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Zwischen glitzernden Eiskristallen, Engelsstimmen und einem blutgetränkten Brautkleid, wurde ich zur Witwe und die Frau des Lurkers. Verborgen auf der anderen Seite meines Lebens, schlummert ein Geheimnis, von dem ich nichts weiß. Zwischen Kleinstadtcharme und meiner ersten Liebe spüre ich, dass ich beobachtet werde. Ich sollte davor weglaufen- doch ich, ich fahre geradeaus auf die Zerstörung zu- bis es zu spät ist! Der Mann, der nicht spricht, dieser vor dem dich die ganze Stadt warnt, er macht mir Angst. Seine Moral gleicht purer Finsternis, seine Art ist brutal und verstörend. Seine Augen, voller Dunkelheit, Arroganz- Seelenlos! Der Lurker, herzlos und mehr Sünde als gut ist, hat sie im Visier. -Ich kenne ihren süßen Duft, ihre Vorlieben und ihre Ängste. Ich beobachte sie und ich hasse sie dafür. Ich hasse mich, aber noch mehr hasse ich ihn! Meine Mafia, meine Vendetta oder Ich? Nein, ich bin niemand, der das Gewand des Biestes, in das eines Menschen tauscht. Ich habe keine sprechenden Tassen, bei mir gilt einzig Gehorsam und Loyalität. Fleur, lass uns die Dinge tun, nach denen wir uns beide sehnen- denn, wenn du das siehst, dann gehört alles an dir-nur mir!
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Seitenzahl: 504
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Dieses Buch beinhaltet explizite Sprache, drastische Szenen, eine Welt voller Dunkelheit und einer Menge gewaltvoller Darstellungen. Verschiedenste Triggerpunkte in allen Bereichen, die man sich so nicht wünschen würde, ihnen zu begegnen. Darum überlege dir, ob du in die Welt der Dunkelheit abtauchen möchtest. Du wirst einen Ort besuchen, der deinen Verstand und deine Moral zweifeln lässt, eine Welt, in der das Licht scheint, obwohl es das auf den ersten Blick nicht sollte.
Alle Inhalte, die auf diesen weißen Seiten zu finden sind, sind frei erfunden!
Leseempfehlung ab 18+!
Claudwood, schön dich hier willkommen zu heißen, dunkles Herz. Der Ort, an dem die dunkle Seite leise am Rande agiert. Es jemanden gibt, der dich beobachtet, weil du der Feind bist. Dafür hasst er dich, ihn und sich!
Jemand dich im Auge behält, weil du die Währung in dessen Spiel bist. Er nach Macht und Vergeltung giert und genau du es bist, die eingelöst werden soll, um seine Besessenheit zu stillen.
Der Lurker, er überlässt es nicht dem Zufall und nimmt sich,-dich! Als Ausgleich für das, was getan wurde. Um seine Vendetta zu Ende zu führen.
Was würdest du fühlen, wenn du an einen Ort kommst, in dem es dunkel sein soll, aber für dich Licht scheint? - Auch wenn es dies eigentlich nicht sollte! Deine Moral auf die Probe gestellt wird und du plötzlich andere Sehnsüchte hast als die, welche dir jemals in den Sinn gekommen wären…
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Ich habe das unheimliche Gefühl beobachtet zu werden, meine Mutter meint aber: - Fleur, wir sind hier in einer Kleinstadt, also gewöhne dich daran. Jeder kennt jeden, deshalb sind wir in diese Stadt gezogen. Fleur, du tätest besser damit, dich daran zu gewöhnen. Wir sind nicht mehr in Manhattan und du kein kleines Kind!
Ich glaube nicht, dass es ihr hier so gefällt, wie sie immer sagt. Ich glaube auch nicht, dass sie es nicht bereut.
Beklemmend spüre ich undefinierbare Blicke auf mir. Eine seltsame Aura um mich herum. Wenn ich male, wenn ich schlafe, wenn ich bin. Diese Paranoia, sie begleitet mich seit Wochen - ständig!
Wir wohnen erst seit ein paar Jahren hier. Der Wechsel aus der Großstadt in dieses kleine Örtchen, im Irgendwo zwischen Wald, Bergen und Einfamilienhäusern des Nirgendwos, er ist gewöhnungsbedürftig.
Überall stehen kleine Deko-Elemente herum. Jeder kennt jeden. Den Mann Dave aus dem Kaffee, Ellen aus dem Kuchenstübchen oder Saddy aus der Bücherei. Und dann noch er. Dieser, der mich beobachtet. Egal, ob ich meinen Kaffee trinke, bei Saddy sitze oder arbeite. Es ist, als wäre jemand hier.
Manchmal fühle ich mich wie ein Darsteller aus einer Serie, einer Kleinstadtserie und ich bin dabei die naive, kleine Kindergärtnerin. Wobei ich Erzieherin bevorzugen würde und das auch noch in Ausbildung. Deren Kinder bei Laune halte und die Gemütsausbrüche der Kleinen ausbügle. Ich achte auf ihre Kinder. Bin für sie da, wenn sie kleine Wehwehchen haben, singe und tanze, helfe ihnen beim Großwerden. Ich liebe es.
Hin und wieder denke ich über mein früheres Ich nach. In meinen Träumen wollte ich eigentlich immer Designerin werden, aber meine Mutter sagte, dass das nicht zu mir passen würde. Einen Beruf ausüben, den die Menschen benötigen, wäre die richtige Wahl. Designen kann ich für mich selbst. Hier in Claudwood, ist es die richtige Entscheidung gewesen. Designerinnen? Ja das ist etwas für New York.
Sonntags in der Kirche werde ich von allen kleinen Bewohnern ständig liebevoll begrüßt. Es fühlt sich trotzdem gut an, gebraucht zu werden. Gemocht zu werden. Auch wenn ich manchmal das Gefühl habe, dass ich nicht ich bin. Gefangen in einem Drehbuch, geschrieben von einer überfürsorglichen Mutter. Eltern, die mich von allem abschirmen.
Mein Vater, er regelt ihre Versicherungen, meine Mutter, sie ist zu Hause. Wir sind perfekt für das typische Bild dieser Stadt. Claudwood. Lustig, dieser Name, man könnte ihn auch „im Nichts“ nennen und es würde es nicht einmal annähernd so beschreiben. Ich war noch nie die volle Partymaus, aber ich hätte gerne mehr von dem, wie ich früher war. Ich fahre mit dem Bus zum Einkaufen. Weil mein Wagen einen Schaden hatte. Wildunfall, ja dies geschieht hier ziemlich oft. Meistens gehe ich zu Fuß, denn ich hasse das Busfahren.
So wie gestern hatte ich dieses unheimliche Gefühl, beobachtet zu werden, wie so oft. Egal, wie ich aufpasse, ich finde keine konkreten Hinweise, es ist nicht greifbar. Also bin ich in den Bus gestiegen. Inmitten von Menschen wird mir am wenigsten geschehen. Oder? Möglicherweise sollte ich einfach diese Hirngespinste vergessen? Hier zwischen den bekannten Gesichtern fühle ich mich sicherer.
Und heute sitze ich wieder hier in diesem Bus. Lese den Glitzerseewald, ein Buch voll purer Fantasy. Es liegt in der einen Hand, meine Tasche in der anderen und meine Augen, bei dem schnarchenden Mann neben mir. Mein rotes Haar hängt strohig meine Schultern hinab.
Im Geiste lache ich, denn meine Mutter hasst diese Frisur, so wie ich sie heute auch nicht leiden kann. Die kalte Luft lässt sie schrecklich aussehen. Meine Finger sind kalt und die holprige Fahrt nervt mich einfach so. Das Essen am Abend nervt mich. Ich soll für unsere Gäste kochen, gut aussehen und Friede, Freude, Eierkuchen spielen. Toll! Wenigstens kommt nur Dan mein Verlobter und sein Vater. Also auch bald Familie. Deshalb hat meine Mutter mich auch mit dem Kochen beauftragt. Sie möchte, dass sein Vater sieht, dass ich das typische Rollenbild beherrsche. Puh, dabei kommt mir die Galle hoch. Andererseits heirate ich Dan und nicht seinen Vater, da sollte ich darüber hinwegsehen.
Nett sein und mitspielen. Warum? Weil mein Vater mit jedem Immobilienverkauf Provision bekommt. Richard, Dan und mein Vater, sie planen zusammenzuarbeiten.
Ahnung vom Geschäft habe ich nicht, das darf auch gerne so bleiben. Anders als er sind sie sehr gut in dem, was sie tun. Ich soll mich präsentieren, ein Kennenlernen nach so langer Zeit, sozusagen. Richard hat es nicht so mit Familie, das sagt Dan meine Highschool - Liebe jedenfalls. Für ihn werde ich diesen Abend überstehen.
Dass ich einmal so sein könnte, wie ich sein möchte, ist nicht möglich. Meine Eltern, sie beobachten mich mit Adleraugen. Bald ist damit Schluss und ich werde mein eigenes Haus haben. Großer Garten, Fensterläden und viele Blumen drumherum.
Sein Vater, der Gouverneur. Auch wenn sich dieser hier so gut wie nie blicken lässt. Wie abgedroschen! Ja, auch damit habe ich mich arrangiert. Unsere Hochzeit wird Ende des Jahres stattfinden. Idyllische Feier mit vielen pompösen Dingen, wie Eisskulpturen, Tauben und solche Sachen, zwischen Schnee, Eis und vielen Freunden. Heiratsfähiges Alter heißt es. Verdammt, ich bin einundzwanzig und nicht Mitte dreißig.
Unser Leben wird wunderbar in dieses Bild der heilen Welt hineinpassen. Der Traum jeder Frau. Er, der Traum aller Eltern und der nächste Immobilienmogul. Naja, hier wohl eher ein paar Stufen darunter. Doch für die Verhältnisse hier, ganz weit oben, und ich werde seine Frau. Eine Frau von Stand und Herkunft. Ich werde arbeiten gehen und eine Reinigungskraft haben. Eine Köchin und jemanden, der mir mit meiner Fitness helfen wird. Yoga, jawohl. Der erste Kurs beginnt in ein paar Wochen. Gleich nach Weihnachten. Kurz vor meinem Geburtstag.
Ja, mein Dan, er ist total nett. Die Mädels und Frauen hier schlecken sich alle die Finger nach ihm ab. Er ist blond, groß, muskulös und nett. Claudwoods Kandidat für die Wahl zum Gouverneur, der Erste in diesem Alter.
Entweder wird er oder sein Vater das Rennen machen. Also entweder eine Neuwahl oder der Titel bleibt bei Richard.
Alles zusammen ist da, das Problem. Zumindest, solange er nicht zu viel trinkt. Da habe ich selbst schon eine Ohrfeige bekommen. Er versteht dann alles falsch. Ich hatte ihm die Haustür geöffnet, es war schon spät am Abend, ich hatte nur ein Shirt an. Sofort kam die Ohrfeige. Ich solle mich nicht so zeigen. Ja, ich hätte daran denken sollen, war aber schon im Begriff ins Bett zu gehen. Meine Eltern waren aus.
Bürgerversammlung mit anschließendem Essen. Ich war so unbedacht. Jeder hier hätte mich so sehen können! Ich weiß jetzt, es ist nicht seine Schuld gewesen. Liegt das Problem dann bei mir? Womöglich.
Ich starre seit Ewigkeiten auf meinen Verlobungsring an meinem Finger. Darunter sehe ich meinen braunen langen Strickrock. Der Ring, er glänzt wunderschön in der Sonne, ein seltener Begleiter bei diesem eiskalten Wetter. Um mich herum herrschen rege Gespräche. Die Mädchen ganz hinten, sie singen. Die alte Dame vor mir, sie spricht so laut mit ihrem Mann, weil er nichts versteht. Und ich habe ständig das Gefühl, hier nicht hinzugehören. Genauso, wie ich beim Einsteigen das Gefühl hatte, dass ich wieder beobachtet werde. Ich muss das verdrängen, es ist sicherlich eine Einbildung, weil ich mich erst daran gewöhnen muss, bald im Rampenlicht zu stehen. Dann wird es besser werden. Vor lauter Stress kaue ich schon wieder an meinen Nägeln, und schüttle die Finger ab, sobald ich es spüre. Ich atme die dicke Luft hier drin ein und warte, bis ich aussteigen kann.
Schon morgen werde ich Dan wieder sehen, wir haben uns letztes Wochenende gesehen. Wir sehen TV, kuscheln etwas, essen und haben etwas Spaß, dann fährt er wieder nach Hause. Noch. Bald wird er mit mir schlafen wollen. Ich spüre es. Die Kuscheleinheiten, werden immer drängender. Das eine Mal, als es nicht klappte, zähle ich jetzt nicht.
Wenigstens kommt er zu mir nach Hause, hier fühle ich mich doch etwas sicherer. Meine Eltern sind aber genau morgen nicht da. Das kann etwas werden, überlege ich und verfalle wieder in ein Gedankenkarussell.
Ja, ich bin erwachsen, doch irgendetwas in mir sagt mir, es wäre schöner, bis zur Hochzeit zu warten. Klassisch sein einfach.
Heute haben wir im Kindergarten personalisierte Weihnachtskugeln für in ein paar Wochen gebastelt. Während ich daran denke, spüre ich, wie es mir mein Lächeln auf den Mund zurück zaubert. Inmitten des alten Busses und den Gesprächen der anderen Fahrgäste. Die Kleinen hatten so viel Spaß. Genauso wie ich. Nein es ist nicht alles doof, aber etwas mehr, würde ich gerne wollen. Was das genau ist, weiß ich irgendwie auch nicht.
Ich bin erzogen zur perfekten Kleinstadtfrau, das habe ich erst gemerkt, als wir hier ankamen. Ich hatte in der Großstadt, wenig Kontakte. Wenig Freunde. Aber ich hatte meine kleine Crew. Wir waren auf Partys und genossen das Leben. Ich war immer etwas anders. Hier mögen mich die Leute sehr. Jeder, dem ich begegne, winkt mir zu. Sie geben ihre Kinder, gerne zu mir in den Kindergarten. Sie freuen sich darauf, wenn ich mit Dan zusammenlebe, seine Frau werde. Manche würden es auch so bezeichnen, dass ihnen die Sonne aus dem Hintern kriecht.
Die Wahlen kommen immer näher, überall an den Straßen sind schon diese Plakate. Sie wissen, wie ich mich für ihre Werte einsetzen würde, denn ich habe dieselben. Dan würde einer der jüngsten Gouverneure hier werden. Der ganze Umkreis. Warum, weil sein Immobiliengeschäft perfekt läuft. Weil er in der Gemeinschaft aktiv ist, weil er ihnen hilft Einkäufe zu tragen. Rasen zu mähen und diese Dinge, von denen ich nicht denke, dass er sie gerne macht. Sein politisches Engagement, gepaart mit seiner Herkunft und seiner Raffinesse, das alles bringt ihm die Punkte. Passe ich in dieses Bild? -Ich weiß es nicht! Ich werde es versuchen. Denn wir gehören zusammen.
Ich bin rothaarig, der erste Fauxpas. Ich habe große Brüste, schwierig, wenn man nicht auf Partys geht. Und hier nicht auffallen möchte. Ich bin klein und habe keine Modelstatur. Dan -ihm gefällts. Er steht darauf, beteuert er. Er liebt mich, meint er. Ich mag ihn. Liebe, ich weiß nicht, ab wann ist es Liebe? Ich sehe ihn gern, bin gerne bei ihm.
Früher haben wir mehr miteinander unternommen, doch seit dem letzten Mal, als wir fast Sex hatten, hat sich das geändert. Er möchte, dass ich seine Einzige sein werde. Für immer. Gott, das klingt so endgültig. Ebenso klingt es auch so romantisch. Ist es wohl auch? Ich würde mich selbst nie scheiden lassen, ich halte meine Versprechen. Und das Versprechen, bis dass der Tod euch scheidet, das nehme ich genau.
Nächste Woche werden wir mein Kleid nochmals anprobieren, ich musste fünf Kilo abnehmen, damit es mir passt. Das gab es nur noch in dieser einen Größe. Es ist wunderschön, wie das einer Prinzessin. Es wird eine grandiose Hochzeitsfeier in unserem Garten werden, davor wird es wunderschön in unserer Kirche. Das halbe Dorf wird kommen, es ist wie ein Event geplant. Heizpilze, weiße Pavillons und eine wundervolle Location. Mein Vater führt mich zum Altar, das ist Tradition.
Miss MC Morgan, das klingt doch wundervoll! Sofort bildet sich wieder ein Lächeln auf meinen Lippen.
Und dank der Schuhe, die mir meine Mutter ausgesucht hat, werde ich in der Hochzeitsnacht auch sicherlich nicht mehr weglaufen.
So, die übliche Runde ist gefahren, ich steige als Letztes aus, ihr brauche noch die Zutaten für das Essen heute Abend, Lammbraten. Ich hasse Lamm. Aber wenn ich es kochen soll, dann soll es so sein. Ich kann kochen, ich liebe es zu kochen, dabei kann ich in der Küche verweilen und meine Gedanken sortieren. Solange es nicht spezielle Gerichte sind, die besondere Fertigkeiten erfordern.
Ein Ton aus meiner Tasche. Ich weiß sofort, wer es ist. Dan, seine Nachricht ploppt auf.
-Hey Babe, morgen komme ich eine halbe Stunde später, wir treffen uns nach dem Training, bin noch bei Jess in der Bar. Ich bringe danach den Film mit.-
Ich antworte schnell, er hat es nicht gerne, wenn ich ihn warten lasse. Er hat so viele Verpflichtungen, dass er sofort Antworten benötigt. „Freue mich“ das Footballtraining, ist sehr wichtig für ihn, er wollte immer bei den Profis spielen, leider hatte er vor ein paar Jahren einen blöden Bruch der Schulter, seitdem konzentriert er sich auf die Immobilien. Ja so macht es eben auch Sinn. Er hatte wochenlang diesen Verband. Hat Alkohol getrunken und sich abgeschirmt. Aber ein bisschen Training und Spiele für die heimische Mannschaft, da ist er noch dabei. Er meint auch, es ist schön die Stadt zu unterstützen.
Meine Mutter findet, ein Mann benötigt Freiraum. Dann soll er ihn haben. In dieser Zeit habe ich meinen. Wenn ich daran denke, werde ich wohl nächstes Jahr zu dieser Zeit schon sein Kind unter meinem Herzen tragen, Standard hier. Warum, weil man es eben so macht! Es fühlt sich alles seltsamerweise nicht so richtig an, wie es aber eben schon richtig wäre.
Nachdem ich mich von diesem Schock, also meinen Gedanken hier erholt habe, beschließe ich nach Hause zu fahren und später in meiner Lieblingsbücherei vorbeizusehen. Etwas mit meiner Freundin Sara plaudern, ehe ich dann das Abendessen für meinen Schwiegervater in Spee zubereiten werde. Ich höre in letzter Zeit sowieso zu wenig von Sara. Ich vermisse unsere langen Telefonabende. Unsere gemeinsamen Leseabende.
Bei Richard ist es so, seine Frau ist gestorben, also kommt er zu uns. Dan, er kommt auch immer zu uns, bei ihm bin ich selten. Er hat eine unfreundlich eingerichtete große Wohnung hier, teuer, aber ungemütlich.
Wir sollen eine Familie sein, und uns besser kennenlernen. Meine Familie selbst, ich kenne sie kaum mehr, denn jetzt gehen sie zur Kirche, spielen perfektes Paar. Obwohl es hinter verschlossenen Türen anders aussieht. Ständig herrscht diese gespenstische Stille, diese Anspannung hier. Manchmal glaube ich, sie haben sich schon alles gesagt.
So kommt es, dass ich jetzt wieder hier in diesem Bus saß, den aufmunternden Gesprächen der anderen lausche und von wundervollen Kleidern träumte, welche ich imaginär nähe, oder Bleistiftzeichnungen zu den Büchern erstelle, die ich lese. Es ist eine willkommene Abwechslung. Manchmal verbringe ich stundenlang damit, Zeichnungen zu erstellen. Zu lesen, im Bus, im Park oder in meinem Lieblingskaffee.
Meine Gedanken fahren wieder Karussell, ich kann es nicht ändern, ich bin einfach so. Denn so schnell mir der Gedanke kommt, genauso schnell kommt mir aber auch der Gedanke, dass ich noch ein Waxing für morgen Abend benötige. Auch wenn ich den ersten Sex hinter mich bringen möchte, soviel ich auch Angst habe, so möchte ich nicht so behaart dabei sein. Möchte es jetzt endlich durchziehen. Also werde ich morgen Früh gleich losmüssen. Schon wieder, wieder mit dem Bus. Himmel, wie mich das nervt.
Ich dränge mich durch die engen Gänge des Geschäftes. Es dauert ewig, bis ich alle Zutaten zusammen habe, die noch fehlen. Es gibt hier auch nicht immer alles, vieles dauert Wochen, bis es wieder lieferbar ist. Abgesehen davon, spüre ich wieder dieses Unwohlsein. Egal, wo ich entlanggehe, es fühlt sich an, als würde ein kalter Luftzug in meinen Nacken hauchen. Dieses Gefühl, es ist mir nicht fremd, eher ist es ein ständiger Begleiter seit Wochen. Ich fühle mich beobachtet, deshalb gehe ich nicht in leere Straßen, leere Gänge. Ich versuche immer unter Menschen zu sein. Dan, ihm habe ich das noch nicht gesagt, ist auch besser so. Er würde mich sicherlich auslachen. Oder mein Vater, meine Mutter hat verboten etwas zu sagen. Ich soll ihn nicht aufregen.
Endlich habe ich alles eingekauft, um starten zu können. Meine zwei Tüten voll, sind gar nicht so leicht, darum stapfe ich zielgerichtet in Richtung Bus. Mein Handyakku ist leer, wahrscheinlich ist es zu kalt. Es hat momentan sowieso Akkuprobleme.
Ich bin fast aus der Tür, als mich jemand anrempelt. Ich die Queen der Schusseligkeit, lasse alles fallen. Dummkopf, er ging einfach weiter ohne Worte. Zu allem Übel noch, haben es alle gesehen. Er hingegen, ich bezweifle, dass er das überhaupt gemerkt hat. Er fühlte sich an, wie ein Klotz aus Stein. Ich fasse es nicht. Der Junge aus dem Lager, Willy, er hilft mir schnell alles zusammenzupacken und gibt mir eine neue Tasche. Er selbst sieht ihm immer wieder nach „Der ist gefährlich Fleur. Und er spricht nicht“, flüstert er mir, während er alles schnell verstaut, entgegen. Dieser Mann, ich habe ihn hier noch nicht gesehen. Diese Dunkelheit, welche er um sich trägt, lehrt einem das Fürchten. Das geht übrigens nicht nur mir so. Er gibt dem Geschäftsführer etwas, genau kann man es nicht sehen, ich schiele immer wieder etwas hinüber, als Willy meine Schulter schüttelt und mir kopfschüttelnd zu verstehen gibt, dass ich weiter machen soll. Man hat das Gefühl, hinsehen zu müssen, aber nicht zu dürfen. Seltsam, dann ist er auch, so schnell er kam wieder verschwunden.
Als ich mich wieder aufraffe, meint Willy, dieses Mal ziemlich laut und besonders freundlich „Achte nicht darauf, schön dass du bei uns einkaufen warst.“ Auf der Heimfahrt lässt mich der Gedanke an den dunklen Mann nicht los. Es klang so, als würde Willy etwas verbergen. Was ist das für ein Mensch? Er passt so gar nicht in das Bild des Örtchens. Vielleicht ist er dieser Mann, von welchem die Stadt spricht. Ein Arschloch, ohne Manieren, gefährlich und immer alleine für sich. Es heißt auch er spricht nicht, kauft nur ständig Munition zum Jagen, Whiskey und Zigarren.
Meine Gedanken schweifen zudem auch ständig ab, immer wieder zu diesem Mann, zu meinen Büchern, die ich so gerne lese, zu Filmen, in denen ich gern leben würde. Großstadtleben. Eine von vielen sein. Nicht die, zu der alle nett sind, wegen des Vaters, der Mutter oder des Verlobten.
Meine Rolle, sie steht einfach schon fest.
Das ist das, was mich an dem Ganzen irritiert und stört. Dan ist es nicht, meine Unzufriedenheit ist es. Genauso stört mich im Moment auch diese Busfahrt. Die durchgesessenen Bänke, die Blicke der anderen, die holprige Fahrt. In Gedanken versunken, sehe ich aus dem Fenster. Langsam schleichen sich die bunten Farben in die Welt. Der Herbst, er naht. Der Troubadour spielt fröhlich mit der Gitarre, also sollte es sechzehn Uhr sein. Die Kinder aus dem Kindergarten, sie sehe ich im Vorbeifahren auf dem Spielplatz spielen.
Wundervolle Welt, trotz allem. Finde ich.
Zuhause angekommen, eilt es schon. Schnell bereite ich alles vor, schnipsle das Gemüse, brate das Fleisch und decke den Tisch. Im Hintergrund läuft meine Musik.
Nachdem ich gekocht habe, verläuft das Essen wie zu erwarten. Nettigkeiten werden ausgetauscht. Eine Scheinwelt, die ihresgleichen sucht. Dan, der perfekte Schwiegersohn. Er telefoniert mit seinem Berater, trägt Anzug und führt sich auf wie einer der größten. Und Richard ist stolz. Ja, ja, ja. Das habe ich den ganzen Abend über gehört. Ihre Immobilienfirma läuft tadellos. Ich, die Grundschullehrerin, werde mit meinen Schülern verglichen. Was soll das, ich meine, er hat wohl eher mich ausgesucht, als das ich ihn mir ausgesucht hätte. Und jetzt ist es so, dass es besiegelte Sache ist, denn wir mögen uns. Große Liebe wird kommen, sagt auch meine Mutter. Wir werden ein tolles Ehepaar sein. Seinem Blick nach zu urteilen, zieht er mich bereits aus.
Wenn ich ihn morgen abhole, bekomme ich seinen Wagen. Wir haben genug, doch meiner ist seit Monaten in der Werkstatt, fehlende Teile, auch das ist hier in dem Ort kein Wunder. Es ist wohl der Ort am Ende oder der Ort am Rest der Welt.
Die Unterhaltungen gleichen einem normalen freundschaftlichen Besuch, wir wechseln in das Wohnzimmer, wo mir meine Mutter wieder Bilder von Tischdekorationen zeigt. Ihre Farbwünsche äußert und Dan, mit einem Lächeln daneben sitzt. Mein und sein Vater, sie rauchen Zigarre. Es ist so seltsam, Richard zu sehen, er sieht mich ebenso musternd an, wie ich ihn. Seine dunkle Stimme, sie nimmt wohl jeden Raum ein. Der Wein, er fließt so, wie er sollte, denke ich. Ich würde am liebsten abschalten, Bastelarbeiten für die Kinder vorbereiten. Denn diese muss ich auch noch erledigen. Sogar das Muster des Bodens, welches übrigens wie ich sehe, nicht auf allen Holzdielen gleich ist, ist im Moment interessanter. Meine Farben sind, Gold, Weiß und Flieder. Und kein Rot. Keine Tulpen, kein roter Teppich zum Altar. Nein, das möchte ich nicht, und doch weiß ich. Sie werden es überhören. So wie sie mich bei der Brautkleidersuche begleiteten und mir einreden wollten, was mir steht. Sara und meine Mutter haben einfach ein anderes Auge dafür.
Dan, er geht schon früh, er hat mir seinen Wagen und die Schlüssel gleich hiergelassen. Ich soll ihn morgen früh abholen. Nun ja eher im Morgengrauen, und nachhause fahren. Er trifft sich ja noch in der Bar, wichtig für ihn, er spielt ja auch in unserer Mannschaft. Die Leute lieben aktive Leute, Menschen, die sich an der Gemeinschaft beteiligen, deshalb ist sein Vater auch weiter davon begeistert, wenn er spielt.
Und es bringt Bekanntheit. Wichtig für sein Amt – ja ich weiß!
Meine Mutter hat bereits wieder zu weit in das Glas gesehen, auch sehr oft bei uns der Fall. Mein Vater sowieso, und seine Mutter, ich denke sie passt sich einfach an.
Als sie sich dann doch verabschieden, bin ich schon so müde, dass ich einfach schlafen möchte. Die Küche ist aufgeräumt, meine Mutter bereits auf dem Weg ins Bett. Alles ist wie immer.
Mein Vater, er sitzt noch in seinem Büro, hängt über seinen Finanzplänen. Im Rest des Hauses, herrscht Stille.
„Fleur“, ruft er mich zu sich. Gott, was möchte er denn wieder? Ich stampfe noch schnell zu ihm herüber, hoffe, dass ich auch bald schlafen gehen kann, ich darf auch Dans Anruf nicht verpassen. Oder überhören.
„Fleur, du weißt, dass du dich mehr zusammenreißen musst. Auch, wenn dir die Ideen deiner Mutter, zu der Hochzeit nicht so zusagen, du heiratest Dan. Er ist ein anständiger Junge.
Klar?“, was möchte er denn jetzt wieder, frage ich mich. „Ja ist mir klar. Aber Vater, du hast das mit der Eisskulptur im Garten auch gehört, oder?“, meine Ironie, kann ich beim besten Willen nicht verbergen. „Und wenn sie drei davon aufstellen, wirst du lachen und dich bedanken. Ist das verdammt nochmal klar. Du wirst nichts besseres, als Dan bekommen. Sieh dich an, du hast rotes Haar.“ Ich glaube, ich höre nicht richtig. „Was hat mein rotes Haar damit zu tun. Was soll das?“, wage ich mich ihn zu fragen, wir haben schon lange nicht mehr richtig gesprochen, vielleicht ist jetzt die Gelegenheit dafür. „Gibt es sonst noch etwas, das dir an mir nicht passt. Ich meine, wenn du schon damit anfängst, wieso dann nicht alles sagen?“ Er steht auf, und huscht auf meine Seite des Schreibtisches, packt mich am Arm. „Sei leise und weck deine Mutter nicht auf. Was soll das heißen, nicht alles sagen? Verschweigst du etwas. Du bist in letzter Zeit sowieso so komisch. Mit deinen Allüren wirst du ihn so oder so bald vergraulen. Ich rate dir, überlege dir was du tust. Denn du wirst ihn heiraten. Keine Schande über die Familie bringen. Ist dir das verdammt nochmal klar?“, sein warmer Atem weht mir entgegen. Seine Stirn, sie schwitzt. Sehr stark sogar. „Au, hör auf, du tust mir weh!“, jammere ich, denn seine Hand schmerzt gewaltig. Doch statt loszulassen, greift er fester zu, zieht mich an sich. „Du kleine Schlampe, wirst mir meinen Deal nicht versauen, klar!“, faucht er mir gemein ins Gesicht. Ich versuche, meinen Arm wegzuziehen. „Lass mich verdammt nochmal los, das tut weh!“ „So, loslassen soll ich dich, kein Problem!“, er lässt los und hält mein Kinn, nicht gerade weniger schmerzhaft.
Was ist mit ihm los? Ich vermute, irgendetwas mit seinen Finanzen stimmt nicht, dann ist er immer so schlecht gelaunt, zusammen mit dem Alkohol, ist er unerträglich. Ich hätte einfach früher zu Bett gehen sollen, dann hätten wir das Gespräch hier nicht. „Geh, in dein Zimmer und warte auf seinen Anruf, mach einfach mal, was dir gesagt wird. Und morgen, da machst du schön brav die Beine breit, und hältst ihn verdammt nochmal bei Laune.“ Das hat er doch nicht wirklich gesagt, ich fasse es einfach nicht. Ich bin so geschockt, dass mir nur ein „Fick dich“, herausrutscht. Scheiße, das habe und hätte ich noch nie zu jemandem gesagt, ich kann gar nicht so schnell schauen, wie er mir eine Ohrfeige verpasst. Tränen laufen aus meinen Augen, ich sehe ihn noch kurz an und gehe dann. Ich könnte ausrasten. Der Schmerz, er ist so stechend, ebenso wie der seiner Worte. Ich mag Dan, ich heirate ihn, aber ich muss mir noch lange nicht von allen vorschreiben lassen, was ich zu tun habe. Tränen brennen weiter in meinen Augen, auch dann noch, als ich jetzt auf meinem weichen kuscheligen Kissen liege. Und einfach weine. Der Blick, ständig auf die Uhr neben meinem Bett. Tick, Tack, begleitet mich der nervende Ton.
Was ist mit meinem Vater los, dass er so mit mir gesprochen hat? Das war noch nie. Seinen Blick kenne ich so auch nicht. Das Schwitzen auf seiner Stirn, habe ich schon lange nicht mehr gesehen.
Piep, piep, piep, mein Wecker meldet sich, ich bin sogar so wie ich war, eingeschlafen. Mir ist richtig kalt und ich habe überhaupt keine Lust. Alleine wenn ich schon an die kalte Morgenluft denke, friert es mich. Ein kurzer Blick auf die Uhr, nachdem ich mich im Badezimmer etwas zurechtgemacht habe. Zähne geputzt. Gewaschen und umgezogen. Mein Haar, es hat einen Dutt, das muss wohl reichen. Ich freue mich auf einer Seite, ihn wiederzusehen, andererseits weiß ich, er wird nicht weniger getrunken haben als da, wo wir uns zuletzt gesehen haben. Er findet das normal. Alle finden das normal. Ich hingegen – mir ist das zu viel.
Die Fahrt dauert nicht lange, es ist totenstill auf den Straßen. Hier und da ein paar Lichter, die Ampeln sind ausgestellt. Nichts als Ruhe ist zu spüren.
Mein Wagen, er ist einfach mein. Ich vermisse ihn, meine Freiheit.
Umso näher ich der Bar komme, umso mulmiger wird es mir. Es ist ganz schön was los, ich fahre rechts ran, streiche mein Haar an den Seiten sauber und mache mich auf den Weg. Ich höre lautes Getümmel. Es klingt gar nicht so, wie es sollte. Es fühlt sich auch nicht so an, wie es sollte. Drin klingt es laut, alle schreien. Stühle fliegen so, wie ich sehe, ich stehe bereits ganz am Rand, versuche mich unsichtbar zu machen. Andererseits bin ich hin- und hergerissen, soll ich ganz hineingehen? Nein, das würde ich nicht schaffen, auch wenn ich vielleicht nach Dan sehen sollte. Wo ist er? Leise rufe ich Dan. Nichts kommt. Keiner achtet auf mich. Ah, jetzt endlich kommt jemand auf mich zu, ich kenne ihn, es ist Tom. Noch bevor er etwas sagen kann, reißt ihn jemand von hinten an sich, schlägt ihm eine mitten ins Gesicht. Ich ducke mich vorsichtshalber, versuche nach hinten auszuweichen und mich hinaus zu meinem Handy zu schleichen. Weit komme ich nicht, denn eine große Hand, packt meinen Arm, wenigstens ist es nicht der von vorhin, denn dieser schmerzt. „Kleines was suchst du hier?“ Oh, die Stimme klingt böse und rau. Kurz überlege ich, ob ich mich umdrehen sollte, und die Stimme ansehen soll. Nein, ich schaffe das nicht, die Stimme greift meinen Arm fester, und dreht mich zu sich, „Ach du schon wieder, was suchst du?“ Möchte der dunkle Mann wissen. Ich habe ihn doch gestern erst gesehen, im Geschäft. Er spricht also doch? Ich bringe den Mund vor lauter Angst kaum auf. „Nichts denke ich, ich soll Dan abholen“, sage ich unbeholfen und ängstlich. Versuche ihn möglichst wenig anzusehen. Zu groß ist meine Angst.
Um uns herum fliegen immer noch Stühle, Geschrei und die zu laute Musik ist noch zu hören. Dieser Mann, er ist sauer, das sieht man sofort. „Ah, Dan also, dann such dir deinen Dan, und dann verschwinde. Das hier ist kein Platz für kleine Barbiepuppen.“ Ich zittere, rufe nochmals Dan und sehe ihn dann, Gott sei Dank. Er torkelt herum, ein blaues Auge, sonst scheint er normal zu sein. Ich nicke dem bösen Mann zu, und drehe mich um, gehe schnell um die Ecke und warte, bis er weg ist.
Versuche, meinen viel zu hohen Puls, herunterzuschlucken und mein Herz wieder zu normalisieren. Dan, der mich ebenso gesehen hat, torkelt nach draußen. „Toll, da bist du ja, geht’s dir gut?“, frage ich ihn. „Baby, es ging mir noch nie besser“, lallt er. „Wieso ist da drin eine Schlägerei, um was geht es denn da?“ möchte ich wissen, während ich mich weiter zum Wagen bewege. Ich möchte so schnell wie möglich weg von hier, habe den Schlüssel bereits in Reichweite und ziehe Dan mit zum Wagen. „Ach ein Spinner, ich habe ihn platt gemacht“, meint er. Die Arroganz in seiner Stimme, fruchtbar. Aber ich bin froh, dass es ihm gut geht. Der böse dunkle Mann ist das, was mir Angst macht und mich gerade nicht loslässt. Wieso habe ich ihn heute schon zum zweiten Mal gesehen? Und wieso nennt er mich Barbie? Eine Frechheit. Ich sperre den Wagen auf und setze mich hinein, Dan ist fast schneller drin als ich. Er macht die Musik wieder so laut und grölt mit. Sein Handy leuchtet ständig auf, was er aber schön ignoriert.
Was waren das für Typen, was wollten sie und wieso tut er so gut gelaunt? Ihm ist nicht einmal meine rote Wange aufgefallen!
„Babe, heute Abend, ich komm dann doch nicht. Ich muss unbedingt etwas Geschäftliches regeln. Ich muss dazu nach Miami, du verstehst das doch. Ich bin auch nur ein paar Tage weg. Ja?“ Ich bin verblüfft, muss mich aber auf die Fahrt konzentrieren. Meine Gefühle spielen verrückt. Die Angst von vorhin, zusammen mit dem mulmigen Gefühl, das Dan bei mir hinterlässt, fühle ich mich nicht gut. Vorsichtig lenke ich den Wagen. Hier zwischen den ganzen Wäldern, den Bäumen und dem allen, kann es leicht sein, dass Tiere auf die Fahrbahn treten.
„Ok, wie das plötzlich, ich hoffe dem Geschäft geht’s gut?“, platzt es einfach aus mir heraus. Unsere Hochzeit ist in acht Wochen und er führt sich so auf. Unser Haus wird ebenfalls die nächsten Wochen fertig eingerichtet sein, sodass es unumgänglich sein wird, ihn öfter angetrunken zu sehen.
„Ja, du kennst das doch, es hat mit den Immobilien etwas zu tun, neue Investoren, ich muss mich mit ihnen treffen und den Vertrag unter Dach und Fach bringen. Sie wollen mich morgen bereits treffen. Naja, das und der Flug, ich muss bald los“, lallt er mir weiter entgegen. „Ok, ich fahre dich nach Hause, und rufe mir dann ein Taxi.“ „Nein, Babe, nimm meinen Wagen. Ich lasse mich von John fahren. Behalte ihn, bis deiner fertig ist, ich möchte nicht, dass du immer mit den anderen allen im Bus sitzt“, eigentlich nett, wenn man davon ausgeht, dass es stimmt. Ich höre, dass es eine Art von Befehl bei ihm ist, John, sein Chauffeur, er hat uns selbst schon oft gefahren, und Dan, er behandelt ihn nicht so besonders nett. „Gut ich werde es derweil nutzen“ hat ja sowieso keinen Sinn jetzt mit ihm darüber zu sprechen. Vor allem, wenn er so angespannt wie jetzt wirkt, und ständig aus dem Fenster sieht.
„Gut, Babe, also gib mir noch einen Kuss, bevor ich gehe. Ich rufe dich dann am Abend nach der Landung an. Ja? Und melde dich bei deiner Mutter, sie möchte die Farben für die Teppiche besprechen.“ „Ok“, sage ich schlicht, während er mir einen Kuss gibt. Einen langen Kuss. So dass man mehr möchte. Seine Hand sie wandert wieder zu meinen Schenkeln, ich gebe ihm spaßeshalber einen Klaps auf die Hand, er lacht. „lange hast du nicht mehr, dann bis du mein.“ Dabei bekomme ich Angst, denn das letzte Mal, als wir es versuchten, wurde er wütend. Sein Penis ging nicht in meine Vagina, er hat ihn immer wieder malträtiert. Versucht ihn steifer zu bekommen, er meinte, ich sei zu eng. Er war so grob und doch so komisch. Er entschuldigte sich mehrmals. Mehrmals, ja, aber ich habe schon gehört, dass es bei Männern nicht immer gleich funktioniert. Sicherlich habe ich etwas falsch gemacht, ich werde mich nächstes Mal besser bemühen, auch wenn es mir eine Scheiß Angst macht.
Ich glaube, er verdrängt dieses eine Mal, er spricht nicht darüber, tut so, als wäre es nie geschehen. Nie passiert, dass er mich grob ausgezogen hat. Mich ins Bett gedrückt hatte und so schnell wie möglich in mir sein wollte. Er hatte keine Kontrolle, ach ich weiß auch nicht, er ist so nett und doch seit ein paar Wochen so anders. Ich kann es nicht beschreiben. Sein Vater, alles die Leute, die man sich wünscht, oberflächlich gesehen. Ich meine, ich habe keine Ahnung, ob es hinter anderen Türen auch so läuft. Am liebsten würde ich ihm das sagen, was mein Vater am Abend zu mir sagte. Ich weiß nur nicht, ob es das richtige ist. Mein Vater klang so böse. So gemein, das bin ich nun wirklich nicht gewohnt.
Wir verabschieden uns und ich fahre los. Es führt mich ein kleiner Umweg an unserem neuen Haus vorbei. Ich betrachte es vom Wagen aus. Es sieht so niedlich aus. Einladend. Wohnlich. Außen wie innen. Es ist eigentlich alles, so gut wie fertig. Möbel wären gut. Sonst ist es fertig. Doch so wie meines, so fühlt es sich nicht an. Ich träume von meinem Kleid, unserem Hochzeitskuss und unserem Leben hier. Ich hoffe, mein Kleid gefällt ihm, dieses mit dem Carmen-Ausschnitt und der leichten Meerjungfrauen-Linie. Es passt anscheinend am besten so zu meinem Haar. Die Kirche, alles ist in Glanz und Gloria. Die Hochzeit des Jahres, so zumindest die Titelseite unserer Zeitung. Tränen brennen in meinen Augen, ich mag ihn, ohne Frage, aber das macht mir alles Angst. Und meine Verwirrung über das alles, ebenso.
Scheinwerfer blenden mich von hinten, das Fahrzeug fährt langsam an mir vorbei. Gespenstisch, denn es fährt normalerweise hier niemand zu dieser Zeit.
Ich glaube zu erkennen, dass es wieder dieser dunkle Mann ist. Mein Verstand spielt mir Streiche. Ich befürchte immer, jemand Dunkles sieht mich an. Ist doch totaler Schwachsinn. Mein Handy läutet. Dan, wieder. Was möchte er denn? Ich weiß es nicht.
„Hey Babe, bist du schon zuhause?“, schlicht antworte ich
„Nein, ich fahre gleich.“
„Ok, es ist spät. Also fahr jetzt nach Hause. Sag deinem Vater, er soll mich heute noch kontaktieren!“, er klingt seltsam, einerseits müde und doch so aufgeregt.
„Mache ich. Also bis heute Abend am Telefon!“, lächle ich, auch wenn er es nicht sieht, und gebe ihm imaginär ein Küsschen.
Ich muss unbedingt nach Hause und schlafen, denn ich habe morgen wieder Arbeit. Wenn ich mit dem Wagen fahre, spare ich mir dreißig Minuten, da könnte ich zuvor noch in mein Lieblings-Café gehen und meine Zeichnung weiter malen. Es ist das Beste am ganzen Tag. Dieser Pumkin Latte und meine Zeichnungen. Ich male sie immer dort, der Ort inspiriert mich. Vor allem wegen seiner tollen Aussicht. Man kann das Innere des Ortes überblicken. Bis auf das, dass hier nichts los ist, ist es ja ein wundervoller Ort. Wälder im Hintergrund, soweit das Auge reicht. Musiker, auf den Straßen. Lichterketten, für den Winter. Glühweinhütten, für den Weihnachtsmarkt.
Sommerkonzerte, alles nur hier für die Bewohner, der Stadt. Die Vorstadt.
Möglicherweise kann ich über den seltsamen Mann etwas herausfinden. Dave, er weiß immer, wer wo ist und mit wem
Ich schlage auf das tote Holzstück ein. Aus meiner Nase und meinem Mund, kommt die warme Luft, weiße Nebelwolken trüben die Sicht. Es ist scheiß kalt mittlerweile. Vor allem nachts, so wie jetzt. Aber ich brauche das. Die Muskeln, sie brennen, die Kälte infiziert mich, so dass sie meinen Verstand einzufrieren droht.
Ich schlage Holz, für meine Hütte, für meinen Ort der Ruhe. Hier kommt niemand her, den ich nicht ausnahmslos vertraue. Keine Freunde, nur Familie. Es ist mein Safehouse. Mein Rückzugsort. Bei meinem Beruf, und den Feinden, die ich habe, würden andere gar nicht mehr versuchen aufzustehen. Ich hingegen, habe das Ziel, sie umzunieten. Alle. Ausnahmslos.
Diese Mafia ist auch mein Lebenswerk, und wenn mein Vater abdankt, dann ist mein älterer Bruder dran dann kann ich walten, wie ich will. Denn er, ist einen kleinen Ticken mehr Psycho als mein alter Herr. Noch ist er gut dabei. Gesundheitlich, kaum Einschränkungen. Ich bin jedoch achtunddreißig, er wird also ebenso wie ich, auch nicht jünger werden. Mit seinen knappen siebzig Jahren hat er sich verdammt gut gehalten. Training, gesundes Essen und Sex, alles das, was auch zu meinem Rezept gehört. Mein Lebenselixier. Mein Laster. Zu viel Sex und davon viel zu harten, zu viel Alkohol, aber auch das kann ich einschränken, wenn ich wollte. Nur ich will nicht!
Schweiß tropft von meiner Stirn, bald ist das ganze Holz für die nächsten Wochen gespalten.
Vor meinem geistigen Auge der Fucking damalige Bürgermeister, der alte Sack. Es ist fast dreißig Jahre her. Er hatte Frauen gefangen genommen und gefoltert. Dann meine Schwester Lynn umgebracht. Ich wollte ihn kaltmachen. Ich hatte mich aus Dummheit, als die Gelegenheit da war, auf die tote Frau konzentriert, vergebens. Ich war abgelenkt. Es war unsere Lynn. Meine Schwester. Und er konnte abhauen.
Mein Fehler. Mein letzter Fehler!
Jetzt hat er nichts, sogar sein Sohn Dan, er ließ sich jetzt zum neuen Gouverneur aufstellen. Die Stadt braucht einen. Und er braucht das Geld. Damals, als ich ihn in New York anschoss, ließ er es dann so aussehen, als hätte er sich à la Heldentat beim Football verletzt. Dieser Langweiler! In der Welt der Weicheier hat ihm genau das, noch mehr Ansehen gegeben. Sie feiern ihn. Sie haben eben Mitgefühl und sind dankbar, dass er für sie da sein möchte. Mir wird bei dem Gedanken schlecht!
Mir gab es so etwas wie Genugtuung, dass er Angst bekam. Seitdem sind sie vorsichtiger. Den Alten, Richard, habe ich von dem Tag an, nicht mehr gesehen. Er ist gut. Doch ich bin besser. Der Tag, an dem ich ihn erwische, er wird kommen. Ich bin ihm bereits auf den Fersen spätestens bei der Gouverneurswahl wird er kommen. Ich bin gespannt, ob es einer von diesen beiden Idioten werden wird. Gott, wie ich diese Kleinstadthölle hasse.
Ich bleibe meinem Wald treu, bin hier so abgeschieden, sodass man im Winter kaum zur Hütte gelangt. Meine Chalets liegen fernab der Zivilisation, es sind Chalets für die Menschen, die selbst fernab des normalen Lebens leben wollen. Sie zahlen horrende Mitgliedsbeiträge. Warum, weil sie es können, weil ich ihnen das biete, nachdem sie sich sehnen. Ekstase und Eskalation.
Anonymität unter den Mitgliedern, gehobene Gesellschaft, denn wer es sich leisten kann dabei zu sein, der sitzt nicht neben der normalen Frau XY, die abends häkelt. Leckt nicht die Titten einer Frau, die ein Problem mit ihrem Körper hat. Es sind diese Menschen, die fernab des Mainstreams leben, Sex haben wollen. Ohne Verpflichtung, sich nicht an Regeln halten, außer an diese, die ich aufstelle. Ich biete hotelartige Zimmer, –BDSM-Ausrüstung und Kurse dafür. Vanillas - gibt’s keine.
Andreaskreuze, Paddels, Peitschen, Achter, Alkohol und Essen, gibt’s genug. Partys am laufenden Band und dabei gibt es Themenabende für alle. Schaulustige, kaum. Macher sind am Werk. Wer sich nicht auskennt, kommt nicht hinein. Alkohol, nur so viel wie sie vertragen, ficken darfst du jeden - welcher gefickt werden will! Zusehen - kannst du - wenn sie dich lassen. Mein Ort der Ekstase, der Wonne und des Befriedigen meiner eigenen Bedürfnisse, also warum nicht Geld daraus ziehen. Und die Bude anheizen.
Mein Vater ist noch der Don, ich bin sein Vollstrecker. Das heißt im Umkehrschluss, ich agiere nur, wenn‘s notwendig ist. Habe so, Zeit für mein Leben. Ich wurde von jeher auf den Posten des Killers und Consigliere vorbereitet. Menschlich, nein, davon kann man nicht sprechen, eher wurde ich zur Maschine erzogen. So, wie es bei uns üblich ist. Bin ich meinem Vater böse? Nein, wir haben monatliche Besuchsessen bei meinen Eltern zu Hause. Gut, die letzten ließ ich ausfallen. Mein Bruder, der älter ist, meine Schwester, die ihr eigenes Ding macht, und ich. Wir kommen, essen, besprechen uns und dann hauen wir wieder ab.
Es liegt außerdem nicht weit von meinem eigentlichen Haus in Queens. Es gleicht einer Festung, Ausstattung nur vom Feinsten. Eine typische Villa mit Pool, Cinema und viel Komfort. Hier bin ich, um meine Vollstreckerdienste auszuüben, meine Geschäfte zu regeln, und meine Familie zu unterstützen.
Seit Wochen beobachte ich diese Frau, dieses Mädchen. Sie sitzt meist in dem Café, ich weiß nicht, was es ist, sie fasziniert mich einfach. Vielleicht ist es dieses Haar, diese Augen, ich habe sie noch nicht so genau gesehen. Eher ist es so, dass ich sie zufällig beobachtete, zumindest war es anfangs so. Dann wurde sie zum Ziel, denn ich warte auf den Alten. Immer! Wo sie ist, wird er kommen. Er war untergetaucht, könnte man zumindest so sagen. Nach der Wahl wird er sich hier sicher fühlen. Die Familie bekommt das Mädchen, und mehr Geld. Ja, so eine Hochzeit führt zu mehr als man denkt. Richard, der Wichser, führt dann zusammen mit diesem Dan etwas an, das nur noch grauenhaft sein wird. Er braucht sie. Er ist wie besessen von ihr. Vielleicht, weil sie seiner Ex so ähnlich sieht? Meiner Schwester! Möglich. Lynn, war eine Schönheit, damals in meinen Augen war sie schon alt, weil sie zehn Jahre älter war als ich. Dieses Mädchen, sie ist ihr sehr ähnlich. Doch im Verhalten, genau das Gegenteil. Zumindest soweit ich das nach dieser langen Zeit beurteilen kann. Es jährt sich bald wieder, der zwanzigste Todestag. Dieses Mädchen hier, das träumt. Diese hier steht in der Öffentlichkeit und malt auf Papier. Trägt Sneaker, trägt Jeans. Diese hier hilft den Alten über die Straße. Arbeitet bei Kindern. Sie war sogar da, als ich die idiotische Verbindung im Pub aufgelöst hatte. Der Wichser ist nochmals mit einem blauen Auge davongekommen. Dabei wollte ich nur sehen, wer alles bei seinem Treffen anwesend ist. Halte den Feind nahe. Mein Motto! Beobachte meine Welt. Ich warte darauf, ihn umzulegen. Nachdem ich seinen alten habe. Meine Dienste auszuführen und meine Vendetta gegen ihn zu beenden.
Die Hochzeit ist in ein paar Wochen. Die Wahl, kurz danach. Perfektes Timing für ihn. Wichser!
Ich drücke die Zigarette aus, träume von ihrem roten Haar. Ihren faszinierenden Lippen denke daran, wie sie ihr Bad nimmt. Himmel, Kleines, du solltest die Rollläden besser schließen. Du solltest dich nach dem Sport besser in der anderen Umkleide umziehen, nicht in der, mit der Kamera in der Wand. Fuck, meine Eier brennen wieder. Wegen ihr, das muss aufhören. Spätestens in der Kirche, wenn sie ihr weißes Kleid tragen wird, werde ich sie wohl im Wasser des Herrn ertränken. Schade um so etwas Schönes, filigranes. Sie wird zu viel wissen. Und dann, zu viel sehen.
Gedanklich sitze ich wieder in meinem Büro, vor meinem Schreibtisch. Arbeit egal wo ich hinsehe. Mein Whiskey brav an meiner Seite. Meine Waffe in der Schublade. Also nichts Besonderes, bis auf die Menge an Gästen in meinem Club. Aktuell ist Hochbetrieb. Im Herbst und Winter machen viele hier Urlaub.
Ich atme die kühle Luft ein, werde später noch im See, ein Eisbad nehmen. Hinter den Chalets ist nochmal ein kleiner See, abgeschieden vom Rest. In ein paar Wochen ist bereits Dezember. Dann herrscht hier Hochkonjunktur. Und die Kleine hat wieder Geburtstag, so wie letztes Jahr, als sie ihn alleine in dem Bücherladen verbracht hatte. Fuck – weg mit diesen Gedanken!
Ich habe hier so viel Land, dass man sich gut tagelang aus dem Weg gehen könnte. Ich liebe es.
Ein Blick auf mein Handy, zeigt, dass wir in zwei Stunden in der Bar von Jessy sein sollten. Mit wir meine ich meinen besten Freund, Vincenzo, mein Vollstrecker und meinen Bruder Costa, der immer gerne mitmischt.
Dieser Wichser Dan und sein Vater, sie müssen eine Lehre bekommen. Sein Vater wegen Meiner Schwester. Und der verdammte Hurensohn, ich habe so lange auf ihn gewartet. Ihn so lange gesucht. Und jetzt tauchte er plötzlich auf. Und das anscheinend nur wegen des Mädchens. Sein dummer Sohn wird sie heiraten und dann gehört sie ihm. Dan, der Pisser, deshalb, weil er im Casino meines Bruders, zinken wollte. Seine Sucht. Fast jedes Wochenende war er in dem Club, aber sein Vater war nie zu sehen.
Da wären die braven Bürger hier, wohl nicht begeistert. Mit Geld um sich werfen, als wäre es nichts wert. Dollars zücken, wenn man sie nicht hat - dummer Wichser. Allerdings gilt in den Hallen der Moranos - niemand, stiehlt, zinkt oder versucht etwas in der Art. Wenn ich eher dort gewesen wäre, würde er seinen Kopf nicht mehr auf den Schultern tragen.
Eigentlich ist der Junge kein Grund zur Sorge. Er ist ein Nichts. Underdog. Idiot für seinen Vater. Meine Familie, wartet seit Jahrzehnten auf den Tag, an dem wir Richard Killen. Er hat sein Imperium weiter ausgebaut und ist fast ein transparentes Wesen geworden, undurchsichtig. Richtig gut, das muss man ihm lassen. Deshalb beobachte ich sie, wo sie ist, wird er bald zu finden sein. Da führt kein Weg drumherum. Spätestens an ihrer Hochzeit wird er aufkreuzen. Ich vermute, er hält Frauen gefangen. Seine Peitschenhiebe, sie waren der pure Zorn. Das sah sogar ich mit meinen zehn Jahren. Ähnlich der bei Folterungen. Null Sinnlichkeit, Verlangen, Erotik, nichts war dabei zu sehen. Er ist und bleibt ein kranker Bastard. Und so jemand führt diese Dummen hier, in dieser noch dümmeren Stadt an. Oder hat es vor. Er weiß genau, wieso er an seinen Sohn abgeben sollte, wenn sie ihn wählen. Das bleibt abzuwarten, oder sie betrügen die braven Bürger – das ist genauso möglich.
Ich schleife meine Messer, bedächtig und in Ruhe. Ich breite mich auf den Spaß vor. Ja, es sind nur kleine Jungs, sozusagen. Doch warum sollte ich auf Lebend-Training verzichten? In unseren Kreisen ist das ebenfalls eine Option, die man nicht unterschätzen darf, auch dass jemand Wichtiges dort verkehrt. Und deshalb gilt die Regel, vorbereitet zu sein. Wer würde daran denken, dass der Kerl im Supermarkt, meine Waffen aufbewahrt? Dass das Kindergartenmädchen mit den roten Locken beim Duschen beobachtet wird. Dass ich weiß, welches lilafarbene Buch sie immer wieder in der Hand hat?
Aus diesem Grund beobachte ich auch das Mädchen und nicht ihn. Wo sie ist, wird Richard kommen. Es bleibt nicht aus. Er wird sich sein Eigentum holen. Dann ist sie seine Familie. Beide haben Geld. Beide haben Männer. Soldaten arbeiten nicht, ohne Geld. Wie ich auch herausgefunden habe, bekommt das Mädchen bei der Hochzeit ihr Erbe von ihrem Großvater. Und das, ist wohl so viel, dass es sich zu Morden lohnt. Richtige Langweiler. Kein Wunder, dass Josef vor ein paar Jahren von Manhattan weg zog, er hat so viele Schulden, dass er keine Männer mehr hatte. Er ist unser Feind, weil er in unser Territorium eingedrungen ist und massiven finanziellen Schaden hinterlassen hat. Fentanyl auf der Straße verkauft hat. Schlechtes noch dazu! Das Geld ist mir egal, ich habe genug, es geht ums Prinzip.
Er war dann auf sich alleine gestellt. Ich weiß, die Hochzeit, soll auch ihn flüssiger machen. Er tat das einzig Richtige und hat sich zurückgezogen, seinen Anteil an Männern, seinem Bruder gegeben. Und dieser Schwachkopf bügelt jetzt die Scheiße aus. Doch dieser junge Dan, er ist mir noch lange nicht vergessen. Damals, als ich ihn anschoss, hätte er bereits draufgehen müssen. Dieser Wichser hat es nicht getan. Wir haben also noch eine Rechnung offen. Geistig hake ich die Tage im Kalender ab. Sechs Wochen noch, dann soll er heiraten.
Seine Frau bringt ihnen allen das nötige Kleingeld. Die Stadt liebt sie. Die Werbetrommeln werden gerührt. Ich sehe die Flyer schon vor mir, sie sehe ich geistig vor mir. Dieses junge, hübsche Ding. Sie werden das perfekte Paar abgeben. Die Leute geben ihr Geld für ihn. Sein Haus finanziert durch die Stadt. Seine Einnahmen, die der Stadt. Seine korrupten Tätigkeiten, gegen die Stadt. Dieser Wichser. Ja, diese Stadt ist mir egal. Er jedoch nicht. Sein Vater, er ebenso wenig. Der Alte, auch nicht. Sie haben meine ältere Schwester umgelegt. Warum, weil der Wichser Richard Dans Mutter geschwängert hatte, etwas, das meine Schwester ihm nicht geben konnte. Ein Kind. Einen Nachfolger. Die kleinen feinen Leute hier, haben immer noch nicht geschnallt, dass er ein Don ist. Naja, ein lächerlicher Schwachkopf bei den Spaniern. Sie haben für mich keine Würde. Keine Ehre, nichts. Denn wieso sollten sie sonst Frauen, Kinder und Mädchen vergewaltigen, foltern und ermorden.
Das ist nichts, mit dem ich etwas zu tun haben möchte.
Fuck, mein Whiskey Vorrat ist bald leer. Die bernsteinfarbene Flüssigkeit, meine tägliche Ration, Ruhe. Entspannung. Ich müsste heute wieder etwas besorgen. Meine Muskeln erwärmen sich langsam wieder, als ich das Holz aufrichte. Sauber gestapelt. So wie alles bei mir. Meine kleine Hütte, ist mein Reich. Nichts ist hier fehl am Platz.
Mein Bruder nervt wieder. Er möchte unbedingt schon los. Ich schreibe ihm schnell, dass ich in vierzig Minuten da bin, dreißig davon brauche ich in die Stadt zur Bar. Dann werden wir die braven Leute dort aufmischen. Dan, alleine hilft mir nicht. Heute reicht mir zu sehen, wer ihnen hilft. Das Treffen konnte ich zufällig herausfinden. In solchen Dingen sind sie Anfänger.
Im Desire läuft alles nach Plan, also kann ich mich heute von dort verabschieden. Pavlo, hält den Laden derweil am Laufen. Wir haben so viele Gäste da, dass ich bald einen Einlassstopp machen werde.
Na ja, Sex regiert eben. Sex finanziert.
Ich prause durch den Wald in die Stadt. In meinen Ohren meine Musik. Sie läuft fast auf Anschlag, Äste brechen an Scheiben, die Erde drängt zu Seite. Ich brauche dieses Gefühl. Ich muss mich etwas abreagieren, sonst wird die Party ausarten. Sie sollen nur etwas Angst bekommen. Das reicht. In meinen geistigen Augen sehe ich ihr Bild. Ich sehe sie so oft, dass es sich langsam falsch anfühlt. Wenn sie in der Bücherei sitzt, sehe ich sie. Wenn sie ihren Pumkin-Latte schlürft, sehe ich sie. Ich sehe sie, wenn sie diese Blätter beschmiert. Ihr rotes Haar, eine Farbe, die ich so noch nicht gesehen hatte. Und ich hatte bei Gott, viele, viele Frauen. Das Haar meiner Schwester Lynn war rot, nicht ganz so stark wie ihres, auch die Gesichtszüge waren ähnlich.
Möglicherweise fühlt es sich deshalb falsch an? Nein, es ist etwas anderes. Ich suche sie mittlerweile richtig. Warte, bis ich ihr wieder zusehen kann. Auch in ihrem Haus, in ihrem Zimmer, sehe ich sie. Morgens das Lesen vor der Arbeit im Café, abends, wenn sie sich für das Bett fertig macht. Immer das Gleiche. Duschen, Eincremen, Zeichnen und dann ist das Licht erloschen. Jeden Tag. Seit Wochen. Irgendwann wird es ein Ende haben, denn dann muss Richard kommen, ich weiß es.
Ich parke den Wagen, die Aufschrift des Bauernclubs blendet mich direkt ekelhaft. Ich stehe direkt am Eingang. Mein Bruder, ich sehe ihn schon von der Seite vortreten. Wie gewohnt, eine Zigarette im Mund und ein Lächeln im Gesicht.
„Los geht’s, lass uns die Party starten.“ Ich lächle zurück. Nicke einfach. Habe heute eigentlich keinen Bock, auf die Kinderscheiße. Doch dieser Ort erfordert anderes Handeln. Wer könnte wissen, dass ausgerechnet ihr Vater mit seinem Vater den Deal eingeht. Meine Ohren aus dem Hintergrund haben mich informiert. Sie ist die Bezahlung. Der Alte bekommt einen Haufen Geld. Besser gesagt, sie, aber davon wird sie nichts sehen. Ich muss wissen, wer alles bei ihnen mitmischt. Welche Leute sind seine Auserwählten.
Ich stampfe zur Tür hinein, ein Blick nach rechts. Einer nach links. Sofort tritt Stille ein. Der Gestank der Pisser verpestet die Luft. Der Typ an der Bar, mein Mann, geht nach hinten. Er wird dort so lange bleiben, wie es nötig ist. Die meisten verschwinden. Sie kennen mich nicht, sie sehen mich immer nur. Und ich sehe jetzt, ihre Gesichter und weiß, wer zu dieser lächerlichen Crew gehört.
„Dan, schön, dich zu sehen. Na, schmeckt es dir? Du weißt, warum ich hier bin, oder? Ach, komm, warum schwitzt du so, sag mir nicht du musst jetzt mal für kleine Jungs?“, ich weiß, er muss sich zusammenreißen, den Schein wahren. Es wäre fatal für ihn, wenn er aufgedeckt würde. Sein wahres Ich zeigen würde.
„Was sind denn das für Manieren, möchtest du mir nichts ausgeben?“, blind sehe ich seine Angst. Er ist nicht das, was sein Vater ist, er ist ein dummer Junge. Er überlegt. Er weiß, dass ich meine Opfer in der Regel, absteche. Ohne Wenn und Aber. Ich bin der Lurker, ich warte, bis ich zuschlage.
Die Stille um uns herum ist verdammt laut. Er zischt und lächelt. Sein Fehler! Ich schlage ihm mit der Faust in den Magen. Mit der Linken eins in die Fresse. Hinter mir beginnt das Spiel. Der Trubel wird laut, verdammt laut. Was für ein Spaß. Ich nehme seinen Kopf, blitzschnell, klatsche ihn auf den versifften Tresen. Blut mit Alkohol ergießt sich um mich herum. Stühle fliegen. Im TV ein lächerliches Footballspiel.
„Du verstehst, was ich dir damit sage, nehme ich an?“ Meine Stimme, höhnisch, laut genug und beherrscht. Um nicht zu sagen sie klingt, desinteressiert. Ich bin mir sicher, er kapiert, dass er verschwinden sollte. Seinen lächerlichen Wahlkampf, beiseitelegen sollte.
„Sag deinem Vater, dass ich kommen werde, deiner Hübschen kannst du sagen, sie soll ihren Pumkin Latte noch genießen, solange du ihn ihr noch finanzieren kannst.“
Dann drehe ich mich um und gehe. Es ist nicht nötig, zurückzusehen. Er wird sich nicht rühren, bis ich draußen bin. Mein Bruder, hinter mir. Mein Wagen vor mir. Ich gehe mit einem Lächeln im Gesicht. Er hat jetzt sicherlich genug Angst, um wieder Scheiße zu bauen.
Ich habe das Gefühl, sie ist wieder in der Nähe. Warum nur? Woher kommt der Mist. Ich lege den Gurt an, und habe ihre Haare vor meinen Augen, himmlisches Haar. Verdammt gute Figur. Sinnliche Lippen. Eine einzige Augenweide würde sie nicht in den billigen Fetzen herumlaufen. Ein kranker Hund, hat mehr Stil, zumindest wäre er etwas farbiger als sie. Das sieht Dan ähnlich, er ließ sich von mir anschießen, nachdem er Besuch von ein paar Tussis in seinem Hotelzimmer hatte und seine Verlobte läuft in Billigkleidung herum, bieder und zugeknöpft soweit es geht. Es war ein Warnschuss, seine Finger von meinen Chalets zu lassen. Aus meinem Wald zu verschwinden. Ich schüttle den Kopf, ich muss sie aus meinem Kopf bekommen. Ich habe hier sogar noch die Kaffeetasse im Wagen, obwohl ich hier nie trinke, er ist noch von dem Tag, als ich ihr in der Bücherei zusah. Ich hatte die Hoffnung, ich würde Aufschluss auf Richards Verbleiben bekommen. Aber auch nichts. Vielleicht konnte ich ihn jetzt so aus seiner Verbarrikadierung holen. Mein Bruder ist bereits auf Lautsprecher. „Und bist du zufrieden?“, kommt es von der anderen Seite des Lautsprechers. „Was heißt zufrieden, ich habe meinen Job gemacht“, kurze Stille, ich sehe ihn bereits vorfahren. Er wird mit Antonio, ins Desire fahren. Es läuft alles nach Plan. So wie ich bin, fahre ich noch im Supermarkt vorbei, mein Whiskey und ich haben heute noch etwas vor. Ich nehme gleich mehrere Flaschen mit. Scheiß darauf, sie haben nur einen Einzigen, den ich überhaupt trinke. Die andere billige Plörre kannst du eh vergessen.
Es ist jetzt zwei Wochen her, als ich den Wichser eingeschüchtert hatte, noch immer keine Reaktion. Die Frauen, wir wissen immer noch nicht, wo sie sind. Sämtliche Versteigerungen im Umfeld, ergebnislos. Nichts von Mc Morgan zu hören, weder vom Jungen noch vom Alten. Das Einzige, das man eventuell in Verbindung bringen kann, ist, dass eine junge Frau in einem Waldstück, gegengesetzt zu meinem gefunden wurde. Tod. Zerstochen und aufgeschlitzt. Rotes Haar. Ja, wenn ich raten müsste, Richard. Eindeutig. Seine Besessenheit von dieser Art Frau ist bekannt. Doch zu finden ist er auch nicht mehr. Wie vom Erdboden verschluckt. Seine einzigen wichtigen Kontakte, selbst wenn ich mir die holen würde, würde es nichts bringen. Er ist schlauer als diese. Wieso nur, habe ich auf meinen Vater gehört, und ihn nicht gleich kalt gemacht. Fuck.
Ich schleife gerade in meiner Küche, meine Messer. Mein Jagdmesser, mein Filetmesser und mein Kampfmesser, als die Kamera Bewegungen aufzeichnet. Gespannt sehe ich auf sie. Kann nur einen Wagen erkennen. Dieser fährt langsam die Straße Richtung meiner Hütte entlang. Ich werde doch wohl keinen Gast bekommen? Bis aufs Messer angespannt, gehe ich zur Tür hinaus, gute fünf Minuten zu Fuß, durch den Schnee. Ohne verdammte Jacke oder Shirt. Besuch gibt’s bei mir eigentlich nicht, deshalb, sehe ich mir das an, was kommt, bevor ich gesehen werde. Scheinwerfer, wackeln langsam auf dem Weg zu mir entgegen. Der Waldweg ist dicht, dunkel und ich bin gespannt, wer sich hier her verirrt.
Der Tag, an dem ich lernte, dass Familie noch einen anderen Ursprung haben muss, denn auf Blutsverwandtschaft lässt es sich augenscheinlich nicht zurückführen…
Drei Wochen sind bereits seit der Schlägerei in der Bar vergangen, das kenne ich von Dan nicht. Er zeigt sich in der Öffentlichkeit immer so nett. So liebevoll. Best Buddy von jedem. Na ja, einfach zuvorkommend. Was ist da geschehen, er hat auch kein Wort darüber verloren. Doch die anderen Frauen, sie reden. In dieser Welt, die doch so klein ist, spürt man, was sie von Frauen halten, deren Rolle. Trophäenfrauen wären übertrieben, aber eine Vorstufe davon, beschreibt es ganz gut.
Langsam glaube ich auch, dass ich einiges nicht höre.
Seinetwegen schweigen sie, wenn ich komme. Sara, meine beste Freundin, sie meint immer ich interpretiere da zu viel hinein.
Erst letzte Woche am Telefon meinte sie es wieder. Ich sollte meine Gefühle nicht auf das Verhalten anderer projizieren. Ich würde immer alles auf mich beziehen. Ich sollte positiv denken. Positiv!