Chlodovech - Felix Dahn - E-Book

Chlodovech E-Book

Felix Dahn

0,0

Beschreibung

Dies ist Band 8 der historischen Romane aus den Zeiten der Völkerwanderung. Dahns Popularität gründete vor allem auf den historischen Romanen, die sich in den Gründerjahren des Deutschen Reiches außerordentlicher Beliebtheit erfreuten.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 256

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Chlodovech

Felix Dahn

Inhalt:

Felix Dahn – Biografie und Bibliografie

Chlodovech

I.

II.

III.

IV.

V.

VI.

VII.

VIII.

IX.

X.

XI.

XII.

XIII.

XIV.

XV.

XVI.

XVII.

XVIII.

XIX.

XX.

XXI.

XXII.

XXIII.

XXIV.

XXV.

XXVI.

XXVII.

XXVIII.

XXIX.

XXX.

XXXI.

XXXII.

XXXIII.

XXXIV.

XXXV.

XXXVI.

XXXVII

XXXVIII.

XXXIX.

XL.

XLI.

XLII.

XLIII.

XLIV.

XLV.

XLVI.

XLVII.

Chlodovech, F. Dahn

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

Loschberg 9

86450 Altenmünster

ISBN: 9783849608798

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

FelixDahn – Biografie und Bibliografie

Rechtsgelehrter, Geschichtsforscher und Dichter, geb. 9. Febr. 1834 in Hamburg als Sohn von D. 1) und dessen erster Gattin, Konstanze D. (gebornen Le Gay), studierte 1849 bis 1853 in München und Berlin Rechtswissenschaft, Philosophie und Geschichte und habilitierte sich 1857 in München als Dozent für deutsches Recht, wurde 1862 außerordentlicher Professor daselbst, 1863 ordentlicher Professor in Würzburg, 1869 korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in München, 1872 Mitglied des Gelehrtenausschusses des Germanischen Museums in Nürnberg und ordentlicher Professor für deutsches Recht in Königsberg, von wo er 1888 an die Universität Breslau berufen wurde. 1885 ward er zum Geheimen Justizrat ernannt. Als juristischer Schriftsteller hat sich D. bekannt gemacht durch folgende Arbeiten: »Über die Wirkung der Klagverjährung bei Obligationen« (Münch. 1855), »Studien zur Geschichte der germanischen Gottesurteile« (das. 1857), »Das Kriegsrecht« (Würzb. 1870), »Handelsrechtliche Vorträge« (Leipz. 1875), »Deutsches Rechtsbuch« (Nördling. 1877), »Deutsches Privatrecht« (Leipz. 1878,1. Abt.), »Die Vernunft im Recht« (Berl. 1879), »Eine Lanze für Rumänien« (Leipz. 1883), »Die Landnot der Germanen« (das. 1889). Auch besorgte er die 3. Ausgabe von Bluntschlis »Deutschem Privatrecht« mit selbständiger Darstellung des Handels- und Wechselrechts (Münch. 1864). Von seinen geschichtlichen Arbeiten sind hervorzuheben: die Monographie »Prokopius von Cäsarea« (Berl. 1865) und das umfassend angelegte rechtsgeschichtliche Werk »Die Könige der Germanen« (Bd. 1–6, Münch. u. Würzb. 1861–71; Bd. 7–9, Leipz. 1894–1902), ferner: »Westgotische Studien« (Würzb. 1874); »Langobardische Studien« (Bd 1: Paulus Diakonus, 1. Abt., Leipz. 1876); »Die Alamannenschlacht bei Straßburg« (Braunschw. 1880); »Urgeschichte der germanischen und romanischen Völker« (Berl. 1881–90, 4 Bde.); »Geschichte der deutschen Urzeit« (als 1. Band der Deutschen Geschichte in der »Geschichte der europäischen Staaten«, Gotha 1883–88). Von Wietersheims »Geschichte der Völkerwanderung« bearbeitete D. die zweite Auflage (Leipz. 1880–81, 2 Bde.). Seine kleinen Schriften erschienen gesammelt u. d. T.: »Bausteine« (1.–6. Reihe, Berl. 1879–84). Sehr umfangreich ist auch Dahns belletristische Produktion, in der er zumeist altgermanische Stoffe mit modernem Leben verbrämt und eine entschieden nationale Gesinnung zur Schau trägt. Seine gründlichen historischen Studien kamen dem Dichter zu gute. Weitaus das beste dieser Werke war der erste historische Roman »Ein Kampf um Rom« (Leipz. 1876, 4 Bde.; 31. Aufl. 1901). Ihm folgten: »Kämpfende Herzen«, drei Erzählungen (Berl. 1878; 6. Aufl., Leipz. 1900); »Odhins Trost« (1880, 10. Aufl. 1901); »Kleine Romane aus der Völkerwanderung« (1882–1901, 13 Bde., und zwar: 1. »Felicitas«, 2. »Bissula«, 3. »Gelimer«, 4. »Die schlimmen Nonnen von Poitiers«, 5. »Fredigundis«, 6. »Attila«, 7. »Die Bataver«, 8. »Chlodovech«, 9. »Vom Chiemgau«, 10. »Ebroin«, 11. »Am Hofe Herrn Karls«, 12. »Stilicho«, 13. »Der Vater und die Söhne«, von denen die meisten in einer Reihe von Auflagen vorliegen); hierzu kommen: »Die Kreuzfahrer«, Erzählung aus dem 13. Jahrh. (1884, 2 Bde.; 8. Aufl. 1900); »Bis zum Tode getreu«, Erzählung aus der Zeit Karls d. Gr. (1887, 15. Aufl. 1901); »Was ist die Liebe?« (1887,6. Aufl. 1901); »Frigga's Ja« (1888, 2. Aufl. 1896); »Weltuntergang«,[419] geschichtliche Erzählung aus dem Jahre 1000 n. Chr. (1889); »Skirnir« (1889); »Odhins Rache« (1891, 4. Aufl. 1900); »Die Finnin« (1892); »Julian der Abtrünnige« (1894, 3 Bde.); »Sigwalt und Sigridh« (1898); »Herzog Ernst von Schwaben« (1902), sämtlich in Leipzig erschienen. Ferner schrieb D. die epischen Dichtungen: »Harald und Theano« (Berl. 1855; illustrierte Ausg., Leipz. 1885); »Sind Götter?. Die Halfred Sigskaldsaga« (Stuttg. 1874; 7. Aufl., Leipz. 1901); »Die Amalungen« (das. 1876); »Rolandin« (das. 1891). Seine dramatischen Werke sind: »Markgraf Rüdiger von Bechelaren« (Leipz. 1875); »König Roderich« (1875, u. Ausg. 1876); »Deutsche Treue« (1875,3. Aufl. 1899); »Sühne« (1879,2. Ausg. 1894); »Skaldenkunst« (1882), und die Lustspiele: »Die Staatskunst der Frau'n« (1877) und »Der Kurier nach Paris« (1883); endlich das Festspiel »Funfzig Jahre« (1962, sämtlich Leipzig). Auch verschiedene Operntexte hat D. verfaßt: »Harald und Theano« (Leipz. 1880, nach seiner epischen Dichtung); »Armin« (das. 1880, Musik von Heinrich Hofmann); »Der Fremdling« (das. 1880); »Der Schmied von Gretna-Green« (das. 1880). Desgleichen war D. als Lyriker rege tätig: auf seine »Gedichte« (Leipz. 1857; 2. durchgesehene Auflage u. d. T.: »Jugendgedichte«, das. 1892) folgten: »Gedichte, 2. Sammlung« (Stuttg. 1873, 2 Bde.; 3. Aufl., Leipz. 1883); dann: »Zwölf Balladen« (das. 1875); »Balladen und Lieder«, 3. Sammlung der »Gedichte« (das. 1878, 2. Aufl. 1896); 4. Sammlung, mit seiner Gattin Therese (das. 1892); 5. Sammlung (»Vaterland«, das. 1892); endlich eine »Auswahl des Verfassers« (das. 1900). Außerdem sind zu nennen Dahns Schriften: »Moltke als Erzieher« (5. Aufl., Bresl. 1894) und die sehr breiten »Erinnerungen« (Leipz. 1890–1895,4 Bücher in 5 Bänden). Seine »Sämtlichen Werke poetischen Inhalts« erschienen Leipzig 1898–1899 in 21 Bänden; neue Folge 1903ff. Mit seiner Gattin Therese (gebornen Freiin von Droste-Hülshoff, geb. 28. Mai 1845 in Münster) verfaßte er: »Walhall. Germanische Götter- und Heldensagen« (12. Aufl., Leipz. 1898). Von ihr allein erschien noch mit einer Einleitung des Gatten: »Kaiser Karl und seine Paladine. Sagen aus dem Karlingischen Kreise« (Leipz. 1887).

Chlodovech

I.

Es war im Jahre vierhunderteinundachtzig nach Christus, an einem schwülen Sommerabend, da lag in dem stattlichsten Hause von Tournay (– Doornick an der Schelde –) ein Mann schwer leidend; der vornehme Römer, dem das Gebäude dereinst gehört hatte, war schon längst – gleich bei der Annäherung der salischen Franken – aus der Stadt, dann über die Alpen nach Italien entflohen; nach der Einnahme der Feste hatte der salische Gaukönig Childirich an einer Säule in dem Atrium des Hauses seinen Schild aufgehängt und Wohnung genommen: nun – viele Jahre später – lag er hier an tiefer Wunde danieder.

Das Schlafgemach war von einer kleinen Ampel aus Bernstein, die von der marmorgetäfelten Decke herniederhing, nur schwach erhellt: ihr mattes Licht ward aufgesogen von den dunkeln, schweren Vorhängen, welche die Wände des schmalen viereckigen Raumes bedeckten und die fehlende Thür ersetzten. Der Leidende, ein Mann von etwa fünfzig Jahren, stark von Gliedern und vollrüstig, lag auf einem niedern Ruhebett, die Füße bedeckt mit einem mächtigen Bärenfell; auf einem zierlichen Dreifuß von durchbrochener korinthischer Erzarbeit bei seinen Häupten verbreiteten getrocknete und auch frisch gepflückte Heilkräuter würzigen Geruch. Vor ihm stand eine hochragende, ja gewaltige Frauengestalt, wenige Jahre jünger; sie strich ihm mit der Linken zärtlich über die glühende Stirn, über das kaum ergraute Blondhaar, das in den langen merovingischen Königslocken bis auf die Schultern wogte, während ihre Rechte eine Silberschale, gefüllt mit einer dunklen Salbe, hielt. Tiefster Schmerz lag auf den edeln, immer noch blendend schönen, nur etwas allzustrengen, ja scharfen Zügen: aber keine Thräne ließ sie in das meergraue Auge treten, auch nicht, als der Kranke tief aufseufzte. Sie stellte nun die Schale auf den Dreifuß nieder und strich mit beiden Händen hinter die Schläfe ihr prachtvoll rotes Haar, das reich vorflutete, wie sie sich über das Lager beugte. »Schmerzt die Wunde so scharf, Childirich?« fragte sie mit verhaltenem Weh. Er streichelte die weiße Hand. »Es ist nicht das,« erwiderte er, leise den Kopf schüttelnd. »Und es ist auch nicht, .... daß ich sterben muß – trotz all' deiner Heilkünste und Zaubersprüche, Basina, die von Wodan, deinem Ahn, gelernt, von Geschlecht zu Geschlecht in eurer Sippe vererbten daheim im Thüringwald. Allzutief in die Brust flog mir vom Turme von Soissons herab der spitze Römerpfeil. Aber es ist nicht das! Weiß ich doch, daß ich nach dem letzten Hauch auffahre nach Walhall: denn nicht den Strohtod sterb' ich: – den Bluttod an der Wunde, die ich, meinem Volksheer an des Keiles Spitze vorkämpfend, empfing. Auch um dich Hochgemute ist mir nicht bang: denn ein heldenhaftes Herz schlägt dir im Busen und jedes Schicksal wirst du würdig tragen: solche Frauen aber wie du läßt Wodan nicht nach Hel hinabsinken zu den freudlosen Schatten: er hebt sie nach Asgardh empor, seinen Walküren gesellt: wie er jener herrlichen Hilde gethan. Ich werd' ihn bitten, das Gleiche dir zu gönnen, so daß wir ungetrennt Walhalls Wonnen teilen. Aber – ah ...« Er stockte: der Atem verging ihm. Zärtlich küßte die Gewaltige, tief sich beugend, die fiebernde Stirn: »Sprich es nicht aus! Ich weiß, was dich quält: die Sorge um dein Volk, um ...«

»Ach, unsern Sohn,« seufzte der Wunde.

Da verfinsterte sich das edle Antlitz der hohen Frau. Die scharf geschnittnen Nasenflügel zuckten, und bitter kam es aus den kaum geöffneten Lippen. »Ja, Chlodovech! Mein Stolz und meine Furcht.«

»Zwar,« hob der König mit stolzer Miene an, »reiche Angebinde haben ihm in die Schildwiege die drei Los-Weberinnen und alle Götter und Göttinnen gelegt. Seinen Kampfmut der furchtlose Donar, seine kluge Ratfindung für Krieg und Frieden Wodan!« »Aber,« fiel die Mutter mit herbem Klang der tiefen Stimme ein – »Loge die Arglist, die scheulose Selbstsucht und – mit dem roten Haar und dem raschen Witzwort – die Falschheit, die lachend Wort und Treue bricht.« »Ja,« seufzte der Vater, »er ist wie die lodernde Flamme: seine Heißglut wärmt, seine Helle leuchtet bis zum Blenden ...« »Jedoch,« schloß die Mutter, »ungebändigt und tückisch bricht sie plötzlich hervor, verzehrend Freund wie Feind! O wehe mir Armen, müßt' ich dereinst die Stunde verfluchen, da dieser Schos ihn gebar, einen Feuerbrand, der das Hehre, das Heilige vernichtet. – Allein er ist dein Sohn, Childirich: drum hoff' ich, die guten Gewalten in ihm werden siegen.«

»Horch, ich meine, ich hör' ihn unten im Hofe! Ja, das ist seine helle, dünne Stimme!« Die Frau trat an das Fenster des Schlafgemachs, schlug den rotbraunen Vorhang zurück und blickte in das Atrium hinab, dessen Estrich von pyrenäischem, weißem Marmor, von buntem Mosaik umrändert, in Hellem Mondlicht leuchtete. Da kauerte, hinter eine Säule geduckt, ein schöner Knabe von fünfzehn Jahren; fast mädchenhaft weiß war die Hautfarbe, zierlich und fein der Bau der geschmeidigen Glieder, die Knöchel an Händen und Füßen klein; das rotblonde Haar stand in krausem Kleingelock von dem Kopf ab, zwei listige, scharf spähende Augen – meergrün wie der Mutter – blickten ebenso kühn wie schlau: die kurze, fein und scharf geschnittne Nase senkte sich auf einen kleinen Mund, der, vollendet schön geschweift, für das zarte Alter nur schon allzu ausdrucksvoll, unaufhörlich in zuckender Bewegung spielte. So hockte er, dem Luchse gleich, der regungslos ausgestreckt wagrecht auf dem Aste liegt, seine Beute von oben her mit unfehlbar sichrem, tödlichem Satze zu bespringen, hinter der Basis der dorischen Säule des Peristyls, von ihrem Schatten gedeckt, und lauerte unsichtbar. Vier Stufen unterhalb des Peristyls, vom vollen Mondlicht hell beleuchtet, stand in der Tiefe des Atriums, bei dem Brunnen, der eintönig, leise in eine Marmorschale goß, ein Jüngling, der, um eines Hauptes Länge höher, breitbrustig, starkknochig, die muskelkräftigen Arme zornig reckend, die mächtigen Hände zu harten Fäusten geballt hielt. »Chlodovech!« rief der Zorngemute hinan zu dem umlaufenden schwarz beschatteten Säulengang: »Wo steckst du? Dreimal warf ich dich in ehrlichem Ringkampf, daß dir die zierlichen Knochen fast splitterten. Du flohst und verschwandest. Dann hast du mich – hinterrücks anspringend aus dem Dunkel! – niedergerissen, Und jetzt? Komm vor zu offnem Kampf, wenn du Mut hast. Wo steckst du? Wo hockst du?«

»Hier!« kicherte wie ein übler Elbe der Gerufene, »hier! Auf deinem Nacken!« Und in hohem Satze schwang er sich von oben herab auf den Rücken des Ausforderers, der, nach kurzem Widerstreben, unter der Last zusammenbrach. Kaum gefallen, sprang er wieder auf und schüttelte den Listigen ab. »Chlodovech! Du Neiding!« grollte er. »Du hast ...« »Gesiegt!« lachte der andre, wieder im Dunkel der Stufen hinauf verschwindend. »Durch elende Arglist.« – »Aber gesiegt! – Was denn? Was denn?« Er stieß diese letzten vier Worte rasch nacheinander aus den zusammengepreßten Zähnen hervor, das ›was‹ scharf betonend. »Was denn?« wiederholte der andre. »Was? Schandthat!« – »Aber sie half! Was denn?« Da stöhnte der Vater, der oben auf dem Pfühle lag und durch das nun weit geöffnete Fenster jedes Wort verstanden hatte. Die Mutter aber drückte an den Marmorrahmen des Rundbogenfensters die Stirn so fest, daß sie schmerzte: sie fand keinen Laut für ihr Weh. Allein sie ballte grimmig die Faust.

»Ruf ihn herauf!« mahnte der Wunde, »Ich will ihn ... züchtigen ... Ach ... ich kann den Arm nicht heben. Aber, Basina, versprich ... schwöre: – das ist unsre letzte Zwiesprach – schwöre – bei Wodan deinem Ahn! – laß ihn nicht zum Neiding ... lieber tot ... – schwöre mir's: – nicht gegen Götter und Menschen ein Falscher ...« – »Niemals! Beruhige dich, Lieber!« – »Nicht ... bis du mir ... geschworen!« – »Du fieberst! Großes, Herrliches ruht in ihm – deine Art – ich sagte es schon, vererbt von deinem großen Ahn Merovech-Serapio, – deinem Urgroßvater, der euch Saliern zuerst in diesem Lande Sitz und Macht geschafft. Er ist – ein Knabe noch – bereits ein Held. Hast du vergessen, – du selber hast's mit stolzem Blick erzählt! – wie er im Kohlenwalde auf der Jagd, als dir der Bär den Speer in der Hand zerbrochen hatte, zwischen dich und das Untier sprang und, unter seiner Pranke stürzend, ihm noch das Kurzschwert in das Herz stieß?« – »Ja – das war – wacker!« Und es flog ein Lächeln um die bleichen Lippen. »Und vor wenigen Wochen ... vor Soissons – Guntbert – eben Guntbert, der unten – hat's erzählt – als ihr vor Soissons in das Geschwirr der Römer-Pfeile gerietet, die aus plötzlich geöffneten Schießscharten sausten und als du fielst – ach von jenem Pfeil getroffen! – und als alle Gefolgen scheu zurückwichen, vom Schrecken gescheucht; – wer allein hielt da bei dir aus, den Schild nicht über sein Haupt, über deine wunde Brust haltend?« ...« – »Guntbert, und...« – »Und Chlodovech, dein Sohn. Blutend wie dich brachten sie mir – mit durchschossener Wange – auch ihn. Er lachte zu seinem eignen Schmerz – nur um dich bangte er! – und sein erstes Wort, als er wieder sprechen konnte, war: ›Blutrache für den Vater an allen Schützen von Soissons!‹ Er ist ein Fuchs, ja, aber auch adlerkühn.« Ihre Augen leuchteten. »Stolz der Mutter,« lächelte der Vater, »mögst du nie Schwäche der Mutter werden!« – »Sieh, das hat mir damals den Schmerz mit Freude verklärt.« – »Gewiß: es steckt ein Held in ihm. Aber ...! O könnt' ich in die Zukunft schaun. Wird er unserm Volk ein Heil oder ein Unheil?«

»Ich hoffe: ein herrlich Heil.«

»Ich will's glauben – und so leichter sterben. Aber schwüre mir, – sonst kann ich nicht Friede finden noch Freude in Walhall! – schwöre mir bei Wodan: – laß ihn nicht freveln gegen Götter und Menschen – eher ... hörst du? ... soll er sterben! Töte ihn!«

»Childirich! Welche Wahngebilde! Du fieberst.«

»Mag sein!« schrie der Leidende, »aber diese Sorge beißt bittrer als die Wunde. Ich kann nicht Ruhe finden,« – und er fuhr hastig empor, warf die Decke von sich und wollte von dem Lager springen, aber er taumelte: sie fing ihn auf; er lehnte an ihrer Brust, »Schwör's, schwör's! Laß ihn nicht leben, frevelt er gegen Götter und Menschen. ... Hast du mich je geliebt – – schwör's ... ich bitte ... ich befehle!« Und er sah flehend und zugleich drohend in ihr Auge.

Von Mitleid überwältigt legte sie die Hand auf sein heftig pochendes Herz: »Ich schwöre bei Wodan, dann soll er nicht leben,« sprach sie und ließ ihn sanft auf das Lager zurückgleiten.

II.

Da sprang der Knabe mit Einem Satz durch den Vorhang über der Schwelle: beide Eltern erschraken: er kicherte wieder wie ein Elbe: »Hi, hi! Wie ihr zucktet. Ihr fürchtet euch. Geschieht euch recht. Gewiß habt ihr wieder Böses vom armen Chlodovech geredet.«

»Wie kannst du so frech sein!« drohte die Mutter. »Und so roh! Den Vater so erschrecken, – der schwer leidet.« Im Augenblick war der spöttische Ausdruck verschwunden aus dem immer von wechselndem Mienenspiel bewegten Gesicht: scharf spähten, aber mitleidvoll jetzt die grauen Augen auf den Vater, die Mundwinkel sanken traurig herab: »Was denn? Was denn? Der Vater? Noch immer Schmerzen? Es ging doch besser ...!«

»Ich werde bald aller Schmerzen frei sein,« sprach der Wunde. »Das ist gut,« lachte der Sohn, »ist so langweilig ohne dich. Dann jagen wir wieder Bär und Auerstier und reiten wieder gegen das verfluchte Nest Soissons – aber diesmal nachts – und ohne vorher die Waffenruhe zu künden ...« »Schäme dich,« schalt der Vater in hoher Erregung. »Hierher! An meine Seite. Noch näher. Ich habe nicht viel Stimme ...« – »Vater! Du wirst mir doch nicht sterben?« Aus tiefem, wirklichem Gefühl kam das heraus. Aber rasch fuhr er lachend fort: »Noch nicht! Bin noch zu jung! Die Franken wählen mich noch nicht dir zum Nachfolger. – Nun, Mutter! Was denn! Was denn? Was schlägst du mich?« – »Du herzloser Bube! Das sagst du dem sterbenden Vater?« »Ja« ... stotterte der Gescholtene, die geschlagene Wange reibend, »jeder Königssohn will, glaub' ich, König werden.« Childirich lächelte trüb: »Laß ihn. Diese Offenheit, ob frech, ist nicht sein Schlimmstes.« »Siehst du, Mutter, wir Männer verstehen uns besser,« lachte Chlodovech, immer noch die Wange reibend. »Beim lodernden Loge, das that weh.« Und damit ließ er sich auf einem Schemel neben dem Lager nieder und streichelte des Kranken blutleere, abgemagerte Hand. »Mein Sohn, vernimm meine letzten Ratschläge und Befehle; folge in allen Stücken deiner Mutter, der edeln Frau: denn sie ist hochgemut, der Geist Wodans lebt in ihr. Wehe dir, wenn du sie je betrübst! Und halte fest im Vertrauen auf die alten Götter unseres Volkes, unsere hohen Ahnen, die unsere Sippe groß gemacht: ehre ihre heilgen Haine, zumal den uralten dort am Rheine, im Gau Toxandria, der unseres Volkes Wiege. Halte Friede mit den Bischöfen der Römer: – schone ihre Kirchen: aber nicht allzuviel laß dir von ihnen einreden.« – »O ich werde schon nicht!« – »Halte dich, wann du nun den Königsstab tragen wirst ...« – »Also du meinst, sie wählen mich?« Rasch kam die Frage, der scharfe Blick loderte. »Ja, sie werden dich wählen aus ...« »Aus Liebe, aus Dank für deinen Vater,« fiel die Mutter ein, »aus dem Glauben, der Sohn wird ihm gleichen an Heldenschaft.«

»Ich bin nicht feig, Mutter!« grollte Chlodovech.

»Und an Treue und Ehre,« sprach der König schweratmend. »Vergiß es nie: wohl ist Klugheit dem König vonnöten und nicht leg' er das Herz auf die Zunge: arg ist gar mancher unserer Nachbarn, am ärgsten der Römer: also schweigen und klug sein ist gut, aber den Sieg hat uns Siegvater gelegt ins Schwert, nicht in den meuchelnden Dolch: kein Sieg gedeiht, den Treubruch und Tücke erlistet haben: immer am Ende gewinnt die Wahrheit! Stirb stolz, ehe du treulos lebst. – Und nun wisse, vom Urgroßvater – von Merovech her – vererbt, dem sagt man ein Wandrer – Wodan war's – es als Gastgeschenk in der Halle zurückließ beim Abschied – ist unserer Sippe zu eigen ein Siegesschwert ...« »Wo? Wo ist dies Schwert?« voll feuriger Gier sprang der Knabe auf. Aber der Wunde fuhr – mit Anstrengung – fort: »Und außerdem – ein Hort, ein reicher Hort ist der Könige bester Freund in der Not! – ein Hort, – der dir aber nicht gleich zur Hand sein soll – nur als letzte Zuflucht – sonst vergeudet ihn deine Jugend – geborgen liegt bei dem Siegesschwert ein gewaltiger Hort für dich.« – »Wo! Vater, wo?« – »Das sollst du noch nicht erfahren: erst in höchster Not: und nur – nur zwei Augen – zwei einzige auf Erden – wissen darum und sahn ihn liegen.«

»Wer! Wer ist das?« Er faßte mit den beiden Händen die Rechte des Vaters. »Das ist – – – oh der Schmerz. Leb wohl, mein Weib! Leb wohl, Chlodovech! Halte Treue, hörst du? Treue! Ah! Schwör's! Treue! Schütze die Weihtümer der Götter, schütze ihre Verehrer. Schwör's.« »Ich schwöre,« sprach der Knabe, tief ergriffen. »Nun ist's gut.« Und mit tiefem Aufseufzen sank er zurück und war tot.

III.

Nach wildem Aufschrei des Schmerzes, mit dem sich die hehre Gestalt der Königin über den Gatten geworfen, war sie allmählich von seiner Brust herab auf die Knie geglitten, mit beiden Armen seine Schultern umfaßt haltend: sie konnte nicht weinen.

Nicht lange hatte Chlodovech bei dem Vater geweilt: heiß waren ihm die Thränen in die Augen geschossen, heftig hatte er geschluchzt; aber bald wischte er das Naß von den Wangen und sah von dem ernsten, durch den Tod geweihten, strengen Antlitz hinweg: es schien ihm zu drohen oder doch die letzte Mahnung – wie versteint zu verewigen. Unstet wandte er das Auge und ließ es im Gemach umherwandern: da traf es auf den neben dem Speer an der Wand lehnenden Königsstab, einem weißen Eschenstock, der oben in eine greifende Hand von Gold auslief.

In leisen, kleinen Bewegungen des feingliedrigen Leibes glitt Chlodovech langsam hinter den Rücken der Mutter, wandte sich und geschmeidigen und geräuschlosen Schrittes huschte er in jene Ecke, haschte mit katzengleich sichrem, unhörbarem Sprung und Griff den Stab und war im Augenblick durch die enge Wandthür verschwunden. Bald scholl sein freudiger Schritt in dem entlegenen Hofe, wo er die im Palatium lebenden Knaben der Edelinge zum Nachtmahl versammelt wußte: plötzlich sprang er unter sie: erschrocken fuhren sie auf: »Was denn? Was denn?« rief er, den Stab über seinem Haupte schwingend. »Ja, fürchtet euch nur! Und gehorcht mir. Mein Vater liegt tot und ich bin euer König. Hier halt' ich seinen Stab: laß sehen, wer ihn mir wieder abnimmt.«

Der Sohn hätte nicht nötig gehabt so ängstlich jedes Geräusch zu vermeiden bei dem Verlassen des Gemaches: denn die Witwe, die ihm freilich den frechen Griff nach dem Königsstab verwehrt haben würde, den nur die Wahl des Volksheeres gültig verleihen konnte, lag so tief in ihren Schmerz versunken, daß sie noch geraume Zeit nichts Äußeres wahrnahm. So hatte sie es auch nicht bemerkt, als, lange nach Chlodovechs Entfernung, der Vorhang des Haupteingangs ganz leise auseinander geschoben ward und eine schlanke graue Gestalt auf der Schwelle sichtbar ward.

Freilich, so schattenhaft, so unirdisch leicht schien das zarte Wesen, die Bewegungen waren so leis, wie die Jungfrau nun im Rücken der Trauernden über den glatten Marmorestrich gegen das Sterbelager dahinglitt, daß sie mehr einer Geistererscheinung als einem Menschenweibe glich.

Als die Schlanke an dem Fußende des Lagers angelangt war, ließ sie sich hier niedergleiten, drückte demütig das blondgelockte schmale Haupt, die weiße Stirn mit den stark durchschimmernden blauen Adern auf die Zehenspitzen des Toten und umfaßte mit den fromm zum Gebet gefalteten Händen seine Knöchel. Lange lagen sie so, die beiden Frauen, die Witwe zu Häupten, das Mädchen zu Füßen des toten Mannes.

In tiefem Schweigen stand das Gemach: auch von außen drang kein störender Laut herein: es war wie ein Grab, so feierlich: die Schauer der Ewigkeit webten um die drei Gestalten.

Endlich erhob sich, tief aufseufzend, Basina, beugte sich über den Gatten und drückte einen Kuß auf seine bleiche Stirn. Nun zurücktretend gewahrte sie die rührende Gestalt, die so demütig da auf der Erde neben dem Pfühle hingegossen lag. Sonder Erschrecken, ohne Befremdung sogar sah sie auf das Mädchen in den grauen Schleiern herab; sie nickte leise, als habe sie das erwartet. »Genoveva!« sprach sie nun ernst, aber ohne Strenge.

Die Beterin richtete sich langsam auf: auch sie ohne Hast, ohne Scheu: sie schlug die tiefdunkelblauen Augen mit den großen Augensternen voll auf und hob einen langen Blick zu dem gewaltigen Weibe empor, das sie hoch überragte; sie rang nach einem Worte: sie fand keines.

»Ich wußte,« sprach die Frau, »du würdest kommen, wann – aber woher wußtest du ...?« »Die Heiligen!« erwiderte das Mädchen mit wohltönender Stimme. »Sie sprachen diese Nacht im Traume zu mir: ›Geh' hin, Genovefa. Er wird die Sonne nicht mehr aufsteigen sehn. Geh' hin und bete bei dem Toten für seine Seele.‹ Darf ich, Frau Königin?« Basina zog die starken Brauen in die Höhe. »Immerhin! Überflüssig für ihn: – denn er sitzt jetzt selig an Walvaters Seite. – Aber dir, deiner Seele, thut es gut. So bete denn. Ich lasse dich allein bei ihm. Im Tode – wie so oft im Leben. Du hast ihn mir nehmen wollen: ... unsern Göttern, mein' ich. Er blieb ihnen treu.« »Ich wollte seine Seele retten,« hauchte Genovefa und erschauerte. »Ich weiß. Und ich weiß auch – nur für den Christenhimmel wolltest du mir ihn nehmen. So wähntest du wenigstens. Ich ließ dich gewähren mit dem Lebenden ...« »Ich – die Mutter – die Schwestern danken ihm alles! Leben – Ehre« – sprach hastig die Christin. »Als nach der Erstürmung von Avron die Krieger mich davonschleppten, hat er ...« – »Ja. Und dein Dank war warm. – Ich verstand es. Und versteh' es. Ich gehe, seine Gruft zu bestellen. Küsse ihn, Genovefa.« Und hoch aufgerichtet schritt sie hinaus. Da warf sich das bleiche Kind in heißem Schmerz neben dem Toten nieder, faßte seine herabhängende Hand und küßte sie: »Ah, auf ewig verdammt, verdammt um das Weib des andern! O heilige Jungfrau – erbarme dich seiner! – Verdammt um ihretwillen!«

IV.

Mit großem Gepränge war König Childirich bestattet worden in einer Hügelgruft zu Tournay: sein Lieblingsfalke ward ihm nachgesandt in den Tod; wenig ahnten die heidnischen Priester, die hierbei walteten, daß seine christlichen Enkel – gleichsam zur Sühne – dereinst eine Basilika dem heiligen Martin von Tours zu Ehren über der Gruft aufführen würden.

Am gleichen Tage hatte das nach Tournay berufene Volksheer der drei kleinen Gaue, auf die des Verstorbenen Königtum beschränkt gewesen war, den fünfzehnjährigen Erben, der vor kurzem erst die Schwertleite empfangen, aber sich sofort in dem Zuge gegen Soissons derselben vollwürdig bewährt hatte, zu Childirichs Nachfolger gekoren.

Nicht ganz ohne Widerspruch war das geschehen. Es fehlte nicht an Männern in dem Volksheer, die bei aller Dankbarkeit gegen den Vater, den Sohn doch noch zu knabenhaft fanden, ihr Führer im Kampf, ihr Richter im Königsding zu sein. Es ward erinnert, daß nahe Gesippen des Gaukönigs von Tournay, – ebenfalls Merowingen, – Vettern Chlodovechs, gereifte Männer in den Nachbargauen zu Cambrai, zu Thérouenne, zu Le Mans walteten: einige unter diesen wurden vorgeschlagen als Nachfolger Childirichs: die weiter Denkenden wiesen wohl auch darauf hin, es sei bei der gefährdeten Lage der einzelnen salischen Gaue wünschenswert, daß ihrer mehrere unter Einem König zusammengeschlossen würden. – Jedoch der Dank gegen Childirich und das Vertrauen auf die bereits bewährte Kühnheit und Klugheit seines Sohnes drangen durch: er ward gekoren und nahm den Königsstab aus des ältesten Richters Hand.

Aber dermaßen erhitzt und erbost hatte jener Widerstand den Rotlockigen, daß er, als nun die Entscheidung gefallen und gegen Abend das Volksheer aus dem Blachfeld vor den Wällen der Stadt abgezogen war, sich in die nahen Heimatorte zu zerstreuen, brennenden Kopfes zu seinem Waffenbruder Guntbert lief und in ihn drang, mit ihm in den nahen Königstann zu reiten.

»Warum!« fragte der ruhig, übrigens schon bereitwillig zum Marstall schreitend. »Um was zu thun?« – »Was denn? Was denn? Zu reiten, zu rennen, tief Luft einzuatmen, noch mehr die Hitze auszuatmen, die ich all' die Stunden mühsam in mir verhalten mußte.« Kaum hatten die beiden das schmale Wallthor im Süden der kleinen Feste hinter sich, als Chlodovech seinem Rotroß den Sporn so scharf in die Weichen schlug, daß das edle Tier hoch aufstieg und wie ein Pfeil voranschoß auf der alten gut erhaltenen Römerstraße nach Cambrai.

Nur mit Mühe konnte Guntbert auf seinem Braunen folgen. Erst tief im Inneren des Waldes zog der hitzige Reiter Zügel; dichter Schaum floß dem Pferde vom Gebiß, als es stand. Sofort sprang Chlodovech ab und warf sich auf das weiche Moos, tief atmend und mit beiden Armen um sich schlagend. Auch Guntbert stieg nun langsam ab; kopfschüttelnd fragte er, den steten Blick der treuen Augen auf den Zappelnden richtend: »Was hast du, Chlodovech?«

»Was ich habe! Königtum hab' ich. Macht hab' ich – zwar nicht viel, aber wartet nur! – Ihr sollt euch wundern – alle. Auch du! Aber zumeist ... – nun zum Beispiel meine lieben Vettern in Cambrai und Le Mans! Die können froh sein, daß ich schließlich doch gekoren ward!« – »Froh? Die wären wohl lieber selbst König deiner Gaue geworden!«

»Wären's ja nicht geworden! Hätte sie sogleich umbringen müssen. Nun haben sie noch ein paar Jahre gewonnen. Denn jetzt müssen sie mir erst helfen gegen – nun, eben gegen andere. Dann kommen sie daran.« – »Wie abscheulich!« – »Was denn? Ist ja dumm! Schau, das einzige Gescheite, was gegen mich gesagt ward, war das von der Vereinung mehrerer Gaue unter Einem. Der Mann hatte recht, der alte Wisogast. Und recht soll er behalten. Der wird noch viel Freude an mir haben. Ich werde viel mehr unter mir vereinen, als er ahnt! Warum ich dir das sage, Guntbert? Ja, ist vielleicht dumm. Man soll das Herz nicht auf der Zunge tragen, warnte der Alte. Aber sieh, manchmal muß das Herz heraus! Und ich habe keinen, dem ich's ausschütten mag.« – »Deine hohe Mutter?« Chlodovech furchte leicht die Stirn. »Die ist mir zu – nun: zu Göttingleich. Sie taugte besser in Asgardh Königin zu sein an Frau Friggs Statt als meine – Unterweiserin in diesem viel durchkämpften Gallien. Und dann – wozu ein zweites Gewissen? Hab' ich das leise da drinnen in der Brust zum Schweigen geschwatzt, dann fängt die Wodans-Enkelin an, laut zu mahnen. Beim lodernden Loge! Ich wüßte schon selbst, was gut ist, wenn ich's thun wollte. Ist ja dumm. Und dumm ist freilich auch von mir, daß ich dich gut leiden mag, du plumper Mann, du Eichblock. Aber auch wieder nicht dumm. Denn ein König muß einen haben, der ihm dient, treu, scharf, stumm wie das Schwert. Und das sollst du mir sein. Bist es schon. Sollst aber noch fester gebunden werden: Merk' auf – neige dein Ohr – weißt du, wen ich zum Weibe nehmen soll nach vieler Wunsch und Rat? Merkst nichts? Es geht dich doch recht nah an? Sieh, wie es dir ins Gesicht schießt! Ja, ja, Bertrada, deine Bertrada.« »O Chlodovech!« stöhnte der Jüngling.