Chefarzt Dr. Holl 1885 - Katrin Kastell - E-Book

Chefarzt Dr. Holl 1885 E-Book

Katrin Kastell

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Hilflos umklammert Sandra Schaller die Lehne des Stuhls, doch das, was Chefarzt Dr. Holl ihr gerade so schonend wie möglich mitgeteilt hat, dringt nicht wirklich zu ihr vor. Bernd, ihr Mann, soll seinen schweren Verletzungen erlegen sein?
Immer wieder schüttelt Sandra verzweifelt den Kopf. Das kann nicht sein! Ihrem Märchenprinzen kann nichts und niemand etwas anhaben - nicht einmal das Schicksal selbst!
Und doch ... es ist die traurige Wahrheit: Bernd ist tot! Seine Geliebte dagegen, die mit ihm im Wagen saß, lebt!

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 125

Veröffentlichungsjahr: 2020

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Als Sandras Glück zerbrach

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: ALPA PROD / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9801-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Als Sandras Glück zerbrach

In der Berling-Klinik erfuhr sie vom Doppelleben ihres Mannes

Von Katrin Kastell

Hilflos umklammert Sandra Schaller die Lehne des Stuhls, doch das, was Chefarzt Dr. Holl ihr gerade so schonend wie möglich mitgeteilt hat, dringt nicht wirklich zu ihr vor. Bernd, ihr Mann, soll seinen schweren Verletzungen erlegen sein?

Immer wieder schüttelt Sandra verzweifelt den Kopf. Das kann nicht sein! Ihrem Märchenprinzen kann nichts und niemand etwas anhaben – nicht einmal das Schicksal selbst!

Und doch … es ist die traurige Wahrheit: Bernd ist tot! Seine Geliebte dagegen, die mit ihm im Wagen saß, lebt!

Schade, dass sie diese ruhige Morgenstunde auf der Terrasse ihres Hauses nicht mit Bernd teilen konnte! Er hatte jetzt ständig auswärts zu tun.

Vor ein paar Monaten war ihm vom Chef der Großkanzlei, für die er arbeitete, die Beratung etlicher Firmen in Nürnberg, Würzburg, Erlangen und Regensburg übertragen worden. Was meistens dazu führte, dass er nach langen Beratungen in der jeweiligen Stadt übernachtete und am nächsten Morgen gleich wieder ins Büro fuhr.

Seine Karriere befand sich zurzeit in einem kräftigen Aufwind, wie er selbst sagte. Da wollte Sandra ihm natürlich nicht im Wege stehen. Schließlich profitierte auch sie von ihrem tüchtigen Ehemann, der es mit seinen fünfunddreißig Jahren schon weit gebracht hatte. Sogar eine Beteiligung an der Anwaltskanzlei war ihm in Aussicht gestellt worden.

Sandra Schaller schloss die Augen und versuchte, sich sein Gesicht vorzustellen. Er arbeitete ihrer Meinung nach viel zu viel. Es blieb ja kaum noch Zeit für gemeinsame Unternehmungen. Wie schön war der letzte gemeinsame Urlaub gewesen, als sie mit dem Wohnmobil durch Nordamerika gefahren waren!

Wie lange war das her? Zwei Jahre? Drei?

Die Zeit verging so schnell. Darum sollten sie sich allmählich Gedanken über die Familienplanung machen. Sandra wünschte sich mindestens zwei Kinder, Bernd fand, dass sie damit noch ein wenig warten könnten. „Wir sind doch noch so jung“, pflegte er zu sagen. Gewiss hatte er mit dieser Einschätzung recht. Sie war achtundzwanzig.

Andererseits stand für ein Kind schon jetzt alles bereit: ein großes Haus, ein schöner Garten, zwei liebevolle Eltern, kurz: ein warmes, weich gepolstertes Nest. Warum also nicht jetzt die ersten Versuche starten?

Sandra wedelte sich mit der Tageszeitung frische Luft zu. Die Hitze machte sich heute schon um sieben Uhr morgens bemerkbar. Nach der Vorhersage der Wetterfrösche sollte es heute der heißeste Tag des Jahres werden. In den Medien wurden alte und kranke Menschen wiederholt darauf hingewiesen, ausreichend zu trinken und sich möglichst in klimatisierten Räumen aufzuhalten.

Sandras Blick glitt über den Garten. Heute Abend musste sie unbedingt die Pflanzen wässern. Sie streckte die Hand nach dem Terminkalender aus, der auf dem Tisch lag.

Doch bevor sie sich informieren konnte, was heute auf sie wartete, läutete ihr Handy. Robin stand auf dem Display. Was wollte er so früh am Morgen von ihr? Vielleicht ging es um einen neuen Patienten – und ihre psychologische Betreuung war gefragt.

„Guten Morgen“, sagte sie. „Gerade wollte ich mir meinen Tag einteilen, da kommst du mir zuvor.“

„Grüß dich, Sandra!“

Sie hörte ihn heftig atmen und drückte das Handy etwas fester ans Ohr. Er klang so anders als sonst.

„Also, was hast du für mich? Ich bin heute ohnehin in der Klinik, könnte also noch gut eine Therapiestunde einschieben.“

„Darum geht es nicht, Sandra. Es … es ist etwas Schreckliches passiert.“ Seine Stimme hatte ihre Sanftheit verloren. „Unser Chefarzt bat mich persönlich, dich zu benachrichtigen. Er weiß, dass wir uns gut kennen …“ Wieder hörte sie ihn tief Luft holen. „Bernd hatte einen schweren Unfall.“

„Was?“

„Bernd hatte einen …“

„Um Himmels willen!“, fiel sie ihm entsetzt ins Wort. Der Schrecken dieser Nachricht lähmte sie und jagte gleichzeitig das Blut mit dreifacher Geschwindigkeit durch ihre Adern. „Was ist passiert? Sag es mir!“

Dr. Robin Bruckners Stimme klang noch eine Spur rauer.

„Er befindet sich schon im OP. Die Diagnose steht noch nicht hundertprozentig fest. Auf jeden Fall liegt ein Polytrauma vor. Du weißt, was das heißt?“

Sandras „Ja“ klang gepresst.

„Er hat viel Blut verloren.“ Viel zu viel, dachte der Arzt. „Erst, wenn das ganze Ausmaß der Verletzungen feststeht, wissen wir, was wir als Nächstes tun müssen. Du solltest sofort kommen.“

Sandra wurde an diesem jungen Tag von einer gigantischen Schwärze umfangen. Ein paar Sekunden lang wünschte sie sich, in eine schützende Ohnmacht zu fallen, um nichts mehr hören zu müssen.

Bernd verunglückt? Bernd in Gefahr? Bernd kämpfte um sein Leben?

Eine geradezu absurde Vorstellung für ihren sportlichen, kerngesunden Mann. Das konnte nicht sein, das durfte nicht sein! Von einer Sekunde auf die andere geriet ihre Welt aus den Fugen. Hilflos versuchte sie, Robins Nachricht zu begreifen. Sie suchte nach Worten, doch nur klagende Töne kamen über ihre Lippen. Töne, wie ein gehetztes Tier sie in höchster Not ausstieß.

„Sandra, nimm dir ein Taxi! Fahr auf keinen Fall mit dem Wagen!“

„Ich komme“, krächzte sie, stemmte sich mühsam aus ihrem Korbsessel und ging durch das Haus bis zum Eingang an der Vorderseite. Erst hier stellte sie fest, dass sie keine Schuhe an den Füßen hatte.

Ich sollte die Handtasche mitnehmen, dachte sie. Und den Schlüssel einstecken. Ein Taxi anrufen. Wo war das Handy?

Schwankenden Schrittes ging sie auf die Terrasse zurück, drückte die Nummer der Taxizentrale und nannte die Straße und die Hausnummer. Im Hinausgehen griff sie nach ihrer Tasche. Sollte sie Wäsche und Kosmetiksachen für Bernd einpacken? Ihre Gedanken bewegten sich im Zickzack wie durch einen Irrgarten. Bevor sie auf die Straße trat, schlüpfte sie in die Ballerinas, die noch von gestern in der Diele standen.

Plötzlich war sie fest davon überzeugt, dass es sich nur um eine Verwechslung handeln konnte. Man hatte den Ärzten einen falschen Namen gesagt. Bald würde sich alles aufklären. Bernd, ihrem ganz persönlichen Helden, konnte niemand etwas anhaben, auch das Schicksal nicht.

„Guten Morgen, Frau Schaller“, sagte die Nachbarin. „Auch schon so früh auf den Beinen?“

Sandra nickte in ihre Richtung, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Zum Glück kam da schon der Wagen. Sie stieg hinten ein und schwieg.

Ihr Herz raste. Schuld daran war das Entsetzen, das Robin mit seiner Nachricht ausgelöst hatte. Natürlich unbeabsichtigt.

Die Frau am Steuer wartete noch ein paar Sekunden, dann schaute sie fragend in den Rückspiegel. „Wohin darf ich Sie bringen?“

Sandra zuckte zusammen. Natürlich, das Ziel …

„Berling-Klinik“, sagte sie.

Während der ganzen Fahrt hielt sie die Augen geschlossen. Sie musste sich jetzt ganz fest darauf konzentrieren, dass Bernd nichts geschehen war, jedenfalls nichts wirklich Schlimmes.

Der Wagen wurde langsamer. Sie erreichten den Haupteingang der Klinik. Sandra öffnete die Augen.

„Sechzehn Euro fünfzig.“

Sie kramte in ihrem Portemonnaie, reichte der Frau einen Zwanzig-Euro-Schein und stieg wortlos aus.

„Vielen Dank und einen schönen Tag“, rief die Fahrerin ihr nach.

Sandra hörte es nicht. Hinter den breiten Glastüren, die sich geräuschlos vor ihr auseinanderschoben, herrschte eine andere Welt. Da sie sich in der Berling-Klinik auskannte, brauchte sie nicht nach dem Weg zu fragen.

Im ersten Stock kam ihr schon Robin entgegen, quälende Besorgnis im Blick.

Er umarmte sie und hielt sie lange fest. Das tat er sonst nie.

Sandra legte ihren Kopf an seine Brust. Ein paar harmlose Verletzungen, auch eine Fraktur irgendwo, Blutverlust, ja, aber Bernd bekommt schon eine Transfusion. Das wollte sie endlich hören. Alles halb so wild, Sandra. Zunächst sah es schlimmer aus, als es wirklich ist. Bernd hat schon nach dir gefragt. Er wartet auf dich.

Endlich stieß sie sich von Robin weg, schaute ihm forschend ins Gesicht.

„Die Verletzungen sind lebensgefährlich“, sagte der Chirurg gepresst. „Wir versuchen, ihn zu stabilisieren. Ich muss zurück in den OP. Wenn es Neuigkeiten gibt, bekommst du sofort Nachricht.“

Sandra sagte kein Wort, sondern blieb wie erstarrt mitten auf dem Gang vor dem OP-Trakt stehen.

***

„Kammerflimmern“, stellte Dr. Daniel Falk eine gute halbe Stunde später fest. Er sowie die Kollegen Robin Bruckner und Michael Wolfram befanden sich im Schockraum. Der Patient war bereits entkleidet.

Gemeinsam bekämpften die Ärzte die Störungen der Vitalfunktionen des Schwerverletzten. Die Beatmung war gesichert und alles für eine Infusionstherapie vorbereitet.

„Er kippt uns gleich weg.“ Um seine Befürchtungen zu verbergen, bemühte sich Daniel Falk um einen ruhigen Klang. Er fing einen Blick von Dr. Bruckner auf und sah, dass er sich nicht allein sorgte.

„Herzstillstand!“, ächzte Michael Wolfram. Seine Gereiztheit war ihm deutlich anzumerken. „Ich hab's kommen sehen. Jetzt hilft nur noch der Defibrillator.“

Dr. Falk und Dr. Bruckner nickten fast synchron.

In aller Eile befestigte Dr. Wolfram die Kontakte auf der Brust. Der Strom zwischen den beiden aufliegenden Pads floss in geringer Menge auch durch das Herz und sollte es so wieder zum Schlagen bringen.

Doch zunächst analysierte das Gerät den Herzrhythmus, was den jungen Kollegen Wolfram erneut zu einem ungeduldigen Stöhnen veranlasste. Wie lange brauchte das Ding denn heute? Auch Daniel hatte den Eindruck, dass der Defibrillator sich heute Zeit ließ, doch genau die hatten sie nicht.

Endlich blinkte die Taste Schock, der Defibrillator war bereit. Rasch traten alle vom Patienten zurück, Dr. Wolfram löste die Entladung aus. Der Körper des Patienten bäumte sich auf und krümmte sich wie unter einem Boxhieb. Alle schauten gebannt auf den Monitor. Nichts.

„Noch einmal!“, ordnete Dr. Falk an. Die Prozedur wiederholte sich. Erst nach dem dritten Mal war die Herzlinie wieder zu sehen. Die Ärzte gestatteten sich ein kleines Aufatmen.

Schwester Hanna erschien in der Tür des OPs, ohne jedoch einzutreten. Sie sollte nur eine Nachricht überbringen.

„Die Frau ist außer Lebensgefahr. Schleudertrauma, Fraktur des linken Armes. Nach dem ersten Test ist das Kind wohlauf. Dr. Holl wird es mit Kaiserschnitt holen und erst dann den Bruch richten.“

„Danke, Hanna“, sagte Daniel Falk. „Unserem Patienten geht es sehr schlecht. Es gab einen Herzstillstand. Die Gefahr ist noch nicht gebannt. Richten Sie das aus!“

Hanna nickte und verschwand wieder.

„Er war nicht allein im Wagen?“, fragte Robin beunruhigt.

„Zwei Personen sind verunglückt“, erwiderte Dr. Falk. „Unser Patient hier und neben ihm eine schwangere Frau, wahrscheinlich seine eigene.“

„Das kann nicht sein“, erwiderte Robin. „Wahrscheinlich ist sie eine Mitarbeiterin aus der Kanzlei. Ich kenne seine Frau. Sie sitzt draußen und wartet auf eine gute Nachricht.“

„Ich fürchte, die werden wir ihr so schnell nicht geben können“, erwiderte Daniel Falk.

Erst, als der Patient wieder einen spontanen Kreislauf hatte, begann die klinische Untersuchung mittels einer Sonografie des Brust- und Bauchraumes. Es gab ein paar kleinere Blutungen, die aber nicht wirklich lebensgefährlich waren. Das Schädel-Hirn-Trauma stellte die schwerste Verletzung dar.

„Und jetzt?“ Dr. Wolfram schaute von einem zum anderen.

„Die Herzleistung ist immer noch stark eingeschränkt“, stellte Robin fest. „Sie wird schwächer …“

„Wir verlieren ihn“, rief Michael Wolfram. „Noch mal Reanimation?“

„Wir versuchen es“, ordnete Daniel Falk an, aber er machte sich keine großen Hoffnungen, denn die Erfolgsaussichten nahmen nach mehrfacher Defibrillation deutlich ab. Nicht nur das Herz wurde geschwächt, auch das ohnehin schon verletzte Gehirn nahm wegen der Minderdurchblutung Schaden.

Die Ärzte kämpften mit ganzem Einsatz um das Leben des Mannes, doch sie konnten ihn nicht retten. „Er hat die Todeskarte gezogen“, sagte Michael Wolfram in einem Anflug von Bitterkeit. Ihre Macht war begrenzt. Der Tod eines Patienten nahm jeden im OP mit.

Das Herz kam nur für dreißig Sekunden in Gang. Die Schläge wurden immer unregelmäßiger.

„Stillstand!“, verkündete Robin Bruckner mit belegter Stimme.

Er dachte an Sandra. Die schöne Psychologin tat ihm von Herzen leid. Wie würde sie mit diesem Schicksalsschlag weiterleben können?

Der dritte Versuch verlief ebenso erfolglos.

„Sind Sie mit mir einer Meinung, dass wir hier an dieser Stelle aufhören?“ Dr. Daniel Falk schaute seine beiden Kollegen an.

Robin nickte, Michael knurrte, was Chefchirurg Falk als Ja deutete.

„Dann gehen wir jetzt zur Hirntod-Feststellung über. Bewusstseinsverlust, lichtstarre Pupillen, keine Spontanatmung mehr, kein Lidschlussreflex, kein Schluck- und Hustenreflex.“

Die durchgeführte Doppler-Sonografie zeigte den gefürchteten Durchblutungsstopp aller hirnversorgenden Gefäße an, auf dem EEG sahen sie nur noch die Null-Linie.

In diesem Moment betrat Dr. Holl den OP.

„Mutter und Kind sind außer Gefahr“, sagte er. „In einer Stunde hole ich das Baby. Wie sieht es bei euch …“

Der Klinikchef brach ab. Das betretene Schweigen seiner Kollegen sprach Bände.

„Diagnose: Irreversibles Koma“, sagte Daniel Falk zu seinem Freund und Kollegen.

Nach dreißig Minuten wurde eine erneute Doppler-Sonografie vorgenommen und der Zirkulationsstillstand dokumentiert. „Die Gesamtfunktion des Großhirns ist nicht mehr nachweisbar. In zwölf Stunden werden wir alle Tests wiederholen.“

„Was für ein Drama“, stellte Dr. Holl betroffen fest. „Er ist der Vater ihres Kindes.“

Robin Bruckner hielt die Luft an. Hatte er richtig gehört? Die werdende Mutter und Bernd ein Paar?

„Sind Sie sicher?“, hakte er nach.

„Anna Peters hat es mir anvertraut. Und sie muss ja wissen, von wem sie ein Baby bekommt. Warum fragen Sie?“

Jetzt musste Robin erst einmal ganz tief durchatmen. Diese Neuigkeit überwältigte ihn, allerdings im negativen Sinn.

„Weil Sandra Schaller draußen sitzt. Sie ist seine Ehefrau“, erwiderte er.

Dr. Holl schwieg so lange, dass die anderen im OP schon ganz ungeduldig wurden.

„Ich fasse also noch mal zusammen“, begann er schließlich. „Anna Peters bekommt ein Kind von diesem Patienten …“

„Bernd Schaller“, warf Robin ein.

„Vom Patienten Bernd Schaller“, wiederholte Dr. Holl, um die Situation korrekt zu benennen. „Und draußen wartet die Ehefrau von Herrn Schaller auf Nachricht von uns über ihren Mann.“

„Genau so ist es“, sagte Robin rau. „Frau Schaller und ich sind … befreundet. Als Diplom-Psychologin betreut sie bei uns schwerkranke Patienten und solche, die wenig Unterstützung von ihren Angehörigen bekommen.“

„Ich weiß, wer sie ist“, sagte Dr. Holl. „Sie hat erst vor Kurzem eine junge Krebspatientin von mir betreut. Frau Schaller macht einen kompetenten Eindruck auf mich.“

„Ich bin sicher, dass Sandra völlig ahnungslos ist, was die Beziehung ihres Mannes zu Frau Peters betrifft. Sie hätte sonst schon längst mit mir darüber gesprochen.“ Robin räusperte sich. „Wir kennen uns schon lange.“

Dr. Holl schickte sich an, den OP zu verlassen.

„Ich werde nichts riskieren und erst das Baby holen“, sagte er in die spürbare Bestürzung hinein. „Erst nach der Geburt soll die Mutter erfahren, wie es um Herrn Schaller steht. Und Sie, Kollege Bruckner, kümmern sich bitte um die Ehefrau!“

***

„Wird es meinem Baby auch bestimmt nicht schaden, wenn es jetzt schon auf die Welt muss? Es ist doch noch gar nicht so weit.“

Anna Peters befand sich in einem so aufgewühlten Zustand, dass sie die Schmerzen im Arm und im Schulterbereich eher als Nebensächlichkeit empfand und kaum wahrnahm.

„Wir müssen Ihren Arm operativ richten, Frau Peters. Das können wir nur in einer Vollnarkose machen. Das Kind sollten wir dieser Prozedur nicht aussetzen. Ihrem Baby geht es gut, es hat den Unfall unbeschadet überstanden und wird auch die verfrühte Geburt verkraften.“

„Bis zum regulären Termin können Sie den Arm doch ruhigstellen … ich will mit meinem Verlobten darüber reden …“

„Das geht jetzt nicht, Frau Peters. Er wird zurzeit operiert und kann Ihnen nicht antworten.“ Dr. Holl musste schlucken.