Codename: Omega - Sawyer Bennett - E-Book
BESTSELLER

Codename: Omega E-Book

Sawyer Bennett

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Beschreibung

Seit drei Monaten gehöre ich zum Team der Jameson Force Security Gruppe und es ist eine der besten Entscheidungen in meinem Leben gewesen. Nachdem wir das Marine Corps gemeinsam hinter uns gelassen haben, reisten mein Diensthund Omega und ich quer durchs Land nach Pittsburgh, um dort eine neue aufregende Karriere zu beginnen. Jetzt kann ich meine Tage damit verbringen, mit meinem Team gefährliche Missionen zu erfüllen, und Omega kann seine Tage damit verbringen, sich zu entspannen - es sei denn, es gibt Sprengstoff zu schnüffeln, denn dann ist er mit allen vier Pfoten und seiner Spürnase eifrig bei der Sache. Als Omega – den ich liebevoll Bubba nenne – etwas frisst, was er besser nicht gefressen hätte, lerne ich beim Tierarztbesuch Abigail "Abby" Blackburn kennen. Sie ist ein wenig schrullig, sehr intelligent und absolut fesselnd. Außerdem zieht sie Ärger magisch an, und als Abby es sich zu ihrer persönlichen Mission macht, die Welpenmühlenindustrie aufzudecken, findet sie sich mit unappetitlichen Charakteren konfrontiert, die über Abbys Bemühungen, ihre Gewinne zu schmälern, gar nicht glücklich sind. Eine gefährliche Mission, besonders für eine gutmeinende, aber etwas naive Kleinstadt-Tierärztin. Was als friedlicher Protest vor den örtlichen Tierhandlungen begann, hat sich zu einer Bedrohung für Abbys Sicherheit entwickelt, und ich weigere mich, still zuzusehen, wie sie verletzt wird. Irgendwie ist mir Abby unter die Haut gegangen, und ich muss einfach meine Teamkollegen der Jameson Gruppe hinzuzuziehen, um sie zu beschützen. Nun muss ich nicht nur Abby dabei helfen, ihre Mission erfolgreich abzuschließen, sondern ihr außerdem beweisen, dass ich mich rettungslos in sie verliebt habe. Eines ist sicher – das wird meine bisher härteste Aufgabe. Teil 10 der Reihe rund um die Jameson Force Security Group von New York Times-Bestsellerautorin Sawyer Bennett.

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Sawyer Bennett

Codename: Omega (Jameson Force Security Group Teil 10)

Aus dem Amerikanischen ins Deutsche übertragen von Oliver Hoffmann.

© 2022 by Sawyer Bennett

© 2023 der deutschsprachigen Ausgabe und Übersetzung by Plaisir d’Amour Verlag, D-64678 Lindenfels

www.plaisirdamour.de

[email protected]

Englischer Originaltitel: „Code Name: Omega (Jameson Force Security Book #10)“

Covergestaltung: © Mia Schulte / Sabrina Dahlenburg

Coverfoto: © Shutterstock

ISBN Print: 978-3-86495-624-9

ISBN eBook: 978-3-86495-625-6

Alle Rechte vorbehalten. Dies ist ein Werk der Fiktion. Namen, Darsteller, Orte und Handlung entspringen entweder der Fantasie der Autorin oder werden fiktiv eingesetzt. Jegliche Ähnlichkeit mit tatsächlichen Vorkommnissen, Schauplätzen oder Personen, lebend oder verstorben, ist rein zufällig.

Dieses Buch darf ohne die ausdrückliche schriftliche Genehmigung der Autorin weder in seiner Gesamtheit noch in Auszügen auf keinerlei Art mithilfe elektronischer oder mechanischer Mittel vervielfältigt oder weitergegeben werden. Ausgenommen hiervon sind kurze Zitate in Buchrezensionen.

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Autorin

Kapitel 1

Kellen

Mein Teamkollege Cage berührt mich an der Hand, und ich reiße die Augen auf. Ich habe nicht geschlafen, sondern mich lediglich entspannt und Musik gehört.

Er sitzt mir gegenüber. Ich nehme die Ohrhörer heraus ... tschüss, Soundgarden ... und hebe fragend die Brauen.

Cage nickt in Richtung des Flugzeugfensters. Wir sind im Landeanflug.

Ich bringe meinen Sitz in eine aufrechte Position und stelle fest, dass eine der Flugbegleiterinnen inzwischen mein leeres Longdrink-Glas vom Tablett genommen hat, das immer noch über meinem Schoß schwebt.

Es gab keine Durchsagen, dass diese Dinge vor der Landung erledigt sein müssen, da wir uns in einem Privatflugzeug befinden. Es gehört der Jameson Force Security und hier ist es egal, ob wir unsere Sitze aufrecht stellen oder die Tabletts wegklappen.

Ich liebe es, so zu reisen. Einer der vielen Vorzüge des Arbeitens für Jameson.

Cage stößt Malik neben ihm sanft an. Er hat tief geschlafen und blinzelt uns nun aus trüben Augen an.

„Wir setzen zur Landung an“, sagt Cage.

Malik grunzt, schließt die Augen wieder und verschränkt die Arme vor der Brust. Cage wirft mir ein Grinsen zu, das ich erwidere.

Es war ein verdammtes Vergnügen, auf dieser letzten Mission mit Cage und Malik zu arbeiten, bei der es darum ging, eine Gruppe amerikanischer Ingenieure zu beschützen, die durch Mexiko reisten, um Brückenstrukturen zu untersuchen. Es war kein knallharter Einsatz wie eine Geiselbefreiung, aber wir befanden uns auf gefährlichem Terrain, und die Bedrohungen waren echt. Das ist einer der Gründe, warum ich diesen Job so liebe ... Ich bin manchmal ein kleiner Adrenalinjunkie.

Dies ist mein dritter internationaler Einsatz, seit ich vor drei Monaten bei Jameson angefangen habe, und obwohl ich zwischen verschiedenen Teams hin und her gewechselt habe, sind Cage und Malik enge Freunde geworden. Wir sind auch außerhalb der Arbeit oft zusammen unterwegs und haben viel gemeinsam, denn Cage war Navy SEAL und Malik war, wie ich, im Marine Corps.

Ja … es hat nicht lange gedauert.

Ich habe mich als vollwertiges Mitglied dieser tatkräftigen Gruppe, die auf hochwertige Sicherheitsdienstleistungen spezialisiert ist, eingelebt, und es besteht kein Zweifel daran, dass es die richtige Entscheidung war, zurück in den Osten zu ziehen. Ursprünglich wollte ich Kalifornien verlassen, um näher bei meinen Eltern im Bundesstaat New York zu sein, aber nachdem ich den Eigentümer von Jameson, Kynan McGrath, auf einer Sicherheitskonferenz kennengelernt hatte, wusste ich, dass er der richtige Arbeitgeber für mich ist. Ich bewarb mich, hatte drei Vorstellungsgespräche bei ihm und war froh, als er mir eine Stelle anbot.

Es waren gute Monate.

„Wollen wir noch ein Bier trinken gehen?“, fragt Cage. Das Fahrwerk fährt aus und rastet ein, es rumpelt unter meinen Füßen.

„Nein“, sage ich mit einem Blick auf die Uhr. „Ich bin todmüde.“

„Das ist nur ein Loser-Code“, murmelt Malik, die Augen noch immer geschlossen, „dafür, dass er seinen Hund viel zu sehr vermisst und lieber Zeit mit ihm verbringt als mit seinen Kumpels.“

Cage lacht, und Maliks Augen öffnen sich leicht, als er mich angrinst.

Ich lache unwillkürlich darüber, dass sie über mich lachen, und kann Maliks Einschätzung nicht leugnen. Ja, verdammt, ich vermisse Bubba. Obwohl ich meine neuen Teamkollegen wirklich mag und regelmäßig mit ihnen Zeit verbringe, liebe ich meinen Hund viel mehr. Ich war acht Tage in Mexiko, und ich weiß, dass er mich genauso vermisst hat.

„Bubba ist viel bessere Gesellschaft als ihr beide.“ Ich drehe meinen Kopf auf der Nackenstütze und beobachte aus dem Fenster, wie der Boden immer näherkommt, bis wir mit einem leichten Ruck aufsetzen.

Sofort schnappe ich mir mein Handy aus der Konsole zwischen meinem Sitz und dem leeren Platz zu meiner Rechten und rufe meine SMS auf.

Wie erwartet habe ich eine von Julie, der Hundesitterin: ein Foto von Bubba, der sich in seinem Bett zusammengerollt hat, mit seinem Lieblingsstofftier zwischen den Pfoten. Er neigt den Kopf fragend in Richtung Kamera und sieht mehr als hinreißend aus.

Unter dem Bild stehen drei schlichte Worte: Er hat Sie vermisst.

Ich grinse unwillkürlich. Natürlich habe ich diesen befellten Bastard auch vermisst.

Bubba ist mehr als nur ein Hund, und ihn ein Haustier zu nennen, wäre ein Sakrileg. Sein richtiger Name ist Omega, aber irgendwann habe ich angefangen, ihn Bubba zu nennen, und das ist hängen geblieben. Er war mein Partner bei den Marines. Bubba, ein Malinois, war ein militärischer Sprengstoffspürhund. Wir kontrollierten Autos, die durch die Eingangspforten von Camp Baharia kamen, und räumten Straßen in Falludscha. Wir waren auf zwei Einsätzen im Irak und dazwischen zu Hause in Kalifornien stationiert.

Aber die USA zogen sich aus dem Irak zurück, und Bubba war allmählich ein wenig zu alt, um diese anstrengende Arbeit fortzusetzen. Als wir in die Vereinigten Staaten zurückkehrten, war meine Dienstzeit abgelaufen, und Bubba war bereit, in den Ruhestand zu gehen. Wir verließen das Korps gemeinsam, also adoptierte ich meinen Jungen und schenkte ihm ein Leben im Luxus. Weiche Hundebetten, gute Leckerlis und jede Menge Stofftiere, die er sich im Schlaf gerne ins Maul steckt.

Bubba arbeitet zusammen mit mir bei Jameson. Wir überwachen gemeinsam Veranstaltungen, ein zusätzlicher Service der Firma. Ein paar Stunden auf den Beinen machen ihm nichts aus, aber mit acht Jahren und beginnender Arthrose ist alles, was länger dauert, nicht gut für ihn.

Ich drehe mein Handy um und halte es Cage und Malik – der sich jetzt dafür entschieden hat, sich aufzusetzen und wach zu bleiben – unter die Nase. „Ist er nicht der süßeste kleine Hund der Welt?“

Cage verdreht die Augen. „Ja ... zuckersüß für ein Tier, das mir die Kehle herausreißen würde, wenn du nur ein Wort sagst.“

Malik lacht, aber sie wissen beide, dass das nicht stimmt. Bubba ist kein Kampfhund, obwohl er furchteinflößend aussieht. Er ist darauf trainiert, eine scharfe Nase zu haben, obwohl er in unserem Haus sehr territorial ist und jeden, der sich ihm nähert, bösartig anknurrt und anbellt. Malik, Cage und alle anderen Jameson-Mitarbeiter hören mich immer wieder von meinem Hund schwärmen, und obwohl sie es lieben, mich damit aufzuziehen, verstehen sie die besondere Verbindung, die wir haben. Sie wissen, dass man in einem fremden Land nicht durch die Straßen gehen kann, wenn man weiß, dass der Hund in die Luft fliegen könnte, wenn er seinen Job nicht gut macht.

All meine Kollegen haben größten Respekt vor Bubba, weil er sich bei seiner Arbeit tagein, tagaus in Gefahr begeben hat. Jeder Tag, an dem dieser Hund aufgewacht ist, hätte leicht sein letzter sein können, wenn er beim Erschnüffeln einen Sprengsatz ausgelöst hätte.

Noch bevor ich das Handy wieder umdrehen kann, kündigt ein Klingelton eine neue SMS an, und Cage lächelt verschmitzt, als er sieht, von wem sie ist. „Deine Stalkerin ist zurück.“

Ich fluche leise vor mich hin, während ich das Handy so drehe, dass ich das Display sehen kann, und verziehe das Gesicht angesichts Adrianas Nachricht. Ichwollte nur mal nachfragen, wie es dir geht. Du fehlst mir so.

Meine ehemalige Freundin, die anscheinend nicht begreifen kann, dass es mit uns endgültig vorbei ist und wir nie wieder zusammenkommen werden.

Cage und Malik ... so wie die meisten meiner Kumpels bei Jameson ... wissen von ihr.

Sie hatten erwartet, dass sie mit mir nach Pittsburgh kommen würde. Adriana war in Kalifornien gewesen, um mein Haus auszuräumen, in dem wir vor meinem Angebot, zur Jameson zu kommen, gemeinsam gewohnt hatten. Sie hatte den größten Teil der Arbeit erledigt, um das Haus für den Verkauf vorzubereiten, damit ich meine neue Stelle in Pittsburgh sofort antreten konnte. Mitte April kehrte ich nach Kalifornien zurück, in der Absicht, dass Adriana, Bubba und ich den Miettransporter und ihr Auto nach Osten fahren würden, um das nächste Kapitel in unserem Leben zu beginnen.

Alle Pläne änderten sich, als ich einen Tag früher ankam, um sie zu überraschen. Ich überraschte sie ein wenig zu sehr, denn ich erwischte sie dabei, wie sie den Rasenpfleger in unserem Bett fickte.

Es gab kein Drama meinerseits. Ich meine, klar ... ich war sauer, aber ich habe nicht zweimal darüber nachgedacht, sie an der Westküste zurückzulassen. Es gab zwar Tränen, Entschuldigungen und Treueversprechen, wenn ich ihr noch eine Chance gäbe, aber ich ließ mich nicht beirren. Mein Vertrauen muss man sich verdienen, und im Gegenzug bin ich absolut zuverlässig. Bricht man mein Vertrauen, verschwindet man für immer aus meinem Leben.

Ich bin ein einfacher Mann.

Deshalb reagiere ich nicht auf Adriana. Es würde nur zu neuen Entschuldigungen und Bitten führen. Sie nimmt tage-, manchmal sogar wochenlang keinen Kontakt zu mir auf, aber dann ist sie irgendwann einsam – und wahrscheinlich betrunken – und meldet sich. Ich habe einmal den Fehler gemacht zu versuchen, einfach nur nett zu sein, darauf zu bestehen, dass sie irgendwie klarkommen muss, und ihr viel Glück zu wünschen. Sie fasste meine Freundlichkeit als möglichen Sinneswandel auf und lässt seitdem nicht mehr locker. Ich halte es für das Beste, sie ab jetzt zu ignorieren.

Nun, da Adriana leicht verärgert ist, ändere ich meine Meinung über Cages Angebot. „Ich trinke doch noch ein Bier mit euch, wenn wir das in der Nähe hinkriegen.“

„Kein Problem“, sagt Cage lässig. Die Jungs wohnen in der Stadt, gleich östlich des Flughafens, aber ich lebe dreißig Minuten südlich von Pittsburgh.

Ein weiterer Vorteil des Jameson-Fluges ist, dass wir nur etwa fünf Minuten brauchen, um unser Gepäck zu holen, das Flugzeug zu verlassen und zu unseren Autos auf dem Parkplatz des privaten Hangars zu gehen. Wir einigen uns auf eine Bar, die Malik gegoogelt hat und die ein paar Kilometer entfernt liegt, und sobald wir ein Bier in der Hand haben, quatschen wir, wie es nur Jungs können.

Dazu gehört auch ein heftiges Wortgefecht mit Cage über Baseball. Er ist auf den Pittsburgh-Zug aufgesprungen, seit er hier lebt, aber ich bin für mein New Yorker Team, mit dem ich aufgewachsen bin. Malik interessiert sich nicht für Baseball, aber warum sollte er auch, wenn seine beiden Brüder professionell Eishockey für die Carolina Cold Furys spielen?

Er debattiert nicht nur nicht mit, sondern ignoriert uns, weil er in eine SMS auf seinem Handy vertieft ist. In Anbetracht des selbstzufriedenen Lächelns auf seinem Gesicht und der Geschwindigkeit, mit der seine Finger über den Bildschirm fliegen, kann ich mir gut vorstellen, wem sein Interesse gilt.

Ich beuge mich indiskret vor und schaue neugierig nach, was er macht. Annas Name steht ganz oben auf dem Bildschirm, also stoße ich ihn spielerisch an. „Kumpel ... schenke uns mal ein bisschen mehr Aufmerksamkeit. Du wirst Anna schon noch früh genug sehen.“

„Das werde ich“, sagt er mit einem Unterton, der mir verrät, dass die beiden nicht viel reden werden, wenn er heimkommt. „Ihre Mutter hat Avery heute Abend.“

„Glückspilz!“, lacht Cage.

Ich habe in den letzten Monaten viel über meine neuen Teamkollegen gelernt, aber nichts ist so spannend wie die Geschichte von Malik und Anna. Sie haben viel durchgemacht, um dahin zu kommen, wo sie jetzt sind. Annas Mann ist bei einer Mission gefallen, bei der Malik in Geiselhaft geriet. Er war monatelang in der Gewalt der Geiselnehmer, bis Jameson ihn befreite.

Bei seiner Heimkehr war er nicht mehr derselbe. Anna auch nicht. Anna war zum Todeszeitpunkts ihres Ehemannes schwanger gewesen und hatte in der Zwischenzeit ihre Tochter Avery zur Welt gebracht. Sie arbeitete als Kynans Assistentin, und mit der Zeit kamen sie und Malik sich näher.

Sehr viel näher, denn sie verliebten sich ineinander, trotz der komplizierten Umstände ihrer beider Leben. Manche mögen das für zu chaotisch halten, aber ich finde, das sind die besten Liebesgeschichten.

Damit wir uns nicht falsch verstehen … ich bin Romantiker. Dass ich über Adrianas Untreue nicht sonderlich erschüttert war, sagt mir nur, dass sie nicht die Richtige war.

Natürlich habe ich das schon die ganze Zeit gespürt, aber die Dinge waren bequem und einfach, so dass ich nicht abgehauen bin, als ich es wahrscheinlich hätte tun sollen.

„Ich will euch mal etwas fragen“, beginnt Malik, während er sein Handy auf die Theke legt.

„Schieß los“, sagt Cage, dreht sich auf seinem Barhocker und beugt sich vor, damit er Malik sehen kann, der auf der anderen Seite neben mir sitzt.

„Meint ihr, es ist zu früh, um Anna zu fragen, ob sie mich heiraten will?“

Totenstille. Ich blinzle Malik an, und ein kurzer Blick in den Spiegel hinter der Bar zeigt mir, dass Cage denselben ausdruckslosen Blick hat.

„Verdammt“, knurrt Malik, nimmt sein Bier in die Hand und trinkt einen Schluck. „Ihr müsst mich nicht alle auf einmal bestärken.“

Cage schüttelt sich, als schrecke er aus seiner Benommenheit auf. „Ich zögere nicht, dich zu bestärken. Ich zögere, weil ich mich wundere, dass du das überhaupt fragen musst. Ich habe einfach angenommen, dass ihr irgendwann heiratet. Du hast Anna noch keinen Antrag gemacht?“

Malik schüttelt den Kopf. „Es ist kompliziert.“

„Ist es nicht“, widerspreche ich und denke daran, wie einfach es war, mich von Adriana zu trennen. Das Gegenteil ist auch leicht, finde ich. Man muss nur wissen, dass man das Richtige tut.

„Du verstehst die Komplexität der Sachlage nicht ...“

„Oh, ich verstehe deine Geschichte sehr gut.“ Ich lege ihm eine Hand auf die Schulter und stütze mich mit dem anderen Ellbogen auf den Tresen. „Du machst dir Sorgen, was die Leute denken könnten, aber ich sage dir hiermit, dass sie denken werden, dass es verdammt noch mal an der Zeit ist, dass ihr beide heiratet.“

Malik sieht nicht überzeugt aus, und ich nehme die Hand weg. Doch ich verstehe seine Sorge. Eine Frau zu heiraten, die ihren Mann während einer Mission verloren hat, auf der man selbst auch war, könnte in gewissen Kreisen für hochgezogene Augenbrauen sorgen.

Aber nicht bei Jameson. Seitdem ich hier angefangen habe, habe ich festgestellt, dass jeder in dieser Firma Teil eines sehr engen Kreises ist. Es fühlt sich an wie eine Familie, und niemand würde Maliks und Annas Glück im Weg stehen.

„Du weißt, dass du Jims Andenken keineswegs mit Füßen trittst“, fügt Cage hinzu. „Wenn überhaupt, dann weiß ich, dass er da oben verdammt glücklich wäre, wenn er wüsste, dass sich jemand um Anna kümmert, und übrigens auch um Avery.“

Maliks Augen werden bei der Erwähnung Averys ganz sanft. Annas und Jims Tochter ist erst letzte Woche ein Jahr alt geworden, und sie ist Maliks Augapfel. Sie mögen nicht verwandt sein, aber er ist ihr in jeder Hinsicht ein Vater gewesen.

Sein Blick wird wieder scharf, seine Augen huschen zwischen mir und Cage hin und her. „Ich liebe Anna von ganzem Herzen. Avery möchte ich offiziell adoptieren. Ich möchte, dass sie juristisch meine Tochter ist, aber ich weiß, dass der erste Schritt darin besteht, ihre Mutter zu heiraten.“

Ich runzle die Stirn, als mir ein Gedanke kommt. „Hast du etwa Angst, Anna könnte Nein sagen?“

Er schüttelt den Kopf. „Anna wird Ja sagen.“

„Worauf zur Hölle wartest du dann?“, ruft Cage aus.

„Vielleicht habe ich auf etwas Zuspruch gewartet. Auf die Zusicherung, dass ich damit niemandem auf die Füße trete.“

Das ist eine tapfere, kühne Ansage. Ein Eingeständnis von Verletzlichkeit, wie es Männern schwerfällt. Ich bewundere ihn dafür.

„Ich schlage vor, frag sie eher früher als später.“ Damit greife ich nach meinem Bier und halte es ihm hin.

„Ganz meine Meinung“, sagt Cage und schiebt seine Bierflasche zu uns herüber.

Malik grinst, stößt den Hals seiner Flasche gegen unsere, und wir trinken. Während Cage und ich nach einem Schluck absetzen, legt Malik den Kopf in den Nacken und kippt den Rest seiner Flasche.

Er schmatzt, zwinkert und schiebt die leere Flasche von sich weg. „So, ich haue jetzt ab. Ich muss Anna eine sehr wichtige Frage stellen.“

Mir fällt die Kinnlade herunter, als Malik vom Hocker aufsteht. „Jetzt gleich? Du willst ihr jetzt einen Antrag machen?“

Malik kramt in seiner Hosentasche nach seinen Schlüsseln. „Wie Cage sagt ... worauf soll ich denn noch warten?“

„Auf einen Ring beispielsweise“, antworte ich.

Er grinst listig. „Den habe ich schon gekauft.“

Lächelnd deute ich auf die Tür. „Dann verschwinde. Du hast etwas viel Wichtigeres zu tun, als mit uns Bier zu trinken.“

„In der Tat“, pflichtet mir Malik bei und ist weg.

Cage und ich freuen uns einen Augenblick lang gemeinsam für unseren Freund. Er wirft einen Blick auf meine Flasche. „Willst du noch eins?“

„Nein.“ Ich grinse. „Zu Hause wartet die Liebe meines Lebens auf mich.“

„Dein Hund ist die Liebe deines Lebens?“, fragt Cage trocken.

„Ganz genau. Bist du etwa eifersüchtig?“

„Wohl kaum.“ Cage trinkt aus, und wir erheben uns beide von unseren Barhockern. „Ich habe eine heiße Frau zu Hause, die immer weiß, wie sie mich auf die genau richtige Art und Weise willkommen heißen kann.“

„So genau wollte ich das gar nicht wissen, Alter“, schimpfe ich lachend, während wir die Bar verlassen.

Kapitel 2

Kellen

Als ich Adriana in Kalifornien zurückließ, ließ ich auch das Haus zurück, das mir fast fünf Jahre lang gehört hatte. Zwischen meinen Einsätzen war ich in Camp Pendleton stationiert und mochte die Gegend sehr. In San Diego herrscht das ganze Jahr über perfektes Wetter, und ich dachte damals, es wäre ein guter Ort, um Wurzeln zu schlagen, sobald ich aus dem Korps ausgeschieden war.

Zum Glück konnte ich das Haus nach nur zwei Tagen, die es auf dem Markt war, verkaufen, und mit dem Erlös erwarb ich ein Haus in Washington, Pennsylvania, südlich von Pittsburgh. Ich bin kein Stadtmensch, denn ich bin auf einer Milchfarm im Hinterland New Yorks aufgewachsen und konnte mir nicht vorstellen, inmitten von Glas, Beton und Stahl in der Innenstadt zu leben. Das Pendeln macht mir nichts aus, und ich liebe es, an einer kurvenreichen, zweispurigen Straße zu wohnen, von der aus man einen herrlichen Blick auf die Berge und die sanften Hügel hat.

Das Haus ist nicht riesig ... nur ein durchschnittliches Terrassenhaus, das ein paar Modernisierungen vertragen könnte. Mein erstes Projekt wird die Erneuerung der Küche sein, weil ich gerne koche und viel Zeit dort verbringe. Das Haus zeichnete sich mehr durch seinen eingezäunten Garten für Bubba und einen kleinen Arbeitsschuppen auf der Rückseite für meine Werkzeuge aus. Ich habe eine ziemliche Sammlung und kann die meisten Haushaltsreparaturen selbst durchführen und auch kleinere Tischlerarbeiten erledigen.

Ich biege in die Einfahrt ein und stelle den Wagen in den ans Haus angebauten Carport. Irgendwann möchte ich ihn durch eine richtige Garage ersetzen, aber erst nach der Innenrenovierung, die eine Weile dauern könnte.

Als ich aussteige, meine Reisetasche aus dem Kofferraum hole und sie mir über die Schulter werfe, werde ich hellhörig. Normalerweise würde Bubba beim Geräusch meines Autos bellen, aber es ist gespenstisch still. Ich betrete das Haus durch die Seitentür, die in die Küche führt, und meine Brust krampft sich leicht zusammen, weil mein Hund mich nicht begrüßt.

„Bubba“, rufe ich und pfeife schrill.

Erleichterung durchströmt mich, als ich das Kratzen seiner Krallen auf dem Holzboden höre und er um die Ecke aus dem Wohnzimmer kommt. Bubba wedelt mit dem Schwanz – offensichtlich freut er sich, dass ich zu Hause bin –, aber er bewegt sich seltsam. Er hält den Kopf gesenkt und sieht verdrießlich aus.

Ich lasse die Reisetasche auf den Boden gleiten und gehe mit ausgestreckten Armen in die Hocke, damit er zu mir kommt. „Was ist los mit dir?“, frage ich sanft und lasse mir das Gesicht lecken, während er weiter mit dem Schwanz wedelt. Aber ich merke, dass Bubba sich nicht wohlfühlt.

Ich fahre mit den Händen an seinen Rippen entlang, über seine Hüften und durch sein dichtes braun-schwarzes Fell bis hinunter zu seinem Bauch, den ich leicht drücke, um zu sehen, ob ihm das Schmerzen bereitet, aber das tut es nicht.

Dann nehme ich sein Gesicht in meine Hände und schaue ihm in die seelenvollen braunen Augen. „Wenn du doch nur reden könntest, Kumpel. Ich spüre, dass etwas nicht stimmt, aber ich weiß nicht, was.“

Das bringt mir ein Lecken vom Kinn bis zur Nase ein, und ich lache, gefolgt von einer langen Streicheleinheit im Nacken. Ich drücke meine Stirn an seine und richte mich auf. „Wie wäre es mit Abendessen?“, schlage ich vor.

Normalerweise löst dieses Wort bei ihm Begeisterungsstürme aus, begleitet von aufgeregtem Bellen, aber jetzt starrt er nur mit mildem Interesse zu mir hoch. Ich runzle die Stirn, denn mein Hund ist futtermotiviert, und er verhält sich eindeutig ambivalent. Dennoch zappelt er mit dem Schwanz, ein Zeichen der Zufriedenheit – wahrscheinlich, weil ich zu Hause bin –, also verdränge ich meine Ängste.

Ich erzähle Bubba von meinen Abenteuern in Mexiko, während er mir bei der Zubereitung seiner Abendmahlzeit zusieht. Nur das Beste für meinen Jungen. Dazu gehört hochwertiges Nassfutter, das ich mit Trockenfutter mische, um den Geschmack zu verbessern. Ich füge frische grüne Bohnen für seine Konstitution hinzu und stelle den Napf auf den Boden.

Bubba bewegt sich nicht, aber das ist seinem Training geschuldet. Er darf erst dann fressen, wenn ich ihm das Kommando dazu gebe.

„Rührt euch“, sage ich und deute auf den Napf. An jedem anderen Tag hätte er sich auf das Futter gestürzt, aber jetzt schlendert er einfach heran und schnuppert daran. Sein Blick hebt sich zu meinem. „Nur zu ... friss, Kumpel.“

Er probiert etwas von dem Futter, wendet sich dann aber ab.

Was zum Teufel ist los?

Ich folge Bubba ins Wohnzimmer. Er legt sich allerdings nicht in sein Hundebett, sondern läuft auf und ab, wobei er gelegentlich hechelt. Ich hole mein Handy heraus und rufe Julie an.

Sie ist die erwachsene Tochter meiner Nachbarn von gegenüber und Bubbas Hundesitterin, seit ich hierhergezogen bin. Julie lebt aufgrund einer kürzlich erfolgten Scheidung bei ihren Eltern und arbeitet als zahnmedizinische Assistentin. Sie ist Hundeliebhaberin und hat die Aufgabe übernommen, sich um Bubba zu kümmern, wenn ich auf Dienstreise bin, damit ich ihn nicht woanders unterbringen muss. Tagsüber, wenn sie bei der Arbeit ist, kommt eines ihrer Elternteile vorbei, um Bubba rauszulassen und nach ihm zu sehen, und nachts bleibt Julie bei ihm.

Ich weiß, dass sie bei der Arbeit ist und habe keine Ahnung, ob sie abnehmen wird. Umso erleichterter bin ich, als sie es nach dem dritten Klingeln tut.

„Hey, Julie“, melde ich mich, sobald die Verbindung steht. „Ich bin wieder daheim, und Bubba verhält sich seltsam. Er will nichts fressen.“

„Das ist wirklich seltsam“, antwortet sie, denn sie kennt die Vorliebe meines Hundes für Futter sehr gut. „Heute Morgen ging es ihm noch gut. Er hatte sein normales Frühstück und war beim Spaziergang gut drauf. Soll ich meine Eltern anrufen, um mal nachzufragen? Ich weiß, dass sie mittags da waren.“

„Nein, das kann ich selbst machen.“ Ich bedanke mich noch einmal bei Julie, und sobald ich aufgelegt habe, überweise ich ihr das Geld für ihre Dienste, denn ich hatte vergessen, sie zu bezahlen.

Dann überlege ich, ob ich Julies Eltern, Rae und Dwight, anrufen soll, aber mein Gefühl sagt mir, dass die Sache keinen weiteren Aufschub duldet.

„Wir machen einen kleinen Ausflug“, sage ich zu meinem Hund, und er spitzt die Ohren. Das Wort „Ausflug“ liegt auf der Erregungsskala normalerweise gleichauf mit dem Wort „Abendessen“. Bubba wedelt heftiger mit dem Schwanz und rennt zur Küchentür, wo seine Leine hängt.

Das lässt mich innehalten, denn in diesem Augenblick scheint es ihm gutzugehen.

Aber es ging ihm nicht gut, als ich heimkam und er nicht fressen wollte.

Es ist so schwer zu sagen, was richtig ist, wenn der Hund deine Sprache nicht spricht. Aber es gibt keinen Grund zum Grübeln, denn ich gehe immer auf Nummer sicher. Ein Besuch beim Tierarzt ist gut angelegtes Geld, wenn es Bubba hilft und mich beruhigt.

***

Als ich nach Pittsburgh zog, habe ich mich mit zuerst auf die Suche nach einem guten Tierarzt gemacht. Ich habe mich gründlich über die Tierarztpraxis am Cove Lake informiert und war erfreut zu hören, dass die Tierärztin schon seit fast dreißig Jahren dort tätig ist. Ich traf mich mit ihr – Dr. LeAnne Schoen – und mochte sie sehr. Sie untersuchte Bubba gründlich, aber im Grunde war es nur ein Kennenlernen, denn es waren keine Impfungen fällig.

Deshalb fahre ich jetzt dorthin, denn ihre Klinik ist nur etwa zweieinhalb Kilometer von meinem Haus entfernt.

Die Klinik liegt auf einem riesigen Grundstück neben Dr. Schoens großem, weißem Farmhaus, das sie im Laufe der Jahre restauriert hat. Sie erzählte mir, dass es aus dem späten 19. Jahrhundert stammt, und sie hat Erstaunliches daran geleistet, zumindest, soweit ich das von außen sehen kann.

Ihre Tierarztpraxis befindet sich in einem freistehenden Gebäude etwa hundert Meter links vom Haus, das einen eigenen Zugang von der Straße aus hat. Ich steuere meinen Wagen in die Zufahrt, und es ist nur ein Auto davor geparkt.

Als ich Bubba aus meinem SUV lasse und an die Leine nehme, gebe ich ihm ein paar Minuten Zeit, um sein Geschäft zu verrichten, falls er muss. Er schnüffelt im saftigen Sommergras und fängt an, ein paar Büschel herauszuziehen, um sie zu fressen.

Das ist eindeutig ein Zeichen für einen verdorbenen Magen.

„Komm.“ Ich ziehe sanft an der Leine, und er folgt mir in das weiße, einstöckige Gebäude. Hinter dem L-förmigen Empfangstresen sitzt ein junges Mädchen, aber sie ist nicht dieselbe, die mich bei meinem ersten Besuch begrüßt hat. Sie lächelt erfreut, wirft einen Blick auf Bubba und dann wieder auf mich. „Hallo. Wie kann ich Ihnen helfen?“

„Leider habe ich keinen Termin, aber Bubba ist Patient von Dr. Schoen. Ich bin gerade von einer längeren Reise zurückgekehrt, und es geht ihm nicht gut.“

Besorgnis zeichnet sich auf ihrem Gesicht ab, als sie sich über den Empfangstresen beugt und ihn anschaut. „Armer Kleiner“, gurrt sie, bevor sie sich wieder hinsetzt. „Was ist das Problem?“

„Bubba hat sich gefreut, mich zu sehen, aber nicht so überschwänglich wie sonst. Er wollte nicht fressen und ist auf und ab getigert, als fühle er sich unwohl. Seine Hundesitterin sagte, dass er sich heute Morgen ganz normal verhalten und sein Frühstück komplett aufgefressen hat.“

Die Tierarzthelferin nickt mit einem verständnisvollen Lächeln. „Dr. Schoen ist heute leider nicht im Haus, aber Dr. Blackburn ist da. Möchten Sie zu ihr?“

„Ja, das wäre super.“

Die Tierarzthelferin dreht sich zu einem Computer um und fragt mich nach meinem Namen.

„Kellen McCord.“

Sie tippt auf ein paar Tasten, betrachtet kurz den Bildschirm und lächelt dann. „Ah, da haben wir Sie ja. Dann ist das Omega?“

„Ja, aber er hört auf den Namen Bubba.“

„Omega passt viel besser zu ihm. Bubba klingt eher nach Jagdhund oder so.“

Ich nicke lächelnd. „Sie sind nicht die Erste, die das sagt.“

Sie lächelt zurück, greift zum Telefon, drückt eine Taste und sagt: „Dr. Blackburn ... ich hätte hier einen Patienten für Sie.“

Ich blinzle überrascht, wie entspannt das alles abläuft. In der Tierklinik in San Diego musste man sich anmelden und dann warten, bis eine Tierarzthelferin einen in einen Raum führte, um die Vorbereitungen zu treffen, woraufhin man dann erneut geduldig warten musste, bis der Arzt kam.

Doch dann öffnet sich eine Schwingtür, und eine junge Frau tritt ein. Ich habe keine Ahnung, ob sie die Tierärztin ist, denn sie trägt Jeans, Converse-Turnschuhe und ein T-Shirt mit der Rolling-Stones-Zunge als Aufdruck.

Sie sieht auf eine sehr unkonventionelle Weise großartig aus. Ihr rabenschwarzes Haar ist sehr kurz geschnitten, reicht nur bis in den Nacken. Das Deckhaar ist etwas länger und zur Seite gekämmt, so dass es ihr in die Stirn hängt. Sie hat ein Augenbrauenpiercing, was mich nur noch mehr auf ihre meerschaumgrünen Augen aufmerksam macht, die so hell strahlen, dass sie wie Juwelen aussehen.

Außer etwas Wimperntusche trägt sie kein Make-up, und ihre Haut ist ein makelloses Elfenbein mit natürlich rosigen Wangen. Schwer zu übersehen sind auch die vollen Lippen, die trotz des Fehlens von Lippenstift einen leichten Glanz aufweisen, der vielleicht auf ein wenig Gloss hinweist.

Die Frau schenkt mir keinen Blick, ihre Aufmerksamkeit gilt nur Bubba. Ohne zu zögern, geht sie auf ihn zu und dann in die Hocke. „Ja, wen haben wir denn hier?“

„Das ist Bubba“, antworte ich, aber die Tierarzthelferin fällt mir ins Wort.

„Ein acht Jahre alter Malinois. Ist seit zwei Monaten bei Dr. Schoen in Behandlung. Früherer Militär-Diensthund, beginnende Arthritis. Dr. Schoen hat Rimadyl zur Einnahme nach Bedarf verschrieben. Ansonsten keine Gesundheitsprobleme, alle Impfungen auf dem neuesten Stand.“

Verdammt. Sie hat offenbar mehr im Computer stehen, als ich ihr zugetraut hätte.

Die Frau – ich nehme an, es ist die Tierärztin – krault Bubba hinter den Ohren, um ihn zu beruhigen. „Was ist los mit dir, du Fellknäuel? Deine Augen leuchten, aber das lässt bei edlen Kreaturen wie dir nicht immer darauf schließen, dass alles in Ordnung ist.“

Bubba schenkt ihr ein hündisches Lächeln und leckt ihr das Gesicht. Ich bin überrascht, denn ich bin normalerweise der Einzige, dem er Zuneigung zeigt. Er ist zwar keineswegs bösartig und auch kein scharfer Hund, aber er ist diszipliniert und zurückhaltend.

Sie lacht vergnügt, gibt Bubba einen Klaps auf den Nacken und erhebt sich. Dann streckt sie die Hand aus und sagt: „Ich bin Abby Blackburn.“

„Sehr erfreut, Sie kennenzulernen, Dr. Blackburn.“ Obwohl sie feingliedrig und zart gebaut ist, ist ihr Händedruck kräftig und selbstbewusst. „Ich bin Kellen McCord.“

Dr. Blackburn verzieht das Gesicht. „Nennen Sie mich ruhig einfach Abby. Ich halte nicht viel von Konventionen und akademischen Titeln.“

Ich lache, habe aber doch das Bedürfnis nachzufragen. „Aber Sie sind schon Tierärztin?“

Abby lacht ebenfalls leise und melodisch. „Oh ja. Ich bin eben nur nicht … konventionell.“

„Solange Sie Bubba helfen, ist das kein Problem für mich.“

„Ein ehemaliger Militär-Diensthund“, wiederholt sie und nickt in Richtung der Tierarzthelferin. „Waren Sie sein Hundeführer?“

„Ja, fünf Jahre lang. Meine Dienstzeit endete genau zu dem Zeitpunkt, als auch er in den Ruhestand ging, und so konnte ich ihn adoptieren.“

„Fantastisch“, sagt sie mit einem offenen Lächeln, dann wird ihre Miene ernst. „Was ist denn das Problem?“

Ich erzähle alles, was ich der Tierarzthelferin bereits gesagt habe, und füge hinzu: „Ich weiß, das klingt nicht dramatisch, aber ...“

„Wenn Sie finden, er wirkt seltsam, glaube ich Ihnen das aufs Wort. Vielleicht einfach eine Magenverstimmung. Es könnte sich aber auch um eine Verstopfung handeln. Wir sollten besser vorsichtig sein.“

Sie nimmt mir Bubbas Leine aus der Hand. „Wenn Sie sich setzen wollen, untersuche ich ihn nebenan. Bei Verdacht auf eine Verstopfung ist Röntgen wirklich die beste Lösung. Ich muss ihm allerdings ein leichtes Beruhigungsmittel geben.“

„Ja, das ist in Ordnung ... machen Sie alle erforderlichen Tests“, antworte ich, ohne zu zögern, beuge mich vor und schlinge die Arme um Bubba. Ich drücke mein Gesicht in sein Fell und flüstere Worte des Zuspruchs. Mir dreht sich der Magen um, weil ich weiß, dass es etwas Ernstes sein könnte, aber ich verdränge diese Angst. Es hat keinen Sinn, sich über etwas aufzuregen, das auch nur eine Magenverstimmung sein könnte.

Abby verschwindet durch die Schwingtür, die Tierarzthelferin – ich sehe jetzt ihr Namensschild, auf dem „Christy“ steht – folgt ihr und lässt mich mit meinen Gedanken allein.

Als Bubba und ich bei den Marines waren, war sein Leben jeden Tag in Gefahr. Aber ich war in der Lage, das zu verdrängen. Ich konnte es mir nicht leisten, meine Besorgnis meine Aufmerksamkeit und Konzentration beeinträchtigen zu lassen. Er auch nicht.

Im zivilen Leben ist es jedoch nicht so einfach, Sorgen zu verdrängen. Er ist jetzt mein Haustier, nicht mehr mein Partner, und das bedeutet, dass ich nicht anders kann, als angesichts der Möglichkeiten Angst zu empfinden. Ich kann nicht in den coolen Marinemodus wechseln, in dem Gefahr Teil des Jobs ist. Wir sind jetzt Zivilisten, und ich will nicht, dass Bubba etwas passiert.

Ich ignoriere die in die Wand geschraubten Sitzgelegenheiten und tigere durch die Lobby. Hin und her, vorbei an Auslagen mit Spezialfutter, Spielzeug und Leckerlis. Ich schaue ein Dutzend Mal auf die Uhr. Einmal zücke ich mein Handy und denke, ich könnte ein bisschen auf Instagram surfen, aber ich schließe die App gleich wieder, als ich sehe, dass Adriana eine weitere Nachricht geschickt hat, in der sie mich eindringlich bittet, sie anzurufen, damit wir über „Dinge“ reden können.

Alle sagen, ich solle sie blockieren, und das würde ich auch, gäbe es nicht einen sehr komplizierten Grund, der dagegen spricht ... ungeklärte finanzielle Verstrickungen. Vor etwa einem Jahr habe ich Adriana bei der Eröffnung eines veganen Bioladens geholfen und ihr die Anlaufkosten vorgestreckt. Somit bin ich zu fünfzig Prozent an dem Laden beteiligt. Er läuft gut, so dass wir beschlossen, ihn zu behalten, als es so aussah, als würden wir nach Pittsburgh umziehen. Adriana wollte eine gute Geschäftsführerin einarbeiten, und wir überlegten, hier eine Filiale zu eröffnen.

Dazu wird es aber nicht kommen. Adriana führt den Laden weiter, doch die Gewinnspanne ist im Augenblick sehr gering. Ich will aus der ganzen Sache aussteigen, aber Adriana hat noch nicht die Mittel, um mich auszuzahlen. Also muss ich warten, bis sie eine Finanzierung für den Kauf meiner Hälfte des Geschäfts stemmen kann. Aktuell haben wir uns auf eine niedrige monatliche Rate geeinigt, die sie sich leisten kann, aber ich würde es vorziehen, wenn sie einen Kredit aufnimmt, um mich ganz auszuzahlen. Ein Teil von mir glaubt, sie spielt auf Zeit, um mich bei der Stange zu halten, weil sie hofft, dass ich sie zurücknehme.

Was nie geschehen wird. Ich empfinde für sie nur noch eine schwache Abneigung, als wäre sie ein bitterer Geschmack, den ich mir nicht ganz aus dem Mund spülen kann.

Wieder gehe ich auf und ab.

Es kommt mir vor, als seien Stunden vergangen, aber als Abby durch die Schwingtür tritt und ich auf die Uhr schaue, sind es nur etwa fünfundvierzig Minuten.

„Geht es ihm gut?“, platze ich heraus und bin erstaunt, wie angsterfüllt ich klinge. Normalerweise bin ich unter furchtbarem Stress die Coolness in Person. Ich meine, verdammt noch mal ... ich habe als Bombenentschärfer gearbeitet und gerade acht Tage damit verbracht, Zivilisten zu schützen, die durch ein gefährliches Land reisten.

Abby lächelt beruhigend. „Es geht ihm gut. Er ist ein bisschen schläfrig. Es sieht aus, als habe er etwas verschluckt.“

„Was denn?“, frage ich verblüfft. Bubba ist ein wohlerzogener Hund. Er kaut nicht an Dingen herum, und schon gar nicht frisst er wahllos irgendetwas.

Abbys Augen funkeln. „Leider ist unsere Technologie nicht so weit fortgeschritten, aber es scheint eine Art weiches Material zu sein. Vielleicht eine Socke oder ein Plüschtier.“

„Ein Plüschtier?“

Abby nickt.

„Er schläft mit einem. Ich meine ... er hat mehrere, aber er nimmt sie nur ins Maul, wenn er schläft. Damit hat er angefangen, als er in Rente gegangen ist. Ich dachte, er zeigt jetzt seine lebenslustige, hündische Seite, nachdem er jahrelang ernsthafte Arbeit geleistet hat.“

„Aber er hat sie noch nie verschluckt?“, hakt sie nach.

„Nein. Noch nie.“

„Gab es in letzter Zeit irgendwelche Stressfaktoren für ihn?“, erkundigt sie sich.

Ich runzle die Stirn und frage mich, ob mir etwas entgangen ist. Normalerweise habe ich so ein gutes Gespür für ihn. „Nein, ich glaube nicht.“

„Sie sagten, Sie seien gerade von einer Reise zurückgekommen“, erinnert sie mich.

„Ja, ich war acht Tage in Mexiko. Länger waren wir ...“ Dann fällt es mir wie Schuppen von den Augen. „Länger waren wir noch nie getrennt. Die meisten Reisen, die ich unternommen habe, seit wir nach Pittsburgh gezogen sind, dauerten nur ein paar Tage ... maximal drei.“

„Das könnte der Grund sein“, vermutet sie. „Aber lassen Sie uns darüber reden, was das bedeutet.“

Ich höre aufmerksam zu, als sie mir erklärt, dass sich der Fremdkörper in Bubbas Dickdarm befindet, was bedeutet, dass er fast den gesamten Weg durch sein Verdauungssystem zurückgelegt hat. „Er scheint sich gut zu bewegen und keine Verstopfungen zu verursachen, aber das heißt nicht, dass es nicht doch passieren kann.“

„Müssen Sie operieren?“

„Nein“, antwortet sie rasch. Ihre Stimme bleibt dabei ganz ruhig, was mir sofort die Angst nimmt. „Nur, wenn er sich nicht von selbst bewegt. Normalerweise würden wir ihn an eine Infusion hängen, um die Peristaltik zu fördern und ihn zu überwachen. Ich würde ihn gerne über Nacht hierbehalten und hoffe, dass er bis morgen alles ausgeschieden hat, was er gefressen hat.“

„Aber was ist, wenn in der Nacht ein Notfall eintritt? Das ist der Grund, warum ich ihn nie in einer Pension unterbringe, sondern eine Sitterin bei mir wohnen lasse. Mir gefällt der Gedanke nicht, dass er allein ist, wenn etwas passiert. Wir haben schon viel zu viel zusammen durchgemacht, und ich kann ihn nicht in eine Situation bringen ...“

Abby legt mir die Hand auf den Unterarm. Die Berührung ist leicht, ohne viel Druck, aber sie beruhigt mich sofort.

„Ich klinge wie ein verdammter Narr, nicht wahr?“, grummele ich mit einem verlegenen Grinsen.

Sie drückt etwas fester zu und schüttelt den Kopf, ehe sie die Hand wegnimmt. „Überhaupt nicht. Sie hören sich wie ein guter Hundehalter an. Aber Sie müssen sich keine Sorgen machen. Ich wohne hier ... über der Garage von Dr. Schoens Haus, also kann ich nach Bubba sehen. Mit Problemen ist eigentlich nicht zu rechnen, aber wenn es welche gibt, rufe ich Sie an.“

Ein tiefes Seufzen purer Erleichterung löst die Enge in meiner Brust. Mein Gott ... seit wann bin ich nur so ein Weichei, wenn es um meinen Hund geht? Vor allem, weil er schon häufiger, als ich zählen kann, Dinge getan hat, die sein Leben in Gefahr gebracht haben, und ich war noch nie zuvor so panisch.

„Möchten Sie ihn sehen?“, fragt Abby.

Ich hebe ruckartig die Brauen. „Geht das?“

„Klar“, antwortet sie. „Es sind keine anderen Leute da, und wir schließen demnächst. Christy bringt Bubba in einem unserer supergroßen Zwinger unter, damit er es bequem hat.“

Ich folge Abby durch die Schwingtür in einen großen, offenen Raum mit drei Untersuchungstischen in der Mitte, Glasvitrinen mit Zubehör und darunter verlaufenden Arbeitsflächen aus Edelstahl, die mit Laptops, Mikroskopen und anderen medizinischen Geräten für Gott weiß was beladen sind. Durch eine Doppelschwingtür mit Glasscheiben sehe ich etwas, das wie ein Operationssaal aussieht. Er ist sauber, hell und sieht weit moderner aus, als ich es bei einem kleinen Landtierarzt erwartet hätte.

Mein Blick fällt auf einen riesengroßen Eckkäfig, in den vier Bubbas passen würden. Er liegt auf einem weichen Bett aus Handtüchern und hat eine Infusion im rasierten rechten Vorderbein. Christy kniet neben ihm und murmelt leise Worte, während sie den Beutel mit der Kochsalzlösung aufhängt.

Bubba sieht mich und hebt den Kopf, wedelt schwach mit dem Schwanz. Seine Augen sind glasig, und er wirkt wie bekifft.

Christy verlässt den Käfig und deutet darauf. „Wollen Sie sich ein bisschen zu ihm setzen?“

Ich schaue zurück zu Abby, aber die sitzt an einem der Tresen und tippt auf einem Laptop, vielleicht, um Bubbas Krankenakte zu aktualisieren.

Der Käfig ist groß genug, dass ich hineinkriechen und mich bequem neben ihn setzen kann. Bubba legt den Kopf auf meinen Schoß, klopft zweimal mit dem Schwanz auf den Boden und schließt mit einem tiefen Seufzer die Augen. Innerhalb weniger Sekunden schnarcht er.

„Wird er die ganze Nacht schlafen?“, frage ich in die Runde.

Abby dreht sich auf ihrem Schemel zu mir um und antwortet: „Ja, aber ich werde mindestens zweimal rüberkommen und mit ihm Gassi gehen. Er wird Wasser lassen müssen, wenn die ganze Kochsalzlösung durch ihn läuft. Hoffentlich macht er auch groß, und zwar mit einem Stofftier, wie ich vermute.“

Ich schüttle den Kopf und bin immer noch erstaunt, dass er es gefressen hat. War der Stress durch meine Abwesenheit die Ursache dafür? Hat Julie sich nicht gut um ihn gekümmert? Sie ist nett, aber ich habe sie erst vor ein paar Monaten kennengelernt. Vielleicht war es ein Fehler, dass ich ihn nicht mitgenommen habe.

„Ich sehe, wie sich die Rädchen in Ihrem Kopf drehen“, sagt Abby nachdenklich. „Sie fragen sich, was Sie falsch gemacht haben.“

„Ist das so deutlich?“

„Ja, ziemlich. Ich würde sagen, machen Sie sich keine Vorwürfe.“ Sie springt vom Hocker und geht zu einer Reihe großer Drahtkäfige an der gegenüberliegenden Wand. Christy hat den Raum verlassen. Ich streichle Bubbas Fell, während ich Abby zusehe, wie sie die dort untergebrachten Hunde und Katzen füttert. Es gefällt mir, dass es ihr nichts ausmacht, die einfachen Arbeiten zu erledigen. Ich war schon immer beeindruckt von Menschen, die alles tun, was ihr Job mit sich bringt.

„Wie lange arbeiten Sie schon hier?“, frage ich, während sie Futter in Schalen schüttet, diese in den Drahtkäfigen anbringt und Wasserflaschen auffüllt.

„Seit zwei Jahren. Dr. Schoen wird mir die Praxis verkaufen, wenn sie in den Ruhestand geht, was wohl eher früher als später der Fall sein wird, denke ich. Sie ist in letzter Zeit viel unterwegs.“

Abby bewegt sich mit großer Sicherheit und Effizienz, aber sie hat auch eine Grazie an sich, die schwer zu beschreiben ist. Erstaunliche Körperspannung, fließende Bewegungen. Wie eine Tänzerin, vielleicht.

Ich finde sie umwerfend. Obwohl sie Jeans und ein bedrucktes T-Shirt trägt, wirkt sie mit ihren zarten Gesichtszügen fast aristokratisch. Nicht vielen Frauen stünde dieser Haarschnitt, aber ihr Gesicht verlangt ihn geradezu.

Sie ist eine Doppelgängerin von Audrey Hepburn, nur sind ihre Augen hellgrün statt braun, und ihr Haar ist nachtschwarz. „Stammen Sie von hier?“

Abby hält nicht inne, sondern schüttelt nur den Kopf. „Aus Kentucky.“

Faszinierend, und nicht das, was ich vermutet habe. „Sie haben gar keinen Südstaaten-Akzent.“

Sie lacht wieder süß, zart und hell, was zu ihrer zierlichen Statur passt. „Oh, wenn ich ein paar Bier intus habe, kommt der sofort wieder raus. Aber ich bin jetzt schon fast zehn Jahre weg, also hat er sich wohl ein wenig abgemildert.“

Abby geht zu einem Käfig, in dem eine Golden-Retriever-Hündin sitzt, die in einem elenden Zustand zu sein scheint. Ihre Augen sind trüb, ihr Haar ist verfilzt, und sie zittert. Statt den Futternapf hineinzustellen, lässt Abby die Zwingertür offen und stellt ihn auf den Boden.