Brustkrebs - Alles, was jetzt wichtig ist - Nadia Harbeck - E-Book

Brustkrebs - Alles, was jetzt wichtig ist E-Book

Nadia Harbeck

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  • Herausgeber: Mosaik
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2022
Beschreibung

Von DER international anerkannten Brustkrebsexpertin - ausgezeichnet mit dem Deutschen Krebspreis für klinische Krebsforschung 2023

Nie war die Behandlung von Brustkrebs so erfolgreich wie heute. Die Fortschritte in der Behandlung sind atemberaubend: Bei acht von zehn Frauen mit Brustkrebs, der noch nicht in andere Organe gestreut hat, gelingt heute Heilung, wenn die Patientinnen optimal therapiert werden. Und auch wenn sich bereits Tochtergeschwulste in anderen Organen gebildet haben, lässt sich Brustkrebs mit neuen Medikamenten oft viele Jahre lang in Schach halten.

Prof. Dr. med. Nadia Harbeck gibt einen umfassenden Überblick und beantwortet alle wichtigen Fragen, unter anderem:

• Welchen Brustkrebs habe ich genau?

• Wie finde ich ein kompetentes Behandlungsteam?

• Wie entsteht mein auf mich abgestimmter Behandlungsplan?

• Was tun, wenn die Angst kommt?

• Wie gehe ich mit Angehörigen und Freunden um?

Brustkrebs krempelt das Leben um. Dieses Buch bietet Unterstützung und Orientierung: allgemeinverständlich, konkret, umfassend und auf Basis der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse – auch wenn es darum geht, gemeinsam mit dem Behandlungsteam über die geeignete Therapie zu entscheiden.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 529

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Buch

Mit jährlich etwa 70 000 Neuerkrankungen ist Brustkrebs die mit Abstand häufigste Krebserkrankung der Frau. Gleichzeitig sind die Fortschritte in der Behandlung atemberaubend: Bei acht von zehn Frauen mit Brustkrebs, der noch nicht in andere Organe gestreut hat, gelingt heute Heilung, wenn die Patientinnen optimal therapiert werden. Und auch wenn sich bereits Tochtergeschwulste in anderen Organen gebildet haben, lässt sich Brustkrebs mit neuen Medikamenten oft viele Jahre lang in Schach halten. In diesem Buch werden Betroffene verständlich informiert und in die Lage versetzt, zusammen mit ihrem Behandlungsteam die richtigen Entscheidungen zu treffen. Auch Angehörige und Freunde oder aus anderen Gründen Interessierte finden hier aussagekräftige Informationen.

Autoren

Prof. Dr. med. Nadia Harbeck leitet in der Frauenklinik des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München das Brustzentrum und die onkologische Tagesklinik sowie das Zentrum für Familiären Brust- und Eierstockkrebs. Sie ist in nationalen und internationalen Leitlinienkommissionen sowie Studiengruppen aktiv. Als erste und bislang einzige deutsche Ärztin wurde sie 2020 von der Europäischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie (ESMO) für ihr Lebenswerk mit dem ESMO Lifetime Achievement Award ausgezeichnet.

Ludger Wahlers ist seit über 20 Jahren als Publizist und Verleger im Spezialgebiet Medizin tätig. Zu seinen wichtigen Publikationen gehört unter anderem das bei Brockhaus erschienene »Kursbuch Mensch«.

PROF. DR. MED. NADIA HARBECK

Ludger Wahlers

Brustkrebs

Alles, was jetzt wichtig ist

Diagnose, Behandlung und Begleitung für Betroffene und Angehörige

Alle Ratschläge in diesem Buch wurden von Autoren und Verlag sorgfältig erwogen und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Eine Haftung der Autoren beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.

Wir haben uns bemüht, alle Rechteinhaber ausfindig zu machen, verlagsüblich zu nennen und zu honorieren. Sollte uns dies im Einzelfall aufgrund der schlechten Quellenlage bedauerlicherweise einmal nicht möglich gewesen sein, werden wir begründete Ansprüche selbstverständlich erfüllen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Originalausgabe November 2022 

Copyright © 2022: Mosaik Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81 673 München.

Illustrationen: Roland Krieger

Covergestaltung: Sabine Kwauka

Covermotiv: © Sk Elena/shutterstock

Redaktion: Dagmar Rosenberger

Layout und Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

CH ∙ IH

ISBN 978-3-641-26222-8V002

www.mosaik-verlag.de

Inhalt

Zu diesem Buch

Dank

A. EINFÜHRUNG

I. Diagnose Brustkrebs – was jetzt zu tun ist

1. Sie sind krank, aber Sie sind auch handlungsfähig

2. Welchen Brustkrebs habe ich genau?

3. Optimale Behandlung

4. Wie sage ich es den Menschen, an denen mir liegt?

5. Wirtschaftliche Absicherung

6. Den Arbeitgeber informieren?

7. Welche Zusatzangebote gibt es? Was kann ich selbst tun?

II. Die weibliche Brust – Aufbau und Funktion

1. Ursprungsorte von Brustkrebs

2. Ausbreitungsmuster: Invasive Karzinome und In-situ-Karzinome

B. NEU DIAGNOSTIZIERTES MAMMAKARZINOM

I. Was ist Brustkrebs?

1. Warum entsteht Krebs?

2. Brustkrebsarten – intrinsische Subtypen

II. Wie häufig ist Brustkrebs, und wie sind die Heilungschancen?

1. Vorkommen von Brustkrebs

2. Die Heilungschancen

3. Das Stadium bei der Diagnose

4. Die Entwicklung in den letzten 20 Jahren

III. Wie wird Brustkrebs festgestellt?

1. Früherkennungsuntersuchungen

2. Mögliche Symptome für Brustkrebs

3. Untersuchungsmethoden in der Diagnostik

4. Klassifizierung und Zuordnung zu einem Krankheitsstadium

5. Biologie der Brustkrebserkrankung: Intrinsische Subtypen

IV. Wie wird Brustkrebs behandelt?

1. Behandlungsziele: Heilung oder symptomatische Therapie?

2. Der Therapieplan

3. Neoadjuvante Therapie: Medikamentöse Therapie vor der Operation

4. Operation

5. Strahlentherapie

V. Wie wirken Medikamente gegen Brustkrebs?

1. Medikamente zur Hemmung der Zellteilung (Chemotherapie)

2. Medikamente, die bestimmte wachstumsfördernde Signale ausschalten

3. Medikamente zur gezielten Aktivierung des Immunsystems

4. Knochenschützende Medikamente

5. Behandlungsplan zum frühen Mammakarzinom

VI. Belastende Symptome und was man dagegen tun kann

1. Belastungen durch die Operation

2. Belastungen durch die Strahlentherapie

3. Belastungen durch die medikamentöse Brustkrebstherapie

4. Bewegung, Ernährung, Entspannung

5. Komplementäre Behandlungsverfahren

VII. Wie finde ich ein kompetentes Zentrum?

1. So ist die Brustkrebsbehandlung in Deutschland organisiert

2. Evidenzbasierte Medizin

3. Leitlinien

4. Krebsmedizin in Zentren

5. Was ein zertifiziertes Brustkrebszentrum auszeichnet

VIII. Das Ende der Therapie – und jetzt?

1. Übergang in den neuen Alltag

2. Nachsorge und Langzeitbetreuung nach Brustkrebs

3. Rehabilitation

C. FORTGESCHRITTENES MAMMAKARZINOM

I. Der Krebs ist zurück

1. Lokalrezidiv und lokoregionäres Rezidiv

2. Metastasierter Brustkrebs

II. Was jetzt geschehen sollte

1. Sicherung der Diagnose

2. Sind Operation oder Strahlentherapie eine Option?

III. Konkrete Therapieoptionen

1. Metastasierter luminaler Brustkrebs

2. Metastasierter HER2-positiver Brustkrebs

3. Metastasierter tripelnegativer Brustkrebs

4. Nicht alle Metastasen sind gleich

5. Behandlungspläne zum metastasierten Mammakarzinom

IV. Molekulares Tumorboard

1. Was ist ein Molekulares Tumorboard?

2. Next Generation Sequencing (NGS)

3. Welche ist die vielversprechendste Therapie?

V. Palliativmedizin

1. Wie unter einem schützenden Mantel

2. Palliativmedizin – nicht erst in der letzten Lebensphase

3. Um welche Beschwerden geht es?

4. Organisation der Palliativversorgung in Deutschland

D. BRUSTKREBS BEI SCHWANGEREN UND BEI MÄNNERN

I. Brustkrebs während der Schwangerschaft

1. Schwangerschaft als Ursache für Brustkrebs?

2. Diagnose von Brustkrebs während der Schwangerschaft

3. Brustkrebsarten und Therapie bei Schwangeren

4. Nach der Geburt: Komplettierung von Diagnostik und Therapie

II. Brustkrebs bei Männern

1. Auch Männer haben Milchgänge in ihrer Brust

2. Auch Männer produzieren Östrogen

3. Spätere Diagnose als bei Frauen

4. Meist luminale Tumore

5. Therapiestrategien wie bei Frauen mit Brustkrebs

6. Männer in zertifizierten Brustzentren behandeln

E. BEWÄLTIGUNG DER BRUSTKREBSERKRANKUNG

I. Überblick: Drei typische Phasen der »Krankheitskarriere«

1. Von jetzt auf gleich: Nichts ist mehr, wie es war

2. Brustkrebstherapie: Der Körper ist der Boss

3. Zurück in die feindliche Welt?

II. Was tun, wenn die Angst kommt?

III. Was ist Psychoonkologie?

IV. Anpassung des Lebensstils

1. Bewegung: Laufen Sie dem Krebs davon!

2. Gesunde Ernährung

3. Entspannung: Übung macht den Meister

V. Brustkrebs, Zärtlichkeit und Sexualität

1. Keine Lust auf die Lust

2. In die Partnerschaft zurückfinden

3. Trockene Scheide, entzündete Schleimhaut

4. Die Angst vor dem »ersten Mal«

5. Patientinnen ohne festen Partner/feste Partnerin

6. Verhütung ist wichtig

VI. Angehörige und Freunde

1. Über die Krebsdiagnose sprechen

2. Wie Sie als Angehörige oder Freunde helfen können

VII. Soziale Fragen und Sicherung der Existenz

1. Schwerbehindertenausweis

2. Zuzahlungen und Belastungsgrenzen

3. Krankengeld

4. Haushaltshilfe

5. Häusliche Krankenpflege

6. Rehabilitation

7. Berufliche Wiedereingliederung

8. Pflegebedürftigkeit

VIII. Die vorletzten und die letzten Dinge regeln

1. Selbst bestimmen bis zum Schluss

2. Erben und Vererben

F. ANHANG

I. Selbsthilfeorganisationen und weitere Informationsquellen

1. Selbsthilfeorganisationen

2. Beratungs- und Informationsangebote

3. Broschüren, Zeitschriften, Apps

II. Wie Ärztinnen und Ärzte sich fortbilden

1. Ärztliche Fachgesellschaften

2. Weitere internationale wissenschaftliche Brustkrebskonferenzen

III. Weitere Informationen

1. Fragenkataloge für Gespräche mit Ihren Ärzten

2. Wie lese ich meinen Befundbericht?

3. Behandlungspläne für frühes und fortgeschrittenes Mammakarzinom

Glossar

Stichwortverzeichnis

Anmerkungen

Zu diesem Buch

Mit jährlich etwa 70 000 Neuerkrankungen ist Brustkrebs die mit Abstand häufigste Krebserkrankung der Frau. Gleichzeitig sind die Fortschritte in der Behandlung atemberaubend: Bei acht von zehn Frauen mit Brustkrebs, der noch nicht in andere Organe gestreut hat, gelingt heute Heilung, wenn die Patientinnen optimal therapiert werden.

Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs, die Krankheit tritt in verschiedenen Formen auf, und entsprechend anspruchsvoll ist die Therapie. Das ist unter anderem der Grund dafür, warum es für Brustkrebspatientinnen eine unübersichtliche Fülle von Faltblättern, Broschüren, Internetseiten und anderen Informationsmaterialien gibt. Was allerdings fehlt, ist ein orientierender Gesamtüberblick. Genau den möchten wir Ihnen mit diesem Buch anbieten.

Es ist uns ein Anliegen, das aktuelle Wissen zu Brustkrebs in gut verständlicher Sprache zu vermitteln, und zwar nicht nur allgemein, sondern möglichst präzise auf die Situation der einzelnen Patientin bezogen und in der Informationstiefe, die Sie ganz persönlich wünschen. Deshalb beginnt jedes Kapitel mit einem orientierenden Überblick und geht dann weiter ins Detail. So können Sie selbst entscheiden, wie umfassend Sie sich informieren möchten. Dieses Buch wird Sie als Betroffene in die Lage versetzen, gemeinsam mit Ihrem Behandlungsteam Entscheidungen über Ihre Therapie zu treffen, davon sind wir überzeugt. Dieses Buch soll Sie und Menschen, an denen Ihnen liegt, stark und zuversichtlich machen für all das, was jetzt (unter Umständen wieder) auf Sie zukommt. Das wünschen wir Ihnen von Herzen.

Erlauben Sie noch ein Wort zum Thema gendergerechte Sprache: 99 von 100 Brustkrebserkrankten sind Frauen. Aus diesem Grund reden wir in diesem Buch in erster Linie von Patientinnen, schließen damit aber auch alle Männer mit Brustkrebs ein. Aussagen, die ausschließlich für Frauen oder nur für Männer gelten, sind entsprechend gekennzeichnet.

München, im September 2022 

Prof. Dr. med. Nadia Harbeck

Ludger Wahlers

Dank

Dieses Buch ist das, was es jetzt ist, weil wir Gelegenheit hatten, mit vielen unterschiedlichen Menschen über das Projekt und auch über Details der Realisierung zu reden. Ausdrücklich bedanken wir uns dafür bei Angelika Amann, Reinhard Bröker, Dr. Rebekka Göpfert, Dr. med. Friederike Hagemann, Renate Haidinger, Tina Schreck und PD Dr. med. Rachel Würstlein.

Dieses Buch hätten wir ohne die Unterstützung unserer Familien nicht schreiben können. Wir danken unseren Partnern und Kindern für aufmunternde Gespräche und vor allem für die Geduld und Gelassenheit, mit der sie unsere nicht selten zeitraubende Arbeit ertragen haben.

A.EINFÜHRUNG

I.Diagnose Brustkrebs – was jetzt zu tun ist

Ihnen ist gerade der Boden unter den Füßen weggezogen worden. Sie haben erfahren, dass Sie an Brustkrebs erkrankt sind. Tausend Gedanken gehen Ihnen jetzt durch den Kopf: Wie geht es weiter? Werde ich bald sterben? Wie schlimm ist die Behandlung, die ich jetzt durchlaufen muss? Bin ich bei meiner Ärztin / bei meinem Arzt wirklich in guten Händen? Wie kann ich sicherstellen, dass ich keine Chance verpasse und alles für meine Heilung getan wird? Was ist mit meinem Partner/ meiner Partnerin? Wem kann ich mich anvertrauen? Wer wird mich stützen?

Zwei Dinge sind jetzt wichtig:

Erstens: Dass Sie voller Angst und Sorge sind, ist absolut verständlich und vollkommen normal. Aber es besteht kein Anlass für Panik. Brustkrebs ist keine sogenannte Notfalldiagnose, denn in 99 von 100 Brustkrebsfällen muss nicht innerhalb von Stunden oder Tagen gehandelt werden. Sie haben Zeit, sich zu informieren und gemeinsam mit Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin über die Behandlung zu entscheiden. Akuten Handlungsbedarf gibt es nur, wenn Ihre Brust gerötet, stark erwärmt und angeschwollen ist oder wenn Sie Schmerzen in der Brust haben.

Zweitens: Brustkrebs ist mittlerweile eine heilbare Erkrankung. Was heißt das genau? Etwa acht von zehn erkrankten Frauen, bei denen der Krebs noch nicht in andere Organe gestreut hat, können heute dauerhaft erfolgreich therapiert werden. Das bedeutet, ihre Lebenserwartung ist am Ende der Behandlung dieselbe, wie die von gleichaltrigen Frauen, die nie an Brustkrebs erkrankt sind.

1. Sie sind krank, aber Sie sind auch handlungsfähig

Wie gesagt, es besteht kein Grund zur Panik. Wenn man sich das einmal bewusst gemacht hat, ist es leichter, wieder klare Gedanken zu fassen. Erstellen Sie am besten für sich ganz persönlich eine Liste mit Fragen, die Sie in den kommenden Tagen und Wochen beantwortet haben wollen. Eine für Frauen in Ihrer Situation typische Liste könnte so aussehen:

Welchen Brustkrebs habe ich genau?Wie finde ich die für mich optimale Behandlung?Wie und wann sage ich es den Menschen, an denen mir liegt?Wie bin ich abgesichert? Muss ich mir Sorgen um meine wirtschaftliche Existenz machen?Soll ich meinen Arbeitgeber über die Art meiner Erkrankung informieren?Gibt es über die ärztliche Behandlung hinaus weitere Unterstützungsangebote?

2. Welchen Brustkrebs habe ich genau?

Schon lange ist bekannt, dass Brustkrebs keine einheitliche Erkrankung ist. Je nach Einteilungskriterien unterscheidet man heute drei bis fünf unterschiedliche Brustkrebsarten. Alle unsere Zellen tragen in sich und an ihrer Außenseite Strukturen, sogenannte Rezeptoren, die für die Kommunikation innerhalb von Geweben und Organen und damit auch für die Regulation der Zellteilung wichtig sind. Auf und in Brustkrebszellen kommen solche Rezeptoren ebenfalls vor. Sie haben sich als wichtiges Kriterium für die Einteilung der Brustkrebsarten erwiesen.

In etwa drei Viertel aller Brustkrebszellen finden sich Rezeptoren für die Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron. Solche Hormonrezeptor-positiven Zellen sind in der Regel wenig bis mäßig aggressiv. Sie sind nach der Operation mit einer Antihormontherapie, der manchmal eine Chemotherapie vorgeschaltet werden muss, gut behandelbar.

Sehr viel aggressiver, sprich teilungsfreudiger, sind Brustkrebszellen mit HER2-Rezeptoren an ihrer Außenseite, die bei etwa 15 Prozent der Erkrankten vorkommen. Denn an diese HER2-Rezeptoren docken sogenannte Wachstumsfaktoren an, was zu einer besonders schnellen Zellteilung und damit zu einem schnellen Tumorwachstum führt. Besonders schnell teilen sich diese Krebszellen auch, weil sie in der Lage sind, die an den HER2-Rezeptor andockenden Wachstumsfaktoren selbst zu produzieren und damit die Teilungsgeschwindigkeit eigenständig zu erhöhen.

Noch bis zum Jahr 2000 hatten Frauen mit dieser Brustkrebsart sehr viel schlechtere Überlebensaussichten als solche mit Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinomen. Heute erhalten Frauen mit einem HER2-positiven Brustkrebs meist schon vor der operativen Entfernung des Tumors eine gegen HER2 gerichtete medikamentöse Therapie. Damit gelingt es häufig, die Tumorzellen abzutöten. Ob das Gewebe dann tatsächlich krebsfrei ist, ob also – in den Worten der Mediziner – eine Komplettremission erreicht worden ist, untersuchen Gewebeexperten an dem bei der Operation entnommenen Brustgewebe.

Die dritte Brustkrebsart neben Hormonrezeptor-positiven sowie HER2-positiven Mammakarzinomen ist der tripelnegative Brustkrebs, der ebenfalls bei etwa 15 Prozent der Betroffenen vorkommt. Als dreifach negativ wird diese Brustkrebsart bezeichnet, weil sich in oder auf den Krebszellen keine Östrogen-, keine Progesteron- und keine für eine Anti-HER2-Therapie ausreichende Zahl an HER2-Rezeptoren finden. Solche tripelnegativen Tumorzellen bieten deshalb aber auch keinerlei Ansatzpunkt für eine gezielte medikamentöse Bekämpfung. Chemotherapie und Operation waren bis vor Kurzem die einzigen Behandlungsmöglichkeiten. Doch auch in diesem Bereich hat sich mittlerweile einiges getan: Zur medikamentösen Therapie des tripelnegativen Mammakarzinoms stehen mittlerweile Substanzen aus der Klasse der Immuntherapeutika und auch ein sogenanntes Antikörper-Wirkstoff-Konjugat zur Verfügung, auf die große Hoffnungen gesetzt werden. Mehr darüber finden Sie in Abschnitt BV: Wie wirken Medikamente gegen Brustkrebs?

Neben dieser Einteilung nach der Rezeptorausstattung liest man häufig auch von »intrinsischen Subtypen« des Mammakarzinoms. Darunter fallen Luminal-A- und -B-Tumoren, ein HER2-Typ und ein basal-ähnlicher Typ. Ausführlichere Informationen dazu haben wir in Abschnitt BIII.5 zusammengefasst.

Brustkrebszellen – gleich welcher Art – können sich vom Krebsgewebe in der Brust lösen und sich über Lymph- sowie Blutgefäße im Körper verteilen. Sie sind in der Lage, sich in anderen Organen anzusiedeln, und können sich dort weiter teilen und so eine neue bösartige Geschwulst bilden. Der ursprünglich in der Brust entstandene Krebs hat dann »gestreut« und eine (oder mehrere) Metastasen gebildet. Bei bis zu 20 Prozent aller Brustkrebspatientinnen wird zum Zeitpunkt der Diagnose ein solches metastasiertes Mammakarzinom festgestellt. In dieser Situation ist eine Heilung nicht mehr möglich. Vielmehr ist eine lebenslange Therapie notwendig, die den Krebs »in Schach halten« soll. Ein möglichst langes Leben mit hoher Lebensqualität ist dann das Ziel der Behandlung. Alle wichtigen Informationen zu fortgeschrittenen Brustkrebserkrankungen haben wir in Abschnitt C zusammengestellt.

3. Optimale Behandlung

Brustkrebs ist, wie gesagt, eine heilbare Erkrankung, solange der Krebs nicht in andere Organe gestreut hat. Voraussetzung für die Heilung ist allerdings, dass die Therapie passgenau auf die Situation der einzelnen Patientin abgestimmt ist. Optimal ist eine Behandlung nicht allein dadurch, dass das Zentrum, in dem sie stattfindet, fachlich entsprechend qualifiziert (und zertifiziert) ist. Entscheidend ist auch, dass Sie als Patientin das sichere Gefühl haben, bei Ihren behandelnden Ärzten wirklich gut aufgehoben zu sein. Denn für den Behandlungserfolg ist immer beides wichtig: die Therapie nach dem aktuellen Stand des Wissens und die vertrauensvolle Beziehung zwischen Ärztin oder Arzt und Patientin.

Die Brustkrebsbehandlung in Deutschland ist qualitativ sehr hochwertig. Die Deutsche Krebsgesellschaft und die Deutsche Gesellschaft für Senologie (die Lehre von der weiblichen Brust) prüfen regelmäßig und in standardisierten Verfahren die Qualität sogenannter Brustzentren. Wenn Sie sich zur Behandlung in ein zertifiziertes Brustzentrum (siehe Abschnitt BVII) begeben, sind Sie den ersten Schritt für eine optimale Therapie bereits gegangen. Vereinbaren Sie dort einen Termin und stellen Sie sicher, dass Ihre Gesprächspartner beim Erstgespräch alle Ihre Befunde vorliegen haben. Bereiten Sie für sich selbst eine Liste mit Fragen vor, die Sie klären möchten. Sollten Sie nach der Erstkonsultation noch Zweifel haben – gleichgültig ob hinsichtlich der besprochenen Therapie oder in Bezug auf den ärztlichen Ansprechpartner –, dann zögern Sie nicht, sich eine zweite Meinung einzuholen. Nehmen Sie gegebenenfalls vorher Rücksprache mit Ihrer Krankenversicherung.

Wichtig ist jedoch: Etwa drei bis vier Wochen nach Ihrer Diagnose sollten Sie sich für ein Brustzentrum entschieden haben – und dann auch darauf vertrauen, dass Sie dort optimal behandelt und betreut werden. Ausführliche Infos und Links für die Suche nach einem kompetenten Zentrum und zum Aufbau einer konstruktiven Beziehung zu den behandelnden Ärzten haben wir in Abschnitt BVII zusammengestellt.

4. Wie sage ich es den Menschen, an denen mir liegt?

In Ihrer jetzigen Situation werden Sie dankbar sein für jede konstruktive Unterstützung von Menschen, die Ihnen wichtig und nahe sind. Ihren Partner oder Ihre Partnerin werden Sie sehr wahrscheinlich bereits ins Vertrauen gezogen haben. Sollten Sie allein leben, ist es empfehlenswert, einen anderen Ihnen nahestehenden Menschen um Unterstützung zu bitten. Gibt es einen solchen Menschen nicht, so wenden Sie sich bitte möglichst unverzüglich an eine Krebsberatungsstelle in Ihrer Nähe. Dort wird man Ihnen auch den Kontakt zu einer Selbsthilfeorganisation vermitteln können.

Sollten Sie in einer Partnerschaft leben, so wird vielleicht nicht gleich zu Beginn, aber sicher im Verlauf der Erkrankung das Thema Sexualität eine Rolle spielen. Auch wenn Sie es jetzt möglicherweise noch nicht glauben können: Krebs und beglückende sexuelle Erfahrungen schließen einander nicht aus. Mehr dazu im Abschnitt EV.

Falls Sie Kinder haben: Kinder spüren sehr genau, wenn mit ihrer Mutter oder ihrem Vater etwas nicht stimmt. Warten Sie deshalb nicht zu lange und planen Sie ein gemeinsames Gespräch mit Ihren Kindern. Wichtig ist, dass Sie in diesem Gespräch die Regie behalten und – idealerweise gemeinsam mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin – die Situation wahrheitsgemäß schildern und dabei nicht die Fassung verlieren. Für Kinder krebskranker Eltern gibt es spezielle Angebote, die Sie in Abschnitt D finden.

Die Reaktionen von Freunden und Bekannten auf die Diagnose Brustkrebs können sehr unterschiedlich ausfallen. Das Spektrum reicht von Kontaktabbruch bis hin zu übergroßer Anteilnahme und dem ständigen Bemühen, (vermeintlich) gute Ratschläge zu erteilen. In Abschnitt EVI haben wir spezielle Infos für Partner, Angehörige und Freunde von Brustkrebspatientinnen zusammengestellt. Neben medizinischen Infos finden sich dort auch Dos und Don’ts im Umgang mit Krebspatienten und eine Liste möglichst zu vermeidender Killerphrasen.

5. Wirtschaftliche Absicherung

Wer an einer langwierigen Erkrankung leidet, der fragt sich zwangsläufig, ob zu seinen gesundheitlichen Sorgen irgendwann auch wirtschaftliche dazukommen. Für Krebspatientinnen, die vor der Diagnose bei einem Arbeitgeber mindestens sechs Monate lang sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren, ist ein enges soziales Netz gespannt: Lohn- respektive Gehaltsfortzahlung, Krankengeld, Rehabilitation, Unterstützung bei der Wiedereingliederung. Für Teilzeitbeschäftigte, Minijobber, Arbeitslose oder Selbstständige sind die Maschen dieses sozialen Netzes nicht ganz so eng und lückenlos. Bei ihnen kommt es sehr darauf an, inwieweit sie selbst für eine länger dauernde Erkrankung vorgesorgt haben, beispielsweise durch eine Krankentagegeld- oder eine Ausfallversicherung. Weitere Details zu sozialen Fragen finden Sie in Abschnitt EVII.

Zeitlich gesehen sollten Sie damit rechnen, dass Sie – je nach Brustkrebstyp – etwa 3 bis 12 Monate lang in Behandlung sind, also regelmäßig Ihre Ärzte konsultieren und Untersuchungen und Therapien absolvieren. Während dieser Zeit gibt es aber durchaus auch Phasen, in denen Sie – abhängig von Ihrer konkreten Beschäftigung – zumindest in reduzierter Stundenzahl wieder arbeiten können. Aber: Niemand kann Sie in dieser Zeit zur Wiederaufnahme Ihrer Tätigkeit zwingen. Sie allein entscheiden, was Ihnen guttut.

6. Den Arbeitgeber informieren?

Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss nach geltendem Recht direkt beim Arbeitgeber abgegeben oder ihm zugesendet werden. Ob Sie darüber hinaus eine Mitteilung darüber machen, woran Sie erkrankt sind, entscheiden Sie allein. Besteht ein gutes Betriebsklima, macht es sicherlich Sinn, zumindest davon zu sprechen, dass mit einer längeren oder mit mehreren kürzeren Arbeitsunfähigkeitszeiten zu rechnen ist. Natürlich können Sie Ihren Arbeitgeber auch ins Vertrauen ziehen, ihn aber gleichzeitig bitten, den Kolleginnen und Kollegen gegenüber Stillschweigen zu bewahren.

Im weiteren Verlauf der Erkrankung kann es Situationen geben, in denen es ratsam ist, mit dem Arbeitgeber offen über den Brustkrebs zu sprechen, beispielsweise wenn es nach Beendigung der Behandlung um eine stufenweise Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess geht, oder wenn eine Umschulung notwendig wird. Details zu Fragen wie diesen finden Sie in Abschnitt EVII.

7. Welche Zusatzangebote gibt es? Was kann ich selbst tun?

Schon bald nach Beginn der ärztlichen Behandlung stellen sich viele Patientinnen die Frage, ob und wie sie selbst gegen ihren Krebs aktiv werden können und wo es möglicherweise Unterstützungsangebote gibt, die über die ärztliche Behandlung hinausgehen.

Die Frage, ob man selbst etwas tun kann, lässt sich kaum pauschal beantworten, da jede Patientin einzigartig ist. Jede Betroffene hat das Recht, mit der Erkrankung nach eigenem Ermessen umzugehen. Brustkrebspatientinnen leiden an einer schweren Erkrankung: Sie dürfen sich krank fühlen, sie dürfen traurig sein, sie dürfen schwach sein, sie dürfen um Fürsorge bitten, und sie dürfen auch Angst vor der Zukunft haben. Wichtig erscheint uns allerdings, dass Patientinnen mit ihren Gefühlen und Wünschen nicht allein gelassen werden. Sie sollten Gelegenheit zum Austausch mit Angehörigen und Freunden haben und erfahren, wie sie ihre Selbstbestimmung und die Kontrolle über ihr Leben erhalten können.

Von vielen Patientinnen hören wir, dass es ihnen hilft, selbst aktiv zu werden, soweit es die eigenen Kräfte zulassen. Selbst etwas zu tun, und wenn auch nur in ganz kleinen Schritten, hebt nicht nur die Stimmung enorm, sondern fördert offensichtlich auch die Selbstheilungskräfte des Organismus. Regelmäßig an die frische Luft gehen, einen Spaziergang machen, die Natur genießen – das ist gut für Körper und Seele. Achten Sie bei der Ernährung darauf, vollwertige Lebensmittel schonend so zuzubereiten, dass sie leicht bekömmlich sind. So können Sie ebenfalls die Selbstheilungskräfte des Körpers unterstützen. Regelmäßige Entspannungsübungen tragen dazu bei, auch im Kopf zur Ruhe zu kommen und Kraft zu tanken.

Diese Maßnahmen werden zusammen mit anderen, Ärzten vorbehaltenen Verfahren und Behandlungsweisen häufig unter dem Stichwort »Integrative Onkologie« zusammengefasst. Ob Misteltherapie, Phytotherapie, Achtsamkeitstraining oder Meditation: Allen Verfahren der Integrativen Onkologie ist eines gemein: Sie begreifen sich als Ergänzung zur klassischen ärztlichen Behandlung, nicht als Alternative. Mit anderen Worten: Die Maßnahmen der Integrativen Onkologie unterstützen die Wirksamkeit der schulmedizinischen Krebstherapie, die längst mehr ist als Skalpell, Chemo- und Strahlentherapie. Die Integrative Onkologie arbeitet immer komplementär, und in diesem Sinne sind ihre Verfahren von allen Krebsexperten anerkannt. Davon abzugrenzen sind sogenannte Alternativverfahren, also Behandlungskonzepte, die für sich in Anspruch nehmen, anstelle der klassischen medizinischen Verfahren Krebs heilen zu können. Sich auf diese Alternativmedizin einzulassen ist auf Dauer lebensgefährlich. Immer dann, wenn jemand ein alternatives, heilbringendes Verfahren anbietet (das in der Regel auch sehr viel Geld kostet), sollten Sie misstrauisch sein.

Mehr zu den Prinzipien Bewegung, Ernährung und Entspannung, zur Abgrenzung von Komplementär- und Alternativmedizin sowie zur Integrativen Onkologie und zur Supportivmedizin lesen Sie im Abschnitt BVI, in dem es auch um den Umgang mit belastenden Symptomen geht. Eine Reihe von Patientinnen entschließt sich zu einer Veränderung ihres Lebensstils, um für die Bekämpfung der Erkrankung möglichst gut gewappnet zu sein und um den Therapieerfolg langfristig zu sichern. Entsprechende Aktivitäten helfen häufig auch bei der ganz persönlichen Bewältigung der Krankheit. Wir haben das Thema Lebensstilanpassung deshalb auch im Abschnitt EIV noch einmal aufgegriffen.

Als Brustkrebspatientin sind Sie nicht allein. In Deutschland erkranken jährlich etwa 70 000 Frauen an Brustkrebs. Nach dem ersten Schock der Diagnose und den ersten Behandlungszyklen hilft es manchen Patientinnen, den Kontakt zu anderen Frauen mit Brustkrebs zu suchen. Auch das ist ein Weg, um selbst aktiv zu werden. Eine Übersicht mit Kurzporträts von Selbsthilfegruppen in Deutschland finden Sie in Abschnitt F.

II.Die weibliche Brust – Aufbau und Funktion

Sie ist schön, sie ist bei keiner Frau genau gleich, sie ist sekundäres Geschlechtsmerkmal und gilt als das Symbol für Weiblichkeit schlechthin: die weibliche Brust (lateinisch: Mamma). Nach der Geburt eines Kindes bildet sie in ihrem Drüsensystem die Muttermilch, die über die Milchgänge bis zur Brustwarze gelangt.

Das Drüsensystem der Brust ist in Binde- und Fettgewebe eingelagert. Der Umfang und die Verteilung dieser Gewebe bestimmen die individuelle Größe und Form der Brust. Muskeln sind in der Brust nicht vorhanden, aber sie ist über Bindegewebsstränge fest in dem auf den Rippen liegenden Brustmuskel verankert. Das Drüsensystem besteht aus 15 bis 20 Drüsenlappen. Fachsprachlich bezeichnen Ärzte einen Drüsenlappen als Lobus. Jeder Lobus enthält sehr viele Lobuli (Einzahl: Lobulus), in denen die Milchbildung stattfindet. Jeder Lobus ist an einen Milchgang (Ductus) angeschlossen. Über ein verzweigtes Milchgangsystem fließt die Milch schließlich bis zur Brustwarze. Kurz bevor die Milchgänge die Brustwarze erreichen, erweitern sie sich zu kleinen Milchsäckchen, die beim Stillen eine Pumpfunktion ausüben (siehe Abbildung).

Die weibliche Brust besteht aus Drüsengewebe, das in Binde- und Fettgewebe eingelagert ist. Das Drüsensystem jeder Brust besteht aus etwa 15 bis 20 Drüsenlappen (Lobi). Sie enthalten vier Drüsenläppchen, die Lobuli, in denen die Milchbildung stattfindet. In einem verzweigten Milchgangsystem fließt die Milch bis zur Brustwarze. Kurz bevor ein Milchgang (Ductus) die Brustwarze erreicht, erweitert er sich zu einem kleinen Milchsäckchen, das beim Stillen wie eine Pumpe wirkt.

1. Ursprungsorte von Brustkrebs

Bösartige Tumore der Brust – also das, was man landläufig als Brustkrebs bezeichnet – entstehen fast immer aus Zellen, die die Milchgänge (Ductus) der weiblichen Brustdrüse auskleiden. Sie werden fachsprachlich als invasive duktale Karzinome of no special type, kurz IDC-NST, bezeichnet. Sie machen etwa 80 Prozent aller Brustkrebsfälle aus. Etwa 10 bis 12 Prozent aller Mammakarzinome entstehen aus Zellen der Drüsenläppchen (Lobuli), also dort, wo die Milchbildung stattfindet. Ärzte bezeichnen sie entsprechend als lobuläre Mammakarzinome.

Die restlichen 8 bis 10 Prozent der Mammakarzinome teilen sich die seltenen Brustkrebsformen, wie zum Beispiel das muzinöse, das medulläre und das papilläre Mammakarzinom sowie das entzündliche oder inflammatorische Mammakarzinom. Das in etwa 1 bis 2 Prozent aller Fälle auftretende entzündliche Mammakarzinom ist gekennzeichnet durch eine großflächige Rötung der Brust sowie eine starke Überwärmung und Schwellung und verursacht starke Beschwerden, weshalb hier ausnahmsweise schnelles Handeln erforderlich ist. Auf diese eher selten auftretenden Arten von Mammakarzinomen werden wir in diesem Buch nicht weiter eingehen.

Möglicherweise stellen Sie sich nun die Frage, warum ein bösartiger Brusttumor als Mammakarzinom bezeichnet wird. Als Karzinome bezeichnen Ärzte definitionsgemäß bösartige Tumore, die von Zellen sogenannter Deckgewebe (Epithel) ausgehen, also von solchen Geweben, mit denen alle äußeren und inneren Körperoberflächen ausgekleidet sind.

Nicht jeder Tumor in der Brust ist jedoch bösartig. Sieben bis acht von zehn ertasteten Knoten oder Verhärtungen in der Brust erweisen sich nach gründlicher Untersuchung als gutartige Tumore. Gutartige Tumorzellen teilen sich zwar auch autonom, aber der so entstehende Tumor bleibt innerhalb seiner Gewebegrenzen. Auf diese Weise können Bindegewebsgeschwülste, flüssigkeitsgefüllte Zysten oder auch von Fettgewebe ausgehende Geschwülste entstehen. Gutartige Tumore sind zwar nicht zwangsläufig harmlos, denn sie können beispielsweise Hohlräume verschließen oder den Druck in einem Gewebe erhöhen, aber sie bilden keine Metastasen und lassen sich in der Regel einfach entfernen.

2. Ausbreitungsmuster: Invasive Karzinome und In-situ-Karzinome

Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs, diese Erkenntnis zieht sich wie ein roter Faden durch dieses Buch. Hinsichtlich ihres Entstehungsortes unterscheiden Ärzte Mammakarzinome duktalen und lobulären Ursprungs. Eine zweite Unterscheidung bezieht sich auf das Ausbreitungsmuster von Brustkrebs:

Invasive Mammakarzinome sind bösartige Tumore, die durch die unkontrollierte Teilung von Tumorzellen wachsen und dabei die Grenzen ihres Ursprungsgewebes durchbrechen. Mit anderen Worten: Invasive duktale Mammakarzinome (IDC-NST-Karzinome) haben sich von den Milchgängen bereits in angrenzende Gewebe ausgebreitet oder invasive lobuläre Mammakarzinome sind über das Drüsengewebe hinausgewachsen.In-situ-Mammakarzinome bestehen zwar auch aus sich unkontrolliert teilenden Zellen, allerdings ist ihr Wachstum (noch) auf ihr Ursprungsgewebe begrenzt. Das Karzinom befindet sich noch am Ort seines Entstehens, lateinisch »in situ«. Die meisten In-situ-Karzinome haben ihren Ursprung in den Zellen, die die innere Schicht der Milchgänge auskleiden, man spricht deshalb von Duktalem Carcinoma in situ oder kurz DCIS. Bei etwa 6000 Frauen jährlich wird in Deutschland ein DCIS diagnostiziert. Das DCIS gilt als Vorstufe von Brustkrebs und sollte daher operativ entfernt werden. Auch die Drüsenläppchen können sich in situ verändern. Sie werden dann als LIN (lobuläre intraepitheliale Neoplasien) bezeichnet. LIN sind sehr viel seltener als ein DCIS und gelten nicht als Brustkrebsvorstufe, sondern werden als Hinweis auf ein um etwa 1 Prozent pro Jahr erhöhtes Brustkrebsrisiko auf beiden Seiten angesehen.

In-situ-Mammakarzinome werden manchmal zu invasiven Mammakarzinomen. Es kommt sogar vor, dass ein In-situ-Karzinom Metastasen entwickelt, ohne selbst weiter gewachsen zu sein. Viele In-situ-Karzinome werden aber nicht größer, bleiben in ihren Gewebegrenzen und bilden auch keine Metastasen. Das heißt, eine Behandlung wäre eigentlich überflüssig. Es lässt sich bis heute aber nicht eindeutig vorhersagen, ob ein In-situ-Karzinom harmlos bleibt oder nicht. Deshalb müssen Frauen mit In-situ-Karzinomen immer behandelt werden.

B.NEU DIAGNOSTIZIERTES MAMMAKARZINOM

I.Was ist Brustkrebs?

1. Warum entsteht Krebs?

Alle Krebszellen entstehen aus gesunden Körperzellen. Zugrunde liegt immer ein Fehler in der Erbsubstanz, der letztlich dazu führt, dass eine ursprünglich gesunde Zelle sich unablässig teilt und sich allen Kontrollinstanzen des Körpers entzieht. Die sich schnell teilenden Tumorzellen schließen sich zu einem eigenen Gewebe zusammen, und es entsteht ein bösartiger Tumor. Seine Zellen teilen sich weiter, mit anderen Worten: Der Tumor wächst. Er überwindet Organgrenzen und verteilt über das Blut- und/oder das Lymphgefäßsystem zusätzlich bösartige Tumorzellen im ganzen Körper, die sich in anderen Organen als Tochtergeschwulste (Metastasen) ansiedeln können.

Die krebsauslösenden Schäden in der Erbsubstanz können vielfältige äußere Ursachen haben. Dazu gehören unter anderem das Rauchen, die ultravioletten Strahlen der Sonne, organische Lösungsmittel oder andere Chemikalien. Je nach Ausmaß und Dauer des schädigenden Einflusses kommt es zu krank machenden Veränderungen in der Erbsubstanz, genauer: in der DNA im Zellkern der betroffenen Zellen.

Schäden in der DNA können allerdings auch unabhängig von äußeren Einflüssen entstehen, beispielsweise während der Teilung von Zellen, wie sie in unserem Körper jeden Tag millionenfach abläuft, denn Zellen müssen in vielen Geweben regelmäßig erneuert werden. Unsere Haare sowie Finger- und Fußnägel wachsen, und unsere Haut erneuert sich von innen nach außen. Die Schleimhäute unseres Körpers halten den Geschwindigkeitsrekord in der Zellteilung: Die Zellausstattung der Darmschleimhaut beispielsweise erneuert sich alle drei bis sechs Tage.

Bevor eine Zelle sich teilen kann, also aus einer Zelle zwei entstehen, muss das gesamte Zellinventar identisch verdoppelt werden, damit beide Tochterzellen gleich ausgestattet sind. Auch ihren Bauplan, die DNA im Zellkern, muss eine Zelle kopieren, bevor sie sich teilen kann. Nur so ist sichergestellt, dass nach der Teilung zwei Zellen mit identischer Erbsubstanz entstanden sind.

Bei der Kopie der DNA vor einer Zellteilung passieren mehr oder weniger regelmäßig kleinere Fehler, aber darauf ist unser Organismus vorbereitet: Er startet zunächst einen Reparaturversuch. Misslingt dieser, weil der Schaden an der DNA zu groß ist, sorgen verschiedene Kontrollinstanzen dafür, dass in dieser Zelle ein programmiertes Selbstmordprogramm abläuft und die geschädigte Zelle abstirbt. Auf diese Weise verhindert das körpereigene Kontrollsystem, dass eine Zelle mit Erbgutschäden sich weiter teilen kann.

Im Laufe eines langen Menschenlebens geschieht es allerdings zunehmend häufig, dass die Kontrollinstanzen nicht richtig funktionieren und auch erbgutgeschädigte Zellen sich weiter teilen. Das ist der wesentliche Grund, warum Krebserkrankungen mit steigendem Lebensalter zunehmen. Wenn eine Krebszelle den Kontrollinstanzen »durchgegangen« ist, nimmt die Krankheit ihren Lauf: Durch jede Teilung der geschädigten Zelle entstehen zusätzliche fehlerhafte Veränderungen in der DNA, immer neue Mutationen treten auf. Mit jeder Generation werden die Zellen gesunden Körperzellen unähnlicher, und es entsteht ein bösartiger Tumor (siehe Abbildung).

Bei manchen Frauen mit Mammakarzinom finden sich krank machende Veränderungen in der Erbinformation nicht nur in den Brustkrebszellen, sondern in allen Zellen des Körpers. Mit anderen Worten: Die Zellschädigung ist bei diesen Frauen nicht das Ergebnis eines defekten Kontrollmechanismus, sondern das Resultat einer ererbten Schädigung. Bei diesen Frauen besteht eine genetische Veranlagung zur Brustkrebserkrankung. Mittlerweile ist bekannt, dass es mehrere Gene gibt, die Brustkrebs verursachen, wenn sie verändert (mutiert) sind. Die bekanntesten sind BRCA1 und BRCA2. Schätzungsweise zehn bis fünfzehn Prozent aller Brustkrebspatientinnen leiden an einer vererbbaren Erkrankung. Zu jeder Brustkrebsdiagnose gehört deshalb die sorgfältige Befragung nach Erkrankungen bei Verwandten ersten und zweiten Grades. Gegebenenfalls wird im Labor auch getestet, ob bekannte Brustkrebsgene wie BRCA1 und BRCA2 verändert sind. Frauen mit entsprechenden Mutationen in Brustkrebsgenen haben Anspruch auf eine intensivierte Früherkennung, über die Sie in Abschnitt BIII.1 mehr erfahren.

Wenn wegen eines Ablesefehlers beim Kopieren der Erbsubstanz DNA eine geschädigte Zelle entstehen sollte, sorgen Kontrollmechanismen normalerweise dafür, dass die geschädigte Zelle sozusagen Selbstmord begeht (programmierter Zelltod, Apoptose). Funktioniert dieser Mechanismus nicht mehr zuverlässig, dann teilt sich die geschädigte Zelle weiter, mit von Generation zu Generation größeren genetischen Veränderungen (Mutationen). Auf diese Weise entsteht ein bösartiger Tumor (rechts).

2. Brustkrebsarten – intrinsische Subtypen

Wer Brustkrebs erfolgreich behandeln will, muss zunächst genau wissen, welche Eigenschaften der bösartige Tumor hat. Aus diesem Grund prüfen Ärzte im Rahmen der Diagnostik schon seit mehr als 40 Jahren genau, wie groß ein Tumor ist, ob er schon in Lymphknoten oder gar andere Organe gestreut hat und in welchem Ausmaß sich die Tumorzellen sozusagen schon verselbstständigt haben, ob sie also gesunden Körperzellen noch ähnlich sind oder sich mehr oder weniger stark von ihnen unterscheiden. Näheres dazu erläutern wir in Abschnitt BIII.4.

Diese Einteilung nach Tumorgröße, Metastasierungsmuster und Differenzierung erfasst allerdings nicht alle für eine optimale Therapie erforderlichen Eigenschaften. Wichtig ist beispielsweise auch die Frage, ob es sich um ein duktales, sprich NST, oder um ein lobuläres Karzinom handelt, ob es also in den Milchgängen oder in den Drüsenläppchen entstanden ist. Ebenso von Bedeutung ist das Ausbreitungsmuster und damit die Antwort auf die Frage, ob es sich um ein invasives oder ein In-situ-Mammakarzinom handelt.

Seit etwa zehn Jahren werden Brustkrebsarten darüber hinaus nach ihren biologischen Eigenschaften klassifiziert. Unterschieden werden luminale Mammakarzinome, HER2-negative und HER2-positive sowie tripelnegative Mammakarzinome. Diese Einteilung basiert auf genetischen Untersuchungen, denn jede der genannten Arten aktiviert in der Tumorzelle andere Gruppen von Genen. Im Abschnitt BIII.5. können Sie weitere Einzelheiten dazu nachlesen.

II.Wie häufig ist Brustkrebs, und wie sind die Heilungschancen?

1. Vorkommen von Brustkrebs

Brustkrebs ist die mit Abstand häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts in Berlin erkrankten im Jahr 2016 (neuere Zahlen sind noch nicht verfügbar) deutschlandweit 68 950 Frauen und 710 Männer an Brustkrebs. Rein statistisch betrachtet wird damit eine von acht Frauen und einer von 760 Männern im Laufe des Lebens mit der Diagnose Brustkrebs konfrontiert.

Zu den jährlich 69 000 Frauen mit invasivem Mammakarzinom kommen pro Jahr mindestens 6000 Frauen hinzu, bei denen ein In-situ-Karzinom diagnostiziert wird, ein Brustkrebs also, dessen Tumorzellen ihr Ursprungsgewebe noch nicht verlassen haben (Abschnitt AII.2).).

Am häufigsten erkranken Frauen zwischen 60 und 80 Jahren. Das mediane Erkrankungsalter für Brustkrebs liegt derzeit bei 64 Jahren. Das bedeutet, dass die Hälfte der betroffenen Frauen bei der Diagnose jünger und die andere Hälfte älter als 64 Jahre ist.

Etwa ein Drittel aller Frauen ist bei der Erstdiagnose sogar jünger als 55 Jahre. Sie erkranken damit in einem Lebensalter, in dem Krebs in aller Regel noch überhaupt kein Thema ist. Und noch ein Detail: 10 Prozent aller an Brustkrebs erkrankten Frauen sind unter 46 Jahre alt, und 10 Prozent sind über 84 Jahre alt.1

2. Die Heilungschancen

Bei Brustkrebs sind – wie bei jeder anderen bösartigen Tumorerkrankung auch – die Heilungschancen und das Tumorstadium bei der Erstdiagnose eng miteinander verknüpft. Je früher ein Brustkrebs erkannt wird, desto besser sind die Aussichten auf einen dauerhaften Therapieerfolg.

Nach dem System der Internationalen Vereinigung gegen Krebs (UICC) wird Brustkrebs in die Stadien 0 bis IV eingeteilt. Grundlage für diese Stadieneinteilung, häufig auch als Staging bezeichnet, ist die genaue Beschreibung des Tumors: Wie groß ist er? Hat er sich schon auf die Lymphknoten ausgebreitet? Gibt es Metastasen?

Diese genaue Beschreibung nehmen Ärzte anhand des sogenannten TNM-Systems vor. T gibt die Größe des Tumors in Zentimetern an, N beschreibt, wie viele und welche Lymphknoten befallen sind, und M gibt an, ob Metastasen vorhanden sind.

Auf Grundlage der TNM-Beschreibung des Tumors ist die Bestimmung des Stadiums möglich. Nähere Details hierzu haben wir in Abschnitt BIII.4 zusammengestellt. Je niedriger das Stadium bei der Erstdiagnose ist, desto größer ist die Chance auf Heilung oder dauerhaften Therapieerfolg. Als wichtige Maßzahl gilt unter Epidemiologen die sogenannte 5-Jahres-Überlebensrate. Diese Zahl gibt an, wie viele Patienten, bei denen ein Brustkrebs diagnostiziert und anschließend behandelt wurde, nach 5 Jahren noch leben. Bezogen auf das jeweilige Erkrankungsstadium bei der Erstdiagnose ergeben sich für Frauen mit Brustkrebs derzeit folgende 5-Jahres-Überlebensraten:

Stadien 0 und I 100 %Stadium II 94 %Stadium III 73 %Stadium IV 29 %Unbekanntes Stadium: 68 %

Betrachtet man die Brustkrebsfälle insgesamt – also unabhängig vom Stadium bei Erstdiagnose –, so stellt sich heraus, dass in den ersten zehn Jahren nach der Diagnose weniger als 20 Prozent der Frauen mit Brustkrebs an ihrer Erkrankung sterben. Männer erkranken zwar wesentlich seltener an Brustkrebs, haben aber eine schlechtere Prognose: 24 Prozent von ihnen sind nach zehn Jahren an ihrem Brustkrebs verstorben.

3. Das Stadium bei der Diagnose

Nach den aktuellen Zahlen des Robert-Koch-Instituts wurden in Deutschland im Jahr 2016 80 Prozent der Brustkrebsfälle bei Frauen in den Stadien I oder II diagnostiziert.

Vernachlässigt man die 28 Prozent der Fälle mit unvollständigen Angaben, so sieht die Verteilung folgendermaßen aus:

Stadium I: 41 %Stadium II: 39 %Stadium III: 13 %Stadium IV: 7 %

Ganz offensichtlich gelingt es in der Mehrzahl der Fälle, den Brustkrebs vergleichsweise früh zu diagnostizieren. Damit besteht für die meisten betroffenen Frauen und Männer eine realistische Chance auf Heilung. Derzeit gehen Fachleute davon aus, dass eine Heilung bei acht von zehn betroffenen Frauen gelingt, wenn der Krebs noch nicht gestreut hat, das Stadium IV also noch nicht erreicht ist.

4. Die Entwicklung in den letzten 20 Jahren

Die Möglichkeiten der Brustkrebstherapie erweitern sich Jahr für Jahr in atemberaubender Geschwindigkeit. Und auch die Qualität der Versorgung hat mit der flächendeckenden Etablierung zertifizierter Brustzentren etwa ab dem Jahr 2015 einen Sprung nach vorn gemacht.

Wie haben sich diese Verbesserungen im Hinblick auf die Zahl der Brustkrebsfälle ausgewirkt? Gibt es heute weniger oder mehr Brustkrebsfälle als vor 20 Jahren? Werden Frauen und Männer mit Brustkrebs heute besser behandelt als vor 20 Jahren?

Diese wichtigen Fragen sind aus den folgenden Gründen nicht einfach zu beantworten:

Krebs ist von seiner Natur her eine Erkrankung, die mit zunehmendem Alter häufiger auftritt, nicht zuletzt deswegen, weil in höherem Lebensalter bei der Zellteilung häufiger Fehler auftreten. In einer alternden Gesellschaft nehmen Krebserkrankungen deshalb zunächst einmal zu, auch bei gleichbleibend guter Versorgung.Bis Anfang der 2000er-Jahre haben Frauen in und nach den Wechseljahren häufig Hormonpräparate eingenommen. Diese Hormone fördern die Brustkrebsentstehung, das wurde 2002 bekannt. Die Einnahme oder Nichteinnahme dieser Präparate hat deshalb Einfluss auf die Zahl der Brustkrebsfälle – unabhängig von der Versorgungsqualität.Ab 2005 wurde das Mammographie-Screening-Programm in Deutschland eingeführt. Dadurch wurden mehr Brustkrebserkrankungen auch in früheren Stadien erkannt, mit anderen Worten: Die Zahl der Diagnosen stieg an und damit formal auch die Zahl der Betroffenen. An der Zahl der tatsächlich erkrankten Frauen und Männer hat das Mammographie-Screening aber nichts verändert, es hat lediglich bis dahin nicht entdeckte Fälle sichtbar gemacht.

Den Einfluss des Alterns auf die Krebszahlen haben Epidemiologen mit der sogenannten Altersstandardisierung aus den absoluten Fallzahlen herausgerechnet (siehe Abbildung).

Altersstandardisierte Brustkrebs-Neuerkrankungsrate bei Frauen in Deutschland von 1999 bis 2018. Die gestrichelte Linie bezeichnet die Sterblichkeit. Prognose bis 2022 (Fälle pro Hunderttausend)2.

Auf den ersten Blick fällt auf, dass die Zahlen zunächst langsam ansteigen. Ab 2002 kommt es zu einem kurzzeitigen Abfall der Erkrankungsraten, ab 2005 beschleunigt sich der Anstieg. 2008 und 2009 sind die Erkrankungszahlen am höchsten, und ab 2010 sinken sie kontinuierlich. In absoluten Zahlen gab es 2009 in Deutschland 73 340 Frauen, die neu an Brustkrebs erkrankten, 2016 nur noch knapp 69 000.

Wie vermutet, ist der kurzzeitige Abfall ab 2002 auf den Rückgang der Verwendung von Hormonpräparaten in den Wechseljahren zurückzuführen. Das Mammographie-Screening wird von Experten sowohl für den Anstieg der diagnostizierten Fälle ab 2005 als auch für den Rückgang der Erkrankungsrate ab 2010 verantwortlich gemacht. Seither werden beim Mammographie-Screening vermehrt auch In-situ-Karzinome entdeckt, die epidemiologisch als Vorstufe von Brustkrebs gelten und deren Behandlung verhindert, dass Krebs entsteht.

III.Wie wird Brustkrebs festgestellt?

1. Früherkennungsuntersuchungen

Bei Brustkrebs gilt – wie bei jeder anderen bösartigen Tumorerkrankung auch – grundsätzlich: Je früher ein Krebs erkannt wird, desto größer sind die Aussichten auf Heilung oder einen dauerhaften Therapieerfolg. Aus diesem Grund übernehmen die gesetzlichen Krankenversicherungen die Kosten für regelmäßige Früherkennungsuntersuchungen. Welche Untersuchungen wie häufig angeboten werden, hängt vom Alter der Frau ab:

Zwischen 30 und 49 Jahren hat jede Frau das Recht auf eine einmal jährliche Früherkennungsuntersuchung.Zwischen 50 und 69 Jahren werden Frauen zusätzlich alle zwei Jahre zu einer Untersuchung im Rahmen des Mammographie-Screening-Programms eingeladen.Bei Verdacht auf ein erhöhtes Brustkrebsrisiko, beispielsweise wenn Brustkrebs in der Familie schon häufiger vorgekommen ist, greift das sogenannte intensivierte Früherkennungsprogramm.

Jährliche Früherkennungsuntersuchung für Frauen ab 30 

Für Frauen ab dem 30. Lebensjahr übernehmen die gesetzlichen Krankenversicherungen die Kosten für die jährliche Früherkennungsuntersuchung bei Ärztinnen oder Ärzten für Frauenheilkunde. Dabei fragt der Arzt die Frau nach möglichen Veränderungen der Brust und erhebt die allgemeine gesundheitliche Vorgeschichte. Außerdem tastet er beide Brüste sowie die Lymphknoten bis in die Achselhöhlen ab. Frauen können bei dieser Gelegenheit auch lernen, wie sie ihre Brust selbst in Augenschein nehmen und untersuchen können.

Mammographie-Screening-Programm für Frauen zwischen 50 und 69 

Das Mammographie-Screening-Programm zur Früherkennung von Brustkrebs für Frauen zwischen 50 und 69 Jahren wurde 2005 in Deutschland eingeführt und ist seit 2009 flächendeckend verfügbar.

Als Mammographie bezeichnen Experten die Röntgenuntersuchung der Brust; »Screening« bedeutet wörtlich übersetzt so viel wie aussieben. Beim Mammographie-Screening geht es darum, durch eine Reihenuntersuchung die Frauen zu identifizieren, die an Brustkrebs erkrankt sind. Im Rahmen des deutschen Mammographie-Screening-Programms erhalten Frauen erstmals kurz nach ihrem 50. Geburtstag und dann alle zwei Jahre bis zum 69. Geburtstag eine Einladung für ein Screening-Zentrum in ihrer Nähe.

Wie funktioniert die Mammographie genau? Mit diesem Verfahren lassen sich Brustkrebsknoten schon ab einer Größe von drei Millimetern entdecken, also viel früher als sich ein Knoten ertasten lässt. Die Untersuchung selbst wird von speziell qualifizierten radiologischen Fachkräften durchgeführt. Jede Brust wird zweimal (aus unterschiedlichen Richtungen) geröntgt und dazu zwischen den zwei Platten des Mammographiegeräts zusammengedrückt, damit das Gewebe auf möglichst kurzem Weg von den Röntgenstrahlen durchdrungen werden kann. Je kürzer der Weg für die Röntgenstrahlen, desto niedriger ist die Strahlenbelastung für die Frau.

Die Auswertung der Untersuchung nehmen radiologisch besonders geschulte Ärztinnen und Ärzte vor. Ihre Qualifikation unterliegt strengen Vorschriften: Sie müssen jährlich mindestens 5000 Mammographie-Aufnahmen beurteilen, regelmäßig an Fortbildungen teilnehmen und alle 12 Monate Prüfungen absolvieren.

Von den im Jahr 2018 in Deutschland etwa 5,7 Millionen eingeladenen Frauen zwischen 50 und 69 Jahren haben rund 2,8 Millionen (also 49 %) am Screening teilgenommen. Wie sehen die Ergebnisse aus?

970 von 1000 untersuchten Frauen erhalten einen unauffälligen Befund.30 von 1000 Frauen werden wegen eines unklaren Ergebnisses zu einer ergänzenden Untersuchung eingeladen. Bei diesem Termin finden weitere Untersuchungen statt.Bei 12 von 1000 Frauen ist zur endgültigen Abklärung eine Gewebeentnahme (Biopsie) notwendig. Das Gewebe wird im Labor genauer untersucht.Und bei 6 von 1000 Frauen bestätigt sich im Rahmen der Gewebeuntersuchung der Verdacht auf Brustkrebs, sie haben einen »positiven« Befund.

Falschpositive Befunde

Von den 30 Frauen mit unklarem Befund sind also tatsächlich lediglich 6 an Brustkrebs erkrankt, bei 24 Frauen bestätigt sich der Verdacht auf Brustkrebs letztendlich nicht. Das bedeutet, sie haben nach der Erstuntersuchung einen »falschpositiven Befund« erhalten. Die Mitteilung, dass etwas nicht in Ordnung sein könnte, verunsichert die betroffenen Frauen verständlicherweise. Sie durchleben bis zur endgültigen Klärung eine sehr belastende Zeit.

Kritiker des Mammographie-Screening-Programms monieren manchmal, dass diesen Zahlen zufolge vier von fünf Frauen unnötigerweise geängstigt werden. Einerseits ist diese Kritik berechtigt, und es muss darum gehen, die Zahl falschpositiver Befunde möglichst klein zu halten. Andererseits spricht es für das Bemühen um größtmögliche Sicherheit, wenn jedem auch noch so kleinen Verdacht auf Krebswachstum nachgegangen wird; das Risiko, dass Tumorwachstum übersehen wird, lässt sich so niedrig halten.

Intervallkarzinome

Das Mammographie-Screening findet nur alle zwei Jahre statt. In der Zeit bis zur nächsten Untersuchung kann so ein Brustkrebs wachsen, der beim Screening zuvor noch nicht festgestellt worden ist. Solche zwischen zwei Untersuchungsterminen auftretenden Mammakarzinome bezeichnen Ärzte als Intervallkarzinome.

Statistisch gesehen kommen sie bei 2 von 1000 Frauen vor, die am Mammographie-Screening-Programm teilnehmen. Aus diesem Grund ist es wichtig, sich als Teilnehmerin nicht in falscher Sicherheit zu wiegen: Nehmen Sie Ihre Brust regelmäßig in Augenschein, und wenn Sie zwischen den Screening-Untersuchungen Symptome wie Größenveränderungen, tastbare Knoten oder Flüssigkeitsausscheidungen bemerken, konsultieren Sie Ihre Frauenärztin oder Ihren Frauenarzt.

Überdiagnosen

Beim Mammographie-Screening werden auch Mammakarzinome diagnostiziert, die ohne Früherkennungsuntersuchung im Leben der Patientin nie aufgefallen wären. Solche Tumore wachsen so langsam, dass die Patientin hochbetagt mit, aber nicht an ihrem Brustkrebs versterben würde. Die Diagnosen solcher Tumore werden als Überdiagnosen bezeichnet, weil die Erkrankung zeitlebens keinerlei Probleme bereitet hätte.

Allerdings: Ob ein mittels Früherkennung entdeckter Brustkrebs klein bleibt oder so schnell weiterwächst, dass er im Laufe des Lebens zur Bedrohung wird, lässt sich bei der Diagnose nicht eindeutig sagen; deshalb raten Ärzte immer zur Behandlung. Statistisch gesehen erhalten etwa 9 bis 12 von 1000 am Mammographie-Screening teilnehmenden Frauen eine solche Überdiagnose.

Aufgrund dieser Zusammenhänge wird der Nutzen des Mammographie-Screening-Programms für die einzelne Frau zum Teil kontrovers diskutiert. Insgesamt ist das Programm aber ein großer Erfolg: Seit 2009 nimmt die Zahl der an Brustkrebs erkrankten Frauen in Deutschland stetig ab – und das trotz steigender Lebenserwartung und der damit verbundenen Erhöhung des Erkrankungsrisikos. Dieser Erfolg ist Epidemiologen zufolge den Fortschritten in der Therapie, aber auch dem Mammographie-Screening-Programm zu verdanken, das dazu beiträgt, dass Brustkrebs auch schon in Vorstufen erkannt und geheilt werden kann.

Die Entscheidung ist die Sache jeder einzelnen Frau. Ob Sie der zweijährlichen Einladung zur Mammographie immer folgen oder einen Untersuchungstermin auslassen oder auch gar nicht am Screening teilnehmen, ist ganz allein Ihre Sache. Übrigens: Auch Ihre Krankenversicherung respektiert Ihre Entscheidung für oder gegen die Teilnahme am Screening. Gleichgültig, wie Sie sich entscheiden: Ihr Versicherungsschutz bleibt uneingeschränkt bestehen. Weitere Informationen zum Programm finden sich im Internet unter www.mammo-programm.de.

Intensiviertes Früherkennungsprogramm bei höherem Erkrankungsrisiko

Jährliche Früherkennungsuntersuchung ab 30, die Teilnahme am Mammographie-Screening-Programm ab 50 und regelmäßige Selbstuntersuchung: Mit diesen Maßnahmen sind 90 Prozent der Frauen in Sachen Brustkrebsfrüherkennung auf der sicheren Seite. Für manche Frauen reicht dieses Programm jedoch nicht aus, beispielsweise wenn zu befürchten ist, dass der Brustkrebs schon vor dem 30. Lebensjahr entsteht. Eine auf solch spezielle Situationen angepasste Früherkennung benötigen Frauen, wenn

Brustkrebs oder Eierstockkrebs bei Verwandten ersten Grades, also bei Eltern, Kindern und Geschwistern, häufiger vorkommen,bei ihnen in der Brust schon einmal gutartige Veränderungen wie Zysten oder Knoten nachgewiesen wurden,sie als Kind oder Jugendliche schon einmal eine Strahlentherapie am Oberkörper erhalten haben, beispielsweise zur Behandlung von Lymphdrüsenkrebs.

Erhöhtes familiäres Risiko

Eine krank machende Veränderung in den Genen ist das Kennzeichen jeder Krebserkrankung. Denn erst durch eine solche Veränderung im Bauplan entarten gesunde Körperzellen zu unkontrolliert wachsenden Krebszellen. Ein erhöhtes familiäres Risiko, an Krebs zu erkranken, besteht allerdings erst, wenn diese genetische Veränderung nicht nur in den Krebszellen selbst, sondern in allen Körperzellen und damit auch in den Keimzellen, also den Ei- oder Samenzellen auftritt. Denn eine brustkrebsfördernde Mutation in den Keimzellen wird an die nächste Generation weitervererbt. In Familien mit solchen Keimbahnmutationen kommt Brustkrebs dann überproportional häufig vor.

Tatsächlich sind schon vor geraumer Zeit Veränderungen in zwei Genen identifiziert worden, die das Brustkrebsrisiko erhöhen: BRCA1 und BRCA2. Das Akronym BRCA steht für Breast Cancer Gene. Etwa fünf von zehn Frauen mit einer BRCA1-Mutation und eine bis zwei von zehn Frauen mit einer BRCA2-Mutation erkranken im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs und Eierstockkrebs oder nur an Eierstockkrebs. Mit anderen Worten: Das Risiko für eine Brustkrebs- und Eierstockkrebserkrankung ist bei diesen Frauen zwar stark erhöht, aber nicht jede Mutationsträgerin erkrankt tatsächlich. Bei wem im Laufe des Lebens Brustkrebs entsteht und bei wem nicht, lässt sich bis heute leider nicht verlässlich vorhersagen.

Neben den BRCA-Genen sind in jüngerer Zeit mit PALB2 und TP53 weitere Hochrisikogene für das Auftreten einer vererbbaren Brustkrebserkrankung identifiziert worden. Weniger häufig und auch nicht in gleichem Ausmaß erhöhen andere Gene das Risiko. Sie werden deshalb als moderate Risikogene bezeichnet.

Forscher gehen davon aus, dass weitere, bis heute zum Teil noch nicht identifizierte Genveränderungen für vererbbaren Brustkrebs verantwortlich sind. Denn es gibt Familien, in denen Brustkrebs bei Verwandten ersten Grades besonders häufig vorkommt, ohne dass sich in einem der bislang bekannten Gene eine Veränderung nachweisen ließe.

Zum sogenannten Risiko-adaptierten Früherkennungsprogramm haben alle drei Gruppen mit erhöhtem familiärem Risiko Zugang:

Frauen und Männer mit Keimbahnmutationen in den Hochrisikogenen BRCA1, BRCA2, TP53 und PALB2 Frauen und Männer mit Keimbahnmutationen in den moderaten RisikogenenFrauen und Männer mit familiär erhöhtem Brustkrebsrisiko, aber ohne nachweisbare Keimbahnmutation.

Auch Frauen, die bereits an Brustkrebs erkrankt sind und ein erhöhtes familiäres Risiko für eine Zweiterkrankung der Brust haben, können an diesem Programm teilnehmen.

Die konkreten Untersuchungen des speziellen Programms bestehen immer aus Abtastuntersuchungen, Brustsonographie, Mammographie und MRT. Je höher das Risiko, desto früher und häufiger werden sie eingesetzt. Bei einer Keimbahnmutation im TP53-Gen wird eine Früherkennungsuntersuchung beispielsweise bereits ab dem 20. Lebensjahr empfohlen. Ultraschalluntersuchungen können, je nach Risikoprofil, halbjährlich durchgeführt werden, MRT-Untersuchungen jährlich. Die Mammographie sollte nicht vor dem 40. Lebensjahr zum Einsatz kommen, weil die hohe Brustdichte junger Frauen und die Strahlenbelastung diesem Verfahren Grenzen setzen.

Erhöhtes Risiko durch gutartige Veränderungen in der Brust

Die Brust besteht im Wesentlichen aus Drüsen-, Binde- und Fettgewebe. Während des Zyklus und auch im Laufe des Lebens verändern sich die Anteile der drei Gewebearten. Zusätzlich können gutartige Zysten oder Knoten auftreten. All diese Veränderungen sind zunächst gutartig, also vielleicht nicht angenehm, aber auf jeden Fall nicht krebsauslösend. Trotzdem sollten Sie solche Veränderungen, sobald Sie sie bemerken, mit Ihrer Gynäkologin oder Ihrem Gynäkologen besprechen, damit gegebenenfalls die Früherkennung intensiviert werden kann.

Hohe und niedrige Brustdichte

Von hoher Brustdichte sprechen Ärzte, wenn die Brust viel Drüsen- und Bindegewebe, aber nur wenig Fettgewebe enthält. Wenn die Brust viel Drüsengewebe enthält – und das ist bei jungen Frauen eher die Regel als die Ausnahme –, ist auch das Brustkrebsrisiko leicht erhöht, weil Brustkrebs im Drüsengewebe entsteht, genauer gesagt in den Milchgängen oder den Drüsenläppchen (siehe Abschnitt AII). Im Röntgenbild erscheinen Drüsen- und Bindegewebe weiß – ebenso wie Tumore. Deshalb lässt sich Brustkrebs bei hoher Brustdichte mit einer Mammographie nicht zuverlässig entdecken. Die Mammographie kommt daher bei Frauen unter 40 Jahren so gut wie gar nicht zum Einsatz.

Mastopathie: Gewebezunahme in der Brust

Nicht jede Gewebezunahme bedeutet gleich Brustkrebs. Unter Mastopathie verstehen Ärzte verschiedene Veränderungen des Gewebes, die mit oder ohne Beschwerden einhergehen. Auch diese Veränderungen entwickeln sich unter dem Einfluss von Sexualhormonen und kommen deshalb vor allem bei Frauen im Alter zwischen 30 und 55 Jahren vor. Durch die Vermehrung des Bindegewebes bilden sich teilweise narbige Strukturen, die als Knoten tastbar sind, ebenso wie Zysten, also flüssigkeitsgefüllte Hohlräume im Brustgewebe. Sie können an den Endstücken der Milchgänge im Drüsengewebe entstehen. Ärzte unterscheiden drei Schweregrade der Mastopathie: Eine (nur mit einer Biopsie feststellbare) Grad-III-Mastopathie gilt als ein erhöhter Risikofaktor für Brustkrebs. Eine Mastopathie sollte deshalb regelmäßig beobachtet, sprich abgetastet und per Ultraschall untersucht werden. Im Zweifelsfall bringt eine Biopsie Klarheit.

Flüssigkeitsgefüllte Hohlräume: Zysten

Zysten in der Brust sind häufig und bleiben trotzdem meist unbemerkt. Genauer untersucht werden müssen sie in der Regel nur dann, wenn sie Schmerzen verursachen oder rasch größer werden. Mit der Brustsonographie lassen sie sich gut erkennen. Auch die Punktion der Zyste mit anschließender Untersuchung der Flüssigkeit ist eine Option. Bei einem verdächtigen Befund ist eine Biopsie angezeigt.

Gutartige Knoten: Lipome und Fibroadenome

Die Zellen der drei Hauptgewebe in der Brust können sich schnell teilen und Wucherungen bilden, ohne dass daraus ein Krebs entsteht. Zellen des Fettgewebes können Lipome bilden. Sie sind im Tastbefund vergleichsweise weich und stellen kein Krebsrisiko dar. Fibroadenome entstehen aus Zellen des Drüsen- und des Bindegewebes. Sie fühlen sich beim Tasten härter und gummiartig an. Sie entstehen hormonabhängig meist bei Frauen zwischen 20 und 40 und können sich in den Wechseljahren wieder zurückbilden. Grundsätzlich gilt: Auch gutartige Knoten müssen beobachtet werden, zunächst per Ultraschall und ab einem Alter von 50 Jahren mit der Mammographie.

Verdacht auf Strahlenschäden

Das Gewebe der Brustdrüse ist vergleichsweise empfindlich gegenüber Strahlen. Frauen, die wegen einer früheren Krebserkrankung (z. B. Lymphdrüsenkrebs) eine gezielte Bestrahlung im Brustbereich erhielten, haben deshalb ein erhöhtes Risiko, an Brustkrebs zu erkranken.

Fazit zu Früherkennungsuntersuchungen

Gleichgültig, ob Sie am Mammographie-Screening-Programm regelmäßig, unregelmäßig oder gar nicht teilnehmen, ob Sie Kandidatin für ein intensiviertes Früherkennungsprogramm sind oder nicht: Wichtig ist, stets aufmerksam auf mögliche Symptome einer Brustkrebserkrankung zu achten.

2. Mögliche Symptome für Brustkrebs

Früherkennungsuntersuchungen sind unverzichtbar, aber sie bieten trotzdem keine Garantie dafür, dass jeder Brustkrebs erkannt wird. Deshalb ist es wichtig, die Brust regelmäßig in Augenschein zu nehmen und auch selbst abzutasten. Bei folgenden Symptomen sollten Sie eine Frauenärztin oder einen Frauenarzt aufsuchen:

Eine Brust hat sich in Form oder Größe verändert.In Brust oder Achselhöhle ist ein Knoten tastbar.Eine Brustwarze oder ein anderer Teil der Brusthaut zieht sich nach innen.Die Brusthaut rötet sich, schuppt und verheilt nicht.Aus einer Brustwarze wird klare oder blutige Flüssigkeit abgesondert.

Keines dieser Symptome bedeutet zwangsläufig, dass Sie an Brustkrebs erkrankt sind. So erweisen sich etwa 8 von 10 selbst ertasteten Knoten bei genauerer Untersuchung als harmlos. Aber jedes dieser Symptome sollte auf jeden Fall Anlass für eine genauere Untersuchung sein. Für diese Untersuchungen setzen Ärztinnen und Ärzte verschiedene Methoden und Verfahren ein, auf die im Folgenden eingegangen wird.

3. Untersuchungsmethoden in der Diagnostik

Brustkrebs ist nach wie vor eine Erkrankung, die zur existenziellen Bedrohung werden kann. Kein Wunder also, dass Frauen unruhig werden oder Angst bekommen, wenn sich ein Verdacht auf eine Brustkrebserkrankung andeutet. Angst und Panik sind jedoch immer die schlechtesten Berater, wenn es darum geht, schwierige Situationen zu meistern. Jedem noch so kleinen Verdacht auf Brustkrebs muss sorgfältig nachgegangen werden, denn: Die Heilungsaussichten sind umso größer, je früher ein möglicher Krebs diagnostiziert und je genauer er charakterisiert wird.

Bei Verdacht auf Brustkrebs läuft deshalb eine in ärztlichen Leitlinien festgelegte und qualitätsgesicherte Diagnostikroutine ab, an deren Ende Klarheit darüber besteht, ob Brustkrebs vorliegt, und wenn ja, um welche Art es sich genau handelt. In diesem Abschnitt stellen wir Ihnen die wichtigsten Stationen dieser Routine vor.

Bildgebende Verfahren

Verfahren, mit denen sich Gewebestrukturen bildlich darstellen lassen, sind die wichtigsten Hilfsmittel in der Diagnostik. Zu diesen bildgebenden Verfahren gehören die Ultraschalluntersuchung der Brust, häufig auch als Brustsonographie bezeichnet, außerdem die Mammographie, also die Röntgenuntersuchung der Brust, die auch im Screening-Programm zum Einsatz kommt, und schließlich bei speziellen Fragestellungen auch die MRT, die Magnetresonanztomographie oder Kernspintomographie der Brust.

Wenn sich mithilfe der bildgebenden Verfahren ein verdächtiger Tumor hat lokalisieren lassen, geht es anschließend darum, dieses Gewebe näher zu charakterisieren. Dazu wird eine Biopsie, also die Entnahme einer Gewebeprobe, notwendig. Im Labor analysieren Pathologen – das sind Experten für krankhafte Veränderungen an Geweben – die Probe unter dem Mikroskop und mithilfe von laborchemischen Verfahren.

Nach dieser Untersuchung ist das verdächtige Gewebe genau charakterisiert. Sollte es sich tatsächlich um Brustkrebs handeln, prüfen Ärztinnen und Ärzte nun weiter, ob sich Krebszellen unter Umständen auch in der anderen Brust oder bereits in anderen Organen ausgebreitet haben. Bei diesen Untersuchungen können zusätzliche bildgebende Verfahren eingesetzt werden: vor allem die Computertomographie (CT) von Lunge und Leber, die Knochenszintigraphie oder eine Ultraschalluntersuchung der Leber und möglicherweise auch anderer Organe.

Ultraschalluntersuchung der Brust (Brustsonographie)

Wenn Schallwellen auf ein Hindernis stoßen, werden sie reflektiert, sprich zur Schallquelle zurückgeworfen. Diesen Effekt kennen wir alle als Echo aus dem Hochgebirge. Auch hochfrequente, für das menschliche Ohr nicht hörbare Schallwellen – sogenannte Ultraschallwellen – verursachen ein Echo, und das wird in der Diagnostik genutzt: Ist innerhalb eines Gewebes ein Hindernis oder ein Hohlraum vorhanden, verändert sich das Ultraschallecho in charakteristischer Weise. Mit speziellen Geräten lassen sich die von diesen Struktu­ren reflektierten Wellen auf einem Monitor als Bild sichtbar machen. Auf diese Weise können Ärzte mithilfe eines Ultraschallgerätes nach verdächtigen Gewebeknoten oder flüssigkeitsgefüllten Zysten suchen.

Ultraschallwellen haben nichts mit Strahlung zu tun, auch bei häufiger Anwendung sind sie gesundheitlich unbedenklich. Eine Ultraschalluntersuchung wird deshalb häufig als erstes bildgebendes Verfahren in der Diagnostik eingesetzt. Auch nach einem unklaren Mammographiebefund kann eine ergänzende Ultraschalluntersuchung der Brust Klarheit bringen. Besonders häufig eingesetzt wird die Brustsonographie bei Frauen unter 40 Jahren. Bei ihnen überwiegt hormonell bedingt das Drüsengewebe in der Brust so stark, dass eine Mammographie allein keine verlässlichen Ergebnisse bringen würde.

Damit Ultraschallwellen durch die Haut ins Brustgewebe vordringen können, darf sich zwischen Schallkopf und Haut keine Luft befinden, denn sie würde die Schallwellen komplett reflektieren. Das ist der Grund, warum der Schallkopf während der Untersuchung immer mit einem wasserlöslichen Gel benetzt ist.

Die Ultraschalluntersuchung wird im Liegen durchgeführt. Der untersuchende Arzt gibt etwas Gel auf den Schallkopf und sucht in fächerförmigen Bewegungen über die Brust bis zu den Achselhöhlen nach verdächtigen Strukturen.

Röntgenuntersuchung der Brust (Mammographie)

Die Mammographie kennen Sie möglicherweise bereits aus dem Mammo­graphie-­Screening-Programm (siehe Abschnitt BIII.1), das eine der wichtigen Säulen in der Früherkennung von Brustkrebs darstellt. Es handelt sich dabei um eine spezielle Röntgenuntersuchung der Brust. Mit Röntgenstrahlen ist wie mit Ultraschallwellen ein Blick ins Innere des Körpers möglich, allerdings nach einem anderen technischen Prinzip. Wie das sichtbare weiße Licht, das uns tagsüber umgibt, gehören auch Röntgenstrahlen zu den sogenannten elektromagnetischen Strahlen. Anders als beim Ultraschall entsteht hier das Bild nicht durch Reflexion, sondern durch Strahlen, die an bestimmten körperlichen Strukturen abgebremst oder abgeschwächt werden. Mit anderen Worten: Ein Röntgenbild ist das Ergebnis der Menge von Strahlen, die das Gewebe wieder hat verlassen können. Knochen lassen Röntgenstrahlen so gut wie gar nicht passieren; auf dem Röntgenbild erscheinen Knochen deshalb hellgrau bis weiß. Weiches und wasserhaltiges Gewebe dagegen hält Röntgenstrahlen so gut wie gar nicht auf, es erscheint auf Röntgenbildern deshalb in dunklen bis sehr dunklen Schattierungen.

Nutzen versus Strahlenbelastung

Anders als Ultraschallwellen sind Röntgenstrahlen gesundheitlich nicht unbedenklich, denn sie können chemische Verbindungen aufbrechen oder Atome beziehungsweise Moleküle verändern. Wird der Organismus Röntgenstrahlen in sehr hoher Dosis ausgesetzt, sind die körpereigenen Reparaturmechanismen überfordert, und es kann zu Schäden am Erbmaterial der Zellen kommen. Das bedeutet, dass Röntgenstrahlen letztlich auch Krebs auslösen können. In Deutschland ist der Umgang mit Röntgenstrahlen deshalb im zuletzt 2017 neu gefassten Strahlenschutzgesetz und in der Ende 2018 in Kraft getretenen Strahlenschutzverordnung geregelt. Jede Röntgenuntersuchung – und damit auch jede Mammographie – darf nur nach sorgfältiger Abwägung von Nutzen und Risiko veranlasst werden. Mit anderen Worten: Eine Röntgenuntersuchung darf nur dann durchgeführt werden, wenn ihr Risiko deutlich geringer ist als das Risiko, eine unter Umständen lebensbedrohliche Erkrankung zu spät oder gar nicht zu erkennen.

Wie sieht die Strahlenbelastung bei einer Röntgenuntersuchung konkret aus? Sie schwankt auch bei gleichen Untersuchungen von Patientin zu Patientin zum Teil beträchtlich. Individuelle Unterschiede in Körperbau und Gewicht sind dafür unter anderem verantwortlich. Um die Strahlenbelastung verschiedener Untersuchungen trotzdem miteinander vergleichen zu können, haben Experten als Maß die sogenannte effektive Dosis eingeführt. Sie bezeichnet die für verschiedene Röntgenuntersuchungen notwendige Strahlendosis bei einer Standardpatientin. Gemessen wird die Dosis in Sievert (Sv) beziehungsweise Millisievert (mSv), also Tausendstel Sievert.

Die jährliche natürliche Strahlung aus der Umgebung schlägt bei jedem von uns mit 1,0 Millisievert zu Buche. Im Vergleich dazu liegt die Strahlenbelastung bei einer Mammographie mit 0,2 bis 0,4 mSv im mittleren Bereich. Sehr viel belastender sind dagegen CT-Untersuchungen oder die Darstellung von Blutgefäßen, beispielsweise am Herzen, bei einer Angiographie (siehe Abbildung3) Die angegebenen möglichst niedrigen Werte lassen sich allerdings nur erreichen, wenn sichergestellt ist, dass radiologisch besonders qualifizierte Fachkräfte die Untersuchung durchführen. 

Was kann die Mammographie, was andere bildgebende Verfahren nicht können?

Mithilfe der Mammographie lassen sich Veränderungen entdecken, wenn Knoten noch nicht tastbar sind. Außerdem ist sie das einzige bildgebende Verfahren, in dem sogenannte Mikroverkalkungen sichtbar gemacht werden. Erfahrene Radiologen erkennen anhand von Anordnung und Größe der Kalkpartikel, ob mit einer gut- oder bösartigen Veränderung zu rechnen ist. Manchmal gibt erst eine Biopsie endgültige Klarheit.

Besonders Brustkrebsvorstufen wie das DCIS4 enthalten in bis zu 90 Prozent der Fälle Mikrokalk. Und auch in einem knappen Drittel der invasiven Mammakarzinome kommt Mikrokalk vor.

Wie läuft eine Mammographie ab?

Die Untersuchung findet im Stehen statt. Die Brust wird auf dem Röntgentisch gelagert und mit einer gläsernen Kompressionsplatte vorsichtig zusammengedrückt. Das kann unangenehm, sollte aber nicht schmerzhaft sein. Die Kompression ist wichtig für eine gute Bildqualität, und die Strahlendosis kann umso niedriger gewählt werden, je stärker komprimiert wird. In der Regel werden von jeder Brust zwei Aufnahmen angefertigt: eine von oben und eine aus schräg seitlicher Richtung.

Bei Frauen vor den Wechseljahren findet die Untersuchung idealerweise in der ersten Zyklushälfte statt, also etwa eine Woche nach der Regelblutung (siebter bis zehnter Zyklustag). In dieser Phase ist das Drüsengewebe locker, das heißt, die Brust ist nicht so druckempfindlich wie in der zweiten Zyklushälfte. Am Untersuchungstag sollten Sie auf Körperlotion, Puder und Deodorant verzichten, da sie auf der Aufnahme Schleier bilden können, die eine Beurteilung unnötig erschweren.

Magnetresonanztomographie der Brust (Brust-MRT)

MRT-Bilder entstehen unter dem Einfluss von sehr starken Magnetfeldern, die in einem röhrenförmigen Gerät entstehen. Die Patientin wird liegend in diese Röhre hineingeschoben. In der Röhrenwand befinden sich elektrische Spulen, die das pulsierende Magnetfeld erzeugen. Es ist etwa 10 000- bis 50 000-mal so stark wie das Magnetfeld der Erde.