Christliches Advaita - Liebe im Fluss - Bill Lindley - E-Book

Christliches Advaita - Liebe im Fluss E-Book

Bill Lindley

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Beschreibung

Bill Lindley (1946-2011), auch Ahimsananda genannt, besaß keinen Hochschulabschluss und konnte sich auf keine besondere spirituelle Linie berufen. Der moderne Weise und Lehrer ermutigt jeden, vorwärts zu gehen, das spirituelle Rad für sich neu zu erfinden und dann seine Spiritualität ins tägliche Leben zu integrieren. Bill schrieb die Essays, die die Grundlage für dieses Buch bilden, als Blogeinträge und auf Facebook in seinem letzten Lebensjahr, in der er die Diagnose Krebs erhielt. Dabei wurde er von einer großen Dringlichkeit und Konzentration erfasst. Ein feuriger Ernst wurde zu seinem täglichen Kompass, wie es auch bei seinem Guru Nisargadatta Maharaj der Fall gewesen war. Der reichhaltige Bericht seiner Lebenserfahrung als ehemaliger christlicher Mönch, der für die kirchliche Institution "zu unabhängig" geworden war, führt den Leser durch das Verbindende der christlichen Tradition und der Lehre der Nichtzweiheit (Advaita). Seine Botschaft ist die Liebe.

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Seitenzahl: 458

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Vorwort der Übersetzerin

Vorwort der amerikanischen Verlegerin

Einführung

Furchtlosigkeit in der Abweichung: jenseits der Sicherheit der Meister

Erziehung: Hilfe oder Hemmschuh?

Nebulöse Klarheit

Gefühle bei der Suche, die das „Ich bin“ überschreiten

Das Gebet des Herrn als Advaita-Meditation

Die uneingeschränkte Möglichkeit und der Kreislauf der Liebe

Die Wolke des Nichtwissens

Yajna: Verehrung im Opfer

Der Bhakti von Nisargadatta Maharaj

Halte den Fortschritt bei der Übung nicht für Gewahrsein

Die Angst vor der Liebe

Iss zuerst das Gemüse, Erleuchtung gibt’s dann zum Nachtisch!

Hymne an das Absolute

Das Leben in der Nicht-Zweiheit

Erleuchtung und psychische Krankheit

Klang-Effekte, Konditionierung und Pavlovs Hund

Nicht-Zweiheit, Armut und das Kreuz

Das leere Gefäß fängt den Regen auf: Nicht-Zweiheit und christliche Kontemplation

Wonach suchst du? Die Suche ohne den Suchenden

Advent, Wiedergeburt und Nicht-Zweiheit

Noel: ein spirituelles Kinderbuch zu Weihnachten

Ein Leben nur von der Liebe: Bekenntnis eines spirituellen Lehrers

Weihnachten: die Menschwerdung der Liebe

Der 26. Dezember: der Wendepunkt der Hingabe

Das Kind hinter der Maske

Das innere Kind: die Übung, das Kind zu beobachten

Das Absolute: das Leben wie es ist – auch das Traurige

Der Finger, der auf den Mond zeigt – bin das etwa ich?

Liebe ohne ein Objekt – Nicht-Zweiheit in Aktion

Verwirklichung, Gewahrsein und Erleuchtung

Dienst: die Vollendung des Kreislaufs der Liebe

Das Mögliche des Möglichen: die uneingeschränkte Möglichkeit, die du bist

Die Eucharistie: Nichtzweiheit und der Kreislauf der Liebe

Der Negativraum und die erleuchtete Leinwand

Kekse und unbedingte Liebe

Aschermittwoch: eine nicht-duale Sichtweise

Mein Leben mit der „Wolke des Nichtwissens“: eine Erweckung zur Liebe

Leben „als ob“

Müht euch mit Furcht und Zittern um eure Erleuchtung

Herr Rogers, ich und die Erinnerung an das nicht-duale Gewahrsein

Imaginäre Pferde und spirituelle Erfahrungen

Der Lehre entsprechend leben: Leben als Übung

Erleuchtung: in Freude und Leid

Licht in der Dunkelheit: die Beobachtung des Sonnenaufgangs

Der Facebook-Bus: die spirituelle Reise

Ich bin hier!

Erweckung aus Verrücktheit

Der Schlüssel zur Tür

Ist es das, was du willst?

In Freude als Nichts zu leben

Eine Wanderung im Frühling: Was für eine Lektion!

Die Geschichte vom flüsternden Hasen und die Resonanz des Geistes der Liebe

Reflexionen der Quelle

Jene, die in die Höhle zurückkehren: die spirituellen Lehrer

Nur die Liebe suchen und sich freudvoll verlieren

Lehren mit Liebe und Weisheit

Lachen von Herzen

Einfach über etwas nachdenken: eine Karfreitags-Meditation

Wir alle sind Liebe!

Nicht-Zweiheit und der andere

Ein Tastenanschlag des Egos, ein Tastenanschlag der Liebe: Spiritualität auf Facebook

Das Nichts, das Unerklärliche und die Wirklichkeit: oh, verschont mich!

Das Asperger-Syndrom, Ernsthaftigkeit und Freiheit

Beweg deinen spirituellen Hintern

Nicht-Zweiheit, der Geist und Kartoffelsalat

Zeitlosigkeit: Leben in Ehrfurcht

Das Kind in der Erinnerung und das Reich Gottes

Eine nicht-duale Sichtweise von Moral

Nicht-Zweiheit leben – gibt es eine andere Wahl?

Das Problem mit Gott

Es endet mit Kinderlachen

Zeit und Erwachen: mein Internet-Interview

Entfaltung

Nicht-Zweiheit und das Ein-Raum-Klassenzimmer von Facebook

Wir sind nicht die Tänzer, sondern der Tanz

Das funkelnde Wunder

Mein Engel

Pinocchio: eine Erleuchtungsgeschichte

„Oh mein Gott!“

Erzähl uns alles, wenn du dich getraust

Von der sich entfaltenden Liebe verschlungen

Die Beobachtung der Welt der Comics

Der Anfang

Die liebenden Augen der Armut

Ernsthaftigkeit – Verdammt noch mal – es ist so einfach!

Wir sind alle zusammen

Wach auf! Wach auf!

Die neue Tradition der Nicht-Zweiheit

Ausdrücke der Liebe

Gott und ich sind eins, wenn Gott und ich nicht existieren

Der kleine Mann am Bettende

Wir haben keine Geheimnisse, sondern nur Liebe

Nichts als Liebe

Ist es möglich, zu viel zu lieben?

Eine offene Einladung

Unterwirf alles

Was war zuerst da?

Erleuchtung und Depression

Falsche Hoffnung

Der Schatten als Waffe

Ohne Haut leben

Liebe ohne Lohn: der Tanz

Das Problem mit „Gott“ erneut aufgegriffen

Der Ruf vom Nichts zum Leben

Eine ausgezeichnete Enttäuschung

Phantome

Ein schöner Bär

Lehre, Leben und das Potential der Liebe

Der Friede des Herzens

Das Rad neu erfinden

Genieße die Show!

Die Illusion des Bösen

Das Kribbeln an sich

Der Ruf, von der Bühne abzutreten

Grenzenlosigkeit

Spirituelle Hingabe

Der andere Ausdruck der Liebe

Galoppieren

Sind Absolutes und Relatives voneinander getrennt?

Es gibt nur die Gegenwart. Wo sonst sollte ich Ramana treffen

Folge deinem eigenen Trommler

Dieselbe Libelle

Verborgene Liebe und menschliche Frucht: der Ausdruck der Liebe

Die Botschaft von Bugs Bunny

Schmerz, Depression und Erwachen

Die Liebe ruft dich zu sterben

Leben als ob – erneut aufgegriffen

Die Lehrer-Schüler-Beziehung: die Einladung ist eindeutig

Wissen und Verstehen

Aber wohin kann ich gehen? Ich bin immer hier.

Vorwort der Übersetzerin

Bill Lindley (1946-2011), der sich auch Ahimsananda (die Seligkeit der Gewaltlosigkeit) nannte, folgte in seinem letzten Lebensjahr dem inneren Ruf, seine Erkenntnis eines christlichen Advaita, eines Advaita der Liebe, der sein Lebensweg war, zu teilen und wurde ein spiritueller Lehrer. Er lehrte ausschließlich auf Facebook, in seinem Blog (http://ahimsananda.blogspot.com) und auf Youtube (https://www.youtube.com/user/ChristianAdvaita).

In seinem Blog-Profil schrieb er über sich: „Ich bin ein ehemaliger anglikanischer Mönch, Lehrer der Nicht-Zweiheit und der christlichen Mystik. Nach einer Wandlung, die ich durch das Lesen der ‚Wolke des Nichtwissens‘ erfahren habe, wurden mein Partner und ich vom Dekan in Lincoln gebeten, eine kontemplative und zugleich aktive religiöse Gemeinschaft aufzubauen. Ich schrieb für sie die Regel, und ‚The Community of Living Sacrifice‘ (die Gemeinschaft des lebendigen Opfers) war geboren. Die Gemeinschaft arbeitete mit jungen Homosexuellen und bot ehemaligen Gefangenen, aus der Psychiatrie entlassenen Patienten und Obdachlosen eine Heimat. Als die Gemeinschaft geschlossen wurde, entdeckte ich Ramakrishna, Sri Ramana Maharshi und Nisargadatta Maharaj. Das belebte meine spirituelle Suche wieder. 1990 ereignete sich ein endgültiges Verstehen, und alle Suche kam zu einem Ende. Nach etwa zehn Jahren versuchte ich, die Regel der Gemeinschaft im advaitischen Sinn zu überarbeiten. Nach weiteren zwölf Jahren und einer Folge von Träumen, in denen mir Nisargadatta erschienen ist und darauf hinwies, dass ich mein Verstehen mit anderen teilen sollte, beschloss ich zu lehren.“

Ich bin Bill auf Facebook begegnet und war von seiner Ernsthaftigkeit und der Dringlichkeit seiner Lehre sehr ergriffen, wie viele andere auch. Als er 2011 innerhalb weniger Monate an Krebs starb, war das ein großer Schock. Sein Lebenspartner John Adams übernahm es, die Blogbeiträge in einem Buch zusammenzufassen, das 2014 in Amerika im Verlag „In the Garden Publishing“ erschienen ist. Es war mir klar, dass es dazu eine deutsche Übersetzung geben sollte, und so habe ich mich an die Arbeit gemacht. Ich hoffe, dass dieses Buch viele Leser inspiriert, die auf der Suche nach einer Verbindung von Advaita und Christentum sind, und sie zu einem Leben aus der Liebe – oder wie Bill sagen würde: als Liebe – anregt.

Bill hat für seine Zitate keine Quellen angegeben. Diese wurden, soweit es möglich war, zusammen mit John Adams nachrecherchiert.

Weihnachten 2015, Gabriele Ebert

Vorwort der amerikanischen Verlegerin

In the Garden Publishing ist sehr geehrt, damit beauftragt worden zu sein, die Essays des modernen Weisen und Lehrers Bill Lindley, der auch liebevoll Ahimsananda genannt wird, zu veröffentlichen. Sein Lebenspartner John Adams hat Ahimsandandas Essays über einen Zeitraum von zwei Jahren sorgfältig zusammengestellt, wofür wir ihm stets dankbar sind.

In the Garden Publishing hat den Text nur leicht redigiert. Wir spüren, dass die volle Würze, mit der Ahimsananda seine Lehre übermittelt und die sich durch seine einmalige Art, Geschichten zu erzählen, zieht, es dir erleichtern wird, dem Geist zu erlauben, dein Herz zu öffnen.

Mögen die vielen Jahrzehnte einer reichen Lebenserfahrung, die Ahimsananda dir anbietet, dich dazu bewegen, furchtlos der Welt und dem „Jenseits“ zu begegnen, wenn immer du dich hinsetzt und „Truth on the Run“ genießt.

Christine Horner

Verlegerin

Einführung

Bill Lindley schrieb dieses Buch in seinem letzten Lebensjahr von Oktober 2010 bis Oktober 2011 in Form von Blogbeiträgen. Er lehrte aus dem Herzen. Er besaß keinen akademischen Abschluss und kann für sich nicht beanspruchen, einer Lehrtradition zu folgen. Wenn jemand ihn herausfordern oder mit ihm streiten wollte, ließ er sich nicht darauf ein und sagte, dass Liebe alles sei, was er anzubieten habe. Aber er war damit nicht nachgiebig. Gegen Ende hat einer seiner Freunde bemerkt: „Dieser Kerl hat mich mit seiner Liebe herausgefordert.“

Seine spirituelle Lehre der Nichtzweiheit entsprach seiner eigenen, einzigartigen amerikanischen Sichtweise und seiner besonderen Gabe, schwierige Vorstellungen zu vereinfachen. Einer seiner Leser sagte: „Das wirklich Großartige an Bill ist, dass er sich nicht in die Neo-Advaita-Linie einreihte. Seine Notizen und Beiträge waren immer wahrhaftig, aber auch wunderbar volksnah.“ Er ermutigte jeden, vorwärts zu gehen, für sich selbst das spirituelle Rad neu zu erfinden und dann sein spirituelles Leben in den Alltag zu integrieren.

Das erste Kapitel „Furchtlosigkeit in der Abweichung: jenseits der Sicherheit der Meister“ ist ein typisches Beispiel für seine objektive, unabhängige Sichtweise. Gegen Ende unserer religiösen Arbeit an der Lincoln Kathedrale in England beschuldigte der Unterdekan Bill, er sei zu unabhängig geworden. Viele, die sich für die nichtduale Philosophie interessieren, kommen aus einer religiösen Tradition, von der sie sich im Stich gelassen fühlen. Das war auch Bills Erfahrung, aber er nutzte sie als Ausgangspunkt dafür, in den endlosen Teich seiner eigenen Ausdrucksweise zu tauchen.

Als Bill diese Essays schrieb, war er von einer Dringlichkeit und Konzentration erfasst, die ich an ihm während der ganzen vierzig Jahre, die wir zusammengelebt haben, nicht beobachtet habe. Ein feuriger Ernst wurde sein täglicher Führer, wie das auch bei Nisargadatta der Fall war.

Nisargadatta Maharaj war Bills Guru. Obwohl er starb, bevor Bill von ihm erfuhr, boten seine Bücher ihm Richtung und Inspiration. In diesem Buch erwähnt Bill zwei Träume, in denen Nisargadatta ihm erschienen war, aber es gab auch noch einen dritten Traum: Bill stand in Nisargadattas Zimmer im Zwischengeschoss, als Nisargadatta hereinkam, um ihm einen kleinen goldenen Hindu-Streitwagen zu schenken. Im zweiten Traum fragte er ihn wortlos: „Willst du diese Liebe?“ Bills Antwort ist in diesen Seiten enthalten. Ich empfehle allen, sie wiederholt zu lesen.

John Adams

Furchtlosigkeit in der Abweichung: jenseits der Sicherheit der Meister

Meine ersten philosophischen Ideen hatte ich bereits im Alter von acht oder neun Jahren. Ich begriff, dass wenn mein Freund und ich denselben Farbstift als „rot“ bezeichneten, das nicht bedeutete, dass wir auch tatsächlich dieselbe Farbe sahen. Was er als rot sah, mochte für mich grün sein, so wie seine Wahrnehmung von grün für mich rot sein konnte. Aber wir beide bezeichnen sie als „rot“ und nehmen also an, dass wir auch dieselbe Farbe sehen. Und noch verblüffender daran ist, dass wir nie wissen werden, wie es wirklich ist, da wir nicht mit den Augen des anderen sehen können. Kein Mensch kann es uns sagen, da jeder in seiner eigenen Farbenwelt lebt.

Mit der Suche ist es dasselbe. Wir alle suchen auf eine Weise, die für uns funktioniert. Wenn wir versuchen, einem Weg zu folgen, muss es unser eigener sein. Es wäre unklug von uns, wenn wir die Wege, die schon andere vor uns gegangen sind, ignorieren würden, aber wir sollten nicht versuchen, sie zu imitieren oder vergangene Leben nochmals zu leben.

Als ein Christ, der die monastische Bildung sucht, befolgt man Regeln, zuerst die Regeln der Kirche, dann die Ordensregeln und natürlich auch die Regeln und Anweisungen des Ordensoberen. Sie beinhalten Anweisungen von der Reinigung bis hin zur Kontemplation. Einige sind gut, andere schlecht, aber die Institution verlangt ihre Befolgung.

Das Glaubenssystem verlangt auch nach einem Dogma: wie man beten soll, wie man sich die Dreieinigkeit, Himmel und Hölle vorzustellen hat und alles Übrige. Daran bin ich gescheitert. Ich kam zu dem Punkt, an dem ich nicht länger an den Teil des Glaubensbekenntnisses glaubte, dass Christus unser einziger Vermittler und Fürsprecher sei. Ich sah unendlich viele andere Möglichkeiten. Als ich an diesem Punkt war, fand ich Ramana Maharshi, Nisargadatta Maharaj und Advaita.

Eines der Dinge, die ich spürte, tun zu müssen, war, die Furcht zu überwinden, die den Sucher daran hindert, die Grenzen dessen zu überschreiten, was er wissen oder tun soll. Die Christen fürchten sich vor der Hölle, wenn sie Jesus nicht mehr als den Herrn betrachten. Die Fundamentalisten glauben, sie müssten in den Worten der Bibel ihre Meinung bestätigt finden. Sie gehen so weit, Darwins These zu bezweifeln oder versuchen, die Arche Noah zu finden, anstatt zu sehen, was sich vor ihnen befindet.

Auch im Advaita gibt es Fundamentalisten, nicht nur die Neo-Advaitins, sondern auch viele, die einem strengeren, traditionelleren Weg folgen.

Kürzlich gebrauchte ich in einem Blog ein Wort, das nicht das übliche Wort für das Unbeschreibliche ist. Ich erhielt zur Antwort: „Die Verwirklichten gebrauchen dafür ein anderes Wort.“ Der Schreiber hat sich auf eine Autorität berufen. Das ist nichts anderes als wenn man sich auf das kirchliche Lehramt oder auf die Bibel beruft. Es ist gut zu lesen und zu lernen. Die Meister von Buddha, Jesus, Shankara bis hin zu Ramana und Nisargadatta lebten in unterschiedlichen Gesellschaften und unterschieden sich voneinander. Sie alle verkündeten eine etwas andere Botschaft, die im selben Gewahrsein gründet.

Jeder Meister und jeder von uns hat eine bleibende Verbindung zur letzten Wirklichkeit. Die meisten haben den Flur in ihrem spirituellen Haus voller Gerümpel, das die Sicht versperrt, aber sie ist da. Nur wir können unseren Flur aufräumen. Es ist unser Gerümpel. Manchmal kommt jemand des Weges, um uns beim Aufräumen zu helfen, d.h. nicht beim Aufräumen selbst, sondern in der Organisation unseres Bemühens. Einige finden, dass Jesus derjenige ist, der alles in Ordnung bringt. Andere mögen seine Methoden vielleicht nicht und wenden sich Buddha oder Ramana zu. Das Schaf kennt seinen Hirten, und der Hirte kennt sein Schaf. Worauf ich hinaus will, ist, dass jeder Verwirklichte die Botschaft anders interpretiert. Jeder hat seine Quellen und unterliegt den Bedingungen seines Körpers und Geistes. Deshalb werden verschiedene Worte gebraucht und verschiedene Konzepte herangezogen. Wir müssen deshalb sehr sorgfältig sein, wenn wir die Verwirklichten wie auch die Bibel oder einen anderen Text zitieren.

Das wirklich Entscheidende ist aber die Offenheit. Wenn wir unseren Weg zum Gewahrsein nur auf die Dinge, Vorstellungen, Erfahrungen und Übungen, die andere uns empfehlen, beschränken, können wir unsere Erlösung verpassen.

Es gibt die Geschichte von einem Mann, der völlig auf Gott vertraute. Er glaubte, dass Gott, wenn nötig, ein Wunder für ihn wirken würde. Eines Tages überquerte er eine hohe Brücke über einer Bucht und fiel ins Wasser. Das Wasser floss schnell, und er kam sofort in Schwierigkeiten. Er versenkte sich ins Gebet und dachte: „Nur Gott kann mich jetzt noch retten.“ Da wurde er von einem vorbeifahrenden Schiff entdeckt. Aber er war tief ins Gebet und in die Meditation versunken, und das Schiff konnte ihm ohne sein Zutun nicht helfen. Als nächstes entdeckte ihn ein Flugzeug und versuchte, mit ihm Kontakt aufzunehmen. Aber er war wiederum im Gebet versunken, flehte zu Gott und hörte das Flugzeug nicht. Dann flog ein Helikopter über ihm und ließ sogar ein Netz zu ihm hinab, doch obwohl er es diesmal sah, reagierte er nicht darauf und überließ es dem Herrn, ihn zu retten. Er ertrank. Als er im Himmel ankam und vor Gott trat, fragte der Mann Gott, warum er ihn nicht gerettet habe. Gott kratzte sich am Kopf und sagte: „Ich weiß nicht, was geschehen ist. Hast du nicht das Schiff, das Flugzeug und den Helikopter gesehen, die ich dir geschickt habe?“

Wir wollen nichts versäumen, nur weil jemand, gleichgültig wer, anderer Meinung ist. Wir alle kommen auf unsere je eigene Weise zum Gewahrsein, Jesus auf die seine, Ramana ebenfalls, und auch deine Weise ist einmalig.

Hier kommen Vertrauen und völlige Furchtlosigkeit, wie Nisargadatta es nennt, ins Spiel. Die Beschränkungen der kirchlichen Lehre, einer Bibel oder der Schriften der Meister lässt uns nicht das Gewahrsam in uns selbst finden. Auch wenn die Schriften und die Worte der Meister uns führen, kann es sein, dass wir einem anderen Weg folgen müssen, und ihre Worte können Hindernisse bedeuten. Wenn du die Lehre und die Pforte der Furcht und des Angenehmen überschreitest, kannst du die Lehre sein.

Erziehung: Hilfe oder Hemmschuh?

Als ich ein christlicher Mönch war, benötigte ich einige Zeit, um die Einfachheit der Lehre Jesu zu entdecken. Zunächst musste ich viele Glaubensvorstellungen lernen und mir viel merken. Ich brauchte lange, um das alles zu verarbeiten und zu strukturieren. Als ich dann bemerkte, dass die Kirche nicht wirklich Jesu Botschaft oder Lehre folgt, begann ich über Hinduismus und Buddhismus zu lesen. Noch mehr Gedankenkram.

Lernen macht Spaß. Bildung ist für vieles von Vorteil. Aber sie kann auch ein Hemmschuh für die Verwirklichung sein. Viele hier, auch viele Gurus, sind sehr gebildet. Sie haben Theologie studiert, sind Doktoren der Philosophie, der östlichen Wissenschaft usw. Aber leben sie auch im Gewahrsein?

Viele hier und auf anderen spirituellen Webseiten veröffentlichen lange, gelehrte Blogs und verwenden Begriffe und Konzepte, die sie sich durch ein langes, hartes Studium angeeignet haben. Das ist lobenswert und wird aus verschiedenen Gründen getan, guten und schlechten. Ich kann darüber nicht urteilen. Doch Gelehrsamkeit kann, wie jede andere Leistung oder jeder andere Erwerb, eine Quelle des Stolzes sein.

Nisargadatta erklärt, dass wir unsere Identität von anderen lernen. Unsere Eltern, Freunde und jeder, mit dem wir in Kontakt sind, tragen zu unserem Selbstbild bei. Unser Geist glaubt an die Projektionen der anderen, die uns sagen, was wir sind. So ist es auch mit der Bildung. Sowohl als Kind als auch als Erwachsener machen wir viele Entdeckungen. Aber wenn man genau hinsieht, tauschen viele von uns ihre Entdeckungen und eigene Intuitionen gegen die allgemein akzeptierte Sichtweise ein, um sich einzufügen. Mir und anderen wird ständig vorgeworfen, dass unsere Vorstellungen oder Methoden nicht mit der Verwirklichung vereinbar seien, als sollte uns das kümmern. Ramana Maharshi hatte seine Verwirklichung, Nisargadatta die seine und du und ich die unsere. Sie brauchen sich nirgends einzupassen.

Die Verwirklichung wird nicht so sein, wie du sie dir vorstellst. Wenn du deine Verwirklichung in dein Konzept einpassen kannst, ist sie nur im Geist vorhanden. Wir stimmen alle miteinander darüber überein, dass der Geist Gewahrsein, Erleuchtung, das Absolute nicht erfassen kann. Trotzdem studieren wir die Konzepte und füllen unseren Geist damit an. Viele, wie auch ich, verbringen Zeit damit, Vorstellungen einer Religion oder eines Glaubens zu lernen. Später verbringen wir dann noch mehr Zeit damit, die Vorstellungen einer anderen Philosophie, Religion oder eines anderen Glaubenssystems zu lernen. Dann vergleichen wir sie miteinander, kombinieren sie und machen daraus neue Konzepte. Das geschieht natürlich im Geist, der das alles nicht für die Erleuchtung nutzen kann.

Viele von diesen spirituellen Webseiten lieben, sich gegenseitig auszustechen, eine Art: „Ich habe mehr Konzepte als du.“ Oder wir sagen, dass jemand egoistisch sei, oder kritisieren seine Vorstellungen als nicht so gut wie die unseren. Das geschieht, weil der Geist keine Erleuchtung will. Erleuchtung bedeutet, dass der Geist still ist. Sie beendet die Kontrolle des Geistes.

Wenn wir unseren Geist mit viel Bildung angefüllt haben, haben wir darin investiert. Das muss beschützt werden. Obwohl wir wissen, dass Erleuchtung für den Geist nicht zu haben ist, verfolgen wir sie doch mit dem Geist und richten über andere, sogar über Gurus. Deshalb sind so viele skeptisch gegenüber jedem Guru und Lehrer, den sie herausfordern oder mit ihrer größeren Bildung überlisten können.

Die weisesten spirituellen Lehrer sind jene, die meist still sind. Ramana war so einer. Er sprach nur, weil er Mitleid hatte. Und das ist der Schlüssel. Gurus werden oft gefragt, warum sie lehren. Die Antwort ist natürlich: aus Mitleid. So wie jene, die nach Gewahrsein oder Erleuchtung suchen, von einem unerklärlichen Drang getrieben werden, wird auch der Guru angetrieben zu lehren. Ich spreche hier nicht von jenen, die Erleuchtung als eine Errungenschaft betrachten, die ihre Bildung ergänzt, oder vom Guru, der einen Ego-Kick, eine Gefolgschaft oder Wohlstand sucht. Ich spreche von jenen, die erkannt haben, dass Erleuchtung nichts einbringt (und dass Lehren oft eine undankbare Arbeit ist), die sich aber dazu gedrängt fühlen zu suchen und zu helfen.

Ich finde es ausgesprochen lustig, dass jene, die von vielen für erleuchtet gehalten werden, wie Ramana, Nisargadatta und Jesus Christus, nur eine Grundbildung besaßen. Dennoch glauben viele, dass sie eine umfangreiche Bildung benötigen, um diese einfachen Menschen zu verstehen. Bildung kann eine der größten Quellen des Stolzes sein. Westliche Gurus und Lehrer sind meist sehr gebildet. Leute wie Ken Wilber, Andrew Cohen und viele andere sind sehr von sich selbst überzeugt. Das macht aber noch keine Gurus aus ihnen. Viele Sucher, die Satsangs besuchen, sind sehr gebildete Leute, die ihre Bildung noch mit der Erleuchtung krönen wollen. Sie suchen Bestätigung von ihrem Guru, dass sie „es geschafft haben“. Erleuchtung ist einfach. Jesus sagt uns: „Werdet wie die Kinder.“

Ich will damit nicht sagen, dass Bildung schlecht ist. Wie bereits gesagt, bereitet Lernen Freude und kann dazu dienen, anderen zu helfen, aber sie macht weder einen Sucher noch einen Guru aus dir. Was einen wahren Guru oder Lehrer ausmacht, ist sein Mitleid und dass er seine Lehre lebt, nicht sein Bildungsstand. Wenn du Gewahrsein, Erleuchtung oder was auch immer suchst, dann sei wie der Guru. Lebe ein mitleidvolles Leben. Ernsthaftigkeit, Liebe und selbstlose Hilfe für andere werden dich zu dem führen, was du suchst, ohne dass du suchen und dich darum sorgen musst, ob du Erleuchtung findest oder nicht. Lebendiges Mitleid ist Erleuchtung. Sei das!

Nebulöse Klarheit

Der Widerspruch in dieser Kapitelüberschrift muss erläutert werden.

Der einzige Weg, das Absolute auszudrücken, ist Schweigen. Das bedeutet für die Lehrer eine Herausforderung. Wenn der Ruf kommt, das ultimative Verstehen zu lehren, ist das zunächst mit Verwirrung verbunden, die das Lehren anfangs unmöglich erscheinen lässt. Das ist oft der Grund dafür, warum jene, die erwacht sind, entweder nicht lehren oder sehr lange damit warten.

Nachdem ich zwanzig Jahre lang gewartet und mich darin gefestigt hatte, versuchte ich, andere zu ermutigen, in das Unbekannte dieser Suche einzutreten. Ich erkläre mein Verständnis als Liebe, die dein wahres Wesen ist. Natürlich ist das nicht ganz präzise, da der Sucher Liebe auf seine je eigene Weise interpretiert. Die Meister benutzen Wörter wie das Absolute oder das Selbst, um das Unerklärliche zu erklären, oder sie sprechen vom Nichts oder vom Nichtselbst. Nichts von alledem ist präzise. Deshalb haben die frühen Meister darüber als „neti-neti“, „nicht dies, nicht dies“ gesprochen. Nur indem man beschreibt, was etwas nicht ist, kann man sich ihm nähern, da das Absolute jede Erklärung überschreitet.

Ich gebrauche das Wort Liebe, da die meisten von uns eine vage Vorstellung von Liebe haben oder traurigerweise vom Fehlen der Liebe. Diese Liebe, von der ich spreche, ist nicht das Gegenteil von Hass, ein Gefühl oder eine Emotion, sondern die kreative Energie, die nicht nur alles zusammenhält, sondern auch die Gegenstände und das Fließen zwischen ihnen erschafft. Das ist keine an sich wahre Erklärung, sondern die Weise, wie mein Geist es mir erklärt hat.

Einige Jahre lang kämpfte ich mit dem zweiten Vers des ersten Kapitels der Avadhuta Gita [I,2]: „Wie soll ich das gestaltlose, untrennbare, glückverheißende und unveränderliche Sein verehren, das alles mit seinem Selbst erfüllt, auch mich?“

Ich wusste, dass ich mit allem eins war. Nach jahrelanger Übung war ich im „Ich bin“ gefestigt. Trotzdem fühlte ich immer noch Liebe für Gott, obwohl ich erkannte, dass Gott und ich nicht getrennt voneinander sind. Das stille Gewahrsein brachte als Antwort selige Tränen. Ich fragte mich: „Wie ist das möglich? Wie kann es in diesem Gewahrsein Liebe zwischen zwei Objekten geben?“ Die Antwort darauf kam, als „ich“ und „Gott“ verschwanden. Nur Liebe blieb übrig. Das war natürlich eine Antwort für meinen Geist. Der Geist nannte es Liebe. Es ist eine Erklärung, die ich an andere weitergeben kann, ist aber nicht die Wahrheit. Die Wahrheit ist hier. Ich bin die Wahrheit, aber ich kann sie nicht erklären. Ich kann sie nur sein. Das meine ich mit nebulöser Klarheit.

Wenn das geschieht, ist alles klar. Es bleiben keine Fragen offen. Kein weiteres Suchen ist nötig. Aber du kannst es anderen nicht erklären. Du kannst es nicht einmal dir selbst erklären! Es ist ein Verstehen ohne Wissen. Es verlangt die Aufhebung des Wissens und der Schlussfolgerung. Es gibt kein Beurteilen, kein Bezeichnen, nur stilles Gewahrsein, ein Gewahrsein, selbst ohne das Empfinden, gewahr zu sein. Es ist nebulöse Klarheit.

Vor einigen Jahren sah ich ein Theaterstück über Oscar Wilde mit Vincent Price in der Hauptrolle. Es wurde in Form eines Vortrags aufgeführt, den Oscar Wild am Ende seiner Karriere geschrieben hat. Zum Schluss sagt er: „Wie ihr wisst, habe ich euch angelogen. Aber ihr wisst nicht, womit.“ Das ist das Problem mit den spirituellen Lehrern. Sie lügen alle, nicht weil sie dich zum Narren halten oder in die Irre führen wollen, sondern weil sie die nebulöse Klarheit, die sie leben, zu erklären versuchen, sie aber nicht einmal sich selbst erklären können. Jede Erklärung ist falsch. Sobald sie in Vorstellungen und Worte gepackt wird, ist sie falsch. Sie kann nur sein, und ist dennoch jenseits des Seins.

Ein Lehrer kann nur Hinweise geben. Du musst selbst genau hinsehen. Finde heraus, wer sucht, wer Klarheit will. Aber akzeptiere nicht die Erklärungen der anderen oder deine eigenen. Wenn du es dir erklären kannst, ist es falsch. Du musst zur nebulösen Klarheit finden und sie akzeptieren.

Gefühle bei der Suche, die das „Ich bin“ überschreiten

Ramana Maharshi empfahl, zu ergründen: „Wer bin ich?“ Nisargadatta riet zur ernsthaften Untersuchung des „Ich bin“. Aber das führt lediglich zum Ich. Das Ich ist ein komfortabler Ort. Es ist ein Ort, wo jeder mit der nötigen Sorgfalt und Ernsthaftigkeit Ruhe findet. Es vermittelt einem ein intellektuelles Verständnis dessen, was man ist, aber es ist nur der erste Schritt zur Einheit. Der Geist kann nur bis zum „Ich bin“ gelangen. Alles andere ist Spekulation, die auf Erinnerung oder Vorstellung beruht. Wie kann man das „Ich bin“ überschreiten?

In Advaita-Kreisen wird der Geist oft verteufelt. Er lauert darauf, sich spirituelle Erfahrungen und Einsichten anzueignen, zu verwirren und sich damit zu vergnügen. Diese dem Geist fast immer unterstellte Absicht vermittelt ein falsches Bild. Der Geist wird oft so gezeichnet, als wolle er sich vor seiner Vernichtung schützen. Auch das liefert dem Geist einen Beweggrund, der einfach nicht existiert. Der Körper, der Geist, die Gefühle – das alles sind Teile des Wirkens eines Ganzen. Alle erfüllen ihren Zweck und verlangen, dass man sie akzeptiert. Aber für den Advaita-Schüler ist der Geist das Werkzeug, das die Wahl hat, obwohl man ihm kritisch gegenübersteht und ihn verachtet.

Die meisten Advaita-Schüler wie auch die meisten Menschen betrachten die Gefühle als einen Teil des Geistes. Manche glauben, dass sie körperliche Wahrnehmungen sind, die durch bestimmte Gedanken hervorgebracht werden. Andere glauben dagegen, dass die Gedanken aus bestimmten Körperempfindungen entstehen. Es ist klar, dass Körper und Geist eng miteinander verbunden sind, aber letztlich steht alles mit allem in Verbindung, sodass das keine Antwort ist. Die Gefühle sind lediglich Reflexionen, wie alles in meiner Welt. Aber sie sind nicht im Geist.

Alle Gefühle stammen von der Liebe. Ich spreche hier nicht vom Gefühl der Liebe, sondern von unpersönlicher Liebe. Hier treffen wir wieder auf das semantische Problem. Wir alle haben eine Beziehung zum Wort „Liebe“. Aber ich spreche von Agape in ihrer Fülle. David Jenkins, der frühere Bischof von Durham, gab in einem Vortrag eine wundervolle Beschreibung von Agape: Gott hatte so viel Mitleid, dass er sich mit dem Menschen identifizierte und zum Menschen (Jesus) wurde, um seine Liebe (in Christus) zu zeigen. Im christlichen Sinn ist das eine Erniedrigung Gottes, die Erbarmen in die Welt bringt. Aber sie zeigt auch die kreative Kraft der Liebe als Essenz (das Absolute).

Sowohl im Osten als auch im Westen werden Gefühle oft als Ablenkung vom Spirituellen betrachtet. Aber sie sind da, und zu versuchen, sie auszumerzen, macht sie nur noch stärker. Auch sie zu ignorieren oder zu unterdrücken ist sinnlos und gefährlich.

Beobachte die Gefühle, besitze sie aber nicht. Sie können dich etwas lehren, deshalb ignoriere sie nicht. Aber sie sind nicht du. Sie sind lediglich die Emotionsspur in dem Spielfilm, in dem du lebst. Liebe als kreative Macht existiert nicht im Geist, sondern der Geist existiert in ihr. Aber die Reflexionen, die niederen Emotionen, tun es.

Die schlechteren Gefühle wie Hass, Angst, Lust, Ärger, Verlangen usw. wie auch einige der besseren Gefühle wie Freude, Friede, Zufriedenheit, Überraschung und freudige Erwartung sind lediglich Lichtbrechungen, Reflexionen und Verzerrungen der unpersönlichen Liebe. Mit Liebe ist nicht das Hauptwort gemeint, das wir im Sinn haben, um etwas zu definieren und zu analysieren, sondern Liebe als ein Verb – Liebe in Aktion, Liebe als Verbindung. Diese Liebe ist die Essenz, das Absolute, wenn du so willst.

Die Gefühle sind Teil eines Ganzen, wenn es darum geht, die Wahrheit zu erkennen. Wir alle, sogar die größten Zyniker unter uns, wissen, dass der Geist die Wahrheit nicht erfassen kann. Also müssen wir woanders suchen.

Wenn du etwas empfindest, öffne ihm dein Herz, anstatt es abzuweisen, zu ignorieren oder mit dem Geist zu blockieren. Beseitige das Subjekt und Objekt und bleibe im Verb. Wenn du die Wirkweise deiner Gefühle untersuchst, wird sichtbar, ob sie mit der Liebe verbunden sind oder sie missen lassen. Wenn du das mit der Liebe als einer kreativen Macht tust, findest du heraus, dass du nichts weniger als diese unbeschreibliche Bewegung bist.

Das Gebet des Herrn als Advaita-Meditation

Von den beiden Stellen in der Bibel, die das Vaterunser enthalten, habe ich Matthäus 6,5-7 ausgewählt, da es im Kontext der Bergpredigt steht. Diese Predigt, die viel von Jesu Lehre umreißt, beschreibt die Einstellung, die für die Erlösung oder das Erwachen nötig ist.

Das Gebet ist kein Bittgebet, obwohl einige Bitten enthalten sind, sondern eine Meditation über das Absolute, die unendliche Möglichkeit. Geh tief in die Bedeutung des Gebets hinein. Du findest darin eine Meditation über unsere Beziehung zu Gott / dem Absoluten und eine Methode, ein Gerüst, um es zu verwirklichen.

„Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name.“

Einer der wichtigsten Punkte ist hier der Gebrauch des Wortes „Vater“ für Gott. Und vielleicht ebenso wichtig ist, dass er unser Vater ist – nicht nur Jesu Vater, sondern unser Vater. Wir alle sind Brüder und Schwestern in Christus und Söhne und Töchter des Absoluten. Der Gebrauch des Begriffes „Vater“ zeigt familiäre Nähe: Gott / das Absolute als Schöpfer und Bewahrer. Aber Jesus gebrauchte manchmal auch das Wort „Abba“. Abba bedeutet Vater, geht aber noch weiter und könnte mit „Papa“ oder einem anderen liebevollen Namen, den Kinder gebrauchen, übersetzt werden. Das macht deutlich, dass die Verbindung zu Gott / zum Absoluten Liebe ist.

Wird Gott / das Absolute im Himmel gesehen, wird damit die innere Natur Gottes / des Absoluten zum Ausdruck gebracht. In Lukas 17 sagt Jesus, dass das Reich Gottes „in dir“ ist. Dann erklärt er, dass der Name Gottes / des Absoluten heilig ist.

„Dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auch auf Erden.“

Wir wissen bereits, dass das Reich Gottes in uns ist. Indem wir seinen Willen tun, öffnen wir uns dafür. Dein Wille geschehe, nicht der meine. Kein Ich – nur Akzeptanz. Dann ist das Äußere (die Erde) wie das Innere (der Himmel).

„Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“

Die Bitte um das tägliche Brot ist eine Bitte, aber eine kleine. Und es ist nötig, sich darüber im Klaren zu sein, dass die Bitte um das tägliche Brot, um das, was wir brauchen, auch bedeuten kann, um Schmerz und Leid zu bitten. Schmerz und Leid, wie auch das tägliche Brot, bringen uns Heilung und die Kraft für diese Reise zu unserem „Papa“.

Vergebung ist nichts, worüber die Advaita-Leute viel nachdenken, außer im Kontext von Karma. Das ist es, was hier angesprochen wird. „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“ Wenn wir Vergebung üben, wird dadurch unser schlechtes Karma weniger.

Die meisten von uns geben zu, dann und wann selbstsüchtig zu sein. Diese Selbstsucht gehört zum Ego. Das zumindest ist ein Vergehen. Sünde, wie Jesus von ihr spricht, bedeutet Unwissenheit. „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun.“ Wir sind dazu aufgerufen, Gott / das Absolute von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit unserem ganzen Verstand zu lieben. Das ist das Gebet, die Meditation: dass unsere Sünden (unsere Unwissenheit) vergeben werden, wenn wir unser Herz, unsere Seele und unseren Verstand (Geist) gebrauchen, um zu lieben.

Die Liebe mit Herz und Seele kann man sich gut vorstellen, da wir sie als einen Ort der Liebe betrachten, aber mit all unserem Verstand (Geist) zu lieben: Das ist eine Meditation für sich!

„Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich, die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit, Amen.“

Führe uns nicht in Versuchung. Der Geist ist selbst die Versuchung! Aber ist er schlecht?

Wenn das Übel als etwas beschrieben wird, das uns von der Wahrheit wegführt, dann geht es um den Geist! Es ist schwierig, einem Objekt, das nur aus einem Korb voller Vorstellungen, Bilder und Phantomen besteht, die Schuld zu geben. Aber unbeabsichtigt steht er im Wege. Wie der blutende Mann vom Kreuz sagen konnte: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“, müssen wir unserem Geist und vielleicht dem Geist als einer Vorstellung vergeben. Wir müssen lernen zu beobachten, wie die Gedanken vorüberziehen. Sie sind harmlos, solange du sie nicht ergreifst. Schließlich verschwinden sie allesamt, wenn du siehst, was sie sind. Wenn der Korb leer ist und furchtlose Ernsthaftigkeit da ist, erfüllt die Liebe den Geist, das Herz und die Seele.

„In Ewigkeit“ – das Reich Gottes, die Kraft und die Herrlichkeit gehören dem Absoluten an. Das ist uneingeschränkte Möglichkeit – Amen.

Dieses bekannte Gebet ist nicht nur ein wundervolles Gebet der Hingabe und Meditation, sondern ein Fest und eine Herausforderung für den Geist, sich selbst zu finden, sich zu vergeben und still in sich selbst zu ruhen, bis er mit Liebe erfüllt ist.

Die uneingeschränkte Möglichkeit und der Kreislauf der Liebe

Seit der Entdeckung der Spiritualität in meiner Kindheit und auch während meiner Jugend, den Jahren im Gymnasium und in der Zeit, als ich ein Agnostiker war, habe ich die universale Liebe gewürdigt.

Als ich „Die Wolke des Nichtwissens“1 gelesen hatte, kehrte ich zum Christentum zurück. Diese „Wolke“ ist eine mystische christliche Anweisung, wie man sich in der Kontemplation mit Gott verbinden kann. Es geht nur um Liebe. Sie weist uns an, den Geist hinter einer Wolke des Nichtwissens zu verbergen und das Unbekannte mit „kleinen Pfeilen der Liebe“ zu durchdringen. Beruhige vor allem den Geist, und sei mit und für die Liebe offen.

Als ein heranwachsender Christ konnte ich mit der Aussage des Apostels Paulus, dass Gott die Liebe ist, zwar immer etwas anfangen, aber ihre Tiefgründigkeit entzog sich mir. Als ich dann zur Lehre der Nichtzweiheit des Advaita kam, begann ich, über Gott und mich selbst nachzudenken. Viele Jahre lang hatte ich ein intellektuelles Verständnis von Gesamtheit, Einheit und dem „Ich bin“. Aber über all die Jahre christlicher Praxis, sowohl im Kloster als auch außerhalb, hatte das Verlangen nach einem „Gott“ mich nicht verlassen. Jetzt musste ich es aufgeben, da es nur im Geist existiert.

Dieses Verlangen, eigentlich Liebe, war die Antwort auf das Leben, das überall zu mir „Gott“ sagte. Der Himmel, der Wald und die Wüste rührten mich zu Tränen. Die Schönheit, die Stille und die komplexe Einfachheit waren überwältigend. Auch meine Arbeit empfand ich jetzt anders. Die Leute, mit denen ich zu tun hatte, die geistig Behinderten, waren voller Liebe und rührten mich oft zu Tränen mit ihrem einfachen Leben und ihrer Akzeptanz. Das ließ mich wiederum bei „Gott“, dem Absoluten verweilen. Ich fragte mich: „Warum empfinde ich Liebe?“ Vom Verstand her wusste ich, dass ich eins mit allem war und dass „Gott“ eine Illusion ist. Warum also Liebe? Wie kann es im Geist Liebe zwischen zwei Phantomen geben?

Ohne hier meine ganze Geschichte im Detail auszubreiten – ich erfuhr ein Erwachen, das mir intuitiv zeigte, dass es keinen „Gott“ gibt und ebenso kein „Ich“. Es gibt nur Liebe. Diese Verbindung, diese Liebe, ist alles, was ist. Und das ist es, was wir sind. Ich erfahre das ständig in meinem Leben. Alles ist als ein Entfalten einer unendlichen Möglichkeit wahrnehmbar, immer in Bewegung, das veränderliche Wandellose.

Die Liebe ist still und schweigt, trotz ihrer Dynamik. Wir müssen schweigen und still sein, um sie zu sein. Aber vor allem ist es nötig, sie zu teilen. Ich spreche nicht davon, sie mit einem Geliebten zu teilen, aber es kann Teil davon sein. Unsere persönliche Liebe zu einem Partner ist kein Hindernis zu unserem Gewahrsein oder unserer Fähigkeit, unsere Existenz als Liebe zu betrachten, noch sollte sie es jemals sein. Aber diese Liebe zu dem Geliebten muss rein sein, nicht lustvoll oder selbstsüchtig. Sie muss der nährende Grund für unsere größere Liebe bilden.

Liebe muss in die Praxis umgesetzt werden, nicht nur in spirituelle Praxis, sondern auch in unseren Umgang mit der Schöpfung, leblose Objekte eingeschlossen, wie trivial sie auch sein mögen.

Als die religiöse Gemeinschaft in der Lincoln Cathedral, deren Mitbegründer ich war, an ihrem Anfang stand, bat mich der Dekan von Lincoln, eine Lebensregel für die Gemeinschaft zu schreiben. Das war ein großes Privileg. Aber nachdem ich die Gemeinschaft verlassen hatte und nach über einem Jahrzehnt des Studiums des Advaita, das mit dem oben beschriebenen Erlebnis zu tun hatte, schrieb ich die Ordensregel der „Community of the Living Sacrifice“ neu. Sie ergab ein Büchlein mit dem Titel: „Community of One“. Es beleuchtet die Regel einer christlichen Gemeinschaft im Hinblick auf Advaita. Es war ein Versuch, das Leben eines Wahrheitssuchers und das Advaita von Christus zu beschreiben.

Im Kapitel über die Eucharistie habe ich genau beschrieben, was ich als „den eucharistischen Liebeszirkel“ bezeichne. Es gibt nur Liebe. Es ist sich entfaltende Bewegung. In dem Buch beschreibe ich eine Lektion, die ich von meinem Vater gelernt habe. Er war Elektriker und ein Handwerksgeselle, und ich erinnere mich an seine Erklärung von Elektrizität. Er beschrieb sie als ein Fließen. Der Strom fließt von der Energiequelle durch die Kabel zum Gerät, das aufgeladen oder aktiviert wird. Dazu ist ein vollständiger Kreislauf nötig. Beseitige ein Kabel, einen Anschluss, und es gibt nicht nur keine Energie, es gibt überhaupt keinen Strom. Der Strom existiert als Möglichkeit, aber er fließt nicht.

In meinem Buch verwende ich die Eucharistie als mein Praxisbeispiel. Aber es kann auf jede Praxis angewandt werden, solange es sich um eine Praxis handelt, die dein Ich zum Schweigen bringt und dich für die Liebe öffnet. Im Beispiel von der Eucharistie gibt es Liebe, die sich als das Opfer des Kreuzes zeigt, die zum Kommunizierenden fließt, wenn er wahrhaftig und tief daran teilnimmt. Dann fließt sie weiter in die Welt in Gestalt von liebendem Handeln oder liebender Stille. Wenn wir nicht daran teilnehmen oder nicht hinausgehen und diese Liebe mit der Welt teilen, gibt es kein Fließen. Aber es fließt nicht nur nichts, die Liebe bleibt auch nur im Zustand der Möglichkeit und wird nicht verwirklicht.

Liebe ist, was wir sind. Wenn wir zwar üben, es aber kein Fließen der Liebe gibt, ist der Kreislauf unterbrochen. Wenn wir uns um andere kümmern, ohne uns in irgendeiner Form zu zentrieren, werden wir nicht dazu in der Lage sein, unser Bemühen aufrecht zu halten, weil die Liebe nicht fließt. Der Kreislauf ist erneut unterbrochen. Liebe bleibt in Form des Möglichen, benötigt jedoch ein Fließen.

Um zu rekapitulieren: Liebe ist, was du bist. Liebe ist die Verbindung ohne Subjekt und Objekt. Subjekt und Objekt verschwinden, wenn die Verbindung steht. Übung macht den Weg frei, um uns zu öffnen, was nötig ist, damit wir Liebe sind. Wenn wir einmal verstanden haben, dass Liebe unser wahres Wesen ist, müssen wir auch danach handeln. Wenn Liebe das ist, was wir sind, dann ist Liebe das, was wir tun. Vervollständige den Kreislauf! Sei Liebe!

1 The Cloud of Unknowing and other Works. - Penguin Classics, 2002

Die Wolke des Nichtwissens

Nachdem ich „Die Wolke des Nichtwissens“, ein spirituelles englisches Werk aus dem 14. Jh., gelesen hatte, veränderte sich mein Leben für immer und wurde allmählich von einem stillen Frieden erfüllt. Es gab viele Tritte und Fehltritte auf dem Weg, aber es fing mit „der Wolke“ an.

Man vermutet, dass „Die Wolke des Nichtwissens“ im 14. Jh. von einem englischen Priester oder Mönch aus dem östlichen Mittelengland geschrieben wurde. Kurz nachdem ich dieses kleine Buch gelesen hatte, über das lebendige Absolute staunte und mein Leben der Suche nach Gott widmete, wurde ich zum Dienst an der Lincoln Cathedral im östlichen Mittelengland gerufen. Ohne dass ich von der Entstehung der „Wolke“ wusste, bauten ich und mein Partner unsere religiöse Gemeinschaft dort auf.

„Die Wolke des Nichtwissens“ ist für viele eine Überraschung, die unerwartet darauf stoßen wie ich in den späten siebziger Jahren. Ich wurde nicht katholisch erzogen und hatte nie zuvor von diesem Buch gehört, noch war mir die christliche Mystik begegnet. Für mich war es eine Entdeckung – nicht nur der Inhalt, sondern die Tatsache, dass die westliche Kultur in einer rückständigen Zeit ein Buch von solch grundlegendem Verständnis des Mystischen hervorgebracht hatte.

Unser einfacher Priester oder Mönch empfiehlt, das Wissen hinter einer Wolke des Nichtwissens zu verbergen und mit großer Liebe auf die Gnade Gottes zu warten. Er empfiehlt, sich sowohl spielerisch als auch mit großer Ernsthaftigkeit vor Gott zu zieren und ihn nicht von unserem verborgenen Wunsch wissen zu lassen:

„Hüte dich davor, dich wie ein wildes Tier zu benehmen, und lerne, Gott mit stiller, eifriger Freude zu lieben, ruhevoll in Körper und Seele.

Benimm dich und warte demütig auf den Willen unseres Herrn. Erhasche ihn nicht wie ein ausgehungerter Hund, so sehr dich auch danach verlangt.

Wenn ich es lustig formulieren darf, so würde ich vorschlagen, dass du alles daran setzt, dein großes und unbeherrschtes spirituelles Verlangen zu kontrollieren, als wäre dir nichts daran gelegen, dass Er weiß, wie froh du wärest, Ihn zu sehen, zu haben und zu fühlen.“ (The Cloud of Unknowing, Kapitel 46)

Die New-Age-Gurus im Satsang lehren die Befreiung von Sorgen. Unser kleiner Kontemplativer dagegen spricht vom Annehmen der Sorgen nicht nur als ein Weg, um sie loszuwerden, sondern auch, um dem „Ich bin“ zu entkommen:

„Jeder hat etwas, was ihm Sorgen bereitet, aber keiner mehr als jener, der weiß und spürt, dass es ihn gibt. Alle anderen Sorgen sind im Vergleich dazu ein Hohn. Denn jener erfährt wahre Sorge, der nicht nur weiß und spürt, was er ist, sondern dass er ist. Soll jener, der diese Sorge niemals empfunden hat, sich sorgen, denn er weiß noch nicht, was wirkliche Sorge ist. Wenn wir diese Sorge haben, wird dadurch nicht nur unsere Seele von der Sünde (Unwissenheit) gereinigt, sondern auch vom Leiden, das die Sünde (Unwissenheit) hervorgebracht hat. Es macht die Seele bereit, die Freude zu erlangen, die solcher Art ist, dass sie vom Menschen alles Gewahrsein seiner eigenen Existenz wegnimmt.“ (Kapitel 44)

In einem der kleinen Paradoxe, die das Leben mit sich bringt, brannte Nirsargadatta Maharaj die Wahrheit, die „Die Wolke des Nichtwissens“ ausdrückt, in mein Herz und meine Seele ein. Es ist oft der Kontakt mit dem Exotischen oder dem anderen, der uns aus unseren erlernten Antworten wachrüttelt und stimuliert. Ramana, Nisargadatta und Advaita erfüllten die Dinge mit neuem Leben und Vorstellungen, die nur darauf warteten, entdeckt zu werden. Deshalb finden so viele westliche Menschen, besonders Christen, neue Hoffnung in östlichen Glaubenssystemen, da sie die Vorstellungen von der Kreuzigung, der Auferstehung und anderem aufbrechen, die für die meisten Christen jede wirkliche Bedeutung verloren haben. Ohne das spirituelle Element hinter diesen Dingen zu verstehen, sind sie bedeutungslose und bizarre Glaubensvorstellungen. Obwohl auch der Hinduismus am Bizarren seinen Anteil hat, umgehen westliche Menschen es oft und konzentrieren sich auf das Wesentliche dessen, was sie als die Essenz wahrnehmen.

Hinduismus und Christentum sind voller Rituale, die nicht nur dem Außenstehenden, sondern oft auch dem Praktizierenden bedeutungslos erscheinen. Westliche Menschen erkennen oft die Bedeutung hinter fremden Religionen, weil sie nicht in der Bizarrheit der Rituale gefangen sind, da sie für sie keine erlernte emotionale Bedeutung haben. Die erlernte emotionale Bedeutung, die hinter vielen der kirchlichen Rituale steckt, ist nur die äußere Darbietung. Die spirituelle Bedeutung ist oft verloren gegangen.

„Die Wolke des Nichtwissens“ sagt uns, dass die Kirche auch lange Zeit eine mystische Seite hatte und dass die christliche Botschaft viel mehr ist als Jungfrauengeburt, Kreuzigung und Auferstehung. Christus lehrte Advaita, und „Die Wolke des Nichtwissens“ bietet ein klares Bild sowohl von der Wahrheit als auch vom Weg dahin. So heißt es:

„So vernichte alles Wissen und jede Erfahrung von allen erschaffenen Dingen, und vor allem von dir selbst. Denn jedes Wissen und jede Erfahrung hängt von deiner eigenen Selbsterkenntnis und Erfahrung ab. Neben dieser Selbst-Beachtung ist alles andere schnell vergessen. Denn wenn du dich bemühst, es zu überprüfen, wirst du herausfinden, dass das starke Gewahrsein deiner eigenen Existenz zwischen dir und Gott bestehen bleibt, wenn alle anderen Dinge und Handlungen (selbst deine eigenen) vergessen wurden. Dieses Gewahrsein muss ebenfalls verschwinden, bevor du die Kontemplation in ihrer Vollkommenheit erfährst.“ (Kapitel 43)

Wie ich bereits gesagt habe, musste Nisargadatta Maharaj in meinen Träumen auftauchen, damit ich schließlich dahin kam. Seine Worte sind die reine Wahrheit. Reine Liebe strömt aus jedem seiner Worte. Maharaj lehrt die Bedeutung des „Ich bin“ und die Notwendigkeit, darin zu verbleiben, während man auf die Beförderung über den Geist hinaus wartet. Aber wenn sie kommt, dann kommt sie in der Gestaltlosigkeit „der Wolke“.

„Die Wolke des Nichtwissens“ mit ihrer Betonung auf der Liebe und Hingabe, bereitet die Seele / den Sucher darauf vor, sich zu öffnen, um in die Wahrheit einzugehen. Alles muss beseitigt werden, selbst das „Ich bin“. Es braucht Selbstlosigkeit und unpersönliche Liebe, um das „Ich bin“ zu überschreiten. Sei es und nimm die Einladung an!

Yajna: Verehrung im Opfer

„Yajna (Sanskrit): Verehrung, Opfer; einer der wichtigsten Hindu-Begriffe – Opfer und Hingabe durch verehrendes Handeln, innerlich und äußerlich.

1) Eine Form ritueller Verehrung, die besonders in vedischer Zeit verbreitet war. Opfergaben wie Ghee (flüssige Butter), Körner, Gewürze und exotische Hölzer werden nach den Vorgaben der Schriften im Feuer dargebracht, während besondere Mantren gesungen werden. Agni, das Element Feuer, wird als der göttliche Botschafter verehrt, der die Opfergaben und Gebete zu den Göttern trägt. Die alten Veda Brahmanas und die Shrauta Shastras beschreiben verschiedene Arten von Opferriten. Manche sind so aufwendig, dass dafür mehrere hundert Priester benötigt werden, deren machtvolles Singen meilenweit zu hören ist. Diese Haupt-Yajnas werden in großen offenen Hallen ausgeführt, die Yagashala heißen. Die Grihya Shastras beschreiben, wie häusliche Opfer ausgeführt werden sollen. Sie werden auf dem Familiengrundstück oder Hof vollzogen. Für Yajna werden vier Dinge benötigt, von denen keines fehlen darf: Dravya, das, was geopfert wird, Tyaga, die innere Haltung, alles Gott darzubringen, Devata, die himmlischen Wesen, die das Opfer entgegennehmen, und Mantra, das wirkmächtige Wort oder Singen.“2

Ich finde es interessant, dass Yajna sowohl Verehrung als auch Opfer bedeutet. Mit dem grundlegenden christlichen Ritus der Eucharistie ist es ähnlich. Auch er beinhaltet ein rituelles Opfer. Es stimmt zwar, dass die Opfergaben im Hindu-Ritual nur aus wertvollen Früchten der Erde bestehen, während das christliche Ritual ein Nachvollzug des menschlichen Opfers ist, aber als Rituale beinhalten beide ein Opfer.

Eine der oben erwähnten vier Komponenten ist die innere Haltung, Gott alles zu opfern. Diese Haltung ist von grundlegender Bedeutung. Das Opfer (Jesu Leben, d.h. das, was geopfert wird) ist in der rituellen Verehrung enthalten. Die machtvollen Worte sind die Mantren bzw. das eucharistische Gebet. Die göttlichen Wesen bzw. Christus oder Gott und alle diese „Dinge“ werden in der Opferhaltung, Gott alles darzubringen, zusammengehalten.

Diese innere Opferhaltung ist nichts anderes als unsere wahre Natur, universelle Liebe. Aber wir wollen das Wesen des Opfers näher betrachten.

Allein das Verbrennen von edlem Holz, wie wertvoll es auch sein mag, oder das rituelle Opfer von Brot und Wein machen noch nicht die Wirklichkeit des Opfers aus, die wir brauchen, um es zu verstehen. Unser Leben muss durch diese Rituale beseelt werden. Der Geist dieser Rituale muss unsere Herzen und Hände (das, was geopfert wird) inspirieren. Die machtvollen Worte „Dein Wille geschehe“ und die übertausenden himmlischen Wesen, die in den Gesichtern der Armen und Hilflosen erstrahlen, sind immer bei uns. Alles kommt in dieser rituellen Verehrung, die wir Leben nennen, zusammen. Alles wird in der inneren Opferhaltung, Gott alles hinzugeben, zusammengehalten.

Alles hinzugeben bedeutet ein wirkliches Opfer: ein Opfer an Zeit, ein Opfer an Bequemlichkeit, ein Opfer an Stellung oder Beliebtheit, vielleicht sogar ein Opfer an Ansehen. Diejenigen, die soziale Gerechtigkeit suchen, verlieren oft ihr Ansehen bei den Mächtigen. Die Wahrheit kann dich von deinen Freunden, der Gemeinschaft und Position im Leben trennen. Willst du alles hingeben? Zu geben, anderen selbstlos zu geben ohne Anerkennung zu benötigen oder sich zu wünschen, erfordert, dass man ohne Anhaftung die Bedürfnisse anderer erfüllt. In diesem Zustand kannst du von Gottes Liebe überströmen, da du die personifizierte Liebe Gottes bist. Du kannst geben, ohne die Spur eines Verlangens oder Wunsches zu verspüren.

Die Liebe durch Opfer fließt durch das Sein und ist das Sein. Wenn es ein Fließen gibt, gibt es kein Subjekt / Objekt. Sei die Liebe. Sei das Opfer. Vollende den Kreis mit offenen Händen.

2 What is Hinduism?, Himalayan Academy Publications 2015, S. 381 und Davis, Nehemia: The Ancient Language of the Soul, Xlibris Corporation, 2010, S. 192

Der Bhakti von Nisargadatta Maharaj

„Manchmal spüre ich, dass ich alles (everything) bin. Das nenne ich Liebe. Manchmal spüre ich, dass ich nichts (nothing) bin. Das nenne ich Weisheit. Zwischen Liebe und Weisheit fließt mein Leben beständig dahin.“ [vgl. Nisargadatta Maharaj: I am That, S. 257]3

Nisargadatta erkannte, dass er letztlich die Weisheit des Nichts (no-thing) war. Aber er war auch fähig, ich möchte es weise nennen, zu erkennen, dass er Liebe war: die Liebe ist „alles“ (everything).

Viele Neo-Advaitins beschränken sich auf das „Manchmal spüre ich, dass ich nichts bin …“ und vernachlässigen das Gespür, alles zu sein. Neo-Advaitins reden auch die Übung oder Methode klein und spotten über die Verehrung. Obwohl es stimmt, dass Übung, Methode und oft auch Verehrung mit dem Fortschritt von einem abfallen, muss es nicht so sein, und es ist auch oft nicht der Fall. Jeder, der Nisargadattas kleines frühes Werk „Self-Knowledge and Self-Realization“ gelesen hat, weiß, dass er eine sehr verehrende Seite hatte. Bis zum Ende seines Lebens war er sehr andächtig und sang jeden Tag fromme Lieder. Als man ihn fragte, warum er das tun würde, erklärte er, sein Guru habe es ihm vor seinem Tod aufgetragen, er habe sich immer daran gehalten, der Körper gewöhne sich an solche Dinge und es würde nichts schaden.

Was die Übung betrifft, empfahl Nisargadatta wie sein Lehrer, im „Ich bin“ zu bleiben. Das war für Nisargadatta alles, was nötig war, um die höchste Wahrheit zu verwirklichen. Aber er hatte seit seiner Jugend gelernt und lange Jahre, bevor er seinen letzten Guru traf, Bhakti geübt. Die Neo-Advaitins sprechen von sofortigem Gewahrsein. Nur indem man die Worte eines bekannten Gurus hört oder in seiner Gegenwart ist, kann man in das spontane Verstehen eingehen. Die Jahre der Vorbereitung, der Meditation, des Studiums, des Gebets, wenn du so willst, sind im Neo-Advaita nicht nötig. Folge einfach den Worten des Lehrers wie Nisargadatta es getan hat. Aber Nisargadatta benötigte trotz seiner Vorbereitungen drei Jahre, nachdem er seinen letzten Guru getroffen hatte, um zu verwirklichen. Nun freilich sind drei Jahre keine lange Zeit. Aber es geschah nicht sofort und bestimmt nicht ohne jede Vorbereitung.

Nisargadatta sprach oft davon, dass Ernsthaftigkeit nötig sei. Ernsthaftigkeit ist Seriosität und Eifer. Das ist der Verehrung und Hingabe nicht unähnlich. Es ist sicherlich mehr, als nur im „Ich bin“ zu verbleiben, sondern bedeutet, es zum Unbekannten hin zu überschreiten.

Nisargadatta hat Recht damit, mit dem „Ich bin“ zu beginnen, denn wir müssen es verstehen, es sicher in den Griff bekommen, bevor wir wagen, den Geist zu überschreiten. Aber das „Ich bin“ gehört zum Geist und ist im Geist. Es ist die höchste Wahrheit, die der Geist verstehen kann.

Während man mit Ernsthaftigkeit am „Ich bin“-Gedanke arbeitet, muss man sich auch den anderen Menschen öffnen. Genauso wie wir lernen, uns unseren Gefühlen und Gedanken ohne Widerstand oder Urteil zu öffnen, beobachten wir die anderen, ohne sie zu beurteilen oder uns an ihnen festzuklammern. Wir sehen ihre Bedürftigkeit und erfüllen sie ohne Gedanken genauso selbstverständlich wie wir atmen. Das kommt für einige langsam und muss geübt werden. Wir tun das, nicht um Wohltäter zu sein, sondern um die „Ich bin“-Übung zu ergänzen. Denn sich um andere zu kümmern, bestätigt auch ihre Wirklichkeit und belebt die Verbindung der Liebe. Diese Verbindung trägt uns über den Geist hinaus.

Liebe wurde meist der Welt der Gefühle zugewiesen. Sicherlich machen wir es zum besten Gefühl, aber es gibt dabei immer noch Hass, Angst, Wunsch, Ärger und Lust!

Wenn Nisargadatta, Shankara oder irgendein anderer Meister von Liebe spricht, ist damit nicht das Gefühl gemeint, sondern Liebe ist mit dem Absoluten, Gott oder dem endgültigen Verständnis synonym. Das müssen wir begreifen. Wenn wir uns und alle Erscheinungen als nichts (no-thing), eine Leere sehen, entziehen wir es dem endgültigen Zugriff des Geistes. Der Geist sagt: „Ich habe dich zum Endgültigen geführt, doch ich kann es nicht wahrnehmen. Deshalb existiert es nicht.“ Aber das ist eine Lüge. Jenseits des Geistes, noch vor dem Bewusstsein, liegt das namenlose Wunder. Deshalb führt die „Ich bin“-Übung nur an die Grenze des Geistes. Deshalb ist Bhakti so grundlegend, um die Wahrheit zu verwirklichen. Ohne die Übung (Sadhana) des Dienens, sei es einem „Gott“, der Menschheit oder der Erde, bist du nicht dazu vorbereitet, dich zur gegebenen Zeit wie eine Blume der Gnade der Sonne zu öffnen.

Ich möchte dich mit diesem Gedanken allein lassen: Betrachte dich nicht als ein Hauptwort, sondern als ein Verb. Ein Hauptwort ist eine Person, ein Ort oder ein Gegenstand. Ein Verb ist eine Handlung oder ein Sein. Wenn wir Gott, das Absolute oder den anderen lieben und wissen, dass wir, Gott und der andere Vorstellungen, nicht existierende Hauptwörter sind, dann erkennen wir, dass wir das Verb der Liebe sind, das zwischen den beiden entsteht. Liebe ist alles, was es gibt – kein Ich, kein Gott, nur Liebe. Tätige Liebe ist alles.

„Manchmal spüre ich, dass ich alles bin. Das nenne ich Liebe.“

3 Nisargadatta Maharaj: I Am That: Talks with Sri Nisargadatta Maharaj, 16. printing, The Arcon Press: Durham, 2009

Halte den Fortschritt bei der Übung nicht für Gewahrsein

Ich denke, einer der Fallstricke des Übens ist, dass die Übungen zum Selbstzweck werden können oder noch schlimmer, Ersatz für das Endergebnis.