Chefarzt Dr. Holl 1816 - Katrin Kastell - E-Book

Chefarzt Dr. Holl 1816 E-Book

Katrin Kastell

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Beschreibung

Was für ein entzückendes, harmonisches Bild! Versonnen und gleichzeitig ein bisschen wehmütig beobachtet Sandra den attraktiven Mann, der mit seinem süßen Töchterchen aus dem Park kommt. Voller Stolz trägt die Kleine einen knallroten Luftballon in der Hand.
Sandra, die erfolgreiche, aber einsame Anwältin, stellt sich gerade vor, wie schön es doch wäre, eine eigene Familie zu haben, als die Ereignisse sich überschlagen. Die Schnur löst sich von der Hand des Kindes, der rote Luftballon fliegt davon, die Kleine rennt erschrocken los, um ihn zu fangen - und läuft einfach auf die Straße.

"Vorsicht!", schreit Sandra noch, doch verhindern kann sie Katastrophe nicht. Der Fahrer kann nicht mehr rechtzeitig bremsen, und in der nächsten Sekunde liegt das kleine Mädchen mit verdrehten Gliedern reglos auf der Straße ...

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Seitenzahl: 111

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Das Leid der Unfallzeugin

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock/wavebreakmedia

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5200-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Das Leid der Unfallzeugin

Sie sah das Unglück kommen und konnte es nicht verhindern

Von Katrin Kastell

Was für ein entzückendes, harmonisches Bild! Versonnen und gleichzeitig ein bisschen wehmütig beobachtet Sandra den attraktiven Mann, der mit seinem süßen Töchterchen aus dem Park kommt. Voller Stolz trägt die Kleine einen knallroten Luftballon in der Hand.

Sandra, die erfolgreiche, aber einsame Anwältin, stellt sich gerade vor, wie schön es doch wäre, eine eigene Familie zu haben, als die Ereignisse sich überschlagen. Die Schnur löst sich von der Hand des Kindes, der rote Luftballon fliegt davon, die Kleine rennt erschrocken los, um ihn zu fangen – und läuft einfach auf die Straße.

„Vorsicht!“, schreit Sandra noch, doch verhindern kann sie Katastrophe nicht. Der Fahrer kann nicht mehr rechtzeitig bremsen, und in der nächsten Sekunde liegt das kleine Mädchen mit verdrehten Gliedern reglos auf der Straße …

„Christl, bitte, tu das nicht! Es ist mein Wochenende mit Maria. Die Kleine und ich freuen uns so darauf. Mach das nicht kaputt! Ich bin doch ihr Papa. Bitte!“, bat Lars Eckbert hilflos und klopfte vergeblich an die Tür des Einfamilienhauses in einem Vorort von München, in dem er selbst vor knapp zwei Jahren noch gewohnt hatte.

Seine kleine Tochter stand im ersten Stock weinend am Fenster ihres Zimmers und klopfte und winkte ängstlich. Sie wollte, dass er blieb. Lars konnte seine geschiedene Frau hinter der Haustür hören, wie sie rasch den Schlüssel umdrehte, damit er nicht unaufgefordert eintreten konnte.

Das war unnötig – er wäre nie ohne ihre Erlaubnis ins Haus gegangen. Damit hätte er sich des Hausfriedensbruches schuldig gemacht. Diesen Gefallen wollte er ihr nicht tun. Er wusste genau, sie hätte es umgehend vor Gericht gegen ihn verwendet. Ihr Verhältnis war inzwischen an einem Punkt angelangt, wo er ihr fast alles zutraute.

Lars Eckbert teilte sich mit seiner geschiedenen Frau das Sorgerecht für seine fünfjährige Tochter. Im ersten Jahr hatte es gut geklappt, und Christl hatte ihm Maria sogar häufiger überlassen, als es vom Gericht bestimmt worden war. Inzwischen hatte sie wieder geheiratet und ging keinem Beruf mehr nach. Seitdem wurde es von Monat zu Monat schwieriger und feindseliger.

Christl hatte Zeit und wollte Maria ganz für sich und ihren zweiten Mann. Sie sah nicht ein, warum Lars nicht einfach von der Bildfläche verschwand. Schließlich wurde er nicht mehr gebraucht und störte ihrer Ansicht nach nur noch. Er brachte Unordnung in ihr Bild einer perfekten, glücklichen Familie. Sie wollte ihn am liebsten ausradieren aus ihrer und Marias Vergangenheit.

„Maria hat einen neuen Papa, der total lieb mit ihr umgeht und den sie mag. Du bringst alles durcheinander. Wenn du sie wirklich so lieb hast, wie du behauptest, dann lass uns in Ruhe und verschwinde!“, hatte sie Lars am Telefon aufgefordert, als er mit ihr hatte absprechen wollen, wann er Maria an diesem Wochenende holen konnte.

„Ich bin ihr Vater, und das werde ich immer bleiben“, hatte er erwidert.

„Du hast sie gezeugt, das macht dich nicht zu ihrem Vater. Klaus liest ihr abends noch etwas vor, damit sie leichter einschlafen kann. Er ist für sie da – jeden Tag. Du holst sie hin und wieder ab, und hinterher ist sie jedes Mal durch den Wind, weil sie nicht verstehen kann, warum du nicht dableibst. Du machst sie traurig!“

„Ich hole sie, sooft ich gerichtlich darf und du es mir erlaubst und …“

„Du gehörst nicht mehr zu ihrem Alltag. Das musst du doch einsehen!“, war Christl laut geworden.

„Du hast dich von mir scheiden lassen wegen Klaus. Du hast unsere Familie auseinandergerissen und jetzt …“, konterte er gereizt, obwohl er im selben Augenblick wusste, wie dumm das war.

Es hatte keinen Sinn, wenn sie sich immer dieselben Vorwürfe an den Kopf warfen. Nichts änderte sich dadurch, und für Maria war es schrecklich, die Feinseligkeiten zwischen ihnen zu spüren. Das Vergangene musste endlich vergangen sein.

„Natürlich! Ich bin die Böse und an allem schuld! Glaub doch, was du willst, du Unschuldslamm!“, schrie sie und geriet wieder wie jedes Mal an diesem Punkt außer sich.

Lars hatte das Gefühl, dieses Gespräch schon unzählige Male geführt zu haben. Immer lief es genau gleich ab und endete damit, dass einer von ihnen einfach auflegte. Es musste doch einen Weg geben, das Muster zu durchbrechen und sich auf einer neuen Basis zu verständigen. Sie brauchten einen Kompromiss, auf dem sie aufbauen konnten.

„Entschuldige! So kommen wir nicht weiter, Christl! Es tut mir leid, dass ich zu oft Überstunden in der Redaktion gemacht habe, anstatt zu euch nach Hause zu kommen. Glaub mir, heute würde ich vieles anders machen und dich nicht mehr so oft mit der Kleinen alleine lassen. Aber dafür ist es zu spät“, versuchte er, ihr entgegenzukommen.

Er war bereit, seinen Teil der Verantwortung für das Scheitern ihrer Beziehung zu übernehmen.

„Aber für Maria kann ich noch der Vater sein, den sie braucht. Ich werde mein Kind nicht einfach im Stich lassen. Maria soll wissen, dass ihr Papa sie lieb hat, immer für sie da ist und dass sie sich auf ihn verlassen kann – immer.“

„Du bist ja so toll!“ Christl hatte höhnisch gelacht. „Ich bin die Ehebrecherin und du bist der Einsichtige, der Verständige, und du bist der beste Papa der Welt. Was habe ich doch für ein Glück, einen Ex wie dich zu haben!“

Sie hatte aufgelegt, ohne ihm noch die Gelegenheit zur Antwort zu geben. Und nun weigerte sie sich, ihm die Tür zu öffnen. Offensichtlich hatte er während des Telefonates einen wunden Punkt getroffen. Er hatte keine Ahnung, was er diesmal wieder falsch gemacht hatte. Reden war nie Christls und seine starke Seite gewesen, nicht einmal, als sie noch verliebt und ein Paar gewesen waren.

Es waren die verzweifelten Tränen seiner Tochter, die Lars veranlassten zu gehen. Er wollte Marias Leiden nicht unnötig verlängern. Hier konnte er nichts ausrichten. Christl würde ihm das Kind nicht geben, und mit jeder Minute, die Maria länger in ihrem Zimmer eingesperrt ausharren musste, wuchs ihr Kummer.

Liebevoll warf er Maria mehrere Kusshände zu und zwang sich, für sie zu lachen und lustige Grimassen zu schneiden. Erst als sich ihre Miene aufhellte und sie sein Lachen erwiderte, stieg Lars in sein Auto und fuhr davon.

Diese Schlacht hatte Christl gewonnen, aber den Krieg gab er nicht verloren. Er war gewillt, um sein Kind zu kämpfen und sein Besuchsrecht notfalls gerichtlich einzuklagen. Maria brauchte ihn. Er war ihr Papa, und sie brauchte ihn, auch wenn ihre Mutter das nicht einsehen wollte.

Sobald er an seinem Schreibtisch in der Redaktion saß, rief er bei seiner Anwältin an. Er hatte ihre private mobile Nummer, und sie nahm ab, obwohl es Samstagmorgen war.

„Herr Eckbert? Es ist Samstag!“, erinnerte sie ihn. „Woher haben Sie überhaupt diese Nummer?“

„Als Journalist hat man seine Quellen“, antwortete er gelassen. „Sie schulden mir etwas!“, erinnerte er sie unverblümt.

Einen Moment sagte sie nichts und wollte ihn in seine Schranken weisen, aber dann überlegte sie es sich. Ihre Kanzlei war in der Öffentlichkeit ziemlich unter Beschuss geraten, obwohl ihr Handeln rechtlich und moralisch korrekt gewesen war. Dank eines sauber recherchierten und fairen Artikels von Lars Eckbert war die Empörung rasch wieder abgeklungen.

„Gut, für heute lasse ich es Ihnen durchgehen. Meine Kanzlei schuldet Ihnen tatsächlich etwas. Streng genommen haben Sie dabei aber nur Ihre Arbeit gemacht“, stellte sie klar.

„Streng genommen könnte man das so sagen“, stimmte er ihr zu.

„Gut, für heute mache ich eine Ausnahme. Aber in Zukunft erwarte ich, dass Sie sich wie jeder andere Klient einen Termin holen und …“

„Das werde ich!“, kürzte Lars ab und erzählte ihr von dem Vorfall, den er eben hinter sich hatte. „Was kann ich tun?“

„Ist es das erste Mal, dass Ihnen Ihre Tochter verweigert wird?“

„Nein. Es ist das zweite Besuchswochenende am Stück. Vor zwei Wochen stand ich vor verschlossener Tür, und es war niemand zu Hause. Die Uhrzeit, zu der ich Maria holen wollte, hatte ich am Abend davor noch einmal telefonisch abgesprochen.“

„Warum haben Sie sich nicht bei mir gemeldet?“

„Christl hat mir erklärt, den Termin vollkommen vergessen zu haben. Eine glatte Lüge, das ist klar. Aber ich dachte, wenn ich es ihr dieses eine Mal durchgehen lasse, kommt sie mir beim nächsten Mal vielleicht entgegen. Falsch gedacht! Ich möchte, dass es für Maria so harmonisch wie möglich abläuft“, gestand er frustriert.

Er war noch immer total aufgewühlt.

„Heute, das war wirklich schrecklich und grausam. Maria war in ihrem Zimmer. Ich nehme an, die Tür war abgeschlossen, denn sie wollte zu mir herunterkommen. Da es nicht ging, stand sie weinend am Fenster. Ich konnte nichts tun, und mir blieb nichts anderes übrig, als zu gehen.“

Lars Stimme wurde rau. Sein Kind litt, und er konnte es nicht beschützen. Das war nahezu unerträglich für ihn.

„Wie kann Christl Maria so etwas antun? Sie hat doch Pädagogik studiert und mit Jugendlichen gearbeitet, die eine schwere Kindheit hatten. Will sie, dass unser kleines Mädchen irgendwann dieselben Probleme hat, sich in die Gesellschaft zu integrieren? Was soll das? Ich begreife es nicht!“, ereiferte er sich, und seine Traurigkeit schlug in Zorn um.

„Herr Eckbert, haben Sie Zeugen für den Vorfall heute?“, fragte die Anwältin sachlich, ohne auf seine Gefühle einzugehen. Für sie gehörte das, was er da erlebte, zum beruflichen Alltag. Viele Paare waren nach der Scheidung nicht in der Lage, ihre persönlichen Differenzen von ihren Kindern fernzuhalten. Die Konflikte wurden leider oft auf dem Rücken der Kinder ausgetragen.

Lars erinnerte sich, seine frühere Nachbarin im Garten gesehen zu haben. Er hatte sich immer gut mir ihr verstanden und ging davon aus, dass sie für ihn aussagen würde.

„Gut, dann kümmere ich mich darum!“, sicherte die Anwältin ihm zu.

***

In den folgenden vier Wochen verhinderte Christl Mayer, dass Lars seine Tochter sah oder auch nur mit ihr telefonierte. Er war froh, als es endlich zu einer Anhörung vor Gericht kam. Dennoch klagte er nur die Einhaltung seines Besuchsrechtes ein und forderte ganz bewusst nicht das volle Sorgerecht für sein Kind.

Maria liebte ihre Mami, und er war überzeugt, dass er ihr schadete, wenn er sie Christl wegnahm. Er wollte einfach nur ein Teil des Lebens seiner Tochter sein dürfen. Im Zentrum stand für ihn die Frage, was gut für Marias Entwicklung war und womit es der Kleinen am besten ging.

„Lars, du wohnst nicht mehr hier, aber ich. Ich muss mit Christl auskommen. Es tut mir leid, was da passiert – vor allem für Maria, aber ich halte mich raus. Ich hoffe, du verstehst das!“, hatte die Nachbarin sich geweigert, eine Aussage zu machen und offiziell angegeben, an dem Tag nichts mitbekommen zu haben.

Zum Glück erwies sich die Aussage als unnötig, denn Christl Mayer stritt nicht ab, ihm das Kind verweigert zu haben. Sie hatte sich für eine völlig andere Strategie entschieden, auf die er nicht vorbereitet war.

„Ich bin selbst zu betroffen, um auch nur darüber reden zu wollen. Mein früherer Mann zwingt mich zu reagieren, obwohl ich lieber geschwiegen hätte. Die Verantwortung für das Wohl meiner Tochter zwingt mich zu handeln“, begann sie mysteriös und wirkte dabei geradezu erschüttert und verstört.

„In welcher Hinsicht stellt Herr Eckbert eine Gefahr für seine Tochter dar?“, wollte die Richterin wissen.

„Ich möchte nicht, dass meine Tochter noch einmal mit ihm alleine ist. Das letzte Mal kam sie mit Blutergüssen am ganzen Körper zurück und hatte eine Wunde an der Stirn, die mit fünf Stichen genäht worden war“, ließ Christl die Bombe platzen.

„Das war ein Unfall auf dem Spielplatz, und meine Exfrau hat selbst gesagt, dass es jedem hätte passieren können – auch ihr!“

Fassungslos sprang Lars auf und schwieg erst, als er den tadelnden Blick der Richterin bemerkte.

„Entschuldigen Sie meine Unbeherrschtheit!“, murmelte er und setzte sich wieder hin. Was Christl da tat, war einfach unerhört und gemein. Sie wusste genau, dass Maria beim Klettern auf dem Spielplatz vom Kletterturm heruntergefallen war. Er hatte nur zwei Schritte entfernt gestanden und sie auffangen wollen, war aber zu langsam gewesen.

„Mein Mann hat mir bei der Übergabe gestanden, dass er abgelenkt war und nicht aufgepasst hat. Er hat sich Vorwürfe gemacht, weil er wusste, dass so etwas nicht passieren darf“, fuhr Christl Mayer fort, ohne in Lars Richtung zu sehen.

Er musste ihre Angaben bestätigen, obwohl er vor verhaltener Entrüstung förmlich bebte. Natürlich hatte er sich Vorwürfe gemacht! Maria hatte schrecklich geweint. Da machte man sich Vorwürfe, ob man nun nachlässig gewesen war oder nicht.

Aber Maria war kein Kleinkind mehr und klagte ihre Freiheiten ein. Sie musste sich erproben dürfen. Da sie oft eher scheu, schüchtern und ängstlich war, hatte sich Lars darüber gefreut, mit welcher Begeisterung sie mit den anderen Kindern geklettert war.

Ja, er hatte gerade geschäftlich telefoniert, als sie den Halt verlor und fiel. In der Redaktion war an dem Wochenende die Hölle los gewesen, und eigentlich hätte er dort sein müssen. Die Zeit mit Maria war ihm wichtiger gewesen. Er hatte das Telefon fallen lassen und war zu seiner Tochter gerannt, aber das zählte anscheinend nicht.