Brücken bauen - Mahamudra Hauke Messerschmidt - E-Book

Brücken bauen E-Book

Mahamudra Hauke Messerschmidt

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Beschreibung

Das menschliche Leben steckt voller Herausforderungen, die man in jungen Jahren gar nicht ahnt. Jedes Lebensalter und jede Lebensphase bringt dann schnell "Probleme, die man früher noch nicht hatte". Wer nicht in der Einsamkeit, Verbitterung oder irgendeiner anderen Sackgasse landen will, um dort sein Dasein zu fristen, der benötigt Auswege oder eben "Brücken". Brücken in zwischenmenschlichen Beziehungen oder Brücken im eigenen Inneren wenn man vielleicht mit sich selbst nicht immer so gut klar kommt - die Prinzipien sind immer gleich. Wie diese Brücken gebaut werden können, wie es funktioniert und wozu es gut ist - davon handelt dieses Buch. Humorvoll, anschaulich und zeitlos aktuell.

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Biografie

Mahamudra – Hauke Messerschmidt

Geboren 9.8.1944 während der letzten Kriegsmonate in eine Zeit des Zerfalls des Nazi-Regimes und der Großangriffe der Alliierten auf Hamburg

Vater Jurist, Beamter; Mutter Lehrerin

Kindheit als zweites von sieben Kindern, aufgewachsen im Hamburger Stadtgebiet

Erlebnisse des verlorenen Krieges, Mangel und Gewalt

Jugend in der Zeit des Aufbaus. Überintelligenz und Unangepasstheit an das System, eine Rebellin

Frühe Ehe mit 16 Jahren, 2 Kinder aus dieser Ehe, Ehemann Lehrer und Autodidakt. Tod nach 7 Jahren

Selbstausbildung in Programmierung von Software und Beginn einer Computerkarriere, eigene Firma mit Dienstleistungen

Mit 36 Jahren Auflösung der Firma und Beginn des spirituellen Lebens. Sannyas, Reise nach Indien, eine Tochter kommt mit

Leben in England mit neuem Lebensgefährten Dharma

Gründung eines Osho-Zentrums in Wales, Sannyas Kids School in Poona, später Osho Manjusha im Erzgebirge

Hier Lehren von Meditation und meditativer Lebenshaltung. Arbeit mit Menschen an frühkindlichen Traumata und sexuellem Missbrauch

Aufbau und Leben in einer Kommune. Leben und Lehren in einer Zeit des spirituellen/religiösen Hasses und Arbeit an dessen Bewältigung. Lehren durch Handeln

Am 17. Mai 2006 verließ Mahamudra ihren Körper

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Kapitel 1 . . . .

Was ist ist eine Brücke?

Kapitel 2 . . . .

Warum werden Brücken gebaut?

Kapitel 3 . . . .

Wie baut man eine Brücke?

Kapitel 4 . . . .

Erfolge, Niederlagen und Rückschläge

Kapitel 5 . . . .

Der eigene Wille zur Vollendung

Kapitel 6 . . . .

Vollendung, Loslassen und Freiheit

Kapitel 7 . . . .

Brücken im sozialen Umfeld

Kapitel 8 . . . .

Brücken in der Familie und Freunde

Kapitel 9 . . . .

Brücken in der Zweierbeziehung

Kapitel 10 . . .

Brücken in innerer Spaltung

Kapitel 11 . . . .

Brücken in seelischer Spaltung

Kapitel 12 . . .

Vom Selbst zum Sein

Brücken Bauen

Vorwort

„Der Mensch ist das einzige Tier, das an Selbstmord denken, ihn versuchen oder tatsächlich begehen kann. Selbstmord ist et was ganz Besonderes. Er ist menschlich. Tiere leben, sie sterben, aber sie können keinen Selbstmord begehen. Sie leben, aber es gibt keine Probleme. Das Leben erzeugt keine ‚Angst‘, keinen Kummer. Das Leben ist keine Angst für sie – sie leben es einfach; und dann, so einfach wie sie leben, sterben sie einfach.

Tiere haben kein Todesbewusstsein. In der Tat sind sie sich weder des Lebens noch des Todes bewusst, so dass sich die Frage des Selbstmords nicht stellt. Sie sind sich überhaupt nicht bewusst; sie leben im tiefsten Schlaf des Unbewussten. Nur der Mensch kann Selbstmord begehen. Das bedeutet, dass nur der Mensch etwas gegen das Leben oder den Tod tun kann; es bedeutet, dass nur der Mensch sich gegen das Leben stellen kann. Diese Möglichkeit ist gegeben, weil der Mensch bewusst ist. Aber bedenke, die Probleme des Lebens, die Angst, die Anspannung, die Qualen oder der endgültige Entschluss, Selbstmord zu begehen, kommen nicht aus dem Bewusstsein – sie kommen aus einem fragmentarischen Bewusstsein.

Das muss tief verstanden werden.

Ein Buddha ist auch bewusst, aber er kann keinen Selbstmord begehen, kann nicht einmal daran denken. Selbstmord gibt es für einen Buddha nicht, aber er ist auch bewusst. Und warum? Tiere sind völlig unbewusst; Buddha ist völlig bewusst. Mit totalem Bewusstsein gibt es kein Problem, oder mit totaler Unbewusstheit gibt es kein Problem. In der Tat bedeutet völlige Bewusstheit in jeder Hinsicht, dass man sich jenseits von Problemen befindet.

Ein Mensch hat ein fragmentarisches Bewusstsein: ein Teil von ihm ist bewusst geworden. Das schafft das ganze Problem. Der andere, der größere Teil, bleibt unbewusst. Der Mensch ist zwei geworden. Ein Teil ist bewusst, der andere Teil ist unbewusst. Im Menschen ist eine Diskontinuität entstanden. Er ist nicht ein Ganzes. Er ist nicht ein Teil. Er ist doppelt. Die Dualität hat Einzug gehalten. Er ist wie ein Eisberg, der im Ozean schwimmt: ein Zehntel ist aus dem Wasser, neun Zehntel sind darunter verborgen.

Genauso verhält es sich mit dem menschlichen Bewusstsein und Unbewusstsein: Ein Zehntel des Bewusstseins ist bewusst geworden, neun Zehntel des Bewusstseins sind noch im Unbewussten. Nur die oberste Schicht ist bewusst, und das ganze Wesen bleibt darunter in tiefer Dunkelheit.

Natürlich wird es Probleme geben, denn es ist ein Konflikt im Wesen entstanden. Ihr seid zwei geworden.“

Bhagwan Shree Rajneesh „The grass grows unto itself“ CHAPTER 6 – Awakening (1975)

„Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“

Richard David Precht (2008)

Die Tatsache der inneren Gespaltenheit des Menschen wird uns mehr und mehr bewusst. Dass sie Konflikte verursacht, sehen wir jeden Tag in den Medien, am Arbeitsplatz, in den Familien und im Freundeskreis. Die Anzahl der Suizide hat in der Corona-Zeit Höchststände erreicht. Zu groß war für viele Menschen der äußere Druck auf die inneren Konflikte. Aber auch die Anzahl der Scheidungen und Trennungen im Freundeskreis hat Höchst stände erreicht. Das Gesundheits-, Ansteckungs- und Impfthema hat die Spaltungen in der Gesellschaft nicht verursacht, es hat sie nur deutlich gezeigt. Die Politik hat mit ihrem künstlich kreierten Konflikt die Schwächen unserer Gesellschaft aufgezeigt und – soweit es ihr möglich war – ausgenutzt.

Mahamudra, die von 1999 bis zu ihrem Tod 2006 meine großartige Lehrerin war – und in gewisser Weise heute immer noch ist – hatte ihre eigenen Methoden und Ansätze, mit Konflikten und Spannungen umzugehen. Die Meditation war ihr wichtigstes Werkzeug. Ihre Arbeit basierte auf ihren eigenen Erkenntnissen, dem Stand ihres Bewusstseins und der überwältigenden Vorarbeit Oshos.

Dieses Buch erscheint zu einer Zeit auf dem Markt, in der gewisse machtorientierte Kräfte, wie sie in den Regierungen fast aller Staaten zu finden sind, nach der Weltherrschaft und der totalen Kontrolle der Menschheit greifen, während wachsende Teile der Menschheit nach Freiheit und Wahrheit greifen. Ein Spannungsfeld.

Am heutigen Tage kann nicht mit Sicherheit vorhergesagt werden, wie dieser Konflikt enden wird und ob es tatsächlich zu einer Wende kommen wird, wie es nach dem Zusammenbruch der UdSSR und der Berliner Mauer gekommen ist. Doch Tatsache ist, dass sich die Staaten und die Medien in ein Netz von Lügen, Intrigen und Fehlentscheidungen verstrickt haben, die von der Bevölkerung mehr und mehr durchschaut und kritisiert werden. Es gibt Widerstand, Proteste, Streiks und zivilen Ungehorsam.

Dieses Buch hilft jedem Leser und jedem Anwender des gewonnenen Wissens, Brücken in inneren Konflikten zu bauen und zu finden und auch Brücken im (neu gewonnenen) Freundeskreis.

Und es macht den Spaltern und Haarspaltern dieser Welt das Leben schwerer. Es stärkt den Zusammenhalt der Menschheitsfamilie und in diesem Sinne stärkt es den Widerstand gegen die aktuelle Politik der Zerstörung. Es stärkt unser Immunsystem.

Dr. med. Jochen P. Handel, Polen, 25. Dezember 2023

Kapitel 1

Was ist eine Brücke?

Vortrag vom 11. Januar 2003

Ich begrüße euch zum ersten „Day of the Days“ in diesem Jahr. Das Thema heute und über das ganze Jahr ist „Brücken bauen“.

In jedem Monat einmal werden wir den Architekten und Planern Konkurrenz machen und lernen, eine Brücke zu bauen. So dass wir am Ende des Jahres perfekt sind, Spezialisten, eingeübt, fertig und bereit, um loszulegen. Heute Lektion eins – „Was ist eine Brücke?“ :-). Über jeden Aspekt der Brücke und des Bauens werden wir sprechen, im symbolischen sowie im praktischen Sinn. Dazu kommt, dass wir in diesem Jahr die zwei Brücken über den Pöbelbach ersetzen werden, die wir im letzten Jahr bei der Flutkatastrophe (2002) verloren haben. Also fangen wir an!

„Was ist eine Brücke?“ Eine Brücke hat immer den selben Sinn. Egal ob es eine physische Brücke ist, etwas Praktisches, etwas, das man anfassen kann – zum Beispiel über den Pöbelbach – oder ob es die Brücke ist zwischen zwei Menschen, Gemeinschaften, Ländern, Erdteilen, Planeten, Universen und so weiter. Das Prinzip ist immer dasselbe und wenn man einmal gelernt hat, eine Brücke zu bauen, dann braucht man nur noch das Prinzip auf die anderen Anwendungen umzusetzen. Also werden wir in diesem Jahr gleich zwei neue Brücken bauen, die uns sicher über den Bach bringen werden. Auch dann wenn er wieder steigt, wenn er wütend wird, sein Recht fordert und sich nicht mehr reglementieren lassen will. Unser eigenwilliger Bach.

Eine Brücke ist ein besonderes Gebäude. Das Besondere ist: die Festigkeit, die Stabilität, ist nur an den beiden Enden. In der Mitte schwebt sie über leerem Raum. Das macht Unsicherheit. Das Über spannen des leeren Raumes macht uns ängstlich, denn wir verlieren die Verbindung zum Untergrund, zur Erde. Und selbst wenn wir auf der Brücke stehen und hinunter kucken, dann zieht es uns oft in die Tiefe, da wo die Erde ist. Es macht ein unsicheres Gefühl. Unser Instinkt sagt uns, dass wir noch nicht auf festem Boden stehen. Dass es unsicher ist, dass jederzeit etwas passieren kann. Und das ist so mit jeder Brücke.

Jede Brücke hat immer eine gewisse Instabilität in sich, egal, wie sicher sie gebaut ist. Egal ob es eine runde Brücke ist, ei-uns bewusst ist. Diese ne Hängebrücke oder eine gerade mit Pfeil ern, was auch immer für eine Konstruktion – nur einige Latten über einem Zwischenraum … Immer liegt die Unsicherheit in der Mitte, wenn man darauf steht und sie überquert. Und immer muss man sich fragen, ob die Verbindung hält.

Es gibt ganz wunderbare und tolle Brückengebilde: riesige, größere, längere, kleinere, natürliche, … vielfältige. Aber immer zählt, dass die Verankerung an den Enden das Wichtigste ist und dass man in der Mitte am unsichersten ist. Es ist wie ein künstliches Stück Land, dass die zwei Teile verbindet, die Ufer des Baches oder die Höhen über einem Tal, über einem tiefen Einschnitt in der Erde. Immer ist es die Verbindung zwischen Trennungen. Und auch das macht die Brücke unsicher. Man spürt die Trennung, die darunter liegt: Ein Tal, ein Wasser – was auch immer es ist.

„Eine Brücke ist ein besonderes Gebäude. Das Besondere ist: die Festigkeit, die Stabilität, ist nur an den beiden Enden. In der Mitte schwebt sie über leerem Raum. Das macht Unsicherheit.“

Wir Menschen sind in unserem Ausdruck und unserem Erleben symbolischer und phantasiebestimmter, als wir glauben, als tiefen Bedeutungen einer Brücke durchziehen unser ganzes Leben – immer dann, wenn wir etwas überbrücken müssen oder wollen, wenn wir etwas überqueren: Immer gelten dieselben Vorstellungen und Regeln. Es ist ein Teil von uns selbst, denn auch in unserem Inneren, in unserem Körper, in unserer Seele, selbst in unserem Ego gibt es viele Brücken, die gebaut oder geschlagen werden müssen. Verbindungen, die gebildet werden müssen, damit etwas zusammenkommen und funktionieren kann. Dazu gehören in unserem Körper zum Beispiel das Nervensystem, die Blutbahnen, die Energiebahnen. Sie haben auch eine Brückenfunktion und sind in dieser Funktion verletzlich. In unserer Seele sind wir gespalten zwischen männlich und weiblich, bewusst und unbewusst, mit Brücken in den Hauptbewusstseinszentren.

Eine Brücke ist ein Ausdruck von Kommunikation und manchmal Heilung. Wer eine Brücke baut, möchte etwas verbinden, etwas zusammen bringen. Kein Zerstörer, kein Mensch, der in seinem Innersten ein Zerstörer ist, kann wirklich gute Brücken bauen. Ein Georg W. Bush kann sich noch so sehr anstrengen, aber er wird niemals ein Meister der Friedensgespräche sein. Und ebensowenig sein Gegenpart Saddam Hussein. Wer in seinem Größenwahn über die Achse des Bösen spricht, sie definiert und Menschen in diese Funktion hinein manipuliert, wird niemals in der Lage sein, eine wirklich gute und solide Brücke zu bauen. Wer seine Energie aus der Zerstörung zieht, wird niemals etwas zusammen bringen können. Umso mehr und wichtiger ist es zu lernen, wie man eine schöne, feste und solide Brücke baut, die auch lange Zeit halten kann. Denn genügend Menschen wie diese beiden sind da, die bereit sind sich zu streiten und alle Verbindungen einzureißen, abzugrenzen, hinter ihren Grenzen zu sammeln, um dann mit um so mehr Macht nach draußen zu gehen.

„Wir Menschen sind da eigentlich von unserem Potential her unendlich genial, das kann man schon sagen, wir sind fähig und erfinderisch.“

Eine Brücke zu bauen ist besonders dann wichtig, wenn die Störungen schon da sind. Wenn der Krieg da ist, der Streit tobt, die Anschuldigungen hin und her fliegen und alles eskaliert. Wir Menschen sind da eigentlich von unserem Potential her unendlich genial, das kann man schon sagen, wir sind fähig und erfinderisch. Denn wenn der eine Weg nicht klappt, dann gibt es immer noch viele andere. So kann jeder erleben: wenn man eine flotte Frau sieht oder einen knackigen Typen, und man will die Verbindung machen – wenn es auf die eine Art und Weise nicht klappt mit dem Kennenlernen, dann gibt es tausende von Möglichkeiten, die einem dann noch einfallen können.

Und so ist das auch mit dem Brücken bauen: Wenn auf der einen Ebene Krieg ist, sind wir trotzdem fähig, auf einer anderen Ebene etwas Neues anzufangen. Es mag vielleicht manchmal verlogen klingen, aber es ist gleichzeitig auch genial. Auch eine Brücke macht die Verbindungen nicht auf der Ebene, wo die Erde ist oder auch nicht direkt auf der Oberfläche des Bachs, sondern auf einer anderen Ebene, hoch in der Luft. Und so können wir denn, während sich das Fußvolk noch streitet oder die „Angebetete“ – die attraktive Person – von anderen in Anspruch genommen wird, auf eine andere Ebene gehen, zum Beispiel die des Gesprächs. Es gibt Verhandlungen, Diplomatie, es gibt Worte, Interessen, die weit entfernt sind von allem Handeln und die erst einmal versuchsweise funktionieren.

Was ich damit sagen möchte ist, wenn man einen Abstand wirklich überqueren möchte, dann kann man sich darum streiten, es auskämpfen, man kann einen direkten Schritt in Richtung des anderen machen, der vielleicht böse endet oder man kann sich vorsichtig Schritt für Schritt annähern. Man kann erst einmal reden, man kann sich abtasten, man kann herausfinden, wo die Möglichkeiten liegen und sich erst am Ende annähern. Das ist eine Brücke. Wenn man dann die Brücke soweit gebaut hat, dass man sich in der Mitte treffen kann, ist es an der Zeit, sich in die Arme zu fallen.

„Gerade das Akzeptieren ist eine der stärksten Brücken, die überhaupt möglich sind.“

Eine andere Brücke ist die Liebe und das Akzeptieren. Statt zu handeln und die Dinge nach dem eigenen Geschmack zu verändern, statt ein Boot zu nehmen, um den Bach zu überqueren oder ein Floß, statt in das Tal runter und den nächsten Hang wieder hoch zu gehen, kann man akzeptieren, dass das, was da ist so da ist, wie es ist. Statt die Berge abzutragen und die Flüsse zu begradigen oder leer zu pumpen, kann man sich ihnen Stück für Stück anpassen, um so eine Verbindung wachsen zu lassen.

Zwischen Menschen ist es das Gleiche: man kann endlos darum kämpfen, dass die andere Partei sich verändert, dass sie aufwacht, dass sie etwas für sich tut, dass sie sich pflegt, dass sie et was teilt, dass sie mithilft, dass etwas gegeben wird – oder man kann akzeptieren, dass der andere erst einmal so ist, wie er ist. Damit kann ein Fluss, eine Öffnung, ein Austausch entstehen. Gerade das Akzeptieren ist eine der stärksten Brücken, die überhaupt möglich sind.

Dann gibt es noch eine andere ganz wunderbare Brücke: das Teilen und Lehren. Wenn jemand auf einer einsamen Insel sitzt, allein für sich und völlig ohne Material und Wissen, um eine Brücke zu bauen, dann kann man ihm vormachen, wie es gehen kann. Jeder Stein, der auf der einen Seite gebaut wird, kann auf der anderen Seite nachgebaut werden. Jede Strebe, jede Stütze – so dass Schritt für Schritt die Brücke entsteht, wo man sich in der Mitte treffen kann. Oder wo der eine die Brücke überquert, um zum anderen zu gelangen.

Es gibt noch viele wunderbare und großartige, tolle vielfältige, phantasievolle und auch schreckliche Brücken, über die wir im Laufe des Jahres gehen werden. Dies sind nur einige Wichtige, um zu verstehen, was eine Brücke ist. Um der Bedeutung der Brücke in unserem Bewusstsein mehr Raum zu geben. Denn unser Denken ist das, was alles kreiert.

„Eine Brücke ist auch ein Ort der Begegnung.“

Wenn wir verstehen, was eine Brücke ist, wenn wir anfangen, uns die Brücken in unserer Umgebung anzukucken, wenn wir in unserem Verhalten die Brücken erkennen oder die Notwendigkeit für Brücken und auch die Unfähigkeit, welche zu bauen, dann wird sich daraus eine Energie entwickeln. Diese Energie, diese Kraft wird uns mehr und mehr befähigen, an den Brücken zu bauen.

Eine Brücke ist auch ein Ort der Begegnung. Niemals werde ich die Brücke vergessen, auf der ich in Irland gestanden habe. Eine ganz normale Brücke – schmal und flach aber lang – und trotzdem der Ort der Begegnung für das ganze Dorf. In Irland sind alle Leute arbeitslos oder fast alle. Die Tätigkeit ist auf der Brücke zu stehen, die Angel in den Fluss zu hängen, obwohl keine Fische rauskommen, und zu rauchen, auch mal Bier zu trinken und miteinander zu reden. Es ist der sozialste Ort – noch sozialer als eine Kneipe – wo alle sich treffen können und etwas zu tun haben. Es ist die Einladung der Brücke, die diesen Platz schafft. Den Platz der Begegnung, des Austauschs, die Tageszeitung, die Vervielfältigung der Möglichkeiten, die kleinen schwarzen Geschäfte und auch die Begegnung mit den Touristen, mit den Besuchern, mit der Welt von draußen. Ein Platz des Begegnens und Austauschens. Ein ganz besonderer Platz.

Eine Brücke lädt ein, die eigenen Grenzen zu überschreiten und den Horizont zu erweitern. Jede Brücke ist wie eine stehende Einladung – abzuzweigen und über die Brücke hinwegzugehen oder zu fahren. Sie hat einen gewissen Sog, sie verspricht etwas. Das, was auf der anderen Seite ist. Das, was man vielleicht noch nicht gesehen hat, was vielleicht um so viel schöner ist als das, was man bisher hatte. Sie öffnet neue Wege aus der Isolation, sie verbindet die Teile unseres Egos oder auch Ego mit Ego. Sie verbindet unsere Individualitäten, auch wenn es immer schwieriger wird, je tiefer die Individualität verwurzelt ist.

In Wirklichkeit, wenn man es sehr tief versteht, ist die Brücke, der Sinn der Brücke, dass die Allverbundenheit – die Verbundenheit und Einheit aller Dinge – in einem ganz kleinen Stück Leben sichtbar wird, an der Oberfläche, an der normalerweise nichts verbunden ist. Deshalb ist jede Brücke so besonders, ein kleines Wun der in ihrer Göttlichkeit.

„Eine Brücke lädt ein, die eigenen Grenzen zu überschreiten und den Horizont zu erweitern.“

Wir werden dieses Jahr zwölf solcher wunderbaren Brücken bauen und am Ende den Zyklus abschließen. Und ich hoffe, dass jeder von euch Misstrauen und Lieblosigkeit loslassen kann, um viel Spaß zu haben an diesen Bauwerken. Dass jeder sein Streben nach Macht und Sicherheit loslassen kann, um sich zu öffnen für das, was möglich ist. Nicht sich zu schließen und sein Territorium zu verteidigen. Ein Mensch voller Misstrauen kann keine beständigen Brücken bauen. Nur ein verstehendes Herz wird immer Brücken bauen, immer wieder und immer neu, damit das Ganze durch die Teile in seiner Schönheit hindurchschim mern kann. Und am Ende verschmelzen alle Brücken zu ei- nem Ganzen, das wir alle sind. Am Ende sind wir alle Meister geworden – im Brücken bauen zumindest.

Was ist eine Brücke?

Fragen und Antworten

Wir sind im Steinbock (Sternzeichen), da ist man eher hart und eng. Draußen gehen die Temperaturen nach unten – das hilft auch nicht gerade. Wir sind am Anfang eines schwierigen Themas, das uns zwölf Monate beschäftigen wird, also kann man nicht soviel Resonanz erwarten. Das ist völlig ok. Trotzdem, macht euch ein bisschen auf für das, was jetzt gerade passiert. Am Anfang gibt es nur so ein kleines Verständnis davon, aber sehr theoretisch und vom Kopf her, was das alles soll und worüber ich da eigentlich spreche. Von der ersten Idee bis zum perfekten Baumeister ist es eben ein langer Weg. Deswegen habt Geduld mit euch selbst und bitte auch mit mir. Damit, dass ich anfange zu klopfen und zu hämmern. Ja, irgendwann, wenn man dann genug geklopft hat, dann erscheint aus dem Ganzen dann auch plötzlich das, was rauskommen soll.

Frage:„Wie sieht die Brücke zwischen Eltern und Kindern aus, ohne dass sie schädlich (als Einbindung) auf die Kinder wirkt? Danke für deine vielen Brücken.“

Mahamudra:„Zwischen Eltern und Kindern gibt es eine natürliche Brücke, eine geistige Verbindung, sie ist von vornherein immer da. Das ist der Segen und auch der Fluch der Elternschaft.

Segen, denn es gibt dem Kind die Möglichkeit, zumindest zu seinen Eltern Kontakt zu haben und von ihnen zu lernen, bevor jemand anders in sein Leben eintritt. Es gibt den Eltern die Möglichkeit, ihre Erfahrungen weiterzugeben und das, was sie selbst nicht manifestieren konnten, eventuell auch auf diese Art und Weise weiter zu vermitteln und zu einer gewissen Erfüllung zu bringen.

Und gleichzeitig gibt diese natürliche Verbindung auch die Möglichkeit zu Missbrauch jeglicher Art in beiden Richtungen: vom Kind zu den Eltern, von Eltern zum Kind. Das Besondere, das Problem zwischen Eltern und Kindern – wenn man es ein Problem nennen kann – ist das, dass man diese Art von Verbindung niemals völlig trennen kann. Sie ist immer da, egal ob man sein Kind liebt oder hasst. Und das, was man dann empfindet, erlebt auch das Kind und umgekehrt. Diese Besonderheit gibt es eben nur zwischen leiblichen Eltern und Kindern. Deswegen sollte man genau kucken, noch genauer als sonst, wie man zu Situationen steht. Zumindest das eigene Kind wird davon berührt sein.

Deshalb ist es eine so große Verantwortung, ein Kind zu haben. Es ist ein so großer Schritt, denn man wird es nicht mehr los. Wenn man es einmal geboren hat, dann ist es da bis es seinen Körper verlässt. Und es ist immer eine Bindung da. Eine Bindung, die man in all seine Handlungen, seine Gedanken, seine Gefühle mit einbeziehen muss. Von der man wissen muss, dass sie da ist. Alles, was die Eltern tun, betrifft in indirekter Weise auch die Kinder. Darüber hinaus natürlich auch noch in direkter Weise, aber in indirekter Weise, zusätzlich.

„Von der ersten Idee bis zum perfekten Baumeister ist eben ein langer Weg. Deswegen habt Geduld mit euch selbst und bitte auch mit mir.“

Genauso ist es mit unseren Eltern. Alles, was wir tun, betrifft auch unsere Eltern. Wer sich als Eltern tolle Personen ausgesucht hat, hat damit vielleicht nicht viel Probleme. Es sei denn, er ist ein richtiger Bösewicht, der sich dann unverstanden fühlt. Umgekehrt, wenn die Eltern nicht so ganz geradlinig sind, wird es sie belasten, wenn die Kinder plötzlich total anständig werden. Es ist nicht zu ändern. Die Verbindung ist da. Sie ergibt sich aus dem Körper, aus dem Sein im Körper. Und das macht es so brisant, so wichtig. Wenn man ein Kind bekommt aus berechnenden Gründen – für Sicherheit, Stabilität von Familie und so weiter – dann macht man sich oft nicht klar was für Konsequenzen das in der Verbindung in der Zukunft haben wird.

Andererseits ist gerade diese Verbindung ein so großartiges Potential. Egal ob man will oder nicht, es bedeutet einem etwas: Eltern zu sein oder Kind zu sein.

Man kann es verdrängen, aber man kann es niemals los werden. Es wird immer da sein. Und letztendlich sind immer diese Menschen diejenigen, zu denen man Position beziehen muss – ob man will oder nicht. Alle anderen können einem egal sein. Man kann sich auf eine einsame Insel verfrachten und mit niemandem etwas zu tun haben, die Eltern und die Kinder werden einen begleiten. Deswegen kann man auch getrost seine Kinder abgeben. (Lachen) Im Äußeren werden sie abgegeben. Tief im In neren bleibt immer etwas verbunden.“

Frage:„Eine ganz praktische Frage. Zwei Jungs, die von früh bis spät miteinander Krieg führen, sobald sie sich begegnen. An Friedensverhandlungen sind sie überhaupt nicht interessiert. Alle Vermittlungsbemühungen sind bisher im Sande verlaufen. Müssen sie ihren Krieg erst einmal zu Ende führen oder sind unsere Bemühungen auf der falschen Spur?“

Mahamudra:„Das sind die Situationen des täglichen Lebens. Immer gibt es irgendwo zwei Jungs, die sich aus irgendwelchen mysteriösen Gründen nicht leiden können und die, mehr oder weniger offen je nach Situation, miteinander Krieg führen. Friedensverhandlungen, die sich auf den Kopf beschränken, können da nicht weiterführen, wenn der Hass so viel tiefer sitzt. Und der Krieg wird nicht zu Ende gehen. Eher werden sich die beiden die Köpfe einschlagen, als dass der Krieg zu Ende geht. Denn der Hass, der unten drunter sitzt, ist einfach unendlich, bodenlos.

Es macht auch Spaß Krieg zu führen, einen würdigen Gegner zu haben und sich tagtäglich zu beweisen. Es macht Spaß, einen Menschen zu bekämpfen, anstatt einen Sandsack. Ein Sandsack ist da völlig uninteressant. Und es macht Spaß andere mit reinzuziehen, die sich bemühen Frieden herzustellen.

Es gibt keine Rezepte. Es gibt nur das: Die Erfahrungen mit der Ernte des eigenen Verhaltens. Gerade Erzieher trauen sich oft nicht in diese Bereiche herein, um kräftig mitzumischen. Aber manchmal ist es der einzige Weg. Zumindest um dem anderen zu zeigen, dass er durch seine Aggressionen die Umgebung nicht beherrscht. Welche Brücke du bauen musst, das kann nur aus deiner Kreativität kommen. Und solange du Vorbehalte und Vorurteile hast, wird dir die richtige Idee nicht kommen.

Erst wenn der Krieg auch zu deinen Mitteln gehört, kann der Frieden kommen. Sobald man den Krieg transformiert hat, kann man jeden damit beeindrucken. Und eins wird sicher nicht funktionieren: zu kucken, wie man von anderen Hilfe bekommt. In der Situation, wenn man etwas lösen will, ist man selbst hautnah gefordert. Mehr ist dazu nicht zu sagen. Was beim ersten Mal nicht geklappt hat, vielleicht bei diesem Mal.

Man kann Dinge, die existenziell sind, nicht mit Methoden lösen. Existenz, existenzielle authentische Verhaltensweisen fordern authentische Antworten. Da geht kein Weg daran vorbei. Ok?“

Frage:„Seit dem Retreat habe ich oft Schmerzen im unteren Rücken und viel Wut und Angst und gleichzeitig Kontakt zu einem inneren Glücksgefühl. Wenn ich auf jemanden sauer bin, ist auch daneben eine gewisse Entspanntheit. Ich weiß dann nicht genau, was echt ist. Kannst du bitte etwas dazu sagen?“

„Erst wenn der Krieg auch zu deinen Mitteln gehört, kann der Frieden kommen.“

Mahamudra:„Alles ist echt. Die Wut, die Angst und das Glück. Das Glück darüber, lebendig zu sein. Auch wenn du darum kämpfen musst. Die Wut, der Kampf ums Leben, um das Wagnis Leben und die Angst davor gleichzeitig, dass das Wagnis auch manchmal in dunkle Ecken führt. Aber das Glück: egal was man erlebt – alles was zählt ist, dabei zu sein. Und gerade, wenn sich etwas löst, wenn ein Punkt sich auflöst, ist viel Raum für Glück da. Gerade wenn du dir bewusst bist, dass du auf jemanden sauer bist und gleichzeitig entspannt bist, gibt es immer eine Auflösung. Und deine Seele feiert. Das wird vielleicht nicht immer so bleiben. Aber genieß es, solange es da ist. Die Wut ist dein bester Freund.

Man muss auch verstehen, dass alles, was man erlebt, zu einem gehört und so auch einen gewissen Anspruch auf Echtheit hat. Die Gefühle sind immer die eigenen und dürfen in dem Sinn ernst genommen werden.“

Frage:„Akzeptanz ist eine Brücke, hast du gesagt, hab ich verstanden. Ich dachte immer, dass Akzeptieren, dass Warten auch die beidseitige Bereitschaft ist, be vor der erste Stein gesetzt wird. Kannst du bitte mehr dazu sagen?“

Mahamudra:„Das Geheimnis von Akzeptanz ist, dass nur einer dazu gehört, nicht zwei. Wenn man in sich selbst etwas akzeptiert, von sich selbst oder von anderen, dann braucht man dazu nicht die Zustimmung der Umgebung sondern nur die eigene. Nur allein das eigene Akzeptieren setzt die gesamte Alchemie in Gang und etwas passiert. Das ist Akzeptanz. Plötzlich ist für den anderen kein Widerstand mehr da.

Ein Kampf lebt immer aus dem Widerstand. Wenn kein Widerstand mehr da ist sondern Akzeptieren, dann entsteht plötzlich etwas ganz anderes: entweder der andere fällt nach vorne über oder er rennt schreiend weg. Wenn er nach vorne überfällt, kann man ihn auffangen. Und schon ist man verbunden. Wenn er schreiend wegläuft, vielleicht nächstes Mal.

Akzeptieren ist nicht beidseitig. Beidseitige Bereitschaft ist das Verhandeln. Das ist auch eine Möglichkeit. Man wartet, bis bei de Seiten bereit sind, kleine Schritte zu machen. Wenn es sehr schwierig ist, dann hat man oft keine andere Möglichkeit als diese. Wenn sehr wenig Vertrauen da ist, oder gar kein Vertrauen, dann wartet man besser, bis beide Seiten Bereitschaft signalisieren. Und dann setzt man ganz vorsichtig einen ungefährlichen Stein um zu kucken, ob der andere das dann auch macht. Mit jedem neuen Stein kuckt man scharf hin, ob der andere das dann auch macht, wieweit der andere mitgeht. Ob er vielleicht Tricks macht und seine Steine kleiner sind als die eigenen. Oder ob er den Mörtel dazwischen vielleicht nicht richtig anrührt, so dass, wenn man da drauf tritt, dass man ins Wasser fällt. Und was auch immer so alles an schrecklichen Dingen im Leben passieren kann. Das alles hat nichts mit Akzeptanz zu tun.

„Das Geheimnis von Akzeptanz ist, dass nur einer dazu gehört, nicht zwei.“

Akzeptanz bedeutet: ‚Hier bin ich. Lass uns anfangen. Ich bin bereit.‘ Eine schwierige Kunst. Nichts für Widder, besser für Stiere. (Der Frager ist Stier). Für Menschen, die in ihrem Denken sehr strukturiert sind und hauptsächlich machtorientiertes Verhalten gelernt haben, ist so etwas wie Akzeptanz von vorn herein undenkbar. Noch nicht einmal vom Denken her eine Möglichkeit. Man könnte es vielleicht theoretisch erwägen … aber meistens wird es sofort wieder vom Tisch gewischt. Erst langsam kann man sich an den Gedanken gewöhnen, dass es so was gibt, so etwas wie Akzeptanz. Aber dafür gibt es die kleinen Schritte.“

Kapitel 2

Warum werden Brücken gebaut?

Vortrag vom 22. Februar 2003

Ich begrüße euch zum „Day of the Days“ heute mit dem Thema „Warum werden Brücken gebaut?“.

Bevor ich mich aber in dieses spannende Thema hineinbegebe, möchte ich noch etwas anderes besprechen. Etwas Wunderbares und Großartiges, das an diesem Wochenende passiert ist. Wie ihr alle wisst, oder die meisten von euch zumindest, hat Osho während seiner Diskurse immer eine Robe getragen. Und zwar jeden Abend eine neue. Keine einzige Robe wurde zweimal getragen. Von diesen Roben sind einige in die Welt hinaus gegangen. Viele sind auch wohl in Poona geblieben, aber unter diesen Roben, die in die Welt hinaus gegangen sind, gibt es eine arme, missbrauchte, zerrupfte, die so passend jetzt bei uns als Leihgabe und Pflegekind gelandet ist, damit wir auf sie aufpassen und sie vielleicht ein bisschen aufpäppeln können. Es ist die Robe aus dem Dörfchen in Berlin.

Was auch immer die Geschichte ist, werden wir versuchen festzuhalten. Die Geschichte dieser Robe und an welchem Tag sie getragen wurde. Wenn die Robe gereinigt ist und in einem guten Zustand, dann werden wir sie herausholen und zeigen, sie wird hier ihren Raum und ihre Heimat finden. Als Symbol von Oshos Geist, Oshos Präsenz in diesem Center und die Sorge, die wir für das tragen, was er uns gegeben hat.

Es ist aber nicht nur ein Symbol oder eine leere Hülle, es ist auch eine Präsenz. Und so wie alle Dinge zusammen kommen auf unglaublichen Wegen, mysteriösen Wegen, so kommt auch diese Robe zu uns und gibt diesem Center eine Bedeutung. Deshalb möchte ich mich bei den Berlinern und bei den alten Dörflern, denen diese Robe gehört, bedanken. Auch das ist eine Art von Brücke aus der Vergangenheit in die Gegenwart, und in die Zukunft.

Damit sind wir beim Thema „Warum werden Brücken gebaut?“ Warum ist es für uns eine so große Notwendigkeit? Was ist die Bedeutung, was ist der Raum, den Brücken in unserem Leben einnehmen?

Eine Brücke als Möglichkeit zu Kontakt, zu Kreationen, zu Erweiterung und neuen Aspekten ist eine Voraussetzung für unsere Fähigkeit zu leben. Es ist eine Not wendigkeit. Von Geburt an können wir nicht überleben, wenn wir nicht zu jemanden in irgend einer Form einen Kontakt einrichten können, der uns dann über die Zeit trägt. Wir brauchen Kontakt. In den ersten Monaten nach der Geburt können wir nicht überleben, wenn nur der Körper versorgt, aber kein Kontakt da ist. Unser Leben wird in Unfruchtbarkeit verkümmern und wir werden uns wieder verabschieden. Der Kontakt, der notwendig ist, ist der emotionale. Und man kann gar nicht oft genug betonen, wie wichtig es ist, emotionalen Kontakt zu haben. Einen gefühlsmäßigen Bezug zu seiner Umgebung, den Menschen um einen herum.

„Von Geburt an können wir nicht überleben, wenn wir nicht zu jemanden in irgend einer Form einen Kontakt einrichten können, der uns dann über die Zeit trägt.“

Das heißt nicht, dass man geliebt werden muss um zu leben. Auch Hass ist eine große Motivation zu leben, auch Schmerz, Schuld, Gebrauchtwerden. Jedes Gefühl, jede Emotion kann eine Motivation sein zu leben. Ohne jede Motivation verdorrt der Samen der Lebendigkeit; der Lebensfunke wird immer kleiner und erlischt.

Ein Neugeborenes sollte idealer Weise mit dem Lächeln der Mutter begrüßt werden und schon wird es zurück lächeln auf seine unbeholfene Art, wo es noch nicht gelernt hat sich auszudrücken. Aber auch wenn es abgelehnt wird, geht es eine Bindung ein. Ein Wunsch entsteht, angenommen zu werden. Wenn es in die Ecke gelegt wird, passiert nichts und das Kind wartet.

Viele von uns glauben, weil ihre Erinnerungen an die Vergangenheit, an die Kindheit mit viel negativen Erfahrungen durchsetzt sind oder von ihnen dominiert sind, viele glauben, dass daher ihre fehlende Motivation zum Leben kommt. Aber das ist nicht so. Die Motivation sitzt tiefer im Schmerz oder auch in der Wut da rüber, abgelehnt worden zu sein und teilt sich den Raum mit der Hoffnung auf ein anderes Leben. Nicht auf ein neues Leben, sondern ein Leben, das sie sich noch kreieren können. Auch diese Hoffnung auf ein schöneres Leben, gerade wenn die Kindheit schwierig war, ist eine große Motivation zu leben.

Wenn die Situation so ist, braucht man Brücken. Um aus den Erfahrungen, die einen belasten, heraustreten zu können und etwas Neues zu probieren, muss man lernen, Brücken zu bauen. Über das hinweg, was man bisher vermisst hat oder was hart und schwierig war. In das hinein, was man sich zutiefst wünscht, nämlich das lebendige, aktive Leben.

So sind die Menschen zu Brückenbauern geworden: aus der Notwendigkeit heraus, Kontakt zu haben. Kontakt als ein Motor für ihre Ideen, für ihre Wünsche, eine Ernährung für das Lernen und das Umsetzen. Aus der naturbezogenen Ausgeglichenheit haben wir die Möglichkeit, auch in Konflikten uns über die Gegebenheiten hinaus zu entwickeln, was uns den Weg ebnet, vom Menschen zum Gott zu werden.

„Kontakt ist die Brücke, die gebaut werden muss. Stein für Stein, Holz für Holz und Schritt für Schritt.“

Kontakt ist viel mehr als nur ein kleines Gespräch, ein Zusammensein mit anderen, ein Gleichschwingen, ein Austausch. Kontakt ist das, was in unser Leben die Farben bringt, was hin- und herpendelt zwischen Reibung und Harmonie und was uns zurückbringt in unsere eigene Mitte. Ohne Kontakt wäre jeder für sich und niemals würde einer den anderen befruchten. Man könnte den anderen zusehen, wie sie vielleicht Dinge anders machen, aber man würde es nicht verstehen. Und mit vielen Dingen ist es so, dass man nicht versteht, warum andere etwas anders machen. Kontakt ist die Brücke, die gebaut werden muss. Stein für Stein, Holz für Holz und Schritt für Schritt. Denn ein Kontakt, der nicht sorgfältig aufgebaut ist, wird nicht zum Kontakt werden.

Dazu möchte ich heute eine Geschichte vorlesen, ein Geschichte von Akkalla. Es scheint ein Skandinavier zu sein. Er wird uns begleiten auf dem Weg durch das Brücken bauen, denn auch er baut eine Brücke:

„Akkalla Vibom saß am Strand und betrachtete die Wolken. Langsam zogen sie vorüber. Dabei wuchsen sie und schrumpften wieder und wechselten ständig ihre Formen. Mal waren es Gesichter oder Tiere, dann wieder Land schaften oder andere Dinge, die schön anzuschauen sind. Gerade als sich ein Wolkenhase zu einem Wolkenbären auftürmte, der mit den Wolkenschwänen um die Wette trottete, kam der alte Urbom vorbei.

Er war sehr alt und humpelte so langsam vorwärts, dass er Zeit genug hatte Akkalla zu beobachten. ‚Worüber grübelst du denn nach?‘ fragte er. Akkalla stand auf und grüßte. Dann überlegte er eine Weile, weil er gar nicht so recht wusste, worüber er nachgegrübelt hatte. Er hatte ja nur den Wolken nach gesehen. Schließlich sagte er: ‚Da drüben in der Hütte, hinter dem Maulbeerbusch bin ich geboren. Jetzt stehe ich hier. Ich will wieder hinüber. Aber hier ist das Ufer steil und das Wasser trennt das Land, auf dem ich stehe von dem Land, wo ich sein möchte.‘

„Kontakt ist das, was in unser Leben die Farben bringt.“

‚Uuii, uuii‘, sagte Urbom und lachte in seinen Bart. ‚Das dachte ich mir. Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht und fast nur Nesseln gegessen. Vor langer Zeit, als ich noch ein Junge war wie du, da wollte ich auch dort hinüber. Drüben ist der Boden besser. Da schöpft man den Honig mit Löffeln aus den Blüten und die Walderdbeeren sind so groß wie Melonen. Wenn du dahin willst, soll test du eine Brücke bauen. Ich habe schon einmal damit angefangen, aber gleich unten am Strand musste ich aufhören. Die Strömung war zu reißend. Aber versuch du es doch. Du bist jung. Schwere Arbeit und viele Enttäuschungen erwar ten dich. Erst wenn du heil drüben angekommen bist, darfst du dich freuen. Und mit deiner Hilfe kann ich dann auch endlich hinüber.‘ Akkalla dachte über das nach, was der Alte gesagt hatte. Seine Worte ließen ihm keine Ruhe. Er vergaß sogar die Wolken.“

„Auch diese Hoffnung auf ein schöneres Leben, gerade wenn die Kindheit schwierig war, ist eine große Motivation zu leben.“

So hat alles angefangen.