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Dr. Fabian Kaiser wird von einer Patientin der sexuellen Nötigung beschuldigt. Ein Vorfall, der den jungen Assistenzarzt den Job kostet.
Mit weichen Knien geht er nun zu einem Vorstellungsgespräch in die Berling-Klinik. Doch wie er schnell feststellen muss, eilt ihm sein neuer Ruf bereits voraus. Dr. Holl sowie Verwaltungschef Huber geben dem nervösen Assistenzarzt mit den überragenden Referenzen dennoch eine zweite Chance. Aber nur unter einer Bedingung, von der Fabian nichts weiß: Zu Beginn wird jeder seiner Schritte überwacht. Unter den Argusaugen der Fachärzte behandelt er seine ersten Patienten, während das Gerede hinter seinem Rücken immer lauter wird.
Und dann schlägt das Schicksal mit voller Wucht zu: Am letzten Tag seiner Probezeit verliebt sich in seine eigene Patientin, die Typ-1-Diabetikerin Sophie Thale.
Abseits von neugierigen Blicken kommt er ihr näher. Doch darf sie nichts von seinem Ruf erfahren und die Kollegen nichts von ihr - ein Spagat, der den werdenden Arzt bald zu zerreißen droht ...
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Seitenzahl: 129
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Dr. Kaisers schlechter Ruf
Vorschau
Impressum
Dr. Kaisers schlechter Ruf
Was der neue Arzt seinen Kollegen verschweigen wollte
Von Katrin Kastell
Dr. Fabian Kaiser wird von einer Patientin der sexuellen Nötigung beschuldigt. Ein Vorfall, der den jungen Assistenzarzt den Job kostet.
Mit weichen Knien geht er nun zu einem Vorstellungsgespräch in die Berling-Klinik. Doch wie er schnell feststellen muss, eilt ihm sein neuer Ruf bereits voraus. Dr. Holl sowie Verwaltungschef Huber geben dem nervösen Assistenzarzt mit den überragenden Referenzen dennoch eine zweite Chance. Aber nur unter einer Bedingung, von der Fabian nichts weiß: Zu Beginn wird jeder seiner Schritte überwacht. Unter den Argusaugen der Fachärzte behandelt er seine ersten Patienten, während das Gerede hinter seinem Rücken immer lauter wird.
Und dann schlägt das Schicksal mit voller Wucht zu: Am letzten Tag seiner Probezeit verliebt sich in seine eigene Patientin, die Typ-1-Diabetikerin Sophie Thale.
Abseits von neugierigen Blicken kommt er ihr näher. Doch darf sie nichts von seinem Ruf erfahren und die Kollegen nichts von ihr – ein Spagat, der den werdenden Arzt bald zu zerreißen droht ...
»Wie fühlen Sie sich heute, Frau Lohmann?«, fragte Assistenzarzt Dr. Fabian Kaiser die Patientin, die sich soeben im Besprechungszimmer seines Vorgesetzten Dr. Markus Johnson niedergelassen hatte.
Die Angesprochene zeigte heute besonders viel Dekolleté. Von Mal zu Mal schien es mehr zu werden, seit Fabian nach seinem abgeschlossenen Medizinstudium in der Praxis des freundlichen Internisten angefangen hatte. Beinahe meinte er, ihre üppige Oberweite wollte jeden Augenblick das Weite suchen.
Sie spielte mit einer ihrer blonden Locken und schlug lasziv die Beine übereinander. Fabian fragte sich, was die Patientin damit bezweckte. Sie wusste weder, ob er interessiert war, noch, ob er vergeben war oder sogar Familie hatte. Mit distanzierter Freundlichkeit hielt er sie stets auf Abstand.
»Es zwickt noch immer.« Sie deutete auf ihren Bauch. »Die Schmerzen lassen mich nicht durchschlafen. Möchten Sie mal fühlen?«
Sein privates Ich schrie »Nein!«, doch er hatte einen Berufszweig eingeschlagen, bei dem er selbst den unangenehmen Patienten nahe kommen musste.
Und er liebte seinen Job über alles. Für Fabian ging mit Beendigung seiner Promotion ein Traum in Erfüllung, der von Personen wie Juliane Lohmann leider getrübt wurde. Aber die geschiedene, zwölf Jahre ältere Wasserstoffblondine in den zu engen Shorts gehörte ebenso zu seinem Alltag wie das Desinfizieren der medizinischen Instrumente.
Sie saß dem jungen, schlanken Mann mit dem sanften Hundeblick auf Augenhöhe gegenüber und wartete darauf, dass er sich rührte.
Im Rahmen seiner Tätigkeit als Assistenzarzt startete nun Fabians wichtige Facharztausbildung, an deren Ende die alles entscheidende Prüfung stand. Seine Dissertation hatte er direkt im Anschluss an sein Studium geschrieben. Aber um eines Tages selbst als Arzt der Inneren Medizin zu arbeiten, musste er sich nun noch einmal ins Zeug legen. Er träumte von einer eigenen Praxis oder einer Anstellung in einem Krankenhaus. Darauf hatte er eine halbe Ewigkeit hingearbeitet. Er war bereit.
Die Diagnose und Behandlung von Gesundheitsproblemen der inneren Organe – spezielle Therapien, das Erkennen von Krankheiten sowie die Gesundheitsberatung standen in den nächsten sechsunddreißig Monaten auf seinem Stundenplan. Insbesondere interessierte sich der angehende Facharzt für die Schwerpunkte Diabetologie und Onkologie.
Wie ihm viele Ärzte, mit denen er bereits während der Praktika zusammengearbeitet hatte, bescheinigten, zeigte sich Fabian seit Beginn aufgeweckt und eloquent, sozial und kompetent. Einer erfolgreichen Zukunft stand mit diesem Rückenwind nichts mehr im Weg – fast nichts.
Der Assistenzarzt sah von dem Computer auf und bat Juliane Lohmann darum, sich hinzulegen. Bis Dr. Markus Johnson eintraf, konnte es noch ein paar Minuten dauern. In dieser Zeit führte Fabian in der Regel immer bei den Patienten die Erstuntersuchung und Anamnese durch.
Die Wasserstoffblondine schlug ihr Oberteil zurück und entblößte mehr, als er sehen wollte. Fabian war sich nicht sicher, ob sie extra für ihn ihren Büstenhalter weggelassen hatte. Er fühlte sich zunehmend unwohl in ihrer Nähe, ließ es sich – professionell, wie er war – jedoch nicht anmerken.
Vorsichtig tastete Fabian ihre Bauch- und Magengegend ab. Juliane Lohmann plagten starke Schmerzen, doch bis heute hatte sie sich gegen die notwendige Computertomographie gesträubt. Vielleicht, damit sie umso häufiger abgetastet werden musste. Dieser Frau traute Fabian alles zu. Er würde Dr. Johnson darum bitten, der Patientin dieses Mal keine Wahl zu lassen. Ihr MRT von vor einer Woche war unauffällig gewesen, weshalb sich bei Fabian ein ganz bestimmter Verdacht erhärtete.
»Leiden Sie unter verstärktem Harndrang, Beschwerden beim Wasserlassen oder Blut im Urin?«, fragte er ernst.
Bei jeder seiner Berührungen erbebte sie leicht und stöhnte leise.
Nun ging das schon wieder los!
Fabian verdrehte innerlich die Augen. Er kannte das seltsame Prozedere bereits. Unter der Aufsicht seines Vorgesetzten geschah dagegen nichts, weswegen er Juliane Lohmann verdächtigte, speziell ihm übergriffige Avancen zu machen. Sie war laut eigener Aussage frischgebackener Single und hatte nichts zu verlieren, er dagegen schon. Außerdem war er weit entfernt davon, sich auf sie einzulassen.
»Ja, auch beim Wasserlassen tut es weh. Habe ich eine Blasenentzündung?«, wollte sie wissen.
»Ich vermute Nierensteine, die von der Nieren- in die Bauchgegend ausstrahlen, aber wir werden das CT und Doktor Johnsons Meinung abwarten müssen.«
»Können Sie das nicht machen?«, probierte sie es und schenkte ihm einen verhangenen Blick aus blauen Augen.
Sie legte eine Hand auf seinen Oberschenkel. Ein Kloß entstand in seinem Hals. Behutsam nahm er ihre Finger und führte sie zurück auf die Behandlungsliege.
Doch Juliane Lohmann griff sofort nach seiner Hand und zwang ihn, sie auf ihren Unterleib zu legen. Fabian zog sie so schnell wieder weg, als habe er sich verbrannt. Die Frau fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, sodass er ihre Absicht gar nicht mehr übersehen konnte, selbst wenn er gewollt hätte.
Der Assistenzarzt wandte sich absichtlich ab und tat, als sortiere er ein paar Akten. Sein Kopf war puterrot angelaufen, und er schwitzte. Der Mann konnte ihren stechenden Blick im Nacken spüren.
Wie sollte er nun am besten reagieren? Juliane Lohmann einfach hinauswerfen? Dr. Johnson holen und ihm die Situation erklären?
Fabian war zwar bestens auf seinen Beruf vorbereitet worden, auch auf den professionellen Umgang mit Patienten, aber dieses Erlebnis übertraf seine kühnsten Vorstellungen. Zum ersten Mal seit Jahren fühlte er sich überfordert.
Zumal er sich selbst nie als attraktiv angesehen hatte. Manche Frauen sprangen bloß wegen seines weißen Kittels auf ihn an, glaubte er.
Juliane Lohmann schien eine von ihnen zu sein.
»Nierensteine können im MRT leider nicht gut dargestellt werden. Ein CT oder Ultraschall wären hier besser. Ich empfehle Ihnen den Ultraschall, da dieser Nierensteine schneller, aber mit geringerer Strahlenbelastung sichtbar macht.«
Als Fabian keine Antwort mehr erhielt, horchte er auf. Juliane Lohmann verhielt sich verdächtig still in seinem Rücken. Als er sich umdrehte und gerade zum Wort ansetzte, erschrak er merklich.
Die Patientin stand direkt vor ihm und fasste ungeniert in seinen Schritt. Mit der anderen Hand strich sie über seinen braunen, modernen Anchor-Bart, der die Oberlippe und die Kinnpartie unter dem Mund bedeckte.
Fabian zuckte automatisch zurück und hielt die Patientin mit ganzer Kraft auf Abstand. Immer wieder fasste ihm Juliane Lohmann gegen seinen Willen in das brünette, kurz geschnittene Haar oder machte sich an seinem weißen Kittel zu schaffen.
»Was soll das? Was machen Sie da?«, wollte er schockiert wissen.
Der junge Assistenzarzt bemühte sich trotz ihrer dreisten Übergriffigkeit um einen sonoren, Respekt einflößenden Tonfall. Die Patienten im Wartezimmer sollten zudem nichts von seinem unangenehmen Erlebnis mitbekommen.
Fabian hatte sich vor seiner Medizinerlaufbahn zahlreiche Herausforderungen und Probleme ausgemalt, nur ganz sicher nicht dieses ...
»Nun hab dich nicht so. Ich habe doch bemerkt, wie du mich immer ansiehst. Du willst es doch auch.«
»Lassen Sie das! Sie sind meine Patientin, ich muss Sie also aus rein medizinischen Gründen untersuchen. Und Doktor Johnson wird jeden Augenblick hier sein.«
»Das reicht uns zwei Hübschen allemal«, erwiderte sie lustvoll hauchend und zog Fabian mit einem heftigen Ruck an sich.
Dabei strauchelte er nach vorne und fiel gemeinsam mit Juliane Lohmann auf die Liege zurück. Es klirrte laut, als sein Stethoskop gegen ein Beistelltischchen mit sterilen Utensilien prallte.
Fabian lag nun direkt auf ihr. Panik erfasste ihn. Sie bedeckte seinen Hals und seine Wange mit feuchten Küssen und leckte ihm einmal an der Ohrmuschel entlang, ehe er seine Schockstarre überwinden konnte.
Ein unangenehmer Schauer erfasste den Überrumpelten, während er mit der Nase in ihrem stark parfümierten Haar landete. Beinahe musste er würgen. Währenddessen packte sie Fabian am Kittel, damit er ihren scharfen Krallen nicht entkommen konnte. Diesen Plan musste die Frau seit Langem verfolgt haben.
Der Assistenzarzt war erstaunt, wie kräftig Juliane Lohmann trotz ihrer Nierensteine und ihrer kleinen Statur war.
Oder waren ihre Schmerzen die ganze Zeit vorgeschoben gewesen, um ihn weiter zu treffen? Das Überraschungsmoment stand jedenfalls auf ihrer Seite. Diese Patientin hatte ihn völlig überrumpelt und sich auf dreisteste Weise seiner bemächtigt.
Sein Herz erstarrte zu Eis, als Dr. Johnson ins Zimmer trat und schockiert an der Tür verharrte. Die Kinnlade des betagten, schmächtigen Mannes klappte leicht hinunter.
***
»Was ist denn hier los?«, keuchte der Internist Dr. Johnson, als er seine Stimme wiedergefunden hatte, und vergaß durch diesen Schrecken die Zimmertür, deren Klinke noch immer in seiner Hand ruhte.
Endlich ließ Juliane Lohmann von Dr. Johnsons Assistenten ab.
Fabian kam wieder zu Atem und richtete seinen Hemdkragen. Er wischte sich angewidert den Lippenstift von der Wange. Sein Herz raste vor Angst.
»Frau Lohmann hat mich überfallen. Ich konnte nichts dafür«, erklärte er panisch.
»Sie sollten sich was schämen!«, kreischte die Gemeinte plötzlich auf. »Erst an mir herumfummeln, mich halb ausziehen, mir Avancen machen, die ich nicht wollte, mich brutal hier auf die Liege drücken und danach natürlich den Unschuldigen mimen! Es ist kein Wunder, dass die Herren der Schöpfung einander schützen und diese Verbrechen unter den Teppich kehren! Ich werde Sie verklagen, Sie ... widerlicher Macho!« Juliane Lohmann sprang mit einem Satz von der Liege, drängte sich hart an Fabian vorbei, wobei sie darauf achtete, mit ihrem prallen Po etwas zu ausgiebig an seiner intimsten Stelle zu reiben, und funkelte ihn neben Dr. Johnson stehend ein letztes Mal böse an. »Überlegen Sie sich besser beim nächsten Mal genauer, wen Sie einstellen, Doktor«, wandte sie sich nun an Fabians Chef. »Dieser Kerl ist eindeutig pervers und vergreift sich an seinen Patientinnen. Er nutzt seine Position und die Unsicherheit der Frauen eiskalt aus. Ich werde mich zukünftig woanders untersuchen lassen. Diese Praxis ist eine Zumutung!«
Bestürzt versagte es Dr. Johnson die Sprache. Ihm rutschte vor Verblüffung beinahe das Tablet aus der Hand.
Zu Fabians Schrecken stand die Tür zum Wartezimmer noch immer sperrangelweit offen. Die ersten Köpfe tauchten dahinter auf. Neugierige, erschrocken geweitete Augenpaare verfolgten die unschöne Szene. Fabian wäre am liebsten im Erdboden versunken, obwohl er absolut unschuldig war.
Ach, Dr. Johnson musste ihm einfach glauben!
Juliane Lohmann wischte sich die falschen Tränen aus den Augen und rannte Hals über Kopf hinaus. Dabei achtete sie darauf, so verloren wie möglich auszusehen. Ihr T-Shirt rutschte erneut nach oben und präsentierte die Hälfte ihrer Brust.
Es musste so wirken, als sei Dr. Kaiser ihr an die Wäsche gegangen. Sie hatte ihm übel mitgespielt und dafür gesorgt, dass sein Ruf gewaltigen Schaden genommen hatte, ehe er sich überhaupt einen hatte aufbauen können.
Dr. Johnson entschuldigte sich bei den wartenden Patienten für das Durcheinander und betonte das große Missverständnis dahinter. Eine Frau erhob sich zögernd, warf einen verunsicherten Blick ins Zimmer und verließ die Praxis. Eine zweite folgte ihr auf dem Fuß. Sie flohen nahezu vor dem »perversen Doktor« im Behandlungsraum.
Fabians Chef schloss die Tür und nahm sich den angehenden Arzt zur Brust. Markus' Tonfall war milde, doch die Bestürzung zeigte sich in seinen grauen Augen.
»Was ist hier passiert?«
»Sie ist einfach auf mich losgegangen. Frau Lohmann hat mich, seit ich hier meine Stelle angetreten habe, schon mit den Augen ausgezogen. Heute wollte sie es wohl wissen. Als ich ihre Avancen nicht erwidert habe, ist sie vollkommen durchgedreht und schiebt nun die Schuld auf mich.« Er verbarg das Gesicht verzweifelt in den Händen und rieb sich die müden Lider. »Was soll ich denn jetzt tun? Ich bin doch unschuldig.«
Dr. Johnson schürzte die Lippen.
»Wenn sich das herumspricht, kann ich meine Praxis dichtmachen.«
»Aber ...«, wollte Fabian einwenden.
Markus legte die Hände auf seine Schultern.
»Du nimmst dir ab heute erst einmal eine Woche frei. Ich schaukle die Praxis so lange allein und werde sehen, wie sich dieses Thema entwickelt. Sieh du zu, dass dich Frau Lohmann nicht auch noch anzeigt. Das Gerede können wir beide nicht gebrauchen. Falls sie zurückkommt, unterhalte ich mich in Ruhe mit ihr. Und ja, ich glaube dir, dass du unschuldig bist.«
Fabian fiel ein Stein vom Herzen. Sollte dieser Horrortag womöglich doch noch ein gutes Ende finden? Er wollte und musste unbedingt seine Ausbildung fortsetzen. Wenn man ihm aufgrund haltloser Anschuldigungen seinen Titel entzog oder ihm die Arbeit auf andere Weise verwehrte, wüsste er nicht, wie er sich verhalten würde.
Fabians beruflicher Traum bekam erste Risse.
Er half Dr. Johnson beim Aufräumen des Zimmers, bevor er sich auf den Heimweg machte. Die Zahl der Wartenden hatte sich unterdessen von sechs auf drei reduziert. Enttäuscht senkte Fabian den Kopf und wich zeitgleich dem bohrenden Blick eines Anwesenden aus. Die anderen wagten es nicht, ihn anzusehen. Sie wirkten beinahe peinlich berührt.
Als er am Ausgang ein letztes Mal zurücksah, steckten sie bereits ihre Köpfe zusammen. Dann schloss sich die Milchglastür vor ihm und blendete das unschöne Bild für ihn aus ...
***
»Du hast was?«, brüllte Fabians bester Freund Tobias Binder ihm ins Ohr.
Instinktiv hielt Fabian das Handy ein Stück weg, bis sich sein ehemaliger Mitstudent wieder beruhigt hatte.
»Das gibt es doch nicht!«, prustete Tobias los, einen Lachanfall hörbar unterdrückend.
»Ich habe gar nichts, sie hat«, stellte Fabian ungehalten richtig. »Diese Frau war eine regelrechte Furie. Gruselig. Du hättest sie sehen sollen. Sie hat mich gepackt und abgeleckt wie ein Tier. Es schüttelt mich jetzt noch, wenn ich nur daran denke. Und dann diese dreiste Lügerei, da sie ihren Fehler nicht zugeben wollte. Wahrscheinlich hat sie sich in ihrer Eitelkeit gekränkt gefühlt, weil sie bei mir abgeblitzt ist. Eine einzige Person zerstört mit ihrer Lüge alles, was ich mir aufgebaut habe. Das muss man sich mal vor Augen führen!«
»Du hast alles absolut richtig gemacht. Nächste Woche wird bereits das nächste Gerücht die Runde machen und die Aufmerksamkeit der Leute auf sich ziehen. Mach dir keine zu großen Sorgen, bitte«, beruhigte Tobias ihn. »Wir Ärzte sind häufig Lügen und Avancen ausgesetzt.«
Fabian seufzte. Er saß noch immer in seinem Auto vor der Wohnung. Kaum hatte er eingeparkt, war der Anruf von Tobias eingegangen. Der junge Assistenzarzt war froh, sich einmal alles von der Seele reden zu können.
»Und was, wenn sie dieses Schauermärchen herumerzählt? Wenn sie sich weiter an mir rächen will?«
»Du hast doch gar nichts getan. So eine Ziege wird sich irgendwo das nächste Opfer krallen, bis sie an ihr Ziel kommt. Du solltest sie anzeigen, ehe sie es tut.«
»Damit wirble ich bloß wieder unnötig Staub auf und hole alles zurück an die Oberfläche. Lieber wäre mir, man vergisst es einfach und lässt mich in Frieden.«
»Aber du würdest den ersten Schritt tun. Überleg's dir, Fabi. Heutzutage probieren Menschen andauernd, anderen zu schaden und sich selbst dadurch wichtig und besser zu fühlen. Ich muss jetzt leider weiter. Halte mich auf dem Laufenden, ja?«
Fabian lächelte traurig. Auf seinen Freund war Verlass.
»Das mache ich. Wieso hast du eigentlich angerufen, Tobi?«
»Ach, das hat Zeit«, wich Tobias schnell aus und verabschiedete sich, ehe sein Gesprächspartner nachhaken konnte.