit jeher den König der Tiere und das würde Koray irgendwann auch sein. Aber nicht der Tiere… sondern der König der Nymphen! Ich wusste nicht genau, ob ihm das alles schon so bewusst war, denn manchmal hatte er noch so manche Flausen im Kopf, aber Rongo und ich versuchten ihn immer wieder den richtigen Weg zu zeigen. Den Weg eines zukünftigen Königs. Eines Königs, der die Verbindung von den Nymphen und den Drachen in sich trug.

>> Ich bin aufgeregt… << stammelte Koray vor sich hin und ging einige Schritte auf und ab.

>> Das ist normal! Es wäre ja verwunderlich, wenn du es nicht wärst! << besänftigte ich ihn und ging mit ihm an den Tisch.

Rongo holte ihm ein Glas Wasser und wir setzten uns. Liebevoll griff ich nach den Händen meines Sohnes und schloss sie in meinen ein. Er zitterte leicht und sah mich verunsichert an.

>> Warst du auch so nervös, Mama? <<

Ich lachte.

>> Das kann ich dir leider nicht sagen… Es ist schon zu lange her! Aber weißt du, wann ich richtig nervös war?

– Als ich deinen Vater geheiratet habe! <<

Koray nippte am Wasser uns sah mich fragend an.

>> Alle Nymphen und Drachen hatten sich im Dorf versammelt und warteten bereits auf mich. Große Girlanden hingen von einem Baum bis zum nächsten und alles war voll mit geschmückten Blumen. Mein Herz flatterte und meine Füße waren ganz weich. Jeder starrte mich an und ich hatte furchtbare Angst, etwas falsch zu machen. Doch als ich meinen Vater sah und er mir die Hand reichte und mich zu Rongo führte, fühlte ich mich mit einem Schlag sicher. Ich war nicht mehr allein. <<

>> Du meinst Großvater Levo? <<

>> Ja genau! Er wich nicht von meiner Seite und heute werden wir dasselbe für dich tun. Dein Vater und ich werden dich auf deinen Weg begleiten und du musst wirklich keine Angst haben! <<

Koray schluckte und nickte unsicher. Als er sich nun endlich bereit fühlte, standen wir auf und verließen das Haus.

Ich war bereits auf die Reaktionen der Nymphen gespannt, wenn sie uns sehen würden. Rongo sah wie immer umwerfend aus. Aber Koray hatten sie noch nie so schick herausgeputzt gesehen. Ich passte mich heute ebenfalls meinen Männern an und trug seit einer halben Ewigkeit wieder dasselbe Kleid, das ich bei meiner Krönungsfeier anhatte. Eigentlich war es eher schlicht und schwarz, doch die silbernen Nähte und Spitzen am Saum ließen es anmutig und edel wirken. Meine Krone trug ich heute ebenfalls und ich spürte bereits das Gewicht, das sich immer mehr auf meinem Kopf breitmachte. Eigentlich trug ich die Krone so gut wie nie, doch zu solchen wichtigen Anlässen war es beinahe meine Pflicht.

Wie vermutet, warteten bereits alle auf uns und standen in ihren schönsten Gewändern in der Nähe des Lagerfeuerplatzes. Jede Nymphe hatte sich in ihr schönstes Kleid geworfen und auch die Drachenbrüder waren gekommen und zeigten sich von ihren besten Seiten. Anesch trug ein glitzerndes blaues

Kleid. Lexara war ganz in orange. Livara und Atesch entschieden sich für einen ähnlichen Look in Schwarz und Primara strahlte in roter Seide. Hundert andere Nymphen warteten ebenfalls auf uns und freuten sich, den Tag mit uns feiern zu können. Die Mütter hatten sich unsagbare Mühe gegeben und die leckersten Sachen vorbereitet. Eine riesige Torte, verschiedene Kuchen und unzählige Platten voller Obst und Käse standen überall verteilt. Als wir näherkamen, begrüßten uns als erstes die Drachenbrüder. Schamah umarmte Rongo und beglückwünschte ihm zum großen Tag seines Sohnes. Malon und Soro kamen ebenfalls auf uns zu und wünschten Koray alles Gute für die bevorstehende Elementenvergabe. So wie es aussah, lief alles nach Plan. Koray versuchte noch immer, nicht nervös auszusehen und suchte hilfesuchend meinen Blickkontakt.

>> Du schaffst das! << flüsterte ich und ging wenige Sekunden später in die Mitte der Versammlung.

Rongo stand dicht neben unserem Sohn und griff nach seiner Hand. Als es langsam ruhiger in der Runde wurde und sich alle Anwesenden in einem Kreis um mich herum aufgestellt hatten, bat ich Koray zu mir und begann mit meiner Rede. Ich begann mit seiner Kindheit und vielen schönen Erlebnissen, die wir hatten. Später erzählte ich von Korays ersten Versuchen, seine Gaben zu nutzen und wie er lernte, die Elemente zu beherrschen. Er war schon als Kind ein richtiges Naturtalent. Der Wind und das Feuer waren quasi seine Freunde und die Erde und das Wasser seine Beschützer. Oft spielte er uns Streiche, als er noch ganz klein war und entzündete den Vorhang. Manchmal entstanden auch kleine Wirbelstürme in der Badewanne und ich war klitschnass. Koray lachte jedes Mal aus vollen Herzen und man konnte ihm nicht böse dafür sein. Er war immer ein sehr liebenswertes Kind. Einmal entwurzelte er einen Baum direkt vorm Haus, der dann auf das Dach krachte. Rongo und ich verfielen kurz in Schockstarre, doch wir wussten, dass konnte wieder einmal nur ein weiteres Werk von Koray gewesen sein. Er ging oft an seine Grenzen, doch das alles führte bloß dazu, dass wir ihn umso mehr liebten. Koray wurde jedoch immer größer und vernünftiger und mit der Zeit nutzte er die Elemente mit Bedacht. Er half Tieren und Nymphen, die in eine missliche Lage geraten waren und manchmal zeigte er den Nymphenkindern im Dorf einige Tricks, die sie vorher noch nicht kannten. Genauso einen Sohn hatten wir uns immer gewünscht. Er war perfekt so wie er war. Mit all seinen liebevollen Seiten und auch seiner Art, die manchmal etwas verrückt war. Wir liebten ihn und hätten uns keinen besseren Thronfolger vorstellen können. Korays Herz war rein und voller Güte und alle im Dorf waren stolz auf ihn. Ich hatte bei den Nachfolgern der Nymphen schon oft die Elementenvergaben gemacht, aber bei dem eigenen Sohn war es doch etwas ganz Besonderes. Auch ich wurde zunehmend etwas nervös und griff nach Korays Händen. Wir standen uns gegenüber und ich blickte in seine etwas ängstlichen Augen. Zuversichtlich zwinkerte ich ihm zu und fuhr anschließend fort. Der Moment war gekommen. Koray nickte mir zur Bestätigung zu und ich entfernte mich einige Schritte von ihm. Er hatte schon oft bei solchen Zeremonien zugesehen und kannte bereits den Ablauf. Ich zog meinen Stab hervor und wenige Augenblicke später, entfaltete er sich in seiner gesamten Größe. Mit beiden Händen hielt ich ihn nach oben und beschwor die Kräfte der Elemente. Kurze Zeit geschah nichts, doch dann begann die Kugel des Stabs zu leuchten. Sie nahm die verschiedensten Farben an und wechselte von Blau zu Pink und dann wieder zu Violett. Als der Stab seine volle Leuchtkraft entfaltet hatte, senkte ich ihn und Koray legte seine Hände auf die leuchtende Glaskugel. Nun war es so weit! Wir würden endlich erfahren, welches Element das Hauptelement des zukünftigen Königs sein würde. Der Stab war erst unentschlossen und wechselte immer wieder von einer Farbe zur nächsten. Doch plötzlich wurde es ganz still um uns herum und jeder wartete gespannt auf das Ergebnis. - Weiß! Weißes grelles Licht strömte aus der Kugel und floss direkt in Korays Hände. Sein ganzer Körper glühte für den Bruchteil einer Sekunde und wir alle wussten, was das zu bedeuten hatte. Koray zog die Hände zurück und schnaufte. Er war außer Atem und wir alle konnten nicht glauben, was da soeben passiert war. Jeder von uns war der Meinung, dass Koray mit ziemlicher Sicherheit das Element der Erde bekommen würde, da Rongo und ich es ebenfalls in uns trugen. Doch… weißes Licht bedeutete nur eins. – Das Element des Geistes! Das mächtigste Element, das es in der Welt der Nymphen gab. Ich schaute umher und erkannte lauter verwunderte und begeisterte Gesichter. Damit hatte wirklich niemand von uns gerechnet. Livara nahm das Ganze mit mehr Leichtigkeit auf als die anderen. Sie und Levo trugen ebenfalls dieses Element in sich und so wie es aussah, war Koray eine Generation nach hinten gesprungen. Er bekam das Element seiner Großeltern. Als der Stab wieder in seine ursprüngliche Größe zurückkehrte und Koray sich wieder gesammelt hatte, brachen alle Anwesenden in Jubel aus und eilten auf uns zu. Sie beglückwünschten ihn von allen Seiten und jeder sprach ihm seine Hochachtung aus. Nach einem kurzen Freudemoment gab ich jedoch bekannt, dass die Elementenvergabe jedoch noch nicht abgeschlossen sei. Die Nymphen wussten bereits, worauf ich hinauswollte, und stellten sich augenblicklich wieder in einem Kreis um uns herum auf. Koray musste das Element erst annehmen und das konnte nur abgeschlossen werden, wenn er sich in sein Stammtier verwandeln würde. Ich brachte wieder etwas Abstand zwischen mir und meinem Sohn und alle Augen waren nun auf ihn gerichtet. Jeder wartete gespannt darauf, dass nun endlich der weiße Löwe vor uns stehen würde. Koray ballte seine Hände zu Fäusten und ließ die neugewonnene Kraft des Geistes in sich auflodern. Es dauerte nur wenige Sekunden, bis sich sein Körper plötzlich zu verformen begann. Erst schien alles ganz normal, doch plötzlich veränderte sich seine Löwengestalt. Er hatte nicht mehr seine ursprüngliche Größe, sondern wuchs auf Drachengröße. Ich hörte schockierte luftschnappende Geräusche aus der Menge und ungläubige Blicke fielen mir ins Auge. Koray war riesig. Seine Pfoten waren gigantisch und ich reichte ihm gerade noch bis zu den Knien. Ich fragte mich, wie das möglich sein konnte, doch Rongo und Livara schauten mich beherzt an. Ich wusste, worauf sie hinauswollten. Die Annahme des Elements, brachte Rongos Blut in Koray zum Ausdruck. Er hatte noch ein Stammtier der Nymphen – jetzt jedoch auch die Größe eines Drachen. Korays Blick spiegelte ebenfalls Verwunderung und als er sich gerade in seiner neuen Größe zurechtfinden wollte und seine Mähne majestätisch schüttelte, geschah plötzlich das Finale Ende der Verwandlung. Koray hatte mit einem Mal riesige weiße Flügel. Die Flügel glichen die eines Engels – hatten jedoch die Größe von denen eines Drachens. Er sah wie ein Kunstwerk aus. Ein weißer geflügelter Löwe! Noch nie in meinem Leben hatte ich so etwas Schönes gesehen! Ich konnte es erst gar nicht glauben und strich vorsichtig über die weißen Federn. Doch als ich langsam begriffen hatte, dass es tatsächlich real war, sammelten sich erste Freudetränen in meinen Augen und ich hätte nicht stolzer sein können. Voller Begeisterung und Freude drehte ich mich wieder den anderen zu und schaute plötzlich in sprachlose Gesichter. Sie sahen aus, als hätten sie einen Geist gesehen und ich konnte mir nicht gleich erklären, warum sie so auf Korays neues Erscheinungsbild reagierten. Livara sah meine plötzliche Unsicherheit und zog mich behutsam zur Seite.

>> Was stimmt denn nicht? << fragte ich vorsichtig.

>> Koray… er ist… ein Markuslöwe. <<

>> Ja. Das sehe ich. Aber was ist das Problem? <<

>> Dieser Löwe ist das mächtigste Wesen, dass es in unserer Welt jemals gegeben hat. Es ist hunderte von Jahren her, dass der Letzte gelebt hat. Er war schwarz und brachte Unheil in das Leben der Nymphen… <<

>> Aber ist das nun etwas Schlechtes, wenn Koray nun auch…? <<

>> Ich hoffe nicht! Aber ich weiß es nicht! Du darfst es den Nymphen nicht böse nehmen, dass sie nun etwas verängstigt sind. <<

Ich schluckte.

>> Ich verstehe. Aber Koray würde nie…

<<

>> Ich weiß, Kaira! <<

2

Ich war noch immer in das Gespräch mit Livara verwickelt, als die Erde plötzlich zu beben begann. Die Nymphen liefen panisch auseinander und der Boden unter Korays Füßen begann sich plötzlich zu verformen. Erst dachte ich, das sei das Werk meines Sohnes, enes Element auszutesten, doch ich wurde schnell vom Gegenteil überzeugt. Koray und auch sonst niemand hatte damit etwas zu tun. Sand und Erde wirbelten auf und ein leuchtender Ring erstrahlte rund um den Löwenprinzen. Panisch fragte ich Livara, was hier vor sich ging, doch sie stand bloß wie angewurzelt neben mir und fand ebenfalls keine Erklärung dafür. Koray wollte aus dem Kreis hervortreten, doch noch bevor er es schaffen konnte, begann die Erde erneut zu beben und eine Farbenspirale kreiste unter ihm. In der nächsten Sekunde rotierten die farbigen Lichter und der Boden unter Korays Füßen öffnete sich. Alles ging plötzlich ganz schnell und noch bevor ich meinem Sohn zur Hilfe eilen konnte, war er verschwunden. Sein riesiger Körper verschwand durch das glühende glitzernde Portal im Boden. Voller Angst hielt ich mir die Hand vor den Mund und schrie laut auf, während das grelle Licht sofort wieder verschwand. Was war geschehen? Wo war Koray? Alle verstummten und keiner konnte sich das Geschehene erklären. Livara und Rongo standen ebenfalls sprachlos neben mir, als mir die ersten Tränen über die Wangen liefen. Mein Körper zitterte und ich hatte unsagbare Angst um meinen Sohn. Ich wusste nicht was das war, oder wo dieses Portal plötzlich hergekommen war. Noch weniger wusste ich, wo mein Sohn nun sein konnte. Ich sackte auf die Knie und suchte nach einer logischen Erklärung, die es im Moment einfach nicht gab. Rongo schlug vor, ebenfalls ein Portal zu öffnen und Koray mit viel Glück vielleicht zu finden, doch Livara belehrte ihn schnell eines Besseren. Während ich alles nur wie in Trance wahrnahm, hörte ich sie sagen, dass das gar kein Portal war. Jetzt wurde ich jedoch hellhörig.

Kein Portal? Was wares denn dann?

Als ich mit Tränen in den Augen zu lauschen begann, hörte ich sie sagen, dass es sich vermutlich um ein Geistertor handeln musste. Ich hatte erst einmal ein solches Tor gesehen und das war bei Levo. Ich wusste, dass normale Portale nur für einfache Reisen gedacht waren und funktionierten. Geistertore waren jedoch viel mächtiger und konnten dich überall hinbringen. Der einzige Nachteil – man konnte diese Tore nicht einfach erscheinen lassen oder beschwören. Es gab nur gewisse Plätze, wo sie vorhanden waren, und diese Plätze musste man finden. Wie dieses Tor unter Korays Füßen plötzlich entstehen konnte, war selbst Livara ein Rätsel. Sie sprach es zwar nicht aus, aber sie vermutete eine ganz mächtige Macht, die dahinterstecken würde. Bei diesem Gedanken wurde es mir augenblicklich übel und ich wollte erst gar nicht daran denken, dass irgendwer oder irgendetwas Koray Schaden zufügen wollen könnte. Sekunden, die mir wie eine halbe Ewigkeit vorkamen vergingen, als mir Rongo aufhalf. Sein Gesicht war blass und er suchte ebenfalls nach einer Erklärung für das Ganze. Kurze Zeit später hatten sich bereits alle Nymphen und Drachen rund um uns herum versammelt und ich hörte leises Tuscheln aus den Runden. Viele Vermutungen wurden preisgegeben und nicht alle davon waren so schön zu hören. Manche dachten, Koray wäre selbst daran schuld und andere wiederum vermuteten, dass ein böses Omen auf Koray lasten würde. Lexara suchte Zusammenhänge zum Element des Geistes und Atesch fand zum ersten Mal keine Worte für das Geschehene. Anesch und Primara schauten mich bestürzt an und boten mir sofort ihre Hilfe an, falls ich sie benötigen würde. Auch die Drachenbrüder hatten sich in der Zwischenzeit um uns herum versammelt und Schamah hielt Rongos Schulter. Sie flüsterten miteinander und zum Schluss bedankte sich Rongo bei ihm. Ich ging davon aus, dass die Brüder ebenfalls ihre Hilfe angeboten hatten. Schwer atmete ich durch, denn ich wusste, so gerne uns auch alle helfen würden, wir wussten noch nicht einmal, wobei wir ihre Hilfe benötigen würden. Wir konnten ein Portal ausschließen. Und da wir uns sicher waren, dass es sich um ein Geistertor handelte, konnte Koray jetzt so gut wie überall gewesen sein.

Die Situation schien aussichtslos, denn wir wussten nicht einmal, wo wir mit der Suche hätten beginnen sollen. Flehend schaute ich in den Himmel und hoffte auf irgendein Zeichen. Irgendetwas – das mir sagte, Koray ging es gut und wir würden ihn finden können. Doch es schien aussichtslos. Kurz darauf beschwor ich meinen Stab und hoffte, mit dem Sternendrachen in Verbindung treten zu können, doch auch dieser Versuch scheiterte. Nach einer Reihe Misserfolge, beschlossen die Ältesten eine Versammlung einzuberufen. Auch die Drachen zogen sich zurück und hielten eine Konferenz unter Brüdern. Stunden vergingen und die verrücktesten Theorien standen bereits im Raum. Einmal sprachen sie von „Entführung“ und später hatten sie sogar den Sternendrachen im Visier. Doch das alles ergab einfach keinen Sinn für mich. Wer hätte Koray entführen sollen? Wir hatten keine Feinde. Und der Sternendrache? Ihn schloss ich ohnehin aus. Das alles war ein einziges Rätsel, das niemand von uns lösen konnte. Am Abend stießen auch die Drachenbrüder zu uns und erzählten uns von weiteren haarsträubenden Theorien, die ebenfalls keinen Sinn ergeben konnten. Die Dorfbewohner hatten sich schon lange alle wieder zurückgezogen und wollten uns nicht stören. Draußen am Lagerfeuerplatz war es bereits ganz still geworden und die Sonne war nicht mehr zu sehen. Es dämmerte, als Rongo und ich das Haus der Ältesten verließen und einen Moment mit den anderen draußen standen. Die Drachen vertieften sich ein letztes Mal in eine weitere Theorie und ich setzte mich mit Livara und Atesch ans Lagerfeuer. Atesch machte eine kurze knappe Handbewegung und das Holz begann sofort zu knistern und Flammen zischten. Gedankenversunken drehte ich einen Grashalm zwischen meinen Fingern und konnte nicht aufhören, an Koray zu denken. Livara strich mir behutsam über die Wange und flüsterte >> Ich weiß… wie es ist, ein Kind zu verlieren. <<.

Traurig schaute ich sie an und fiel ihr um den Hals. Alles war so emotional und ich hatte in diesem Moment nur einen einzigen Wunsch. – Ich wollte Koray finden. Diese Unsicherheit und Ungewissheit, was mit ihm geschehen war, brachte mich schier um den Verstand. Leise hörte ich plötzlich Ateschs Stimme neben uns.

>> Was ist mit Levo? Vielleicht könnte er uns helfen… In seinem Gebiet gibt es eines dieser Geistertore und bestimmt weiß er mehr darüber. <<

Atesch hatte die Worte noch nicht zu Ende gesprochen, doch ich war bereits überzeugt. Natürlich! Mein Vater wäre vielleicht noch die letzte Hoffnung.

Ich wollte keine unnötige Zeit verstreichen lassen und beschloss, sofort Kontakt zu ihm aufzunehmen. Dank des Stabs war das ohnehin kein Problem mehr. So wie damals bei meiner Hochzeit und der Krönungsfeier, versuchte ich mit Hilfe des Geisterelements meinen Vater zu erreichen. Ich flüsterte immer wieder mit dem Stab und langsam begannen die Farben in der Kugel zu rotieren. Meine Rufe hatten ihn erreicht und meine flehenden Worte schafften es, dass wenige Augenblicke später das Geistertor aus Levos Gebiet in unserer Nähe erschien. Dieses Tor war die einzige Verbindung von der Welt meines Vaters – zu uns. Nur er konnte es öffnen, doch immerhin konnte ich ihn Dank des Stabs zu uns rufen. Es hatte funktioniert und Levo trat wenig später durch das Tor. Besorgt eilte er auf uns zu und wir erzählten ihm alles, was geschehen war. Levo war erst ganz still und hörte sich jedes noch so kleine Detail in Ruhe an. Nach unseren Erzählungen war mein Vater sichtlich bestürzt und beschloss, für eine Weile bei uns zu bleiben. Er versprach mir, alles in seiner Macht Stehende zu unternehmen, um Koray wieder heil nach Hause zu bringen. Levo erwähnte eine Stadt in der Menschenwelt, als er alle möglichen Plätze der Geisterportale durchging. Er erzählte, dass er sehr oft in der Menschenwelt war und sich gut an verschiedenen Plätzen auskannte. Auch Autofahren habe er angeblich gelernt und ein kleines Geldvermögen angespart. Ich staunte nicht schlecht und konnte mir das alles nur sehr schwer vorstellen. Natürlich hatte er den Vorteil des Geisterelements und konnte sich ohne Probleme bei den Menschen aufhalten. Ohnehin war er der Gebieter der gesamten Elemente, aber… Autofahren und Geld sparen? Er versicherte mir, dass er mit Hilfe seines Wissens, alles genau in Erfahrung bringen würde und uns auch bei der Suche nach Koray helfen würde. Ich war ihm unendlich dankbar für seine Bemühungen und mir ging es nach diesem Gespräch schon etwas besser. Ich vertraute auf seine Worte. Und wenn er uns nicht helfen könnte, konnte es auch sonst niemand.

3

Zwei Wochen waren bereits vergangen und Levo war sich inzwischen sicher, dass wir unsere Antworten in der Menschenwelt finden würden, da es dort die meisten Geistertore gab. Er belegte Rongo und mich mit einer Art Zauber, der es uns ermöglichte, das Element des Geistes wie unser Hauptelement nutzen zu können. Mein Vater sagte, es müsse so sein, denn ansonsten hätten wir in der Welt der Menschen nicht die geringste Chance das Geistertor zu finden. Levo verbrachte den Großteil seiner Zeit mit Nachforschungen nach Korays Aufenthaltsort, doch obwohl wir alle Hebel in Bewegung setzten, blieb er unauffindbar. Allerdings hatten wir herausgefunden, dass es einen Platz gab, der uns womöglich weiterhelfen konnte, das Geistertor zu finden. Bei dem gesuchten Ort handelte es sich um Anatolien. – Einem Gebiet in der Türkei. So ergab auch der Rest von Levos Prophezeiungen allmählich einen Sinn. Wenn wir unsere Reise von Derinkuyu beginnen würden, würden wir finden, wonach wir suchten. – Davon war Levo überzeugt. Er ging davon aus, dass sich das Geistertor womöglich in Ağrı befinden könnte, doch bevor wir uns auf die Expedition begaben, mussten wir einen Tempel der Drachen aufsuchen. Während der Vorbereitungen auf unsere Reise trudelten unzählige Dinge bei Rongo und mir ein, die uns die Nymphen brachten. Wanderschuhe, ein Dutzend Paar Wollsocken und Fleece - Pullover, dicke Jacken, Hosen und Handschuhe und dicke langärmlige Shirts. Ein paar weiße gefütterte Schneestiefel und eine Auswahl an Mützen füllten eine Ecke unseres Wohnzimmers. Eigentlich dachte ich, wir könnten unsere Ketten benutzen, um die Kleidung zu wechseln, doch Levo erklärte mir schnell, dass unsere Kräfte in der Menschenwelt mit ziemlicher Sicherheit nicht funktionieren würden. Nachdem die Nymphen das letzte Päckchen geliefert hatten, kam auch schon Levo zu uns.

>> Vater, es sieht fast so aus, als sollen wir den Mount Everest besteigen. Wie sollen wir das ganze Zeug denn überhaupt mit uns herumschleppen? <<

Er lachte kurz.

>> Setzen wir uns doch für einen Moment. Ich würde euch gerne etwas zeigen. <<

Rongo und ich kamen seiner Bitte nach und setzten uns mit ihm an den Tisch.

Levo holte eine Schriftrolle hervor und reichte sie uns entgegen.

>> Sagt euch der Begriff „Ararat“ etwas? <<

Rongo und ich tauschten kurz die Blicke und schüttelten gleich darauf die Köpfe.

>> Es ist ein Berg in Ağrı. Eigentlich ist er der größte Berg in der Türkei. Viele Geschichten sind im Umlauf, was die Umgebung des Berges betrifft. Menschen beschreiben eine utopische Gesellschaft, in der den Bewohnern ein außergewöhnlich langes Leben in perfekter Harmonie beschieden ist. Die Stadt befindet sich im Nemrut – Gebirge, einer Bergkette in Adıyaman. Der wahrlich interessante Punkt ist, dass die Geschichte auf der uralten Sage von dem Berggipfel basiert. – Einem mystischen Ort, der vom Rest der Welt abgeschottet ist und sorgsam gehütete Geheimnisse birgt. In der heutigen Zeit steht der Ort für Zufriedenheit und das Paradis.

>> Das heißt, wir suchen nach diesem Paradis? Den Berg Ararat? << fragte ich.

>> Das ist jedenfalls meine Vermutung. Dieser Mythos ist äußerst faszinierend. Diese Schriftrolle stützt sich auf verschiedene bedeutende Städte und ihre jeweiligen Geschichten. Es gibt Anspielungen auf den heiligen Gral und die Quelle der ewigen Jugend. All diese Mythen ähneln der Geschichte um Ararat. Bei jeder von ihnen sind die Menschen entweder auf der Suche nach Unsterblichkeit oder einer perfekten Gesellschaft. Selbst der Garten Eden enthält viele dieser Themen – der Baum, die Schlange, ein Paradis, wunderschöne Gärten. Viele haben nach einem solchen Ort gesucht und ihn niemals gefunden.

<<

>> Je mehr ich darüber erfahre, umso schwieriger erscheint mir die Aufgabe. Vielleicht wäre es besser, all diese Sachen nicht zu wissen. Zumindest wäre die Suche nach dem Geistertor und dem Paradis dann weniger angsteinflößend.

<<

>> Kaira, wäre es dir wirklich lieber, wenn ich mein Wissen für mich behalte? <<

Ich seufzte.

>> Nein, wir müssen das alles natürlich erfahren und es wird hilfreich sein, Anknüpfungspunkte zu haben. Bisher ist es also niemandem gelungen, das Paradis - der Bergspitze Ararat zu finden? <<

>> Genau. Auch wenn das nicht bedeutet, dass man es nicht versucht hätte. <<

Levo überließ mir später die besagte Schriftrolle und warnte uns vor, dass wir am Ende der Woche abreisen würden. Die nächsten Tage verflogen im Nu, allerdings wurde ich allmählich nervös. Das letzte Abenteuer war schon viele Jahre her und damals hatten viele unheimliche Gefahren auf uns gewartet. Zum Glück hatte ich immer Rongo an meiner Seite. Da nun ein anderes Abenteuer drohend näher rückte, vermisste ich Koray mit schmerzhafter Verzweiflung. Mein einziger Antrieb war die Vorstellung, dass ich für ihn tat, was ich tat. Gewaltsam verdrängte ich den Gedanken, dass er die nächsten Wochen womöglich nicht überleben würde. Er musste einfach. Ein Leben ohne meinen Sohn wäre sinnlos. Und obwohl Levo bis jetzt alles Mögliche tat, um Koray zu finden, blieb unsere Suche ergebnislos. Rongo wurde von Stunde zu Stunde angespannter und darum wollte ich ihn nicht auch noch mit meinen Sorgen um unseren Sohn belasten. Seit Koray verschwunden war, fiel es mir sowieso schwer, mich überhaupt mit Rongo zu unterhalten. Und wenn ich Livara darauf ansprach, wie schwer es für mich ohne Koray war, blickte er schrecklich traurig drein, vergrub sich mit Levo in Recherchen und arbeitete ohne Unterlass weiter. Rongo und Koray waren sich in vielerlei Hinsicht ähnlich, und doch gab es große Unterschiede zwischen ihnen. Rongo hatte viel mehr Erfahrung und war unserem Sohn oft überlegen. Er unterhielt sich gerne, war jedoch nicht so vorschnell mit seinen Antworten wie

Koray und machte sich Gedanken. Er ging sehr hart ins Gericht mit sich und überhäufte sich oft mit Selbstvorwürfen. Koray war lebensfroh und ein richtiges Energiebündel, doch andererseits waren da Dinge, die er oft sagte, die mich sehr an Rongo erinnerten. Mein Sohn war ein angenehmer Gesprächspartner wie sein Vater. Selbst ihre Stimmen klangen sehr ähnlich. Manchmal vergaß ich beinahe, mit wem ich gerade redete.

Anspannung machte sich während der Woche vor unserer Abreise im Haus breit und heute war es endlich so weit. Levo hatte bereits ein Portal zur Menschenwelt geöffnet. Die letzten Tage hatte er schon alles in Derinkuyu für uns vorbereitet und der Reise stand nun nichts mehr im Weg. Als wir uns von allen verabschiedet hatten gingen wir mit Levo durch das Portal in die Menschenwelt.

4

Als wir auf der anderen Seite ankamen, wartete bereits ein Jeep auf uns. Levo hatte ihn zuvor in der Nähe des Portals abgestellt und wir beluden ihn mit unseren Taschen. Es war seltsam, nach so vielen Jahren wieder hier zu sein. So viele Dinge hatten sich verändert. Und ich hätte schwören können, dass selbst die Luft zum Atmen eine andere war. Nachdem wir uns auf unseren Plätzen niedergelassen hatten, fuhren wir, mit Levo hinterm Steuer, los.

Wir fuhren bereits seit mehreren Stunden und nachdem wir in ein Hotel eingecheckt hatten, ließen wir Rongo ein Nickerchen machen, während Levo und ich zum Glockenturm der Stadt fuhren. Anschließend begleitete uns Rongo zum Abendessen in ein Restaurant, das in der Nähe des Hotels lag. Levo suchte für mich ein Nudelgericht aus und für sich selbst bestellte er Köfte, ein türkisches Gericht aus Fleisch und Bulgur. Rongo entschied sich für Gemüse mit Fisch. Am nächsten Morgen standen wir sehr früh auf, um nach Adiyaman weiterzufahren. Wir stiegen wieder in einem Hotel ab und nachdem wir unser Gepäck in unsere Zimmer gebracht hatten, spazierten wir zum Hauptplatz der Stadt. Wir kamen an einem Markt vorbei, an dem es Dutzende von Keramikständen gab. Ein Großteil der Töpferware war aus dunklem Lehm hergestellt und mit leuchtenden Farben bemalt. An anderen Ständen wurden Tier- und Göttermasken angeboten. Die Markstände mit Gemüse und Früchten sahen wir uns genauer an. Wir kauften je eine Schüssel Trauben, einen mit Honig gesüßten Joghurt voller Nüsse, Rosinen und Zimt, der aus Ziegenmilch hergestellt wurde. Wir verließen den Markt und bahnten uns einen Weg zum Hauptplatz, auf dem weder Autos noch sonstige Fahrzeuge erlaubt waren. Levo erklärte, dass der Platz auf diese Weise sauber, ruhig und friedvoll bleiben würde.

>> Das hier ist der Sultans - Platz. Und das dort drüben ist unser Ziel. – Der anatolische – Tempel. << merkte Levo an.

Zwei Steinlöwen bewachten den Eingang zum Heiligtum. Neben dem Gebäude hing eine riesige Glocke an zwei großen Streben. Levo bemerkte augenblicklich mein Staunen.

>> Diese Glocke ist aus Bronze gegossen und ruht auf den Postamenten des Tempels. Bist du an der Geschichte der Glocke interessiert? <<

Ich nickte eifrig.

>> Im Volksmund wird sie auch die Glocke der bellenden Hunde genannt. Einer der früheren Sultane soll einen Traum gehabt haben. Es gibt verschiedene Versionen von der Geschichte, aber auf jeden Fall haben in dem grauenhaften Albtraum des Sultans des Nachts hundeähnliche Kreaturen die Menschen angefallen. <<

>> Hunde – Kreaturen? Klingt nach Werwölfen. << merkte ich knapp an.

>> Das ist gut möglich. In seinem Traum war der einzige Weg, die Kreaturen in die Flucht zu schlagen und sein Volk zu retten, eine Glocke zu läuten. Das Dröhnen der Glocke war so laut und ohrenbetäubend, dass die Kreaturen die Einwohner in Frieden ließen. Als der Sultan erwachte, gab er noch am selben Tag eine riesige Glocke in Auftrag, derart eindringlich war sein Traum gewesen. Die Glocke wurde von nun an benutzt, um den Einwohnern die abendliche Ausgangssperre anzukündigen. Solange die Menschen den Tönen der Glocke folgten, waren sie angeblich sicher. Viele Menschen behaupten noch immer, dass die Hunde zu bellen und winseln anfangen, wenn die Glocke geläutet wird. <<