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Dieses Buch führt tief hinein in die verborgenen Dimensionen des Islam. Im Zentrum steht der Burāq – das geflügelte Wesen, das den Propheten Muhammad auf seiner mystischen Nachtreise begleitete. Mustafa Salim al-Dulaimi beleuchtet nicht nur die historischen Überlieferungen, sondern entschlüsselt auch die esoterische Bedeutung dieser spirituellen Reise. Mit scharfem Blick für Symbolik, Mystik und innere Wandlung öffnet dieses Werk Türen zu einem Verständnis, das weit über äußere Praktiken hinausgeht. Leserinnen und Leser erwartet eine inspirierende Reise zu den Wurzeln islamischer Spiritualität – eine Einladung, den eigenen inneren Aufstieg zu wagen und die tieferen Geheimnisse des Glaubens zu entdecken.
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Seitenzahl: 142
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Burāq: Die Seelenreise des Propheten
Symbolik, Mystik und die spirituelle Reise in der islamischen Esoterik
Mustafa Salim al-Dulaimi
Die islamische Esoterik, häufig auch als innere Dimension des Islam bezeichnet, ist ein komplexer und tiefgründiger Bereich, der sich mit dem verborgenen Wissen und der spirituellen Weisheit befasst, die aus den islamischen Schriften und Traditionen hervorgehen. Die Esoterik im Islam ist kein getrenntes oder isoliertes Phänomen; vielmehr ist sie eng mit der äußeren, exoterischen Praxis des Glaubens verflochten und ergänzt diese. Der Begriff Esoterik leitet sich vom griechischen „esoterikos“ ab, was „innerlich“ oder „geheim“ bedeutet, und beschreibt jene Aspekte, die jenseits der oberflächlichen Wahrnehmung liegen und einer tiefergehenden geistigen Auseinandersetzung bedürfen.
Der Ursprung der islamischen Esoterik kann bis in die frühen Tage des Islam zurückverfolgt werden, obwohl ihre formale Entwicklung erst im Laufe der Jahrhunderte Gestalt annahm. Bereits zu Lebzeiten des Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm) gab es Hinweise auf eine tiefere Dimension der Offenbarung, die nicht allen zugänglich war. In den Überlieferungen wird berichtet, dass der Prophet bestimmte Geheimnisse nur einem kleinen Kreis seiner engsten Gefährten anvertraute, was darauf hindeutet, dass eine esoterische Tradition bereits in den Anfängen des Islam existierte.
Ein Schlüsselereignis, das oft als Grundlage der islamischen Esoterik angesehen wird, ist die Nacht der Himmelfahrt, die Isra und Mi'raj. In dieser mystischen Reise wurde der Prophet Muhammad von der Erde in die himmlischen Sphären geführt, begleitet vom mythischen Wesen Burāq. Diese Reise symbolisiert nicht nur die physische Verbindung zwischen Himmel und Erde, sondern auch die innere spirituelle Reise, die jeder Gläubige anstreben sollte. In vielen esoterischen Schulen wird diese Erfahrung als Metapher für die Erleuchtung und das Streben nach göttlicher Nähe interpretiert.
Die islamische Esoterik entwickelte sich weiter durch den Einfluss der zahlreichen kulturellen und religiösen Strömungen, die im Laufe der islamischen Geschichte aufeinandertrafen. Besonders hervorzuheben sind die Einflüsse der persischen, indischen und griechischen Philosophien, die zur Entstehung einer reichen und vielfältigen esoterischen Tradition beitrugen. Im Laufe der Zeit bildeten sich verschiedene Schulen und Orden, die jeweils ihre eigenen Interpretationen und Praktiken der esoterischen Lehren entwickelten.
Ein wichtiger Aspekt der islamischen Esoterik ist die Betonung der inneren Reinigung und der Suche nach der Wahrheit. Durch Meditation, Kontemplation und andere spirituelle Praktiken streben die Anhänger danach, die Illusionen der materiellen Welt zu durchbrechen und eine tiefere Verbindung mit dem Göttlichen zu erreichen. Die Lehren der islamischen Mystiker, insbesondere der Sufis, legen großen Wert auf die Reinigung des Herzens und die Kultivierung von Tugenden wie Demut, Geduld und Liebe.
Die islamische Esoterik ist somit nicht nur eine intellektuelle oder philosophische Disziplin, sondern ein praktischer Weg der spirituellen Transformation. Durch die Beschäftigung mit den inneren Bedeutungen der Offenbarung und der Traditionen streben die Gläubigen danach, in ihrem täglichen Leben eine harmonische Balance zwischen den äußeren Pflichten und den inneren spirituellen Zielen zu erreichen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die islamische Esoterik eine reiche und vielschichtige Tradition darstellt, die tief in der Geschichte des Islam verwurzelt ist. Sie bietet einen Weg zur Erforschung der inneren Dimensionen des Glaubens und zur Erreichung eines tieferen Verständnisses der göttlichen Realität. In dieser Hinsicht bleibt die islamische Esoterik eine Quelle der Inspiration und des Wissens für jene, die bereit sind, sich auf die Reise der Selbsterkenntnis und spirituellen Transformation zu begeben.
Die Mystik spielt eine zentrale Rolle im Verständnis und der Praxis des Islam. Sie bietet einen Weg, der über die äußeren Formen der Religion hinausgeht und sich auf die innere, spirituelle Dimension konzentriert. Diese Dimension wird oft als Tasawwuf bezeichnet, ein Begriff, der eng mit dem Sufismus verbunden ist, der spirituellen Strömung des Islam. Die Mystik im Islam ist nicht nur ein Bereich der persönlichen Frömmigkeit, sondern ein Weg zu einer tieferen Erkenntnis des Göttlichen und zu einer intensiveren Verbindung mit dem Schöpfer.
Im Kern der islamischen Mystik steht das Streben nach ma'rifa, der spirituellen Erkenntnis oder Gnosis. Diese Erkenntnis wird nicht durch intellektuelles Wissen oder rituelle Praxis allein erreicht, sondern durch eine innere Reinigung des Herzens und die Entwicklung einer tiefen Liebe zu Gott. Der mystische Weg im Islam wird oft als ein Weg der Liebe beschrieben. Der Sufi-Poet Rumi sagt: "Liebe ist der Wegführer, der uns leitet, und Liebe ist das Ziel, das uns erwartet." Diese Dimension der Liebe als zentrales Element der islamischen Mystik unterscheidet sie von anderen spirituellen Wegen.
Die islamische Mystik betont die direkte, persönliche Erfahrung des Göttlichen. Diese Erfahrung ist nicht auf eine besondere Elite beschränkt, sondern steht jedem offen, der ernsthaft danach strebt. Der Sufi-Meister Al-Ghazali beschreibt in seinem Werk "Ihya Ulum al-Din" die Bedeutung der inneren Reinigung und der Hingabe als Mittel, um die Schleier zwischen dem Menschen und Gott zu lüften. Er stellt fest, dass die äußeren Praktiken des Islam – Gebet, Fasten, Almosen – wichtig sind, aber ohne die innere Dimension unvollständig bleiben. "Die äußere Hülle des Glaubens ist die Scharia, doch die Frucht des Glaubens ist die innere Gewissheit," schreibt Al-Ghazali.
Ein zentraler Aspekt der Mystik im Islam ist die Vorstellung der Seelenreise oder Mi'raj. Diese spirituelle Reise wird symbolisch durch die Himmelfahrt des Propheten Muhammad veranschaulicht, bei der der Burāq als mystisches Reittier eine Schlüsselrolle spielt. In der esoterischen Interpretation wird diese Reise als Metapher für den inneren Weg der Seele zu Gott verstanden. Die Reise beginnt mit der Abkehr von weltlichen Bindungen und führt über verschiedene Stufen der Erkenntnis zur Vereinigung mit dem Göttlichen.
Die Mystik im Islam wird durch eine Vielzahl von Praktiken und Ritualen bereichert, die darauf abzielen, den Zustand der Dhikr – des ständigen Gedenkens an Gott – zu erreichen. Diese Praktiken können Meditation, Rezitation heiliger Texte und gemeinschaftliche Rituale wie der Dhikr-Kreis umfassen. Ziel ist es, das Herz zu erwecken und es auf den Empfang göttlicher Inspiration vorzubereiten. Wie der Sufi-Poet Hafis es ausdrückt: "In der Tiefe deines Herzens findest du den Spiegel, der das Licht Gottes widerspiegelt."
Abschließend lässt sich sagen, dass die Rolle der Mystik im Islam eine tiefgreifende ist. Sie bietet einen Weg zur Verwirklichung der höchsten spirituellen Ziele und zur Erlangung von Frieden und Harmonie. In einer Welt der schnellen technologischen und sozialen Veränderungen bleibt die Mystik eine zeitlose Brücke, die das Individuum mit dem Ewigen verbindet. Sie ist ein Weg, der sowohl im Mittelalter als auch in der modernen Zeit Relevanz und Bedeutung besitzt, und der weiterhin viele auf der Suche nach innerem Frieden und spiritueller Erfüllung inspiriert.
Der Sufismus, oft als die mystische Dimension des Islam betrachtet, spielt eine zentrale Rolle in der islamischen Esoterik. Als eine spirituelle Strömung innerhalb des Islam legt der Sufismus den Schwerpunkt auf die innere, persönliche Beziehung zwischen dem Gläubigen und dem Göttlichen. Diese Verbindung wird oft als eine "Herzenswissenschaft" beschrieben, die sich auf die Erfahrung des Göttlichen in jedem Moment des Lebens konzentriert. Der Sufismus sucht nicht nur nach einem intellektuellen Verständnis der göttlichen Wahrheiten, sondern strebt nach einer direkten, persönlichen Erfahrung dieser Wahrheiten durch spirituelle Praktiken und Rituale.
Die Ursprünge des Sufismus sind tief in der Geschichte des Islam verwurzelt und lassen sich bis zu den ersten Generationen von Muslimen zurückverfolgen. Einige Gelehrte sehen die Anfänge des Sufismus in der asketischen Lebensweise der frühen Muslime des 7. und 8. Jahrhunderts, die sich durch ihre intensive Hingabe und ihren Verzicht auf weltliche Güter auszeichneten. Diese frühen Asketen wurden oft als „Sufis“ bezeichnet, ein Begriff, der vermutlich vom arabischen Wort "ṣūf" (Wolle) abgeleitet ist, da sie oft einfache Wollkleidung trugen, um ihre Armut und Demut zu demonstrieren.
Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich der Sufismus zu einer reichhaltigen Tradition mit einer Vielzahl von Schulen und Orden, die unterschiedliche spirituelle Praktiken und Lehren betonen. Zentral für den Sufismus ist das Streben nach der "ma'rifa", einer tiefen, intuitiven Erkenntnis Gottes, die über das bloße intellektuelle Wissen hinausgeht. Diese Erkenntnis wird oft durch die Praxis des Dhikr (Gedenken) und der Meditation erreicht, die den Sufi darauf vorbereiten, die göttliche Gegenwart in jedem Aspekt des Lebens zu erfahren.
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Sufismus ist die Rolle des spirituellen Meisters oder Scheichs, der als Führer und Lehrer fungiert. Der Scheich überträgt nicht nur Wissen, sondern leitet den Schüler auf seinem spirituellen Weg und hilft ihm, die inneren Schleier zu lüften, die ihn von Gott trennen. Diese Beziehung zwischen Meister und Schüler ist von zentraler Bedeutung und wird oft mit der Beziehung zwischen dem Propheten Muhammad und seinen Gefährten verglichen.
Die Lehren des Sufismus sind reich an Symbolik und Metaphern, die tiefere spirituelle Wahrheiten vermitteln. Ein zentrales Symbol ist das der "Reise" oder "Wanderung", die die spirituelle Suche des Sufi nach Einheit mit dem Göttlichen darstellt. Diese Reise wird oft als "Reise des Herzens" beschrieben, die den Sufi durch verschiedene spirituelle Zustände und Stationen führt, bis er schließlich die göttliche Wahrheit erreicht. Ein bekanntes Werk, das diese Reise beschreibt, ist das "Mathnawī" von Dschalāl ad-Dīn Muhammad Rūmī, einem der bekanntesten Sufi-Dichter und Mystiker des 13. Jahrhunderts.
In der islamischen Esoterik wird der Sufismus oft als eine Brücke zwischen der äußeren Form der Religion – der Scharia – und ihrer inneren Bedeutung – der Haqiqa – gesehen. Während die Scharia die äußeren Gesetze und Praktiken des Islam beschreibt, strebt der Sufismus danach, das innere Verständnis und die Erfahrung dieser Praktiken zu vertiefen. In diesem Sinne ist der Sufismus nicht als eine separate Strömung innerhalb des Islam zu verstehen, sondern als eine Dimension, die die spirituellen Tiefen der islamischen Lehre ergründet.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Sufismus eine wesentliche Komponente der islamischen Esoterik darstellt, die sich durch ihre Betonung auf die direkte Erfahrung des Göttlichen und die spirituelle Entwicklung des Individuums auszeichnet. Diese Tradition hat nicht nur die spirituellen Praktiken innerhalb des Islam bereichert, sondern auch eine Vielzahl von kulturellen und künstlerischen Ausdrucksformen inspiriert, die bis heute in der islamischen Welt lebendig sind.
Die islamische Esoterik ist ein facettenreiches Gebiet, das sich durch die Verwendung von Symbolen und Metaphern auszeichnet, um die tiefere spirituelle Realität zu vermitteln. Diese symbolische Sprache ermöglicht es den Gläubigen, komplexe spirituelle Konzepte zu verstehen und zu erleben, die über die wörtliche Bedeutung hinausgehen. In der islamischen Esoterik sind Symbole und Metaphern nicht nur literarische Mittel, sondern Brücken, die das Sichtbare mit dem Unsichtbaren verbinden.
Ein zentrales Symbol in der islamischen Esoterik ist das Licht, das häufig als Metapher für göttliche Führung und Erleuchtung verwendet wird. Der Koran selbst spricht in dem berühmten "Lichtvers" (Sure 24:35) über Allah als "das Licht der Himmel und der Erde". Diese Verse haben in der esoterischen Interpretation eine tiefe Bedeutung, da sie die Idee verkörpern, dass das göttliche Licht die Dunkelheit der Unwissenheit vertreibt und den Weg zur inneren Erkenntnis erhellt. Mystiker wie Al-Ghazali haben diese Metapher ausführlich erörtert und das Licht als Symbol für das Verständnis und die Nähe zu Gott interpretiert.
Ein weiteres weit verbreitetes Symbol ist der Garten, der in der islamischen Esoterik oft als Metapher für das Paradies und den spirituellen Zustand der Seele verwendet wird. Der Garten steht für Fruchtbarkeit, Leben und die göttliche Ordnung. Er ist ein Ort der Ruhe und des Friedens, der die Harmonie und Schönheit der göttlichen Schöpfung widerspiegelt. Sufi-Dichter wie Rumi nutzen das Bild des Gartens, um die Sehnsucht der Seele nach der göttlichen Gegenwart und die spirituelle Reise des Suchenden zu beschreiben.
Burāq, das geflügelte Wesen, das den Propheten Muhammad auf seiner Nachtreise (Isra und Mi'raj) begleitete, ist selbst ein kraftvolles Symbol in der islamischen Esoterik. Es verkörpert die Verbindung zwischen der physischen und der spirituellen Welt und steht für die Fähigkeit der Seele, über die materiellen Grenzen hinauszuwachsen. Der Name Burāq leitet sich vom arabischen Wort für "Blitz" ab, was seine Rolle als schneller und leuchtender Vermittler zwischen den Welten unterstreicht. Die Darstellung des Burāq in der Kunst und Literatur betont seine symbolische Bedeutung als Vehikel der göttlichen Weisheit und Inspiration.
Ebenfalls von großer Bedeutung ist die Metapher der Reise, die in vielen esoterischen Traditionen als Symbol für die spirituelle Entwicklung und Transformation der Seele betrachtet wird. Die Nachtreise des Propheten Muhammad, bei der Burāq eine zentrale Rolle spielt, wird in der islamischen Esoterik als Modell für die innere Reise des Gläubigen verstanden. Diese Reise symbolisiert den Übergang von der äußeren zur inneren Wirklichkeit, von der Unwissenheit zur Erleuchtung und von der Trennung zur Einheit mit dem Göttlichen.
Metaphern und Symbole in der islamischen Esoterik sind Werkzeuge der Erkenntnis, die es den Gläubigen ermöglichen, die tiefere Realität des Glaubens zu erfassen. Sie bieten Einblicke in die Mysterien des Lebens und des Universums und helfen, die spirituellen Wahrheiten, die im Koran und in den Hadithen verborgen sind, zu entschlüsseln. Durch die Beschäftigung mit diesen Symbolen können Gläubige ihre eigene spirituelle Reise reflektieren und vertiefen.
Die esoterische Bedeutung von Symbolen und Metaphern zeigt sich auch in der Praxis des Sufismus, einer der prominentesten mystischen Traditionen im Islam. Sufi-Meister nutzen diese symbolische Sprache, um ihre Schüler zu lehren und zu inspirieren. Die poetischen Werke von Sufi-Dichtern sind reich an Metaphern, die die spirituellen Erfahrungen und Einsichten der Mystiker ausdrücken. Diese literarischen Werke sind nicht nur Ausdruck persönlicher Erleuchtung, sondern dienen auch als universelle Leitfäden für alle, die den Weg des Sufismus gehen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Symbole und Metaphern in der islamischen Esoterik eine zentrale Rolle spielen, indem sie das Unsichtbare sichtbar machen und die spirituelle Suche nach Wahrheit und Erkenntnis unterstützen. Sie laden den Gläubigen ein, über das Offensichtliche hinauszublicken und die tiefere spirituelle Dimension des Islam zu entdecken. In der Begegnung mit diesen Symbolen und Metaphern können Leser und Suchende gleichermaßen neue Ebenen der Bedeutung und des Verständnisses in ihrem eigenen Glaubensweg finden.
Der Einfluss des Korans und der Hadithe auf die islamische Esoterik ist ein tiefgreifendes und vielschichtiges Thema, das die Grundlage für das Verständnis der spirituellen Dimension des Islam bildet. Der Koran und die Hadithe, die Aussprüche und Handlungen des Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm), sind die primären Quellen des islamischen Glaubens und der Praxis. Sie bieten eine reiche Quelle an Symbolik und spiritueller Weisheit, die von den Esoterikern des Islam auf vielfältige Weise interpretiert und angewendet werden.
Der Koran, das heilige Buch des Islam, wird von den Gläubigen als das unverfälschte Wort Gottes angesehen. Er enthält nicht nur rechtliche und moralische Anweisungen, sondern auch zahlreiche Verse, die reich an metaphorischer und symbolischer Bedeutung sind. Ein Beispiel hierfür sind die Verse, die die Nachtreise des Propheten Muhammad (Miraj) beschreiben, in denen der Burāq als das mystische Reittier erwähnt wird, das den Propheten durch die Himmel trug. Diese Erzählungen werden von Esoterikern als Hinweise auf die inneren Reisen der Seele interpretiert, die der Gläubige unternehmen kann, um Gott näherzukommen.
Ein zentraler Aspekt der islamischen Esoterik ist die Interpretation der koranischen Verse auf verschiedenen Ebenen. Die Exoteriker konzentrieren sich auf die wörtliche Bedeutung, während die Esoteriker, auch bekannt als Batinis, die verborgenen Bedeutungen (Batin) erforschen. Diese tiefere Dimension der Interpretation wird im Koran selbst angedeutet: "Er ist es, der das Buch auf dich herabgesandt hat. Darin gibt es eindeutige Verse - sie sind die Grundlage des Buches - und andere mehrdeutige" (Koran 3:7). Die Esoterik bemüht sich, die mehrdeutigen Verse zu entschlüsseln und ihre spirituelle Bedeutung zu erfassen.
Die Hadithe, die mündlichen Überlieferungen des Propheten, ergänzen den Koran und bieten weitere Einblicke in die spirituellen Praktiken und die mystische Dimension des Islam. Es gibt zahlreiche Hadithe, die die Wichtigkeit der inneren Reinigung und der Entwicklung der Seele betonen. Ein berühmter Hadith besagt: "Wahrlich, Allah schaut nicht auf eure Körper und euer Aussehen, sondern auf eure Herzen und eure Taten" (Sahih Muslim, Buch 32, Hadith 6221). Diese Aussage hebt die Wichtigkeit der inneren Spiritualität über die äußere Erscheinung hervor und wird oft von Esoterikern zitiert, um die Notwendigkeit der spirituellen Entwicklung zu unterstreichen.
Die Sufis, die bekanntesten Vertreter der islamischen Esoterik, haben die Lehren des Korans und der Hadithe auf eine Weise interpretiert, die auf die innere Wirklichkeit des Glaubens zielt. Sie betonen die Liebe zu Gott und die Vereinigung mit dem Göttlichen als das höchste Ziel des Lebens. Die Sufis nutzen den Koran und die Hadithe als Leitfaden für ihre spirituellen Übungen, darunter Meditation, Gebet und die Rezitation göttlicher Namen (Dhikr), um die göttliche Gegenwart zu erfahren und sich ihr zu nähern.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Einfluss des Korans und der Hadithe auf die islamische Esoterik nicht nur tiefgehend, sondern auch vielfältig ist. Sie bilden die Grundlage für die spirituelle Praxis und die Suche nach innerer Erkenntnis im Islam. Durch die Erforschung dieser heiligen Texte und ihrer spirituellen Bedeutungen streben Esoteriker danach, die Geheimnisse des Universums und die Beziehung des Menschen zu Gott zu verstehen und zu vertiefen.
Die Beziehung zwischen Scharia und Esoterik im islamischen Kontext ist ein vielschichtiges Thema, das ein tiefes Verständnis der islamischen Traditionen und der spirituellen Dimensionen erfordert. Die Scharia, das islamische Gesetz, und die Esoterik, die oft als innere, mystische Dimension des Glaubens beschrieben wird, scheinen auf den ersten Blick gegensätzlich zu sein. Doch bei genauerer Betrachtung ergänzen sie sich und bieten ein vollständigeres Bild des muslimischen Lebens.
Die Scharia, abgeleitet vom arabischen Wort für "Weg" oder "Pfad", stellt das äußere Regelwerk des islamischen Lebens dar. Sie leitet sich aus dem Koran und den Hadithen ab und umfasst die religiösen, moralischen, sozialen und rechtlichen Normen, die das Leben eines Muslims leiten sollen. Die Scharia legt großen Wert auf die Praktiken und Pflichten des Glaubens, wie das tägliche Gebet, das Fasten im Ramadan, die Almosensteuer (Zakat) und die Pilgerfahrt nach Mekka (Haddsch). Sie bildet den Rahmen, innerhalb dessen Muslime ihre Religion in der Gemeinschaft und im täglichen Leben praktizieren.
Im Gegensatz dazu fokussiert sich die Esoterik, insbesondere in ihrer islamischen Form, auf die innere, spirituelle Erfahrung und die persönliche Beziehung zu Gott. Diese Dimension des Islam wird häufig mit dem Sufismus in Verbindung gebracht, einer Strömung, die die direkte, persönliche Erfahrung Gottes betont. Sufis streben danach, die göttliche Präsenz in ihrem Leben bewusst zu erleben und eine tiefe spirituelle Verbindung zu Gott zu entwickeln. Diese Suche nach innerer Erleuchtung wird oft als "Tariqa" bezeichnet, was ebenfalls "Weg" bedeutet, jedoch im Sinne eines spirituellen Pfades zu Gott.
Die Scharia und die Esoterik stehen in einem dynamischen Spannungsverhältnis, das sowohl Herausforderungen als auch Möglichkeiten für die spirituelle Entwicklung bietet. Der islamische Gelehrte Al-Ghazali (1058–1111) ist ein prominentes Beispiel für den Versuch, diese beiden Aspekte des Islam zu vereinen. Er argumentierte, dass das äußere Gesetz der Scharia und die innere Wahrheit der Esoterik nicht im Widerspruch zueinander stehen, sondern sich gegenseitig ergänzen. In seinem Werk "Ihya Ulum al-Din" (Die Wiederbelebung der religiösen Wissenschaften) betont er, dass das Einhalten der Scharia ohne das Streben nach spiritueller Erkenntnis unvollständig sei, und umgekehrt.