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Noch mal Glück im Unglück hat Valentina Wiesner, denn ihr Zusammenbruch passiert genau vor der Tür von Dr. Milan Benson. Der Arzt handelt schnell und lässt sie sofort in die Berling-Klinik einweisen. Die junge Frau leidet an einer Entzündung des Herzbeutels, für die wahrscheinlich ein verschleppter grippaler Infekt verantwortlich ist. Das hat Valentina gerade noch gefehlt! In ihrem Leben läuft es auch so schon nicht rund.
Vermutlich ist ihre schlechte psychische Verfassung auch der Grund, warum die Therapie nicht so anschlägt, wie Chefarzt Dr. Holl und seine Kollegen es sich erhoffen. Valentina blendet die Realität kurzerhand aus. Sie dämmert fast den ganzen Tag in einer Art Halbschlaf vor sich hin und versinkt immer tiefer in ihre Traumwelt ...
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Seitenzahl: 130
Veröffentlichungsjahr: 2017
Cover
Impressum
Herz im Dornröschenschlaf
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: shutterstock/Subbotina Anna
eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln
ISBN 978-3-7325-4449-3
www.bastei-entertainment.de
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www.bastei.de
Herz im Dornröschenschlaf
Eine der ergreifendsten Liebesgeschichten aus der Berling-Klinik
Von Katrin Kastell
Noch mal Glück im Unglück hat Valentina Wiesner, denn ihr Zusammenbruch passiert genau vor der Tür von Dr. Milan Benson. Der Arzt handelt schnell und lässt sie sofort in die Berling-Klinik einweisen. Die junge Frau leidet an einer Entzündung des Herzbeutels, für die wahrscheinlich ein verschleppter grippaler Infekt verantwortlich ist. Das hat Valentina gerade noch gefehlt! In ihrem Leben läuft es auch so schon nicht rund.
Vermutlich ist ihre schlechte psychische Verfassung auch der Grund, warum die Therapie nicht so anschlägt, wie Chefarzt Dr. Holl und seine Kollegen es sich erhoffen. Valentina blendet die Realität kurzerhand aus. Sie dämmert fast den ganzen Tag in einer Art Halbschlaf vor sich hin und versinkt immer tiefer in ihre Traumwelt …
Milan Benson legte das Handy neben sein Notebook. Soeben hatte er mit seiner Tochter telefoniert, die darauf gedrängt hatte, dass er sie endlich abholte.
„Bitte, Papa. Wie lange muss ich denn noch bei Opa und Oma bleiben?“
„Gefällt es dir nicht bei den beiden?“
„Doch“, hatte sie gewispert. „Aber viel lieber bin ich doch bei dir.“
Ihre Worte freuten ihn. Manchmal befürchtete er, dass zwischen ihm und seinem Kind eine Entfremdung eintreten könnte, wenn es den größten Teil der Woche bei den Großeltern blieb. Aber der wechselnde Dienst in der Berling-Klinik erlaubte ihm nicht, sich so um Leonie zu kümmern, wie es nötig gewesen wäre. Sie war erst sieben Jahre alt und konnte nicht allein im Haus bleiben.
Natürlich fühlte sich Leonie bei seinen Schwiegereltern vor allem deshalb so wohl, weil sie dort in hohem Maße verwöhnt wurde. Das gefiel seiner Tochter sehr gut, ihm hingegen weniger.
Er fand, dass Erich und Charlotte es mit ihren materiellen Zuwendungen an das Kind oft übertrieben. Leonie brauchte nur einen Wunsch zu äußern, schon wurde er ihr erfüllt.
Das war ihm nicht recht, aber er sah auch keinen Anlass, deswegen mit den beiden zu streiten. Auch wenn es manchmal diffuse Missstimmungen gab, so war er ihnen doch von Herzen dankbar, dass sie sich so hingebungsvoll um ihre einzige Enkelin kümmerten.
Und wenn sie dabei manchmal etwas übers Ziel hinausschießen, ist das eigentlich nichts Schlimmes, dachte er in einem Anflug von Gelassenheit.
Er klappte das Notebook zu, stand auf und warf einen Blick aus dem Fenster. Der Regen hatte zwar aufgehört, doch die wenigen Sonnenstrahlen, die sich durch die Wolken kämpften, gaben bald wieder auf und beließen es bei dem trüben Tag.
Milan freute sich auf das vor ihm liegende Wochenende mit seinem Kind. Noch war nichts geplant, aber er hatte schon ein paar Vorschläge für Leonie. Und sie sollte sich auch etwas überlegen. Erst am Montag würde er sie wieder zu den Großeltern zurückbringen.
Seit dem Tod seiner Frau vor vier Jahren war er nun mit Unterstützung seiner Schwiegereltern alleinerziehender Vater. Als er noch mit Leonie in Kiel lebte, hatte er es mit mehreren Kinderfrauen versucht, aber fast alle scheiterten an der Widerspenstigkeit seiner Tochter und gaben schnell wieder auf.
Als er dann ein gutes Angebot von der Münchner Berling-Klinik bekam und auch gleich eine passende Wohnung in Schwabing-West, zögerte er nicht lange und wechselte nach München. Seine Schwiegereltern waren sofort einverstanden, Milan bei der Betreuung des Kindes zu unterstützen.
Nun ging die Siebenjährige bereits seit einem halben Jahr in München zur Schule. Sie lernte leicht und schnell. Und ebenso schnell bekam ihre Sprache eine bayrische Färbung.
Ganz im Gegensatz zu ihm fand sie schnell Anschluss in ihrer neuen Umgebung. Voller Enthusiasmus erzählte sie von ihren Freundinnen Chiara und Frieda, aber auch ein gewisser Philipp wurde öfter erwähnt.
Milan war beruhigt und zufrieden, dass es seiner Kleinen gut ging. Er selbst hingegen befand sich oft in einer Stimmung, die er bei sich als trüb definierte. Doch er wollte keine Gedanken an diesen Zustand verschwenden.
Zurzeit befand er sich in keiner angenehmen Lebensphase, aber er hatte sich daran gewöhnt. Seit Karinas Tod gab es für ihn nur noch den Beruf und seine Tochter, der Rest des Lebens fand für ihn einfach nicht statt.
Die Türklingel holte ihn aus seinen Gedanken zurück. Er musste los. Leonie würde mit ihm schimpfen, wenn sie lange warten musste. Er nahm den Autoschlüssel vom Haken, warf sich eine Jacke über und öffnete die Tür.
Zu seiner Überraschung stand draußen vor der Tür eine ihm unbekannte Person, die mit sichtlicher Mühe ein Lächeln in ihr Gesicht zauberte.
„Grüß Gott, Herr Benson“, begann sie mit heiserer Stimme. „Meine Name ist Valentina Wiesner. Ich komme von der Firma München-Marketing. Mit unserer Umfrage möchten wir herausfinden, wie die Bürger zu der neuen Verkehrsstraße stehen, die von …“
„Tut mir leid, ich habe überhaupt keine Zeit.“ Dr. Milan Benson zog die Tür hinter sich zu. „Befragen Sie bitte die anderen Hausbewohner.“
„Sie sind der Erste, der mir öffnet …“
Ein deutliches Schwanken in ihrer Stimme veranlasste Milan, innezuhalten und die schmale Frau mit den zusammengebundenen Haaren genauer anzusehen. Ihre Kleidung erschien ihm tadellos. Vor ihm stand eine junge Frau, schlank, groß und sehr bleich, mit fiebrig glänzenden Augen. Sie machte alles andere als einen gesunden Eindruck. Die Hand mit den gepflegten Fingernägeln hielt ein Klemmbrett und einen Kugelschreiber.
„Ich kann Ihnen leider nicht helfen, weil ich in großer Eile bin. Haben Sie es schon in der Nachbarschaft versucht?“
Sein Kind wartete sehnsüchtig auf ihn. Leonie nicht zu enttäuschen war jetzt entschieden wichtiger, als sich bei einer Fremden als Samariter hervorzutun und sie zu befragen, was mit ihr nicht in Ordnung sei.
Ihre Augen blickten ihn nicht mehr an, sondern starr an ihm vorbei. Ein verwundertes Stöhnen drängte sich über ihre Lippen. Sie schwankte. Hilfe suchend griff ihre Hand nach dem Treppengeländer, verfehlte es aber.
Milan reagierte schnell und fing sie auf, bevor sie zusammenbrach. Für eine Weile hing sie schlaff in seinen Armen. Was sollte er tun? Wenn er seine Wohnungstür wieder aufschließen wollte, musste er sie auf dem Fußboden absetzen. Am besten ging das, indem er sie gegen die Wand lehnte.
Sie kam wieder zu sich und stemmte sich mit seiner Hilfe hoch. Milan tastete nach seinem Handy.
„Was ist los mit Ihnen?“
„Es geht schon“, sagte sie mit dünner Stimme.
Sollte er sie loslassen? Er lockerte seinen Griff. Sie machte immer noch einen unsicheren Eindruck. Oder war das Ganze überhaupt nur ein abgekartetes Spiel, um auf diesem Weg in seine Wohnung zu gelangen? Hatte er es vielleicht sogar mit einer Trickbetrügerin zu tun?
„Sie müssen in ärztliche Behandlung“, erklärte er, zückte sein Mobiltelefon und gab die Notrufnummer ein.
„Nein, bitte nicht, es ist nichts, es geht mir gut …“
Kaum hatte sie die letzten Worte gehaucht, sackte sie erneut in sich zusammen.
Er scherte sich nicht um ihre Weigerung und rief die Kollegen vom Notdienst, schilderte kurz den Vorfall und schloss dann seine Wohnungstür wieder auf.
Die Bewusstlosigkeit der jungen Frau war echt und nicht vorgetäuscht. Er nahm sie auf seine Arme, registrierte verwundert, dass sie trotz ihrer Größe federleicht war, und trug sie hinein auf die Couch im Wohnzimmer.
Dort tastete er nach dem kaum spürbaren Puls und maß den Blutdruck, dessen Werte sich im Keller befanden.
Endlich schlug sie die Augen wieder auf.
„Was ist passiert?“, murmelte sie.
„Sie sind vor meiner Tür zusammengeklappt“, antwortete er. „Haben Sie Schmerzen oder Krämpfe? Magenprobleme?“
„Weiß nicht … mir war übel … was Falsches gegessen …“
„Das muss in der Klinik abgeklärt werden“, sagte er.
„Ich kann nicht in die Klinik, unmöglich. Ich …“
„Hören Sie mal, Sie haben einen Kreislaufschock. Damit können Sie keine drei Schritte laufen. Wollen Sie auf der Straße zusammenbrechen und von einem Auto überfahren werden? Also keine Widerrede.“
Sie seufzte bekümmert, schien nun aber einzusehen, dass sie sich seinen Anordnungen fügen musste.
„Wie alt sind Sie?“
„Fünfundzwanzig“, hauchte sie.
Milan betrachtete sie nachdenklich. Womöglich waren Durchblutungsstörungen die Ursache für ihren Zustand, vielleicht sogar ein Herzinfarkt? Aber bei einer so jungen Frau? Eher abwegig, dachte er. Das sollten die Internisten herausfinden. Er hatte jetzt zwei Tage frei und musste sich um seine Tochter kümmern.
Zehn Minuten später traf der Notarzt ein. Die Patientin wurde versorgt und transportfähig gemacht und in den Krankenwagen getragen.
„Sie werden in die Berling-Klinik gebracht. Weil ich selbst dort arbeite, weiß ich, dass Sie bei meinen Kollegen in den besten Händen sind.“
„Bitte kommen Sie mit!“ Fast flehentlich streckte sie eine Hand nach ihm aus und bekam zwei seiner Finger zu fassen, die sie nicht mehr losließ.
Auch wenn ihn ihr Vertrauen rührte, dachte er nicht daran, ihr diesen Wunsch zu erfüllen.
„Tut mir leid, das geht nicht. Sie müssen sich keine Sorgen machen. In der Berling-Klinik sind Sie in den besten Händen. Ich schaue später nach Ihnen“, versprach er, obwohl er wusste, dass er nicht vor Montag wieder dort sein würde. „Es wird alles gut.“
Sie widersprach nicht mehr, sondern fügte sich mit geschlossenen Augen in ihr Schicksal. Milan schaute dem davonfahrenden Wagen nach, dann machte er sich auf den Weg zu den Schwiegereltern.
***
Eigentlich hätte Chefarzt Dr. Holl jetzt gar nicht mehr hier sein sollen, aber da er noch einen Artikel über pränatale Eingriffe fertigstellen musste, schien ihm sein Büro an diesem frühen Samstagnachmittag der ideale Ort dafür zu sein.
Zu Hause waren nämlich alle damit beschäftigt, eine Party vorzubereiten. Und da er sich bei dem Gewusel kaum konzentrieren konnte, hatte er sich kurzerhand in die Klinik verabschiedet. Nicht ohne Jujus Ermahnung zu beherzigen, nur ja pünktlich zum Partybeginn wieder da zu sein.
Juju, seine jüngste Tochter, war auch die Gastgeberin. Sie hatte sich mit ihrer Klasse aktiv für ein Experiment eingesetzt, in dem die Schüler herausfinden wollten, welche Probleme alte Menschen im Alltag bewältigen mussten und wie man ihnen dabei helfen konnte.
Einige aus der Klasse hatten etliche Stunden im Altersheim verbracht. Viele der Heimbewohner waren sehr interessiert daran, von den Schülern den Umgang mit Smartphone und Computern zu lernen. Und die Jungen brachten es den Alten mit Feuereifer bei.
Gemeinsam mit ihrem Lehrer wurde ein Kurs entwickelt, ebenso ein Glossar für die technischen Begriffe. Dieser Einsatz fand ein großes Echo. Die Zeitungen und ein regionaler Fernsehsender berichteten darüber. Und zur freudigen Überraschung aller gab es für die Schule eine Auszeichnung, verbunden mit einer Geldprämie. Nun sollte diese Preisverleihung noch mal privat im Hause Holl gefeiert werden. Alle Kinder aus Jujus Gruppe und deren Eltern würden kommen.
Die elfjährige Juju war die Jüngste der Viererbande der Holl-Kinder. Die Zwillinge studierten bereits, Dani Biologie und Marc Medizin. Es galt als ausgemacht, dass er in die Fußstapfen von Vater Stefan und Großvater Walter Berling treten würde. Der mittlere Sohn Chris, fünfzehn Jahre alt, hatte ein Schultief überwunden und gab seinen Eltern jetzt wieder Grund zur Freude.
Dr. Holl warf einen Blick auf die Uhr. In einer Stunde musste er fertig sein, denn selbstverständlich erwartete Juju, dass ihr heiß geliebter Papa mitfeierte und von Anfang an dabei war.
Er schaute auf den fertigen Text und besserte ihn noch an drei Stellen aus, was wieder eine gewisse Zeit in Anspruch nahm. Doch nun konnte er endlich aufbrechen, schob ein paar Blätter in seine Aktenmappe und schaltete den Computer aus.
Doch bevor er die Tür erreichte, klopfte es kurz, und Dr. Donat steckte seinen Kopf herein.
„Gut, dass ich Sie noch erwische, Herr Chefarzt. Man sagte mir, dass Sie im Hause sind. Wir haben gerade eine junge Frau in der Notaufnahme. Bitte kommen Sie, um einen Blick auf sie zu werfen.“
Dr. Holl legte seine Mappe auf den Schreibtisch zurück.
„Was ist passiert?“
„Sie ist zusammengebrochen und hat kurz das Bewusstsein verloren.“
Dr. Peter Donat gab eine Zusammenfassung des bisherigen Befundes. Die Patientin hatte über eine starke Grippe berichtet, die angeblich ausgeheilt sei. Aber seit einiger Zeit verspürte sie einen scharfen Schmerz hinter dem Brustbein.
„Außerdem Atemnot und Schwindelgefühl. Heute dann das Kreislaufversagen. Der Kollege Benson hat die Einweisung veranlasst.“
Dr. Holl warf dem Assistenten einen fragenden Blick zu.
„Die genauen Zusammenhänge weiß ich nicht. Jedenfalls war es im Stiegenhaus vor seiner Wohnungstür, als sie zusammenklappte.“
„Schauen wir sie uns an“, sagte Stefan. Unterwegs zur Notaufnahme gab Dr. Donat dem Chefarzt weitere Informationen.
Dr. Holl stellte sich der Patientin vor und befragte sie eingehend nach ihrer bisherigen Krankengeschichte. Beim Abhorchen der Brust vernahm er das typische Geräusch einer Perikarditis, die im Herz von der Reibung der entzündlich veränderten Blätter des Herzbeutels verursacht wurde. Er ließ sich detailliert die Schmerzen schildern.
„Es war nur ein kleiner Schwächeanfall“, sagte die junge Frau. Dass ihr das Sprechen schwerfiel, konnte sie nicht verheimlichen. „Ich habe heute Morgen vergessen, zu frühstücken …“
Dr. Holl bedachte die Patientin mit einem freundlichen Blick. Natürlich erkannte er als erfahrener Arzt, dass sie sich selbst beruhigen wollte, doch Vermutungen halfen jetzt nicht weiter.
„Möglich, dass Sie dehydriert waren. Wir werden es herausfinden. Wie steht es mit Fieber und Schwitzen? Haben Sie in den letzten Tagen eine Leistungsabnahme festgestellt, die Sie sich nicht erklären konnten?“
Die junge Frau überlegte.
„Ja, kann schon sein. Aber ich fühle mich schon wieder ganz gut. Bitte, schreiben Sie mir nur ein wirksames Medikament auf“, bat sie leise. „Dann geht es schon wieder. Ich werde mich übers Wochenende schonen. Am Montag bin ich dann wieder auf den Beinen.“
„Es tut mir leid, Frau Wiesner, aber Sie müssen unbedingt hierbleiben“, sagte Dr. Holl und lächelte milde. „Schon die erste Untersuchung ergibt, dass mit Ihrem Herzen etwas nicht in Ordnung ist. Womöglich haben wir es mit einer Herzbeutelentzündung als Folge einer unbehandelten Lungenentzündung zu tun. Genau wissen wir das zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht, aber die Symptome sprechen dafür. Mit diesem Krankheitsbild ist nicht zu spaßen. Sie können jetzt nicht gehen.“
Da womöglich eine Flüssigkeitszunahme im Herzbeutel die Herzfüllung gefährlich behindern konnte, wäre eine Entlastungspunktion nötig, aber diese Maßnahmen jetzt schon anzusprechen würde sie nur unnötig belasten. Erst einmal musste eine genaue Diagnose gestellt werden.
„Dieses Reibegeräusch am Herzen muss abgeklärt werden“, fuhr er fort, nachdem die junge Frau keine Einwände erhob. „Zunächst machen wir ein EKG und einen Herz-Ultraschall. Röntgenaufnahmen des Brustkorbes und je nach Ergebnis eine Computertomografie und eine Kardio-Magnetresonanz-Tomografie werden vermutlich folgen müssen.“
„Dann ist es also etwas Ernstes“, sagte sie mit piepsiger Stimme.
„Sie sind bei uns in guten Händen“, versuchte Dr. Holl sie zu beruhigen.
„Ja, das habe ich heute schon mal gehört.“
„Schwester Marion nimmt Ihnen jetzt Blut ab, für die nötigen Laboruntersuchungen. Und dann sehen wir weiter.“
Dr. Holl tätschelte ihre freie Hand, auf der anderen befand sich bereits eine Verweilkanüle. Eigentlich wollte er noch hinzufügen, dass sie schon viel eher ärztliche Hilfe gebraucht hätte, aber Stefan unterließ diesen Hinweis. Es war wie es war, das Geschehene ließ sich nicht mehr ändern.
„Unser Kollege Benson hat genau das Richtige getan. Sind Sie mit ihm bekannt?“
Ganz leicht bewegte sie den Kopf hin und her.
„Nein. Es tut mir leid, dass ich ihm so viele Umstände gemacht habe.“
„Aber ich bitte Sie, wir sind als Ärzte doch dazu da, unseren Mitmenschen zu helfen. Wir beginnen jetzt mit den Untersuchungen. Und später besprechen wir dann das Ergebnis.“
Eine halbe Stunde später rief er den Kollegen an, um sich den Vorfall schildern zu lassen.
„Nein, ich kenne die Frau nicht“, berichtete Milan. „Sie stand bei mir vor der Tür und wollte mich wegen irgendwas befragen. Und dann sackte sie plötzlich weg. Haben Sie schon erste Befunde?“
„Ganz sicher eine Perikarditis, womöglich auch eine Herzbeuteltamponade. Die Diagnose ist angeworfen. Bald wissen wir mehr.“
***
„Wer war das, Papa?“, erkundigte sich seine Tochter nach dem Ende des Gesprächs.