Businesswissen Geschäftsmodelle - Wilhelm Schmeisser - E-Book

Businesswissen Geschäftsmodelle E-Book

Wilhelm Schmeisser

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  • Herausgeber: UVK
  • Kategorie: Fachliteratur
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Beschreiben Führungskräfte, wie ein Unternehmen funktioniert, so wird häufig von Geschäftsmodellen gesprochen. Und auch in einem Insolvenzfall wird oftmals das (falsche oder veraltete) Geschäftsmodell als Ursache genannt. Doch was ist ein Geschäftsmodell? Welche sind die relevanten Dimensionen für die Beschreibung von Geschäftsmodellen? Das Buch erklärt praxisnah und in kompakter Form, was Geschäftsmodelle kennzeichnet und was ihren Erfolg ausmacht: von den Grundlagen über die Einordung in das Strategische Management bis hin zur Bewertung. Geschäftsmodelle müssen sich sowohl in einem Businessplan als auch in einer Verbesserung der Wettbewerbssituation wiederfinden. Deshalb schauen sich die Autoren die wirksamsten Geschäftsmodelle der (Auto-) Industrie genauer an: Die Massenproduktion (Ford) und Lean Management (Toyota). Das vorliegende Buch ist insbesondere für Unternehmen relevant, die ihr bestehendes Geschäftsmodell überarbeiten oder ein neues Geschäftsmodell entwickeln möchten beziehungsweise müssen. Es richtet sich ebenso an Studierende der Wirtschaftswissenschaften.

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Wir widmen dieses Buch

Herrn Prof. Dr. Günter Müller-Stewens,

Universität St. Gallen

Vorwort

Geschäftsmodell ist wahrscheinlich einer der neuesten, in der unternehmerischen Praxis zurzeit am häufigsten verwendete und umstrittenste Begriff des Strategischen Managements. Bei Praktikern hört man öfter derartige Aussagen: Das Unternehmen hat ein gut laufendes Geschäftsmodell oder das Geschäftsmodell ist nicht zukunftsfähig und führt in die Insolvenz. Es fällt auf, dass der Praktiker selbst aber nicht sagen kann, was er unter einem Geschäftsmodell genau versteht. Eine ähnliche Analyse kann man von der wissenschaftlichen Literatur des Strategischen Managements konstatieren. Nachdem 2010 die Dissertation von Osterwalder zum Canvas-Modell bzw. Geschäftsmodell herausgekommen ist, versuchen sich Wissenschaftler daran, Geschäftsmodelle zu erklären, zu definieren und mit Inhalten des Strategischen Managements aufzufüllen. Daraus ergeben sich drei Zielsetzungen des Buches. Mit Hilfe der Geschäftsmodell-Innovation „Auto“ wird das intuitive Geschäftsmodell „Innovation“ mit einem Businessplan beschrieben und mit Hilfe des inkrementalen Strategieforschungsansatzes von Quinn erklärt. Zweitens wird das Geschäftsmodell als Axiom des Strategischen Managements definiert und mit Hilfe wissenschaftlicher Prämissen einem Falsifikationstest im Sinne des kritischen Rationalismus unterzogen. Das wertorientierte Geschäfts-Prozess-Modell „Auto“ wird dann am Beispiel der Massenproduktion des Modells T bei Ford/Taylor 1911–14 sowie bei Toyota mit dem Toyota-Produktions-System ab 1955 bis heute bzw. Lean-Management verifiziert.

Grundlagen des Geschäftsmodells

Stellen Sie sich folgende Aufgabenstellungen vor:

Sie sollen ein Gründungsgeschäftsmodell (Business Model Framework) beschreiben, analysieren und gestalten können.

Sie sollen ein innovatives, neu ausgerichtetes und/oder prozessorientiertes Geschäftsmodell (Canvas-Modell) beschreiben, analysieren und gestalten können.

Sie sollen die Planung und die ökonomische Logik eines Geschäftsmodells verstehen können, d.h. den organisatorischen und strategischen Ansatz, der oft eher zufällig, deklaratorisch beim Geschäftsmodell erfolgt, dann aber faktisch sich als Geschäftsmodell herauskristallisiert.

Sie sollen ein intuitives und ein wertorientiertes Geschäftsmodell beschreiben, analysieren und gestalten können.

Sie sollen wissen, dass das Geschäftsmodell als Gründungsidee eines Business-Plans, aber auch als Ausgangspunkt bzw. als Axiom eines Strategischen Managements bei einem Konzern betrachtet werden kann.

Beim Axiom setzt ein Strategisches Management eine innovative Gestaltung des Geschäftsmodells voraus, d.h. die volkswirtschaftliche Nicht-Determiniertheit und damit die Gestaltung des Marktes. Mit Hilfe der Gestaltung des Unternehmens, der Technologie, der Organisation, der Strategie usw. kann ein Geschäftsmodell geplant und entwickelt werden.

Sie sollen verstehen, dass das Strategische Management sich mit und durch das Geschäftsmodell als generelle Unternehmensführung oder Unternehmenspolitik sowie als allgemeine, internationale Betriebswirtschaft erweisen kann.

Sie sollen wissen, dass die internationale Betriebswirtschaftslehre wertorientiert den Erfolg von (Konzern-)Unternehmen danach beurteilt, ob das Geschäftsmodell des Konzerns stimmig ist mit dem Corporate Governance-Ansatz, dem Konzernportfolio, den Strategien, den Organisationsstrukturen und mit dem internen und externen Rechnungswesen (z.B. IFRS). Erst dadurch wird das Geschäftsmodell wertorientiert, d.h. durch einen Shareholder Value-Ansatz messbar, beschreibbar, analysierbar und als veränderbar erklärt.

Das wertorientierte Geschäftsmodell wird, in Anlehnung an Müller-Stewens und Lechner, im Strategischen Management in Verbindung zum operativen Management folgende Fragen beantworten können:

Welche innovativen Geschäftsfelder/Leistungen sollen welchen Kunden angeboten werden?

Wie und in welchen internationalen Strukturen und Prozessen auf der Grundlage von welchen Strategien sollen die Geschäftsfelder/Leistungen entwickelt, gefertigt/produziert, montiert und vermarktet werden?

Wie gewinnt, pflegt, erhält und erweitert das Unternehmen die dazugehörigen Kunden mit welchen Geschäftsfeldern?

Aufgrund welcher Wettbewerbskräfte, Erfolgsfaktoren, Wertschöpfungsmodelle, Working Capital-Management-Ansätze, Lean-Managementprozesse usw. konkretisieren/implementieren die Unternehmen ihr wertorientiertes Geschäftsmodell/ihre Ertragsmechanik im Rechnungswesen bzw. im IFRS-Jahresabschluss?

Ein (intuitives) Geschäftsmodell ist die größte strategische Herausforderung für ein zu gründendes Unternehmen und/oder sich neu orientierendes (Konzern-)Unternehmen, um für seine Geschäftsfelder kundenorientierte Bedarfe und Gelegenheiten zu erkennen und betriebswirtschaftlich zu implementieren, und um sie schließlich wertorientiert/ gewinnorientiert beim „Kunden“ zu vermarkten. Benz entwickelte vor ca. 130 Jahren das erste Auto als intuitives Geschäftsmodell bzw. Innovation, in dem Benz statt der Pferde vor der Kutsche einen Motor anbrachte; Taylor und Ford entwickelten zwischen 1910 bis 1914 mit dem Modell T ein wertorientiertes Geschäftsmodell „Volksauto“ (Innovations-Prozess-Geschäftsmodell), da sie dadurch die Massenproduktion in der Automobilindustrie einführten, u.a. mittels Fließband, Scientific Management, Plankostenrechnung, und dadurch den Massenkonsum ermöglichten, da das Auto Modell T an mehr als 16.000.000 Konsumenten in den USA verkauft wurde.

Abb. 1: Magisches Dreieck von Gassmann (in Anlehnung der Geschäftsmodelle von Timmons und Gassmann u.a.)

Herrn Dr. Jürgen Schechler von der UVK-Verlagsgesellschaft danken wir für die erneut gute Zusammenarbeit.

Berlin/Nürnberg, im Juni 2016

Die Verfasser

Inhaltsübersicht

1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff

2 Wissenschaftliche Logik, methodologische Grundüberlegungen und Prämissen zum Geschäftsmodell im Rahmen des Strategischen Managements

3 Zur Einordnung des axiomatischen Geschäftsmodells in die Logik der Theorien zum Strategischen Management

4 Strategies for Change – Logical Incrementalism by James Brian Quinn (1980)

5 Zur organisatorischen Implementierung eines wertorientierten Geschäfts-Prozess-Modells am Beispiel Toyota

6 Bewertung von Geschäftsmodellen

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff

1.1 Zum intuitiven Canvas-Geschäftsprozessmodell als Denkmodell eines Business-Planes

1.2 Kundenorientierung als ein grundlegender Faktor eines Geschäftsmodells

1.3 Geschäftsmodell und die Beschreibung eines Businessplanes

1.4 Beispiel einer Finanzplanung im Rahmen eines Businessplans in Anlehnung an die KfW-Anleitung/Deutsche Ausgleichsbank für Gründer

1.5 Weiterentwicklungen von Geschäftsmodellen

1.5.1 Grundpfeiler

1.5.2 Bausteine

1.5.3 Gesamtübersicht

1.6 Geschäftsmodellgestaltung

1.6.1 Mobilisieren

1.6.2 Verstehen

1.6.3 Gestalten

1.6.4 Implementieren

1.6.5 Durchführen

1.6.6 Gesamtübersicht zu den Gestaltungsphasen eines Geschäftsmodells

2 Wissenschaftliche Logik, methodologische Grundüberlegungen und Prämissen zum Geschäftsmodell im Rahmen des Strategischen Managements

3 Zur Einordnung des axiomatischen Geschäftsmodells in die Logik der Theorien zum Strategischen Management

4 Strategies for Change – Logical Incrementalism by James Brian Quinn (1980)

4.1 Zur Logik des Inkrementalismus

4.2 Toyota: Ein Beispiel des Logischen Inkrementalismus

5 Zur organisatorischen Implementierung eines wertorientierten Geschäfts-Prozess-Modells am Beispiel Toyota

5.1 Lean-Management als organisatorisches Gestaltungskonzept

5.1.1 Zur Logistik und den Logistiksystemen

5.1.2 Entscheidung zum wertorientierten Geschäftsmodell

5.2 Working-Capital-Management als Steuerungs- und Überwachungsinstrument hilft leistungswirtschaftliche und finanzwirtschaftliche Risiken zu kalkulieren und verbessert damit wertorientierte Geschäftsmodelle

5.3 Auswirkungen des Working Capital auf die Bilanz und den operativen Cashflow

5.3.1 Working Capital als Teil des Cashflows

5.3.2 Indirekter Cashflow

5.4 Zusammenhang zwischen Working Capital und Return on Investment (RoI)

5.5 Wertorientiertes Geschäftsmodell und Shareholder-Value-Ansatz

5.6 Wert- und risikoorientierte Unternehmensführung

5.7 Einführung eines Risikomanagementsystems bei einem wertorientierten Geschäftsmodell

5.8 Unternehmensbewertung nach dem Shareholder-Value-Ansatz

5.9 Zusammenhang zwischen Working Capital und EVA

6 Bewertung von Geschäftsmodellen

6.1 Entwicklung und Zielsetzung des Shareholder Value-Ansatzes

6.1.1 Dimensionen des Shareholder Value-Ansatzes

6.1.2 Shareholder Value als Finanzgröße

6.1.3 Value als Handlungsmaxime

6.2 Discounted Cash Flow-Methode

6.2.1 Überblick über die verschiedenen DCF-Ansätze

6.2.2 Entity- bzw. WACC-Ansatz (Bruttoverfahren)

6.2.3 Ermittlung der Free Cash Flows (FCF)

6.2.4 Ermittlung der gewogenen Kapitalkosten (WACC)

6.2.5 Adjusted Present Value-Ansatz

6.2.6 Equity-Ansatz (Nettoverfahren)

6.3 Economic Value Added-Methode

6.3.1 Berechnung des EVA

6.3.2 Basiselemente des EVA

6.3.3 Berechnung der Gewinngröße (NOPAT)

6.3.4 Berechnung der Vermögensgröße (Kapital C)

6.3.5 Berechnung des Kapitalkostensatzes (WACC)

6.3.6 Konversionen vom „Accounting Model“ zum „Economic Model“

6.3.7 Ermittlung des Unternehmenswerts

Literaturverzeichnis

Index

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1Magisches Dreieck von Gassmann

Abb. 2Die vier Felder des Business Model Canvas

Abb. 3Bausteine des intuitiven Canvas-Geschäftsmodells

Abb. 4Magisches Dreieck von Gassmann

Abb. 5Geschäftsmodell in Anlehnung an Schallmo

Abb. 6Geschäftsmodell in Anlehnung an Osterwalder und Pigneur

Abb. 7Baustein CS im BMC

Abb. 8Baustein VP im BMC

Abb. 9Baustein CH im BMC

Abb. 10Baustein CR im BMC

Abb. 11Baustein RS im BMC

Abb. 12Baustein KR im BMC

Abb. 13Baustein KA im BMC

Abb. 14Baustein KP im BMC

Abb. 15Alle Bausteine zusammen mit CS im BMC

Abb. 16Canvas-Modellbestandteile mit Definitionen

Abb. 17Transformierte Gesamtdarstellung zum BMC

Abb. 18Transformierte Gesamtdarstellung Geschäftsmodell Apple iTunes

Abb. 19Empathie-Karte

Abb. 20Blue-Ocean-Strategie und BMC

Abb. 21Theorien zum Strategischen Management

Abb. 22(„Intuitives“) Geschäftsmodell „Canvas“

Abb. 23Axiom: Vom Canvas-Modell/Startup zum intuitiven Geschäftsmodell Industriebetrieb

Abb. 24Einsatz der leistungswirtschaftlichen Sphäre des Industriebetriebes

Abb. 25Bewertung von Geschäftsmodellen: Zusammenhang zwischen Buchhaltung und dem sonstigen Rechnungswesen

Abb. 26Bewertung von Geschäftsmodellen im Industriebetrieb: vom intuitiven zum wertorientierten Geschäftsmodell

Abb. 27Bewertung von Geschäftsmodellen

Abb. 28Überblick über die verschiedenen DCF-Ansätze

Abb. 29Die Bewertungskonzeption des Economic Value Added

Abb. 30Konversionen vom „Accounting Model“ zum „Economic Model“

Tabellenverzeichnis

Tab. 1Investitions- und Finanzierungsplan

Tab. 2Monatliche Umsatzerlöse des 1. Geschäftsjahres und der weiteren Geschäftsjahre

Tab. 3Monatliche Kosten des 1. Geschäftsjahres und der weiteren Geschäftsjahre

Tab. 4Ermittlung der Anlaufverluste im 1. Geschäftsjahr

Tab. 5Ermittlung der jählichen Abschreibungskosten

Tab. 6Monatliche Gewinn- und Verlustvorschau des 1. Geschäftsjahres und der weiteren Geschäftsjahre

Tab. 7Monatliche Liquiditätsvorschau des 1. Geschäftsjahres und der weiteren Geschäftsjahre

Tab. 8Kapitalbedarfsplanung des Reis-Burger-Restaurants

Tab. 9Finanzierungsplan des Reis-Burger-Restaurants

Tab. 10Umsatz- und Rentabilitätsvorschau des Reis-Burger-Restaurants

Tab. 11Grundpfeiler und Bausteine in Anlehnung an Osterwalder

Tab. 12Gestaltungsprozess in Anlehnung an Osterwalder und Pigneur

Tab. 13Ermittlungsschema des NOPAT

Tab. 14Ermittlungsschema des investierten Kapitals

1Geschäftsmodell: Annäherung an einen praxisorientierten Begriff

Businesspläne bei Neugründungen von Unternehmen werden seit über 30 Jahren von Banken von jungen Unternehmern gefordert. Hintergrund und Intention der Banken war und ist, die Gründerunternehmen zu zwingen, Rechenschaft vor der Bank, aber auch vor sich selbst zu geben, ob ihr Geschäftsmodell, ihre Innovation, ihre Gründungsidee nachhaltig betriebswirtschaftlich tragbar ist und damit für die Banken risikoloser finanzierbar wird. Nach Magretta, J. (2002, p. 87) sind „Business models are stories that explain how enterprises work. A good business model answers Peter Drucker’s age old questitions: Who is the customer? And what does the customer value? It also answers the fundamental questions every manager must ask: How do we make money in this business? What is the underlying economic logic that explains how we can deliver value to customers at an appropriate cost?“1

Für Timmons ist ein erfolgreiches Geschäftsmodell nicht allein von der kreativen Ideenfindung oder „kreativen Zerstörung“ eines bisherigen Geschäftsmodells nach Schumpeter abhängig (z.B. klassische Buchhandlung durch Amazon), sondern das zu planende Geschäftsmodell wird vom Zusammenspiel dreier maßgeblicher Faktoren geprägt, und zwar von den Chancen (engl. „Opportunities“), den „Ressourcen“ und der Gruppe (engl. „Teams“) unter der Leitung eines Entrepreneurs sowie die Entwicklung des Businessplans. „Finding a good idea is the first step in the process of converting an entrepreneur´s creativity into an opportunity…“2, konstatiert Timmons.

Timmons versteht sein Modell als ein Prozess-Geschäftsmodell, dass die Verbindung alle Erfolgsfaktoren erfordert. Der Entrepreneur erkennt die Marktchancen und koordiniert das Zusammenspiel der Ressourcen, um die Chancen zu evaluieren. Letztlich ist es der Entrepreneur, der eine Gruppe/Unternehmen aufbaut, die Person, die sicherstellt, damit die Marktchancen durch die richtige Kombination der Ressourcen dauerhaft genutzt werden können.3

[1]Entrepreneur

Aufgabe des Entrepreneur (bzw. des Gründers) ist es, durch Kommunikation, Führung und Kreativität die Antriebskräfte des Geschäftsmodells aufeinander abzustimmen und ein in sich ausbalanciertes „Organisations-System“ zu erschaffen und zu erhalten. Diese „Kräfte“ bzw. Faktoren tragen damit zum Erfolg der Unternehmensgründung bei.

[2]Chancen

Es geht bei der Chancen oder „Opportunities“ um die Identifizierung von Marktchancen sowie um die Entwicklung von Geschäftsideen und deren Umsetzung. Die Marktchancen basieren auf der Marktnachfrage bzw. Kundenorientierung (market demand oder market pull), der Marktgröße, der Marktstruktur (market structure and size) sowie der Erzielung von Gewinnmargen.

[3]Ressourcen

Für die Ressourcen steht zunächst nur ausreichendes Kapital zur Verfügung. Die weiteren betriebswirtschaftlichen Elemente bzw. Faktoren sind die Mitarbeiter mit ihrem operativen und strategischen Know-how und dem Businessplan als Leitfaden.

[4]„Gruppe“

Die Gruppe wird im Timmons-Modell in einen Lead-Entrepreneur und das Management Team unterteilt. Dem Entrepreneur wird die Aufgabe zugewiesen, dass die Gruppe, die Ressourcen und die Chancen zu einem im Gleichgewicht befindlichen System formt.4 Durch die Anwendung von Kreativität bewältigt die Gruppe die Mehrdeutigkeit und die Unsicherheiten, die sich aus den Chancen ergeben. Gleichzeitig bietet die Gruppe/Organisation der Führungskraft das Geschäftsmodell an, um den Einsatz von Ressourcen zu koordinieren und in Beziehung zum Kapitalmarkt zu treten. Eine gute Gruppe ist eher geeignet bzw. erfolgreich, Ideen zu finden, diese für den Markt zu entwickeln und umzusetzen. Eine Gruppe ist effizienter, die evtl. nur aus einem Entrepreneur besteht, der nur von seiner Idee überzeugt ist, dem aber das richtige Verständnis für den Markt oder das kaufmännische Betreiben eines Unternehmens fehlt.5Hier wird deshalb ein Business-Plan vom zukünftigen Unternehmer/Manager gefordert, um dieses Know-how zu überprüfen.

Zum Businessplan eines kreativen bzw. intuitiven Geschäftsmodells:

„Ein Businessplan ist ein schriftlich ausgearbeitetes Unternehmenskonzept, das von der Geschäftsidee bis zur Vertriebsstrategie alle grundlegenden Aspekte einer geplanten Existenzgründung beinhaltet.“6 Für die Erstellung eines Businessplans ist es notwendig, sich die kundenorientierten Anforderungen herauszuarbeiten und die Anforderungen der Kapitalgeber an den Businessplan hervorzuheben. Es sind also zwei Adressaten im Businessplan zu berücksichtigen:

Externe Adressaten: Kapitalgeber oder evtl. staatliche Institutionen, Verbände etc.

Interne Adressaten: Gesellschafter bzw. die Gründer selbst, Mitarbeiter etc.

Zunächst wird der Businessplan den potenziellen Kapitalgebern vorgestellt. Aus dem Blickwinkel der Kapitalgeber muss die kreative Idee profitabel (wertorientiert) umgesetzt werden. Dafür benötigen die Kapitalgeber eine überzeugende Darstellung des Unternehmenskonzepts (Geschäftsmodells). Kapitalgeber können neben den Banken, Venture-Capital-Gesellschaften, große Industrieunternehmen oder private Investoren sein. Neben der Informationsbereitstellung für die Kapitalgeber (externe Adressaten), erfüllt der Businessplan jedoch auch interne Aufgaben für das Gründerteam. Einerseits dient der Businessplan im Rahmen der Gründungsvorbereitung als Orientierung und Kontrollinstrument, andererseits jedoch, nachdem die Gründung erfolgt ist, als Planungsleitfaden bzw. als „Drehbuch des Geschäftsmodells“ für die ersten Geschäftsjahre.7 Es gibt keine Standardform für Businesspläne. Trotzdem beinhaltet ein Businessplan (Prozesskette eines Entrepreneurship) mindestens folgende Aspekte:

Kurzfassung (Executive Summary): Unternehmenskonzept, Erfolgsfaktoren, wirtschaftliche Zielgrößen und Kapitalbedarf

Beschreibung des Gründungsvorhabens: Gründungsperson, Produktion und Leistungserstellung, Marktübersicht (Markteinschätzung, Wettbewerber, Standortwahl) und Zukunftsaussichten

Marketing-Plan: Unternehmensstrategie und Marketing-Mix (Produkt, Preis, Vertrieb, Kommunikation)

Management-Plan: Personal, Organisation und gesellschaftsrechtliche Aspekte

Finanzplan, Investitionsplan, Liquiditätsplan, Plan-Gewinn- und Verlustrechnung, Bilanzplan der ersten Monate, Quartale und ersten Jahre

8

Zu dem Modell von Timmons lässt sich der ergänzende Ansatz von Füglistaller, Müller und Volery (2008) gut hinzufügen (vgl. Füglistaller u.a.: „Entrepreneurship. Modelle – Umsetzung – Perspektiven“). Sie sehen auch den Unternehmer, die unternehmerischen Gelegenheiten (Opportunity), Ressourcen, Organisation und Umwelt als Schlüsselelemente eines Entrepreneurship und definieren ebenso Entrepreneurship als Prozess. Für sie bietet ihr Entrepreneurship-Ansatz die Möglichkeiten, neue unternehmerische Gelegenheiten zu identifizieren, zu evaluieren und betriebswirtschaftlich-profitabel zu nutzen. Unternehmerische Gelegenheiten bedeuten für sie „kaufmännisch klassisch “, dass neue Produkte und Dienstleistungen zu höheren Preisen als zu ihren Produktionskosten eingeführt und verkauft werden können.9

1.1Zum intuitiven Canvas-Geschäftsprozessmodell als Denkmodell eines Business-Planes

Während der Businessplan internen und externen Planungszwecken dient, richtet sich das Canvas-Geschäftsmodell an den internen Planungs- und Gestaltungsprozess. Als Instrument der Planung greift das Geschäftsmodell den axiomatischen, innovativen Impuls der kreativen und intuitiven Geschäftsidee auf, konkretisiert diesen und trägt damit zur erfolgreichen Umsetzung der Idee bei.10“A business model describes the rationale of how an organization creates, delivers, and captures value”.11 Ein Analysetool von Geschäftsmodellen stellt das intuitive Canvas-Geschäftsmodell (engl. “Business Model Canvas”) dar. Das intuitive Canvas-Geschäftsmodell gilt als eine Methode des strategischen Managements, die von Alexander Osterwalder, Yves Pigneur und 470 weiteren Personen aus 45 Ländern entwickelt wurde.

Die Funktion des CANVAS-Modells beschreibt die Planung, die Dokumentation und die weiteren Entwicklungsschritte bis zur Kontrolle bestehender Geschäftsmodelle oder, axiomatisch betrachtet, den archimedischen Ausgangspunkt der Generierung neuer Geschäftsmodelle.

Es dient dazu, Unternehmen dabei zu unterstützen, Ihre Aktivitäten besser zu verstehen, zu koordinieren, mögliche Synergien zwischen Geschäftsfeldern eines Geschäftsmodells herauszustellen und wertorientiert gestaltbar zu machen.12

WIE?

(Wertschöpfungsarchitektur)

WAS?

(Value Proposition)

WER?

(Kunden)

WARUM?

(Kosten / Erträge)

Abb. 2: Die vier Felder des Business Model Canvas13

Die vier Felder des Geschäftsmodells Canvas sind:

„Wer“-Komponente: Wer sind die wichtigsten Kunden? Und wie können diese Kunden erreicht werden? Welche Eigenschaften oder Bedürfnisse haben die Kunden?

„Was“-Komponente als Wertangebot: Welche Produkt- oder Dienstleistungspakete werden den verschiedenen Kundensegmenten angeboten? Welche Werte vermittelt das Unternehmen seinen Kunden? Welche der Probleme bzw. Bedürfnisse werden mithilfe des Wertangebotes gelöst bzw. befriedigt? Welche Vertriebskanäle werden genutzt?

„Wie“-Komponente als Wertschöpfungsarchitektur: Wie realisiert die Organisation über die Wertschöpfungstätigkeiten das Geschäftsmodell? Welche Wertschöpfung soll selbstständig werden und welche soll von Partnern erbracht werden?

„Warum“-Komponente: Wodurch werden Kosten verursacht und wie werden die Erträge durch das Geschäftsmodell erzielt? Welche Einnahmen realisiert die Organisation? Welche Kostenstrukturen entstehen in den Funktionen des Unternehmens?

14

Die vier Bereiche/Felder des intuitiven Geschäftsmodells werden wertorientiert weiterentwickelt und bieten eine Visualisierung jedes Geschäftsmodells in den verschiedensten Branchen unter Berücksichtigung von neun Bausteinen an (vgl. Abb. 3).

Abb. 3: Bausteine des intuitiven Canvas-Geschäftsmodells15

(1) Customer Segments (CS) – Kundensegmente

Der erste Baustein der Canvas-Modells wird als Herzstück eines jeden Geschäftsmodells verstanden. Dieser Baustein steht für die Kundenorientierung verschiedener Kundensegmente einer jeden Organisation, die ein Unternehmen erreichen will. Die sogenannte Kundensegmentierung richtet sich nach Bedürfnissen, Verhaltensweisen und anderen Eigenschaften bzw. Merkmalen aus, die die Kunden haben. Die Kundensegmente können durch unterschiedliche Kanäle erreicht, über unterschiedliche Kundenbeziehungen zum Unternehmen gefördert oder nach verschiedenen Ausprägungen der Kaufkraft eingeteilt werden. Nach Osterwalder und Pigneur (2010) existieren verschiedene Arten von Kundensegmenten:

Massenmarkt – keine Unterscheidung von Kundensegmenten

Marktsegmente – zwei oder mehr teilweise zusammenhängende Kundensegmente

Nischenmärkte – sehr scharf definierte Kundensegmente

diversifizierte Segmente – zwei oder mehr nicht-korrelierte Segmente

mehrseitige Plattformen (oder „Multi-sided“-Märkte) – zwei oder mehrere voneinander abhängende Kundensegmente

16

(2) Value Propositions (VP) – Wertangebote

Dieser Baustein kann als Fortführung und Konkretisierung der Bedürfnisse-Idee verstanden werden. Wertangebote beschreiben die Produkte oder Dienstleistungen und stellen einen spezifischen Nutzen für den Kunden dar. Mit Hilfe des Nutzenversprechens versucht das Unternehmen Kundenprobleme zu lösen oder Kundenbedürfnisse zu befriedigen. Jedes Wertangebot schließt einige der folgenden Elemente ein:

Preis oder Liefergeschwindigkeit (quantitatives Angebot)

Gestaltung oder spezielle Kundenanpassung (qualitatives Angebot)

Kostenreduzierung oder Risikoreduktion für die Kunden

Leistungsoptimierung (Verbessern von Produkt- oder Serviceleistungen)

Neuheit (vollkommen neues Angebot) durch das Geschäftsmodell

Designs oder der Marke/ Status (vom Produkt)

Anwenderfreundlichkeit oder Arbeitserleichterung für die Kunden

17

(3) Channels (CH) – Kanäle

Die Wertangebote werden dem Kunden durch Kommunikations-, Distributions- oder Vertriebs-Kanäle einfacher und schneller zugänglich gemacht, z.B. Online-Handel. Deswegen beschreibt dieser Baustein, über welche Kanäle ein Unternehmen mit den Kunden kommuniziert und auf welchen Vertriebswegen der Kunde am einfachsten erreicht werden kann. Es existieren fünf Kanaltypen: Verkaufsabteilung, Internetverkauf, eigene Filiale, Partnerfiliale und Großhändler. Diese Kanaltypen lassen sich zum einen als direkte oder indirekte Vertriebskanäle charakterisieren und zum anderen in eigene und Partnerkanäle (Outsourcing) untergliedern. Außerdem gibt es auch fünf Kanalphasen: Aufmerksamkeit, Bewertung, Kauf, Vermittlung und kognitive Dissonanzen, die nach dem Kauf des Produktes befriedigt werden müssen. Die Abstimmung der Kanäle auf die Phasen des Kundenkaufs ist die Herausforderung für ein Unternehmen, das die Kundenorientierung und -erfahrung mit dem Geschäftsmodell primär beachten will, um den Umsatz dadurch zu maximieren sowie die Profitabilität bzw. damit die Wertorientierung des Geschäftsmodells abzusichern.

(4) Customer Relationships (CR) – Kundenbeziehung

Dieser Baustein beschreibt die Beziehung, die ein Unternehmen zu einem Kunden bzw. zu Kundensegmenten entwickelt. Die Beziehungen des Unternehmens müssen mit jedem Kundensegment hergestellt und unterhalten werden. Die Kundenbeziehungen haben im Geschäftsmodell des Unternehmens erheblichen Einfluss auf die Kundenerfahrungen und umfassen die Kundenakquise, die Kundenpflege, die Kundenbindung und die Verkaufssteigerungsmöglichkeiten. Die Art der Beziehungen kann zum einen durch eine persönliche Betreuung zwischen dem Kunden und einem Kundenberater via Telefon, Point of Sale oder E-Mail erfolgen; zum anderen ermöglicht die Kundenbeziehung auch durch die Selbstbedienung oder der automatisierten Dienstleistungen (durch den Mix mehrerer Optionen im Rahmen der Selbstbedienung im automatisierten E-Business-Prozess) sowie beim Kauf von Produkten im Rahmen von Social Media-Tools. Weitere Kauf-Gemeinschaften und Kauf-Mitbeteiligungen (Co-Kreation) sind auch zwei Arten der Kundenbeziehung.18

(5) Revenue Streams (RS) – Einnahmequellen

Dieser Baustein steht für die Einkünfte (Einnahmen, Einzahlungsströme) des Unternehmens pro Kundensegment und resultiert aus erfolgreich den Kunden angebotenen Value Propositions. Dabei hilft es dem Unternehmen zu wissen, für welche Werte (Gebrauchs- und Zusatznutzen) am Produkt, Dienstleistung, Geschäftsmodell die Kunden wirklich zu zahlen bereit sind und wofür sie aktuell bezahlen. Mögliche Einnahmequellen können aus dem Verkauf von Wirtschaftsgütern, Benutzungsgebühren, Mitgliedsbeiträgen, Verleihgebühren, Vermietungen, Leasing, Lizenzgebühren, Maklergebühren und Gebühren für Werbung resultieren.19 Ohne einen Revenue-Stream (grundlegende Prämisse) ist ein wertorientiertes Geschäftsmodell nicht lauffähig.

(6) Key Resources (KR) – Schlüssel-Ressourcen

Schlüssel-Ressourcen sind notwendig, um die Nutzenversprechen des Unternehmens gegenüber seinen Kunden einzulösen und seine Kundenbeziehungen zu realisieren. Beispiele für Schlüssel-Ressourcen sind:

physische Ressourcen (Grundstücke, Gebäude, Maschinen, Fahrzeuge usw.)

nicht-physische Ressourcen (z.B. Schutzrechte, Patente, Lizenen usw.)

Human Resources (Humankapital, das sich auf Kompetenzen der Mitarbeiter stützt)

finanzielle Ressourcen (Gründungskapital, Working Capital, Kapitalerhöhungsoptionen, mezzanine Finanzierung, Leasing, Factoring etc.)

20

(7) Key Activities (KA) – Schlüssel-Aktivitäten

Dieser Baustein Schlüssel-Aktivitäten beschreibt die wichtigsten Aktivitäten eines Unternehmens, die zur Umsetzung eines Geschäftsmodells erforderlich sind. Die Aktivitäten umfassen das Schaffen eines Wertangebotes, das Erreichen von Märkten, den Aufbau von Kundenbeziehungen zur Generierung von Einnahmen. Betroffene Aktivitäten finden sich z.B. in den Bereichen:

Beschaffung, Produktion und Logistik

Problemlösung durch montagegerechte Konstruktion und Produkte

Plattform / Netzwerk durch Online-Handel

21

(8) Key Partnerships (KP) – Key-Partnerschaften

Manche Aktivitäten oder Ressourcen werden von außerhalb der Organisation bezogen durch die Lieferanten. Aus diesem Grund steht dieser Baustein für das Netzwerk aus Zulieferern und strategischen Partnern, die erst das Geschäftsmodell ermöglichen. Es gibt unterschiedliche Typen und Motivationen für Partnerschaften.

Typen sind u.a.:

strategische Partnerschaft zwischen „Nicht-Wettbewerbern“

strategische Partnerschaft zwischen Wettbewerbern

Joint Ventures, um neue Geschäftsfelder im Ausland zu erschließen

Käufer-Lieferanten-Beziehungen in der Halbteile- und Systemteilefertigung durch gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, um Montageprozesse in der Produktion zu beschleunigen und zu Kosten zu reduzieren.

Motivationen für Partnerschaften können sein:

Erzielung Economies of Scale and Scope

Realisation von Erfahrungskurveneffekten

Risikoreduktion

Zugang zu bestimmten Ressourcen oder Dienstleistungen

22

(9) Cost Structure (CS) – Kostenstruktur

Die wirtschaftlichen Bestandteile eines Geschäftsmodells resultieren aus einer bestimmten Kostenstruktur. Die Kostenstruktur beinhaltet alle Kosten, die bei der Umsetzung eines Geschäftsmodells entstehen. Bei dieser Struktur wird analytisch zwischen dem kostenorientierten und wertorientierten Geschäftsmodell unterschieden. Beim kostenorientierten Geschäftsmodell liegt der Fokus auf die Minimierung von Kosten, während man sich beim wertorientierten Geschäftsmodell auf die Wertschöpfung und die Ertragskomponenten konzentriert, um hochwertige Angebote an die Kunden zu offerieren, und um damit möglichst große Umsätze zu erzielen. Mischformen dieser beiden Modelle sind selbstverständlich möglich und häufig vorhanden.

Im Wesentlichen setzt sich die Kostenstruktur eines Geschäftsmodells aus Fixkosten und variablen Kosten zusammen. Eine Break-Even-Analyse gibt vorläufig Auskunft darüber, ab wann (ab welcher verkauften Menge bzw. Umsatz) das Unternehmen in die Gewinnzone kommt.23

1.2Kundenorientierung als ein grundlegender Faktor eines Geschäftsmodells

Nach Bruhn liegt eine Kundenorientierung vor, wenn eine Unternehmung, z.B. die britische HSBC-Bank, mit Hilfe ihrer schweizerischen Tochtergesellschaft verstärkt dazu übergeht, ihr deklaratorisches klassisches Bankgeschäftsmodell mit „… ihre Aktivitäten an den spezifischen Bedürfnissen des einzelnen Kunden auszurichten.“24 Das „faktische“ Bankgeschäftsmodell der HSBC-Tochter in der Schweiz wird dann zum Modell der Steuerhinterziehung und zum Geldwäschemodell krimineller Kunden. Bruhn konkretisiert die Ausführungen und definiert die Kundenorientierung umfassend als: „…die grundsätzliche Ausrichtung der Unternehmensaktivitäten an den Kundenbedürfnissen, die bei der Planung und Erstellung der unternehmerischen Leistung Berücksichtigung finden, mit dem Ziel, langfristige stabile und ökonomisch vorteilhafte Kundenbeziehungen zu etablieren.“25 Als Ziele des Geschäftsmodells des Unternehmens lassen sich die Bedürfnisbefriedigung, vorteilhafte Kundenbindung und damit einhergehende ökonomische Erfolge konstatieren. Die genannte Etablierung von vorteilhaften Kundenbeziehungen bei Geschäftsmodellen lässt gleichzeitig eine Einordnung der Kundenorientierung in den Bereich des Beziehungsmarketings und somit des strategischen Managements zu.

Beziehungsmarketing und Kundenorientierung

Beziehungsmarketing verfolgt das Ziel, durch eine individuelle und bedürfnisgerechte Kundenorientierung eine hohe Kundenzufriedenheit und somit eine profitable Kundenbindung zu erreichen.26

Nachfolgend werden die Erfolgsgrößen und deren Wechselwirkung zur Erfolgskette beschrieben. Der ökonomische Erfolg kann durch den Kundenwert erklärt werden.27 Dieser kann beispielsweise mit Hilfe einer ABC-Analyse die relativen Wertgrößen (Umsätze, Kosten, Deckungsbeiträge, Stand des Zeitabschnittes des Produktes im Marktlebenszyklus) der einzelnen Kunden im Hinblick auf die Gesamtheit ermittelt werden. Auf Grundlage von vergangenen Kundenwerten kann auch auf die zukünftigen Werte geschlossen werden. So kann die wirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Kunden aus der Perspektive des Anbieters ermittelt werden.28 Der ökonomische Erfolg kann demnach mit wertvollen Kunden generiert werden und einen Beitrag zum betriebswirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens beitragen. Die Kundenbindung von wertvollen Kunden ist von nicht profitablen Kunden zu trennen.

Die Kundenbindung kann an zwei wesentlichen Verhaltensweisen des Kunden festgestellt werden. Die erste Verhaltensweise ist das „faktische Verhalten“ des Kunden. Darunter fallen u.a. der Wiederkauf des Produkts, der Zusatzkauf (Cross-Buying), die Weiterempfehlung und die erhöhte Preisakzeptanz in der Gegenwart. Die zweite Verhaltensweise ist die „Verhaltensabsicht“. Hierunter fallen die ermittelten beabsichtigten Wiederkäufe, Zusatzkäufe, Weiterempfehlungen und die Toleranz von Preiserhöhungen in der Zukunft.

Zu beachten ist eine begriffliche Abgrenzung der Kundenbindung zur Kundenloyalität. Bruhn und Homburg stellen dazu heraus, dass die Kundenbindung auf Nachfrager- und Anbieterseite existiert, während die Kundenloyalität die Nachfrageperspektive bei der Bindung in den Fokus hebt (d.h. eine verringerte Wechselbereitschaft des Kunden zu anderen Unternehmen beim Kauf spezieller Produkte).29

Die Beeinflussung der Wechselbereitschaft aus Nachfragerperspektive erfolgt demnach durch die Kundenzufriedenheit. „Ein hohes Maß an Zufriedenheit ist die Grundlage für eine langfristige Kundenbindung …“30 So wird eine logische Verbindung zwischen Kundenzufriedenheit und Kundenbindung hergestellt. Es wird auch die Relevanz der beiden Erfolgsgrößen innerhalb der Erfolgskette deutlich. Doch wie können Kunden zufrieden gestellt werden? Woran machen Kunden ihre Zufriedenheit fest? Demnach ist die Kundenzufriedenheit eine Empfindung eines Kunden, und zwar hinsichtlich der Erfüllung seiner Erwartungen. Folgende Beispiele an Erwartungshaltungen von Kunden können erhoben werden:

Qualität, Design und Bandbreite der angebotenen Produkte,

Freundlichkeit, Auftreten, Kompetenz, Service, Beratung, Beschwerdehandhabung der Mitarbeiter gegenüber dem Kunden,

Einhaltung der Lieferzeit und Liefertreue.

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„Während Kundenorientierung eine umfassende Berücksichtigung der Kundenerwartungen bezeichnet, zeigt die Kundenzufriedenheit auf, inwiefern der Kunde seine Erwartungen durch das Unternehmen erfüllt sieht. Eine hohe Kundenorientierung ist somit die Voraussetzung für eine hohe Kundenzufriedenheit.“32

1.3Geschäftsmodell und die Beschreibung eines Businessplanes