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Everhard Uphoff

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Beschreibung

In einer Zeit des rasanten Wandels wird die Fähigkeit, mit Veränderungen umzugehen, zu einer der entscheidenden Zukunftskompetenzen für beruflichen und persönlichen Erfolg. Everhard Uphoff beleuchtet das Thema Change ganzheitlich und stellt den Menschen in sich verändernden Systemen in den Mittelpunkt. Er zeigt auf, welche Voraussetzungen und Maßnahmen notwendig sind, um Veränderungsprozesse bestmöglich zu bewältigen. Insgesamt definiert er 24 Veränderungskompetenzen für Mitarbeitende und Führungskräfte sowie fünf zusätzliche Kompetenzen speziell für Führungskräfte, um sicher durch unsichere Zeiten zu navigieren. Das Buch stellt praxisorientierte Methoden und Techniken vor, um Change-Kompetenzen zu entwickeln, zu stärken und auszubauen. Inhalte: - Die aktuelle Zeitqualität: die Konzepte VUKA, BANI und RAAT sowie Umgang mit Polykrisen - Veränderungsprozesse verstehen - Kritische Stolpersteine und wie man mit ihnen umgeht - Erfolgsfaktoren im Change-Prozess - Change-Kompetenzen entwickeln, stärken und ausbauen - Selbsteinschätzungstest zur Bestimmung des eigenen EntwicklungsbedarfsDie digitale und kostenfreie Ergänzung zu Ihrem Buch auf myBook+: - Zugriff auf ergänzende Materialien und Inhalte - E-Book direkt online lesen im BrowserJetzt nutzen auf mybookplus.de.

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Seitenzahl: 361

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhaltsverzeichnis

InhaltsverzeichnisHinweis zum UrheberrechtmyBook+ImpressumVorwort1 Die aktuelle Zeitqualität1.1 Die Konzepte VUKA, BANI und RAAT1.2 Polykrise: Was ist das?1.2.1 Die aktuelle Polykrise1.2.2 Unterschiede zu früheren Polykrisen1.2.3 Die derzeitige Polykrise als Dominodiagramm1.3 Das Spannungsdreieck der Veränderung2 Veränderungsprozesse verstehen2.1 »Transitions« von William und Susan Bridges2.2 Das Drei-Phasen-Modell2.2.1 Vier Betrachtungsebenen2.2.2 Die Metamorphose des Schmetterlings2.3 Das Fünf-Phasen-Modell des Sterbens nach Kübler-Ross2.3.1 Ursprung und Phasen2.3.2 Übertragung auf den beruflichen Kontext2.3.3 Die Rolle der Emotionen im Veränderungsprozess2.3.4 Das Veränderungsmodell angelehnt an Streich2.3.5 Fazit: Die Relevanz der Veränderungskurve3 Stolpersteine im Change-Prozess3.1 Der emotionale Ablöseprozess3.2 Widerstand3.2.1 Kernprinzipien des Widerstands3.2.2 Symptome des Widerstands3.2.3 Erscheinungsformen und Ausprägungen von Widerstand3.2.4 Das Gute am Widerstand3.2.5 Ursachen für Widerstand3.2.6 Strategien zum Umgang mit Widerstand3.3 Vertrauensverlust3.4 Sonderfall: Kränkung3.4.1 Merkmale einer Kränkung3.4.2 Die Folgen von Kränkungen3.4.3 Umgang mit Kränkungen3.4.3.1 Genugtuung3.4.3.2 Wiedergutmachung3.5 Angst und Druck3.5.1 Die Angststufen im beruflichen Kontext3.5.2 Wie entsteht Angst in Unternehmen?3.6 Persönlichkeitsstörungen – die dunkle Triade3.7 Mangelnde Führung4 Erfolgsfaktoren im Change-Prozess4.1 Fit für den Wandel: moderne Lösungsansätze in Zeiten von VUKA und BANI finden4.2 Markt und Kunden in den Mittelpunkt stellen4.3 Innovationskultur fördern4.4 Ressourcen optimal bereitstellen4.5 Ein funktionstüchtiges Risiko- und ­Krisenmanagement etablieren4.6 Eine resiliente Unternehmenskultur leben4.7 Rechtzeitig Anzeichen von ­Veränderungsmüdigkeit adressieren4.8 Das »Why-How-What« für ­Transformationsprozesse nutzen4.9 Klare Visionen, Ziele und Strategien festlegen4.10 Kommunizieren, kommunizieren, kommunizieren4.11 Die zentrale Rolle der Führungskraft bei Krisen und ­Veränderungen anerkennen4.12 Den Erfolgsfaktor Mut einbeziehen4.13 Veränderungen verstehen4.14 Widerstand auflösen4.15 Top-down ist out: dem mittleren Management mehr Macht geben4.16 Essenziell: die Belegschaft einbinden4.17 Generationenkonflikte verstehen4.18 Den individuellen Bewusstseinswandel steuern und Eigenverantwortung übernehmen4.19 Der Mensch im Fokus: emotionale Verbundenheit ­herstellen5 Change-Kompetenz – was ist das?5.1 Das Change-Kompetenz-Rad5.1.1 Persönliche Change-Kompetenzen5.1.2 Soziale Change-Kompetenzen5.1.3 Fachliche Change-Kompetenzen5.1.4 Methodische Change-Kompetenzen5.1.5 Führungskompetenzen im Change-Prozess5.2 Selbsteinschätzung der Change-Kompetenzen6 Change-Kompetenzen entwickeln, stärken und ausbauen6.1 Resilienz6.1.1 Mit Selbstreflexion und Grundzufriedenheit zu mehr Resilienz6.1.2 Übungen zur Entwicklung von Resilienz6.2 Flexibilität6.2.1 Durch Unbekanntes und Kreativität flexibler werden6.2.2 Übungen zur Entwicklung von Flexibilität6.3 Netzwerken6.3.1 Netzwerken durch Beziehungsaufbau und -pflege6.3.2 Übungen zur Entwicklung von Netzwerkkompetenz6.4 Eigenmotivation6.4.1 Mit Selbstdisziplin, Routinen und einer positiven Einstellung zu mehr Eigenmotivation6.4.2 Übungen zur Entwicklung von Eigenmotivation6.5 Problemlösefähigkeit6.5.1 Mit zielgerichteten Methoden zu mehr Problemlösekompetenz6.5.2 Übungen zur Entwicklung von Problemlösekompetenz6.6 Entscheidungsfähigkeit6.6.1 Mit analytischen Fähigkeiten und Urteilsvermögen zu mehr Entscheidungsfähigkeit6.6.2 Übungen zur Entwicklung von Entscheidungskompetenz6.7 Lernbereitschaft6.7.1 Durch Neugier, Offenheit und Eigeninitiative zu mehr Lernbereitschaft6.7.2 Übungen zur Entwicklung von Lernbereitschaft6.8 Achtsamkeit6.8.1 Durch regelmäßiges Üben und Selbstreflexion zu mehr Achtsamkeit6.8.2 Übungen und Beispiele zur Entwicklung der Achtsamkeit6.9 Beurteilungsvermögen6.9.1 Mit guter Menschenkenntnis und analytischem Denken zu einem besseren Beurteilungsvermögen6.9.2 Übungen zur Entwicklung des Beurteilungsvermögens6.10 Kommunikation6.10.1 Mit Übung und Selbstreflexion zu besserer Kommunikation6.10.2 Übungen zur Entwicklung von Kommunikationskompetenz6.11 Emotionale Intelligenz6.11.1 Durch Empathie und Achtsamkeit die emotionale Intelligenz verbessern6.11.2 Übungen zur Entwicklung von emotionaler Intelligenz6.12 Konfliktmanagement6.12.1 Durch analytische Fähigkeiten und emotionale Intelligenz zu einem guten Konfliktmanagement6.12.2 Übungen zur Entwicklung der Konfliktmanagement-Kompetenz6.13 Teamarbeit6.13.1 Mit Kommunikations- und Konfliktfähigkeiten die Teamarbeit verbessern6.13.2 Übungen zur Entwicklung der Teamarbeitskompetenz mit Beispielen6.14 Vertrauensbildung6.14.1 Mit Empathie und Ehrlichkeit Vertrauensbildung verbessern6.14.2 Übungen zur Entwicklung der Vertrauensbildung6.15 Belastbarkeit6.15.1 Durch Stressbewältigung und Selbstorganisation zu einer stabileren Belastbarkeit6.15.2 Übungen zur Entwicklung von Belastbarkeit6.16 IT-Kompetenz6.16.1 Mit kontinuierlichem Lernen und praktischer Anwendung zu mehr IT-Kompetenz6.16.2 Übungen zur Entwicklung der IT-Kompetenz6.17 KI-Kompetenz6.17.1 Mit soliden Grundlagen und Erfahrungen in der Praxis zu mehr KI-Kompetenz6.17.2 Übungen zur Entwicklung der KI-Kompetenz6.18 Change-Management-Wissen6.18.1 Durch Methodenaneignung und praktische Anwendung zu mehr Change-Management-Wissen6.18.2 Übungen zur Entwicklung von Change-Management-Wissen6.19 Projektmanagement6.19.1 Mit hervorragender Kommunikation und Entscheidungskompetenz zu gutem Projektmanagement6.19.2 Übungen zur Entwicklung von Projektmanagementkompetenz6.20 Agilität6.20.1 Durch Methodenwissen und reale Projekte zu mehr Agilität6.20.2 Übungen zur Entwicklung von Agilität6.21 Prozessoptimierung6.21.1 Durch analytisches Denken und Agilität zu profitabler Prozessoptimierung6.21.2 Übungen zur Entwicklung der Prozessoptimierungskompetenz6.22 Organisationsentwicklung6.22.1 Durch Fachkenntnisse und Kommunikationsfähigkeiten zu besserer Organisationsentwicklung6.22.2 Übungen zur Entwicklung von Organisationsentwicklungskompetenz6.23 Krisenmanagement6.23.1 Durch analytisches Denken und schnelle Reaktionsfähigkeit zu besserem Krisenmanagement6.23.2 Übungen zur Entwicklung von Krisenmanagementkompetenz6.24 Risikomanagement6.24.1 Durch Problemlösefähigkeit und Entscheidungsfreudigkeit zu besserem Risikomanagement6.24.2 Übungen zur Entwicklung von Risikomanagementkompetenz6.25 Stakeholder-Management6.25.1 Durch Kommunikation und Beziehungspflege zu einem verbesserten Stakeholder-Management6.25.2 Übungen zur Entwicklung der Stakeholder-Management-Kompetenz6.26 Vorbildfunktion6.26.1 Durch Selbstreflexion und Integrität zu einer verbesserten Vorbildfunktion6.26.2 Übungen zur Entwicklung der Vorbildfunktion6.27 Gestaltung der Unternehmenskultur6.27.1 Durch Selbstreflexion und Feedbackrunden zu einer besseren Unternehmenskultur6.27.2 Übungen zur Entwicklung der Kompetenz »Unternehmenskultur gestalten«6.28 Strategisches Denken6.28.1 Durch Flexibilität und Kreativität zu besserem strategischem Denken6.28.2 Übungen zur Entwicklung der Kompetenz »Strategisches Denken«6.29 Führungskraft als Coach6.29.1 Durch Kommunikation und Empathie zur Coachingrolle6.29.2 Übungen zur Entwicklung der Kompetenz »Führungskraft als Coach«6.30 Motivation und Mitarbeiterentwicklung6.30.1 Mit Empathie und Unterstützung Mitarbeitende motivieren und entwickeln6.30.2 Übungen zur Entwicklung der Kompetenz, andere zu motivieren und weiterzuentwickeln7 Aufbruch in die Zukunft – mit Change-Kompetenz die Arbeitswelt von morgen gestaltenDanksagungLiteraturverzeichnisÜber den Autor und die Illustratorin Ihre Online-Inhalte zum Buch: Exklusiv für Buchkäuferinnen und Buchkäufer!Stichwortverzeichnis

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ePub:

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ePDF:

ISBN 978-3-648-18091-4

Bestell-Nr. 12092-0150

Everhard Uphoff

Change-Kompetenz jetzt!

1. Auflage, November 2024

© 2024 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG

Munzinger Str. 9, 79111 Freiburg

www.haufe.de | [email protected]

Bildnachweis (Cover): © Biletskiy_Evgeniy, iStock

Produktmanagement: Mirjam Gabler

Illustrationen: Laura Niklaus, Wildmind Alchemist

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Der Verlag behält sich auch eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

Sofern diese Publikation ein ergänzendes Online-Angebot beinhaltet, stehen die Inhalte für 12 Monate nach Einstellen bzw. Abverkauf des Buches, mindestens aber für zwei Jahre nach Erscheinen des Buches, online zur Verfügung. Ein Anspruch auf Nutzung darüber hinaus besteht nicht.

Sollte dieses Buch bzw. das Online-Angebot Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte und die Verfügbarkeit keine Haftung. Wir machen uns diese Inhalte nicht zu eigen und verweisen lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung.

Für alle, die sich auf den Weg machen,

Transformation zu gestalten

Vorwort

Im Herbst 2020, mitten in der Coronapandemie, wurde der Grundstein für dieses Buch »Change-Kompetenz jetzt! Finde deine Strategie für die Arbeitswelt von morgen« gelegt. Ich hatte gerade mein Erstlingswerk »Gekündigt – zum Glück!« veröffentlicht. Schon damals war mir instinktiv klar, dass ich noch nicht fertig war und ich das, worüber ich im ersten Buch geschrieben hatte, noch einmal vertiefen wollte.

In der Zwischenzeit haben sich die Ereignisse überschlagen. Wir sind Zeitzeugen einer Welt im Chaos, einer Ära der Transformation, in der die alten Bewältigungsstrategien nicht mehr greifen. Systeme kommen an ihre Grenzen oder brechen auseinander Es ist nicht mehr zu übersehen, dass die Welt so, wie wir sie gekannt haben, nicht mehr existiert und auch nicht mehr zurückkommen wird. Viele Menschen sind verunsichert, wissen nicht, wie damit umzugehen ist.

Dieses Buch erforscht, was es braucht, um die Menschen dort abzuholen, wo sie stehen, und welche Lösungen gemeinsam zu entwickeln sind. Lösungen, die in einer Welt der Unsicherheit Bestand haben. Es ist eine Reise, deren Ausgang unbekannt ist, denn wir wissen nicht, wie die neue Welt am Ende aussehen wird. Doch gerade das macht unsere Zeit so besonders und unsere Aufgabe so kritisch.

Die Schlagzahl der Veränderungen, mit denen wir es zu tun haben, erhöht sich stetig. In einer Welt, die von rasanten Veränderungen und tiefgreifenden Umwälzungen geprägt ist, wird die Fähigkeit, mit Wandel umzugehen, zu einer der entscheidenden Zukunftskompetenzen für den beruflichen und persönlichen Erfolg. Das Menschsein wird immer wichtiger. Das Miteinander und die Verbundenheit von Menschen stehen im Zentrum unseres Handelns, denn allein können wir die Fülle an Herausforderungen nicht mehr meistern. Es geht um die Beziehungsebene, um das In-den-Dialog-Treten über alle Hierarchieebenen hinweg – jeder zu sich selbst, die Führungskraft zu den Mitarbeitenden und umgekehrt. Es geht jetzt darum, sich wirklich aufeinander einzulassen.

Dieser praktische Ratgeber unterstützt Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeitende, sich besser für die Arbeitswelt von morgen zu wappnen. Er ist genau richtig für Transformatoren, die proaktiv nach vorne gehen und mitgestalten wollen. Und für all diejenigen, die wissen wollen, über welche Change-Kompetenzen sie bereits verfügen und wie sie diese ausbauen können, um sich selbst und andere bestmöglich durch diese unsicheren Zeiten zu navigieren.

»Change-Kompetenz jetzt!« beleuchtet aktuelle Trends, technologische Entwicklungen sowie tiefgreifende strukturelle Systemveränderungen hinsichtlich Wirtschaft, Politik, Technologie, Umwelt sowie Gesellschaft und zeigt geeignete Lösungsansätze auf. In diesem Zusammenhang werden folgende Fragestellungen behandelt:

Grundlegende Veränderungen in Betrieben werden von verschiedenen Faktoren beeinflusst. Was sind derzeit die stärksten Transformationstreiber in deutschen Unternehmen und wie lassen sich Prozesse erfolgreich implementieren?

In Zeiten von Unsicherheit und tiefgreifendem Wandel ist Flexibilität entscheidend. Wie können die Beteiligten grundsätzlich auf unvorhergesehene Ereignisse in Zeiten der Polykrise und Transformation reagieren?

Angesichts der aktuellen Herausforderungen ist es wichtiger denn je, die richtigen Strategien zu verfolgen. Welche Erfolgsfaktoren braucht es in besonderen Zeiten wie diesen?

Führungskräfte sind mit einer gewaltigen Herausforderung konfrontiert: Sie müssen sich selbst, ihre Teams oder ein ganzes Unternehmen durch immer neue Transformationsprozesse steuern. Wie erreichen sie das?

Viele sind transformationsmüde. Wie lassen sie sich motivieren? Wie können Führungskräfte und Mitarbeitende mitgenommen werden und wie lässt sich der Zusammenhalt stärken?

Veränderungsvorhaben werden häufig blockiert. Wie lässt sich der Widerstand auflösen?

Angesichts der rasanten Veränderungen sind spezifische Fähigkeiten besonders gefragt. Welche Change-Kompetenzen braucht es vor allem jetzt? Wie lassen sich diese entwickeln, stärken und ausbauen?

Kapitel 1 untersucht die aktuelle Zeitqualität, die von Begriffen wie VUKA und BANI geprägt ist. Der Begriff der Polykrise wird näher beleuchtet und seine Auswirkungen auf die Bereiche Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Technologie und Umwelt untersucht. Ein weiterer Fokus in diesem Abschnitt liegt auf dem Spannungsdreieck der Veränderung. Es steht für den enormen Veränderungsdruck sowie Transformationsträgheit und -müdigkeit. Gleichzeitig wissen wir, dass ein Großteil der Veränderungsinitiativen in Unternehmen – nämlich bis zu 70 Prozent – scheitern. Was ist zu tun?

Ein wesentlicher Grund, warum Change-Projekte in Unternehmen oft scheitern, besteht darin, dass der emotionale Aspekt in Veränderungsprozessen nach wie vor nicht ausreichend adressiert wird. In Kapitel 2 steht daher die Auseinandersetzung mit den bekannten Veränderungsmodellen von Elisabeth Kübler-Ross sowie William und Susan Bridges im Vordergrund. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den emotionalen ­Trennungsprozessen der Menschen im Change-Prozess. Diese Modelle bieten wertvolle Einblicke in die psychologischen Herausforderungen, die mit Veränderungen einhergehen.

Kapitel 3 baut auf dem Vorherigen auf und legt die Stolpersteine im Veränderungsprozess dar. Dazu zählen unter anderem der emotionale Ablöseprozess, Widerstand, Vertrauensverlust, die Unfähigkeit loszulassen, Angst und Druck sowie Kränkungen, mangelnde Führung und das Behindern von Veränderungsprozessen durch die ­dunkle Triade (Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie). Diese Hindernisse können den Erfolg von Change-Projekten erheblich beeinträchtigen oder ganz zum Scheitern bringen.

Das darauffolgende Kapitel 4 beschäftigt sich mit der Frage, welche Bedingungen und Maßnahmen es im Grunde braucht, um Veränderungsprozesse zu fördern und zu meistern. Erfolgsfaktoren für Unternehmen, Führungskräfte und Mitarbeitende im Change werden nun identifiziert und eingehend erklärt.

Kapitel 5 definiert schließlich insgesamt 24 Change-Kompetenzen für Mitarbeitende und Führungskräfte sowie fünf zusätzliche Kompetenzen speziell für Führungskräfte, um gut durch unsichere Zeiten navigieren zu können. Ein Test zur Selbsteinschätzung und zur Ermittlung des eigenen Entwicklungsbedarfs runden diesen Bereich des Buches ab und legen den Grundstein für das Aneignen der jeweiligen Change-Kompetenzen im Folgekapitel.

Kapitel 6 konzentriert sich auf die Entwicklung, Stärkung und den Ausbau der Change-Kompetenzen. Hier werden praxisnahe Methoden und Techniken vorgestellt, die die Leserinnen und Leser befähigen, ihre Fähigkeiten gezielt zu verbessern. Nutzen Sie auch die digitalen Inhalte! Dort finden Sie zusätzlich eine Reihe von verschiedenen hilfreichen Übungen, Anregungen und Tipps.

Das Schlusskapitel 7 fasst die wichtigsten Erkenntnisse zusammen und gibt einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen.

Für dieses Buch wurden zahlreiche Veränderungsexpertinnen und -experten befragt, um ein umfassendes Bild der aktuellen Zeitqualität, der größten Herausforderungen, möglicher Lösungsansätze und der notwendigen Change-Kompetenzen zu zeichnen. Ihre wertvollen Einsichten und Meinungen sind in die Inhalte eingeflossen und bereichern die theoretischen Ansätze mit praxisnahen Perspektiven.

Im Zeitalter der künstlichen Intelligenz bot es sich an, auch ChatGPT auszuprobieren und als Inspirationsquelle und zur Ideenfindung zu nutzen.

1 Die aktuelle Zeitqualität

Die Welt ist im Wandel. Systeme kommen an ihre Grenzen oder fallen auseinander. Henning Vöpel, Vorstand des Centrums für Europäische Politik formuliert das so: »Wir beobachten den Zerfall gleich mehrerer Ordnungen und den Übergang in neue, noch unbestimmte Ordnungen − geopolitisch, technologisch und industriell. Es kommt daher darauf an, den unvermeidlich disruptiven Wandel als eine strukturelle Gestaltungsaufgabe zu verstehen. Wir müssen dabei lernen, in der Gesellschaft ebenso wie in Institutionen mit Komplexität und Unsicherheit umzugehen.«1

1 Vöpel, Henning (2023): Shifthappens #2023 von Nordantech/Falcon. https://www.nordantech.com/de/shifthappens2023, letzter Abruf am 10.09.2024, S. 25.

1.1 Die Konzepte VUKA, BANI und RAAT

VUKADie aktuelle Zeitqualität ist stark geprägt von den Prinzipien, die sich mit den Konzepten VUKA und BANI beschreiben lassen. Das VUKA-Konzept2 wurde ursprünglich in den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren am U. S. Army War College entwickelt. Es diente dazu, eine neue Art von Herausforderungen zu beschreiben, mit denen die USA und ihre Streitkräfte nach dem Ende des Kalten Krieges konfrontiert waren. Die Weltordnung, die sich nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Ende des bipolaren globalen Konflikts herausbildete, war durch eine erhöhte Unsicherheit und Komplexität – also durch das U und das K in VUKA – gekennzeichnet, die traditionelle militärische Denkweisen und Strategien infrage stellten.

Das VUKA-Konzept sollte Offiziere darin schulen, effektiver unter Bedingungen der Ungewissheit und des schnellen Wandels zu agieren. Es zielte darauf ab, eine Denkweise zu fördern, die auf Anpassungsfähigkeit, Flexibilität und einem tiefgehenden Verständnis für die Dynamik globaler politischer und militärischer Landschaften ­basiert.

VUKA, DefinitionIm Laufe der Zeit hat das Konzept nicht nur in der Politik, sondern auch in der Wirtschaft und im Management an Popularität gewonnen. Führungskräfte und Organisationen nutzen VUKA, um die zunehmende Dynamik und Unsicherheit in einer sich rapide verändernden globalen Geschäftswelt zu verstehen und darauf zu reagieren. Das Konzept hilft Organisationen und Individuen, Herausforderungen zu erkennen, die durch schnelle Veränderungen, Unvorhersehbarkeit und komplexe Interaktionen entstehen:

Volatilität: Volatilität steht für die rapide und oft unvorhersehbare Natur von Veränderungen in globalen Krisen.

Unsicherheit: Unsicherheit ist ein Kernmerkmal der modernen globalen Ordnung, die durch schnelle Veränderungen und unklare Zukunftsprognosen geprägt ist.

Komplexität: Die Komplexität der globalen Vernetzung führt dazu, dass Ereignisse in einem Bereich weitreichende und oft nicht lineare Effekte in anderen Bereichen haben können.

Ambiguität: Ambiguität entsteht, wenn Informationen widersprüchlich oder mehrdeutig sind, was in Zeiten schneller Veränderungen häufig der Fall ist.

Markus Nonnast, Inhaber von Nonnast & Kollegen, Personal- und Organisationsentwicklung

»Mir kommt es so vor, als erlebten wir alle eine Art globales Experiment. Es ist, als würde das gesamte System der Menschheit in einem gigantischen Labor auf seine Widerstandsfähigkeit und Anpassungsfähigkeit getestet. Als unerschrockener Optimist, der ich nun mal bin, glaube ich aber, dass diese Krisen, so unangenehm und destruktiv sie auch sein mögen, das Potenzial haben, als Katalysatoren für Veränderung zu wirken. So sehr ich manchmal zweifle, bin ich sicher: Die Krisen entlarven das Falsche, das Instabile und bringen zugleich das Neue hervor.«

BANIDas BANI-Konzept3 wurde von dem Soziologen und Futuristen Jamais Cascio4 ent­wickelt. Cascio ist bekannt für seine Arbeiten im Bereich der Zukunftsforschung. Er hat das BANI-Konzept im Jahr 2020 in seinem Vortrag »The New Normal: BANI, CAVE, and other Emerging Conditions« vorgestellt. Es dient als Antwort auf die wachsenden globalen Herausforderungen wie Klimawandel, politische Instabilität, soziale Unruhen und die Covid-19-Pandemie.

BANI, DefinitionBANI kann als eine Art »Update« oder Vertiefung des VUKA-Modells angesehen werden. Während VUKA die dynamische, unsichere und komplexe Natur der Welt hervorhebt, geht BANI einen Schritt weiter und befasst sich mit der Fragilität und der oft unverständlichen Natur der Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert sind.

Die Brüchigkeit (brittleness) im BANI-Konzept hebt hervor, wie Systeme, die einst als robust galten, schnell auseinanderbrechen können.

Die Angst (anxiety) reflektiert die gesellschaftliche Stimmung, die durch diese Unsicherheit und die ständige Sorge um zukünftige Krisen und deren Auswirkungen verstärkt wird.

Nicht-Linearität (non-linearity) im BANI-Konzept betont, dass Ursachen und Wirkungen sich nicht direkt proportional verhalten und dass kleine Änderungen große Auswirkungen haben können.

Das Unverständliche (incomprehensibility) im BANI-Konzept bezieht sich auf die Schwierigkeit, die wahre Natur von Problemen zu erkennen und darauf basierend Entscheidungen zu treffen.

Robert Kufner, Geschäftsführer, robertkufner.de

»Wir befinden uns in sehr brüchigen Zeiten. Die Pandemie war eine der härtesten Prüfungen in meinem Leben. Eine nicht selbst motivierte Veränderung, aus der sich mein Leben neu ordnete. Im Rückblick habe ich für mich sehr viel gelernt. Ich durfte nicht nur meine eigenen Erfahrungen machen, sondern auch so viel mehr über unsere Gesellschaft lernen und die weltweite Interaktion im Umgang mit extremen Krisen beobachten. Wir wurden alle auf die Probe gestellt, unsere Change-Kompetenz auszubauen.«

Beide Konzepte – VUKA und BANI – ergänzen sich in dem Sinne, dass sie unterschiedliche Aspekte desselben Phänomens beleuchten: eine Welt im Wandel, die von Disruptionen und Unvorhersehbarkeit geprägt ist.

Während VUKA hilft, eine unsichere und komplexe Welt zu verstehen, zielt BANI darauf ab, eine Welt zu beschreiben, in der traditionelle Formen der Problemlösung und des Krisenmanagements oft versagen. BANI betont die Notwendigkeit, resiliente Strukturen zu schaffen, die unvorhersehbare Störungen aushalten können.5

RAATRAAT, DefinitionWelche Werkzeuge braucht es nun konkret, damit sowohl Unternehmen als auch Individuen den Herausforderungen in Zeiten des Wandels, wie in VUKA und BANI dargestellt, gewachsen sind? Um in einer derart geprägten Welt effektiv zu navigieren, müssen Organisationen und Individuen flexible, resiliente und adaptive Strategien entwickeln. Dazu gehört es, robuste Systeme zu schaffen, die auch unter Druck ­funktionsfähig bleiben, kontinuierliche Lern- und Anpassungsprozesse zu fördern, kreative Problemlösungsansätze zu suchen und ein tiefes Verständnis für die vielschichtigen globalen Interdependenzen zu entwickeln. Die Antwort auf VUKA und BANI lautet RAAT6:

Resilienz (Resilience): Die Fähigkeit, sich von Rückschlägen zu erholen und trotz widriger Umstände weiterzumachen. In einem organisatorischen Kontext bedeutet das, Systeme und Prozesse zu entwickeln, die in der Lage sind, Störungen zu widerstehen bzw. sich von ihnen zu erholen.

Achtsamkeit (Awareness/Mindfulness): Achtsamkeit umfasst das bewusste Wahrnehmen der gegenwärtigen Situation und das Vermeiden von vorschnellen Urteilen. Achtsamkeit hilft Einzelpersonen und Organisationen, klarer zu denken und emotionale Intelligenz in Entscheidungsprozesse zu integrieren.

Adaption (Adaptability): Die Fähigkeit, sich schnell an veränderte Umstände anzupassen, ist entscheidend in einer schnelllebigen Welt. Dies kann bedeuten, Innovationsprozesse zu beschleunigen, neue Technologien einzusetzen oder Organisationsstrukturen flexibel zu gestalten.

Transparenz (Transparency): Offene Kommunikation und Klarheit in Prozessen und Entscheidungen sind von hoher Bedeutung, um Vertrauen innerhalb und außerhalb einer Organisation zu schaffen. Transparenz ist besonders wichtig, wenn es darum geht, wie mit Informationen umgegangen und Entscheidungen getroffen werden.

Silvia Kohlberger und Stefan Detzel, Geschäftsführer und Gesellschafter der 10k Beratung GmbH

»Die aktuellen Krisen nehmen zu und könnten in Zukunft weitere Lebens- und Themenbereiche betreffen. Die Auswirkungen auf die Menschen und deren Reaktionen würden dadurch intensiver werden. Wenn sich die Situation nicht verbessert, besteht die Gefahr, dass wir wertvolle Ressourcen und Errungenschaften verlieren. Oftmals sind Menschen zu Veränderungen erst in schwierigen Zeiten bereit. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass wir einen solchen Wendepunkt erreichen, und ich hoffe, dass dies zu einem neuen Aufschwung führen kann. Gleichzeitig wünsche ich mir, dass dieser Wendepunkt nicht zu tiefgreifend ist.«

Die nachfolgende Abbildung zeigt auf der linken Seite VUKA, dann die Weiterentwicklung zu BANI und RAAT als Lösungsansatz für BANI und VUKA.

VUKA, BANI und RAAT (eigene Darstellung)

2 Gläser, Waltraud (o. J.): Where does the term »Vuca« come from? https://www.vuca-world.org/where-does-the-term-vuca-come-from/, letzter Abruf am 11.08.2024.

3 Mattenberger, Matthias M. (2024): Was bedeutet BANI? Erklärung und Einblicke von der HWZ. https://fh-hwz.ch/news/was-bedeutet-bani, letzter Abruf am 11.08.2024.

4 HR HEUTE-Redaktion (2022): VUCA war gestern, die Zukunft ist BANI. https://www.hr-heute.com/magazin/vuca-war-gestern-die-zukunft-ist-bani-hr-heute, letzter Abruf am 11.08.2024.

5 Stöttinger, Barbara (2022): BANI vs VUCA: How leadership works in the world of tomorrow. https://executiveacademy.at/en/news/detail/bani-vs-vuca-how-leadership-works-in-the-world-of-tomorrow, letzter Abruf am 17.08.2024.

6 HR HEUTE-Redaktion (2022): VUCA war gestern, die Zukunft ist BANI. https://www.hr-heute.com/magazin/vuca-war-gestern-die-zukunft-ist-bani-hr-heute, letzter Abruf am 11.08.2024.

1.2 Polykrise: Was ist das?

PolykrisePolykrise, DefinitionEs sieht so aus, als ob Polykrisen zu einer Welt führen, die durch VUKA und BANI geprägt ist. Edgar Morin und Anne Brigitte Kern prägten den Begriff »Polykrise« vor über zwei Jahrzehnten.7 Sie argumentierten, dass das »wichtigste« Problem der heutigen Zeit nicht eine einzelne Bedrohung sei, sondern die vielschichtige Interdependenz von Problemen, Antagonismen, Krisen, unkontrollierbaren Prozessen und der allgemeinen Krise der Welt. Diese Merkmale fassten sie im Begriff »Polykrise« zusammen.

In den 2010er-Jahren übernahmen europäische Wissenschaftlerinnen und führende Politiker (insbesondere der damalige Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker) den Begriff, um die gleichzeitigen Migrations-, Finanz- und Brexit-­Krise zu adressieren, die Europa heimsuchte.

In den Monaten nach der Invasion Russlands in die Ukraine im Februar 2022 verwendeten Adam Tooze von der Columbia University und Forschende des kanadischen Cascade Institute den Begriff »Polykrise«, um die komplexen Interdependenzen zwischen den Auswirkungen des Krieges, des Klimawandels und der Pandemie zu ­charakterisieren. Sie zeigten die kausalen Verbindungen zwischen diesen Krisen auf und untersuchten die wesentlichen Merkmale der gegenwärtigen globalen Polykrise.8

Das wesentliche Kennzeichen heutiger Krisen ist, dass sie miteinander verflochten sind. Eine Krise scheint oft eine andere auszulösen oder zu verschlimmern, die dann wiederum eine weitere Krise auslöst oder verschlimmert. Interagierende Krisen können Auswirkungen haben, die sowohl anders als auch gravierender sind als die Schäden, die die Krisen einzeln verursacht hätten. Daraus folgt, dass die miteinander verbundenen Krisen der Welt als Ganzes verstanden und angegangen werden müssen.9

Liegt eine Polykrise vor, dann kann sich die Störung des ursprünglichen Systems über die Grenzen dieses Systems hinaus ausbreiten und andere Systeme stören. Eine Polykrise kann lokal, national, regional oder global auftreten.

Auslöser sind schnell ablaufende Ereignisse (z. B. ein Attentat, eine große Insolvenz oder ein verheerender Sturm), die innerhalb von Sekunden oder auch innerhalb von Wochen mit einem oder mehreren Stressfaktoren interagieren und damit ein System aus seinem Gleichgewicht bringen und in eine Krise stürzen. Die Auslöser tendieren dazu, lokal und stochastisch (= vom Zufall abhängig) in ihrer Natur zu sein, weshalb sie in Bezug auf Zeitpunkt und Ort ihres Auftretens im Allgemeinen nicht vorhersehbar sind – sie haben aber globale systemische Konsequenzen.

Polykrise, exogene AuslöserExogene Auslöser, die von einem System erzeugt werden, können als Auslöser in einem anderen System wirken. Wenn die Zentralbank zum Beispiel die Geldmenge erhöht, indem sie mehr Geld druckt, ist dies ein exogener Auslöser. Dies kann zu Inflation führen, da mehr Geld im Umlauf ist. Inflation kann wiederum dazu führen, dass die Preise für Güter und Dienstleistungen steigen. Wenn die Kaufkraft der Menschen mit der Inflation nicht Schritt hält, kann dies die Lebenshaltungskosten erhöhen und die finanzielle Situation verschlechtern.

Polykrise, stochastische AuslöserManchmal ist das Gleichgewicht eines Systems so gestresst, dass ein scheinbar zufälliges Ereignis (stochastischer Auslöser) ausreicht, um das System in eine Krise zu stürzen. Zum Beispiel löste die Selbstverbrennung eines Obstverkäufers in Sidi Bouzid, Tunesien, die Revolutionen des Arabischen Frühlings aus, die letztlich die Politik des Nahen Ostens veränderten.

Polykrise, exogene Schocksexogene Schocks, Auslöserexogene Schocks, BeispieleAuslöser werden oft als exogene Schocks erlebt. Das sind plötzliche, unvorhergesehene Ereignisse oder Entwicklungen, die von außen auf ein System einwirken und erhebliche Auswirkungen haben können. Sie betreffen unterschiedliche Bereiche, darunter menschliche Gesellschaften, die natürliche Umwelt und technologische Systeme. Die Auslöser können natürlichen Ursprungs sein oder werden durch menschliches Handeln verursacht.

Auslöser von Polykrisen

Hier einige Beispiele:

Mensch: Exogene Schocks, die Menschen betreffen, können sozioökonomische Krisen, politische Unruhen, Pandemien oder Kriege umfassen. Sie haben weitreichende Auswirkungen auf Gesellschaften und Einzelpersonen. Beispiele für auslösende Ereignisse sind Phänomene wie politische Aufstände, Preisspitzen bei wichtigen Gütern und Dienstleistungen, große Unternehmensinsolvenzen, der Verlust von Schlüsselarten in bestimmten Ökosystemen.

Natur: Exogene Schocks in der Natur umfassen Naturkatastrophen wie Erdbeben, Tsunamis, Vulkanausbrüche, Hurrikane und Überschwemmungen.10 Man denke zum Beispiel an die Überschwemmungen im Ahrtal 2021, den Hurrikan Katrina in den USA 200511 oder den Tsunami in Thailand 2004. Auch der zufällige Blitzschlag, der nach monatelanger Dürre (Stressfaktor) einen Waldbrand entzündet, ist ein Auslöser.

Technik: Exogene Schocks im Bereich der Technik beziehen sich auf plötzliche und unerwartete technologische Ausfälle oder Cyberangriffe, die erhebliche Auswirkungen auf Infrastruktur, Daten und Sicherheit haben können. Beispiele sind der WannaCry-Ransomware-Angriff 201712 oder der Ausfall der Amazon Web ­Services (AWS) im Jahr 202013.

Polykrise, betroffene SystemeFür das Verständnis und die Analyse von Polykrisen sind acht globale, eng miteinander verbundene Systeme wesentlich:14

Acht eng verbundene globale Systeme, die bei Poykrisen betroffen sind

Gesundheit (Health): Umfasst alle Aspekte der öffentlichen Gesundheit einschließlich der Gesundheitsversorgungssysteme, Krankheitsprävention, Pandemien und allgemeine Gesundheitsbedingungen der Bevölkerung. Gesundheitskrisen, wie z. B. Pandemien, können globale Auswirkungen haben und andere Systeme beeinträchtigen.

Wirtschaft (Economy): Bezieht sich auf die globalen Finanzmärkte, den Handel, die Produktion und den Konsum von Gütern und Dienstleistungen. Wirtschaftliche Instabilitäten oder Finanzkrisen können weitreichende Auswirkungen auf andere Systeme haben.

Soziale Ordnung und Governance (Social Order and Governance): Umfasst politische Institutionen, die Regierung, soziale Strukturen und die Aufrechterhaltung von Recht und Ordnung. Politische Instabilität, Korruption oder soziale Unruhen können andere Systeme destabilisieren.

Ernährung (Food): Bezieht sich auf die Produktion, Verteilung und Sicherheit von Lebensmitteln. Lebensmittelkrisen können durch Umweltveränderungen, politische Konflikte oder wirtschaftliche Probleme verschärft werden und haben direkten Einfluss auf die menschliche Gesundheit und soziale Stabilität.

Internationale Sicherheit (International Security): Umfasst militärische Konflikte, Terrorismus und Sicherheitsbedrohungen auf globaler Ebene. Sicherheitskrisen können die Stabilität aller anderen Systeme beeinträchtigen und zu globalen Spannungen führen.

Energie (Energy): Bezieht sich auf die Produktion, Verteilung und Nutzung von Energiequellen. Energiesysteme sind entscheidend für die Funktion der modernen Gesellschaft und Wirtschaft. Energiekrisen können weitreichende Auswirkungen auf alle anderen Systeme haben.

Umwelt (Environment): Umfasst natürliche Systeme wie Klima, Biodiversität und Ökosysteme, die durch menschliche Aktivitäten beeinflusst werden. Umweltveränderungen und -krisen können globale Auswirkungen auf Gesundheit, Ernährung, Wirtschaft und Sicherheit haben.

Transport und Kommunikation (Transport & Communication): Bezieht sich auf die Infrastruktur und Systeme für den Transport von Menschen und Gütern sowie die Kommunikationsnetze. Ausfälle oder Störungen in diesen Systemen können Kettenreaktionen in anderen Systemen auslösen.

Polykrise, Veränderungen in den SystemenViele dieser globalen Systeme durchlaufen derzeit radikale Veränderungen. Die Simultaneität dieser Veränderungen ist wahrscheinlich kein Zufall. Sie deutet darauf hin, dass gemeinsame Belastungen gleichzeitig zwangsläufig Veränderungen im zugrunde liegenden Systemverhalten verursachen, was zumindest teilweise die Beschleunigung, und gegenseitige Verstärkung der heutigen globalen Krisen erklären könnte. Die Veränderungen in den globalen Systemen können wie folgt charakterisiert werden15:

Das Umweltsystem verlässt sein Gleichgewicht und tritt aufgrund von Störungen des Klimas und anderer physischer und ökologischer Systeme in eine Instabilitätsphase ein. Diese Instabilität verursacht bereits heute enormen menschlichen Schaden.

Das globale Energiesystem beginnt sich von seiner Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu lösen. Ob dieser Wandel in einem neuen Null-Kohlenstoff-Energie-Gleichgewicht gipfeln wird, ist ungewiss: Technologische Engpässe und der Widerstand etablierter Akteure könnten den Fortschritt blockieren. Auch die wirtschaftlichen Vorteile des Wandels sind ungewiss: Er könnte die Menschheit letztlich zwingen, ihren Energieverbrauch pro Kopf zu senken.

Das internationale Sicherheitssystem wandelt sich von einer Weltordnung, die auf amerikanischer Führung basierte (»Pax Americana«), hin zu einer unsicheren und wahrscheinlich weniger stabilen multipolaren Ordnung, die durch den Aufstieg Chinas und die Diffusion von Macht auf eine größere Anzahl von Akteuren geprägt ist. Historisch gesehen wurden solche Übergänge häufig von großen Kriegen begleitet.

Das globale Wirtschaftssystem verschiebt sich von einem neoliberalen Wirtschaftsregime, das sich selbst aufgrund zunehmender Instabilität und Ungleichheit untergräbt, hin zu einem noch unbestimmten System, das möglicherweise eine verstärkte staatliche Lenkung beinhaltet.

Das Informationssystem wird durch künstliche Intelligenz revolutioniert – mit unklaren, aber wahrscheinlich beispiellosen Auswirkungen auf Beschäftigung, Entscheidungsfindung sowie auf die persönliche, nationale und globale Sicherheit.

Die Gleichzeitigkeit radikaler Veränderungen in diesen Systemen entsteht wahrscheinlich in erheblichem Maße aus ihrer gegenseitigen Abhängigkeit. Polykrise, TransformationTransformation, PolykriseInsgesamt sind die Polykrisen sowohl Treiber als auch Beschleuniger von Transformationen.

Polykrisen als Treiber und Beschleuniger von Transformationen

1.2.1 Die aktuelle Polykrise

Polykrise, aktuelleDie derzeitige globale Polykrise, die sich zunehmend verschlimmert, setzt sich aus folgenden Einzelkrisen zusammen:

anhaltende gesundheitliche, soziale und wirtschaftliche Auswirkungen der Covid-19-Pandemie

Stagflation, also die anhaltende Kombination aus Inflation und geringem Wachstum

Volatilität auf den globalen Lebensmittel- und Energiemärkten

geopolitische Konflikte, insbesondere zwischen selbstbewussten autoritären Regimen und dem demokratischen Westen

politische Instabilität und zivile Unruhen in reichen und armen Ländern aufgrund wirtschaftlicher Unsicherheit

ideologischer Extremismus, politische Polarisierung und abnehmende institutionelle Legitimität16

zunehmend häufigere und verheerendere Wetterereignisse, die durch die Klimaerwärmung verursacht werden

Dr. Viktoria Danzer, Partnerin bei der Roland Berger Unternehmensberatung

»Es gibt keine lokalen Krisen mehr. Eine Naturkatastrophe, ein politischer Zusammenbruch, ein Krieg haben unmittelbaren Einfluss auf die Märkte und unsere Versorgung in einer globalisierten Welt. Damit kann sich niemand mehr ›sicher‹ fühlen. Lösungen gibt es auch nicht – sei es beim Klimawandel, dem Erstarken autoritärer Systeme, dem Umgang mit Technologien oder anderen Herausforderungen. Es gibt viele Lösungsansätze – die sind aber alle nur teilweise umsetzbar und stets komplex. Das schreckt viele Menschen ab.«

Polykrise, vergangeneDie oben genannten Krisen zerstören weltweit Lebensgrundlagen und Leben und verdüstern zweifellos die Zukunftsaussichten der Menschheit. Die aktuelle Polykrise ist nicht die erste der Menschheit. In den letzten fünfzig Jahren haben wir mindestens zwei weitere erlebt:

Polykrisen seit 1970 (eigene Darstellung)

Polykrise, ÖlkriseÖlkriseDie Ölkrisen der 1970er-Jahre entstanden aus Konflikten im Nahen Osten und führten zu schweren internationalen Energieengpässen, die zur Stagflation in der Weltwirtschaft beitrugen und mit dieser interagierten.

Polykrise, FinanzkriseFinanzkriseDie globale Finanzkrise von 2008/2009 entstand durch das Zusammenwirken mehrerer langsamer Prozesse, darunter der wachsende weltweite Handel mit undurchsichtigen Finanzinstrumenten, die durch überbewertete Immobilienmärkte unterlegt waren, und die zunehmenden Abhängigkeiten in den Bilanzen großer Finanzinstitute aufgrund von Kreuzbeteiligungen an diesen Instrumenten. Der Zusammenbruch von Lehman Brothers war der Auslöser, der eine Kaskade von Zahlungsausfällen auslöste. Die Krise endete, als die Zentralbanken große Geschäftsbanken vor dem Zahlungsausfall retteten, die Zinssätze drastisch senkten und beispiellose Mengen an Liquidität in die nationalen Volkswirtschaften pumpten. Das globale Wirtschaftssystem pendelte sich in ein neues inflationsminderndes Gleichgewicht mit schwacher Nachfrage, geringem Wachstum und außergewöhnlich niedrigen Zinssätzen ein, das bis zur Covid-19-Pandemie anhielt.

Während dieser gesamten Periode und bis heute hat die globale Wirtschaft weiterhin zusätzliche starke Belastungen erlebt. Die globale Finanzkrise von 2008/2009 überschnitt sich mit Ölversorgungsengpässen und langfristigen Belastungen in der Lebensmittelproduktion, was weltweit zu einer Kette von Insolvenzen, steigenden Lebensmittelpreisen und politischen Unruhen führte.

Eine Krise endet, wenn das System wieder ins Gleichgewicht kommt. Entweder erlangt das System wieder seinen ursprünglichen Zustand oder es erreicht einen neuen. Idealerweise endet eine Krise damit, dass das System in einen Zustand gelangt, der vorteilhaftes Systemverhalten verstärkt und das ausreichend stabil ist, um eine weitere Krise zu verhindern. Das System kann sich jedoch in ein schädliches und ­unerwünschtes verwandeln, geprägt von wirtschaftlicher Not und politischer Unterdrückung.

Weert Jacobsen Kramer, Inhaber von TEAMTHINK International Business Consulting

»Die größte Herausforderung für Europa ist der Wechsel von einer unipolaren Welt unter der Führung der USA zu einer multipolaren Welt unter der Führung Chinas. Diese tektonische Machtverschiebung wird nicht ohne schwere Krisen in Europa, insbesondere Deutschland, bleiben. Unternehmen in Deutschland werden immer wieder vor große Herausforderungen gestellt werden. Sie brauchen daher eine intakte und stabile Führungskultur, die konsequent auf kontinuierliche Verbesserung der Produktivität und Reduzierung von Kosten ausgerichtet ist, um mit entsprechender Liquidität wichtige Investitionen in die Produktentwicklung tätigen zu können.

Die Geschwindigkeit der Veränderung wird viele Arbeitnehmer und Unternehmer überraschen. Der Aufstieg Asiens und der gleichzeitige Abstieg Europas ist für viele Menschen unvorstellbar, weil sich der Wandel seit Jahrzehnten zunächst kaum merklich vollzieht und Europa noch von seinem sozioökonomischen Kapital profitiert.

Wir werden in den nächsten fünf Jahren den Kipppunkt dieser Entwicklung in Europa erleben, was zu großen politischen Veränderungen führen wird. Es wird für die Anhänger der Wohlstandsgesellschaften ein hartes Erwachen geben, wenn sie feststellen, dass einzig Produktivität, Kostenvorteile, Lieferperformance und Qualität maßgeblich sind für den Erhalt des Wohlstands. Dafür braucht es leistungsfähige und leistungsorientierte Mitarbeiter, die durch entsprechende gute Führung auf dieses Niveau gebracht werden können und müssen.«

1.2.2 Unterschiede zu früheren Polykrisen

Polykrise, aktuelleDie aktuelle Polykrise ist in entscheidenden Punkten beispiellos und unterscheidet sich erheblich von den vorangegangenen. Die Welt ist heute viel stärker vernetzt als während der OPEC-Ölschocks. Zwischen 1980 und 2020 stieg der Luftfrachtverkehr um das Sechsfache auf 180 Milliarden Tonnenkilometer pro Jahr17, die Zahl der Flugpassagiere verdreifachte sich fast auf 1,8 Milliarden jährlich und 60 Prozent der Weltbevölkerung nutzt mittlerweile das Internet. Gleichzeitig stieg der Gesamtwert des Welthandels mit Waren zwischen 1980 und 2022 auf fast 25 Billionen US-Dollar jährlich (zu aktuellen Preisen). Zusammengefasst steht die vernetzte Architektur unserer globalen Systeme im Zentrum der aktuellen Polykrise, da sie Risiken wie Finanzkrisen, Pandemien oder wirtschaftliche Ungleichheit verschärft.

Silke Diedrichs, Produktmanagerin Leadership & Management, Haufe Akademie18

»Unser unmittelbares Umfeld, also Mittel- und Westeuropa, hat in den letzten sechzig Jahren eine vergleichsweise stabile Situation erlebt. Derweil ist allerdings der Komplexitätslevel in Gesellschaft und Beruf immer weiter gestiegen. Manche der sogenannten Krisen haben sich lange vorher angekündigt, andere sind neu dazugekommen – und wir erleben meines Erachtens auch hier, dass die Mehrheit der Menschen sich erst in Bewegung setzt, wenn es wirklich sein muss. Die Trägheit der Masse erlebt jeder Einzelne und damit die Gesellschaft im Ganzen.«

Die gegenwärtige Polykrise ist auch in einem zweiten Punkt beispiellos. Der menschliche Ressourcenverbrauch und die Umweltverschmutzung treiben die physischen und ökologischen Systeme der Erde weit aus ihren früheren Gleichgewichten und gefährden die Stabilität vieler anderer Systeme, die für das menschliche Wohlbefinden entscheidend sind – von der Nahrungsmittelproduktion bis zur internationalen Sicherheit. Zum Beispiel haben unsere Treibhausgasemissionen ein Energieungleichgewicht an der Erdoberfläche geschaffen (mehr Wärme kommt aus dem Weltraum herein als hinausgeht) von etwa 1,36 Watt pro Quadratmeter. Diese zusätzliche Wärmeenergie produziert zunehmend extreme Stürme, Überschwemmungen, Hitzewellen und Dürren, die Milliarden von Menschen betreffen und klimabedingte Fluchtbewegungen, soziale Instabilität und Konflikte verschärfen. Auch in Deutschland erleben wir in den letzten Jahren immer extremere Wetterlagen. Da Ausbrüche von Krankheiten durch die Klimaerwärmung wahrscheinlicher werden, sind zwei auf den ersten Blick getrennte Krisen – Pandemien und katastrophales Wetter – zunehmend miteinander verflochten.

Polykrise, InterdependenzenDie Interdependenz zum Beispiel zwischen Umweltzerstörung, sozioökonomischen Spannungen und politischer Instabilität erzeugt eine komplexe Dynamik, die traditionelle Ansätze des Krisenmanagements herausfordert. Ihre spezifischen Auswirkungen je nach Region und Gemeinschaft sind unterschiedlich. Die Diskrepanz zwischen globaler Verflechtung und lokalen Auswirkungen erfordert differenzierte und angepasste Lösungsansätze, die sowohl lokale Besonderheiten berücksichtigen als auch globale Zusammenhänge im Auge behalten.

Interdependenzen machen es schwierig, einzelne Ursachen und Auswirkungen zu isolieren und anzugehen, da Maßnahmen in einem Bereich unvorhergesehene Folgen in anderen Bereichen haben können. Beispielsweise kann der Klimawandel ­sozioökonomische Probleme verschärfen, was wiederum politische Instabilität begünstigen kann.

Die gegenwärtige geopolitische Landschaft ist durch den Übergang von einer unipolaren zu einer multipolaren Weltordnung gekennzeichnet, in der mehrere Großmächte (z. B. USA, China, EU, Russland) um Einfluss konkurrieren und in der sich neue Allianzen bilden (z. B. BRICS-Staaten), während alte Allianzen gleichzeitig an Boden verlieren. Diese Multipolarität führt zu einer komplexeren und oft weniger vorhersehbaren internationalen Politik im Vergleich zu früheren Phasen, in denen eine oder zwei Supermächte dominierten.

Die Geschwindigkeit, mit der sich Veränderungen heute vollziehen, ist in der Geschichte beispiellos. Der technologische Fortschritt, insbesondere im Bereich der Digitalisierung und der Kommunikationstechnologien, ermöglicht eine nahezu sofortige globale Verbreitung von Informationen, Gütern und Dienstleistungen. Diese Beschleunigung wirkt sich auch auf die Geschwindigkeit aus, mit der Krisen entstehen und sich ausbreiten können. Die rasante technologische Entwicklung bietet große Chancen für Innovationen und Effizienzsteigerungen, wirft aber auch neue ethische, soziale und wirtschaftliche Fragen auf, die in dieser Form noch nie aufgetreten sind.

Heike Aiello, Inhaberin von coreconnect.today

»Das Ausmaß und die Geschwindigkeit der heutigen Krisen sind schwindelerregend. Globalisierung und Digitalisierung beschleunigen einerseits sowohl die Verbreitung von Krisen als auch die Möglichkeiten zur Zusammenarbeit und Problemlösung. Im Vergleich zu früheren Epochen sind wir heute auch besser vernetzt und haben Zugang zu mehr Informationen, was sowohl eine Chance als auch eine Herausforderung darstellt.«

Dr. Jürgen Lieske, Inhaber von Smooth Exit Consulting

»Für mich sind die aktuellen Krisen um uns herum Teil einer der ganz großen Veränderungsbewegungen der Menschheitsgeschichte, mindestens so wie Völkerwanderung und Renaissance/Neuzeit. Auf allen Ebenen disruptiv und mit hoher Geschwindigkeit: Wirtschaft, Politik, Gesellschaft, Spirituell & Neues systemisches Denken. Ich glaube, dass die Welt in fünf, spätestens zehn Jahren ganz anders aussehen wird, als wie wir sie uns aktuell vorstellen und erträumen können – positiv UND negativ. Die fehlende Vorstellungskraft und die Geschwindigkeit sind der Stressfaktor für die meisten Menschen.«

Alte Strategien funktionieren nicht mehr, neue Ansätze sind erforderlich. In Zeiten von Polykrisen müssen traditionelle Change-Strategien überdacht und an neue Realitäten angepasst werden. Die Schnelligkeit, das Ausmaß und die Wechselwirkungen der aktuellen Krisen erfordern ein hohes Maß an Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Systeme.

Ziel ist es, schnell und effektiv auf veränderte Bedingungen reagieren zu können. Die Fähigkeit zur raschen Anpassung und zur Kooperation über geografische und sektorale Grenzen hinweg wird zunehmend zu einem entscheidenden Faktor, um den Herausforderungen der modernen Welt zu begegnen

1.2.3 Die derzeitige Polykrise als Dominodiagramm

Polykrise, DominodiagrammMithilfe eines Dominodiagramms lassen sich die Wechselbeziehungen zwischen Systemen in der Krise darstellen. Dominodiagramme bestehen aus Elementen (Formen, die Stressfaktoren, Auslöser und Krisen darstellen) und Verbindungen (Pfeile, die kausale Beziehungen zwischen diesen Elementen darstellen). Die Elemente (d. h. die ­beschrifteten Formen) in Polykrisen-Diagrammen repräsentieren »Ereignisse« innerhalb eines globalen Systems. Die Form identifiziert ein Ereignis als Stress, Auslöser oder Krise.

Elemente im Dominodiagramm in Anlehnung an M. Lawrence et al. (2024): Global Poycrisis

Das nachfolgende Dominodiagramm19 stellt eine kausale Zeitleiste der Wechselwirkungen zwischen dem Klimawandel, der COVID-19-Pandemie und dem Russland-­Ukraine-Krieg sowie deren Folgeeffekten dar.

Kausale Zusammenhänge der Wechselwirkungen zwischen dem Klimawandel, der Covid-19-Pandemie und dem Russland-Ukraine-Krieg sowie deren Folgeeffekten, in Anlehnung an M. Lawrence et al. (2024): Global Poycrisis

Oben links in der Grafik ist zu sehen, dass häufigere Kontakte zwischen Menschen und Tieren (ein Stressfaktor) eine Virusübertragung (Auslöser) erzeugten, die in Wechselwirkung mit schnellen globalen Transportströmen (ein weiterer Stressfaktor) die Covid-19-Pandemie (Krise) verursachte. Diese interagierte mit mehreren wirtschaftlichen Stressfaktoren und verursachte akute Störungen der Lieferketten (Auslöserereignisse), die zu einer globalen Inflation (einer Wirtschaftskrise) führten. Diese könnte in Zukunft kritische Bankenausfälle (Auslöserereignisse) erzeugen und somit eine globale Finanzkrise auslösen. Außerdem zeigt die Grafik, wie der Ukraine-Russland-Krieg (eine Krise) mit den akuten Störungen der Lieferketten (Auslöser) und Rohstoffengpässen (ein Stressfaktor) interagierte und zur Krise der globalen Inflation beitrug. Und sie zeigt, wie die Klimaerwärmung (ein Stressfaktor) extreme Wetterereignisse (Auslöser) erzeugt, die die Rohstoffengpässe weiter verschärfen. Die Klimaerwärmung und extreme Wetterereignisse könnten in naher Zukunft zu Missernten und einem Schock bei den Lebensmittelpreisen führen, der eine Hungersnot auslöst. In Kombination mit einer globalen Finanzkrise könnte dies die Kapazitäten schwacher und armer Staaten schnell reduzieren und zivile Unruhen auslösen.

7 Häckermann, Andreas/Ettrich, Frank (2023): Soziologie in Zeiten der Polykrise | Berliner Journal für Soziologie. https://link.springer.com/article/10.1007/s11609-023-00509-w, letzter Abruf am 11.08.2024.

8 Lawrence, M./Homer-Dixon, T./Janzwood, S./Rockstöm, J./Renn, O./Donges, J. F. (2024). Global polycrisis: the causal mechanisms of crisis entanglement. Global Sustainability 7, e6, S. 1–16. https://doi.org/10.1017/sus.2024.1.

9 Lawrence, M./Homer-Dixon, T./Janzwood, S./Rockstöm J./Renn, O./Donges, J. F. (2024). Global polycrisis: the causal mechanisms of crisis entanglement. Global Sustainability 7, e6, S. 1–16. https://doi.org/10.1017/sus.2024.1.

10 USGS (o. J.): Science for a changing world. https://www.usgs.gov/natural-hazards/earthquake-hazards, letzter Abruf am 02.09.2024.

11 Knabb, Richard D./Rhome, Jamie R./Brown, Daniel P. (2023): Tropical Cyclone Report Hurricane Katrina 23-30 August 2005. https://www.nhc.noaa.gov/data/tcr/AL122005_Katrina.pdf, letzter Abruf am 02.09.2024.

12 WannaCry beeinträchtigte weltweit Hunderttausende von Computern und betraf kritische Infrastrukturen wie Krankenhäuser und Unternehmen.

13 Der Ausfall von Cloud-Diensten oder großen Netzwerken, wie der Ausfall von Amazon Web Services (AWS) im Jahr 2020, kann weitreichende wirtschaftliche und operationelle Auswirkungen haben.

14 Lawrence, M./Homer-Dixon, T./Janzwood, S./Rockstöm J./Renn, O./Donges, J. F. (2024). Global polycrisis: the causal mechanisms of crisis entanglement. Global Sustainability 7, e6, S. 1–16. https://doi.org/10.1017/sus.2024.1 sowie Lawrence, Michael/Shipman, Megan/Homer-Dixon, Thomas (2024): Introduction to Polycrisis Analysis: A guide to the Cascade Institute’s Approach. https://cascadeinstitute.org/wp-content/uploads/2024/04/Introduction-to-Polycrisis-Analysis-Guide.pdf, letzter Abruf am 09.09.2024.

15 Lawrence, M./Homer-Dixon, T./Janzwood, S./Rockstöm J./Renn, O./Donges, J. F. (2024). Global polycrisis: the causal mechanisms of crisis entanglement. Global Sustainability 7, e6, S. 1–16. https://doi.org/10.1017/sus.2024.1, S. 9.

16 Ein Beispiel für aktuellen ideologischen Extremismus ist der Anstieg rechtsextremer Bewegungen in vielen westlichen Ländern. Diese Gruppen propagieren oft fremdenfeindliche, rassistische und nationalistische Ideologien und haben in den letzten Jahren an Zulauf gewonnen. Die politische Polarisierung in den Vereinigten Staaten ist ein weiteres aktuelles Beispiel. Die Kluft zwischen den Anhängern der demokratischen und der republikanischen Partei hat in den letzten Jahren dramatisch zugenommen.

17 Lawrence, M./Homer-Dixon, T./Janzwood, S./Rockstöm J./Renn, O./Donges, J. F. (2024). Global polycrisis: the causal mechanisms of crisis entanglement. Global Sustainability 7, e6, S. 1–16. https://doi.org/10.1017/sus.2024.1.

18 Eine Marke der Haufe Group

19 Eigene Darstellung in Anlehnung an Lawrence, M./Homer-Dixon, T./Janzwood, S./Rockstöm J./Renn, O./Donges, J. F. (2024). Global polycrisis: the causal mechanisms of crisis entanglement. Global Sustainability 7, e6, S. 1–16. https://doi.org/10.1017/sus.2024.1.

1.3 Das Spannungsdreieck der Veränderung

Spannungsdreieck der VeränderungVeränderungsdruckVeränderungsmüdigkeitIn einer Welt, die sich ständig und rapide wandelt, stehen wir vor einer besonderen Herausforderung: dem Spannungsverhältnis zwischen einem steigenden Veränderungsdruck und einer weitverbreiteten Veränderungsmüdigkeit. Eines steht fest: Die Einzelkrisen verstärken sich gegenseitig, sie brauen sich wie ein Sturm zusammen, der immer näher kommt. Die Geschwindigkeit ist rasant, der Wandel beschleunigt sich.

Markus Nonnast, Inhaber von Nonnast & Kollegen, Personal- und Organisationsentwicklung

»Diese Krisen entwickeln sich aus meiner Sicht als Zusammenspiel beschleunigter Prozesse, die längst in Gang gesetzt wurden und deren Dynamik wir nun kaum mehr kontrollieren können. Vermutlich werden uns diese Krisen an einen Punkt bringen, an dem die bestehenden Systeme ihre Grenzen erreichen und etwas grundsätzlich anderes erforderlich wird. Was das ist, kann ich nur erahnen. Das kann sowohl im sozialen, ökonomischen als auch im ökologischen Bereich ­geschehen.«

StapelkriseAuf der einen Seite jagt eine Krise die nächste, wie wir im vorherigen Kapitel gelesen haben. Gestern war es noch die Coronapandemie, die zwar vorbei ist, aber immer noch nachwirkt. Dann ist es der Ukraine-Krieg sowie der Nahostkonflikt, der uns zum Nachdenken bringt – von den Dauerthemen Klima- oder Wirtschaftskrise gar nicht zu sprechen. Die Krisen stapeln sich quasi übereinander.20 Der Veränderungsdruck ist längst spürbar und macht nicht vor der eigenen Haustür halt. Und dennoch hält sich hartnäckig die Tendenz des Menschen, »nicht aus der eigenen Blase« herauszuschauen und damit nicht zu erkennen, was sich da gerade über unseren Köpfen zusammenbraut. Wir sind so sehr damit beschäftigt, den eigenen beruflichen und privaten Alltag zu meistern, dass wir uns nicht die Zeit nehmen wollen oder können, um genauer hinzuschauen, zu analysieren, uns zu engagieren oder mutig voranzuschreiten. Agieren wir nicht, weil wir an vielen Stellen nicht direkt betroffen sind? Oder entsteht der Eindruck, dass die Bedrohung ganz weit weg ist und kein Handlungsbedarf besteht, der uns dazu bewegt, die Komfortzone zu verlassen? Oder handeln wir nicht, weil wir keinen Nutzen darin für uns sehen? Oder halten wir ganz einfach still und schauen weg, um uns selbst zu schützen, weil wir glauben, dem Ganzen nicht gewachsen zu sein?

Silke Diedrichs, Produktmanagerin Leadership & Management, Haufe Akademie21

»In dieser Zeit der Polykrisen ist meines Erachtens immer noch der Mensch für sich selbst die größte Herausforderung. Die persönliche Komfortzone zu verlassen und mit all den Veränderungen nicht nur in der Arbeitswelt, sondern auch im persönlichen Umfeld umzugehen, verlangt von jedem Einzelnen zu wachsen.«