BLUTHÄNDE - Susanne Riehl - E-Book

BLUTHÄNDE E-Book

Susanne Riehl

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Beschreibung

Science Fiction, Fantasy, Krimi und Horror vom Allerfeinsten bietet Susanne Riehl in ihrem neuen spannenden Erzählband "BLUTHÄNDE" ! "Dreamwatching" führt einen Pharmamanager in die virtuelle und magische Welt seines eigenen Sexus. "Was ist los mit Aja" gibt einen Einblick in die beklemmende schulische Welt der nahen Zukunft. In "Die drei Freundinnen" begegnet uns ein mysteriöser und mystischer Kriminalfall, in den drei junge Abiturientinnen verwickelt sind. "Schuldig" berührt anhand des Schicksals eines Straffälligen die ewig menschliche philosophische Frage von Schuld, Erbschuld und Karma. Die "Indischen Nacht in Deia" lässt ein junges Liebespaar Einblick nehmen in die fantastische Welt von Zeit und Schicksal. Im "Blutnetz der Nacht" treibt ein junger Vampir sein medizinisches Unwesen. "Das Pestbild " ist eine mystische Kriminalgeschichte im Kunstraubmilieu. In "Shamira" begegnet eine Ärztin völlig unerwartet dem Unheimlichen. "Weihnachtsmarkt" offenbart eine beklemmende Geschichte, in der sich Realität und Psychopathologisches auf schreckliche Weise vereinen.

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Seitenzahl: 74

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Susanne Riehl

BLUTHÄNDE

Mystery, Science Fictionund Horror

Das Unerwartete trifft dich dann, wenn du es

unbewusst längst

zugelassen hast…

(Ena Gelo)

Inhaltsverzeichnis

Dreamwatching

Was ist los mit Aja?

Die drei Freundinnen

Schuldig

Indische Nacht in Deia

Im Blutnetz der Nacht

Das Pestbild

Shamira

Weihnachtsmarkt

Dreamwatching

Berlin dümpelte. Vier Jahreszeiten. Donnerstag Abend. 21 Uhr. Scheißregen. April. Der 5er BMW hielt vor dem Hotel. Schlüsselübergabe an den Portier. Routine-Gesten. Standard-Mimik. Mehr fledermäusig als dysphorisch. Der frühe Sinatra zärtelte aus der Lounge. Oder aus der Hotelbar? Bienenwachs?

Weder Zeit noch Lust dem nachzugehen, dachte Bensohn. Und die mit dem Piercing an der Lippe, schon abenteuerlich. Retro, dennoch schräg, heiß, eigentlich verboten in diesem Kontext. Eben Berlin. Mitte. Immer wieder eine Reise wert.

Einen ständigen Koffer müsste man hier haben, wie der Grevelli gesagt hat, das stimmt. Nur eine Stunde und schon waren die Verträge unter Dach und Fach. Dr. Schnürer wird zufrieden sein. Der muss zufrieden sein, der alte Sack! Mit den Schweizern, den Luzernern, lassen sich ohnehin bessere Deals abwickeln als mit den zickigen Leuten aus Den Haag in der letzten Woche. Die Holländer saufen viel und nur das Beste auf Firmenkosten, fressen selbst Sushi wie die Schweine und geben sich danach wie alte Diven auf Kurlaub an der Cote d` Azur. Die Almis brauchen für ihre Praxen die neuen Happy-Keulen gegen schwere Depressionen, bei den meisten Kunden als Burnout getarnt. Die fraßen sie mir aus der Hand! Mit der Eu-Sensi p 20 unseres geliebten Konzernes werden Depressive fortan zu wahren Stimmungskanonen. Da geht die Post ab! Endlich langfristig, nachhaltig und ohne Nebenwirkungen! Alles mit staatlichem Prüfsiegel! Wir sind ein Weltkonzern. Das Zeug war der Messeknüller. Obwohl: Meckerer gibt es immer. Sollen die doch ihre Kräutertees schlürfen, wenn ihnen das hilft und sie Zeit dafür haben! Sollen die doch ihre homöopathischen Tröpfchen in die Meere pieseln! Die Klugscheißer. Jedem das Seine.

Gediegenes Beschäftigsein in der Lounge. Hotelboys warteten artig auf ihre Aufträge, schauten halbäugig und gefällig auf die eifrigen, kokett an ihnen vorbeihuschenden Zimmermädchen. Edelhotel-Game, same Procedure als every day und dies nahezu zeitlos eingefroren in der Akashachronik.

Zwei auffallend hübsche Femmes, die ein gemeinsames Doppelzimmer gebucht haben. Fürstlicher Empfang. Die Nussbraune ist die Schwester eines prominenten Münchner Schauspielers, die Blondierte ist Nachrichtensprecherin bei einem privaten Fernsehsender. Früher war sie als IT-Influencerin in der Wellness- und Foodbranche tätig. Wie heißt sie doch gleich?-

Kleines, nahezu unsichtbares Zugestecke am Tresen. Der Dicke hinter dem Holz mit der viel zu kleinen Lesebrille, in der steifen Karnevalsuniform, überschlug sich mit homoerotischem Zungenschlag und süßhölzernen Komplimenten. Übergangsloses Neutralisieren.

„Womit kann ich Ihnen dienen?“-

Woher hat der bloß diese grauenhafte Lesebrille?

„Guten Abend. Bensohn, mein Name. Firma Pharma-Line, Leverkusen-Dubai. Meine Sekretärin hat für mich ein Einzelzimmer gebucht, für eine Nacht.“

Gewichtiges, fast politisches, digitales Blättern in den Dokumenten im Laptop neben der Glocke. Würdevoller Blick durch die Lesebrille.

„Ah ja. Hier haben wir ihn, den Herren. Bensohn. Joachim. Pharma-Line.“

Schau an, schau an.

„Hier ist Ihr Schlüssel. In unserem Hause haben wir noch Schlüssel!“ Er lächelte stolz. Nostalgiker?

„Wenn Sie etwas benötigen, irgendetwas, dann …“.

„Danke, ich kenne mich ja aus!“-

„Schönen Abend noch!“

Bensohn war auf dem Weg zum Lift, da rief ihn die Lesebrille noch einmal zurück.

„Ach, Herr Bensohn, da ist noch ein Brief für Sie gekommen. Entschuldigen Sie, dass ich ihn vergessen habe.“´

Im Hotelzimmer duftete es nach allergieneutralen Tulpen. Neben dem Strauß ein Piccolo der Hausmarke und ein kleines Betthupferl.

Bensohn legte sein Jackett ab, löste die dezente Krawatte und gönnte sich eine Flasche des besten norddeutschen Edelbieres aus der wie immer viel zu kleinen Minibar.

Noch ein Filmchen nach dem Duschen, einige Fläschchen Bier und dann der Schlaf der Gerechten. Ich hab`s mir nun wirklich redlich verdient! Morgenfrüh dann zurück nach Leverkusen. Wochenende. Simone wollte Gardinen für das Schlafzimmer aussuchen. Ich müsse unbedingt dabei sein, sagte sie.

Er legte sich aufs Bett, die Flasche Bier und die aufdringliche Fernsehzeitung in der Hand. Scheißprogramm! Absolut nichts! Wieder nichts!

Die zweite Flasche war rasch geöffnet und geleert. Wird sich schon mit der Happy vertrage! Dazu eines dieser kleinen bunten Fläschchen. Was soll`s? Feierabend! Endlich!

Zersetzt mit Schneegraupel prasselte der Aprilregen gegen das Hotelzimmerfenster. Da fiel Bensohn der Brief von vorhin wieder ein. Nur eine Werbesendung in teuflisch privatisierter Form. Sehr retro. Wahrscheinlich für alle Hotelgäste. Wusste der Dicke das nicht? Sehr aufwändig, aufgemotzt. Eine IT-Adresse. Geheimtipp. Na, das sagen sie alle. Aber schön zu wissen, dass die hier auch einen Laptop stehen haben. In der linken Hand die Kartoffelchipstüte, in der rechten die Maus, war Bensohn mit Glasfaser-Turbo-Speed im Netz.

Die Arbeit schlich ihm nach. Er klickte die Seiten der Konkurrenz an. Managertrauma. Dann dieser ungebetene Werbebanner einer Erotik-Line. „Dominanz? Ungewohntes? Schockierendes? Nur für Hardliner und echte Kerle!“ Klick.

Aber das war ja, Mensch, so ein Zufall, das war ja die Adresse der Werbesendung von vorhin. Prüfender Blick. Vergleich. Bestätigung. Klick. So ein Quatsch!-

Ich muss Simone noch anrufen!- Nachher, vor dem Zubettgehen. Sie geht ja nie vor Zwölf ins Bett. Das ist der Vorteil, wenn man keine Plagegeister hat, die dauernd `rumnerven und einen aussaugen wie Vampire. Obwohl, ein Sohn wäre schon schön gewesen. Scheißärzte.- Zeugungsunfähig!- Sie können ja ein Kind adoptieren!- Diese arroganten Ärsche! Klick. Schon wieder der Banner. Eigentlich unlauterer Wettbewerb, sehr manipulativ das Ganze, wenn die einem zwangsweise etwas aufdrücken. Klick. Eine bunte Vielfalt. Dominas in voller Pracht für alle Neigungsgruppen. „Special-service. New. Unforgetable geil! Dreamwatching!!! Dreamgirls!!!“

Was ist das für ein Scheiß?!

„Dreamgirls!!! Dreamwatching!!! Dreams!!! Dreams!!! Dreams!!! Ich begleite dich in deine Fantasien und Sehnsüchte!!! Ich besuche dich in deinen Träumen!!! Maile oder simse kurz, was du wünschst und ich erfülle dir noch heute Nacht alle deine Träume. Du überweist nur bei Gefallen, Süßer! Armana, 27 Jahre.“ -

Wie soll der Scheiß gehen? Dreamwatching?- Nackt am Hügel stehen in Island, mitten in den Bergen und in den steifen eisernen Heinrich gebissen werden!

Nur ein Gedankenflash. Weiß ja keiner.

Die Mail war verschickt. Netzausgang. Klick. Dann doch noch TV. Sportkanal. Autorennen. Boxen. Weitere Bierchen. Sekt. Kleiner Whisky. Der Service brachte ein Steak mit extragroßer Portion Pommes rotweiß und Grilltomate mit Parmesanstreusel . Nach dem Bad der Anruf bei Simone, schon leicht lallend. Eben ein harter Tag. Bensohn lag plangemäß im Bett.

Beim Stellen des Radioweckers Kopfschütteln: Dreamwatching! Was die sich alles einfallen lassen!

Digitaler Käse! Dann brachte ihn die Last des Tages zu Fall. Tiefer, fester Schlaf. Er schnarchte.

Plötzlich beißende Kälte in dunkler Nacht.- Man ist das ein eisiger Wind! Feuerflammen aus der Ferne und lodernd auch zu seinen Füßen. Geysir. Es riecht nach verbranntem Tannenholz! Wie zu Weihnachten.- Ich bin ja nackt!- Das ist ja Island!- Bensohn fühlt sich hellwach. Ich träume nicht! Das gibt es nicht! Vor ihm erscheint aus dem Nebel der Nacht eine junge Frau. Im stilechten Domina-Outfit. Sie lacht.

„Na, Bensohn, dachtest du ich bluffe? Dazu wäre mir der Internetauftritt zu schade! Die Konkurrenz schläft nicht. Süßer!“

Frostiger Wind bläst über die Berge. Bensohn friert, zittert, gelehnt an einen naturgewaltigen, uralten Felsen mit Blick auf eine tiefe Schlucht.

„Du wolltest es doch so! Nun reiß dich zusammen, Bensohn!“

Aber wie war denn so etwas möglich? Ich habe doch nur eine E-Mail verschickt. Aus Jux.

„Und nicht geglaubt, dass wir uns, wie abgemacht, nachts in Island treffen? Oh, du ungläubiger Thomas! Was glaubst du denn, in welchem Zeitalter wir leben?

Wir befinden uns im 21. Jahrhundert, Bensohn! Glaubst du der Fortschritt ist von der Pharmaindustrie gepachtet?“

Bensohn schluckt. Woher weiß die Schnepfe das?

„Du kannst mich ruhig duzen, Bensohn. Aber nenn mich bitte nicht Schnepfe! Ich bin keine!“

Ich glaub das nicht, ich glaub das alles nicht! Ein Irrsinn! Die hat Zugriff auf meine Gedanken! Schräg! Ich muss wieder raus aus diesem Alptraum!

„Du kannst nicht raus! Du hast dich selber in diese Welt gebracht, mein Lieber. In eine reale Parallelwelt deiner Seele. Und ich verrate dir ein Geheimnis: Es gibt etliche dieser kleinen Universen! Ich bin Armana, die Meisterin deines Sexus, Bensohn. Ein Teil deines Selbstes!“

Immer noch friert Bensohn im Mitternachtswind Islands. Abenteuerlich der Blick auf die Schlucht. Urängste. Aber auch Ursehnen. Eros und Thanatos Hand in Hand.

„Aber ich weiß genau, das ich träume!-

Und dennoch bin ich ganz wach und klar!-

Armana lacht.

„Nein, mein Lieber, du träumst nicht, Bensohn. Ganz und gar nicht. Im Gegenteil, du bist sogar besonders wach! Du bist in eine Parallelwelt neben den sogenannten Schlaf und Traum geraten. Was ist schon real in deinen kindlichen Glaubenssätzen? Was ist virtuell? Es ist ganz simpel: Dein Astralleib wünschte sich hier her, gierte sogar danach. Du sehntest dich zu mir, Bensohn. Schämst du dich etwa deiner sexuellen Wünsche und Sehnsüchte? -Igittigitt, was?“

„Nein- nein! Natürlich nicht!- Aber ich bin doch glücklich mit Simone!“

„Das sollst du auch bleiben, Bensohn! Versteh doch, ich bin ein Teil deiner Sexualität. Die verborgene, okkulte Seite.“