Chefarzt Dr. Holl 1824 - Katrin Kastell - E-Book

Chefarzt Dr. Holl 1824 E-Book

Katrin Kastell

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Beschreibung

Jedes Jahr geben Melissa und Sascha Schwarz ein Fest zu Ehren ihrer Tochter. In diesem Jahr wird Kira fünf Jahre alt, und alle sollen sehen, was für ein begabtes Kind sie ist.
Soeben kündigt das stolze Ehepaar an, dass die Kleine nun einige Stücke auf dem Klavier spielen wird. Auch Dr. Stefan Holl und seine Frau Julia gehören zu den Gästen und warten gespannt auf Kiras Auftritt.

In einem reizenden Abendkleid tritt die zarte, kleine Künstlerin an den Flügel. "Oh, wie süß", raunen die Gäste, nur Julia Holl fährt der Schreck in die Glieder, denn Kira sieht furchtbar krank aus. Dennoch spielt sie fehlerfrei ihre Klavierstücke und erntet großen Beifall. Doch während noch tosender Applaus ertönt, bricht das kleine Mädchen plötzlich zusammen und windet sich in einem Krampfanfall neben dem Klavier auf dem Boden ...

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Seitenzahl: 115

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Puppen haben keine Tränen

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Uximetc pavel/shutterstock

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5718-9

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Puppen haben keine Tränen

Aber kleine Mädchen weinen, wenn sie traurig sind

Von Katrin Kastell

Jedes Jahr geben Melissa und Sascha Schwarz ein Fest zu Ehren ihrer Tochter. In diesem Jahr wird Kira fünf Jahre alt, und alle sollen sehen, was für ein begabtes Kind sie ist.

Soeben kündigt das stolze Ehepaar an, dass die Kleine nun einige Stücke auf dem Klavier spielen wird. Auch Dr. Stefan Holl und seine Frau Julia gehören zu den Gästen und warten gespannt auf Kiras Auftritt.

In einem reizenden Glitzerkleid tritt die zarte, kleine Künstlerin an den Flügel. »Oh, wie süß«, raunen die Gäste, nur Julia Holl fährt der Schreck in die Glieder, denn Kira sieht furchtbar krank aus. Dennoch spielt sie fehlerfrei ihre Klavierstücke und erntet großen Beifall. Doch während noch tosender Applaus ertönt, bricht das kleine Mädchen plötzlich zusammen und windet sich in einem Krampfanfall neben dem Klavier auf dem Boden …

„Liebling, müssen wir da unbedingt hin? Fällt dir keine gute Ausrede ein?“, stöhnte Julia Holl und sah ihren Mann, Dr. Stefan Holl, den Klinikleiter der Berling-Klinik in München, bittend an. Normalerweise begleitete sie ihn immer klaglos und gerne, wenn er gesellschaftliche Verpflichtungen hatte.

Julias Vater, Dr. Walter Berling, hatte einst die Klinik gegründet, als sie noch ein kleines Mädchen war. Sie wusste, dass es mehr erforderte, als ein hervorragender Arzt zu sein, um eine teure Privatklinik durch die Stürme der Zeit zu manövrieren. Man musste Stratege sein und sich in der Öffentlichkeit gut platzieren, um die dringend erforderlichen Spendengelder zu bekommen, ohne die es nicht ging.

„Tut mir leid, Julia! Ich weiß, wie sehr du dieses jährliche Event ablehnst, aber Sascha Schwarz und seine Frau sind wichtige Förderer“, antwortete ihr Mann bedauernd.

Es war später Samstagnachmittag, und er wäre auch lieber zu Hause geblieben und hätte zur Entspannung noch ein wenig im Garten seiner Villa gearbeitet. Wobei er es nicht ganz so schrecklich fand wie Julia, dass Melissa und Sascha Schwarz seit der Geburt ihrer Tochter vor fünf Jahren, deren Geburtstag zum Anlass für eine große Einladung zum Abendessen nahmen.

„Ich weiß!“ Julia ging mit Leidensmiene zu ihrem Kleiderschrank, um sich etwas Passendes für den Abend zurechtzulegen.

„Ich könnte alleine gehen und dich mit einer zünftigen Erkältung entschuldigen“, bot Stefan Holl großzügig an, dem es leidtat, wie sehr sie sich zwingen musste.

„Wir haben Hochsommer, und ich erfreue mich bester Gesundheit. München ist ein Dorf, wenn es um solche Lügen geht. Ich würde mit Sicherheit auf Schritt und Tritt in die Falschen hineinlaufen, sobald ich nur das Haus verließe. Nein, an guten und an nicht so tollen Tagen, Mann meines Herzens! Ich leide tapfer an deiner Seite“, winkte sie mit einem schrägen Lächeln ab.

„Kira scheint mir gut mit dem Brimborium um ihre Person zurechtzukommen“, meinte Stefan begütigend, der die Fünfjährige eigentlich recht süß fand, wie sie von ihren Eltern für die Öffentlichkeit herausgeputzt und vorgeführt wurde.

„Das Mädchen wird dieses Jahr fünf, Stefan. Ein paar Jahre kann sie sich noch nicht wehren, aber ich hoffe, wenn sie in die Pubertät kommt, zahlt sie es ihrem Vater und ihrer Mutter heim! Niemand sollte derart vorgeführt werden. Sie machen ihre Tochter zu einem süßen Zirkusäffchen und scheinen keinen Gedanken daran zu verschwenden, was sie ihrem Kind damit antun.“

„Vielleicht mag sie es sogar. Die ganze Aufmerksamkeit muss ihr nicht unbedingt schaden. Wenn sie …“ Stefan Holl brach ab.

Es gab Bereiche, über die man mit Julia nicht diskutieren konnte, und das Wohl eines Kindes gehörte dazu. Ihrer Überzeugung nach grenzte das, was Sascha und Melissa Schwarz mit ihrer Tochter machten, an Missbrauch.

Kira war das Maskottchen und Werbesymbol des erfolgreichen Unternehmens ihrer Eltern.

Melissa und Sascha Schwarz waren innerhalb weniger Jahre zu Stars am Modehimmel geworden. Ihre Kollektionen wurden nicht in Mailand oder Paris vorgeführt, aber für zwei Euro konnte man so ziemlich alles von ihnen haben, und für zwanzig Euro gab es ein Hochzeitskleid für jede Figur.

Wegwerfkleidung – anhand eines wachsenden Müllberges konnte man diese Mode mit gemischten Gefühlen betrachten, aber von den Konsumenten wurde die Idee mit Begeisterung aufgenommen. Die Einmal-Kleidung wurde in halb Europa so ziemlich überall verkauft und machte das junge Paar innerhalb kürzester Zeit mehr als nur reich.

Mit T-Shirts, die nach spätestens zweimal Waschen in ihre Bestandteile zerfielen, stieg das junge Paar als leuchtender Stern am Firmament der Münchner Gesellschaft auf.

Sascha und Melissa Schwarz gehörten zu den vermögendsten Mitgliedern des Clubs der Reichsten der Reichen, und keiner von ihnen kam ursprünglich aus einem vermögenden Elternhaus, soweit Stefan wusste.

Man bewunderte sie für ihren Erfolg und akzeptierte sie als Trendsetter. Vor allem die jungen Reichen der Stadt, die ihr Vermögen in der Regel irgendwann erben würden, ahmten nach, was immer Sascha und Melissa für witzig hielten, und verkehrten häufig in ihrer Villa.

Sascha trug gerne eine kleine Wollkappe – inzwischen waren Kappen ein Statussymbol und im Preis enorm gestiegen.

Melissa ging oft in der Öffentlichkeit barfuß und trug so gut wie nie hohe Absätze. Die Füße zahlloser junger Frauen, die ansonsten tapfer gestöckelt waren, dankten es ihr mit weniger Deformierungen.

Saschas und Melissas triumphierendes Gewinnerlächeln strahlte einem fast wöchentlich von einer Zeitung entgegen. Dementsprechend oft tauchte auch Kira in der Öffentlichkeit auf.

Das kleine Mädchen musste jeden Schritt seiner Entwicklung öffentlich vorführen. Für seine unschuldigen Kinderkritzeleien gab es Spendenauktionen, auf denen sie versteigert wurden. Und es gab tatsächlich Menschen, die dafür ein kleines Vermögen boten – natürlich alles nur für die gute Sache, was das auch immer gerade war.

Kira musste vor Publikum singen, tanzen, Männchen machen, und ihre wundersame Begabung wurde allgemein gefeiert, ohne dass jemand hätte zu sagen vermocht, worin sie genau bestand. Sie war eine Art Kinderstar, einfach, weil sie ein Kind war und reiche Eltern hatte.

Julia Holl beobachtete den Trubel mit Mitgefühl. Dem kleinen Mädchen wurde jede normale Entwicklung verwehrt. Es wurde zum Wunderkind stilisiert, ohne im eigentlichen Sinn ein Wunderkind zu sein.

Kira spielte Klavier, wie es für eine Fünfjährige durchaus üblich war, und machte Auftritte mit ihren Kinderliedchen. Sie tanzte und sang nicht wesentlich besser als Gleichaltrige, aber was sie auch tat, wurde aufgebauscht und vermarktet.

Jedes Jahr feierten Sascha und Melissa Schwarz den Geburtstag ihrer Tochter mit einer großen Einladung, zu der sie die Größen der Münchner Gesellschaft einluden und ihre europäischen Geschäftspartner. Das Kind war dabei die Hauptattraktion und hatte zu demonstrieren, was es in dem verflossenen Jahr dazugelernt hatte.

Kira wurde als Showeinlage genutzt, und ob es nun die Aufnahmen ihrer ersten eigenen Schritte gewesen waren oder ihr erster Strich mit einem Buntstift auf Papier – seit ihrer Geburt war sie ein öffentliches Ereignis.

„Geld muss nicht immer ein Segen sein“, brummte Julia mürrisch vor sich hin, als Stefan und sie am frühen Abend ins Auto stiegen. „Millionen und Erfolg machen aus unreifen Eltern noch lange keine Erwachsenen.“

„Millionen und Erfolg stellen aber einen Freibrief aus, und was bei anderen als unreif gilt, ist plötzlich in aller Munde und wird nachgeahmt. Julia, du kannst die Welt nicht ändern, und dich über etwas aufzuregen, was sich nun einmal nicht ändern lässt, ist Kraft- und Zeitvergeudung“, meinte Stefan Holl weise.

Er bot seiner Eheliebsten noch einmal an, zu Hause zu bleiben, obwohl es ihm natürlich viel lieber war, wenn sie ihn begleitete.

„Ich lasse mich dort sehen, esse ein paar Happen vom Büffet, und anschließend schleiche ich mich still und heimlich davon. Dann genießen wir zwei beide den restlichen Abend zusammen. Was meinst du?“, fragte er sie.

„Ich komme mit!“, bestimmte Julia und schlug die Beifahrertür demonstrativ zu. „Das mit dem Wegschleichen hört sich aber trotzdem wunderbar an. Ich habe gehört, sie haben der Kleinen einen Steinway-Flügel gekauft und dass sie uns heute Abend darauf ein Konzert geben soll. Es geht durch die Zeitungen, wie viele Stunden am Tag man das Mädchen üben lässt. Das möchte ich nicht sehen. Es ist einfach zu grausam.“

„Großes Spendensammlerehrenwort: Wir gehen vorher! Aber bist du nicht etwas zu streng? Sie sind eben wie alle Eltern stolz auf ihre Tochter und wollen das mit aller Welt teilen. Irgendetwas müssen sie doch mit all ihrem Geld anfangen …“

„Wenn es bloß elterlicher Stolz wäre, würde ich darüber schmunzeln! Stefan, siehst du es wirklich nicht? Kira hat außerordentlich zu sein, weil ihre Eltern sich für außerordentlich halten. Kannst du dir den Druck vorstellen, unter dem das Kind beständig steht?“

Stefan zuckte schweigend die Achseln. Er fand, dass Kinder und Jugendliche ohnehin unter enormem Druck standen. Davor konnte man sie nicht bewahren. Es war unglaublich, was sie in kürzester Zeit für Kompetenzen erwerben und lernen mussten, und ständig standen sie in Konkurrenz zueinander.

Sie wurden verglichen, gelobt, getadelt, bewertet von morgens bis abends. Er fand es nicht verwunderlich, dass immer mehr Kinder unter psychosomatischen Erkrankungen litten. Kinderärzte klagten, dass sie im Grunde Psychologen hätten sein müssen. Bauchweh, Übelkeit, Erbrechen waren häufige Symptome morgens auf dem Schulhof. Nein, schön war es nicht unbedingt, Kind zu sein.

„Kira hat erbarmungslos zu funktionieren, ohne dass sie in ihrer Persönlichkeit wahrgenommen und gefördert wird. Ihre Grenzen werden permanent verletzt. Hättest du einer unserer vier Pappnasen so eine Kindheit gewünscht?“, fuhr Julia in ihrem Gedankengang fort, und damit hatte sie ihren Mann erreicht.

Julia und Stefan hatten vier Kinder. Ihre Zwillinge Dani und Marc studierten bereits, wohnten aber noch zu Hause. Chris, ihr Fünfzehnjähriger, kämpfte mit den Tücken der Pubertät und die ganze Familie mit ihm. Und Juju, das elfjährige Nesthäkchen, schaffte es, alle zum Lachen zu bringen und sich rundum verwöhnen zu lassen.

Stefan Holl liebte seine Kinder und schätzte jedes auf seine ganz eigene Weise. Genau wie seine Frau war er immer der Ansicht gewesen, dass jeder Mensch etwas Kostbares und Einzigartiges auf die Erde mitbrachte. Eltern waren ihrer Überzeugung nach dafür da, dem Kind dabei zu helfen, seine ureigene Schönheit und Besonderheit zu entdecken.

„So habe ich es nie gesehen, Julia. Nein, ich hätte für keines unserer Kinder so eine Kindheit gewollt. Unter keinen Umständen!“, musste Stefan seiner Frau recht geben und schüttelte sich bei der Vorstellung.

„Ich auch nicht. Hoffen wir, dass Kira irgendwie damit zurechtkommt und keinen Schaden nimmt! Und jetzt bringen wir diese verflixte Geburtstagsfeier hinter uns! Es sind doch nur ein paar Stunden“, machte Julia sich Mut.

***

„Kira, Spatz, hör auf zu üben und komm her! Heute ist dein Geburtstag, heute kannst du alles!“, versuchte Bettina Arendt, das neue Kindermädchen, Kira etwas aufzuheitern, aber kein Lächeln erhellte die traurige Miene des Kindes. Mit fiebrigen Augen und vor Aufregung zitternd saß es an seinem Klavier im Kinderzimmer und übte seit dem frühen Morgen.

„Mama sagt, ich bin böse, weil ich ständig falsch spiele. Ich will doch gar keine Fehler machen! Ich will, dass Mama mich lieb hat.“ Tränen rannen über die geröteten Wangen, und wieder verhaspelten sich die Finger auf der Tastatur, und die Verzweiflung kannte keine Grenzen.

„Kleines, deine Mama hat dich lieb, ob du nun die richtigen Tasten triffst oder nicht!“

Bettina Arendt war Mitte fünfzig und hatte selbst drei Kinder großgezogen und als Kindermädchen im Lauf der Jahre viele Kinder und Jugendliche begleitet. Ein Kind wie Kira war ihr allerdings noch nie untergekommen.

Das Mädchen schien mit fünf Jahren schon nahezu erwachsen zu sein. Es wusste nicht mehr, wie man lachte, spielte oder Spaß hatte. Mit einem unglaublichen Pflichtbewusstsein arbeitete es die Aufgaben ab, die seine Eltern ihm unentwegt stellten.

Sascha und vor allem Melissa Schwarz merkten anscheinend nicht, wie sehr sie damit ihr Kind überforderten.

„Schluss! Aus! Du bist spitze! Nachher werden alle klatschen und begeistert sein. Aber jetzt wird nicht mehr geübt. Du bläst jetzt die Kerzen auf deinem Geburtstagskuchen aus, und wir feiern ein wenig, bevor die Meute kommt!“

Bettina zog das Mädchen von der Klavierbank hoch zu dem kleinen Tisch, auf dem ein Rührkuchen mit fünf Kerzen, den sie selbst gebacken hatte, und ein kleines Geschenk für Kira warteten.

„Ist das für mich?“ Kira nahm das bunt verpackte Geschenk, und das erste Mal an ihrem Geburtstag lächelte sie und hatte etwas Kindliches an sich.

Da öffnete sich schwungvoll die Tür des Kinderzimmers, und Melissa Schwarz stürmte, ohne anzuklopfen, herein, wie sie es immer tat.

Bettina hatte jedes Mal das Gefühl, die Mutter kam nur zur unangekündigten Kontrolle und Inspektion. Sie blieb immer nur ein paar Minuten, tadelte, gab Anweisungen, dann stürmte sie wieder hinaus. Liebkosungen oder liebe Worte für das Kind gab es bei diesen Inspektionen nicht.

Obwohl Bettina gerade erst vier Wochen für die Familie tätig war, atmete sie bereits dankbar auf, wenn Mutter und Vater wie meist irgendwo in Europa oder Asien Geschäftsbesprechungen hatten und nicht in der Villa waren. Ohne die Eltern war es leichter, und Kira war deutlich entspannter.

„Du übst nicht?!“, kam es sofort voller Tadel und Vorwurf. „Kannst du die drei Stücke etwa fehlerlos spielen?“

„Mama, ich …“

„Keine Ausreden, kleine Dame! Setz dich ans Klavier und spiele es mir vor! Jetzt!“, befahl die Mutter streng.

Kira legte ihr Geschenk wieder auf den Tisch, ohne es ausgepackt zu haben, und schlich niedergeschlagen zum Klavier. Vor ein paar Tagen hatte sie die drei Stücke recht gut gekonnt. An diesem Morgen aber waren ihr die Noten auf dem Papier völlig fremd, als ob sie noch nie einen Blick darauf geworfen hätte. Ihre Finger wussten einfach nicht, wohin sie sollten.

Das Kind hatte Halsschmerzen und fühlte sich elend, aber das sagte es nicht einmal dem netten Kindermädchen. Kindermädchen bekamen Probleme und wurden entlassen, wenn sie der Mama etwas sagten, was die nicht hören wollte. Es war viel besser, wenn man den Mund hielt und die Dinge alleine mit sich ausmachte.