Chronik der Sternenkrieger 8 - Wahre Marsianer (Science Fiction Abenteuer) - Alfred Bekker - E-Book

Chronik der Sternenkrieger 8 - Wahre Marsianer (Science Fiction Abenteuer) E-Book

Alfred Bekker

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Beschreibung

Commander Rena Sunfrost blickte zum rostroten Marshorizont, an dem ein dunkler, sich um die eigene Achse drehender Kegel zu sehen war, der schätzungsweise sechzig, siebzig Kilometer hoch in die Atmosphäre hineinragte. Im Helmdisplay wurde ein rapider Temperaturabfall angezeigt. Gerade noch waren minus 34 Grad Celsius gemessen worden, was am Mars-Äquator der mittleren Mittagstemperatur entsprach. Jetzt war das Thermometer bereits auf über minus fünfzig Grad gefallen. Etwa zehn Meter entfernt landete Lieutenant David Kronstein gerade auf den Stiefelsohlen seines klobigen Druckanzugs. Er hatte eine Serie von Drei-Meter-Sprüngen hinter sich und musste sich nun ausbalancieren, um nicht durch den eigenen Schwung zu Boden gerissen zu werden. Wie alle anderen Team-Mitglieder hatte er sich offenbar noch nicht hundertprozentig an die geringere Schwerkraft des Mars gewöhnt. Kronstein schaffte es gerade noch, das Gleichgewicht zu halten. Er nahm sein Ortungsmodul von der Magnethalterung an seiner Taille und richtete es erst auf den Sturm, dann auf eine Gruppe von Felsmassiven. »Captain, wir haben keine Chance mehr, die Felsen zu erreichen, bevor der Sturm uns hinwegfegt. Die Windgeschwindigkeit beträgt mehr als 500 Stundenkilometer. Unsere Überlebenschancen sind gleich null!«

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Chronik der Sternenkrieger 8

Wahre Marsianer

von Alfred Bekker

Ein CassiopeiaPress E-Book

Die abweichende Original-Printausgabe erschien in der Romanreihe „STERNENFAUST“ unter dem Titel „Mars-Parasiten“.

© 2005,2008,2012 by Alfred Bekker

© 2012 der Digitalausgabe 2012 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich (Westf.)

ISBN 9783956170119

www.AlfredBekker.de

Inhalt

Cover

Titel

Impressum

Über den Autor

Wahre Marsianer

>+++<

Mitte des 23. Jahrhunderts werden die von Menschen besiedelten Planeten durch eine kriegerische Alien-Zivilisation bedroht. Nach Jahren des Krieges herrscht ein brüchiger Waffenstillstand, aber den Verantwortlichen ist bewusst, dass jeder neue Waffengang mit den Fremden das Ende der freien Menschheit bedeuten würde. Zu überlegen ist der Gegner.

In dieser Zeit bricht die STERNENKRIEGER, ein Raumkreuzer des Space Army Corps , unter einem neuen Captain zu gefährlichen Spezialmissionen in die Weite des fernen Weltraums auf...

Alfred Bekker schrieb die fesselnden Space Operas der Serie CHRONIK DER STERNENKRIEGER. Seine Romane um DAS REICH DER ELBEN, die GORIAN-Trilogie und die DRACHENERDE-SAGA machten ihn einem großen Publikum bekannt. Er schrieb für junge Leser die Fantasy-Zyklen ELBENKINDER, DIE WILDEN ORKS, ZWERGENKINDER und ELVANY sowie historische Abenteuer wie DER GEHEIMNISVOLLE MÖNCH, LEONARDOS DRACHEN, TUTENCHAMUN UND DIE FALSCHE MUMIE und andere. In seinem Kriminalroman DER TEUFEL VON MÜNSTER machte er mit dem Elbenkrieger Branagorn eine Hauptfigur seiner Fantasy-Romane zum Ermittler in einem höchst irdischen Mordfall. Im November 2012 erschien mit DER SOHN DER HALBLINGE sein nächster großer Fantasy-Epos bei Blanvalet.

>+++<

Wahre Marsianer

Commander Rena Sunfrost blickte zum rostroten Marshorizont, an dem ein dunkler, sich um die eigene Achse drehender Kegel zu sehen war, der schätzungsweise sechzig, siebzig Kilometer hoch in die Atmosphäre hineinragte. Im Helmdisplay wurde ein rapider Temperaturabfall angezeigt. Gerade noch waren minus 34 Grad Celsius gemessen worden, was am Mars-Äquator der mittleren Mittagstemperatur entsprach. Jetzt war das Thermometer bereits auf über minus fünfzig Grad gefallen.

Etwa zehn Meter entfernt landete Lieutenant David Kronstein gerade auf den Stiefelsohlen seines klobigen Druckanzugs.

Er hatte eine Serie von Drei-Meter-Sprüngen hinter sich und musste sich nun ausbalancieren, um nicht durch den eigenen Schwung zu Boden gerissen zu werden. Wie alle anderen Team-Mitglieder hatte er sich offenbar noch nicht hundertprozentig an die geringere Schwerkraft des Mars gewöhnt. Kronstein schaffte es gerade noch, das Gleichgewicht zu halten. Er nahm sein Ortungsmodul von der Magnethalterung an seiner Taille und richtete es erst auf den Sturm, dann auf eine Gruppe von Felsmassiven.

»Captain, wir haben keine Chance mehr, die Felsen zu erreichen, bevor der Sturm uns hinwegfegt. Die Windgeschwindigkeit beträgt mehr als 500 Stundenkilometer. Unsere Überlebenschancen sind gleich null!«

*

»Der atmosphärische Druck sinkt rapide«, meldete Kronstein. »Wir haben jetzt weniger als 4,5 Millibar, vor einer Stunde war es noch beinahe ein Millibar mehr!«

Der Luftdruck auf dem Mars schwankte zwischen 3 und 8 Millibar. Für irdische Verhältnisse – durchschnittlich um 1000 Millibar – glich selbst ein marsianisches Hochdruckgebiet oder der erhöhte Atmosphärendruck in den bis sechs Kilometern tiefen Spalten und Senken noch einem recht passablen Vakuum. Eine Schwankung um ein Millibar wäre auf der Erde kaum spürbar gewesen, doch auf dem Mars zeigte sie eine drastische Wetteränderung an. Der marsianische Sturm verhielt sich in dieser Hinsicht genau wie irdische Wirbelstürme: Durch Temperaturunterschiede in der Atmosphäre wurde Luft an einer Stelle angesaugt, wodurch in den umliegenden Gebieten Unterdruck entstand.

Es ist meine Schuld!, dachte Sunfrost. Die Routenplanung war fehlerhaft – und ich war dafür verantwortlich. Also werde ich auch die Schuld daran tragen, dass wir in diesem verdammten Sturm zu Grunde gehen!

Aber wer hätte auch ahnen können, dass der Sturm seine Richtung so plötzlich änderte?

Die Wahrscheinlichkeit dafür war vom Wetterrechner des Ortungsmoduls mit 15 Prozent angegeben worden. Aber gerade die fünfzehn Prozent waren jetzt eingetreten. Der Sturm näherte sich.

Unaufhaltsam pflügte er durch den Marsstaub, wirbelte ihn in die zweihundert Kilometer dicke Marsatmosphäre. Auf Grund der im Vergleich zur Erdatomsphäre um ein Vielfaches geringeren Dichte dieser vorwiegend aus Kohlendioxid sowie Stickstoff und Edelgasen bestehenden Gashülle des Mars waren die Auswirkungen eines Sturms viel größer. Es hatte in der Vergangenheit Stürme gegeben, die den gesamten Planeten für ein paar Standard-Erdjahre verdunkelt hatten. Die nur etwa 40 Prozent der Erdanziehung betragende Gravitation des Mars tat ein Übriges, um die aufgewirbelten Partikel lange in der Atmosphäre herumschwirren zu lassen.

Wenn der Sturm uns erreicht, wird er uns mit seiner Gewalt in die Höhe schleudern, ging es Rena durch den Kopf. Auch in einem der raumtauglichen Panzeranzüge der Marines hatte man keinerlei Überlebenschance, wenn man vielleicht zehn Kilometer emporgeschleudert wurde und anschließend auf die Oberfläche knallte. Und selbst mit einem aufgeschnallten Antigrav wäre die Wahrscheinlichkeit, einigermaßen unverletzt die Oberfläche zu erreichen, äußerst gering.

Aufschnallbare Antigrav-Packs gehörten allerdings nicht zur Ausrüstung, die Rena Sunfrost und ihrer Gruppe zur Verfügung stand…

»Captain, ich fürchte wir haben keine Optionen mehr«, stellte Lieutenant Commander Raphael Wong, der Erste Offizier des Leichten Kreuzers STERNENKRIEGER fest. Außer ihm und Kronstein gehörten noch Bordärztin Dr. Simone Nikolaidev, der Olvanorer Bruder Guillermo, der Leitende Ingenieur Lieutenant Simon E. Erixon sowie Lieutenant Robert Ukasi, der Waffen- und Taktikoffizier, Sunfrosts Team an.

»Ich weiß, wir hätten eine andere Route nehmen müssen. Ich hatte Unrecht«, sagte Sunfrost.

»Wenn wir jetzt den Rückweg zum Wrack antreten, haben wir immerhin eine geringe Chance, dass sich die Richtung des Sturms noch einmal ändert und wir ihm vielleicht doch noch entgehen«, schlug Bruder Guillermo vor.

»Wo bleibt Ihre Glaubenszuversicht?«, meldete sich Robert Ukasi zu Wort. »Eigentlich hätte ich von Ihnen erwartet, dass ein religiös so gefestigter Mann wie Sie seinem Ende mit offenen Augen entgegensieht.«

»Und ich hätte gedacht, dass ein Taktiker wie Sie, in dieser Situation seine Fähigkeit zu einer sachlich-kühlen Lagebeurteilung behält«, versetzte Sunfrost.

»Wir können dem Einfluss des Sturms nicht entgehen«, erklärte Kronstein. »Jedenfalls ist die Wahrscheinlichkeit dafür minimal. Möglicherweise geraten wir mit etwas Glück nur in die etwas weniger heftigen Randbezirke dieses Wirbels. Aber die werden uns immer noch hoch genug schleudern, um uns mit großer Wahrscheinlichkeit zu töten.«

»Versuchen wir es trotzdem«, sagte Sunfrost.

Sie war es, die die Entscheidungen treffen musste. Und mochte es einem auch so erscheinen, als wäre es in dieser Situation völlig gleichgültig, welche Entscheidung getroffen wurde, so fühlte Rena doch, dass es anders war. Im Angesicht einer Gefahr hatte der Mensch den inneren Drang etwas zu tun.

Ob es das Richtige war, spielte dabei manchmal eine untergeordnete Rolle.

Zumindest ist es besser, als sich einfach diesem Monstrum aus Wind, aufgewirbeltem Marsstaub und atmosphärischem Unterdruck zu ergeben. Ein Monstrum, das ihre Gruppe unweigerlich erschlagen würde.

Du denkst über den Sturm schon wie über ein lebendes Wesen, ging es Sunfrost durch den Kopf. Als ob es sich um ein fassbares Ungeheuer handeln würde. Einen Feind… in Wahrheit war der eigentliche Feind deine Fehleinschätzung in Bezug auf die Route…

Das war eine Wahrheit, die schmerzte.

Die Gruppe setzte sich in Bewegung. Mit beiden Beinen stießen sie sich vom Boden ab und landeten wenige Meter entfernt. Ein Bein war dabei nach vorn, das andere nach hinten ausgerichtet wie bei einem raumgreifenden Schritt unter Erdschwerkraft.

Die Teammitglieder federten auf dem staubigen, aber festen Boden ab und sprangen gleich weiter. Durchschnittlich waren sie anderthalb Sekunden in der Luft, wie eine Anzeige im Inneren des Helmvisiers anzeigte.

Eine Sprunglänge, die für die Fortbewegung unter Marsbedingungen optimal war. Schon die ersten Erdastronauten des zwanzigsten Jahrhunderts hatten bei ihren Mondmissionen schnell festgestellt, dass diese känguruartige Fortbewegung unter den Bedingungen einer geringen Schwerkraft am effektivsten war.

Sie hüpften vor dem herannahenden Sturm davon. Aber schon dessen Außenbereiche sorgten für Windböen, die heftig genug waren, um die Springer fortzureißen.

Nikolaidev wurde plötzlich emporgeschleudert, ohne dass sie noch irgendeine Kontrolle über ihren Körper hatte. Im nächsten Moment krachte sie auf den von Gesteinsbrocken übersäten Boden. Ihr Helmvisier bekam Risse. Ein Todesröcheln war noch über den Helmfunk zu hören. Der Sauerstoff aus dem Inneren des Druckanzugs trat in einer Fontäne aus. Die in der Atemluft enthaltene Feuchtigkeit kondensierte sofort.

Rena sah es, taumelte jedoch weiter vorwärts. Springen durfte sie jetzt nicht mehr. Die Windgeschwindigkeiten hatten inzwischen alles überschritten, was selbst von den schlimmsten Hurrikans auf der Erde bekannt war. Der Himmel hatte sich vollständig verdunkelt und wurde einer rostroten, immer düsterer werdenden Schicht aus aufgewirbelten Partikeln bedeckt.

Sie taumelte zu Boden und kam dabei ziemlich hart mit dem Visier gegen einen der Steine. Es gab einen Kratzer, aber abgesehen davon schien kein Schaden entstanden zu sein. Die Anzeige des Helmdisplays verriet, dass der Anzug nach wie vor einwandfrei arbeitete.

Aber das war nur ein schwacher Trost.

Sie blickte sich um.

Schemenhaft bemerkte sie eine Gestalt. Es waren die Umrisse eines Standardraumanzugs, wie sie von den Raumsoldaten des Space Army Corps für den Einsatz auf Planeten mit nichtirdischen Bedingungen benutzt wurden. Sie glaubte einen Moment lang, an der Ausrüstung erkennen zu können, dass es Wong war. Aber das konnte ebenso gut ein Irrtum sein.

Die Gestalt verschwand nur Augenblicke später.

»Raphael, wo sind Sie?«, fragte sie über Helmfunk, doch sie erhielt, abgesehen vom Rauschen irgendeiner Interferenz, keine Antwort.

Sie war allein.

Allein auf einem menschenfeindlichen Planeten, dessen Oberfläche so gut wie unbesiedelt war und dessen Terraforming noch ein paar Jahrhunderte brauchen würde, um Erfolge zeigen zu können, die über die Ansiedlung von einigen Sauerstoff produzierenden Moosen hinausgingen. Milliarden Menschen lebten auf dem Mars – aber deren Städte lagen tief unter der Oberfläche. Hierher verirrte sich niemand, es sei denn, er hatte einen sehr guten Grund dafür, um diese schroffe Einöde aufzusuchen, deren trockenkalte Kargheit alles in den Schatten stellte, was ein Mensch der Erde mit dem Begriff Wüste verbinden mochte.

Sunfrost presste sich auf den Boden. Jetzt gab es tatsächlich nichts mehr was sie tun konnte.

Alles läuft jetzt einfach bis zum Ende!, ging es ihr durch den Kopf. Und irgendwann heißt es dann GAME OVER oder so ähnlich…

Etwas drückte an ihrem Halsansatz. Es war der Kragen ihres Anzugs, der sich, da sie auf dem Bauch lag, von unten an ihren Hals und die obersten Rippen presste, wodurch sie ihren Talisman schmerzhaft spürte. Sie war auf Dambanor II von dem Projektil einer primitiven Steinschlosswaffe getroffen worden, die ein reptiloider Einheimischer auf sie abgeschossen hatte. Dieses Projektil trug sie ständig bei sich. Bedenke, dass du sterblich bist. Daran erinnerte sie dieses Amulett nun ständig.

Eine Anzeige erschien in ihrem Helmsdisplay.

AUSFALL VON TEAM-MITGLIEDERN: 88,71 Prozent, stand dort.

6 von 7 Teammitgliedern sind tot.

Ein emporgeschleuderter Gesteinsbrocken krachte in diesem Moment dicht neben Sunfrost zu Boden. Sie sah nichts mehr. Der aufgewirbelte Marsstaub war zu dicht. Aber im nächsten Moment spürte sie einen Schlag gegen den Kopf. Offenbar ein zweiter Brocken.

Vor Rena Sunfrosts Augen wurde es schwarz…

*

In der Dunkelheit wirkte das Leuchten sehr grell. Es schmerzte beinahe.

AUSFALL VON TEAM-MITGLIEDERN: 100 Prozent, war dort zu lesen. 7 von 7 Teammitgliedern sind tot. Wünschen Sie eine Aufschlüsselung der Ursachen, dann sagen Sie ja.

Wünschen Sie keine Aufschlüsselung, so sagen Sie nein.

Möchten Sie, dass Ihnen die Aufschlüsselung an Ihre private oder dienstliche Netzwerkadresse übersandt wird, so sagen Sie »übersenden«. Falls Sie…

»Nein!«, sagte Rena etwas zu spät.

Sie hatte einfach keine Nerven dafür, sich jetzt auch noch im Einzelnen die Gründe für ihr Versagen bei dieser Survival-Simulation anzeigen zu lassen.

Dreimal schon hatten Sunfrost und ihr Team die Simulation während des Rückflugs der STERNENKRIEGER ins Sol-System durchgespielt und das Ergebnis war jedes Mal gleichermaßen ernüchternd gewesen.

Rena stand auf.

Die künstliche Schwerkraft in dem Übungsraum an Bord der STERNENKRIEGER war nach Beendigung der Simulation sofort wieder auf Erdniveau geschaltet worden – und das bedeutete, dass dieser Anzug fast das dreifache Gewicht hatte.

Sie öffnete das Visier und nahm schließlich den Datenhelm ab. Die anderen Team-Mitglieder hatten ihre Helme schon abgenommen. Die Anzüge waren per drahtloser Datenübertragung mit dem Bordrechner verbunden, über den das Simulationsprogramm ablief. Auf einem in der Wand eingelassenen Bildschirm war das beschämende Ergebnis zu sehen.

7 von 7 Teammitgliedern sind tot, brummte Rena innerlich. Ja, ich habe es ja verstanden.

»Unsere Simulationsergebnisse sind noch nicht zufriedenstellend, Captain«, erklärte Lieutenant Commander Raphael Wong auf seine unnachahmlich trockene Art. »Leider werden wir vor unserem Eintreffen auf dem Mars wohl kaum noch Gelegenheit dazu bekommen, das Programm ein weiteres Mal ablaufen zu lassen.«

Rena atmete tief durch.

Es gab eine Vorschrift, die für Offiziere des Space Army Corps erlassen worden war. Danach waren sie verpflichtet, innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren an einem Survival-Kurs unter extraterrestrischen Bedingungen teilzunehmen. Dabei war festgelegt, dass als Orte, an denen dieser Kurs abgelegt werden konnte, nur Planeten in Betracht kamen, bei denen mindestens drei der wichtigsten Umweltparameter um mindestens siebzig Prozent von denen der Erde abwichen.

Dreiviertel der Kursabsolventen des Space Army Corps machte dieses Survival-Training in Camp Latanor auf dem Mars. Und da die STERNENKRIEGER die nächsten Wochen zu dringend notwendigen Wartungsarbeiten auf Spacedock 13 festliegen würde, empfahl es sich für jene Offiziere, deren extraterrestrischer Survival-Kurs mal wieder dringend angezeigt war, die Gelegenheit beim Schopf zu fassen und die unangenehme Pflicht hinter sich zu bringen.

Ausnahmegenehmigungen wurden nur in extremen Härtefällen gewährt oder wenn es ein längerer Einsatz des betreffenden Offiziers einfach nicht möglich machte, dass er den Kurs rechtzeitig absolvierte.

Aber davon konnte im Moment ja keine Rede sein.

»Ich weiß nicht, wer von den Schlaumeiern im Oberkommando sich die bestehenden Regelungen ausgedacht hat und über deren Sinn kann man sicher geteilter Ansicht sein. Aber wir werden auf keinen Fall um die Absolvierung dieses Kurses herumkommen«, kündigte Rena Sunfrost an.

»Wenn Sie mir die Bemerkung gestatten, dann ist das reine Zeitverschwendung«, knurrte Simon E. Erixon.

Rena lächelte mild.

»In Ihrem Fall verstehe ich die Empörung sogar«, erklärte sie.

Erixon wandte den Kopf in ihre Richtung. Seine Facettenaugen schienen sie mit geradezu unmenschlicher Kälte zu mustern und so sehr sie sich auch immer in Erinnerung rief, dass dies eine Projektion ihrerseits war, so wenig war sie dennoch in der Lage, diese Emotion einfach auszuschalten oder wenigstens ignorieren zu können.

Erixon stammte vom Planeten Genet, der wichtigsten Welt der so genannten Genetiker-Föderation, wo seit langer Zeit sehr viel liberalere Bestimmungen im Hinblick auf die Anwendung von gentechnischen Veränderungen herrschten.

Teilweise waren die geltenden Gesetze der Humanen Welten sogar bewusst unterlaufen worden. Jüngst war nun die Genetiker-Föderation unter ihrem Lordmanager Jurij R. Zaid direkt dem Humanen Rat unterstellt und die planeteneigenen Regierungen abgesetzt worden. Allerdings waren keinerlei Maßnahmen unternommen worden, um dies auch durchzusetzen.

Wie viele andere Bewohner Genets war auch Simon Erixon das Ergebnis einer gentechnischen Optimierung. Man hatte ihn für den Einsatz als Bergbauingenieur auf einer Methanwelt erschaffen, sodass er dazu in der Lage war, zwischen Sauerstoff- und Methanatmung zu wechseln. Seine Facettenaugen waren ausschließlich für die Wahrnehmung von Infrarotstrahlung ausgelegt.