Chefarzt Dr. Holl 1803 - Katrin Kastell - E-Book

Chefarzt Dr. Holl 1803 E-Book

Katrin Kastell

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Beschreibung

Nachdem die Ärztin Saskia Bauer herausgefunden hat, dass ihr Lebensgefährte Boris Zöllner sie schamlos betrogen hat, beendet sie kurzerhand die Beziehung und wirft ihn raus.

Nina, ihre vierzehnjährige Tochter, scheint allerdings regelrecht einen Narren an Boris gefressen zu haben, und so gibt sie ihrer Mutter die alleinige Schuld an der Trennung. Immer öfter kommt es deshalb zu einem hässlichen Streit zwischen ihnen. Saskia hat das Gefühl, dass ihre Tochter ihr vollkommen entgleitet, und sie fragt sich: Ist Ninas Begeisterung für Boris nur jugendliche Schwärmerei, oder steckt mehr dahinter?

Einer dunklen Ahnung folgend, öffnet sie Ninas Laptop und loggt sich heimlich in deren E-Mail-Account ein. Als sie liest, was ihr Ex-Lebensgefährte, dieser Mistkerl, und ihre vierzehnjährige Tochter einander geschrieben haben, erleidet sie einen Schock ...

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Seitenzahl: 126

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Jetzt kenne ich dein Geheimnis

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 20176 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock/mimagephotography

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-4410-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Jetzt kenne ich dein Geheimnis

Eine verzweifelte Mutter sucht Rat und Hilfe bei Dr. Holl

Von Katrin Kastell

Nachdem die Ärztin Saskia Bauer herausgefunden hat, dass ihr Lebensgefährte Boris Zöllner sie schamlos betrogen hat, beendet sie kurzerhand die Beziehung und wirft ihn raus.

Nina, ihre vierzehnjährige Tochter, scheint allerdings regelrecht einen Narren an Boris gefressen zu haben, und so gibt sie ihrer Mutter die alleinige Schuld an der Trennung. Immer öfter kommt es deshalb zu einem hässlichen Streit zwischen ihnen. Saskia hat das Gefühl, dass ihre Tochter ihr vollkommen entgleitet, und sie fragt sich: Ist Ninas Begeisterung für Boris nur jugendliche Schwärmerei, oder steckt mehr dahinter?

Einer dunklen Ahnung folgend, öffnet sie Ninas Laptop und loggt sich heimlich in deren E-Mail-Account ein. Als sie liest, was ihr Ex-Lebensgefährte, dieser Mistkerl, und ihre vierzehnjährige Tochter einander geschrieben haben, erleidet sie einen Schock …

Mit raschen Schritten durchquerte Saskia den Eingangsbereich der Berling-Klinik. In einer Viertelstunde war sie mit ihrer Tochter am Marienplatz verabredet. Wenn sie pünktlich sein wollte, musste sie jetzt ein Taxi nehmen. Das Kind wartete nicht gern.

Sie hatte Nina eine ausgedehnte Shopping-Tour versprochen, zwischendurch wollten sie irgendwo etwas essen. Hoffentlich kam es nicht wieder beim Aussuchen und Anprobieren zu Streitereien, bei einer Tochter wie Nina konnte man da nie sicher sein. Vor allem Ninas Geschmack in Modedingen war zurzeit ziemlich gewöhnungsbedürftig.

Saskia unterdrückte einen Seufzer. Eigentlich hätte sie lieber zu Hause ein paar ruhige Stunden verbracht, aber ihr blieb keine Wahl. Jetzt einen Rückzieher zu machen, das würde Nina nur Anlass für neue Vorwürfe geben. Und vielleicht wurde es ja auch endlich wieder einmal ein schöner Nachmittag für Mutter und Tochter. Saskia wünschte sich sehr, dass sie sich wieder etwas näherkamen.

„Entschuldigung.“

Eine angenehme Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Jetzt erst sah sie, wen sie fast umgerannt hätte: einen Mann an zwei Krücken. Um den Zusammenprall zu verhindern, wollte sie mit einem schnellen Ausweichmanöver an ihm vorbei. Im Vorbeigehen warf sie einen Blick auf sein Profil – und erkannte ihn. Doch das durchaus sympathische Gesicht vermochte sie auf die Schnelle nicht mit einem Namen zu verbinden.

„Einen schönen Tag, Frau Dr. Bauer“, sagte der Mann mit einem entwaffnenden Lächeln.

Es passte ihr zwar nicht, dass sie nun seinen Gruß erwidern musste, aber die Höflichkeit gebot es. Obwohl sie es so eilig hatte, machte sie einen Schritt zurück.

„Hallo, wie geht es Ihnen?“

Es folgte eine neugierige Musterung. Ja, er war Patient auf ihrer Station gewesen. Himmel, wie hieß er doch gleich? Namen hatte sie sich noch nie gut merken können.

Er schien zu ahnen, wonach sie gerade suchte.

„David Schumann“, half er ihrer Erinnerung nach. „Schon klar, Sie verarzten viele Menschen und können sich nicht von allen merken, wie sie heißen. Ich bin der Motorradfahrer mit dem komplizierten Unterschenkelbruch.“

„Herr Schumann, richtig! Ihr Name lag mir auf der Zunge“, flunkerte sie charmant. „Brauchen Sie Hilfe?“

„Ich habe einen Termin in der Ambulanz …“ Er brach kurz ab. „Wie ich sehe, wollten Sie gerade gehen.“

„Ja“, sagte sie. „Mein Dienst ist für heute zu Ende.“

„Den Schlüsselbeinbruch spüre ich kaum noch.“ Zur Demonstration bewegte er vorsichtig die Schultern nach oben. „Aber das Bein macht noch Probleme.“

„Haben Sie Geduld, Herr Schumann, ein komplizierter Bruch braucht nun mal seine Zeit bis zur Heilung. Das wird schon. Und bei meinen Kollegen sind Sie in den besten Händen.“

Wirklich schade, sagte sein Blick. Viel lieber ließe ich mich von Ihnen behandeln. Es entstand eine kurze Verlegenheitspause.

„Morgen schaue ich mir an, was der behandelnde Kollege über Ihren Bruch vermerkt hat“, fuhr sie dann aufmunternd fort und warf einen raschen Blick auf die Uhr. „Jetzt muss ich aber wirklich los. Bin ohnehin schon spät dran.“

Sie hat eine Verabredung, dachte er. Mit einem Mann natürlich. Der Glückliche!

Erleichtert setzte Saskia ihren Weg fort. Dass der Patient sich mit Hilfe seiner Krücken etwas mühsam umwandte, um ihr einen langen Blick nachzuwerfen, sah sie nicht mehr. Es hätte sie auch nicht sonderlich interessiert.

Männer sollten vorerst keine Rolle mehr in ihrem Leben spielen, das hatte sie sich fest vorgenommen.

Nun galt es, die verlorene Zeit aufzuholen. Nina hasste es zu warten. Saskia trat ins Freie, blieb kurz stehen und warf einen Blick nach oben. Ein frischer Frühlingswind spielte den Hütehund und trieb eine breite Wolkenschar vor sich her, sodass mehr und mehr vom Blau zum Vorschein kam.

Vor der Klinik warteten zwei Taxis. Mit nur wenig Verspätung erreichte sie dreizehn Minuten später ihr Ziel und sah Nina schon von Weitem. Saskia winkte, um auf sich aufmerksam zu machen, doch ihre Tochter schaute in die andere Richtung.

„Hallo, Kleines!“, rief sie ihr zu, als sie sie fast schon erreicht hatte.

Die Jugendliche verzog gequält das Gesicht.

„Bitte nenn mich nicht so“, raunzte sie. „Ich bin schon so groß wie du.“

„Na ja, fast“, meinte Saskia besänftigend und hängte sich bei Nina ein. „Sei nicht gleich wieder eingeschnappt. „Wir Mädels machen uns jetzt einen tollen Nachmittag.“

„Hm“, lautete Ninas dürrer Kommentar.

Saskia ging nicht darauf ein. Nina etwas recht zu machen, das war zurzeit ziemlich schwierig, wenn nicht gar unmöglich.

„Was hast du dir denn so vorgestellt?“, fragte sie mit aufgesetzter Munterkeit. „Neue Jeans, einen flotten Rock? Oder lieber einen Blazer fürs Frühjahr?“

„Weiß noch nicht.“

Sie spazierten die Kaufinger Straße entlang.

„Dort drüben gehen wir mal rein!“ Saskia deutete auf das Kaufhaus.

Nicht gleich wieder die Geduld verlieren, ermahnte sie sich, obwohl Ninas Wortkargheit sie schon wieder ärgerte. Das Kind befand sich nun mal in einem schwierigen Alter, durch diese Zeit mussten alle Eltern durch. Sie als Mutter sollte einfach ein bisschen gelassener sein.

„Wie war’s denn heute in der Schule?“

„Geht so.“

„Habt ihr die Mathearbeit zurück?“

„Nein.“

„Hast du zu Hause noch was gegessen?“

„Oma hat mir ein Brot gemacht.“

„Nur ein Brot?“

„Ich wollte nichts anderes.“

Die Fahrt mit der Rolltreppe unterbrach das Frage- und Antwortspiel.

In der Abteilung für Damenmode angekommen, streifte das schlanke Mädchen durch die Reihen und begutachtete kritisch Hosen, Blusen, Pullis und Jacken.

Auf Anhieb schien Nina nichts zu gefallen. Hin und wieder machte Saskia das Mädchen auf ein Teil aufmerksam, das ihr für eine Vierzehnjährige passend erschien, doch Ninas Miene blieb desinteressiert. Wahrscheinlich wusste sie selbst nicht, was sie wollte.

Dabei war sie früher ein so fröhliches Kind gewesen, das sich ausgelassen über die kleinste Kleinigkeit freuen konnte. Ob sie noch oft an den Vater dachte, der vor sechs Jahren gestorben war? Saskia wusste es nicht. Und Nina fragte nie nach ihm.

Viel wichtiger schien Boris für sie gewesen zu sein. Boris, der Ex-Lebensgefährte ihrer Mutter. Er hatte schnell Zugang zu Nina gefunden, vielleicht auch, weil er Lehrer war und gut mit Kindern umgehen konnte.

Doch vor sechs Monaten hatte Saskia ihn hinausgeworfen, als ihr seine Untreue zu Ohren gekommen war. Er hatte sie nicht einmal geleugnet, sondern mit einem Grinsen darauf bestanden, dass ihm als Mann in der Blüte seiner Jahre doch hin und wieder ein wenig Abwechslung zustand.

Nina trauerte ihm immer noch nach, und sicher hatte sie auf eine Versöhnung der Erwachsenen gehofft, doch das kam für Saskia nicht infrage. Sie war zu sehr verletzt. Dieses Kapitel würde sie nicht wieder aufschlagen. In ein paar Jahren, wenn Nina ihre eigenen Erfahrungen in der Liebe machte, würde sie ihre Mutter verstehen. Das hoffte Saskia.

Im Übrigen kam die Familie auch ohne Mann gut zurecht. Saskia verdiente den Lebensunterhalt für alle. Oma Else besorgte den Haushalt und betreute die Enkelin. Es fehlte ihnen an nichts. Außerdem verfügte Saskia noch über das Erbe ihres verstorbenen Mannes.

Wäre er nicht so früh gestorben, hätten sich viele Probleme mit Nina vielleicht gar nicht erst eingestellt.

„Wonach schauen wir überhaupt? Du hast noch gar nicht gesagt, was du möchtest.“

„Einen Minirock“, erklärte Nina.

„Wozu brauchst du denn den? In die Schule kannst du damit nicht gehen …“

„Die anderen tragen auch Miniröcke.“

Der Trotz in Ninas Stimme war unüberhörbar. Die genervte Mutter schluckte eine ärgerliche Bemerkung hinunter. Eine andere Kundin warf ihnen schon neugierige Blicke zu. Jetzt bloß keinen Streit in der Öffentlichkeit. Das war nicht der Ort, mit Nina ein ernstes Wörtchen zu reden. Sie riskierte dann nur, dass ihr das Mädchen einfach davonlief, wie es schon mal vorgekommen war.

Einmal tief Luft holen und ein kleines Lächeln.

„Vielleicht sollten wir erst mal was trinken? Ich brauche jetzt einen Kaffee. Und für dich ein Stück Kuchen? Was meinst du? Zwei Etagen höher ist das Restaurant …“

„Kuchen? Igitt.“ Nina schüttelte sich vor Entsetzen. „Nicht für mich. Davon wird man nur fett.“

„Na gut, dann einen Saft oder so was.“ Saskia musterte ihre Tochter.

Die starrte eine Weile zurück, bevor sie die Augen verdrehte.

Das kann ja heiter werden, dachte Saskia. Hatte sie wirklich an einen schönen Nachmittag mit ihrer Tochter geglaubt? Diese Vorstellung verblasste zusehends.

***

„Heben Sie das Bein an und beugen Sie das Knie“, forderte Dr. Holl den Patienten auf. „Tut das weh?“

„Ein wenig“, erwiderte David Schumann gepresst.

„Machen Sie täglich Ihre Übungen?“

„Ja“, sagte der Patient.

Der Chefarzt der Berling-Klinik betrachtete aufmerksam die letzten Röntgenaufnahmen. Es war eine knifflige Puzzle-Arbeit gewesen, den Trümmerbruch des Unterschenkels wieder zusammenzusetzen. Der Eingriff lag nun zwei Monate zurück. Eigentlich sollte der Mann keine Schmerzen mehr haben. Dass er dennoch darüber klagte, war für Stefan Holl ein Alarmzeichen. Aber noch behielt er seine Beunruhigung für sich.

„Das heißt, Sie können noch nicht wieder auf Verbrecherjagd gehen“, stellte er lächelnd fest.

„Das erledigen zurzeit die Kollegen“, erwiderte David Schumann. „Aber die Schreibtischarbeit muss ja auch getan werden. Gefällt mir zwar nicht besonders, aber ich gebe mein Bestes.“

„Ich würde Ihnen eine Kur empfehlen …“

David Schumann winkte ab.

„Vielen Dank, das ist nichts für mich. Dann denke ich viel zu viel über mich selbst nach.“

„Darf ich fragen, ob Sie in einer Beziehung leben?“

„Ich bin allein. Und das ist auch besser so“, erwiderte David trocken. „Meinen Beruf will ich keiner Frau zumuten.“

„In welchem Bereich arbeiten Sie?“

„Bis vor zwei Jahren war ich bei der Mordkommission, jetzt mache ich Wirtschaftskriminalität.“

„Das ist sicher weniger blutig“, meinte Stefan.

Während sie sich weiter über den Arbeitsbereich des Kriminalbeamten unterhielten, betrachtete Stefan Holl das operierte Bein. Im Wadenbereich gab es einen gewissen Muskelschwund. Die Haut fühlte sich in der Nähe der großen Narbe überwärmt an, während die Temperatur am Rest des Beines normal erschien.

„Hatten Sie in der Vergangenheit rheumatische Erkrankungen, Thrombosen oder sonstige Entzündungen?“

David fuhr sich über das leicht gewellte Haar, dachte kurz nach und schüttelte den Kopf.

„Nicht, dass ich wüsste.“

Dr. Holl bat den Patienten, von der Liege aufzustehen und die Hose wieder anzuziehen. Wenige Minuten später saßen sie sich gegenüber.

„Ich bin mir noch nicht ganz sicher, habe aber eine Vermutung“, erklärte der Chefarzt. „Fassen wir zusammen: Die Beweglichkeit des gesamten Unterschenkels ist immer noch eingeschränkt, vor allem wird sie durch den Schmerz vermindert. Verspüren Sie ein unwillkürliches Muskelzittern oder eine Anspannung in diesem Bereich?“

„Ja, sogar ziemlich häufig in der letzten Zeit.“

„Die Haut ist nicht so durchblutet, wie es sein sollte“, sagte Dr. Holl. „Und sie ist heiß und gerötet.“

„Ist mir auch schon aufgefallen“, bestätigte David.

„Möglicherweise haben wir es mit einem Schmerzsyndrom zu tun, das regional auftritt. Bei Ihnen an Ihrem verletzten Bein. Wir nennen das Morbus Sudeck.“

Diese Diagnose schien bei dem Patienten keine größere Besorgnis auszulösen.

„Ist das schlimm?“, fragte er nur.

„Sagen wir so, die Behandlung ist komplex. Sie besteht aus einer medikamentösen Therapie, einer umfassenden Physiotherapie, und vielleicht könnte auch Psychotherapie helfen.“

„Psychotherapie?“, wiederholte David. In seiner Miene machte sich Skepsis breit. „Was soll das mit einem Knochenbruch zu tun haben?“

„Psychotherapie ist oftmals sinnvoll, um chronische Schmerzen zu behandeln, die zu Depressionen führen können.“

„Das wird nicht nötig sein. Ich halte schon was aus“, behauptete David.

„Sie könnten mit Hilfe der Psychotherapie konkrete Techniken zur Entspannung lernen“, meinte Dr. Holl. „Aber darüber können wir später immer noch sprechen. Vorerst müssen Sie Tabletten schlucken.“

Jetzt war David doch etwas verunsichert.

„Sagen Sie mir eins, Dr. Holl, werde ich die Schmerzen jemals wieder ganz loswerden?“

„Die Erkrankung hat zwar einen chronischen Verlauf, aber in der Hälfte aller Fälle verschwinden die Symptome, was aber eine Zeit lang dauern kann. Sie dürfen nicht ungeduldig werden. Ich schreibe Ihnen zwei Medikamente auf.“

Dr. Holl gab die Namen in den Computer ein und druckte das Rezept aus.

„Wenn dieses Schmerzmittel nicht ausreicht, wechseln wir zu einem stärkeren Medikament. Da bei Morbus Sudeck oft auch ein Knochenabbau beobachtet wird, kommt noch ein zweites Medikament zum Einsatz. Es handelt sich um ein Bisphosphonat, das diesen Vorgang verhindert und auf diese Weise auch die Schmerzen lindern kann.“

Dr. Holl schob das Blatt über den Tisch.

„Wir sehen uns in zwei bis drei Wochen wieder. Selbstverständlich können Sie sich auch von Ihrem Hausarzt behandeln lassen …“

„Ich komme lieber zu Ihnen in die Klinik“, sagte David schnell. „Hier bin ich operiert worden. Und hier fühle ich mich gut aufgehoben.“

Dr. Holl reichte dem Patienten die Hand.

„Alles Gute für Sie“, sagte er.

Eigentlich hätte David gern noch etwas über Frau Dr. Bauer erfahren, aber in diesem Fall wusste der gewiefte Kriminalkommissar nicht, wie er seine Neugier begründen sollte. Um sich nicht lächerlich zu machen, schwieg er lieber.

***

„Es war mal wieder anstrengend mit ihr“, beklagte sich Saskia am Abend bei ihrer Mutter. Die beiden Frauen saßen im Wohnzimmer. Im Hintergrund lief leise der Fernseher.

Saskia hatte sich einen Tee aufgebrüht. Er war noch zu heiß, stellte sie fest, als sie vorsichtig an der Tasse nippte.

Else löste Kreuzworträtsel.

„Ach, Kind“, sagte sie. „Erinnere dich doch nur an deine eigene Jugend. Wir zwei hatten auch ständig Streit. Und einen Rat von mir hast du schon gar nicht angenommen.“

Saskia verdrehte die Augen. War ja klar, dass Mama ihr Enkelkind gleich wieder in Schutz nahm, doch von diesen ihr wohl bekannten Argumenten ließ sie sich nicht beeindrucken.

„Nina muss begreifen, dass sich nicht immer alles um sie dreht“, stellte sie in einem Anflug von Gereiztheit fest. „Ich habe einen anstrengenden Beruf. Und bin alleinerziehende Mutter.“

„Ich bin ja auch noch da“, sagte Else. „Vergiss das nicht. Wann immer ich kann, halte ich dir den Rücken frei.“

Na ja, so toll ist das nicht gerade, was Mama zum reibungslosen Gelingen des Alltags beitrug, dachte Saskia, aber sie verspürte wenig Lust auf eine längere Diskussion zu diesem Thema. Sie wollte nur noch ihre Ruhe.

Demonstrativ griff sie nach der Fernsehzeitschrift und blätterte sie auf. Vielleicht gab es irgendwo einen spannenden Film. Dann brauchte sie nicht mehr zu reden.

Doch Else wollte unbedingt noch etwas loswerden.

„Ich denke schon seit Tagen darüber nach.“ Während sie sprach, ließ sie ihre Tochter nicht aus den Augen. „Und ich frage mich, wann du Nina endlich die Wahrheit über ihren Vater sagen willst.“

Saskia ließ sich aufseufzend zurücksinken. Nicht schon wieder dieses Thema!

„Hör zu, Mama, sie erfährt es dann, wenn ich es für richtig halte.“