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Jasmin Lewald ist gerade dabei, gemeinsam mit einer Freundin ein neues Unternehmen zu gründen, da erschüttert eine entsetzliche Katastrophe ihr Leben. Ihre Schwester und ihr Schwager sterben nach einer Massenkarambolage auf der A8.
Für Jasmin steht außer Frage, dass sie Emma, ihrer kleinen Nichte, die Schocknachricht beibringen muss. Doch vorher muss sie Dr. Holl ein Geständnis machen ...
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Seitenzahl: 127
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Heute werde ich es beichten
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: George Rudy / shutterstock
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7325-9802-1
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Heute werde ich es beichten
Eine junge Frau überwindet alle Hemmungen
Von Katrin Kastell
Jasmin Lewald ist gerade dabei, gemeinsam mit einer Freundin ein neues Unternehmen zu gründen, da erschüttert eine entsetzliche Katastrophe ihr Leben. Ihre Schwester und ihr Schwager sterben nach einer Massenkarambolage auf der A8.
Für Jasmin steht außer Frage, dass sie Emma, ihrer kleinen Nichte, die Schocknachricht beibringen muss. Doch vorher muss sie Dr. Holl ein erschütterndes Geständnis machen …
Der Tag begann schlecht für Dr. Claudio Faber, da er gleich nach dem Aufstehen auf seinen gewohnten Espresso verzichten musste. Der Automat gab keinen Mucks mehr von sich. Und zu allem Überfluss war der letzte Rest vom Toastbrot auch noch verschimmelt. Sonst fand sich nichts Essbares mehr in diesem Ein-Mann-Haushalt. Der Kühlschrank war zwar groß, aber leer.
Nicht gerade gut gelaunt schwang sich Claudio trotz beginnenden Regens und mit nüchternem Magen auf sein nicht mehr ganz neues Fahrrad. Schon nach den ersten Metern blieb er stecken. Der Vorderreifen war platt. Leise fluchend stieg er wieder ab und schob das Rad zurück in die Garage.
Sein Wagen befand sich wegen einer größeren Reparatur in der Werkstatt. Der Weg zur nächsten Bushaltestelle war weit. Als der Bus dann im Stau stand, war ihm klar, dass er zur ersten OP an diesem Morgen zu spät kommen würde. Beim Aussteigen goss es wie aus Kübeln. Und sein einziger Schirm lag im Auto.
Nach seinem Eintreffen in der Berling-Klinik riss Claudio sich das nasse Zeug vom Körper und zog trockene Sachen an, bevor er zum OP zwei hastete. Hoffentlich hatte er sich nicht erkältet.
Nach Beendigung der Desinfektionsmaßnahmen betrat er mit einer gemurmelten Entschuldigung den gekachelten Raum, in dem die Patientin schon vorbereitet war. Das Team hatte nur noch auf ihn gewartet.
Die neununddreißigjährige Frau litt an einer Veränderung am Eierstock. Um die Verdachtsdiagnose abzusichern, entnahm Claudio nach einem Bauchschnitt zunächst das linke Ovar im Ganzen. Es folgte eine rasche mikroskopische Untersuchung, währenddessen die Patientin in der Narkose verblieb. Dann stand eindeutig fest, dass es sich um ein Karzinom handelte.
Nun gab es für ihn keinen Handlungsspielraum mehr. Als lebensrettende Maßnahme musste Dr. Faber beide Eierstöcke im Ganzen, beide Eileiter, die Gebärmutter und das große Bauchnetz sowie Teile des Bauchfells entfernen. Er operierte wie ein Besessener.
Als alles vorbei war, stürmte er wortlos aus dem gefliesten Raum und warf mit einer aggressiven Geste die getragene Kleidung in den bereitstehenden Plastikbehälter. Dass der Mundschutz daneben fiel, bemerkte er in seiner grenzenlosen Verstimmung nicht. Stumm nahm er Kurs auf die Cafeteria.
An der Gebäcktheke ließ er sich ein Croissant geben, dazu einen schwarzen Kaffee, und nahm am letzten freien Tisch Platz. Claudio verspürte nicht das Bedürfnis, sich zu Kollegen zu setzen. Jetzt bloß keine Unterhaltung über die letzten Fußballspiele oder das anhaltende Regenwetter.
Die Patientin tat ihm unendlich leid. Aber oft war das Leben wie ein Lotteriespiel. Die einen blieben mobil und gesund bis ins hohe Alter, die anderen erwischte es wesentlich früher. Er würde später noch mit ihr reden und ihr sagen müssen, dass sie das Kind, das sie sich so sehr gewünscht hatte, nicht mehr bekommen würde.
Wenn er an dieses Gespräch dachte, wurde ihm ganz mulmig zumute. Er trank seinen Kaffee und brach nachdenklich ein Ende des Blätterteig-Gebäcks ab, ohne es in den Mund zu schieben.
***
„Ist hier noch frei?“
Ungehalten schaute Dr. Faber auf – direkt in ein blaues Augenpaar, das ihn mit unverhohlener Neugier musterte.
„Bitte sehr, wenn’s unbedingt sein muss“, gab er betont unfreundlich zurück. Die forsche junge Dame sollte bloß nicht glauben, er wäre an einer Plauderei mit ihr interessiert.
„Alle anderen Tische sind besetzt“, sagte sie und schaute noch mal prüfend in die Runde, bevor sie ihr Tablett absetzte.
Einigermaßen erstaunt betrachtete er das, was sich darauf befand: ein großer Milchkaffee, eine Rosinenbrioche, eine Banane, ein Becher mit schokoladigem Inhalt und eine Käsesemmel.
„Verzeihung, aber wollen Sie das alles essen?“
„Ich hab heute noch nichts in den Magen bekommen“, erwiderte sie verschmitzt lächelnd. „Was ist mit Ihnen? Hat es Ihnen nicht geschmeckt? Oder warum sonst haben Sie das Croissant so übel zugerichtet? Sieht ja furchtbar aus.“
Jetzt erst bemerkte Claudio, dass er sein Frühstück vollständig zerkrümelt hatte. Mit den Händen schob er die Einzelteile des Gebäcks zu einem kleinen Haufen zusammen und überlegte sich eine passende Antwort.
Doch so weit ließ sie es gar nicht erst kommen. Sie deutete auf ihr Schätze.
„Bitte greifen Sie zu. Nehmen Sie sich, was immer Sie mögen. Ich habe mir ohnehin viel zu viel aufgeladen.“ Sie zwinkerte ihm verschwörerisch zu. „Ist eine Schwäche von mir. Weniger wäre besser.“
Ihr Charme ließ ihn ein wenig auftauen.
„Danke, sehr nett von Ihnen, aber ich habe keinen Hunger.“ Das war nicht einmal gelogen.
Jetzt schälte sie die obere Hälfte der Banane und hielt sie ihm hin.
„Brechen Sie sich einfach ein Stück ab“, schlug sie vor. „Bananen machen glücklich.“
„Ach wirklich?“ Ohne zu wissen, warum, kam Claudio ihrer Aufforderung nach, nahm sich ein Stück und biss hinein. Es schmeckte wirklich gut. Wann hatte er zuletzt eine Banane gegessen? In seinem Ein-Mann-Haushalt gab es selten Obst. Weil er es nicht für so wichtig hielt, vergaß er es regelmäßig beim Einkaufen.
Hauptsache, er hatte Kaffee und ein paar Fertiggerichte auf Vorrat. Oft aß er Pizza, die er sich bringen ließ. Natürlich war ihm als Arzt klar, dass er sich nicht gesund ernährte. Aber immerhin hatte er das Rauchen aufgegeben. Und irgendwann würde ihm auch der Wechsel zu einer gesunden Ernährung gelingen. Aber das musste ja nicht sofort sein.
„Arbeiten Sie hier in der Klinik?“, fragte sie ihn.
Da er den Mund noch voll hatte, beschränkte er sich auf ein Nicken.
„Interessant. Sind Sie Arzt?“
Er nickte wieder.
„Haben Sie auch mit Schwangeren zu tun?“
Claudio wischte sich mit der Papierserviette über den Mund. War das jetzt ein Verhör? Jedenfalls war es ihm zu viel.
„Ja“, erwiderte er. „Gelegentlich schon. Warum wollen Sie das wissen?“ Seine Tischnachbarin fing an, ihm auf die Nerven zu gehen.
Sie antwortete nicht sofort, sondern kramte in ihrer Tasche. Schließlich schob sie ihm einen Flyer hin.
„Davon habe ich schon einige in den Informationsständer am Eingang gestellt. Mein Name ist Jasmin Lewald. Ich betreibe einen Service für werdende und junge Mütter. Darf ich Ihnen ein paar mitgeben? Wenn Sie eine Schwangere behandeln, könnten Sie sie doch auf meinen Service hinweisen.“
Dr. Faber glaubte, sich verhört zu haben. Seine Brauen zogen sich zusammen.
„Haben Sie gerade von mir verlangt, dass ich Werbung für Sie machen soll? So was Verrücktes. Das können Sie sich aus dem Kopf schlagen.“
Jasmin ließ sich von seinen Worten nicht einschüchtern. Wie aufgezogen berichtete sie von ihrem noch jungen Unternehmen, von dem sie sich viel versprach. Für Frauen, die ein Kind erwarteten oder gerade eines bekommen hatten, stellte es eine geradezu sensationelle Hilfe dar.
„Sehen Sie, viele Frauen machen heute Karriere und erfüllen sich erst später ihren Kinderwunsch. Solche Frauen haben nur wenig Zeit, sich um all das zu kümmern, was nötig ist. Diese Arbeit nehme ich ihnen ab. Ich unterstütze sie bei administrativen Aufgaben, bei Behördengängen und bei der Einrichtung des Kinderzimmers.“
Sie trank schnell einen Schluck Kaffee und sprach dann sofort weiter.
„Ich biete auch Shopping-Begleitung für Mutter und Kind an und helfe bei der Suche nach der richtigen Hebamme, dem passenden Kinderwagen oder Autositz. Und wenn das Baby da ist, suche ich nach einer geeigneten Kinderbetreuung und organisiere eine Baby-Willkommens-Party, falls gewünscht.“
Jasmin holte tief Luft. Ihr Temperament ging mal wieder mit ihr durch, aber es galt, diese Chance zu nutzen.
„Was sagen Sie dazu? Und wenn es um die geeignetste Geburtsstätte geht, schlage ich gern die Berling-Klinik vor. Das wäre dann doch eine richtige Win-win-Situation. Finden Sie nicht?“
Claudio musste an seine Patientin denken, der kein Babyglück mehr vergönnt war. Er kniff die Lippen zusammen und bedachte die Unbekannte mit einem vernichtenden Blick.
„Sie sollten sich in Zurückhaltung üben.“
Dann stand er auf und ließ sie an dem Tisch mit dem zerkrümelten Croissant einfach sitzen. Den Flyer nahm er nicht mit.
***
Jasmin schaute ihm verblüfft nach. Da war sie ganz offensichtlich an den Falschen geraten. Der Mann schien nicht sehr zugänglich zu sein. Mehr noch, er war ein extrem unhöflicher Mensch. Aber da sie sonst nichts über ihn wusste, wollte sie ihn nicht vorschnell verurteilen. Vielleicht hatte er große Probleme im Leben, mit seiner Partnerin oder mit seinen Kindern. Warum jemand so barsch reagierte, konnte viele Ursachen haben.
Dabei hätte es ihn doch nun wirklich nicht viel gekostet, ein paar ihrer Broschüren in der Klinik zu verteilen. Nun, dann würde sie es eben gleich selbst bei den Säuglingsschwestern versuchen und bei dieser Gelegenheit ihre Schwester Carolin erwähnen.
Vielleicht erinnerte sich vom aktuellen Personal noch jemand an sie. Den Tipp mit der Berling-Klinik hatte sie nämlich von ihr. Carolin hatte vor Jahren gelegentlich auch hier als Hebamme gearbeitet.
Doch bevor sie sich voller Tatendrang auf den Weg machen konnte, kam ein Anruf von Ben.
„Wann können wir uns sehen? Ich hab etwas mit dir zu bereden.“
Jasmin schmunzelte in sich hinein. Ganz sicher ging es ihm um den gemeinsamen Urlaub, über den sie schon einige Male gesprochen hatten. Jasmin wollte mit dem Auto nach Italien fahren. Ben war Griechenland-Fan und favorisierte Kreta. Schon letzte Woche hatte er angedeutet, dass sie bald ihre Flüge buchen sollten, da sie jetzt noch preiswert zu haben waren.
„Kein Problem“, erwiderte sie. „Ich hätte jetzt Zeit. Und du?“
„Ich kann erst in der Mittagspause“, sagte Ben und schlug ein Treffen in ihrem Lieblingscafé am Wiener Platz vor.
„Du kannst doch auch nach Büroschluss zu uns nach Hause kommen“, meinte Jasmin ein wenig verwundert. Warum sollten sie sich im Café treffen? „Meine Schwester und mein Schwager sind noch in Urlaub. Wir wären also ungestört.“
„Aber da ist noch Emma.“
„Emma wird ihre Schulaufgaben machen. Vielleicht bekommt sie auch Besuch von einer Freundin. Und abends geht sie früh schlafen, morgen hat sie ja wieder um acht Schule.“
Die Familie bestand aus Jasmin, ihrer Schwester Carolin, dem Schwager Richard und Emma, der Tochter des Paares. Alle vier lebten im geerbten Elternhaus der Schwestern.
Carolin hatte damals ihren Beruf als Hebamme aufgegeben, um ganz für das Kind da zu sein. Emma war jetzt elf Jahre alt.
Da Jasmin früher große Probleme mit ihrer älteren Schwester gehabt hatte, war sie erst nach jahrelanger Abwesenheit wieder in das gemeinsame Elternhaus zurückgekehrt. Noch immer verband sie ein dunkles Geheimnis, aber sie rührten beide nicht mehr daran und hielten es für überwunden.
Schlafende Hunde soll man nicht wecken, dachte Jasmin oft. Zum Glück hatten sich die Spannungen zwischen ihnen gelegt. Man kam gut miteinander aus. In dem großen Haus konnten alle gut zusammenleben, sich aber auch aus dem Weg gehen, wenn es sein musste.
Doch auch wenn Jasmin hoffte, dass alles so blieb, verspürte sie gelegentlich ein Unbehagen, das sie sich eigentlich nicht erklären konnte. Um sich davon abzulenken, tat sie nun alles, um sich ihre eigene Existenz aufzubauen.
„Hallo, Jasmin, bist du noch da? Warum sagst du nichts mehr?“
„Entschuldige, mir gehen so viele Dinge durch den Kopf. Mein kleines Unternehmen befindet sich ja noch in der Gründungsphase. Darum habe ich viel zu organisieren. Also kommst du zu uns?“
Wieder entstand eine Pause.
„Es passt mir besser im Café“, erklärte Ben nachdrücklich. Klang er wirklich ein wenig kühl, oder bildete sie sich das nur ein? „Sieh zu, dass du es einrichten kannst. Ich werde um fünfzehn Uhr da sein. Muss jetzt Schluss machen, mein Chef kommt.“
Bevor Jasmin noch etwas einwenden konnte, war das Gespräch beendet. Ärgerlich überlegte sie, ob sie ihn zurückrufen und zur Rede stellen sollte. Sie ließ es bleiben und aß stattdessen noch die süße Schokocreme, die sie ein wenig besänftigte. Für die Käsesemmel ließ sie sich an der Theke eine Tüte geben und fuhr mit der Tram nach Haidhausen.
Da sie noch Zeit hatte, marschierte sie in einen Supermarkt, um für den Abend etwas einzukaufen. Carolin und Richard würden nach der anstrengenden Rückreise bestimmt Hunger haben.
Die beiden waren zwei Wochen in Apulien gewesen, wo sie offensichtlich eine wunderbare Zeit verbracht hatten. Davon zeugten Fotos eines glücklichen Paares und enthusiastische Nachrichten. Jasmin schloss daraus, dass die schon länger anhaltende Ehekrise überwunden war. Sie wünschte es ihnen.
Emma wurde heute nach der Schule von der Mutter einer Klassenkameradin mitgenommen und später am Nachmittag nach Oberföhring gebracht, wo sich ihr gemeinsames Zuhause befand.
Jasmin liebte diesen Stadtteil mit seiner besonderen Lage an der nördlichen Isar, wo man sich auf schönen Spazierwegen wunderbar entspannen konnte. Hier konnte man die Isar überqueren und in den Nordteil des Englischen Gartens gelangen. Die Lage war perfekt. Nie wieder würde sie München den Rücken kehren.
„Hallo, junge Frau, wollen Sie hier Wurzeln schlagen?“, erkundigte sich ein Mann ungeduldig und tippte ihr leicht von hinten auf die Schulter.
Jasmin hatte sich wieder einmal in ihren Erinnerungen verloren und die Welt um sie herum vollkommen ausgeblendet. Und darum hatte sie nicht bemerkt, dass die Schlange an der Supermarkt-Kasse vorgerückt und sie nun an der Reihe war.
„Entschuldigung“, murmelte sie und legte hastig ihre Einkäufe auf das Band.
Bevor sie das Café ansteuerte, schaute sie noch auf einen Sprung bei Rosa Bender vorbei, die mit ihr das Unternehmen starten wollte.
Ziemlich gespannt auf Bens Überraschung betrat Jasmin nach diesem kurzen Treffen das Café am Wiener Platz. Was wollte er von ihr?
***
Julia Holl wartete neben dem Wagen auf Juju, die Jüngste der Holl-Familie. Ihre Tochter hatte schon angekündigt, dass sie heute eine Schulfreundin mitbrachte. Die beiden Mädchen wollten den Nachmittag im Hause der Holls verbringen.
Später würde Julia die Kleine nach Oberföhring bringen, wo sie mit ihrer Familie wohnte.
Juju hatte schon erzählt, dass Emma eine echt coole Freundin war, mit der sie sich wunderbar verstand. Die elfjährige Juju war der Mittelpunkt der Familie, während die erwachsenen Zwillinge Daniela und Marc schon mehr und mehr eigene Wege gingen.
Auch der fünfzehnjährige Chris war schon sehr selbstständig. Aber Juju würde noch lange bei Mama und Papa bleiben, eine Tatsache, die Julias Mutterherz täglich mit Freude erfüllte.
Wenn alle Kinder aus dem Haus sind, pflegte ihr Mann manchmal zu sagen, machen wir endlich unsere Weltreise und bringen unseren Enkeln die schönsten Geschenke mit.
Wenn Julia aber ehrlich zu sich selbst war, musste sie sich eingestehen, dass sie das Leben in der Familie allen Weltreisen vorzog. Und sie wusste, dass auch Stefan so dachte. Sie waren beide Familienmenschen und konnte sich ein Leben ohne die Kinder gar nicht vorstellen.
Da kamen die beiden auch schon auf sie zu. Die Mädchen waren ungefähr gleich groß. Schon von Weitem winkten sie.
„Hallo, Mama!“, rief Juju. „Das ist Emma.“
Julia Holl begrüßte das Kind herzlich.
„Na, dann steigt mal hinten ein, ihr zwei. Habt ihr Hunger?“
„Und wie!“, rief Juju. „Ich könnte einen Bären verspeisen.“