Chefarzt Dr. Holl 1830 - Katrin Kastell - E-Book

Chefarzt Dr. Holl 1830 E-Book

Katrin Kastell

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Beschreibung

Eduard Möllenberg und Patrizia Larsen haben in Rio gemeinsam eine Reportage über den dortigen Karneval gedreht. Die Zusammenarbeit hat bestens funktioniert, obwohl sich die beiden vorher gar nicht grün waren.

Privat kam es hingegen zu allerlei Verwicklungen. Nun macht sich Eduard große Sorgen um seine Kollegin, die gestern nach der Landung in München plötzlich totenbleich war und tiefe Schatten unter den Augen hatte. Nachdem Patrizia heute am Telefon nur wirr dahergeredet hat, macht Eduard sich sofort auf den Weg zu ihr. Auf sein Klingeln öffnet niemand, aber zum Glück kommt er ins Haus. Kurz darauf findet er Patrizia. Sie ist im Badezimmer zusammengebrochen und fantasiert im Fieber ...

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Seitenzahl: 110

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Inhalt

Cover

Impressum

Quälende Wochen auf der Isolierstation

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shironosov/iStockphoto

eBook-Produktion: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-6032-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Quälende Wochen auf der Isolierstation

Warum plötzlich niemand in ihrer Nähe sein durfte

Von Katrin Kastell

Eduard Möllenberg und Patrizia Larsen haben in Rio gemeinsam eine Reportage über den dortigen Karneval gedreht. Die Zusammenarbeit hat bestens funktioniert, obwohl sich die beiden vorher gar nicht grün waren.

Privat kam es hingegen zu allerlei Verwicklungen. Nun macht sich Eduard große Sorgen um seine Kollegin, die gestern nach der Landung in München plötzlich totenbleich war und tiefe Schatten unter den Augen hatte. Nachdem Patrizia heute am Telefon nur wirr dahergeredet hat, macht Eduard sich sofort auf den Weg zu ihr. Auf sein Klingeln öffnet niemand, aber zum Glück kommt er ins Haus. Kurz darauf findet er Patrizia. Sie ist im Badezimmer zusammengebrochen und fantasiert im Fieber …

„Hallo, Julia! Willkommen, Stefan! Immer nur hereinspaziert! Ihr kennt das doch. Papas Geburtstag ist jedes Jahr ein Volksauflauf, und wer immer kann, huldigt ihm. Den Größenwahn müssen dann Mama und wir Kinder für den Rest des Jahres ausbaden“, scherzte Patrizia Larsen, als sie Dr. Stefan Holl und seine Frau Julia ins Haus bat, in dem es von Gästen nur so wimmelte.

„Patrizia Larsen! Wirst du wohl damit aufhören, deinen alten Herren an seinem Ehrentag zu verunglimpfen“, schimpfte ihr Vater, der lachend an die Tür kam und das Ehepaar herzlich umarmte, während es ihm gratulierte.

„Was wahr ist, muss wahr bleiben“, konterte seine Tochter und bekam von ihm einen angedeuteten Stoß mit dem Ellenbogen in die Seite.

Dr. Lars Larsen feierte seinen siebzigsten Geburtstag. Unter den Gynäkologen Münchens war der alte Arzt eine Legende. Er hatte viel für die Frauenheilkunde in der Stadt geleistet. Unter seinen Gästen fanden sich zahlreiche Kollegen, aber auch Mütter, die seinem Einsatz und seiner Unterstützung verdankten, dass sie entgegen aller Prognosen eigene Kinder hatten.

Dr. Holl, der Leiter der Berling-Klinik in München und selbst Gynäkologe, ließ es sich nicht nehmen, öfter einmal bei seinem alten Lehrer und Freund vorbeizusehen, und der Besuch zum Geburtstag war Ehrensache. Dr. Larsen war eine besondere Persönlichkeit. Er hielt nie mit seiner Meinung hinter dem Berg, konnte, wenn es Not tat, direkt bis an die Grenze zur Unhöflichkeit sein, und zugleich war er ein einfühlsamer, sensibler Zuhörer.

„Stefan, sei froh, dass deine vier Kinder noch von dir abhängig sind und brav sein müssen! Seit Patrizia bekannt ist wie ein bunter Hund, ist sie unausstehlich geworden“, revanchierte sich Lars bei seiner Tochter für ihren Scherz.

„Papa! Du sollst doch nicht immer auf deiner Jüngsten herumhacken“, kam da eine tiefe Bassstimme von der Tür her, und Rolf Larsen kam herein. Er war ein Hüne von einem Mann mit dunkler, fast schwarzer Hautfarbe. Geboren war er in Nigeria.

Rolf war mit fünfundvierzig Jahren das älteste der Larsen-Kinder. Dr. Larsen und seine Frau Emma hatten ihn mit sieben Jahren adoptiert, als sie auf einem Hilfseinsatz in Afrika gewesen waren. Brüderlich legte er einen Arm um Patrizia, konnte das Sticheln aber auch nicht lassen.

„Ich finde es klasse, ein prominentes Schwesterlein zu haben“, lobte er sie. „Neulich habe ich dich bei einer Kochsendung entdeckt. Bemerkenswert. Soweit ich weiß, hast du vorher so gut wie keinen Kontakt zu einer Küche von innen aufgebaut, und deine Künste beschränkten sich wie bei mir auf die Bedienungsanleitung der Mikrowelle. Aber siehe da! Meine kleine Schwester ist groß geworden und erteilt Kochratschläge“, nahm auch er sie auf die Schippe.

„Ihr seid doof!“, schimpfte Patrizia und machte sich von ihrem Bruder los. Mit zweiunddreißig Jahren moderierte sie eine eigene Sendung bei einem anerkannten Fernsehsender, in deren Zentrum Tanz und Musik standen.

Man sah sie allerdings häufig auch als Gast bei den unterschiedlichsten Shows und heiteren Talkrunden, weil das Publikum sie für ihre frische, natürliche Art mochte. Nicht nur in München war ihr Gesicht allgemein bekannt.

„Weil wir stolz auf dich sind, Schwesterlein?“, fragte Rolf unschuldig.

„Weil ihr keine Gelegenheit auslasst, euch über mich lustig zu machen. Das Showgeschäft funktioniert nun einmal so. Ich habe einen Vertrag unterschrieben, und wenn der Sender mir sagt, ich muss irgendwo auftreten, dann muss ich das auch. Mit Eitelkeit hat das wenig zu tun. Es geht knallhart um Einschaltquoten“, rechtfertigte sich Patrizia, die mit Grauen an die Kochsendung dachte.

„Kind, wir machen doch nur Spaß!“, meinte ihr Vater begütigend. „Also ich fand den ungewohnten Anblick von Patrizia Larsen in einer Küche am Herd sogar irgendwie ganz nett. Meine Generation kann Frauen am Herd durchaus noch etwas abgewinnen, wenn wir es auch nie zugeben würden, und alte Familienrezepte – das ist etwas ganz Besonderes!“

„Ich gebe es auf! Ihr lasst sowieso nicht locker. Möchte jemand das Rezept von den Semmelknödeln, das in unserer Familie seit Generationen kursiert?“, fragte Patrizia in ihr Schicksal ergeben.

„Ich! Schließlich soll ich es von meiner Mutter selig übernommen haben“, mischte sich Emma Larsen in das Gespräch ein. „Übrigens mache ich meine Knödel tatsächlich nach einem Geheimrezept deiner Oma. Du hättest fragen können!“

Patrizia schnitt eine Grimasse. Von den Familienknödeln hatte sie fünf Minuten vor der Sendung in der Maske erfahren. Mancher der Auftritte im Abendprogramm war ihr äußerst unangenehm und peinlich. Ihr gutes Aussehen war in Bezug auf ihren beruflichen Werdegang eher ein Hindernis. Eigentlich hatte sie Politologie studiert und einen ganz anderen Weg einschlagen wollen.

Tanzen war immer nur ihr Hobby gewesen, aber irgendwie galt sie plötzlich als Expertin für Tanzstile rund um den Erdball. Ihre politischen Ansichten interessierten dagegen niemanden, und den Traum, als Moderatorin eine prominente Politrunde zu einer guten Sendezeit zu moderieren, konnte sie vorerst vergessen.

Es stand außer Zweifel, dass sie Karriere machte, aber etwas in ihr blieb dabei unbefriedigt. Anfangs hatte es durchaus Spaß gemacht. Alles war neu und eine Herausforderung gewesen. Inzwischen konnte ihre Sendung sie kaum noch fesseln, und das meiste war Routine. Die guten Beiträge drehten andere im Ausland, und sie moderierte an, sorgte für gute Laune und langweilte sich dabei.

Immer öfter fragte sie sich, ob sie nicht die Reißleine ziehen und den Mut finden sollte, noch einmal ganz neu anzufangen. Was wünschte sie sich vom Leben? Was fehlte ihr? Fragen, die sie umtrieben, und einige Antworten waren ihr nur zu bewusst, wenn sie auch nicht wusste, wie sie daran etwas ändern sollte.

„Patrizia, ich schaue mir deine Sendung gerne an und freue mich jede Woche darauf“, mischte sich Julia Holl ein. „Als ich jung war, habe ich selbst gerne getanzt, und für eine Amateurin war ich gar nicht so übel.“

„Hört! Hört! Das hätte ich gerne gesehen!“, sagte Dr. Larsen mit leisem Spott.

„Da hättest du tatsächlich etwas zu sehen bekommen, Lars! Julia liebte die lateinamerikanischen Tänze, und sie war verdammt gut auf dem Parkett. Anfangs wollte sie mich unbedingt dafür begeistern, mit ihr zu tanzen“, sagte ihr Mann und schmunzelte. „Mit meinen zwei linken Beinen konnte ich sie zum Glück dann rasch vom Gegenteil überzeugen.“

Julia und Stefan Holl lachten bei der Erinnerung und nahmen sich zärtlich an der Hand. Auch wenn nie ein begnadetes Tanzpaar aus ihnen geworden war, führten sie eine lebendige und tiefe Beziehung.

Patrizia beobachtete das Paar und war ein wenig traurig. Genau das war es, was sie sich mehr als alles andere wünschte. Ob es in ihrem Leben wohl auch irgendwann einen Menschen geben würde, der sie so ansah wie Stefan Holl seine Frau? Eine eigene Familie, einen Partner und Kinder – das war etwas, was sie auf jeden Fall wollte, aber leider verfügte sie über die Gabe, jeden Mann nach ein paar Wochen zu vertreiben.

„Kind, irgendwann triffst du auf den Richtigen, der mit deinem Temperament, deiner inneren Unabhängigkeit und deinem Tempo umgehen kann. Du musst Geduld haben!“, tröstete ihre Mutter sie immer, wenn sie mit ihr darüber sprach. Sie nahm sich den Rat zwar zu Herzen, aber allmählich ging ihr trotz allem die Geduld aus.

Patrizia war fünf Jahre alt gewesen, als ihre Eltern sie in einem Kinderheim gefunden und adoptiert hatten. Lars und Emma Larsen mochten nicht ihre leiblichen Eltern sein, aber es waren wunderbare Eltern, die sie innig liebte. Bei ihnen hatte sie alles gefunden, was ein Kind brauchte, um sich entfalten zu können.

Da Emma keine Kinder bekommen konnte, hatten die beiden nach und nach fünf Kinder bei sich aufgenommen und ihnen ein Zuhause und eine Familie geschenkt. Patrizia hätte sich kein schöneres Elternhaus wünschen können, und auch zu ihren Geschwistern und deren Familien hatte sie einen engen Kontakt und ging in ihrer eigenwilligen Großfamilie auf.

Lars und Emma liebten ihre Kinder über alles. Sie hatten sie immer in allem gefördert und ihnen Lebensfreude und Lebensmut mit auf den Weg gegeben. Bei ihnen war es immer fröhlich und lebhaft zugegangen. Am Tisch war diskutiert, gelacht und auch gestritten worden.

Rolf war der Älteste. Dann gab es Nina mit einundvierzig, Petro mit achtunddreißig, Sabine mit vierunddreißig und schließlich Patrizia mit zweiunddreißig Jahren. Die Familie hielt eng zusammen. Eigentlich traf man sich mehr oder weniger jedes Wochenende irgendwo, ohne dass daraus eine große Sache gemacht wurde. Wer Lust und Zeit hatte, der kam, und wer seine Ruhe brauchte, dem nahm es keiner übel.

Wo immer die Larsens waren, herrschte munteres Treiben. Emma und Lars hatten inzwischen sieben Enkelkinder, die für Trubel sorgten. Außer Patrizia waren alle ihre Geschwister längst verheiratet. Ihre Nichten und Neffen liebten die Tante, mit der man jeden Unfug treiben konnte. An ihren freien Wochenenden sammelte sie öfter zwei oder drei von ihnen ein und unternahm etwas mit ihnen.

Patrizia war ein Familienmensch durch und durch und brauchte Leben um sich. Stille und Beschaulichkeit, das war nicht ihre Sache. In ihrer Zweizimmerwohnung in der Nähe des Senders fiel ihr die Decke auf den Kopf, wenn sie keine Termine hatte, und eigentlich hielt sie sich dort nur zum Schlafen auf.

„Kind, hilfst du mir mit den Häppchen? Du bist doch jetzt ein erfahrener Küchenprofi …“, fragte Emma Larsen, die wieder in die Küche musste.

„Mama, ich lasse dich selbstverständlich an meinem unerschöpflichen Wissen teilhaben und mache die Gurkengläser für dich auf! Die Pflicht ruft!“, entschuldigte sich Patrizia humorvoll und ging mit ihrer Mutter davon.

„Was bin ich für ein Gastgeber! Stehe hier mit euch herum, und ihr habt nicht einmal etwas zu trinken! Was hättet ihr gerne? Julia? Weißwein? Rotwein? Sekt? Bier? Wasser wie das liebe Vieh? Es gibt alles“, erklärte Lars fröhlich. „Getränke sind meine Aufgabe, und ich fürchte, hier sitzen einige auf dem Trockenen, weil ich pflichtvergessen plaudere.“

„Darf ich dir ein wenig zur Hand gehen?“, fragte Julia Holl sofort.

„Lass dich nicht aufhalten, meine Liebe!“, willigte er sichtlich erleichtert ein. „Dort drüben steht alles.“ Er deutete auf einen Tisch.

Ganz selbstverständlich half Julia beim Bewirten, und Stefan und Lars standen bald inmitten einer Traube von Ärzten, die sich angeregt über neue Forschungsergebnisse und ungewöhnliche Fälle unterhielten. Noch immer suchte man den Rat des alten Arztes, der sich nach wie vor über Fachzeitschriften auf dem Laufenden hielt und sich seine ganz eigenen Gedanken machte, die oft auf Protest bei der Pharmaindustrie gestoßen wären.

Stefan Holl diskutierte eifrig mit und wünschte sich, in Lars’ Alter einmal noch genauso wach und informiert zu sein. Der alte Arzt war sein großes Vorbild.

***

„Patrizia, wir haben ein Problem. Möllenberg hat zugeschlagen. Nadja Tauber weigert sich, mit ihm für den Beitrag über den Karneval nach Rio zu fliegen. O-Ton: Du kannst mich fristlos feuern, aber mit diesem Ekelpaket arbeite ich nicht zusammen!“

„Soll ich mit ihr reden und sie beruhigen?“, fragte Patrizia gelassen. Ihr Programmleiter hatte sie schon mehr als einmal gebeten, empörte Kolleginnen und Kollegen zu besänftigen, wenn es um Eduard Möllenberg ging.

„Keine Chance! Ich habe alles versucht. Sie hat geweint und nicht nur ein demonstratives Tränlein, sondern eine wahre Flut.“ Der Programmleiter schüttelte sich. Tränen waren ihm zuwider, und wer ihn kannte, wusste, dass man damit nichts erreichte.

„Mit Tränlein habe ich keine Schwierigkeiten. Sie hat einen Vertrag und …“

„Tja, da liegt das Problem. Den hatte sie noch nicht. Es ging darum, ob er verlängert wird oder nicht, und der Sender hat sich für oder-nicht entschieden. Nadja wird nicht mit nach Rio fliegen. Sie ist draußen. Endgültig!“, unterbrach der Programmleiter sie.

Patrizia begriff. Das war hart. Möllenberg war ein begnadeter Dokumentarfilmer, und um seine Beiträge riss man sich. Als Mensch aber war er unausstehlich – arrogant, kaltschnäuzig, mit nichts zufrieden und immer übler Laune. Er galt als erbarmungsloser Einzelgänger, der jeden an seine Grenze trieb, der irgendwie mit ihm zusammenarbeiten musste.

Es gab niemanden, der gerne mit ihm arbeitete, und doch galt es als Auszeichnung, wenn er jemanden direkt anforderte. Es war ein Ritterschlag, denn er wollte nur die Besten.

Nadja Tauber war noch Anfängerin und hatte es nicht leicht im Team. Sie sah gut aus, war ehrgeizig und bemühte sich, aber irgendwie wollte ihr kein Beitrag so ganz gelingen. Etwas fehlte ihr, was sie mit Lautstärke und Lebhaftigkeit überdecken wollte, aber das gelang leider nicht.

Patrizia wusste nicht, wen Möllenberg für Rio ursprünglich angefordert hatte, aber Nadja war es mit Sicherheit nicht gewesen. Sie war nicht sein Niveau. Die junge Kollegin tat ihr leid. An Möllenberg waren schon alte Hasen gescheitert, und das, ohne gleich entlassen zu werden.