1,99 €
Die Nase dicht am Boden, erkundet Beagle Charly aufmerksam den Englischen Garten. Plötzlich dreht er ab, hebt den Kopf und folgt zielstrebig einer fremden Frau im gelben Anorak. Lachend krault sie dem drolligen Vierbeiner den Kopf und setzt dann ihren Weg fort.
Stundenlang verharrt der Beagle seitdem vor der Berling-Klink. Den Kopf auf den Pfoten, die wachen Augen auf den Eingang gerichtet. Vom Herrchen keine Spur.
Es ist OP-Schwester Nina Berger, auf die der kleine Hund so beharrlich wartet.
Den Grund für sein Verhalten versteht niemand, selbst Nina ist ratlos. Doch als sie das Tier findet, steht für die Krankenschwester sofort fest: Sie nimmt den herrenlosen Vierbeiner zu sich, bis der rechtmäßige Besitzer gefunden ist. Dass Beagle Charly ihr Leben schon bald gründlich auf den Kopf stellen wird, ahnt sie noch nicht ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 129
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Charly, der Krebs-Spürhund
Vorschau
Impressum
Charly, der Krebs-Spürhund
Wie ein kleiner Beagle OP-Schwester Nina vor einer schwerenKrankheit bewahrte
Von Katrin Kastell
Die Nase dicht am Boden, erkundet Beagle Charly aufmerksam den Englischen Garten. Plötzlich dreht er ab, hebt den Kopf und folgt zielstrebig einer fremden Frau im gelben Anorak. Lachend krault sie dem drolligen Vierbeiner den Kopf und setzt dann ihren Weg fort.
Stundenlang verharrt der Beagle seitdem vor der Berling-Klink. Den Kopf auf den Pfoten, die wachen Augen auf den Eingang gerichtet. Vom Herrchen keine Spur.
Es ist OP-Schwester Nina Berger, auf die der kleine Hund so beharrlich wartet.
Den Grund für sein Verhalten kennt niemand, selbst Nina ist ratlos. Doch als sie das Tier findet, steht für die Krankenschwester sofort fest: Sie nimmt den herrenlosen Vierbeiner zu sich, bis der rechtmäßige Besitzer gefunden ist. Dass Beagle Charly ihr Leben schon bald gründlich auf den Kopf stellen wird, ahnt sie noch nicht ...
Nina Berger richtete sich müde in ihrem Bett auf. Im ersten Moment wusste sie nicht, wo sie sich befand. Doch dann nahm sie die vertraute Umgebung ihres Schlafzimmers wahr und sank müde in die Kissen zurück.
Die Krankenschwester griff neben sich und holte ihr Handy hervor, um zu sehen, wie spät es war. Erleichtert stellte sie fest, dass sie nicht verschlafen hatte. Auf keinen Fall durfte sie schon an ihrem ersten Tag in der Berling-Klinik zu spät kommen.
Vor wenigen Monaten hatte Nina ihre Fachausbildung zur OP-Schwester abgeschlossen. Es war schon immer ihr Traum gewesen, den Ärzten im Operationssaal zu assistieren. Und nun mit Mitte zwanzig war es endlich so weit. Die junge Frau konnte es kaum erwarten.
Nina erhob sich aus dem Bett und schaute sich unschlüssig um.
Sie war noch immer sehr müde und ärgerte sich darüber, dass sie am Abend zuvor erst spät nach Hause gekommen war. Doch ihr Freund Thomas Frey hatte seinen fünfunddreißigsten Geburtstag gefeiert, und alle hatten ausgelassen getanzt und getrunken. Da wäre es unmöglich gewesen, vor Mitternacht zu gehen. Wenigstens hatte sie sich nicht dazu überreden lassen, bei Thomas zu übernachten. Dann hätte sie mit Sicherheit verschlafen!
Vielleicht wurde es Zeit, dass sie mit Thomas zusammenzog?
Nina dachte schon länger darüber nach. Doch da Thomas sich bisher nicht zu dem Thema geäußert hatte, wollte sie ihn auch nicht darauf ansprechen.
Sie ging ins Bad und stieg unter die Dusche.
Es war noch früh am Morgen. Die Dämmerung wich nur langsam. Als Nina das Küchenfenster öffnete, hörte sie den lauten Gesang der Vögel in den Bäumen vor ihrem Haus.
Was für ein traumhafter Tagesanbruch, dachte sie mit einer warmen Tasse Kaffee in der Hand.
Ein Blick auf die Küchenuhr sagte ihr, dass es höchste Zeit war, das Haus zu verlassen.
Nina überlegte kurz, dann griff sie nach ihrem Notizbuch und einer Kladde mit alten Aufzeichnungen. Sie wollte nicht unvorbereitet ihren ersten Arbeitstag beginnen. Schnell warf sie sich ihren gelben Anorak über und verließ das Haus.
Zum Glück wohnte Nina nicht weit von der Berling-Klinik entfernt. Wenn sie die Abkürzung durch den Englischen Garten nahm, kam sie rechtzeitig im Krankenhaus an.
Es war allerdings noch ein wenig kühl an diesem wolkenlosen Maimorgen. Enger wickelte sie die dünne Jacke um sich.
Zu dieser frühen Stunde waren schon einige Jogger unterwegs. Ein paar verschlafene Hundebesitzer spazierten mit ihren Tieren die Wege entlang.
Während die angenehm frische Morgenluft um ihr Gesicht strich, ließ Nina den vergangenen Abend noch einmal Revue passieren ...
Es war eine rauschende Party gewesen mit etlichen Gästen, reichhaltigem Büfett und cooler Musik! Und Nina hatte sich für Thomas gefreut, das stand fest. Die Feier war gelungen und er ein Jahr älter. Doch den ganzen Abend hatten sie kaum ein Wort gewechselt. Und der Abschied hatte dem die Krone aufgesetzt. Er hatte an ihr vorbeigeschaut und sie nur flüchtig auf die Wange geküsst.
Seit ein paar Wochen hatte sie das Gefühl, dass sich ihre Beziehung verändert hatte. Doch sie wusste nicht genau, woran es lag.
Ich sollte mir mehr Zeit für uns nehmen, nahm sich Nina vor.
Die letzten Monate hatte sie nur für ihre Fachausbildung gelebt und Thomas dadurch möglicherweise das Gefühl gegeben, nicht wichtig zu sein. War er deshalb so distanziert?
Die junge OP-Schwester beschleunigte ihre Schritte, langsam näherte sie sich der Klinik.
Sie bemerkte nicht, dass sie die ganze Zeit beobachtet wurde ...
***
»Verdammter Köter, kannst du nicht einmal hören?«, polterte Franz Oberleitner und legte seinem Beagle-Mischling die Leine an. »Ich bring dich ins Tierheim, wenn du so weitermachst – das verspreche ich dir!«
Der weiche Vierbeiner war ausgerissen, um beharrlich einer brünetten Frau im gelben Anorak zu folgen. Mit leisem Fiepen setzte er sich nun vor sein Herrchen. Er war sich keiner Schuld bewusst und schaute seinen Besitzer aus treuen braunen Augen an.
Doch der alte Mann wollte sich nicht erweichen lassen. Er fühlte sich überfordert mit dem eigensinnigen Tier. Seit dem Tod seiner geliebten Frau hatte Franz kaum noch Kraft, seinen eigenen Alltag zu bewältigen. Wie sollte er sich da noch um einen Hund kümmern?
Der Beagle-Mischling hatte seiner Frau gehört. Es war immer offensichtlich gewesen, dass sie dem Hund nähergestanden hatte.
Franz war nicht herzlos. Der alte Mann liebte Tiere, doch dieser Hund war ihm suspekt. Die Art, wie der Beagle sein Herrchen manchmal ansah, machte ihm Angst. Er hatte das Gefühl, der Hund würde ihn mit seinem Blick durchleuchten. Einem Blick, der mehr sah, als Franz es je vermocht hätte ...
Der alte Mann schüttelte den Kopf.
Vielleicht bin ich nur ein dummer Narr, dachte Franz bei sich und gab seinem Hund ein Leckerchen. Ich bilde mir das alles sicher nur ein, weil Else nicht mehr lebt und ich mit ihrem Tod nicht fertigwerde.
Seine Frau hatte den Hund sehr geliebt. Franz Oberleitner hatte ihn seiner Frau geschenkt, nachdem der Krebs zurückgekehrt war. Der Beagle-Mischling war ihr in den letzten drei Jahren nicht mehr von der Seite gewichen.
Damals hatte der alte Mann gehofft, dass der Hund ihr helfen würde, den Brustkrebs ein zweites Mal zu besiegen – und anfangs hatte es auch danach ausgesehen. Doch nur zehn Monate später waren sie in die Klinik bestellt worden. Der Krebs hatte gestreut. Er hatte Lunge und Leber befallen, sagte man ihnen.
Else Oberleitner hatte die Diagnose sehr gefasst aufgenommen. Doch ihr Mann war dem Zusammenbruch nahe gewesen.
Elses restliche Lebenszeit hatte das Ehepaar gemeinsam verbracht, hatte längst ersehnte Urlaubsorte bereist und jeden Moment genutzt. Rückblickend war es eine sehr schöne Zeit gewesen. Vielleicht gerade weil sie den Ausgang der Geschichte schon gekannt hatten ...
Doch mit dem Tod seiner geliebten Frau verfiel Franz Oberleitner in eine tiefe Depression. Ihm blieb nur noch der Hund, der ihn tagtäglich an den Verlust seiner Frau erinnerte. Franz konnte das Tier nicht länger behalten. Es war zu schmerzhaft.
Ich bringe ihn ins Tierheim, nahm sich Franz Oberleitner fast jeden Morgen vor.
Doch er fand selbst dazu nicht die Kraft.
Hinzu kam, dass der Beagle-Mischling nicht gut gehorchte und Franz ihn dennoch im Park ableinte. Er wusste, dass das nicht erlaubt war. Doch es war ihm egal. So früh am Morgen waren nicht viele Menschen im Englischen Garten unterwegs. Hauptsache, der Hund tobte sich aus und war später müde.
Es war immer dasselbe Spiel. Gerade abgeleint, kümmerte sich das Tier nicht mehr um seinen Besitzer und begab sich eigenmächtig auf Erkundungsreise. Immer wieder musste er den kleinen Ausreißer suchen gehen, wenn die Zeit gekommen war heimzukehren, manchmal sogar stundenlang. Und dafür war Franz nun wirklich schon zu alt.
»Wenn du das nächste Mal nicht auf mein Rufen hörst, lass ich dich hier im Park zurück!«, drohte Franz Oberleitner dem hechelnden Vierbeiner.
Der alte Mann erhob sich schwerfällig und klopfte sich die Hose sauber.
Nachdenklich sah er einer Gruppe Jogger hinterher.
Ja, früher, da hatte er selbst immer viel Sport gemacht. Er war ein fescher Bursche gewesen! Vor allem hatte ihn die Kletterei begeistert. Dabei hatte er auch seine Frau kennengelernt. Es war Liebe auf den ersten Blick gewesen.
Franz Oberleitner blickte kurz auf seine Armbanduhr. Es wurde höchste Zeit, nach Hause zurückzukehren. Der Hund hatte sicher Hunger.
Diesmal blieb der Beagle folgsam und lief neben ihm an der Leine. Nur ab und zu blickte sich das Tier um, als würde es jemanden suchen. Aber Franz Oberleitner schenkte seinem Verhalten keine weitere Beachtung. Wozu auch?
***
»Hallo, Nina. Schön, dass du jetzt unser Team bereicherst!«, empfing sie Schwester Sabine strahlend. »Und danke, dass du hier auf mich gewartet hast.«
»Das ist doch selbstverständlich«, erwiderte Nina freundlich und schüttelte der mittelalten OP-Schwester die Hand.
»Bitte folge mir«, forderte Schwester Sabine den Neuling auf und öffnete die Personalschleuse zum Operationstrakt.
Sie führte Nina in einen angrenzenden Raum.
»Hier ziehen sich die Schwestern und Ärzte um. Gleich nebenan sind die Waschräume. Wenn du fertig bist, zeige ich dir den OP-Saal und die Räumlichkeiten für die sterilen Tücher und die Instrumente. Wir haben noch ausreichend Zeit, bevor der Patient für die Appendektomie gebracht wird.«
Nina folgte den Anweisungen der älteren Kollegin und betrat mit ihr gleichzeitig den Operationssaal. Zur Erleichterung der jungen Frau sah der Raum fast genauso aus wie in der Uniklinik, ihrem letzten Arbeitsplatz.
Schwester Sabine unterwies sie gewissenhaft und stellte die neue Kollegin dem restlichen Pflegepersonal vor. Nina fühlte sich sofort willkommen.
»Du bist heute als Springer eingeteilt. Ich reiche dem Chirurgen die Instrumente an, und du unterstützt mich dabei. Außerdem möchte ich dich bitten, im Anschluss jeden Schritt schriftlich zu protokollieren.«
»Sehr gerne«, erwiderte Nina und lächelte.
An der Patientenschleuse traf mittlerweile der Patient für die Blinddarm-OP ein. Zwei Schwestern fuhren ihn in den Warteraum vor dem OP-Saal, wo er von Sabine und Nina in Empfang genommen wurde.
Nina half dabei, den Mann auf der Tabula zu positionieren, und bereitete die OP-Tücher vor. Sorgfältig zählte sie alle Tücher und Tupfer. Ihre Kollegin, Schwester Sabine, kontrollierte ein zweites Mal die sterilen Instrumente.
Interessiert verfolgte Nina jeden Handgriff der erfahrenen Krankenschwester. Sie konnte es kaum erwarten, dass die Operation begann.
Nach kurzer Zeit trafen Oberarzt Dr. Jan Jordan und der Assistenzarzt Dr. Jochen Hansen ein. Der junge Arzt sollte heute die Appendektomie am Patienten eigenständig durchführen. Dr. Jordan stand ihm zur Seite, falls es zu unerwarteten Komplikationen kommen sollte.
Der attraktive Oberarzt bemerkte sofort die neue OP-Schwester und begrüßte sie herzlich. Dr. Hansen nickte ihr nur kurz zu.
Nina sah ihm an, dass der junge Assistenzarzt ein wenig angespannt war.
Wenigstens bin ich mit dem Gefühl nicht allein, dachte sie und atmete einmal tief ein und aus.
Als der Patient in Narkose lag, konnte es losgehen. Dr. Hansen hielt einen Moment inne, dann trat er an den Tisch.
»Zehner Skalpell!«, bat er und blickte seinen Oberarzt kurz an.
Dr. Jordan nickte zufrieden. »Welche Schnitte setzen Sie jetzt?«
»Ich setze zwei Schnitte am Unterbauch von drei Millimetern Länge und einen zwei bis fünf Millimeter langen Schnitt am Bauchnabel«, erklärte Dr. Hansen und nahm das Skalpell entgegen. »Dann lege ich die Troikare, die Röhrchen für die Instrumente und die Kamera, und pumpe anschließend Kohlendioxid in den Bauchraum, um Platz für die Operation zu schaffen.«
»Sehr gut. Dann fahren Sie bitte fort, Herr Kollege«, erwiderte Dr. Jordan. Er wandte sich an zwei weitere Assistenzärzte. »Sie klemmen bitte die zuführenden Gefäße ab, bevor Dr. Hansen den Blinddarm entfernt.«
Nina konzentrierte sich auf ihre Aufgaben während der Operation. Der chirurgische Eingriff war auch für sie nur ein Routineeingriff. Während ihrer Fachausbildung in der Uniklinik hatte sie schon weitaus kompliziertere OPs erlebt. Doch die OP-Schwester wusste, dass sich das Blatt auch bei einer harmlosen Appendektomie wenden konnte. Die Chirurgen und das Pflegepersonal waren stets darauf vorbereitet.
Die junge Frau nahm nur nebenbei wahr, wie sich der operierende Assistenzarzt entspannte, nachdem er den hochinfektiösen Wurmfortsatz erfolgreich im Bergebeutel, einer kleinen Plastiktüte, durch ein Röhrchen entfernt hatte.
»Wie gehen Sie weiter vor?«, fragte Oberarzt Jordan seinen Assistenten, nachdem die Instrumente bereits entfernt worden waren.
»Ich entnehme die Troikare und vernähe die Schnitte«, antwortete Dr. Hansen.
Plötzlich stutzte der junge Arzt. »Ich sehe eine Blutung im Bauchraum.«
»Das kann passieren, Doktor Hansen. Überlegen Sie genau, was nun zu tun ist«, riet ihm der Oberarzt ruhig. »Verlieren Sie nicht die Nerven. Was ist jetzt von Priorität?«
Gespannt beobachtete er das Verhalten seines Assistenzarztes. Würde er Herr der Lage bleiben?
»Ich suche den Ursprung der Blutung«, antwortete Dr. Hansen sichtlich nervös.
Doch er ließ sich nicht ablenken.
Wenige Sekunden später wurde er fündig. Er reagierte mit kurzen Handgriffen.
»Ich habe die Blutung gestoppt«, berichtete er erleichtert.
»Sehr gut, Kollege Hansen. Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer ersten eigenständigen Appendektomie. Sie können jetzt die Schnitte vernähen«, gab Dr. Jordan die Erlaubnis und trat vom OP-Tisch zurück. »Ich denke, den Rest erledigen Sie auch ohne mich.«
Nach der Operation fühlte sich Nina sehr wohl. Sie hatte ihre Arbeit ohne Zwischenfälle erledigt und konnte mit der Vorbereitung der nächsten Operation fortfahren. Schwester Sabine unterstützte sie dabei.
»In einer Stunde trifft der nächste Patient ein. Diesmal wird der Eingriff länger dauern.«
»Handelt es sich um die schwierige Magen-OP?«, fragte Nina Berger.
Auf dem OP-Plan war die Operation mit einem roten Ausrufezeichen gekennzeichnet.
»Ja, und ich schlage vor, wir gehen anschließend gemeinsam in die Cafeteria und essen eine Kleinigkeit. Natürlich nur, wenn du etwas Gesellschaft haben willst.«
»Aber natürlich«, stimmte Nina erfreut zu. »Ich verbringe meine Mittagspause gerne mit dir. Dann kannst du mich auch noch ein wenig mehr in die Betriebsabläufe der Klinik einweihen.«
»Du hast vorhin gut mitgearbeitet«, lobte die erfahrene Schwester ihre junge Kollegin. »Ich freue mich schon auf unsere weitere Zusammenarbeit.«
***
Erschöpft, aber glücklich verließ Nina Berger am frühen Nachmittag die Berling-Klinik.
Sie hinterließ ihrem Freund eine Nachricht auf dem Handy und machte sich auf den Weg zum nächsten Supermarkt.
Die junge Frau wollte Thomas mit einem romantischen Abendessen bei sich zu Hause überraschen. Außerdem war dies ihr erster Arbeitstag gewesen, und den hoffte sie, mit ihrem Liebsten gebührend feiern zu können.
Zwei Stunden später betrat sie voll beladen mit prall gefüllten Einkaufstüten ihre Wohnung. Ein kurzer Blick auf ihr Handy bestätigte, dass Thomas sich noch nicht gemeldet hatte.
Nina runzelte die Stirn. War Thomas so beschäftigt, dass er sich nicht einmal Zeit nehmen konnte zu antworten? Wo mochte er sich herumtreiben? Er hatte sicher längst das Büro verlassen.
Eine seltsame Unruhe befiel Nina. Schon seit einiger Zeit hatte sie das Gefühl, dass sich Thomas von ihr zurückzog. Doch sie hatte dieses Problem immer auf ihren Prüfungsstress geschoben. Gab es noch einen anderen Grund?
Hirngespinste! Nina schüttelte unmerklich den Kopf und öffnete eine Flasche Wein.
Thomas liebt mich, und wir gehören zusammen! Er hat sicher schon längst meine Nachricht gelesen und ist auf dem Weg zu mir.
Die junge Frau bereitete das Abendessen zu und deckte den Tisch.
Zwei Stunden später saß Nina auf dem Sofa und pickte enttäuscht auf ihrem Teller herum. Die Kerzen auf dem hübsch gedeckten Tisch waren bereits bis zur Hälfte abgebrannt.
Thomas hat dich versetzt, flüsterte eine leise Stimme in ihrem Kopf.
Doch dann fiel ihr ein, dass sie im Grunde ja keine feste Verabredung gehabt hatten.
Nina goss sich den letzten Schluck Wein ein. Plötzlich meldete sich ihr Handy mit einem kurzen Signalton. Jemand hatte ihr eine Nachricht geschickt.
Es war Thomas. Wie zu erwarten, entschuldigte er sich dafür, dass er nicht zum Abendessen gekommen war, und erklärte, er habe den Abend mit Freunden verbracht und zu spät Ninas Einladung gelesen.
Log er sie an? Mit wem hatte er sich in Wahrheit getroffen? Warum hatte er sie nicht zu seinen Freunden mitgenommen? Schließlich kannte sie seinen Freundeskreis recht gut.