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Umjubelt, geliebt und weltberühmt - das ist der gut aussehende und sehr charmante Pianist Manuel Scholl, der auf den größten Bühnen dieser Welt zu Hause ist. Seit über dreizehn Jahren an seiner Seite ist die schöne Ines, die Liebe seines Lebens.
Er weiß, dass Ines an seiner Karriere großen Anteil hat, denn sie hält ihm, wo immer sie sind, den Rücken frei. Doch in letzter Zeit scheint Ines ihre Fröhlichkeit verloren zu haben. Sie wirkt still und in sich gekehrt und zieht sich mehr und mehr von ihm zurück ...
Tatsächlich hat Ines einen großen Kummer, den sie vor aller Welt verbirgt - auch vor Manuel. Seit Langem wünscht sie sich sehnlichst ein Kind von ihm, aber Manuel ist nicht bereit, Vater zu werden!
Ines begreift, dass sie sich entscheiden muss: zwischen dem Mann, den sie über alles liebt, und ihrem Herzenswunsch!
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Seitenzahl: 112
Veröffentlichungsjahr: 2016
Cover
Impressum
Aus Liebe kinderlos
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Bastei Verlag/von Sarosdy
E-Book-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-3777-8
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Aus Liebe kinderlos
Dr. Holl und das Opfer einer jungen Frau
Von Katrin Kastell
Umjubelt, geliebt und weltberühmt – das ist der gut aussehende und sehr charmante Pianist Manuel Scholl, der auf den größten Bühnen dieser Welt zu Hause ist. Seit über dreizehn Jahren an seiner Seite ist die schöne Ines, die Liebe seines Lebens.
Er weiß, dass Ines an seiner Karriere großen Anteil hat, denn sie hält ihm, wo immer sie sind, den Rücken frei. Doch in letzter Zeit scheint Ines ihre Fröhlichkeit verloren zu haben. Sie wirkt still und in sich gekehrt und zieht sich mehr und mehr von ihm zurück …
Tatsächlich hat Ines einen großen Kummer, den sie vor aller Welt verbirgt – auch vor Manuel. Seit Langem wünscht sie sich sehnlichst ein Kind von ihm, aber Manuel ist nicht bereit, Vater zu werden!
Ines begreift, dass sie sich entscheiden muss: zwischen dem Mann, den sie über alles liebt, und ihrem Herzenswunsch!
Die Musik verklang, und für ein paar Sekunden herrschte atemlose Stille in dem Konzertsaal, dann brach der Applaus los. Der erste Besucher erhob sich und klatschte im Stehen weiter. Andere folgten seinem Beispiel, und bald stand das komplette Publikum und erwies dem Künstler auf der Bühne die höchste Ehre, zollte ihm die größte Anerkennung für sein bravouröses Spiel.
Ines Maler saß wie immer, wenn ihr Lebensgefährte ein Konzert gab, in der Mitte der ersten Reihe. Sie war sein Anker, der sichere Punkt, auf den er blickte, wenn er ins Publikum sah. Voller Stolz und Freude lauschte sie auf den Applaus. Das war es, was Manuel mehr als alles andere brauchte, und er verdiente es.
Manuel Scholl war Konzertpianist und Komponist. Mit seinen vierunddreißig Jahren war er unter den Liebhabern klassischer Musik ein Begriff und spielte in den großen Sälen der Welt. Er lebte für seine Kunst, und sein Publikum gab ihm die Kraft, immer höhere Ansprüche an sich zu stellen und alles zu geben.
Ines bewunderte ihn für sein Talent und seine Willenskraft. Seit dreizehn Jahren war sie die Frau an seiner Seite und sorgte für sein Wohlergehen. Als Künstler war Manuel selbstbewusst und ging mit grenzenloser Sensibilität seinen musikalischen Weg, ohne sich vom Wesentlichen abbringen zu lassen. Im Alltag machte ihm dagegen vieles Angst und überforderte ihn maßlos.
Ines fing ihn auf und gab ihm die Sicherheit, die für seine Arbeit unerlässlich war. Er musste sich um keine praktischen Angelegenheiten kümmern, wusste kaum, was für eine organisatorische Glanzleistung es bedeutete, trotz eines Lebens in Flughafenhotels und aus Koffern immer einen geborgenen und heimeligen Rahmen zu schaffen.
Ines tat es gerne für ihn. Sie hielt die Strapazen des Reisens weitgehend von ihm fern, und ihr Lohn war das Leuchten in seinen Augen in Momenten wie diesem. Manuel verbeugte sich mehrmals, dann verließ er die Bühne, aber das Publikum zwang ihn immer wieder zurückzukehren, und schließlich gab er eine Zugabe.
Ines wusste, wie ungern er nach Rachmaninows Klavierkonzert mit seiner eigenwilligen Schwere und Tiefe noch etwas anderes spielte. Er hatte ihr einmal erklärt, dass er die Klänge des Stückes, das er gespielt hatte, in seinem Inneren hörte, wenn er sich verbeugte. Er hörte sie quasi im brandenden Applaus.
Meist ließ er sich daher nicht erweichen, eine Zugabe zu geben, aber an diesem Abend setzte er sich noch einmal an den Flügel und spiele etwas Leichtes von Chopin. Das Publikum bedankte sich erneut begeistert, und Manuel verbeugte sich ein letztes Mal und ging in seine Kabine.
„Du war großartig!“ Ines erwartete ihn bereits und umarmte ihn liebevoll.
„Ich weiß nicht. Mit dem zweiten Satz bin ich nicht so recht zufrieden. Ich hätte mehr zum Ausdruck bringen müssen. Ob es mir wohl je gelingt, diesen Satz so zu spielen, wie ich ihn in mir höre? Manchmal verleidet mir mein Unvermögen, mich überhaupt öffentlich an Rachmaninow zu wagen“, klagte er.
Ines ließ es so stehen und sagte nichts darauf. Sie hatte noch nie erlebt, dass er mit seiner Leistung zufrieden gewesen wäre. Vermutlich machte genau das sein außerordentliches Können aus. Sie half ihm beim Umziehen, räumte schon seine Sachen zusammen und rief im Hotel an, damit ein Abendessen auf dem Zimmer stand, wenn sie kamen.
Sie waren längere Zeit nicht in München gewesen. Obwohl sie in der Stadt aufgewachsen waren und es noch einige gute Bekannte gab, die sich gefreut hätten, sie bei sich übernachten zu lassen, hatte sich Ines dafür entschieden, wie in anderen Städten auch eine Hotelsuite zu buchen.
Manuel war nicht ungesellig und hatte gerne Menschen um sich, aber direkt nach einem Konzert brauchte er seine Ruhe. Für Ines war es Routine, ihm Journalisten oder übereifrige Musikfreude vom Leib zu halten, bis er in der Verfassung dafür war.
Am anderen Tag hatten sie noch etwas Zeit, bevor es am Abend nach Paris weiterging. Am Morgen kamen einige Journalisten für Interviews vorbei, aber anschließend waren sie mit ihren Bekannten zum Mittagessen verabredet. Ines freute sich darauf. Sie fanden selten die Zeit für persönliche Begegnungen.
Einmal wieder in München zu sein tat ihr gut. In Berlin, wo sie inzwischen in einer riesigen Dachgeschosswohnung wohnten, hatte sie sich nie richtig eingelebt. München war nach wie vor die Stadt, in der sie sich heimisch fühlte.
Am Hinterausgang des Konzertsaales wartete bereits ein Taxi auf sie, und es gelang ihnen, unbemerkt zu verschwinden. Manuel aß eine Kleinigkeit, dann ging er ins Badezimmer und nahm eines seiner endlosen Schaumbäder. Auch das war eines der Rituale nach einem kräftezehrenden Auftritt.
„Bist du schon zum Fisch geworden und hast Kiemen?“, spottete Ines nach fast zwei Stunden und brachte ihm zum Abschluss des Tages einen Whiskey, den er mit Genuss in der Wanne trank.
„Hat das gutgetan! Jetzt bin ich herrlich entspannt und müde. Kommst du mit ins Bett?“, fragte er gähnend, als er seinen Pyjama angezogen hatte.
„Ich komme auch gleich!“, versprach Ines. Es war schon nach zwei Uhr, und körperlich war sie zum Umfallen müde, aber sie wusste, dass sie noch lange nicht würde einschlafen können.
Seit ein paar Jahren fiel ihr das Einschlafen in den fremden Hotelbetten zunehmend schwerer. Waren sie einmal für ein paar Tage oder Wochen zu Hause in Berlin, schlief sie tief und gut, aber unterwegs war sie meist den größten Teil der Nächte wach und geisterte in den Hotelsuiten oder im Foyer herum.
An diesem Abend zog es sie zudem hinaus in die nächtliche Stadt. Sie wollte unbedingt ein wenig durch München schlendern und in Erinnerungen schwelgen. Obwohl es keine Familienangehörigen von ihr mehr in München gab, verband sie die schönsten Erinnerungen mit dieser Stadt.
„Hast du wieder diese Unruhe in dir?“, fragte Manuel voller Mitgefühl.
„Du kennst mich doch! Schlafen könnte ich sowieso nicht, und da muss ich München noch etwas unsicher machen“, meinte sie nur lächelnd und winkte ab.
„Ich wüsste nicht, wie ich all das ohne dich schaffen sollte, Ines. Du bist mein kostbarster Schatz, und eigentlich sollte der Applaus dir gelten“, sagte Manuel zärtlich, zog sie an sich und gab ihr einen liebevollen Kuss.
„Schlaf gut, Liebling!“, erwiderte sie sanft. „Morgen kommen fünf Journalisten ab zehn Uhr. Ich habe Räume im Konferenzbereich des Hotels dafür gewählt und jedem von ihnen fünfzehn Minuten zugestanden. Sollen wir um acht Uhr dreißig zusammen hier oben frühstücken und dann hinuntergehen?“, schlug sie vor.
„Kannst du mir sagen, warum das nach jedem Konzert sein muss? Sie stellen mir immer dieselben Fragen, und ich antworte immer auf dieselbe Weise. Warum schreiben sie das nicht voneinander ab und lassen mich in Ruhe?“, brummte er ungnädig.
„Dein Manager ist sowieso schon säuerlich, weil wir für seinen Geschmack noch zu wenig Öffentlichkeitsarbeit machen. Letzte Woche hattest du Einladungen für drei TV-Shows, ein TV-Interview von einer Stunde und einem Lifechat im Netz. Tut mir leid, ich schaufle dich frei, wo ich kann, aber immer geht es nicht“, entschuldigte sich Ines.
„Das weiß ich doch! Dir wollte ich keinen Vorwurf machen“, sagte er rasch.
Sie lächelten sich an. Manuel fiel ins Bett, und Ines hielt es in der Hotelsuite nicht mehr aus und machte einen Spaziergang durch die Münchner Fußgängerzone, die selbst um diese Uhrzeit nicht gänzlich unbelebt war. Lange saß sie auf einer Parkbank an einer kleinen Grünanlage und ließ ihre Gedanken fließen.
Hier hatte ihr Schulweg entlanggeführt, und manchmal hatte ihr Vater sie ein Stück begleitet und war dann zu seinem Bankgebäude abgebogen. Später war sie hier durchgegangen auf dem Weg zur Berling-Klink, in der sie die Ausbildung zur Krankenschwester gemacht hatte.
Wie wäre ihr Leben wohl verlaufen, wenn sie Manuel damals nicht als junge Krankenschwester begegnet wäre? Was für ein Leben würde sie führen? Sie war zu erschöpft, um sich zu fragen, was für eigentümliche Gedanken das eigentlich waren. War sie denn nicht glücklich? Konnte es etwas Schöneres geben? Jeder Tag mit Manuel war ein Geschenk. So hatte sie es immer empfunden, und so empfand sie es bei aller Müdigkeit noch immer.
Manuel war mit neunzehn Jahren direkt nach seinem Abitur an Leukämie erkrankt und hatte zwei Jahre um sein Leben gekämpft. Ines hatte ihn auf der onkologischen Station der Berling-Klinik betreut, und dabei war aus Zuneigung Freundschaft und schließlich Liebe geworden. Seit jener Zeit waren sie nie für längere Zeit getrennt gewesen.
Anfangs hatte Ines noch als Krankenschwester in Wien gearbeitet, während Manuel dort auf dem Musikkonservatorium war. Mit seinem schnellen Ruhm und den internationalen Auftritten war klar gewesen, dass er sie an seiner Seite brauchte. Natürlich hatte sie ihren Beruf, den sie sehr gerne ausgeübt hatte, für ihn aufgegeben. Sie hätte alles für ihn getan.
Dreizehn Jahre waren sie nun schon ein Paar, und ein Jahr verstrich für Ines wie das andere. Sie hatte alle Hände voll zu tun und konnte sich nicht über Langeweile beklagen. Manuel wurde stetig erfolgreicher, und sich um ihn zu kümmern ließ ihr wenig Raum, um an sich selbst zu denken.
Und doch saß sie jetzt auf dieser Bank und grübelte. Ob Manuel sich auch manchmal fragte, ob es das nun gewesen war und der Rest seines Lebens weiter so verlaufen würde? Musik war sein Leben. Für ihn war das, was er tat, genau das, was ihm entsprach. Er hatte kaum einen Grund, sich solche Fragen zu stellen.
Ines rief sich zur Ordnung. Was war nur mit ihr los? Musste sie nicht glücklich sein? Sie lebte mit dem Mann zusammen, den sie liebte, und war in der Lage, ihn bei seiner Arbeit zu unterstützen. Was wollte sie denn mehr? Warum hatte sie nur diese eigenartige Unruhe, die sie immer mehr quälte und ihr zuflüsterte, dass sie etwas unwiederbringlich verpasste.
Sie wusste es nicht, aber sie spürte, dass in ihr etwas aufgebrochen war, was sie nicht verstehen oder erklären konnte. Es war wie ein schmaler Riss im Gefüge ihres Seins, und aus dieser unmerklichen Wunde strömte eine eisige Leere in ihr Leben. Sie war unglücklich und wusste nicht, warum.
***
„Was für eine sensible und kraftvolle Interpretation! Ich habe Rachmaninow noch nie so gehört. Danke für die Einladung, Stefan! Du hast mir eine riesige Freude gemacht. Was für ein ungewöhnlicher Künstler dieser Manuel Scholl ist! Wir sollten uns angewöhnen, viel öfter in Konzerte zu gehen.“ Julia Holl schwelgte noch im siebten Himmel, als sie nach dem Klavierkonzert mit ihrem Mann, Dr. Stefan Holl, dem Klinikleiter der Berling-Klinik, zur Tiefgarage schlenderte.
Ihr Mann hüllte sich in taktvolles Schweigen. Das Konzert hatte ihm zwar gefallen, aber es genügte voll und ganz, wenn sich dieser Genuss erst in einem Jahr oder zwei wiederholte.
„Banause!“, sagte Julia, die seine Zurückhaltung durchaus zu deuten verstand.
„Aber du liebst mich trotzdem“, erwiderte er zwinkernd.
„Du meinst, du hast andere Qualitäten?“, neckte sie ihn.
„Klar doch! Ich bin ein grandioser Ehemann und ein begnadeter Vater und …“
„Schon gut!“ Julia winkte lachend ab. „Dabei wollte ich dir eigentlich ein Abonnement für die Oper vorschlagen, aber ich fürchte, da werde ich kein Glück haben. Doch kannst du mir sagen, warum du unbedingt in dieses Konzert wolltest? Du hast die Karten besorgt und extra deinen Dienst so gelegt, dass wir gehen können.“
„Zum einen wollte ich dir eine Freude machen. Ich weiß doch, wie gerne du in Konzerte gehst. Für mich war allerdings weniger Rachmaninow als Manuel Scholl entscheidend. Als ich noch ganz neu an der Berling-Klink tätig war, bin ich ihm begegnet. Er hatte Leukämie wie unsere Juju, und es stand lange nicht gut um ihn. Leider konnten wir keinen Knochenmarkspender für ihn finden“, erzählte Stefan.
Julia und Stefan hatten vier Kinder. Marc und Dani, ihre Ältesten, waren schon erwachsen und studierten, wohnten jedoch immer noch zu Hause. Chris war fünfzehn und tief in den unberechenbaren Abgründen der Pubertät verloren. Er raubte ihnen gerade manchmal den letzten Nerv.
Das Nesthäkchen Juju war inzwischen elf Jahre alt und ein heiterer Sonnenschein. Dabei hatte das Mädchen eine fast tödliche Leukämie nur dank der Knochenmarkspende ihres Bruders Chris überstanden. Julia Holl war selbst Kinderärztin, auch wenn sie für ihre Kinder den Beruf aufgegeben hatte. Es war ihr wichtiger gewesen, ihren Kindern und ihrem Mann ein warmes Zuhause zu schaffen.
„Dann hat der junge Mann wirklich Schlimmes erlebt und überlebt. Vielleicht ist er gerade dadurch zu solch einem Ausnahmekünstler geworden“, überlegte Julia.