Chronische Schmerzen – lebendige Partnerschaft - Karra Eloff - E-Book

Chronische Schmerzen – lebendige Partnerschaft E-Book

Karra Eloff

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Beschreibung

Endlich Hilfe für Betroffene

Allein in Deutschland sind über zehn Millionen Menschen von chronischen Schmerzen oder einer chronischen Erkrankung betroffen. 40 Prozent davon geben an, ihre dauerhaften physischen Beeinträchtigungen hätten auch negative Auswirkungen auf ihre Partnerschaft und das Privatleben.

Karra Eloff zeigt mit vielen praktischen Tipps und Anregungen, wie Betroffene und ihre Partner*innen effektiv mit den vorhandenen Schmerzen umgehen können, wie sie konstruktiv miteinander kommunizieren und zu einem gleichwertigen Team werden. Wichtig ist dabei auch, Mitgefühl für sich selbst zu entwickeln und für sein emotionales Wohlbefinden zu sorgen. Und: Karra Eloff ermutigt auch am Beispiel ihrer eigenen Geschichte dazu, die Schmerzen bzw. die Erkrankung als Chance zu begreifen, das zu betrauern, was nicht mehr möglich ist, dafür neue Pläne mit dem Partner zu entwickeln und sich die Zeit zu nehmen, die der gemeinsame Weg erfordert.

  • Relevantes und konkurrenzloses Thema
  • Ca. 15 Prozent der Bevölkerung leiden unter chronischen Schmerzen
  • Fast die Hälfte davon klagt über Beeinträchtigungen der Partnerschaft und des Privatlebens
  • Mit vielen Beispielen, Übungen und übersichtlichen Zusammenfassungen
  • Kompetente, engagierte und selbst betroffene Autorin

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 232

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Das Buch

Allein in Deutschland sind über zehn Millionen Menschen von chronischen Schmerzen oder einer chronischen Erkrankung betroffen. 40 Prozent davon geben an, ihre dauerhaften physischen Beeinträchtigungen hätten auch negative Auswirkungen auf ihre Partnerschaft und das Privatleben.

Mit ihrem hilfreichen und ermutigenden Buch wendet sich Karra Eloff an alle Paare, bei denen einer der Partner unter chronischen Schmerzen oder an einer chronischen Erkrankung leidet. Betroffene wie Partner*innen erhalten viele konkrete Tipps und Anregungen, wie sie besser mit dieser belastenden Situation umgehen können.

Karra Eloff leidet selbst an einer chronischen Autoimmunerkrankung. Auch am Beispiel ihrer eigenen Geschichte ermutigt Karra Eloff die Leser*innen, die Schmerzen bzw. die Erkrankung als Chance zu begreifen, das zu betrauern, was nicht mehr möglich ist, dafür neue Pläne mit dem Partner zu entwickeln und sich die Zeit zu nehmen, die der gemeinsame Weg erfordert.

Die Autorin

Karra Eloff ist Mitbegründerin und Geschäftsführerin von zwei Kliniken für psychische Gesundheit. Als Business-Mentorin bietet sie Führungstrainings mit dem Schwerpunkt Psychisches Wohlbefinden an. Sie gründete die Organisation »The Chronic Pain Couple«, die Betroffene und ihre Partner*innen berät und unterstützt. Sie leidet selbst an einer chronischen Erkrankung und schreibt damit als selbst Betroffene, aber auch als Autorin, die sich professionell mit dem Thema beschäftigt. Karra Eloff lebt mit ihrer Familie an der Ostküste Australiens.

www.karraeloff.com

Karra EloffChronischeSchmerzenLebendigePartnerschaft

Praktische Selbsthilfe für eine starke und erfüllte Paarbeziehung

Aus dem Englischen von Ursula Bischoff

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Die Empfehlungen in diesem Buch sind von der Autorin und dem Verlag sorgfältig geprüft. Sie bieten keinen Ersatz für kompetenten medizinischen oder psychologischen Rat. Jede*r Leser*in ist für ihr/sein eigenes Handeln selbst verantwortlich. Alle Angaben in diesem Buch erfolgen ohne jegliche Gewährleistung oder Garantie seitens der Autorin und des Verlags. Eine Haftung der Autorin beziehungsweise des Verlags und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.

Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit konnte eine gendergerechte Schreibweise nicht durchgängig eingehalten werden. Bei der Verwendung entsprechender geschlechtsspezifischer Begriffe sind im Sinne der Gleichbehandlung jedoch ausdrücklich alle Geschlechter angesprochen.

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel »The Chronic Pain Couple. How to be a Joyful Partner & Have a Remarkable Relationship in Spite of Chronic Pain« bei Exisle Publishing Pty Ltd, East Gosford, Australien.

Text Copyright © 2022 by Karra Eloff

First published in Australia by Exisle Publishing Pty Ltd

Copyright © 2024 Kösel-Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Dr. Diane Zilliges, Langenburg

Umschlag: FAVORITBUERO, München

Umschlagmotiv: Lana Brow / Shutterstock.com

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN 978-3-641-31374-6V001

www.koesel.de

Für meinen Mann Johann.

Danke, dass du mit mir gemeinsam daran geglaubt hast, dass noch einzigartige Dinge geschehen können.

Inhalt

Einführung

Teil 1: Schmerzen

1 Eine starke und erfüllte Beziehung

2 Über den Schmerz

3 Meine Geschichte

4 Kommunikationshack #1: Bedürfnisse zum Ausdruck bringen

5 Kommunikationshack #2: Liebe zeigen

6 Kommunikationshack #3: Konflikte zügig lösen

Teil 2: Verborgener Kummer

7 Zwei Seelenverwandte – Schmerzen und psychische Gesundheit

8 Trauma und chronische Schmerzen

9 Die Macht der negativen Gedanken

10 Kernüberzeugungen aufdecken

Teil 3: Mentale Medizin

11 Selbstempathie

12 Eine andere Perspektive

13 Die andere Seite

14 Unterstützung in einer Partnerschaft

Teil 4: Sexualität

15 Sex zählt

16 Das Problem mit der Libido

17 Wenn Sex schmerzhaft ist

18 Gemeinsam Veränderungen einleiten

Teil 5: Die neue Normalität

19 Die Reise zu einer neuen Normalität

20 Wendemanöver und Kurswechsel

Aufbruch zu neuen Ufern

Dank

Anmerkungen

Teil 1

1Eine starke und erfüllte Beziehung

Eines Morgens beim Einkaufen wurde ich unverhofft von einer Hand aufgehalten, die mich am Arm packte. Ich drehte mich abrupt um und stand vor einer Bekannten, die ich seit einem Monat nicht mehr gesehen hatte. Obwohl sie sonst immer bester Laune war, lächelte und Lebensfreude versprühte, machte sie einen sichtlich erschöpften und besorgten Eindruck.

»Karra, Robs Rückenoperation ist nicht so verlaufen wie erhofft. Er hat immer noch furchtbare Schmerzen, und das nach vier Monaten.« Sie beugte sich vor, als wollte sie mir ein Geheimnis anvertrauen. »Ich weiß nicht, wie lange ich noch stark für ihn sein kann. Ich liebe ihn, aber ich bin am Ende. Ich muss die Hausarbeit und alles andere, was sonst noch so anfällt, ganz allein machen. Seit der Rückenverletzung hat er sich total verändert. Es ist echt hart. Du weißt, was ich meine, oder? Sind das nicht genau die Probleme, die du in deiner Paartherapie zu lösen versuchst?«

Sie ließ meinen Arm los, aber das Gefühl der Verzweiflung, das von ihr ausging, wirkte bei mir noch lange nach.

Die große Frage

Ist es tatsächlich möglich, sich aus der Umklammerung chronischer Schmerzen zu befreien, die Beziehungen so hart zusetzen? Das war die große Frage, die meine Bekannte in Wirklichkeit stellte, und ich bekomme sie häufig von Paaren zu hören, die teilweise nahe daran sind, aufzugeben.

Ich kann es ihnen nachempfinden. Bevor die Schmerzen Besitz von meinem Körper ergriffen, pflegten Johann und ich jeden Abend ins Fitnesstraining zu gehen, bevor wir es uns auf der Couch gemütlich machten, um den Tag Revue passieren zu lassen und die Erfolge und Herausforderungen zu teilen. Als Monate und Jahre vergingen, ohne dass meine Gesundheitsprobleme verschwanden, wurde mein Kampf gegen die Schmerzen zu einem alles beherrschenden Element in unserer Beziehung. Abends saßen wir schweigend nebeneinander, völlig erledigt. Diese Form der Erschöpfung erreichte ein Ausmaß, wie ich es nie zuvor erlebt hatte, und mein Mann war ebenfalls ausgelaugt, weil er sich mehr um mich als um sich selbst kümmerte. Wir hatten nichts mehr übrig, was wir einander geben konnten, bis auf die vage Hoffnung, dass es mir vielleicht irgendwann besser gehen würde und wir zur »Normalität« zurückkehren konnten.

Wenn Paare feststellen, dass sie bei der Suche nach einer neuen Normalität Hilfe benötigen, fühlen sich viele so überfordert und angeschlagen vom täglichen Kampf gegen die Schmerzen, dass sie (verständlicherweise) an der Möglichkeit zweifeln, die verlorene Intimität und Leidenschaft in ihrer Beziehung jemals wiederzugewinnen. Woher die Energie nehmen? Und wo beginnen? Die Schmerzen scheinen sie ihrer Fähigkeit beraubt zu haben, sich gegenseitig zu unterstützen und zu trösten.

Studien belegen, dass es für Paare eine ungeheure Herausforderung ist, unbeschadet durch das klippenreiche Gewässer chronischer Erkrankungen und Schmerzen zu gelangen.3 Menschen, die unter chronischen Schmerzen leiden, können die Zufriedenheit in einer Beziehung beeinträchtigen, die Stressfaktoren in der häuslichen Sphäre vermehren und das Risiko erhöhen, Gesundheitsprobleme zu entwickeln, die Körper, Geist und Seele gleichermaßen betreffen.

Deshalb möchte ich Ihnen eine wichtige Frage stellen: Wie haben sich die Schmerzen auf Ihre Beziehung ausgewirkt?

Bei meinen eigenen Recherchen habe ich festgestellt, dass es zwei Kategorien von Paaren gibt, deren Beziehung sich durch die chronischen Schmerzen verändert hat. Zur ersten Kategorie gehören diejenigen, die den Funken der Leidenschaft in ihrer Beziehung verloren haben, was den Erhalt des Körperkontakts, der vorher zwischen ihnen bestand, erschwert. Dennoch fühlen sie sich nach wie vor miteinander verbunden und schaffen es, die emotionale Nähe zu bewahren. Sie suchen nach einer Überholspur zu einer neuen Normalität, sodass sie das gemeinsame Leben wieder genießen können, ohne die Schmerzen als Dritten im Bunde.

Der zweiten Kategorie lassen sich Paare zuordnen, bei denen die Schmerzen die Betroffenen und/oder die Beziehung nachhaltig verändert haben. Sie sind völlig ausgelaugt, unfähig, Nähe herzustellen, und mit der Frage beschäftigt, wie oder ob sie überhaupt noch zusammenbleiben können. Die nicht erkrankten Partner oder Partnerinnen weisen die »bedürftigen« oft ab, sodass diese das Gefühl haben, nicht die Unterstützung zu erhalten, die sie brauchen.

Egal, ob Sie sich in der ersten oder zweiten Beschreibung wiedererkennen, dieses Buch ist auf Sie und Ihre Wünsche und Bedürfnisse zugeschnitten. Trotz des düsteren Bildes lautet die Antwort auf die große Frage: Ja, es ist möglich, den Weg zu einer grundlegenden Veränderung zu bahnen – zu einer Beziehung, die stark, erfüllt und darüber hinaus besonders ist. Ich versichere Ihnen, das ist kein Hirngespinst.

Was kennzeichnet eine starke und erfüllte Beziehung?

Eine starke und erfüllte Beziehung ist von gegenseitigem Respekt, Liebe und Freude geprägt. Die enge Verbundenheit springt geradezu ins Auge und die Zuneigung und Wertschätzung sind so offenkundig, dass es auf Anhieb auffällt. Eine starke und erfüllte Liebe lässt sich nicht verbergen. Sie fließt in alles ein, was wir tun (wie chronische Schmerzen auch, wenn wir es zulassen).

Eine Beziehung ist ein Raum, in dem unsere Identität und unser Sicherheitsgefühl geprägt werden. Dieser Raum bietet uns sinnvolle Aufgaben und Ziele, und wenn wir in den Armen eines geliebten Menschen unsere Individualität aufbauen und ausleben können, sind unser Selbstvertrauen und unser Wohlbefinden unübersehbar. Was wir anderen geben können, weil unsere Beziehung uns reich beschenkt, verdient Beachtung, und was wir an Herausforderungen bewältigen, wenn uns der Partner oder die Partnerin zur Seite steht oder den Rücken stärkt, ist absolut bemerkenswert.

Natürlich entsteht eine starke und erfüllte Beziehung nicht von allein, vor allem dann nicht, wenn chronische Schmerzen im Spiel sind. Sie erfordert eine klare Entscheidung, die von der Liebe angestoßen wird und sich in lebenspraktische Strategien übersetzt, die es uns ermöglichen, über widrige Umstände hinauszuwachsen. Eine starke und erfüllte Beziehung verlangt auf beiden Seiten das besondere Bemühen – genauer gesagt, die innere Verpflichtung –, dem Leiden nicht zu erlauben, ihre innige Bindung zu bedrohen. Das heißt nicht, dass Gefühle wie Frustration, Wut oder Enttäuschung wie von Zauberhand verschwinden. Aber es wird ihnen nicht mehr gelingen, die außergewöhnliche, tiefe Liebe, die wir geben und empfangen können, zu dominieren oder zu torpedieren.

Ihnen ist vielleicht aufgefallen, dass ich eine starke und erfüllte Beziehung nicht anhand einer ganzen Liste von Merkmalen oder Aktivitäten beschrieben habe. Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens: Sie ist einzig in ihrer Art. Sie ist charakteristisch für Sie und die individuellen Lebenserfahrungen Ihres Partners oder Ihrer Partnerin bis zum gegenwärtigen Augenblick.

Zweitens: Die Aufzählung »typischer« Eigenschaften einer starken und erfüllten Beziehung, die sich nach außen hin manifestieren, könnte Sie dazu verleiten, sie auch in Ihrer Beziehung als Ziel anzustreben, was alles andere als effektiv wäre. Starke und erfüllte Beziehungen sind, wie bereits gesagt, einzigartig und entwickeln sich von innen heraus. Ich kann Ihnen jedoch versichern, dass Sie an Ihr Ziel gelangen, wenn Sie den Leitlinien in diesem Buch folgen.

Wenn Ihre Beziehung sich zu verändern beginnt, stark und erfüllend wird, verbessern sich sowohl Ihre physische als auch Ihre mentale Gesundheit.4 Vielleicht stellen Sie fest, dass Sie plötzlich wieder Lust haben, Ihren Partner zu küssen, Ihrer Partnerin aufmerksam zuhören oder miteinander zu tanzen. Diese Erfahrung, die auf Sie wartet, wenn Sie den Schritten in diesem Buch folgen, ist genauso individuell und einzigartig wie Ihr Schmerzprofil.

Die Reise beginnt

Eines Morgens, als ich unter der Dusche stand und im Anschluss zur Arbeit fahren wollte, wurde ich ohnmächtig. Ich leide unter Spondylarthrose, einem chronisch fortschreitenden Verschleiß der kleinen Wirbelgelenke, und bei mir kommt noch eine Arthritis hinzu, die eine Entzündung der Wirbelsäule, der Iliosakralgelenke (an der Stelle, wo unterer Rückenbereich und Becken ineinander übergehen) und der peripheren Gelenke (die im Außenbereich des Körpers liegen) auslöst. »On top« führt das Ganze auch noch zu einer Enthesitis (einer Entzündung an der Ansatzstelle von Sehnen und Bändern an den Knochen), was wiederum Auswirkungen auf verschiedene Organe hat. Aus fachärztlicher Sicht bin ich eine »behandlungsresistente« Patientin. Das heißt, die Medikamente, die bei den meisten Menschen mit einem ähnlichen Krankheitsbild anschlagen, wirken bei mir nicht.

Woran ich mich nach meiner Ohnmacht unter der Dusche als Nächstes klar erinnere, war Johann, der am Fußende des Krankenhausbetts stand und mit dem Arzt redete.

»Können Sie mir sagen, welches Gelenk ihr die meisten Schmerzen bereitet?«, erkundigte sich der Arzt bei ihm.

»Die Hüfte«, erwiderte er und deute vage in Richtung seiner rechten Hüfte.

Ich war überrascht, dass Johann nicht in der Lage war, das Iliosakralgelenk zu nennen, in dessen Behandlung wir bereits einige Tausend Dollar investiert hatten.

»Welche Medikamente nimmt sie?«, fuhr der Arzt fort.

Johann murmelte etwas Unverständliches vor sich hin, dann trat er ein paar Schritte vor und durchsuchte meine Handtasche, die sich neben meinem Bett befand.

Während ich diesen Austausch beobachtete, wurde mir klar, dass Johann allem Anschein nach die kleinen Informationsbruchstücke über meinen Zustand und die bisherigen therapeutischen Maßnahmen nicht auf dem Schirm hatte. Nicht etwa, weil es ihm an Interesse mangelte. Ich hatte es während der ersten Monate versäumt, ihn über die Einzelheiten meiner Gesundheitsreise aufzuklären. Ich erinnere mich, dass ich das Gefühl hatte, ihn zu einem Spiel in einer Sportart eingeladen zu haben, das ihm dem Namen nach geläufig war, aber dessen Spielregeln er nicht kannte.

Sind Sie im selben Team?

Teamgeist zu entwickeln, um das Wir-Gefühl zu stärken, ist der erste und allerwichtigste Schritt auf der Reise zu einer starken und erfüllten Beziehung. In seinem Buch Die 7 Geheimnisse der glücklichen Ehe erklären der Psychologe und Paartherapeut John Gottman und Co-Autorin Nan Silver, wie wichtig es für Paare ist, die »Liebeslandkarte« der Partnerin oder des Partners zu kennen und deren Welt zu verstehen.5 Und Autor Steve Maraboli weist darauf hin, dass Paare nicht gegeneinander, sondern miteinander gegen eine vorhandene Krankheit kämpfen sollten.6

Paare können sich nur dann wieder näherkommen und eine erfüllende Beziehung aufbauen, wenn sie ein starkes gemeinsames Fundament haben, auf dem das Verständnis Ihres Gesundheitszustands beruht. Der erste Schritt besteht darin, Ihre Liebeslandkarte zu erweitern, indem Sie die schmerzrelevanten Einzelheiten Ihrer Erkrankung hinzufügen. Sie müssen sich auf derselben Wellenlänge befinden, was Ihre Schmerzen und die derzeitigen Herausforderungen betrifft, denen Sie sich persönlich und als Paar gegenübersehen. Deshalb ist es unerlässlich, sich als eingeschworenes Team zu begreifen: Sie beide gegen die chronischen Schmerzen. Und nicht Sie und Ihre Schmerzen gegen den Menschen, den Sie lieben. Wenn Sie fest daran glauben, dass Sie es gemeinsam schaffen können, haben Sie trotz der Schmerzen bereits ein Drittel des Weges zu einer erfüllenden Beziehung bewältigt!

Und was die schmerzrelevanten Einzelheiten betrifft: Falls Ihre Beziehung erst seit einer Woche besteht, müssen Sie nicht umgehend jeden Krankenhausaufenthalt in Ihrem Leben erwähnen, obwohl ich häufig Zuschriften von Betroffenen in meiner Mailbox finde, die in dieser Hinsicht Rat suchen. (»Karra, wann ist der richtige Zeitpunkt, um meinem Partner etwas über meine Krankheit zu erzählen?«)

Ich kann Ihnen die Entscheidung nicht abnehmen, aber Sie sollten sich bei einer langjährigen Beziehung an irgendeinem Punkt die Frage stellen, ob Ihr Partner oder Ihre Partnerin alles, was er oder sie über Ihre Gesundheitsreise wissen muss, auch wirklich weiß und verstanden hat. Chronische Schmerzen sind eine Bewährungsprobe, die Sie im Lauf der Zeit verändert und Ihren Lebenserfahrungen einen anderen Anstrich verleiht. Wenn das geschieht, sollte Ihr Lieblingsmensch genug Informationen über die chronischen Schmerzen besitzen, um sie von Ihrer Persönlichkeit – Ihrer Einzigartigkeit und Ihrem menschlichen Wert – getrennt einzuordnen.

Im nächsten Kapitel finden Sie die Ressourcen, um diese unerlässliche, grundlegende Arbeit im Team zu bewältigen und optimal darauf vorbereitet zu sein, gemeinsam Front gegen die Schmerzen zu machen – Hand in Hand.

Lange Rede, kurzer Sinn

Forschungsergebnisse und Erfahrungen bestätigen, dass der Umgang mit chronischen Schmerzerkrankungen für Paare eine große Herausforderung darstellt.Es ist möglich, trotz chronischer Schmerzen eine starke und erfüllte Beziehung aufzubauen und aufrechtzuerhalten.Obwohl jede starke und erfüllte Beziehung individuell geprägt ist, können Sie dieses Ziel erreichen, wenn Sie den Leitlinien in diesem Buch folgen.Teamgeist zu entwickeln ist der erste und wichtigste Schritt auf Ihrer gemeinsamen Reise zu einer Beziehung, die stark, erfüllt und bemerkenswert ist.

2Über den Schmerz

Wer noch nie im Leben chronische Schmerzen hatte, findet es oft schwierig, dieses Phänomen zu verstehen. Die Tatsache, dass sie unsichtbar sind und bei vielen Betroffenen äußere Anzeichen fehlen, die auf das Ausmaß der Belastung hinweisen, macht das Phänomen Schmerz so vielschichtig und schwer fassbar. Dass es sich bei Schmerzen stets um eine ganz individuelle Erfahrung handelt, trägt zusätzlich zur Vielschichtigkeit bei. Bevor Sie sich also zu einer »Teambesprechung« zusammensetzen, um die Einzelheiten zu schildern, kann es hilfreich sein, sich die Funktion von Schmerzen vor Augen zu halten, insbesondere die Mechanismen des körpereigenen Schmerzsystems.

Was versteht man unter Schmerzen?

Werfen wir einen kurzen Blick auf einige Schlüsselkonzepte zum Thema Schmerzen. Um während des Masterstudiums meine Miete zahlen zu können, hielt ich an der Uni Anatomie-Tutorien ab. Einige Studierende teilten meine Begeisterung für die Funktionsweise des menschlichen Körpers, andere fanden das Thema total langweilig. Aber lesen Sie bitte weiter: Je besser Sie und auch Ihr Lieblingsmensch informiert sind, desto schneller gelingt es Ihnen, die Schmerzen in den Griff zu bekommen, die richtige Unterstützung zu erhalten und Ihre Erfahrung wirksam zu kommunizieren.

In den USA leiden schätzungsweise 20 Millionen Menschen unter chronischen Schmerzen7, in Großbritannien sind es, je nach Studie, zwischen 35 Prozent und 51,3 Prozent oder rund 28 Millionen Erwachsene.8 Berichten aus Brasilien zufolge sind dort 31 Prozent der Gesamtbevölkerung betroffen9 und in Deutschland laut der Deutschen Schmerzgesellschaft e. V. 10 bis 20 Prozent, das heißt, 8 bis 16 Millionen Menschen.10 Das sind verblüffende Zahlen – und Sie wissen, was das bedeutet? 

Sie sind nicht allein!

Wenn bei Ihnen unlängst eine chronische Schmerzerkrankung diagnostiziert wurde, kann es hilfreich sein, zu wissen, warum sie als »chronisch« eingestuft wird. Das ist der Fall, wenn Schmerzen länger als drei Monate andauern, der Zeitraum, in dem der Körper die meisten Gewebeverletzungen »repariert«. Es gibt gleichwohl unterschiedliche Sichtweisen auf chronifizierte Schmerzen. Ihre Hausärztin oder Ihr Hausarzt haben vielleicht von ständig wiederkehrenden, lange andauernden oder anhaltenden Schmerzen gesprochen. In diesem Buch verwende ich den Begriff chronische oder anhaltende Schmerzen.

Zum Glück hat die Forschung dafür gesorgt, dass das Thema Chronische Schmerzen als eigenständige Erkrankung in den Fokus gerückt ist und Ergebnisse veröffentlicht wurden, die das Verständnis und den Umgang mit der Schmerzsituation verbessern können. Heute ist vor allem bekannt, dass kein direkter Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der Schmerzerfahrungen und dem Ausmaß des Gewebeschadens oder dem Schweregrad der Erkrankung besteht.11 Der Schmerzprozess wird von vielen Faktoren beeinflusst, die zur Entstehung des Schmerzempfindens beitragen.

Wie wir Schmerzen wahrnehmen

Dass kein direkter Zusammenhang zwischen Schmerzausmaß und Gewebeschäden besteht, lässt sich darauf zurückführen, dass die Gewebeverletzung nicht die primäre Schmerzursache ist. Unser Gehirn (genauer gesagt, unser zentrales Nervensystem oder ZNS, das Nervenbahnen in Gehirn und Rückenmark umfasst) entdeckt eine Bedrohung für den Körper und zieht alle vorhandenen Informationen in Betracht, um die Frage zu beantworten: »Wie groß ist die Gefahr?« Das schließt Informationen, die vom Körpergewebe ausgehen, aber auch andere Hinweise ein, zum Beispiel die Ergebnisse bildgebender diagnostischer Verfahren, das Wissen, wie der Heilungsprozess bei anderen Personen mit ähnlichen Verletzungen oder Erkrankungen verlaufen ist, den situationsspezifischen Kontext und frühere Erfahrungen, die im sogenannten »Schmerzgedächtnis« gespeichert sind. Wenn Ihr Gehirn entscheidet, dass Ihr Körper Schutz benötigt, löst es den Alarm in Form von Schmerzsignalen aus.12 Das schließt Schmerzen aller Art ein, ungeachtet dessen, wie sie sich anfühlen.

Manchmal leitet der Körper andere Schutzmaßnahmen ein, zum Beispiel die Kampf-oder-Flucht-Reaktion. Ganz schön clever, unser Gehirn! Es ist fortwährend auf unseren Schutz bedacht und nutzt die Schmerzen, um uns vor Schaden zu bewahren!

Doch manchmal (es gibt immer ein Aber, stimmt’s?)