Chefarzt Dr. Holl 1928 - Katrin Kastell - E-Book

Chefarzt Dr. Holl 1928 E-Book

Katrin Kastell

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Beschreibung

Die Nachrichten enden mit dem Wetterbericht, der so trübe ausfällt wie Antonios Stimmung. In kurzer Zeit hat der herzenswarme, italienische Restaurantbesitzer alles verloren, was er im Leben liebt: Seine Ehe mit Felicitas ist gescheitert; sein Herzensprojekt, das Ponte d’Amore, ist bankrottgegangen.
Es folgen die Lottozahlen. Antonio greift bereits nach der Fernsteuerung, um den Fernseher auszuschalten, aber dann hält er inne. "Und die heutigen Gewinnzahlen lauten: 21 ... 2 ... 16 ... 5 ... 31 ... 11! Wie bereits gesagt, beträgt der Jackpot in dieser Woche dreieinhalb Millionen."
Fassungslos starrt Antonio auf den Bildschirm. Das sind seine Lieblingsdaten: Felicitas’ Geburtstag, ihr Kennenlernen in Venedig und die Geburt ihres gemeinsamen Sohnes - er hat sechs Richtige! Völlig überwältigt greift er seine Jacke und eilt los - zu seiner Felicia! Doch kurz vor ihrer neuen Wohnung hört er einen lauten Knall, es knirscht, schmerzt, und alles wird schwarz ...


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Seitenzahl: 124

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

Cover

Millionär über Nacht

Vorschau

Impressum

Millionär über Nacht

... berichten die Zeitungen, während der Lottogewinner um sein Leben kämpft

Von Katrin Kastell

Die Nachrichten enden mit dem Wetterbericht, der so tr‍übe ausfällt wie Antonios Stimmung. In kurzer Zeit hat der herzenswarme, italienische Restaurantbesitzer alles verloren, was er im Leben liebt: Seine Ehe mit Felicitas ist gescheitert; sein Herzensprojekt, das Ponte d'Amore, ist bankrottgegangen.

Es folgen die Lottozahlen. Antonio greift bereits nach der Fernsteuerung, um den Fernseher auszuschalten, aber dann hält er inne. »Und die heutigen Gewinnzahlen lauten: 21 ... 2 ... 16 ... 5 ... 31 ... 11! Wie bereits gesagt, beträgt der Jackpot in dieser Woche dreieinhalb Millionen.«

Fassungslos starrt Antonio auf den Bildschirm. Das sind seine Lieblingsdaten: Felicitas' Geburtstag, ihr Kennenlernen in Venedig und die Geburt ihres gemeinsamen Sohnes – er hat sechs Richtige! Völlig überwältigt greift er seine Jacke und eilt los – zu seiner Felicia! Doch kurz vor ihrer neuen Wohnung hört er einen lauten Knall, es knirscht, schmerzt, und alles wird schwarz ...

»Ihre Spaghetti alle vongole sind einfach die allerbesten, liebe Frau Rugani«, lobte Elfriede Gehrke, die Stammkundin, die bereits seit der ersten Stunde mit ihrem Mann ins Ponte d'Amore zum Essen kam. Mit dem letzten Stück Brot wischte sie die Reste der Muschelsoße auf ihrem Teller aus. »Ich kann mir wirklich überhaupt nicht vorstellen, dass wir Ihre einzigartigen Köstlichkeiten in Zukunft nicht mehr genießen dürfen.«

Ich auch nicht, dachte Felicitas Rugani tieftraurig und verkniff sich ein Seufzen.

Das Restaurant war ihr Herzensprojekt. Mehr noch – neben ihrer Familie war es ihr Leben. Es war immer da gewesen. Praktisch seit dem Tag, an dem sie mit ihrer großen Liebe Antonio aus Italien nach München zurückgekommen war und gemeinsam mit ihm das heruntergekommene Ladengeschäft in ein behagliches kleines Lokal im italienischen Stil verwandelt hatte.

Ponte d'Amore. Brücke der Liebe.

Diesen Namen hatten sie und Antonio ihrem Restaurant gegeben, weil es auf einer Brücke mitten im traumhaft schönen Venedig gewesen war, wo sie einander blindlings in die Arme gerannt waren.

Felicitas hatte noch mitten in ihrer Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin gesteckt und hatte monatelang gespart, um sich diesen Aufenthalt in der Lagunenstadt leisten zu können. Sie hatte ihr Italienisch verbessern wollen – und natürlich hatte sie Venedig sehen wollen, von dem all ihre Freundinnen schwärmten.

Felicitas' Mutter hatte ihre Tochter allein aufziehen müssen. Für teure Reisen ins Ausland hatte sie nie Geld gehabt.

Umso mehr war es der jungen Frau damals wie ein Wunder vorgekommen, dass sie tatsächlich in Venedig war und den Zauber mit eigenen Augen und Ohren genießen konnte.

Das Wunder aber hatte für sie noch viel größer werden sollen: Während sie beim Überqueren der Brücke vor sich hin träumte, den Liedern der Gondolieri lauschte und nicht auf ihren Weg achtete, rannte sie mitten in ihr Schicksal hinein. In Antonio Rugani, den wundervollsten Mann auf der Welt.

Zumindest hatte sie das damals so empfunden, stellte sie nun bitter fest. Gleich darauf aber rief sie sich zur Ordnung: Sie wollte nicht ungerecht sein. Das Leben mit Antonio war viele Jahre lang wundervoll gewesen. Es hatte ihr das größte Glück beschert, das ein Mensch nur empfinden konnte: Liebe, Wärme, Geborgenheit, gemeinsame Träume, gemeinsame Ziele und jede Menge Zärtlichkeit.

Überdies hatte sich, um ihr Glück zu krönen, nur wenige Wochen nach der Eröffnung des Restaurants ihr Sohn Sebastian angekündigt. Es war natürlich der völlig falsche Zeitpunkt gewesen. In der winzigen Wohnung über dem Restaurant hatte es im Grunde keinen Platz für ein Kind gegeben, und das Geld hatte ihnen an allen Ecken und Enden gefehlt. Aber all das war nebensächlich gewesen und hatte im Anbetracht ihres Glücks keine Rolle gespielt.

Allen Schwierigkeiten zum Trotz waren Antonio und Felicia, wie er sie liebevoll nannte, die seligsten Eltern der Welt gewesen.

Dass Glück und Seligkeit nicht gehalten hatten, sondern am Ende zerbrochen waren, löschte all die liebevollen Jahre nicht aus, war Felicitas vor einiger Zeit zu dem Schluss gekommen. Der überwältigende Schmerz, den sie empfand, war schließlich das beste Zeichen dafür, dass auch die jahrelange Freude überwältigend gewesen war.

Und hatten sie nicht trotz allem das Wichtigste geschafft? Sebastian war in einem heilen, liebevollen Elternhaus aufgewachsen und hatte eine sorglose, glückliche Kindheit genossen.

Felicitas würde Antonio dennoch niemals verzeihen können, dass er ihr die schwierige finanzielle Lage des Restaurants bis zum bitteren Ende verschwiegen hatte, aber ein Gutes hatte seine Unehrlichkeit zumindest gehabt: Sebastian hatte nichts davon mitbekommen. Er hatte in aller Ruhe ein hervorragendes Abitur machen können und hatte den gewünschten Studienplatz für Architektur an der Goethe-Universität in Frankfurt erhalten.

Für Frankfurt hatte er sich entschieden, weil dort die Ausbildung einen ausgezeichneten Ruf hatte und weil auch sein bester Freund Benjamin dort einen Platz erhalten hatte.

Die beiden Jungen, die schon seit dem Kindergarten unzertrennlich waren, hatten sich auf der Suche nach einer gemütlichen kleinen Studentenwohnung gemacht und waren auch rasch fündig geworden.

»Bescheiden sind sie ja nicht gerade, die jungen Herren Studenten«, hatte Benjamins Vater Michael gewitzelt, als er die monatliche Summe im Mietvertrag für die Wohnung gesehen hatte. »Aber schließlich sind sie ja unser Ein und Alles – also werden Papa und Mama sich nicht lumpen lassen.«

Ohne mit der Wimper zu zucken, hatte Michael, der als Bankkaufmann glänzend verdiente, den Vertrag unterschrieben, und Antonio hatte, ebenfalls ohne mit der Wimper zu zucken, dasselbe getan.

Wie Benjamin war auch Sebastian ein Einzelkind. Antonio hatte häufig voller Sehnsucht davon gesprochen, dass er sich mehr Kinder wünschte – eine große, bunte, lebhafte Familie wie die, in der er aufgewachsen war. Auch Felicitas hätte furchtbar gerne mehr Kinder gehabt, doch rund um das Restaurant hatte es immer so viel zu tun gegeben, dass sie es auf später verschoben hatten.

Und auf später. Und auf noch später.

Jetzt, wo sie beide Anfang vierzig waren und vor den Trümmern ihrer Ehe und ihrer beruflichen Existenz standen, war es dann zu spät.

Zu spät. Felicitas konnte sich keine Worte vorstellen, die so sehr wehtaten wie diese beiden.

Hastig bedankte sie sich bei der netten Frau Gehrke, kassierte ab, was sie und ihr Mann verzehrt hatten, und eilte hinter den Tresen, damit kein Gast sah, dass ihr die Tränen über das Gesicht liefen.

Heute war ihr letzter Abend im Ponte d'Amore. Beim IT-Service von Dominik Bangemann hatte sie in ihrem erlernten Beruf eine Anstellung und zugleich eine winzige Wohnung am anderen Ende der Stadt gefunden. Die wenigen Sachen, die sie mitnehmen wollte, warteten fertig gepackt im Flur.

Wenn sie heute Abend hier abschloss, würde sie dieses kleine Paradies, das sie in ihren glücklichen Jahren aufgebaut hatte, nicht mehr wiedersehen.

Auch für ihr Restaurant war es eines Tages einfach zu spät gewesen. Jahrelang hatte Antonio verheimlicht, dass es finanzielle Probleme gab, und als dann der Verdienstausfall während der Corona-Pandemie dazugekommen war, hatte dies dem Ponte d'Amore den Rest gegeben.

Antonio hatte mit der Sprache herausrücken müssen: Seit Langem schon hatten sie privat weit mehr ausgegeben, als das Restaurant tatsächlich abwarf.

Die finanziellen Belange waren immer seine Angelegenheit gewesen, und alles, was damit in Zusammenhang stand, hatte er von Felicitas ferngehalten.

»Ich wollte dich damit nicht belasten«, hatte er verzweifelt versucht, ihr zu erklären. »Und ich wollte so gern, dass es meiner Familie an nichts fehlt.«

»Aber wir hätten doch all diese teuren Urlaube nicht machen müssen!«, hatte sie ihn angeschrien. »Der Segeltörn vor Griechenland, Sebastians Tauchkurs in der Türkei – das war doch alles nicht notwendig!«

»Für mich war es notwendig, weil Basti es sich gewünscht hat«, hatte Antonio niedergeschlagen erwidert. »Und weil wir drei in diesen Urlauben miteinander glücklich waren. Das Restaurant lief ja gut, nach dem wirtschaftlichen Einbruch hatte es sich wieder erholt, und ich war sicher, dass wir die paar Löcher schnell gestopft haben würden. Genauso wäre es auch gekommen, wenn nicht ...«

»Ja«, hatte Felicitas bitter erwidert. »Wenn nicht. So kann man nicht leben und kein Geschäft führen, Antonio – man sorgt für Notfälle wie diesen vor und gibt kein Geld aus, das man noch gar nicht verdient hat.«

Natürlich hatte für einen Notfall wie die Corona-Pandemie auf der ganzen Welt niemand vorgesorgt, und das Ponte d'Amore war beileibe nicht das einzige Restaurant, das diese Krise nicht überlebt hatte.

Vielleicht wäre Felicitas mit dem Verlust ihres Lebenswerks ja sogar fertiggeworden, wenn sie ihn beide gemeinsam erlitten hätten und wenn sie frühzeitig davon gewusst hätte.

Womit sie nicht fertigwurde, war die Lüge. Sie konnte Antonio einfach nicht länger vertrauen und kam nicht darüber hinweg, dass er sie derart hintergangen hatte.

Also würde sie mit dem heutigen Abend ihre Tätigkeit für das Ponte d'Amore, ihre Liebesbrücke, beenden und auch alle weiteren Brücken zu ihrem alten Leben abbrechen.

Antonio würde das Restaurant mithilfe ihrer Kellnerin Giovanna, die neben dem Koch Luigi als letzte Angestellte bei ihnen verbliebenen war, noch bis zum Ende des Monats weiterführen, und dann würde der Verkauf abgewickelt werden.

Immerhin würde dabei so viel herausspringen, dass es für Sebastians Unterhalt und seine Miete bis zum Ende des Studiums reichte. Ihr geliebter Junge brauchte also nicht darunter zu leiden.

Natürlich würden sie ihm irgendwann sagen müssen, dass, wenn er in den Ferien nach Hause kam, kein behagliches, harmonisches Elternhaus mehr auf ihn wartete. Vor dieser Aufgabe graute es der besorgten Mutter, aber dafür hatten sie noch mehrere Monate lang Zeit.

Felicitas band sich die Schürze mit dem hübsch gestalteten Logo des Restaurants ab und hängte sie ein letztes Mal an ihren Haken. Dann wusch sie sich gründlich die Hände und das Gesicht, packte ihr Handy und die paar Sachen, die sich von ihr noch in der Küche befanden, in ihre Tasche und streifte ihre Jacke über.

Es gab nichts mehr zu tun, keinen Grund, den Augenblick hinauszuzögern: Ihr Leben hier war beendet. Ihre Familie, ihre Ehe, ihr Restaurant, das alles gab es nicht mehr.

Sie durfte sich nicht beklagen. Mit der Arbeitsstelle bei Dominik Bangemann hatte sie unglaubliches Glück gehabt. Sie würde ihr Auskommen haben, konnte sich eine Wohnung leisten, und Dominik war ein außergewöhnlich sympathischer, verständnisvoller Chef. Bereits nach ihrem zweiten Bewerbungsgespräch hatte er sie zu einem Drink eingeladen und ihr das Du angeboten.

»Ich will keinen Hehl daraus machen, dass ich mich bereits für dich entschieden habe«, hatte er gesagt. »Natürlich fehlt es dir an Berufserfahrung, aber das machst du durch deinen Charme und dein Wesen wett. Für unsere Kunden ist das mindestens genauso wichtig. Und für mich auch, Felicitas.«

Ja, sie war auf die Füße gefallen, sie würde nicht untergehen.

Entschlossen wischte sich Felicitas mit dem Handrücken über die Augen, schaltete das Licht aus und ging.

***

Als Felicitas gerade mit ihren beiden Koffern das Haus verlassen und die Tür leise hinter sich schließen wollte, kam ihr Freundin Hella entgegen.

Das hatte ihr gerade noch gefehlt! Sie hatte eigens mit Antonio vereinbart, dass er nicht da sein würde, wenn sie ging, und hatte auch gehofft, keinem ihrer Freunde begegnen zu müssen. Das alles machte ihr den Abschied doch nur noch schmerzhafter!

Hella und Robert Engels wohnten gegenüber und waren ihre besten Freunde, seit sie hierhergezogen waren. Die beiden betrieben die Stiftung Ich schenk dir einen Traum, mithilfe derer sie Spenden sammelten, um todkranken Kindern und ihren Familien einen letzten Wunsch zu erfüllen. Sie waren wundervolle Menschen, die Tag und Nacht für das Wohl der kleinen Patienten schufteten und erst ganz zuletzt an sich selbst dachten.

Eigene Kinder hatten die beiden aus eben diesem Grund nie bekommen, doch umso mehr hatten sie ihr Patenkind Sebastian geliebt und verwöhnt.

Bei Hellas Anblick schämte sich Felicitas augenblicklich ihrer Tränen. Die Freundin war so viel schlimmer dran als sie selbst: Sie hatte keinen wunderbaren Sohn, auf den sie stolz sein konnte, und genau wie Felicitas verlor sie ihr Lebenswerk: Durch die Folgen der Pandemie hatte niemand mehr Geld, die Stiftung erhielt keine Spenden mehr. Ihre Mitarbeiter hatten Robert und Hella entlassen müssen, und inzwischen wussten sie nicht mehr, wie sie am Monatsersten die Miete für die Geschäftsräume aufbringen sollten.

Und hier ging es nicht nur ein Restaurant, wie es in München Unzählige gab. Es ging um eine einzigartige Einrichtung, die schwer kranken Kindern und ihren Familien ein unbezahlbares Stück Glück schenkte.

»Ich habe gehofft, dich noch anzutreffen!«, rief Hella ihr entgegen. »Feli, ich kann einfach nicht glauben, dass es euch ernst mit diesem Wahnsinn ist. Ihr könnt doch nicht einfach aufgeben! Euer Lokal, eure schöne Wohnung, euer ganzes Leben – aber vor allem eure Liebe. Ihr beide seid füreinander gemacht, Feli. So etwas wirft man doch nicht weg, weil das Fahrwasser mal ein bisschen rau wird.«

Felicitas und Antonio hatten ihren Freunden und Nachbarn erst in letzter Sekunde gesagt, dass sie sich trennen und das Restaurant aufgeben würden. Auf diese Weise hatten sie verhindern wollen, dass jemand versuchte, sie umzustimmen – wie Hella es gerade tat.

»Es ist sinnlos, Hella«, meinte Felicitas. »Einen Weg zurück gibt es nicht, auch wenn es für dich nicht verständlich ist.«

»Es macht mich so unendlich traurig«, flüsterte Hella, und Felicitas sah, dass auch über ihr Gesicht Tränen liefen. »Es darf doch nicht alles kaputtgehen. Seine Existenz zu verlieren, ist schlimm genug. Aber dass dabei Liebe, Familie und Freundschaft zerbrechen, darf einfach nicht sein!«

»Unsere Freundschaft zerbricht nicht«, widersprach Felicitas sanft und schlag die Arme um die Freundin. »Gib mir nur Zeit, mich ein bisschen einzuleben, dann komme ich euch besuchen. Oder wir treffen uns in der Stadt und gehen zusammen Kaffee trinken.«

Sie hörte selbst, wie lahm das klang, und wusste im Innersten, dass sie vermutlich so schnell nichts wieder zurück in die Weidenstraße bringen würde. So gern sie Hella und Robert mochte – alles hier erinnerte sie an das Glück, das sie einst besessen und wieder verloren hatte, und um diesen Schmerz auszuhalten, fühlte sie sich nicht stark genug.

»Pass auf dich auf, Feli«, murmelte Hella. »Ich kann mir dich ohne Antonio einfach nicht vorstellen. Ihr beide wart doch immer wie Pech und Schwefel – eine Einheit, ein Team, das am selben Strang gezogen hat.«

»Tja, daran habe ich auch einmal geglaubt«, entgegnete Felicitas und schluckte die Tränen rasch herunter. Dann drückte sie die Freundin noch einmal an sich. »Grüß Robert von mir, und passt vor allem auf euch auf«, bat sie zum Abschied. »Lass mich wissen, wenn ich etwas für euch tun kann. Meine Handynummer hast du ja.«

»Kümmere du dich um dich«, riet ihr Hella. »Wir kommen schon zurecht, egal, wie schlimm es auch wird. Wir haben ja einander, da lässt sich so manches aushalten. Du aber stehst mit allen Sorgen und allen Freuden auf einmal allein da, und das ist viel härter als das Schlamassel, in dem wir stecken. Es ist so hart, dass ich es mir nicht einmal vorstellen mag.«

***

Müde schlenderte Antonio die Straße hinunter nach Hause.

Das Restaurant, das ohnehin bald seine Pforten für immer schließen würde, hatte heute Ruhetag. Also hatte er den gesamten Tag damit zugebracht, von einem Amt aufs nächste zu rennen, um zu sehen, ob sich nicht doch noch etwas retten ließ. Er konnte einfach nicht aufgeben – auch wenn er im Grunde ja wusste, dass es sinnlos war.