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Das Versteckspiel der Arztfrau
Warum sie ihrem Mann nicht mehr in die Augen blicken konnte
Von Katrin Kastell
Für Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung ist das Leben wie eine unkontrollierbare Achterbahnfahrt. Sie leiden unter häufigen, extremen Stimmungsschwankungen, ihr Verhalten ist impulsiv, vielfach verletzen sie sich selbst oder andere.
Oft reicht schon ein minimaler Anlass, und ihr emotionales Gleichgewicht kippt. Wut, Angst oder Verzweiflung übermannen sie dann schlagartig und oft unkontrollierbar. Als Dr. David Monheim begreift, was mit seiner Frau los ist, muss er handeln ...
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Seitenzahl: 125
Veröffentlichungsjahr: 2019
Cover
Impressum
Das Versteckspiel der Arztfrau
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: gehringj / iStockphoto
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar
ISBN 9-783-7325-8458-1
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Das Versteckspiel der Arztfrau
Warum sie ihrem Mann nicht mehr in die Augen blicken konnte
Von Katrin Kastell
Für Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung ist das alltägliche Leben wie eine unkontrollierbare Achterbahnfahrt. Sie leiden unter häufigen und sehr extremen Stimmungsschwankungen, ihr Verhalten ist impulsiv, vielfach verletzen sie sich selbst oder andere Personen.
Oft reicht schon ein minimaler Anlass, und ihr emotionales Gleichgewicht kippt. Wut, Angst oder Verzweiflung übermannen sie dann schlagartig und oft unkontrollierbar. Als Dr. David Monheim begreift, was mit seiner Frau los ist, muss er handeln …
Freitagnachmittag im herbstlichen München. Hinter Sophie lag ein anstrengender Tag bei Gericht. Zwei Prozesse konnte sie auf der Gewinnerseite verbuchen, einer war mit einem Vergleich geendet und ein vierter verschoben worden.
Nun saß die attraktive Anwältin mit ihrem Freund im milden Septemberlicht am Marienplatz bei Cappuccino und Pflaumentarte mit Camparisahne. Sie ließ ihre Blicke über die Menschen schweifen, die vorbeiflanierten. Über ihr erklang das Glockenspiel im Turmerker des Neuen Rathauses.
„Genau siebzehn Uhr!“, sagte Thomas. „Wie wär’s mit einem Glas Champagner zur Entspannung nach diesem hektischen Tag?“
Sie lächelte den Mann mit der Hornbrille an.
„Nette Idee, Thomas, aber das verschieben wir lieber auf später. Viel lieber würde ich jetzt eine Zigarette rauchen …“
„Das ist nicht dein Ernst!“ Die entspannte Miene des Mannes verwandelte sich in Strenge. „Rauchen ist gesundheitsschädlich!“
So sieht er immer aus, wenn er einen Rückfalltäter verurteilt, dachte Sophie. Dann wird aus dem umgänglichen Freund der gnadenlose Richter Bender.
„Ich tu’s ja nicht!“ Sie verdrehte die Augen. „Ich hab’s mir abgewöhnt, und dabei bleibt es. Aber manchmal meldet sich der Wunsch noch zurück. Wie du siehst, bleibe ich standhaft. Du kannst dir deine Predigt also sparen.“
„Nun reg dich doch nicht gleich so auf, Liebes!“
„Schon gut, ich bin ja ganz brav.“ Beschwichtigend legte sie ihm eine Hand auf den Arm. „Dass Rauchen ein übles Laster ist, weiß ich selbst. Ich bin ja froh, dass ich jetzt nikotinfrei bin, aber manchmal eben … na ja, geschenkt.“
„Hm.“ Noch ein prüfender Blick von ihm, dann schien er an ihre Standfestigkeit zu glauben. Seine Miene glättete sich wieder. „Wann fahren wir los?“
„Gegen sieben“, schlug Sophie vor. „Ich muss noch meine Sachen zusammenpacken.“
„Ich hole dich ab. Versuch mal, pünktlich zu sein.“ Lächelnd strich er ihr über die feine Gesichtshaut.
Weil es warm und sonnig bleiben sollte, hatten die beiden Juristen beschlossen, das Wochenende am Starnberger See zu verbringen. Dort stand ihnen das Ferienhaus eines Freundes zur Verfügung.
Sophie sehnte sich nach einer Auszeit ohne Paragrafen und Computer. Faulenzen, Lesen und Spaziergehen standen auf dem Programm, und das alles im Zeichen der Ruhe.
Dann wurde es aber doch halb acht, bis sie endlich losfuhren. Thomas wartete schon ganz ungeduldig und schaute ihren verzweifelten Bemühungen zu, alles Nötige zusammenzusuchen, dabei so wenig wie möglich einzupacken, aber auch nichts zu vergessen.
„Du hättest es besser wie ich gemacht und gestern schon gepackt.“
„Dafür hatte ich absolut keine Zeit“, gab sie zurück und lief wieder ins Bad zurück.
Der seidene Morgenmantel fehlte noch. Und eigentlich sollte sie auch den Föhn mitnehmen. Vielleicht auch ein paar Schuhe mit hohen Absätzen? Aber wann sollte sie die tragen? Es war ja nichts geplant. Schuhe also wieder zurückstellen.
Thomas seufzte hörbar und schaute demonstrativ auf die Uhr, was Sophie aber gar nicht wahrnahm.
„Ich bin gleich fertig!“, rief sie ihm im Vorbeilaufen zu. „Ich suche nur noch nach dem Liebesroman, den ich letzte Woche gekauft habe. Wo liegt er denn nur …“
Endlich stand der kleine Rollkoffer fertig gepackt in der Diele.
„Wir können los!“
„Dann ab mit uns!“, erwiderte Thomas, jetzt sichtlich erleichtert. Wenn unterwegs alles gut ging, brauchten sie bis nach Seeshaupt eine knappe Stunde, wenn überhaupt.
„Ich freue mich auf die Tage ohne Trubel“, sagte Sophie, als sie schon im Wagen saßen. Es war ihr recht, dass Thomas fuhr. So konnte sie schon anfangen mit Loslassen.
„Wir müssen noch über unsere Zukunft reden“, mahnte Thomas nach den ersten zwanzig Kilometern. „Allmählich sollen wir diese Dinge klären.“
„Aber nicht jetzt!“, wehrte Sophie ab. „Dazu ist nächste Woche auch noch Zeit genug.“ Sie wusste, worauf er hinauswollte. Thomas’ großer Plan war, dass er sein Richteramt aufgab und mit ihr zusammen eine Kanzlei aufmachte.
Mit dieser Idee konnte sie sich noch nicht anfreunden. Sie fühlte sich in der Kanzlei von Dr. Axel Lassow so wohl, dass sie dort gern noch ein paar Jahre arbeiten würde, bevor sie sich selbständig machte. Allerdings verwies Thomas auch zu Recht auf seine größere Erfahrung.
„Wie du meinst“, gab Thomas klein bei und strich sich über das leicht widerspenstige Haar, das an vielen Stellen schon deutliche Grauschimmer aufwies. Er wollte jetzt keinen Streit mit Sophie riskieren. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, sagte er sich und ließ es dabei bewenden.
Sophies Handy läutete. „Verdammt, ich habe vergessen, es auszuschalten. Ich fasse mich kurz“, versprach sie und nahm das Gespräch entgegen.
***
David presste das Telefon ans Ohr.
„Entschuldigen Sie bitte, dass ich so spät noch störe. Aber Dr. Lassow meinte, ich könne es ruhig wagen. Mein Name ist David Monheim. Ich bin Arzt in Dr. Holls Klinik, Chirurg genauer gesagt. Dr. Holl hat mich an seinen Schwager Lassow verwiesen …“
„Und der Sie an mich“, nahm ihm eine angenehme Stimme das Ende seines Satzes ab. „Sie haben ein Rechtsproblem, nehme ich mal an, sonst würden Sie mich kaum anrufen. Was kann ich für Sie tun?“
„Es handelt sich um eine sehr unangenehme Geschichte. Es geht um Beleidung und Belästigung.“
„Hören Sie, ich befinde mich zurzeit nicht in München. Bitte rufen Sie mich am Montag in der Kanzlei an, dann vereinbaren wir einen Termin.“
„Können wir ihn nicht jetzt schon festlegen?“ David versuchte ruhig zu bleiben, aber ihm war klar, dass seine Worte drängend klangen. Er brauchte ganz dringend Rechtsbeistand.
„Augenblick bitte.“ Eine Weile hörte er nichts, dann war die angenehme Stimme wieder da. „Am Montag ginge es erst um siebzehn Uhr dreißig, sonst am Dienstag um …“
„Ich nehme den Montagstermin“, unterbrach er sie.
„Wie war Ihr Name noch gleich?“
„David Monheim“, sagte er.
„Gut, ich habe alles notiert. Ihnen ein schönes Wochenende, Herr Monheim.“
David ließ das Telefon in seine Jackentasche gleiten und verließ die chirurgische Station. Vor ihm lag ein freies Wochenende, doch so wie er die Dinge einschätzte, würde es wieder ein sehr anstrengendes werden.
In der Halle traf er auf den Klinikchef.
„Nochmals vielen Dank, Dr. Holl. Ich habe Ihren Rat befolgt und bin am Montag mit Frau Wiesner verabredet.“
„Sie ist eine überaus tüchtige Person“, sagte Stefan Holl. „Weiß ich aus erster Hand. Mein Schwager hält große Stücke auf sie. Bei ihr sind Sie in den richtigen Händen.“
„Hoffentlich“, murmelte David. Sein niedergeschlagener Gesichtsausdruck hellte sich im Laufe des Gesprächs etwas auf. Er passte auch so gar nicht zu der großen, dominanten Gestalt.
„Ihre Probleme lassen sich lösen, da bin ich mir ganz sicher“, stellte Stefan fest, als sie Seite an Seite über den Parkplatz ging.
David blieb stehen, reichte Stefan die Hand und sah zu seinem Wagen hinüber. „Ihnen auch ein … also, das darf doch nicht wahr sein!“
Stefan Holl folgte dem Blick des jungen Kollegen und wandte sich leicht zur Seite. Die beiden Hinterräder von Davids Fahrzeug waren platt.
„Gleich zwei Reifen“, kommentierte Dr. Holl. „Das sieht aber gar nicht nach Zufall aus.“
„Ich könnte sie erwürgen“, quetschte David schmallippig hervor.
„Tun Sie es nicht, Herr Monheim. Denn dann wären wir Sie für lange los.“
„Ich lasse den Wagen übers Wochenende stehen und kümmere mich am Montag darum.“
Wie konnte er dieses Miststück von Frau nur unschädlich machen? Hiltrud schreckte vor nichts mehr zurück. Wahrscheinlich dachte sie sich gerade jetzt in ihrem grenzenlosen Hass schon wieder eine neue Gemeinheit aus.
„Kommen Sie, ich bringe Sie nach Hause.“
„Danke, aber das ist nicht nötig. Ich will ihre Zeit nicht …“
„Keine Widerrede. Ich bestehe darauf.“
Die beiden Männer gingen zu Stefan Holls Wagen.
„Ich nehme mal an, dass Ihnen solche Dinge schon häufiger passiert sind“, stellte Dr. Holl fest, als er hinter dem Steuer saß.
„Schon seit einigen Wochen. Diese Frau will mich fertigmachen. Und ich fürchte, es wird ihr sogar eines Tages gelingen. Ihre Phantasie ist uferlos, wenn es darum geht, mir zu schaden.“
„Wann wurden Sie geschieden?“
„Vor einem Jahr, aber wir lebten vorher schon getrennt, ich hab’s einfach nicht mehr ausgehalten mit ihr. Ihre Eifersucht, ihre ständige Schnüffelei, ihre Anschuldigungen – irgendwann ging es nicht mehr. Ich bin ausgezogen und habe später die Scheidung eingereicht. In der Hoffnung, dann endlich Ruhe zu finden. Weit gefehlt. Es ist die Hölle, ein Schrecken ohne Ende.“
„Eine Stalkerin also. Irgendwie muss man ihr doch das Handwerk legen können.“ Stefan Holl lenkte den Wagen vom Parkplatz auf die Straße. „Und Sie sind ganz sicher, dass sie es ist?“
„Hundertprozentig. Sie brüstet sich ja damit und kündigt neue Aktionen an. Aber direkte Beweise habe ich nicht. Dazu bräuchte ich Zeugen.“
„Wenn Sie Lust haben, kommen Sie doch am Sonntagnachmittag auf einen Kaffee zu uns. Ich würde mich freuen und meine Frau auch.“
David wollte spontan ablehnen, doch dann sagte er zu.
Das Wetter sollte ja schön bleiben. Den Besuch konnte er mit dem Rad machen. Das wäre sicher besser, als sich daheim die Decke auf den Kopf fallen zu lassen.
„Ich komme gern“, sagte er dankbar.
Inzwischen hatte sich sein Ärger schon wieder ein wenig gelegt. Seiner Meinung nach litt Hiltrud unter dem Borderline-Syndrom, eine Persönlichkeitsstörung, die es in sich hatte.
Sie konnte doch nur noch schwarz-weiß denken. An einem Tag idealisierte sie einen Mitmenschen, am nächsten wurde er gnadenlos niedergemacht. Rationalität und Logik waren ihr fremd. Ihr Leben bestand nur noch aus Affekten. Da sie es aber ablehnte, sich behandeln zu lassen, würde sich an ihrem Verhalten auch nichts ändern.
Doch selbst wenn sie wirklich krank war, dachte David nicht daran, sie zu entschuldigen. Er wollte, dass sie haftbar gemacht wurde für das, was sie tat. Es hatte ihn schon eine Menge Geld gekostet, die vielen Schäden wieder zu reparieren. Auch jetzt musste er wieder neue Reifen und die Arbeitsleistung der Werkstatt einkalkulieren.
Geradezu gespenstisch, was aus einer Liebe werden konnte. Wie oft hatte er schon über diesen Satz nachgedacht! Er unterdrückte einen bekümmerten Seufzer.
Als Dr. Holl ihn vor seinem Haus am Stadtrand absetzte, wurde David zum ersten Mal bewusst, dass er beim Aussteigen aus dem Auto oder dem Bus stets wachsam nach allen Seiten äugte, ob sie nicht wie eine Furie hinter einem Busch hervorschnellte und sich auf ihn stürzte.
Aber die Luft war rein. Noch.
***
Thomas prüfte die Champagnerflasche, die er gleich nach ihrer Ankunft für ein Weilchen ins Gefrierfach gelegt hatte. Ihm als Weinliebhaber widerstrebte zwar eine solch grobe Behandlung des edlen Schaumweins, aber heute machte er mal eine Ausnahme, denn sie wollten ja noch ein Glas trinken. Gleich war es so weit.
Inzwischen packte er die noch in München gekauften delikaten Häppchen aus, drapierte sie auf einer Platte und trug sie schon mal hinaus.
Sophie saß mit einer Wollstola um die Schultern auf der ganz aus Holz gebauten Terrasse. Zwei Windlichter sorgten für sanfte Stimmung.
„Ich habe einen Bärenhunger“, verkündete sie und angelte sich schon mal eine Olive, während Thomas noch mal zurückging und dann mit zwei gefüllten Gläsern wiederkam. Leider gab ein kein Eis für den Champagner-Kübel, so dass er die Flasche lieber im Kühlschrank ließ. Draußen wurde sie zu schnell warm werden.
Die Wellen sangen sanfte Harfentöne. Wie herrlich die Welt war! Sophie seufzte behaglich. „War wirklich eine gute Idee von dir, hierher zu fahren“, sagte sie und reckte die Arme. „Ach, ist das schön!“
„Auf uns, mein Schatz!“ Er drückte ihr ein Glas in die Hand, gab ihr einen kleinen Kuss und nahm dann einen erfrischenden Schluck.
„Ja, so lässt es sich leben. Aber auch sonst haben wir keinen Grund zur Klage.“
„Schmeckt köstlich“, befand Sophie, als sie in ein Lachsbrötchen biss. „Du denkst wirklich an alles.“
„Es macht mir Spaß, dich zu verwöhnen.“
Thomas lehnte sich zurück und schaute hinauf zum Sternenhimmel. Eigentlich war er kein großer Romantiker, aber dieser stille Spätsommernacht am See verursachte auch ihm wohlige Gefühle.
Sophies Hand eroberte sich immer wieder eine Köstlichkeit von der Platte. Sie bekam auch noch ein zweites Glas, doch dann wurde sie müde.
„Geh schon mal vor“, schlug Thomas vor. „Ich räume noch den Tisch ab.“
Das ließ sich Sophie nicht zweimal sagen. Hausarbeit, Kochen und alles, was damit zu tun hatte, lag ihr nicht besonders, und sie war immer froh, wenn sie sich damit nicht befassen musste.
In dieser Beziehung waren sie das ideale Paar. Das, was sie nicht gern tat, übernahm Thomas mit Vergnügen. Er kochte hervorragend.
Immer, wenn er eine Weinflasche öffnete, hielt er ihr einen kleinen Vortrag über die Rebe, die Herkunft, die Bodenbeschaffenheit und die Restsüße. Das vergaß sie zwar alles sofort wieder, aber sie fand es trotzdem informativ.
Beim Zähneputzen fielen ihr schon die Augen zu. Kaum war sie unter die Decke geschlüpft, schlief sie auch schon.
Das „Gute Nacht, Liebes“ und den leichten Kuss ihres Verlobten nahm sie nicht mehr wahr.
***
David hielt im Englischen Garten an. Er lehnte das Rad gegen einen Baum und pflückte Wiesenblumen. Dabei tauchten plötzlich Bilder aus der Vergangenheit auf.
Er sah sich als kleinen Buben, der seiner Mama eine Freude machen wollte. Mit dreizehn beschenkte er die hübsche Sonja aus der Klasse über ihm. Ganz rot war er geworden, als sie seine Blümchen kichernd entgegennahm. Später fand er seine Blumen dann mehrmals auf der Straße liegen, von anderen Leuten achtlos platt getreten.
Meine ersten Erlebnisse mit Frauen, dachte er und schmunzelte. Aber es hatte doch wehgetan.
Endlich fand David, dass er genug für einen hübschen Strauß beisammen hatte. Er wand noch einen Grashalm um die Stile, legte sie in den Fahrradkorb und stieg wieder auf.
Julia Holl öffnete ihm die Tür. „Sie müssen Doktor Monheim sein“, sagte sie. Ihr herzliches Lächeln berührte seine Seele.
„Der bin ich.“ David ergriff Julias schmale Hand, verneigte sich und streckte ihr die Blumen entgegen. „Selbstgepflückt“, erklärte er entschuldigend, „ich bitte um Nachsicht.“
„Wie reizend! Ich danke Ihnen. Bitte kommen Sie doch herein. Wir sitzen auf der Terrasse.“
Drinnen gab die Hausherrin den Strauß in eine Vase. Inzwischen tauchte Stefan Holl auf, der seinen jungen Kollegen ebenfalls willkommen hieß.
Julia Holl brachte die Blumen mit hinaus. Auf dem Tisch stand eine dickbauchige Glaskaraffe, gefüllt mit grüner Flüssigkeit, in der zarte Kräuter und kleine Eiswürfelchen schwammen.
„Darf ich Ihnen unsere Waldmeister-Limonade anbieten? Sie ist selbstgemacht, wegen der Kinder natürlich alkoholfrei. Oder möchten Sie lieber was anderes? Bier? Wein? Kaffee und Kuchen gibt’s gleich.“
„Ich nehme gern ein Glas Limonade.“ David trank durstig. „Schmeckt wunderbar erfrischend.“
Julia goss ihm gleich noch einmal nach.
David schaute sich um. „Sehr schön haben Sie’s hier. Ihre Kinder sind wohl ausgeflogen?“