11,99 €
Von der Casting-Boyband zu den erfolgreichsten internationalen Vertretern des K-Pops! Seit ihrem Debüt 2013 haben BTS unzählige Verkaufsrekorde gebrochen, haben haufenweise Auszeichnungen verliehen bekommen, pflegen zu ihren Fans, der A.R.M.Y, eine beispiellose Verbindung und haben dazu beigetragen, dass sich der K-Pop auch in Deutschland einer immer größeren Beliebtheit erfreut. Doch welche Persönlichkeiten verstecken sich hinter den sieben sagenumwobenen Bandmitgliedern? Woher nehmen sie die Inspiration für ihre Songs? Und was hat ihnen durch schwierige Zeiten hinweggeholfen? In diesem wunderbar farbenfrohen Buch begleiten Fans die Bangtan Boys auf ihrem Werdegang, lernen die einzelnen Mitglieder näher kennen und erfahren die Geschichten hinter den Songs und Alben.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 190
Veröffentlichungsjahr: 2025
Sina Buchwitz
Victoria Schaffrath
Das große Fanbuch
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar.
Für Fragen und [email protected]
Wichtiger Hinweis
Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wurde auf eine genderspezifische Schreibweise sowie eine Mehrfachbezeichnung verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen sind somit geschlechtsneutral zu verstehen.
Originalausgabe
1. Auflage 2025
© 2025 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
Türkenstraße 89
80799 München
Tel.: 089 651285-0
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.
Redaktion: Birgit van der Avoort
Umschlaggestaltung: Sabrina Pronold
Umschlagabbildung: Adobe_Stock/Omeris; Imago/Everett Collection
Illustrationen im Innenteil: AdobeStock/Ron Dale, LadadikArt, Omeris, Bon_man
Layout: Sabrina Pronold
Satz: Bernadett Limmer (schere.style.papier), München
eBook: ePUBoo.com
ISBN Print 978-3-7423-2812-0
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-7453-2616-1
Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter
www.rivaverlag.de
Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unter www.m-vg.de
BTS als Band
BTS und ihre Fans
BTS und ihre Stärken
BTS und der Erfolg
Sie bastelten aufwendige Poster und Geschenke, warteten stundenlang vor den großen Hallen und trafen sich schon kurz nach den Shows wieder mit Gleichgesinnten, um die Route für die nächste Konzertreise festzulegen: Auch in unserer Generation der Millennials gab und gibt es sie, die wirklich engagierten und enthusiastischen Fans. Ob Backstreet Boys, Britney Spears oder Tokio Hotel – sie alle konnten sich auf hoch motivierte Fanclubs verlassen, sich aber in den meisten Fällen auch hinter die unsichtbare Barriere zurückziehen, die Fans und Künstler damals noch trennte. Die direkte Kommunikation zwischen Anhänger und Star blieb die Ausnahme.
Während wir, Sina und Victoria, erwachsen wurden und zum Teil selbst eine Familie gründeten, wuchs in der Popkultur ein weiteres Phänomen heran: Social Media. Durch Plattformen wie MySpace, YouTube, Facebook und später Instagram und TikTok erschienen Stars zum ersten Mal wirklich nahbar. Vom eigenen Sofa aus konnte nun jede und jeder von uns zum begeisterten Fan werden, ohne dafür die eigene Komfortzone zu verlassen. Dank Dokus oder Streaming-Diensten ließen sich Konzerte ohne lange Anreise und Wartezeiten bei Minustemperaturen genießen. Und doch war vor und hinter der Bühne plötzlich jede Minute im Leben unserer Lieblinge erfahrbar. Fan-Sein wurde zugänglicher, einfacher.
So war es nur eine Frage der Zeit, bis sich aus dieser offeneren Kommunikation und dem immer schon vorhandenen Engagement der Fans eine neue Art von Community bildete. Seit 2013 wächst mit ARMY eine unvergleichliche Gemeinschaft heran, die ihre Power weit über die Grenzen des Internets hinaus einsetzt. ARMY ist ein Lebensgefühl, das auch dann nicht pausiert, wenn ein Lied oder Album endet, ein Konzert vorbei ist oder eine App geschlossen wird. Sie zählt unglaublich viele Mitglieder, organisiert sich on- und offline und hat Infrastrukturen geschaffen, die einer kleinen Republik gleichen.
Begegnet man BTS und ARMY zum ersten Mal, mag man das Phänomen als reine Begeisterung für sieben gut aussehende und talentierte junge Männer abtun. Es ist nicht einmal abwegig, das K-Pop-Kuriosum für ein Medienspektakel und die vielen Veröffentlichungen und Konzerte für Geldmacherei zu halten. Steigt man aber wie wir und unzählige andere in die Welt der Bangtan Boys ein, zeigen sich große Empathie und ein Bewusstsein für mentales Wohlergehen. Gesellschaftliche Missstände werden angeprangert und wichtige Debatten angestoßen. Wir erleben Musik, die von den Werken großer Künstler inspiriert ist und mit hohem Arbeitseinsatz und Können in die Welt getragen wird.
Genau wie ihre Vorbilder RM, Jin, SUGA, j-hope, Jimin, V und Jung Kook lebt ARMY ein einzigartiges Miteinander, bei dem wohltätige Aktionen genauso selbstverständlich sind wie die gegenseitige Unterstützung in schweren Zeiten, ein politisches und gesellschaftliches Bewusstsein oder ein breit gefächertes Wissen über Literatur und Kunst. Dass sich die Mitglieder von BTS auf Augenhöhe an diesem Programm beteiligen, zeichnet Community und Band zusätzlich aus.
Wenn wir zurückblicken auf unsere eigene Jugend, hätten wir uns eine Community wie diese gewünscht, die Halt gibt und dazu inspiriert, Gutes in die Welt hinauszutragen. Zum Glück kennt ARMY keine Altersgrenze …
Als vor über zehn Jahren sieben südkoreanische Jungs eine K-Pop-Band gründen, ahnt niemand, was sie damit auslösen würden. Im Gegenteil: Der Start von V, Jung Kook, RM, Jimin, j-hope, SUGA und Jin als BTS verläuft eher holprig. Und auch danach stellt das Leben sie immer wieder auf die Probe.
Dennoch – oder vielleicht gerade deshalb – gelingt es den Bangtan Boys, in ihren gemeinsamen Jahren aneinander und miteinander zu wachsen, musikalisch wie persönlich. Sie entwickeln sich von energiegeladenen, aber unerfahrenen Trainees zu talentierten und ambitionierten Künstlern, die ihre Herkunft nicht vergessen. Ihre Disziplin und ihr Ehrgeiz sind bis heute unerreicht. Und das zahlt sich aus!
2024 schauen sie auf eine beeindruckende Karriere zurück: In Südkorea sind BTS der erfolgreichste Musik-Act des Landes, ihr Album Map of the Soul: 7 verkauft sich allein in ihrer Heimat über fünf Millionen Mal. Doch Landesgrenzen halten sie nicht auf: BTS fahren nicht nur selbst unzählige internationale Erfolge ein, sondern öffnen auch anderen K-Pop-Musikern die Tür zur weltweiten Aufmerksamkeit.
Darüber hinaus sorgen sie daheim für einen regelrechten Boom: Mehr und mehr Touristen bereisen das Land, 2018 sind es laut einer Studie rund 800 000 Menschen, die nur wegen BTS nach Südkorea reisen.
BTS gewinnen bis heute unzählige Preise, darunter mehrere American Music Awards und Billboard Awards, für den Grammy werden sie fünf Mal nominiert. Die Bangtan Boys sind außerdem die erste fremdsprachige Band überhaupt, der es gelingt, das Londoner Wembley-Stadion und das Rose-Bowl-Stadion in Los Angeles bis auf den letzten Platz zu füllen.
Mindestens genauso wichtig wie der musikalische Triumph scheinen BTS ihre philanthropischen Bemühungen zu sein: Ihre enorme Reichweite nutzen sie immer wieder, um sich für das Gute einzusetzen. Sie arbeiten mit Hilfsorganisationen wie UNICEF zusammen, spenden großzügige Summen für unterschiedlichste Zwecke und animieren ARMY, es ihnen gleichzutun.
Doch wieso haben BTS und ARMY eine so besondere Verbindung? Und wie gelingt es der Band, allen Erwartungen – intern wie extern – gerecht zu werden? Wie sieht ihr Werdegang genau aus? In diesem inoffiziellen Fanbuch wollen wir die K-Pop-Könige und das Zusammenspiel ihrer unterschiedlichen Charaktere genauer beleuchten.
Mit affirmativen Leitsätzen und vielen Zitaten der Bangtan Boys selbst können wir noch etwas für unser eigenes Leben mitnehmen: Wollen wir so verantwortungsbewusst sein wie RM? Oder macht uns vielleicht j-hopes hoffnungsvolle Art zu größeren Optimisten?
Tauche mit uns ein in das BTS-Universum, schwelge in Fan-Erinnerungen, erfahre, was du über deine Lieblingsband bisher noch nicht wusstest, und finde im Quiz heraus, welcher der »Kugelsicheren Pfadfinder« wohl am besten zu dir passen könnte.
Juli 2012. Spanien hat gerade die zweite Fußball-Europameisterschaft in Folge gewonnen, Angela Merkel ist im siebten Jahr Bundeskanzlerin und die Wiederwahl von US-Präsident Barack Obama steht wenige Monate bevor. Alles geht seinen gewohnten Gang; große Überraschungen scheinen nicht in Sicht. Doch dann drückt der südkoreanische Rapper Psy den »Upload«-Button bei YouTube. Er veröffentlicht seine neue Single »Gangnam Style« – und verändert die Welt damit für immer.
Eigentlich hat Psy den Track für seine Fans in Südkorea geschrieben. Einen internationalen Durchbruch hatte er nicht im Sinn, was schon der Titel des Songs verrät, der sich auf ein Phänomen aus der südkoreanischen Hauptstadt Seoul bezieht. Dort gibt es ein Stadtviertel namens Gangnam, dessen Einwohner für ihren Reichtum bekannt sind. Man könne die Gegend mit Beverly Hills in Kalifornien vergleichen, erklärt Psy in einem Interview. Beim »Gangnam Style« wiederum handele es sich eher um neureiches Gehabe. »Leute, die aus Gangnam kommen, würden nicht damit prahlen«, verrät Psy. »Nur die Poser und Wannabes ziehen ihre Airs an, tun sich wichtig und sagen, sie seien ›Gangnam Style‹. Im Grunde macht sich der Song über Leute lustig, die sehr bemüht versuchen, etwas zu sein, das nicht sind.« Der Refrain »오빤 강남 스타일 (Oppan Gangnam style)« bedeutet übersetzt so viel wie »Großer Bruder hat Gangnam Style«, womit Psy sich selbst meint.
Zu Beginn rufen etwa eine halbe Million User täglich den YouTube-Clip auf. Das ist mehr als nur solide, aber erst der Anfang. Nach einem Reaktionsvideo der K-Pop-Fans Katie und Mindy Anderson sowie einer Parodie der K-Pop-Blogger Simon und Martina Stawski setzt der »Gangnam Style« zu ersten kleinen Höhenflügen an. Am 28. Juli landet der Track auf Reddit – und geht durch die Decke. Eine Million, zwei Millionen, drei Millionen … Etwa vier Millionen Nutzer klicken den schrägen Song gegen Ende August pro Tag an. Der britische Popstar Robbie Williams äußert sich zu dem viralen Erfolg, ebenso wie Rapper T-Pain. Psy selbst kann es nicht glauben. Er sei seit zwölf Jahren im Geschäft und habe sich in dieser Zeit nur auf Südkorea konzentriert, nicht auf Übersee, verrät er in einem Interview. »Ich habe nichts dergleichen erwartet«, erklärt er. »Was soll ich sagen? Das geht alles viel zu schnell.« Er habe etwa zehn Tage nach dem Upload des Songs geahnt, dass er einen Hit gelandet hätte.
Was viele Musik-Fans an »Gangnam Style« besonders begeistert, ist der ikonische Tanz dazu. Dieser sieht aus, als würde Psy auf einem Pferd reiten, und so ist es auch gedacht. Etwa 30 Tage legt Psy jede Menge Überstunden ein, um den Tanz zu entwickeln. Vorher testen er und sein Choreograf Lee Ju-sun die unterschiedlichsten Tier-Bewegungen, vom Panda bis zum Känguru. Den Zuschlag erhält am Ende das Pferd. Psy betreibt diesen großen Aufwand, weil die südkoreanischen Fans hohe Erwartungen an seine Tanz-Moves hätten, erklärt er. Weltweit kopieren Musik-Enthusiasten den Tanz, ob Soldaten, Teenager, Gefängnisinsassen oder Hochzeitspaare – und so erlangt der Song auch durch den Tanz Berühmtheit.
Bereits im Oktober 2012 hat sich »Gangnam Style« zum meistgelikten YouTube-Video aller Zeiten entwickelt. Ab dem 24. November 2012 belegt der Clip den ersten Platz der meistgeschauten YouTube-Videos jemals. (Der Rekord hat bis zum 10. Juli 2017 Bestand, als Wiz Khalifa und Charlie Puth den koreanischen Rapper mit ihrem Track »See You Again« überholen.) Und am 21. Dezember 2012 erreicht der Clip als erstes YouTube-Video über eine Milliarde Views. Ein Meilenstein, ein sagenhafter Erfolg für die südkoreanische Popkultur. Es gebe in Korea eine große Vielfalt an Musikern, erklärt Psy im Interview mit der New York Times. Er könne nicht behaupten, dass sie die Besten wären, aber sie seien sehr dynamisch, und das wolle er von nun an der ganzen Welt zeigen.
In den USA, dem wohl wichtigsten Musikmarkt der Welt, erreicht Psy mit »Gangnam Style« Platz zwei der Single-Charts, was zuvor noch keinem Südkoreaner gelungen ist. In Australien, Kanada, Frankreich, Deutschland, Spanien, Großbritannien, Italien und seiner Heimat Südkorea gelingt ihm sogar der Sprung an die Spitze. Das war noch nicht alles: Im selben Jahr kassiert Psy den MTV Europe Music Award für das »Beste Video«. Der britische Premierminister David Cameron tanzt den »Gangnam Style«, ebenso wie Ban Ki-moon, der Generalsekretär der Vereinten Nationen. Bundeskanzlerin Angela Merkel lässt sich nicht erweichen. Doch US-Präsident Barack Obama lobt den Song bei einem bilateralen Treffen mit dem südkoreanischen Präsidenten Park Geun-hye und bezeichnet »Gangnam Style« als Beispiel dafür, wie die koreanische Kultur Menschen weltweit glücklich machen könne.
Was die meisten damals noch nicht ahnen: Während der »Gangnam Style« die Welt erobert, bereiten sich sieben junge Musiker namens RM, SUGA, j-hope, Jin, Jung Kook, V und Jimin auf den Start ihrer Karriere vor. Sie haben von 2010 bis 2012 zusammengefunden und gemeinsam mit der Agentur Big Hit Entertainment die Band BTS auf die Beine gestellt. Bis zu 15 Stunden am Tag üben sie, um sich auf ihre Laufbahn als koreanische Popstars vorzubereiten. Doch wie genau funktioniert das in Südkorea eigentlich?
BTS machen vieles anders als ihre K-Pop-Kollegen – und sind deshalb auch so erfolgreich. Von Anfang an legen sie Wert darauf, nicht bloß die nächste seichte Pop-Truppe zu werden. Nein, BTS haben etwas zu sagen. Statt sich in den oft gleichförmigen Strudel aus Liebes- und Trennungssongs zu begeben, konzentrieren sie sich auf das, was in ihrem Leben tatsächlich passiert. Jedes der sieben Bandmitglieder kommt zu Wort und berichtet von seiner eigenen Gefühlswelt.
Als Mastermind hinter BTS gilt Bang Si-hyuk, der auch Hitman Bang genannt wird. Er ist der Manager der südkoreanischen Agentur Big Hit Entertainment, die ab 2021 HYBE heißt, und hat eine Vision: Er möchte eine koreanische Band aus Individuen am Markt etablieren. Sie sollen sowohl persönliche Themen in ihre Texte einfließen lassen als auch die Band selbst gestalten, vor und hinter den Kulissen. »Ich möchte niemanden in der Band haben, der bloß berühmt werden möchte«, erklärt der Manager in einem Interview. »Man muss die Musik und die Bühne lieben.« Bang möchte Vorurteilen gegenüber der jüngeren Generation entgegenwirken. Und wie könnte das besser funktionieren, als die Jüngeren einfach machen zu lassen? »Sie erschaffen ihre Musik, sie kümmern sich selbst um ihren Zeitplan«, erklärt Bang. »Wenn sie das nicht tun, kann kein neues Album erscheinen.« Derart selbstständige Musiker zu finden, ist kein leichtes Unterfangen, doch der Manager begibt sich auf die Suche und schon bald entdeckt er das erste Talent: Rap Monster, kurz RM.
RM ist damals 16 Jahre alt und hat von einem befreundeten Rapper namens Sleepy den Tipp bekommen, sich bei Big Hit Entertainment vorzustellen. RMs Steckenpferd ist der Hip-Hop, also rappt RM bei seiner Audition. Agenturchef Bang ist begeistert und holt den jungen Musiker sofort an Bord. Die beiden beschließen, dass BTS eine Hip-Hop-Gruppe werden solle.
Als Nächstes steigt SUGA ein. Er kennt und bewundert Bang bereits als Songwriter, nimmt an einem Rap-Wettbewerb von Big Hit Entertainment teil und belegt dabei den zweiten Platz. Doch obwohl er nicht als Sieger aus der Audition hervorgeht, hinterlässt er einen so großen Eindruck, dass er bei Big Hit anfangen darf: als Produzent und Trainee, wie angehende Popstars im südkoreanischen Agenturkosmos genannt werden. Mitglied von BTS wird er 2010, im Alter von 17 Jahren. In Interviews erzählt er gern, dass Bang ihm damals in Aussicht gestellt habe, dass er bei BTS nicht tanzen müsse. Tja, das war wohl nichts …
j-hope zieht Ende 2010 nach Seoul, um bei BTS einzusteigen. Er ist damals gerade einmal 15 Jahre alt, aber hoch motiviert. Nach wie vor verfolgt Big Hit das Ziel, eine Hip-Hop-Gruppe zu gründen. Da kommt der junge Rapper gerade recht. Er war zuvor von JYP Entertainment abgelehnt worden, einer großen südkoreanischen Entertainment-Agentur. Doch für Big Hit ist er genau der Richtige. Auch er wird als Trainee aufgenommen. Aber dann zweifelt Big-Hit-Chef Bang an seinen und RMs Hip-Hop-Plänen – und überlegt es sich noch einmal anders.
Statt nur ein Genre zu bedienen, sollen sich BTS durch ihre musikalische Vielfalt auszeichnen. Jung Kook, V, Jin und Jimin vervollständigen das Line-up. Bangs neuer Plan: Er möchte die Band im K-Pop etablieren. Damit stehen der Gruppe nicht nur in künstlerischer Hinsicht deutlich mehr Türen offen. Auch ihre Erfolgsaussichten vergrößern sich durch die neue Ausrichtung. Bang ist wichtig, dass BTS nicht zu einer beliebigen K-Pop-Band mutieren, sondern eine eigene Message und eine eigene Herangehensweise verfolgen. Der Name BTS ist eine Abkürzung für »Bangtan Sonyeondan«, was übersetzt so viel wie »Kugelsichere Pfadfinder« bedeutet. Die Band soll einerseits Teil der sogenannten Idol-Kultur werden, sich jedoch andererseits auch von ihr abheben. Aber, was genau ist die Idol-Kultur eigentlich?
Wer in Südkorea Popstar werden möchte, geht einen anderen Weg als zum Beispiel in Deutschland, Großbritannien oder den USA. Denn bei der Bezeichnung »Musiker« handelt es sich in Fernost durchaus um einen Ausbildungsberuf. Wer als K-Pop-Künstler durchstarten will, beginnt seine Karriere oft schon im Kindesalter und bewirbt sich bei einer der großen südkoreanischen Agenturen. Diese wiederum entscheiden, welche Nachwuchstalente als Trainees aufgenommen werden, also als Auszubildende. Die Bewerber treten gegeneinander an, zum Beispiel in Kategorien wie Gesang, Tanz, Songwriting und Schauspiel. Sogar das Modeln spielt eine Rolle. Die Besten bekommen einen Vertrag – und erst dann beginnt die eigentliche Arbeit.
Wer einen Trainee-Vertrag bei einer der Agenturen unterschreibt, kann sich glücklich schätzen – muss aber auch viel auf sich nehmen. Bis zu 15 Stunden am Tag wird trainiert, dazwischen geschlafen. Freizeit? Fehlanzeige. Auf dem Stundenplan stehen Disziplinen wie Singen und Tanzen, jedoch auch Sprachen wie Englisch und Japanisch sowie das richtige Verhalten vor der Kamera. Auf diese Weise sollen die angehenden Idols perfekt auf ihren Job als Popstar vorbereitet werden. »Entbehrungen waren ganz normal«, erzählt Jung Kook in der Doku-Serie BTS Monuments: Beyond The Star über die Trainee-Zeit von BTS.
Auch SUGA erinnert sich mit einem lachenden und einem weinenden Auge an die anstrengende Zeit vor dem Debüt von BTS. »Wenn wir nicht gerade aßen oder schliefen, waren wir jede Minute im Probenraum«, berichtet er. »Das bezweifeln manche vielleicht, aber so sah sechs Monate lang unser Leben aus.« Er habe sogar darüber nachgedacht, hinzuschmeißen, genau wie j-hope.
Über offene Fragen wird transparent gesprochen. So machen sich BTS zum Beispiel Gedanken, ob sie als eine von vielen Idol-Bands überhaupt ernst genommen werden. Doch durch ihre ehrliche Herangehensweise können sie solche Bedenken reflektieren und aus der Welt schaffen.
Die Agentur arbeitet währenddessen daran, die Band schon einmal bekannt zu machen – bereits vor der Veröffentlichung des ersten Songs. Sie gründet Fanclubs, legt Social-Media-Accounts an, bereitet Teaser-Videos und -Grafiken vor und bemüht sich um möglichst viel Support für ihre Schützlinge. Denn nur eine K-Pop-Gruppe, die sich auf ihre treuen Fans verlassen kann, wird langfristig erfolgreich sein.
Bang, Big Hit und BTS agieren auf engstem Raum, denn für viel Platz fehlt Big Hit das Budget. Für Tanzübungen gibt es nur wenig Fläche und noch weniger für Bangs administrative Aufgaben. Meetings hält dieser in einem winzigen Raum ab, in dem gerade einmal drei Personen Platz finden – wenn eine von ihnen auf dem Boden sitzt. Doch fehlenden Raum machen Big Hit und BTS durch Leidenschaft wieder wett. »Wir haben uns gegenseitig gepusht, damit wir die Besten werden, die wir sein können«, erklärt Leader RM. »Dadurch sind wir wie Brüder füreinander.« Tag und Nacht trainieren die Musiker. Der Plan geht auf.
Als BTS ihre Karriere in Gang bringen, ist K-Pop bereits ein beliebtes Phänomen, vor allem im asiatischen Raum. Im Zuge von Psy und seinem »Gangnam Style« rutschen die sieben Jungs genau in die Zeit, als K-Pop gerade zur Eroberung der ganzen Welt ansetzt. Doch was ist K-Pop eigentlich genau, wie sieht Koreas Musikgeschichte aus und in welcher musikalischen Welt legen BTS von 2010 bis 2013 die Grundsteine für ihren Triumph?
Exkurs: Koreanische Musikgeschichte
Unternehmen wir eine kleine Zeitreise: Die erste schriftliche Dokumentation traditioneller koreanischer Musik, die »국악 (Gugak)« heißt, lässt sich bis ins 12. Jahrhundert zurückverfolgen, genauer gesagt bis ins Jahr 1145. Aus dieser Zeit stammt die »삼국사기 (Samguk saki)«, was übersetzt so viel bedeutet wie: »Die Geschichte der drei Königreiche«. In der Schrift ist von zwei Instrumenten die Rede: dem Gayageum und dem Geomungo. Bei beiden handelt es sich um Zithern, also Saiteninstrumente, die zum Spielen hingelegt werden. Von hier bis zum K-Pop ist es ein weiter Weg, doch wir wollen ihn kurz gehen – denn die Musikgeschichte Koreas unterscheidet sich sehr von unserer.
Bereits ab dem 14. Jahrhundert kommt es in der koreanischen Musik zu Entwicklungen, die wichtige Weichen für den späteren K-Pop stellen. Während der Joseon-Dynastie von 1392 bis 1897 teilt sich die Musik in Korea in zwei wesentliche Richtungen auf: Jeongak (Musik für die Oberklasse) und Minsokak (Folkloremusik). Während bei gehobenen Anlässen wie Banketten und Militärprozessionen Jeongak gespielt wird, erfreuen sich die einfachen Leute eher an Minsokak und Nongak, der Musik der Bauern. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts endet die Joseon-Dynastie. Japan hat den Krieg gegen China und Russland gewonnen und nimmt in Folge auch die koreanische Halbinsel ein. Dadurch verändert sich ebenfalls die Musik in Korea.
Japan übt damals eine starke Kontrolle über Südkorea aus, nutzt diese Macht aber nicht etwa, um japanische Musik in Korea zu etablieren, sondern rückt stattdessen westliche Klassik in den Fokus. Dafür können sich vor allem die Eliten des Landes begeistern, während die einfache Bevölkerung die Musik des Westens eher seltsam findet. Und diese während der Joseon-Dynastie entstandene Zweiteilung bleibt bestehen. Westliche Musik findet bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts ihren Weg in die koreanische Kultur – es ist allerdings nur der Anfang einer zu Beginn elitären Entwicklung, die sich in den folgenden Jahrzehnten in der ganzen Gesellschaft fortsetzen soll.
Durch den westlichen Einfluss entsteht das neue Genre Yuhaeng-Changga, später einfach Yuhaengga genannt. Übersetzt bedeutet diese Bezeichnung so viel wie »populäre Musik«. Bereits ab Mitte der 1920er-Jahre gewinnt die neue Richtung an Bedeutung und erreicht das urbane Leben in Korea. Später, in den 1950er-Jahren, kommt die Bezeichnung Trot auf, angelehnt an den englischen Begriff foxtrot. Wie genau diese Musik entstanden ist, ob sie nun eher japanisch oder koreanisch beeinflusst wurde, daran scheiden sich bis heute die Geister. Wie auch immer: Der Trot öffnet ganz Südkorea die Tür zum Westen.
Als Folge des Zweiten Weltkriegs verliert Japan 1945 die Kontrolle über seine Nachbarn und aus Korea werden 1948 zwei Länder: die Demokratische Volksrepublik Korea, besser bekannt als Nordkorea, und die Republik Korea, umgangssprachlich Südkorea. Doch auch in musikalischer Hinsicht hat der Krieg großen Einfluss auf die Region. Denn die westlich geprägten Clubs und Bars, die durch die GIs in Südkorea entstanden sind, bleiben auch über den Krieg hinaus bestehen. Für den anhaltenden westlichen Einfluss sorgt der Koreakrieg zwischen Nord- und Südkorea von 1950 bis 1953, an dem auch die U. S. Army beteiligt ist. Nach Kriegsende bleiben die amerikanischen Soldaten in Südkorea und mit ihnen auch ihre Musik. Große US-Stars wie Marilyn Monroe und Louis Armstrong treten für die Army in Südkorea auf – und begeistern auch einheimische Musik-Fans.
Danach gibt es kein Zurück mehr: 1957 geht der Radiosender American Forces Korea Network auf Sendung und sorgt weiter für die Verbreitung westlicher Musik in Südkorea. Koreanische Sänger, die nach dem Krieg kaum Geld haben, treten für die US-Soldaten auf und verdienen so ihr Geld. Sie spielen Country, Blues, Rock ’n’ Roll und Jazz, um die Soldaten zu unterhalten. Die südkoreanische Wirtschaft kommt wieder in Gang, genau wie die Musikwelt, die nun stark westlich geprägt ist. Auch der Erfolg der Beatles bleibt in Korea nicht ohne Folgen. Die ersten koreanischen Bands werden gegründet. 1968 findet in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul der erste Bandwettbewerb statt. Der traditionellere Trot rückt in den Hintergrund, doch bisher existieren westlich geprägter Pop sowie koreanischer Rock und Trot nebeneinander.