Chefarzt Dr. Holl 1878 - Katrin Kastell - E-Book

Chefarzt Dr. Holl 1878 E-Book

Katrin Kastell

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Beschreibung

Gib bitte noch nicht auf!

Dr. Holl und eine unglaublich tapfere Patientin


Mehrere Ärzte bemühen sich um die todkranke Patientin in der Notaufnahme der Berling-Klinik. Viviane Winterfeld ist in einen Dämmerzustand gesunken. Auf einer Geschäftsreise ist sie gestürzt, und die Wunde in ihrer Wade hat sich entzündet.
Schemenhaft erkennt sie Dr. Holl, der ihrem Sohn auf die Welt geholfen hat. Ab und zu dringen Wortfetzen an ihr Ohr: "... schwere Sepsis ... nicht mehr zu retten."
Viviane weiß nicht, ob die Ärzte ihr Bein oder ihr Leben meinen. Es ist ihr egal. Sie hat ihr Glück verwirkt. Warum bloß war ihr der Job immer wichtiger als ihre Familie? Nur einen Wunsch hat sie noch: Sie möchte ihren Mann und ihren entzückenden kleinen Jungen noch einmal sehen und ihnen sagen, wie sehr sie die beiden liebt ...

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Seitenzahl: 123

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Inhalt

Cover

Impressum

Gib bitte noch nicht auf!

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Anne von Sarosdy / Bastei Verlag

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9053-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Gib bitte noch nicht auf!

Dr. Holl und eine unglaublich tapfere Patientin

Von Katrin Kastell

Mehrere Ärzte bemühen sich um die todkranke Patientin in der Notaufnahme der Berling-Klinik. Viviane Winterfeld ist in einen Dämmerzustand gesunken. Auf einer Geschäftsreise ist sie gestürzt, und die Wunde in ihrer Wade hat sich entzündet.

Schemenhaft erkennt sie Dr. Holl, der ihrem Sohn auf die Welt geholfen hat. Ab und zu dringen Wortfetzen an ihr Ohr: „… schwere Sepsis … nicht mehr zu retten.“

Viviane weiß nicht, ob die Ärzte ihr Bein oder ihr Leben meinen. Es ist ihr egal. Sie hat ihr Glück verwirkt. Warum bloß war ihr der Job immer wichtiger als ihre Familie? Nur einen Wunsch hat sie noch: Sie möchte ihren Mann und ihren entzückenden kleinen Jungen noch einmal sehen und Entschuldigung sagen …

„Auf uns, Mädels! Auf das teuflische Trio, das den verschlafenen Markt für Innenausstattung aufmischt!“

Mit einem triumphierenden Grinsen hob Ingola ihr Glas und ließ es erst gegen das von Viviane und dann gegen das von Emine klirren.

Noch immer ein bisschen ungläubig sah Viviane den golden funkelnden Champagner in den Gläsern perlen. Sie hatten es tatsächlich geschafft. Den Auftrag für die Einrichtung des neuen Luxushotels am Hauptbahnhof hatte keines der namhaften, alteingesessenen Unternehmen bekommen, sondern tatsächlich „Chic mit Charme“. Das war die Firma, die Viviane Winterfeld gemeinsam mit ihren beiden Freundinnen erst vor fünf Jahren gegründet und seither mit unendlich viel Einsatz aufgebaut hatte.

Sie hatten kaum Startkapital zur Verfügung gehabt. Emine und Ingola hatten überhaupt nichts mitbringen können, und Viviane hatte nur deshalb ein Existenzgründungs-Darlehen bekommen, weil ihr Mann David für sie gebürgt hatte. David war als Biologe an der Universität angestellt und galt somit als zuverlässig. Viviane hatte sich über die Ungerechtigkeit damals überhaupt nicht beruhigen können.

„Und wenn ich nicht mit dir verheiratet wäre?“, hatte sie David empört gefragt. „Kann ich meine Existenzgründung dann an den Nagel hängen, noch ehe ich überhaupt angefangen habe? Ich habe genauso lange studiert wie du. Bin ich vielleicht weniger wert, weil ich als Frau zur Welt gekommen bin?“

Nach ihrem Studium der Innenarchitektur hatte Viviane sogar noch eine Ausbildung zur Raumausstatterin mit den besten Noten des Jahrgangs absolviert. Nebenbei hatte sie Kurse in Betriebswirtschaft belegt, um auf die Eröffnung ihrer eigenen Firma, von der sie träumte, bestens vorbereitet zu sein.

Sie war immer ehrgeizig gewesen. Schon ihr Vater, der liebend gern einen Sohn gehabt hätte, hatte ihr unermüdlich beigebracht: „Wenn du es als Mädchen zu etwas bringen willst, musst du dreimal so gut sein wie ein Mann. Ansonsten wirst du abgehängt und gehörst nie zu denen, die in der ersten Reihe stehen.“

Viviane hatte sich seinen Rat hinter die Ohren geschrieben. Sie hatte geschuftet wie ein Tier, und jetzt hatte sie es geschafft. Dieser Großauftrag bedeutete, dass sie künftig in der Branche einen Namen haben würden. Wenn der Kunde zufrieden war, würde er „Chic mit Charme“ weiterempfehlen. Und er würde zufrieden sein!

Die drei Freundinnen waren fest entschlossen, das neue Hotel zu einem wahren Schatzkästchen zu machen, das schon bald unter Besuchern der Stadt München als Geheimtipp gelten würde.

Ein leichter Hauch von orientalischem Flair schwebte Herrn Pollinger, dem Hotelinhaber, vor, ein wenig Zauber wie aus Tausendundeiner Nacht. Ein Restaurant mit marokkanischen Köstlichkeiten sollte eine träumerische Urlaubsstimmung aufkommen lassen, und die in warmen Braun- und Rottönen gehaltenen Zimmer sollten dies widerspiegeln.

Emine, deren Eltern aus der Türkei stammten, hatte bei den Entwürfen ihren kulturellen Hintergrund hervorragend einsetzen können. Als Tüpfelchen der schweren orientalischen Romantik sollte jedoch ein leichter, moderner Akzent hinzukommen, und der musste natürlich unbedingt aus Frankreich, der Heimat des exquisiten Geschmacks, stammen.

„Wisst ihr, was ich mir überlegt habe, ihr zwei Süßen?“ Ingola nippte nicht nur an ihrem Champagner, sondern leere ihr Glas in großen Schlucken und hielt es Emine zum Nachfüllen hin. „Es wird Zeit, dass wir uns mal wieder einen Messebesuch zur Inspiration gönnen. In Lille ist nächste Woche die große Ausstellung für Innenausstattung. Wart ihr schon mal in Lille? Soll hinreißend sein – französisches Flair und belgische Gastfreundschaft. Was sagt ihr dazu? Seid ihr an Bord?“

Emine und Viviane wechselten einen überrumpelten Blick. Ja, die Messe in Lille war ein wichtiges Branchentreffen, und in ihrem Berufsfeld war es wichtig, vor Ort präsent zu sein. Außerdem machten Reisen mit den Freundinnen auch einfach Spaß und brachten so viele neue Ideen. Aber nächste Woche? Das kam nun doch ein wenig kurzfristig.

Ingola war alleinstehend. Sie konnte sich ihre Zeit frei einteilen. Emine aber kümmerte sich um ihren Vater, der gehbehindert war und nach dem Tod der Mutter nicht gut alleine zurechtkam. Und Viviane selbst – nun sie konnte sich lebhaft vorstellen, was David für ein Gesicht zog, wenn sie ihm mitteilte, dass sie schon wieder beruflich auf Reisen ging.

Erst vor acht Wochen war sie mit den Freundinnen in Paris gewesen, um dort Lieferanten zu treffen und Stoffmuster auszuwählen. Kurz darauf hatte sie zu einem Kunden nach Stuttgart gemusst und dann noch einmal für drei Tage nach Berlin.

„Sonderlich viel Familienleben findet bei uns ja nicht gerade statt“, hatte David in dem ein wenig nörgeligen Ton bemerkt, der Viviane immer auf die Palme brachte.

„Aber so ist es nun einmal in meinem Beruf!“, hatte sie protestiert. „Warum verstehst du das denn nicht? Habe ich dich vielleicht nicht unterstützt, als du dich nach dem Studium erst einmal hocharbeiten musstest? Hast du vergessen, wie oft du zu Kongressen und Tagungen gefahren bist? Warum gilt das Recht, das du für dich in Anspruch genommen hast, denn nicht genauso auch für mich? Weil du ein Mann bist und ich eine Frau?“

„Natürlich gilt das gleiche Recht auch für dich“, hatte David erwidert. „Ich verbiete es dir doch nicht, und ich bin der Letzte, der einen Unterschied zwischen Männern und Frauen macht. Darum geht es mir nicht. Sondern darum, dass Jonas sich vielleicht freuen würde, einmal ein Wochenende mit Papa und Mama zu verbringen. Damals, als ich so viel unterwegs war, hatten wir noch kein Kind …“

Sie hatten das Gespräch an dieser Stelle abgebrochen, ehe ein handfester Streit daraus wurde. Jonas, ihr siebenjähriger Sohn, den sie beide über alles liebten, hatte im Wohnzimmer auf dem Boden mit seinem Lego-Zirkus gespielt, und seine feinen Ohren konnten jedes Wort hören, dass in der Küche gesprochen wurde. Sie wollten ihn nicht beunruhigen, er sollte in einem liebevollen, harmonischen Elternhaus aufwachsen. Leicht war es Viviane jedoch nicht gefallen herunterzuschlucken, was sie noch zu sagen gehabt hätte.

Es war einfach unfair von David, Jonas vorzuschieben! Ihr kleiner Sohn war viel verständnisvoller als sein Vater in seiner Verbohrtheit.

„Wenn du noch arbeiten musst, dann warte ich eben, bis du nach Hause kommst, Mami“, sagte er, sooft sie anrief, um ihm zu erklären, dass sie länger in der Firma bleiben musste und nicht wie versprochen sein Buch „Eine Woche voller Samstage“ mit ihm weiterlesen konnte.

Häufig hatte ihn dann doch die Müdigkeit übermannt, wenn sie endlich nach Hause kam, und sie konnte ihm nur noch vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, einen Kuss geben, und ihn liebevoll zudecken.

Auch heute würde sie ihn nur noch schlafend antreffen. Die Verhandlungen für den großen Auftrag hatten allzu lange gedauert, und jetzt saßen sie noch hier, um zu feiern.

Jonas aber nahm es ihr niemals übel.

„Du kannst ja nichts dafür, dass du so viel arbeiten musst“, sagte er, wenn sie sich am nächsten Morgen beim Frühstück entschuldigte. „Ich hab dich lieb, Mami. Auch wenn du nicht bei mir und dem Papi sein kannst.“

Wenn ihr Kind so etwas zu ihr sagte, spürte Viviane eine warme Woge, die ihr durch den ganzen Körper schoss. Jonas war wundervoll, und er war mit seinen sieben Jahren vernünftig genug, um einzusehen, dass manche Dinge eben sein mussten, wenn man es im Berufsleben zu etwas bringen wollte.

Es war David, der sich querstellte. David, der nicht verstand. David, der vielleicht doch nicht so modern und tolerant war, wie er es immer behauptete, sondern mit einer erfolgreichen Frau an seiner Seite vielleicht nicht fertig wurde?

Viviane wollte darüber nicht nachdenken, schon gar nicht heute, wo sie allen Grund zum Feiern hatte. In ihrer Ehe kriselte es, auch wenn sie es lange nicht hatte wahrhaben wollen. In den Jahren, als sie ein Niemand gewesen war und um das kleinste bisschen Anerkennung hatte kämpfen müssen, war er ihr der wunderbarste Ehemann gewesen, den eine Frau sich nur wünschen konnte, und hatte ihr mit seiner Liebe den Rücken gestärkt.

Und was war jetzt? Gönnte er ihr etwa ihre Freude nicht?

„He, ihr trüben Tassen!“, rief Ingola und hob ihr frisch gefülltes Glas. „Ich habe euch gerade drei tolle Tage in einer tollen Stadt und mit der allertollsten Gesellschaft offeriert. Bekomme ich dafür wirklich nur lange Gesichter? Ich dachte, ihr fallt mir um den Hals und brecht in Jubel aus.“

„Würde ich ja gerne“, sagte Emine verhalten. „Lille hört sich spitze an, und ihr wisst, wie gern ich mit euch für ‚Chic mit Charme’ unterwegs bin. Aber für meinen Vater kommt das ein bisschen plötzlich. Ich muss die Nachbarin bitten, nach ihm zu sehen, ich muss für die Tage vorkochen, und ich muss dafür sorgen, dass er Unterhaltung hat.“

„Jetzt mach aber mal einen Punkt, Emi“, protestierte Ingola. „Dein alter Herr ist doch kein kleines Kind mehr. Da ist ja Vivianes Jonas selbstständiger.“

„Apropos Jonas“, meldete sich nun auch Viviane zu Wort. „David und ich hatten ihm versprochen, am nächsten Samstag mit ihm in den Zirkus zu gehen.“

„Na und?“, versetzte Ingola. „Dann geht David eben mit ihm alleine. Spart ihr eine Eintrittskarte, und die beiden können sich eine Extraportion Popcorn leisten.“ Sie trank noch einen Schluck von ihrem Champagner und lachte. „Und wenn sie lieber zu dritt gehen wollen, können sie ja Emis Dad mitnehmen.“

Viviane musste auch lachen, obwohl ihr Gewissen sie zwickte.

„Gar keine so dumme Idee. Jonas hätte liebend gerne einen Opa, der solche Sachen mitmacht. Leider ist mein Vater der Meinung, Zirkusbesuche sind Zeitverschwendung.“

„Na also, dann wäre das ja geregelt“, erklärte Ingola. „Im Übrigen hättet ihr sowieso nicht kneifen dürfen, denn ich habe ‚Chic mit Charme’ auf der Messe schon angemeldet und auch schon in einem schnuckeligen kleinen Hotel eine Suite für uns gebucht.“

Kurz verschlug es Viviane die Sprache. Dann konnte sie nicht anders und brach in Gelächter aus.

„Du bist wirklich unglaublich, Ingola.“

„Das muss ich doch sein“, konterte Ingola und stieß noch einmal mit ihr an. „Ansonsten kommt ihr beide ja nicht in die Gänge. Also geht es Freitagmorgen auf nach Lille, alles klar? Und packt euch was Flottes in den Koffer. Wir wollen ja schließlich ein bisschen Eindruck schinden und den Franzosen beweisen, dass drei Mädels aus München sich durchaus bei ihnen sehen lassen können.“

Sie wandte sich Emine zu, die ihr Champagnerglas nicht ganz ausgetrunken hatte und ihre Tasche packte.

„He, Emi, freust du dich denn gar nicht auf unsere Reise? Sag bloß, wir haben keinen Riesenspaß, wenn wir zusammen auf Achse sind?“

„Doch, natürlich freue mich“, versicherte Emine in müdem Ton. „Nur auf das Gespräch mit meinem Vater freue ich mich nicht. Er tut mir eben leid, weil er sich so kurzfristig umstellen muss.“

„Herrgott, dann muss er eben lernen, ein bisschen selbstständiger zu sein“, gab Ingola zurück. „Ganz ehrlich, Emine, ich würde so nicht leben wollen, so ganz und gar von anderen abhängig.“

„Mein Vater will auch nicht so leben, Ingola. Man kann es sich nur leider nicht immer aussuchen.“

Dieser letzte Satz ging Viviane noch im Kopf herum, als sie sich in ihrem kleinen roten Sportwagen auf den Heimweg machte. Sie hatten sich fröhlich voneinander verabschiedet, und natürlich war Ingolas Entscheidung richtig: Solche Branchentreffen waren wichtig, wer da nicht Flagge zeigte, war im Handumdrehen weg vom Fenster.

Dennoch verstand sie auch Emine, zumal sie sich selbst vor dem Gespräch mit David fürchtete. Kurz erwog sie, erst rasch bei ihren Eltern anzurufen und ihrem Vater von dem Auftrag des Hotels zu erzählen. Vielleicht würde wenigstens er dieses eine Mal stolz auf sie sein.

Dann aber verwarf sie den Gedanken. Natürlich würde ihr Vater nicht stolz auf sie sein. Eher würde er etwas in der Art wie „Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer!“ sagen und sie auffordern, sich jetzt noch einmal doppelt anzustrengen, denn sonst würde der Auftrag eine Eintagsfliege bleiben. So einfach war ihr Vater eben nicht zu beeindrucken.

Als Viviane noch zur Schule gegangen war, hatte sie oft vergeblich auf Lob gehofft, selbst wenn sie die beste Note der Klasse mit nach Hause gebracht hatte.

„Du wirst dich doch wohl auf den paar dünnen Lorbeeren nicht ausruhen wollen“, hatte ihr Vater dann zu ihr gesagt und sie damit unsanft zurück auf den Teppich geholt. „Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn, aber echten Erfolg haben die, die kontinuierlich Spitzenleistungen erbringen.“

Viviane seufzte. Nun gut, dann würde sie sich eben doppelt oder auch dreifach anstrengen. Der Tag würde schon noch kommen, an dem sowohl ihr Vater als auch ihr Ehemann begriffen, dass sie kein blindes Huhn war, sondern für echten Erfolg gut genug.

***

„Wollen wir noch ein Kapitel in deinem Buch lesen, Jonas?“ David Winterfeld hatte mit seinem Sohn die kalt gewordene Pizza zum Abendessen gegessen, ihn zu Bett gebracht und saß nun noch bei ihm, weil Jonas nicht einschlafen konnte.

Bei alledem hatte er sich Mühe gegeben, seinen Unmut vor dem Jungen zu verbergen, aber Jonas war ein ungewöhnlich feinfühliges Kind. Er spürte, dass sein Vater nicht recht bei der Sache war und die gute Laune nur spielte.

David nahm das Buch vom Nachttisch. Ungefähr in der Mitte lag das Lesezeichen, das Viviane und Jonas zusammen gestaltet hatten. Es war uralt und abgegriffen. Jonas war noch in den Kindergarten gegangen, als die beiden es gebastelt und ihm abends stolz gezeigt hatten. Inzwischen hatte Viviane überhaupt keine Zeit mehr, um mit Jonas zu basteln, und an den meisten Abenden kam sie zu spät, um sich anzusehen, was er ohne sie gemacht hatte.

„Ach nein, Papa“, sagte Jonas, nahm ihm das Buch aus der Hand und legte es auf den Nachttisch zurück. „‚Eine Woche voller Samstage’ lese ich doch mit Mami. Und wenn wir jetzt ohne sie weiterlesen, weiß sie ja nicht, was als Nächstes passiert.“

„Das stimmt schon“, pflichtete David ihm bei. „Aber du willst ja sicher auch wissen, was als Nächstes passiert. Und ich finde, du hast schon ganz schön lange darauf warten müssen.“