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Vor ein paar Jahren hat Anna Berghof einen großen Fehler gemacht. Mit gerade Mitte zwanzig hat sie sich sterilisieren lassen, weil ihr damaliger Ehemann auf gar keinen Fall Kinder haben wollte. Um ihn nicht zu verlieren, hat sie den folgenschweren Eingriff machen lassen. Verlassen hat Jens sie dennoch.
Heute bereut Anna ihre Entscheidung zutiefst, vor allem, weil sie mit Dr. Oliver Berghof, ihrem zweiten Ehemann, äußerst glücklich verheiratet ist. Allerdings wünscht sich Oliver sehnlichst ein Kind von ihr und wundert sich, warum sie nicht endlich schwanger wird ...
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Seitenzahl: 124
Veröffentlichungsjahr: 2020
Cover
Impressum
Die OP, die sie bitter bereute
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln
Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: Bastei Verlag / Anne von Sarosdy
eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)
ISBN 9-783-7325-9805-2
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
www.bastei.de
Die OP, die sie bitter bereute
Kann sie ihren Fehler rückgängig machen und ihre Ehe retten?
Von Katrin Kastell
Vor ein paar Jahren hat Anna Berghof einen großen Fehler begangen. Mit gerade Mitte zwanzig hat sie sich sterilisieren lassen, weil ihr damaliger Ehemann auf gar keinen Fall Kinder haben wollte. Um ihn nicht zu verlieren, hat sie den folgenschweren Eingriff machen lassen. Verlassen hat Jens sie dennoch.
Heute bereut Anna ihre Entscheidung zutiefst, vor allem, weil sie mit Dr. Oliver Berghof, ihrem zweiten Ehemann, äußerst glücklich verheiratet ist. Allerdings wünscht sich Oliver sehnlichst ein Kind von ihr und wundert sich, warum sie nicht endlich schwanger wird …
Anna Berghof fuhr ihr Fahrzeug langsam in die Garage, direkt neben Olivers Motorrad. Sie kam von einem endlos langen Elternsprechtag in ihrer Schule. Als Klassenlehrerin hatte sie bis zum Schluss bleiben müssen, jetzt empfand sie nur noch Erschöpfung und freute sich auf einen schönen Abend mit ihrem Liebsten.
Vor ihr lag ein Wochenende ohne Arbeit. Endlich konnte sie wieder einmal ausprobieren, wie wunderbar sich süßes Nichtstun anfühlte. Und wenn Oliver ihr dabei half, blieben keine Wünsche offen.
Anna schloss die Tür auf und stutzte. Im Hausflur standen brennende Kerzen auf dem Fußboden und bildeten eine Art Wegweiser bis hinein ins Wohnzimmer, das sie erst neulich gemeinsam umgestaltet hatten.
Ein verliebtes Lächeln glitt über ihr Gesicht, sah es doch ganz so aus, als hätte sich Oliver wieder eine Überraschung für sie ausgedacht. Er war ein wunderbarer Mann. Das Leben mit ihm machte sie so glücklich, wie sie es nie erhofft hatte.
Rasch zog sie ihren Mantel aus, streifte die Schuhe ab und balancierte auf Zehenspitzen auf die offen stehende Tür zu.
Oliver stand am Fenster. Als er sie sah, kam er mit ausgebreiteten Armen auf sie zu. Sie ließ sich an seine Brust sinken, er drückte sie und streichelte ihren Rücken.
„Da bist du ja endlich“, sagte er, schob ihr mit beiden Händen das kastanienbraune Haar hinter die Ohren und küsste sie mit einer Innigkeit, die sie immer wieder aufs Neue überraschte. „Ich fing schon an, unruhig zu werden. Aber ich wollte dich auch nicht anrufen, weil ich nicht wusste, ob du schon im Wagen sitzt.“
„Ja, es war anstrengend, doch jetzt ist es Gott sei Dank vorbei. Was gibt es denn?“ Sie schnupperte. „Hast du etwas gekocht?“
„Na ja, nicht so ganz. Aber ein Romantik-Dinner wird es trotzdem, denn ich habe gute Sachen bringen lassen. Und der Champagner wartet schon im Eiskübel darauf, mit einem diskreten Knall geöffnet zu werden.“
„Ich bin so neugierig, was gibt es denn?“
„Tafelspitzsülzchen, eingelegte Oliven, Garnelen in einer Dill-Vinaigrette und Räucherforelle im feinen Teigmantel. Dazu frisches Baguette und Kräuterbutter. Als Dessert ein paar süße Törtchen.“
„Wow! Das hört sich toll an.“ Annas schwarze Augen musterten ihn nachdenklich. Zwischen den Brauen entstand eine kleine Falte. „Ist irgendwas?“
„Könnte man so sagen“, erwiderte er verschmitzt.
„Nun sag schon! Bist du zum Oberarzt befördert worden?“
„Noch nicht, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Um dir einen Tipp zu geben: Wir feiern heute ein privates kleines Fest. Erinnerst du dich nicht, was vor zwei Jahren war?“
Endlich fiel der Groschen. „O nein!“, rief sie dann aus und verdrehte die Augen. „Unser Hochzeitstag! Ich habe ihn wirklich komplett vergessen.“
„Richtig, Frau Lehrerin. Die Antwort kommt zwar etwas spät, aber sie ist richtig.“ Wieder zog er sie an sich. „Meistens sind es ja die Männer, die in dieser Hinsicht Gedächtnislücken haben, doch bei uns ist es genau umgekehrt.“
„Das wird mir nie wieder passieren“, versicherte sie lachend. „Bitte, verzeih mir! Aber danke, dass du mich auf eine so wunderbare Weise daran erinnerst. Du bist ein Schatz – nein, mein Schatz.“
„Gnädige Frau, wir werden uns jetzt all die Köstlichkeiten zu Gemüte führen, aber vorher lösche ich noch die Kerzen, damit nichts passiert und wir uns in aller Ruhe überlegen können, was wir nach dem Essen tun.“ Er blinzelte ihr zu. „Eine Idee hätte ich schon. Und ich hoffe, du wirst das Gleiche denken wie ich.“
Jedes Häppchen war ein einzigartiges Geschmackserlebnis, der Champagner prickelte in der Kehle. Im Hintergrund lief Schmuse-Pop. Immer wieder tauschten sie heiße Blicke. Irgendwann hatten sie genug gegessen. Es dauerte nicht mehr lange, bis sie im Schlafzimmer verschwanden.
Dieser Tag muss ganz besonders gekrönt werden, dachte Oliver. Und als sie sich später ermattet, aber glücklich in den Armen lagen, gab er seiner schönen Frau einen Kuss aufs Ohrläppchen.
„Diesmal hat es bestimmt geklappt. Ich glaube ganz fest daran.“
In seiner Verliebtheit spürte er nicht, dass Anna erstarrte und die Luft anhielt.
Es fiel ihr nicht leicht, sich wieder zu entspannen. Dieser letzte Satz von ihm hallte noch lange in ihrem Herzen nach und hatte ihr wieder einmal all die schlimmen Ereignisse von damals vor Augen geführt.
Sie ahnte dunkel, dass dieses Kapitel ihres Lebens sie bis zu ihrem letzten Atemzug verfolgen würde. Aber sie versuchte, die aufkommende Bitterkeit zu unterdrücken.
„Ja, vielleicht“, sagte sie nur und drückte ihr Gesicht auf seine Schulter, damit er die Trauer in ihren Augen nicht sah.
***
„Irgendwas ist mit seinem Bein nicht in Ordnung“, sagte Schwester Sabine. „Schauen Sie sich das bitte mal an, Herr Chefarzt!“
Der Chef der Berling-Klinik inspizierte sorgfältig das rechte Bein des Jungen, der über Schmerzen unterhalb des Knies klagte. „Tut es hier weh?“, fragte er den Zehnjährigen und fuhr sanft mit den Fingerspitzen über die tastbare Schwellung.
Der Bub nickte. „Ja“, sagte er leise. „Neulich so sehr, dass ich nicht mehr Rad fahren konnte.“
„Gut, dann zieh deine Hose wieder an und geh jetzt mal hinüber zu Frau Wolfram! Die hat so einen großen Behälter mit Bonbons in allen Geschmacksrichtungen. Sie lässt dich sicher hineingreifen. Wenn du nett zu ihr bist, sogar mehrmals.“
Als das Kind zur Tür ging, nutzte Stefan die Gelegenheit, den Gang des Jungen zu beobachten. Man konnte schon sehen, dass ihm das Gehen schwerfiel.
Erst, als er die Tür hinter sich geschlossen hatte, wandte sich Dr. Holl an Sabine, die angstvoll zu ihm aufschaute.
„Ich habe Angst um ihn“, sagte sie. „Sie müssen ihm helfen, Dr. Holl! Lukas ist unser Ein und Alles. Seit dem Tod seiner Mutter hat der Bub nur noch seinen Vater und mich.“
„Ich kann jetzt noch gar nichts sagen“, erwiderte Dr. Holl mitfühlend. „Aber seien Sie versichert, wir werden herausfinden, woher die Schwellung kommt. Vielleicht hat er sich nur kräftig gestoßen. Ich werde Dr. Berghof zu uns bitten. Er ist der Spezialist für die Knochen und wird uns Vorschläge machen, wie wir vorgehen sollen.“ Stefan hatte das Telefon schon in der Hand.
Wenig später meldete sich der Kollege und versprach, gleich zu kommen.
Sabines graue Augen begannen zu leuchten, als Oliver das Chefarztbüro betrat. Er und Dr. Holl schenkten diesem Umstand keine Beachtung. Der Klinikchef referierte kurz das, was es bis jetzt über den Jungen zu sagen gab.
Oliver wandte sich an Sabine Wiegand und erkundigte sich nach besonderen Gewohnheiten des Jungen, ob es Auffälligkeiten in seinem Verhalten oder in seinen Bewegungen gegeben habe, und hielt die Antworten der Pflegerin im Gedächtnis fest.
Sabine, die ihr Haar vorzugsweise blond färbte, was ihr ausgesprochen gut stand, lächelte den jungen Arzt an. „Ich weiß, dass Lukas hier in der Berling-Klinik in guten Händen ist. Ich gehe jetzt zu ihm. Sagen Sie mir dann, wie es weitergehen wird!“
Die beiden Ärzte nickten ihr zu. Erst, als die Pflegerin draußen war, sprach Oliver.
„Schwellungen, Schmerzen in der Nähe des Knies, egal, ob ober- oder unterhalb, lassen mich natürlich gleich an ein Sarkom denken. Erst wenn wir das sicher ausschließen können, bin ich beruhigt.“
„Wie wollen Sie vorgehen?“
„Wir brauchen ein aussagekräftiges Röntgenbild, dann folgt, wenn nötig, eine Biopsie. Eine Magnetresonanztomografie ist ebenso wichtig wie eine Skelettszintigrafie. Die Lungen untersuchen wir mit einer CT. Dort siedeln sich am ehesten die Metastasen an, sofern es überhaupt ein Sarkom ist. Nach dem Röntgen wissen wir schon mehr. Ich schlage vor, das gleich morgen Vormittag anzugehen.“
„Einverstanden.“ Dr. Holl zeigte sich zufrieden mit den Ausführungen des jungen Kollegen. Genau diese Vorschläge hätte er selbst auch gemacht. „Sie übernehmen also den Jungen und erstatten mir bitte Bericht, sobald die ersten Ergebnisse vorliegen.“
„Selbstverständlich, Dr. Holl.“
Auch Oliver verließ jetzt das Chefarztbüro. Sabine hatte ihren Neffen mit ins Schwesternzimmer genommen, wo er genüsslich ein süßes Bonbon lutschte.
„Morgen früh werden wir mit den notwendigen Untersuchungen beginnen“, sagte Oliver zu Schwester Sabine. „Würden Sie bitte veranlassen, dass er morgen früh um acht zur Stelle ist?“
„Ja, ich werde dafür sorgen“, versprach sie.
Gern hätte sie den Arzt noch in eine Plauderei verwickelt, aber jetzt musste sie erst mal ihren Bruder Martin anrufen, damit er den Jungen wieder abholte. Sie musste ihre Arbeit auf der Station tun und konnte nicht einfach so nebenbei ihren Neffen beaufsichtigen.
***
„Geht mal jemand zur Tür?“, rief Julia Holl aus der Küche, doch sie bekam keine Antwort. Also machte sie sich selbst auf den Weg und öffnete.
Draußen stand die sympathische Nachbarin von nebenan. Zwischen den Berghofs und den Holls bestand ein ganz besonderes Verhältnis, denn Oliver war Facharzt für Kinderonkologie in der Berling-Klinik.
„Guten Abend, Frau Dr. Holl, störe ich Sie?“, fragte Anna mit einem schüchternen Lächeln. Nachdem sie geläutet hatte, wäre sie am liebsten wieder geflüchtet, doch jetzt riss sie sich zusammen.
„Aber nein, kommen Sie herein …“
„Eigentlich wollte ich kurz mit Ihrem Mann sprechen. Ist das wohl möglich?“
„Das können Sie gern tun, aber er ist noch nicht zu Hause. Eigentlich wollte er längst da sein.“ Julia Holl, Mutter von vier Kindern, zwinkerte der Jüngeren zu. „Aber wir können zusammen auf ihn warten – und bei der Gelegenheit ein wenig plaudern.“
Julia hielt die Tür so einladend weit auf, dass Anna gar nicht anders konnte, als einzutreten. „Oliver hat mir erzählt, dass Sie selbst auch Ärztin sind“, sagte sie.
„Richtig, ich bin Fachärztin für Pädiatrie“, bestätigte Julia. „Aber die eigenen Kinder hielten mich in den vergangenen Jahren so in Atem, dass ich den Beruf auf Eis legen musste. Dort hinein!“ Julia führt die Besucherin in den großen Wohnraum mit einem schönen Blick in den Garten.
Die Mutter von vier Kindern machte einen ausgesprochen jugendlichen Eindruck. Heimlich beneidete Anna die Frau des Chefarztes. Sie hätte auch gern eine Familie mit Kindern gehabt, aber dieser Wunsch würde sich nie erfüllen. Und je länger sie mit Oliver zusammen war, desto mehr schmerzte sie diese Tatsache.
„Was darf ich Ihnen anbieten, Frau Berghof? Tee, Kaffee oder Saft?“
„Einen Saft bitte“, sagte Anna schnell. Sie wollte der Hausherrin so wenig Mühe wie möglich machen.
Julia kam mit zwei Gläsern und einer Karaffe Orangensaft und goss ein.
Anna bedankte sich. „Ich sehe Ihre Kinder manchmal. Wie alt sind sie denn?“
„Unsere Zwillinge sind zwanzig, der mittlere Sohn ist fünfzehn und die Jüngste ist elf. Alle wohnen noch zu Hause, aber wie lange es Marc und Daniela noch bei uns aushalten, weiß man natürlich nie. Kann sein, dass sie sich bald selbstständig machen wollen. Dann werden wir ihnen natürlich keine Steine in den Weg legen, auch wenn das Haus dann ein wenig leerer sein wird.“
„Ich bewundere Sie“, sagte Anna und meinte es ehrlich. „Vier Kinder großzuziehen ist schon eine Leistung.“
„Danke für das Kompliment“, erwiderte Julia. Sie hatte noch nicht viel Gelegenheit gehabt, mit der Nachbarin zu reden. „Sie sind Lehrerin, nicht wahr?“
Anna nickte, doch bevor sie sich weiter darüber auslassen konnte, betrat Dr. Holl das Haus.
„Hallooo!“, rief er. „Ich bin da.“
Julia sprang auf und ging hinaus in den Vorraum. Wenig später kam Stefan herein.
„Frau Berghof. Seien Sie mir willkommen!“
„Unsere Nachbarin möchte etwas mit dir besprechen. Ich lasse euch dann mal allein.“ Aber erst holte sie noch ein drittes Glas für Stefan, stellte es auf den Tisch und zwinkerte Anna zu, was so viel heißen sollte wie: Nur Mut! Mein Mann beißt nicht. Dann schloss sie die Tür des Wohnzimmers.
„Nett, dass Sie uns mal besuchen!“, begann Stefan das Gespräch, als er Annas Unsicherheit bemerkte. „Was kann ich denn für Sie tun?“
„Es … es geht um unseren Kinderwunsch.“
„Das heißt, Sie brauchen eine Beratung. Kommen Sie doch einfach morgen zu mir in die Klinik, dann …“
„Nein, das möchte ich nicht“, unterbrach Anna den Arzt. „Es ist nämlich so, wir möchten beide ein Kind. Mein Mann vielleicht sogar noch mehr als ich. Aber es kann nicht klappen, weil …“ Sie stockte.
„Sprechen Sie nur!“, ermunterte Stefan sie nach einer Weile des Schweigens. „Alles, was Sie mir sagen, bleibt selbstverständlich unter uns.“
Sie biss sich auf die Unterlippe. „Ich … ich habe mich sterilisieren lassen.“
Diese Aussage überraschte ihn. „Wann war das?“
Anna griff nach ihrem Glas. Es zitterte in ihrer Hand. Sie trank einen Schluck. „Vor fünf Jahren“, erwiderte sie.
„Für eine solche Entscheidung waren Sie also viel zu jung“, stellte Dr. Holl fest. „Wieso haben Sie überhaupt jemanden gefunden, der diesem Eingriff zustimmte? Ich hätte eine solche OP abgelehnt. In diesem Alter ist man nicht in der Lage, eine so weit reichende Entscheidung zu treffen. Lebensentwürfe können sich rasch ändern. Beziehungen brechen auseinander, neue entstehen.“
„Dieser Arzt war mit meinem damaligen Mann befreundet. Mehr möchte ich dazu nicht sagen. Mein Exmann wollte keine Kinder in diese ‚üble Welt’ setzen. Erst nach der Operation begriff ich, auf was ich mich da eingelassen hatte. Doch dann war es zu spät. Ich hätte niemals meine Einwilligung geben dürfen.“
„Wurden Sie dazu gezwungen?“
Anna überlegte eine Weile. „Nein“, sagte sie dann entschieden, „so kann man das nicht sagen. Aber er gab mir klar zu verstehen, dass er gehen würde, sollte ich schwanger werden. Und da ich die Pille nicht vertrug …“ Ihre Stimme schwankte.
„Aber wenn er so gegen Kinder war, warum hat er sich dann nicht selbst sterilisieren lassen? Zumal beim Mann ein solcher Eingriff wesentlich einfacher ist. Warum sollten Sie das tun?“
Anna seufzte schwer. „Er war so stolz auf seine Männlichkeit. Sein Körper war ihm heilig. An den durfte nichts kommen, auch nicht ein kleiner Schnitt. Ach, Dr. Holl, heute kann ich nicht mehr begreifen, wie dumm ich damals war! Ich dachte, wenn ich nicht auf seinen Wunsch eingehe, verliere ich ihn.“
„Vielleicht wäre es nicht schade um ihn gewesen.“ Diese Bemerkung musste er einfach loswerden. „Und warum sind Sie nicht mehr mit ihm zusammen?“
Anna hatte feuchte Augen, aber es waren keine Tränen des Kummers, sondern des Zorns – auf sich selbst und auf den anderen.
„Die Ehe dauerte nur kurz. Er hat mich verlassen …“ Ihre Stimme schwankte. „Und mit seiner neuen Frau schon nach kurzer Zeit ein Kind bekommen.“ Jetzt war es mit ihrer Fassung vorbei. Sie schluchzte auf. „Ich fühlte mich verraten und verkauft, habe mich vor mir selbst geekelt.“