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Sanfter Nieselregen fällt auf München herab, als sich Schauspielerin Luna Mosbach auf ihrem Motorroller durch den morgendlichen Berufsverkehr schlängelt. Die Fahrzeuge auf Münchens Straßen drängen sich dicht an dicht. Und plötzlich passiert es: Ein Autofahrer übersieht sie. Sein Wagen kommt auf Luna zu. Ein Ausweichen ist nicht mehr möglich. Bremsen quietschen, Blech reibt sich an Blech. Sie wird auf die Seite geschleudert. Der Motorroller schliddert über den nassen Asphalt. Luna wird mit Blaulicht in die Berling-Klinik abtransportiert. Niemand ahnt, welche Katastrophe der Unfall ausgelöst hat. Denn Lunas jüngere Schwester Sofia ist seither allein zu Hause. Und die 17-Jährige leidet nicht nur unter schweren Panikattacken, nein, sie ist auch vollkommen unfähig, sich ohne Lunas Hilfe zurechtzufinden ...
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Seitenzahl: 131
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Crash mit dem Schicksal
Vorschau
Impressum
Crash mit dem Schicksal
Packender Arztroman um Myasthenia gravis
Von Katrin Kastell
Sanfter Nieselregen fällt auf München herab, als sich Schauspielerin Luna Mosbach auf ihrem Motorroller durch den morgendlichen Berufsverkehr schlängelt. Die Fahrzeuge auf Münchens Straßen drängen sich dicht an dicht. Und plötzlich passiert es: Ein Autofahrer übersieht sie. Sein Wagen kommt auf Luna zu. Ein Ausweichen ist nicht mehr möglich. Bremsen quietschen, Blech reibt sich an Blech. Sie wird auf die Seite geschleudert. Der Motorroller schliddert über den nassen Asphalt. Luna wird mit Blaulicht in die Berling-Klinik abtransportiert. Niemand ahnt, welche Katastrophe der Unfall ausgelöst hat. Denn Lunas jüngere Schwester Sofia ist seither allein zu Hause. Und die 17-Jährige leidet nicht nur unter schweren Panikattacken, nein, sie ist auch unfähig, sich ohne Lunas Hilfe zurechtzufinden ...
In letzter Sekunde sah Luna den Wagen auf sich zukommen. Ein Ausweichen war nicht mehr möglich.
Pass doch auf!, schoss es ihr durch den Kopf, wobei ihr nicht bewusst war, wen sie meinte, sich selbst oder den Autofahrer.
Bremsen quietschten, Blech rieb sich an Blech. Sie fiel auf die linke Seite. Der Motorroller rutschte noch ein paar Meter über den nassen Asphalt. Ebenso der Motorradhelm, der lässig an ihrem linken Arm gebaumelt hatte.
Betäubt vom Schock blieb Luna liegen. Noch begriff sie nicht ganz, was passiert war. Vielleicht war alles ja nur ein dummer Traum, aus dem sie gleich wieder erwachen würde.
»Hallo!«, drängte sich eine dunkle Stimme in ihr Bewusstsein.
Jemand berührte sie an der Schulter.
Luna hob mühsam die Lider und schaute in ein besorgtes Augenpaar.
»Können Sie aufstehen?«
Blöde Frage, natürlich konnte sie das.
Sie schob die helfende Hand weg und wollte sich hochrappeln. Der Versuch misslang.
»Können Sie mich hören? Bitte sagen Sie doch etwas. Haben Sie Schmerzen?«
Nur langsam erfasste Luna, dass sie einen Unfall gehabt hatte. Etwas Feuchtes lief ihr über die Stirn. Mit der linken Hand tastete sie danach und betrachtete verständnislos das Blut an ihren Fingerspitzen.
»Lassen Sie das«, zischte der Mann und schob ihre Hand von der Stirn weg. »Wegen der Infektionsgefahr.«
Luna richtete sich auf. Zwei Hände streckten sich ihr entgegen, die sie sofort ergriff. Widerstandslos ließ sie ich hochziehen und stand sogleich aufrecht, was sie als deutlich angenehmer empfand, als hilflos auf der Straße zu liegen.
Als sie gerade zufrieden feststellen wollte, dass es ihr gut ging und ihr nichts fehlte, spürte sie, wie sich alles um sie herum zu drehen begann. Sie verlor das Gleichgewicht und schwankte. Der Mann fing sie auf.
»Sie sind noch nicht sicher auf Ihren Beinen. Haben Sie Schmerzen?«
Sie sagte nichts, schaute ihn nur unschlüssig an, als müsse sie über diese Frage noch etwas nachdenken.
»Ist Ihnen übel? Ach, Sie setzen sich jetzt in meinen Wagen. Ich rufe den Notarzt. Und die Polizei.«
Sie wollte widersprechen, brachte jedoch nur ein Krächzen zustande.
Inzwischen hatte sich hinter den Unfallfahrzeugen ein kleiner Stau gebildet. Der Mann half Luna auf den Beifahrersitz seines Autos. Die Tür ließ er offen. Dann wählte er den Notruf und stellte während des Gesprächs das Warndreieck auf. Jemand zog den Roller auf die Seite.
Die wartenden Fahrzeuge setzten sich wieder in Bewegung und umfuhren die Unfallstelle.
»Hilfe ist unterwegs«, informierte sie der Mann und fasste ihr vorsichtig unters Kinn. »Die Platzwunde an der Stirn sieht nicht sehr gefährlich aus. Können Sie die Arme bewegen?«
Luna versuchte es, doch ein stechender Schmerz hielt sie davon ab, die Bewegung auszuführen.
»Die Schulter tut weh ...«
Endlich war ihre Stimme wieder da.
»Vielleicht eine Fraktur«, vermutete der Fremde. »Ich bin Arzt. Mein Name ist Doktor Fabian Bergmann. Sie werden gleich ins Krankenhaus gebracht.«
Jetzt nahm Luna ihn erstmals genauer in Augenschein – und wurde von einer glühenden Welle der Empörung erfasst.
»Sie sind also Arzt«, quetschte sie mühsam hervor.
»Ja«, bestätigte er und bedachte sie mit einem prüfenden Blick. »Die Stirnwunde wird geklammert ...«
Luna holte tief Luft und fiel ihm ins Wort: »Und als Arzt finden Sie es also okay, andere Leute einfach so über den Haufen zu fahren?«
Verdutzt schaute Fabian sie an.
»Sie stehen noch unter Schock«, meinte er.
»Ich bin völlig klar.« Jetzt wurde Luna laut: »Sie haben mich verletzt, mich vielleicht sogar entstellt!«
Fabian zog kurz die Augenbrauen hoch, ging aber über ihre Bemerkung hinweg.
»Das tut mir sehr leid, aber das werden wir später in aller Ruhe klären.«
»Wollen Sie sich aus der Affäre ziehen? Sie waren viel zu schnell, ich konnte nicht mehr bremsen.«
Fabian fühlte sich nicht wohl in seiner Haut. Natürlich wollte er mit der verletzten Frau nicht streiten, aber eine kleine Zurechtweisung konnte er sich jetzt doch nicht mehr verkneifen.
»Mädchen, ich bin ziemlich ...«
»Nennen Sie mich nicht Mädchen!«, schnappte Luna.
Er versuchte es erneut: »Ich bin ziemlich sicher, Sie haben die Vorfahrt nicht beachtet«, erklärte er ruhig. »Aber so etwas kann ja mal passieren. Sie hatten es vielleicht eilig und ...«
»Sie gehören wohl zu denen, die anderen die Schuld für das eigene Versagen zuschieben«, versetzte sie heftig.
Ihr blasses Gesicht rötete sich. Sie schien wieder voll da zu sein.
»Wie gesagt, das klären wir später. Jetzt ist es wichtig, dass Sie ärztlich versorgt werden. Sagen Sie mir bitte noch Ihren Namen.«
»Luna Mosbach«, erwiderte sie schroff. »Sie werden noch von mir hören.«
Der Notarztwagen kam. Fabian wandte sich erleichtert dem Kollegen zu und erklärte kurz, was passiert war.
Luna protestierte zwar, als sie auf die Trage gebettet wurde, doch dann fügte sie sich in ihr Schicksal.
»Was ist mit meinem Roller?«, rief sie ihrem Ersthelfer zu.
»Das ist jetzt nicht wichtig. Man wird ihn wegschaffen. Wir sehen uns später.«
Während die Verletzte in die Berling-Klinik gebracht wurde, kümmerte sich Fabian um sein Auto, das eine ordentliche Beule auf der Fahrerseite abgekriegt hatte.
Die Polizei traf ein. Fabian schilderte den Unfall. Dann bestellte er sich ein Taxi, um sich endlich zum Dienstantritt in die Berling-Klinik bringen zu lassen.
Während er wartete, versuchte er, etwas Ruhe in seine Gedanken zu bringen. Auch ihm war der Schreck in die Glieder gefahren. Das krachende Geräusch hallte noch in seinen Ohren nach. Und vor seinen Augen sah er immer wieder das Bild der stürzenden Frau.
Fabian atmete tief durch. Ausgerechnet heute, an seinem ersten Arbeitstag, würde er zu spät kommen, doch das war nicht mehr zu ändern. Für ihn als Arzt war nur wichtig, dass sich die Rollerfahrerin schnell wieder von ihrem Sturz erholte.
Ihre Anschuldigungen gingen ihm noch im Kopf herum, aber sie waren offensichtlich dem Schock geschuldet, der ihr Urteilsvermögen beeinträchtigt hatte.
Als er endlich im Taxi saß und zehn Minuten später vor der Berling-Klinik ausstieg, fühlte er sich schon wieder etwas klarer.
***
Am Empfang erkundigte sich Fabian sofort nach Patientin Luna Mosbach.
»Sie ist hier vor Kurzem eingeliefert worden.«
»Die Verletzte befindet sich noch in der Notaufnahme«, erwiderte Annette Gerling hinter der Glasscheibe. »In der drei. Links runter.«
Fabian ging schnellen Schrittes zur Kabine drei. Er wollte sich nur davon überzeugen, dass sie gut eingetroffen war. Sie lag mit geschlossenen Augen auf dem Bett.
»Hallo«, grüßte er zaghaft. »Ich bin's, Ihr Unfallgegner. Hat man sich schon um Sie gekümmert?«
Bei seinem Anblick stöhnte Luna auf.
»Sie schon wieder! Was wollen Sie noch? Lassen Sie mich gefälligst in Ruhe.«
Er ließ sich von ihrer Reaktion nicht beeindrucken.
»Man wird sich hier bestens um Sie kümmern.«
Ein Mann im weißen Kittel trat zu Ihnen.
»Der Notarzt hat schon berichtet, was passiert ist. Ich werde jetzt Ihre Stirnwunde versorgen, dann bringen wir Sie zum Röntgen.«
Fabian sprach ihn gleich an: »Die Schulter könnte verrenkt sein. Oder ausgekugelt. Vielleicht ist es auch eine Schlüsselbeinfraktur. Sie war kurz bewusstlos und braucht deshalb ein Kopf-CT. Dummerweise trug sie beim Sturz keinen Helm.«
»Sie waren also am Unfall beteiligt«, stellte Dr. Donat fest.
»Ja, sie ist mir reingefahren.«
»Danke für Ihre Ratschläge.« Die Ironie in Dr. Donats Antwort war nicht zu überhören. »Aber jetzt können Sie gehen. Wir übernehmen ab hier.«
»Das stimmt überhaupt nicht!«, regte sich die Patientin gleich wieder auf. »Er ist gerast wie ein Verrückter ...«
»Wir streiten hier nicht darüber, wer an dem Unfall schuld hat und wer nicht. Das festzustellen, ist Sache der Polizei. Wir behandeln jetzt Ihre Verletzungen. Alles andere kann warten.« Er warf Fabian einen auffordernden Blick zu. »Ist noch etwas? Sie können gehen. Da Sie kein Angehöriger sind, haben Sie hier nichts mehr verloren.«
Fabian schaute auf das Namensschild des Arztes.
»Wie Sie meinen, Doktor Donat«, erwiderte er ruhig.
Ihm lag jetzt nichts daran, sich hier aufzuspielen. Schon gar nicht vor dieser Frau, die wohl fest entschlossen war, ihm ab sofort das Leben schwer zu machen.
Hätte er heute Morgen beim Aufstehen schon geahnt, was noch vor seinem Dienstantritt passieren würde, wäre er sicher nicht so voller Optimismus losgefahren, um einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen ...
Ein Pfleger erschien, um Lunas Bett in die Radiologie zu schieben.
»Ich kann laufen«, widersprach sie ärgerlich und schwang schon die Beine aus dem Bett.
Pfleger Jakob lächelte freundlich und drückte sie sanft zurück ins Kissen.
»Das glaube ich Ihnen.« Er war alle Arten von Patienten gewöhnt. Am liebsten waren ihm natürlich die ruhigen, die darauf vertrauten, dass man ihnen hier schon helfen würde. Aber es gab auch genug von denen, die Sonderbehandlungen verlangten. »Ich fahre Sie doch gern hier ein bisschen herum. Genießen Sie die Fahrt, und bleiben Sie schön liegen. Auch zu Ihrer eigenen Sicherheit. Wenn Sie nämlich plötzlich umkippen und mit der Birne auf den Fußboden krachen, bin ich haftbar. Und das will ich nicht. Habe ich recht, Doc?«
Dr. Donat grinste zustimmend.
»Warten Sie!«, rief Luna nervös. »Ich muss noch meine Schwester anrufen.«
»Das kann ich für Sie erledigen«, erbot sich Fabian, ohne lange zu überlegen.
Ihre Anschuldigungen beeinträchtigten nicht seine Hilfsbereitschaft. Sie würde schon wieder zur Vernunft kommen.
Es sah so aus, als wollte sie sein Angebot annehmen. Pfleger Jakob wartete noch geduldig, während sie erfolglos in ihrer Tasche nach dem Handy kramte und Fabian schließlich aus dem Kopf die Nummer ihrer Schwester diktierte.
»Bringen Sie sie her«, verlangte die Verletzte.
»Die Schwester? Kann sie nicht allein kommen?«
»Nein, das kann sie nicht«, knurrte Luna. »Sie hat große Probleme, sich zurechtzufinden. Sie heißt Sofia. Und Sie ... Ach, Sie ahnen gar nicht, was Sie mir angetan haben.«
Fabian stöhnte innerlich auf. Ging das schon wieder los?
Sie fing an zu weinen und wies auf die Stirnwunde.
»Damit ist meine Karriere vorbei.«
»Wir wollen die Kollegen in der Radiologie doch nicht ewig warten lassen.«
Pfleger Jakob duldete jetzt keinen Aufschub mehr.
»Wo wohnt Ihre Schwester denn eigentlich?«, rief Fabian den beiden nach.
»Kirchweg drei in Unterhaching«, hallte es über den Flur.
Als Pfleger und Patientin außer Hörweite waren, wandte sich Dr. Peter Donat an Fabian.
Eigentlich machte Herr Bergmann einen ganz sympathischen Eindruck auf den Internisten, darum wollte er noch etwas klarstellen: »Nett von Ihnen, dass Sie sich um die Unfallbeteiligte kümmern, trotzdem sollten Sie die Entscheidung über Therapie und Behandlung uns überlassen. Wir Ärzte lassen uns nicht gern von Laien reinreden.«
»Ach, wissen Sie, Sie können meinen Rat ruhig annehmen. Ich bin genauso wenig Laie wie Sie. Seit heute ...«
»Doktor Bergmann! Da sind Sie ja endlich. Ich habe schon auf Sie gewartet.« Dr. Stefan Holl, Chefarzt der Berling-Klinik, kam auf die beiden Männer zu und streckte Fabian die Hände entgegen. »Ich heiße Sie herzlich willkommen.«
Dr. Donats Miene wurde von einer leichten verlegenen Röte überzogen, doch schnell fasste er sich wieder und lächelte.
»Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«
Dr. Holl machte die zwei Assistenzärzte nun offiziell miteinander bekannt: »Das ist unser neuer Kollege Doktor Bergmann. Er wird zunächst auf der Inneren seinen Dienst antreten. Sie werden also mit ihm zusammenarbeiten.«
Fabian zog die Mundwinkel nach oben. Lächelnd reichte er dem Kollegen Donat die Hand.
Zu einem weiteren Gespräch kam es nicht, da Peter Donats Pager piepste.
»Tut mir leid, ich muss los«, entschuldigte der sich und eilte davon.
Fabian erklärte dem Chefarzt, was ihm auf der Herfahrt passiert war und dass die Frau, mit der er zusammengeprallt war, sich Sorgen um ihre Schwester machte, die allein zu Hause sei und Hilfe brauchte.
»Es scheint sich um ein Kind zu handeln«, schloss der Assistenzarzt.
Dr. Holl war sofort einverstanden, dass der neue Kollege noch vor seinem Dienstantritt die Klinik noch einmal verließ, um das Mädchen zu holen.
Fabian rief sich wieder ein Taxi und verließ die Klinik ...
***
Auf der Fahrt rief Fabian die Nummer an, die Luna Mosbach ihm gegeben hatte.
»Hallo, bist du Sofia?«
»Ja. Und wer sind Sie?«
Fabian nannte seinen Namen und berichtete kurz, was passiert war.
»Ein kleiner Unfall, nichts Schlimmes. Mach dir keine Sorgen. Ich hole dich jetzt ab und bringe dich zu deiner Schwester. Dann kannst du dich selbst davon überzeugen, dass es ihr gut geht. Einverstanden?«
»Sagen Sie auch die Wahrheit?«
»Du kannst mir vertrauen, ich bin Arzt. Gleich bin ich bei dir. Könntest du in der Zwischenzeit ein paar Sachen für deine Schwester zusammenpacken? Vielleicht muss sie ein paar Tage zur Beobachtung in der Klinik bleiben.«
Wenig später erreichte das Taxi den Kirchweg. Es hielt vor einem älteren Einfamilienhaus mit einem kleinen Vorgarten, in dem alles kreuz und quer wuchs.
In der offenen Tür stand eine junge Frau. Sie wirkte ängstlich und nervös. Die Arme hatte sie um ihren Körper geschlungen. Ihr war offensichtlich kalt.
»Sind Sie Sofia?«, fragte Fabian verdutzt.
Sie nickte. In ihren Augen lagen Angst und Unsicherheit dicht beieinander. Sie wirkte vollkommen verschreckt.
»Entschuldigen Sie. Ich dachte, Sie wären noch ein Kind. Ihre Schwester hat sich wohl etwas unglücklich ausgedrückt.«
»Ich bin siebzehn«, stellte Sofia richtig.
Je näher er kam, desto heftiger zitterte sie.
»Bitte haben Sie keine Angst. Ich will Sie nur abholen und Sie zu Ihrer Schwester bringen. Mein Name ist Fabian Bergmann. Möchten Sie meinen Ausweis sehen?«
»Nein. Kommen Sie rein ...«
Fabian erklärte ihr noch einmal geduldig, was geschehen war, wobei er jegliche Dramatisierung vermied und den Unfall eher herunterspielte.
Sofia schien sich ein wenig gefangen zu haben. Sie packte ein paar Sachen ein und erklärte sich zur Abfahrt bereit.
Doch gerade als sie losfahren wollten, kam ein junger Mann auf dem Fahrrad herangeschossen und vollzog eine perfekte Bremsung direkt vor Fabians Füßen.
»Tim!«, rief Sofia. »Stell dir vor, Luna ist verletzt. Sie ist in ...«
Der Rest ging in einem verzweifelten Tränenausbruch unter. Sofia bebte am ganzen Körper. Es war, als erfasste sie erst jetzt so richtig, was der fremde Mann ihr mitgeteilt hatte.
»Beruhig dich, Schätzchen.« Tim nahm sie die zierliche Frau in seine muskulösen Arme und strich ihr liebevoll über den Rücken. »Hab keine Angst. Das kriegen wir alles wieder hin. Wie immer.« Während er sie noch festhielt, wandte er sich an Fabian: »Was ist passiert? Und wer sind Sie?«
»Mein Name ist Fabian Bergmann. Ich bin Arzt und war mit dem Auto auf dem Weg zur Arbeit. Luna ist mir reingefahren.«
»Das sieht ihr ähnlich«, meinte Tim leicht geringschätzig. »So ist sie, wirft sich auf dem Roller in den Verkehr, ohne nach links oder rechts zu schauen. Sie geht davon aus, dass andere aufzupassen haben. Es wundert mich ohnehin, dass es bis jetzt immer gut gegangen ist.«
Allmählich wurde Sofia ruhiger. Sie klammerte sich an Tim wie an eine Rettungsboje.
»Na, jedenfalls ist sie jetzt in der Berling-Klinik und möchte, dass Sofia zu ihr kommt.«
»Beruhige dich, Hase«, sagte Tim und schob Sofia von sich. »Fahr mit ihm. Wenn du fertig bist, ruf mich an. Dann hole ich dich dort ab.«
Ein letztes trockenes Aufschluchzen folgte, dann nickte Sofia und stieg bereitwillig in das wartende Taxi.
***
»Papa!« Juju Holl stellte den Tellerstapel hastig ab, um ihrem heiß geliebten Vater in die Arme zu springen.