Chefarzt Dr. Holl 1825 - Katrin Kastell - E-Book

Chefarzt Dr. Holl 1825 E-Book

Katrin Kastell

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Beschreibung

Ihr Lachen ist wie ein Sonnenstrahl an einem dunklen Regentag, denkt Dr. Stefan Holl, als er Franziska Conradi begrüßt. Das Leuchten in ihren Augen verrät, wie glücklich sie ist!
Und wirklich - Franzi, wie die junge Frau von all ihren Freunden genannt wird, ist unendlich glücklich und verliebt. Von Dr. Holl möchte sie nun wissen, ob sie schwanger ist.

"Ein Baby wäre die Krönung unseres Glücks", verrät sie dem Arzt. "Daniel, mein zukünftiger Mann, und ich wünschen uns eine große Familie."

Dr. Holl hört sich die schwärmerischen Worte mit einem leichten Schmunzeln an, doch das Lachen vergeht dem Arzt, nachdem er Franziska untersucht hat. Seine Diagnose wird alle Hoffnungen der jungen Frau mit einem Schlag zerstören ...

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EPUB

Seitenzahl: 125

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Inhalt

Cover

Impressum

Wenn Tränen auf rote Rosen fallen

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Miramiska/shutterstock

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-5808-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Wenn Tränen auf rote Rosen fallen

Dr. Holl und das Schicksal einer verlassenen Braut

Von Katrin Kastell

Ihr Lachen ist wie ein Sonnenstrahl an einem dunklen Regentag, denkt Dr. Stefan Holl, als er Franziska Conradi begrüßt. Das Leuchten in ihren Augen verrät, wie glücklich sie ist!

Und wirklich – Franzi, wie die junge Frau von all ihren Freunden genannt wird, ist unendlich glücklich und verliebt. Von Dr. Holl möchte sie nun wissen, ob sie schwanger ist.

„Ein Baby wäre die Krönung unseres Glücks“, verrät sie dem Arzt. „Daniel, mein zukünftiger Mann, und ich wünschen uns eine große Familie.“

Dr. Holl hört sich die schwärmerischen Worte mit einem leichten Schmunzeln an, doch das Lachen vergeht dem Arzt, nachdem er Franziska untersucht hat. Seine Diagnose wird alle Hoffnungen der jungen Frau mit einem Schlag zerstören …

Dr. Stefan Holl schaute auf die Uhr. Er fühlte sich heute nicht besonders fit, das lag wahrscheinlich an der Hitze. Es war zwar erst Ende Mai, und doch herrschten schon hochsommerliche Temperaturen.

„Na, Annchen, schwitzen Sie heute auch so?“

„Nur unter der Zunge, Herr Doktor“, antwortete die beste Kraft des Chefarztes und lachte. Schwester Annegret legte ihm eine Karteikarte auf den Schreibtisch. „Das ist die letzte Patientin, dann können Sie endlich Mittag machen.“

„Das ist ja schon ein kleiner Lichtblick.“ Stefan Holl seufzte, als er an den Nachmittag dachte. Vielleicht musste er sogar bis zu den frühen Abendstunden in der Klinik bleiben, denn zwei schwierige Geburten standen noch an, bei denen er dabei sein wollte.

Schwester Annegret kannte die Angewohnheiten ihres Chefs und wusste, dass er zunächst einen Blick auf die Karteikarte warf. Sie ließ ihn stets ein paar Minuten Zeit, bevor sie die Patientin zu ihm schickte.

Dr. Holl stutzte, als er den Namen auf der Karteikarte las: Franziska Conradi. Sein Freund Hubert hatte eine Tochter namens Franziska.

Erfreut stand er auf, als tatsächlich Franziska ins Sprechzimmer kam.

„Das nenne ich eine gelungene Überraschung“, sagte er und drückte ihre Hand. „Franzi, du wirst immer hübscher.“

„Und du bist und bleibst ein Charmeur, Stefan“, erwiderte sie. Früher hatte sie Onkel Stefan zu ihm gesagt, doch das hatte er sich schon vor ein paar Jahren verbeten.

„Bei deinem Anblick geht einem das Herz auf.“ Er trat einen Schritt zurück. „Lass dich anschauen!“

Ein gutes Jahr war vergangen, seit er sie zum letzten Mal gesehen hatte. Vielleicht täuschte er sich, doch er hatte den Eindruck, dass Franzi reifer, fraulicher geworden war.

Ihr Haar zeigte einen warmen Goldton, und das dunkle Grün der Augen war tief und geheimnisvoll wie der Schatten des Waldes. Sie ist nicht mehr ganz so dünn wie früher, ging es ihm durch den Kopf, und das war in seinen Augen gut so.

„Zufrieden?“ Franzi lachte und zeigte Zähne, ebenmäßig wie Perlen.

„Der Mann, der dich einmal bekommt, ist zu beneiden“, sagte er, schob eine Hand leicht unter ihren Arm und führte sie zum Sessel am Schreibtisch. „Bitte, nimm Platz. Ich bin neugierig, was dich zu mir führt.“

„Nichts Schlimmes, Stefan, ich glaube, ich bin schwanger“, antwortete sie und errötete leicht.

„Glauben heißt nichts wissen“, entgegnete er lakonisch. „Willst du mir vielleicht sagen, dass du keinen Test gemacht hast? Das ist bei den jungen Frauen heutzutage doch selbstverständlich.“

„Doch, habe ich, aber er war negativ.“

„Und trotzdem glaubst du, schwanger zu sein?“ Er ließ sich nieder und verschränkte die Finger. „Die Tests aus den Apotheken sind normalerweise sehr zuverlässig. Jedenfalls habe ich noch nichts Gegenteiliges gehört.“

Sie zuckte mit den Schultern. „Ich weiß auch nicht, was los war. Vielleicht habe ich ja was falsch gemacht. Jedenfalls bin ich mit der Periode schon zwei Wochen über die Zeit, und das ist bei mir ungewöhnlich.“ Sie stellt eine kleine Flasche auf den Tisch. „Den Urin habe ich mitgebracht. Du wirst ihn sicher untersuchen.“

„Nicht nur das, ich möchte auch dich gründlich checken“, sagte er und zog die Karteikarte heran. „Aber zuerst brauche ich ein paar Auskünfte, denn eine vernünftige Anamnese ist unerlässlich.“

„Muss das sein? Ich … ich mag diesen Stuhl nicht. Er ist in meinen Augen das reinste Folterinstrument. Genügt es denn nicht, wenn du …“

„Bitte, Franzi, wenn du schon zu mir kommst, dann möchte ich dich auch gründlich untersuchen“, unterbrach er sie sachlich. „Ich weiß, es ist für Frauen nicht angenehm, doch ich versichere dir, ich bin so behutsam wie möglich. So, du bringst Schwester Annegret den Urin. Sie wird dir Blut abnehmen, denn die Werte müssen im Labor bestimmt werden. Und dann zeigt sie dir die Umkleidekabine.“

Seufzend ließ Franzi ihn allein. Natürlich wusste sie, dass eine gründliche Untersuchung nicht zu umgehen war. Sie musste in den sauren Apfel beißen.

Schwester Annegret, die bei jeder Untersuchung anwesend war, lachte und scherzte mit Franziska Conradi, denn die erfahrene Schwester spürte, wie verkrampft die junge Frau war.

Dr. Holl untersuchte die Tochter seines Freundes gründlich und erstellte einen Tastbefund. Er führte auch eine Ultraschalluntersuchung durch, obwohl er fast sicher war, dass auf dem Monitor noch nichts zu erkennen war. Wenn Franzis Angaben zutrafen, so war die Leibesfrucht erst einige Millimeter groß.

„So, du kannst dich wieder anziehen“, meinte er aufmunternd, als er sich dem Waschbecken zuwandte.

„Das war schon alles?“ Sie klang erleichtert. „Ich habe es mir schlimmer vorgestellt.“

„Unser Herr Doktor ist für seine sanften Hände bekannt, Frau Conradi“, sagte Schwester Annegret. „Sie wollten es ja nicht glauben“

„Ich nehme alles zurück.“ Franzi lachte und ergriff gern die Hand der Schwester, die ihr vom Stuhl half.

Während Franzi sich ankleidete, untersuchte Dr. Holl den Urin der Patientin in der Zentrifuge. Der Chefarzt strahlte, als er ins Sprechzimmer kam.

„Herzlichen Glückwunsch, Franzi, bald wird der gute Hubert Großvater!“ Dr. Holl setzte sich zu ihr. „Wer ist denn der glückliche Vater? Kenne ich ihn?“

„Sagt dir der Name Oppermann etwas?“ Sie lächelte spitzbübisch. „Er hat entfernt auch etwas mit Medizin zu tun.“

Dr. Holl runzelte die Stirn. „Auf Anhieb fällt mir nur die Präzisionsoptik Oppermann ein. Ich glaube, die stellen unter anderem hochwertige Mikroskope her. Oder bringe ich da etwas durcheinander?“

„Nein, nein, du liegst goldrichtig.“ Franzi strahlte. „Daniel Oppermann und ich sind seit einem guten halben Jahr liiert.“

„Und er hat dir schon einen Antrag gemacht?“

„Igitt, Stefan, bist du altmodisch!“

„Wieso? Ist ein Heiratsantrag uncool?“ Er lächelte verschmitzt. „Sorry, manchmal vergesse ich, dass ich schon ein paar Jährchen auf dem Buckel habe.“

„Die man dir nicht ansieht“, schmeichelte sie. „Ich finde, du siehst umwerfend aus, Stefan. Leider stehe ich nicht auf reife Herren, sonst hätte Julia eine nicht zu unterschätzende Konkurrentin.“

Der Chefarzt wurde ernst. „Mal ehrlich, Franzi: Wird er dich heiraten?“

„Er liebt mich“, antwortete sie und runzelte die Stirn. Die eindringliche Frage des Klinikchefs verunsicherte sie. Bis heute hatte sie sich noch keine Gedanken über eine feste Bindung gemacht, doch wenn sie ehrlich war, so musste sie sich eingestehen, dass sie eine Hochzeit für selbstverständlich gehalten hatte.

Franzi begegnete Dr. Holls fragendem Blick und zuckte mit den Schultern.

„Und wenn er mich nicht will, dann kann ich immer nach Hause kommen, Papa nimmt mich mit offenen Armen auf.“

Dr. Holl lächelte verhalten. Es klang trotzig und so, als müsse Franzi sich selbst überzeugen.

„Ich wollte dich nicht verunsichern, Franzi, und ich freue mich, dass du nicht sofort an eine Abtreibung denkst.“

„Ich bitte dich, Stefan, so etwas kommt für mich überhaupt nicht infrage.“ Empört schaute sie ihn an. „Und zwar nicht aus religiösen Gründen. Weißt du, ich kann Frauen ja noch verstehen, wenn sie in Not sind und nicht wissen, wie sie ein Kind großziehen sollen. Aber ich habe doch gar keine Veranlassung dazu. Ich habe einen Vater, der absolut hinter mir steht, zu dem ich jederzeit kommen kann.“

Dr. Holl nickte. O ja, Hubert Conradi war ein geradliniger Mensch, einer, auf den man sich stets verlassen konnte. Insgeheim bezweifelte der Chefarzt jedoch, ob der bekannte Architekt es hinnehmen würde, dass ein Mann seine Tochter verschmähte. Doch das stand auf einem anderen Blatt.

„Tja, Franzi, dann sehen wir uns in drei oder vier Wochen wieder“, sagte er und stand auf. „Die regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen sind unerlässlich, denn sie dienen dir und dem Kind. Schwester Annegret gibt dir noch den Mutterpass, den du immer bei dir tragen musst, denn auf ihm sind alle wichtigen Daten vermerkt. Solltest du – was ich nicht hoffen will – einen Unfall haben oder aus anderen Gründen ärztliche Hilfe benötigen, so hast du stets alle wichtigen Daten zur Hand.“ Dr. Holl begleitete die schöne Patientin zur Tür. „Grüße deinen Vater von mir. Ich denke, du wirst ihn schon sehr bald einweihen, oder?“

„Darauf kannst du dich verlassen, Stefan, und ich freue mich jetzt schon auf sein Gesicht.“ Franzi kicherte. „Ich bin mir nicht sicher, ob er schon Großvater sein will. Jedenfalls nicht, wenn er bei irgendwelchen Festen der Mittelpunkt der Damenwelt ist.“

„Ich bin sicher, er wird mich anrufen“, sagte Dr. Holl. In seinen Augen lag ein vergnügtes Funkeln. „Dann werde ich ihm schon sagen, wie schön es ist, seinen Enkel auf den Knien zu wiegen. Grüße ihn von mir.“

„Es wird mir ein Vergnügen sein.“ Franzi stellte sich auf die Zehenspitzen und gab dem Arzt einen Kuss auf die Wange. „Bis bald, Stefan.“

***

Niemand, der ihn nicht kannte, vermutete, dass Wilhelm Oppermann in knapp zwei Jahren schon sechzig wurde. Bill, wie seine Freunde ihn nannten, war durchtrainiert bis in die Zehenspitzen und fit wie ein Turnschuh. Sein Körper war nahtlos braun, denn im Souterrain seiner Villa befand sich neben dem Swimmingpool und der Sauna auch ein Solarium. Wilhelms Credo war: Eine gesunde Bräune signalisiert Erfolg.

Seine Frau Ute betrachtete ihn oft mit gemischten Gefühlen. Obwohl sie drei Jahre jünger war, kämpfte sie schon seit Jahren gegen die Spuren des Alterns und trug sich schon seit einiger Zeit mit dem Gedanken, beim Schönheitschirurgen ein paar Korrekturen vornehmen zu lassen.

War Ute Oppermann mit Freundinnen allein, behauptete sie gern und oft, dass das Schicksal ungerecht sei, indem es Männer im Alter interessanter erscheinen ließ. Falten und weiße Haare zeugten bei ihnen von Lebenserfahrung und Weisheit, während es bei Frauen nur hieß, sie seien eben alt.

An dieser Meinung konnte auch Utes beste Freundin Mona Faller nichts ändern. Mona war ein paar Jährchen älter und eine sehr erfolgreiche Anwältin. Sie ließ es jeden wissen, der es hören wollte: Ihre Falten waren die Wege ihres Lebens, und sie hatte nicht die Absicht, daran etwas zu ändern.

All das ging Ute durch den Sinn, als sie mit ihrem Mann telefonierte, der ihr mitteilte, dass sie heute Abend nicht auf ihn warten solle, da er mit Geschäftsfreunden unterwegs sei.

Wilhelm Oppermann legte bedächtig den Hörer auf. Grübelnd schaute er aus dem Fenster. Wie leicht ihm die Lügen über die Lippen gingen! Und je länger sein Verhältnis mit Betty dauerte, desto tiefer geriet er in den Strudel der Leidenschaft, desto häufiger benutzte er Ausreden, um die Abende nicht mit seiner Frau verbringen zu müssen.

Wilhelm saß in seinem elegant möblierten Büro in der obersten Etage des Verwaltungsgebäudes. Es war später Nachmittag, und Betty Beilheim, seine Sekretärin und Geliebte, hatte das Haus schon vor zwei Stunden verlassen, um sich auf seinen Besuch vorzubereiten.

Wilhelm wollte die leidenschaftlichen Stunden mit ihr nicht mehr missen. Ja, manchmal hegte er sogar den Verdacht, danach süchtig zu sein.

Es gab nur einen Wermutstropfen in dieser Beziehung: Bettys mehr oder minder versteckte Anspielungen auf eine Scheidung. Oh, sie verstand es ausgezeichnet, ihre Forderungen geschickt zu verpacken. Sie sprach von Liebe und einem gemeinsamen Leben. Vor allem aber wollte sie ein Kind von ihm. Das wäre für sie – wenn er ihr glauben durfte – die Krönung ihrer Liebe.

Der Chef der Oppermann-Werke verließ das Büro, und als er wenig später zum Parkplatz ging, folgte ihm so manch bewundernder Blick aus Frauenaugen. Selbst blutjunge Mitarbeiterinnen, die kaum einen Blick für ältere Semester hatten, versuchten die Aufmerksamkeit des großen dunkelhaarigen Mannes auf sich zu ziehen.

Wilhelm hatte für sein Umfeld kaum einen Blick. Er war in Eile, und wenig später rollte seine silbergraue Limousine vom Werksgelände.

Blumen waren bei Betty schon längst nicht mehr angesagt. Sie liebte Dinge, die von Dauer waren, und dazu zählte vor allem Schmuck.

Der Firmenchef lächelte still, als er die Hand in die Jackentasche versenkte und sich vergewisserte, dass er das längliche Etui auch nicht vergessen hatte.

Flüchtig dachte er an seine Frau und seufzte. Es war gut, dass Ute nicht wusste, wie viel Geld er schon in sein Verhältnis investiert hatte. Dabei gehörte der Schmuck noch zu den Kleinigkeiten. Eine hübsche Dreizimmerwohnung hatte Wilhelm seiner Geliebten geschenkt, und das schnittige gelbe Kabriolett war auch von ihm.

Wilhelm parkte nicht direkt vor dem Haus in der Rheinstraße, in der seine Sekretärin lebte. Er war ein vorsichtiger Mann, und er hatte Familie, auf die er Rücksicht nehmen musste.

„Noch“, knurrte er gepresst, als er zum Haus Nummer sieben spazierte. Irgendwann würde Betty sich nicht mehr mit Versprechungen zufriedengeben, irgendwann musste Wilhelm Oppermann sich entscheiden – für wen auch immer.

Natürlich besaß Wilhelm einen Schlüssel zur Wohnung, und als er die Diele betrat, krauste er leicht die Nase. Betty konnte es nicht lassen. Sie liebte Räucherstäbchen, und ganz besonders jene mit der Duftnote „Opium“.

Ihm war dieser Duft zu süß, zu schwer, doch er passte zu Betty. Sie war nicht Wilhelms erster Seitensprung, doch verglichen mit den anderen Frauen war Betty ein Vulkan. Wenn er sie in den Armen hielt, gab sie alles, verlangte aber auch das Letzte von ihm.

Manchmal fragte Wilhelm sich, ob diese Frau nur an das Eine denken konnte. Bettys Sinnlichkeit rief gemischte Gefühle in ihm wach. Es gefiel ihm, dass sie ihn begehrte, doch manchmal flößte ihm ihre Leidenschaft auch Angst ein. Angst, ihr eines Tages nicht mehr genügen zu können.

„Ich bin in der Küche, Bill!“

Es verschlug ihm fast den Atem, als er sie sah. Betty trug das flachsblonde Haar offen, und es reichte ihr fast bis zur Hüfte. Etwas Durchsichtiges hüllte ihren makellosen Körper ein, und das Eisblau passte gut zu ihren hellen Augen.

„Hast du Appetit mitgebracht?“ Sie schmiegte sich an ihn und schnurrte wie ein Kätzchen.

„O ja, ich habe noch nichts gegessen.“

„Diesen Appetit meinte ich nicht“, sagte sie und streichelte ihn auf eine Art, die ihm das Blut schneller durch die Adern trieb. „Komm“, raunte sie, nahm ihn bei der Hand und zog ihn ins Schlafzimmer. „Ich kann es kaum erwarten.“

Welcher Mann hörte das nicht gern! Wilhelm genoss es, dass sie ihm in wilder Gier die Kleider vom Leib riss.

Betty liebte es, die Initiative zu ergreifen, und sie verstand etwas von der Kunst der Liebe, so dass Wilhelm sich wie ein Instrument fühlte, das virtuos geführt wurde.

In Augenblicken wie diesem vergaß er alle Bedenken und ließ sich auf den Wogen der Leidenschaft hinwegtragen, um anschließend ermattet aufs rote Satinlaken zu sinken.