Colin Bradley - Hour of the Huntress - Blossom Rydell - E-Book

Colin Bradley - Hour of the Huntress E-Book

Blossom Rydell

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Beschreibung

In William Colemans Sanatorium im Londoner Ortsteil ›Eltham‹, das vom Psychiater Dr. Freeman geleitet wird, geschehen plötzlich seltsame Dinge. Während seines Dienstes verschwindet spurlos ein Pfleger und schon kurz darauf wird Colemans Teilhaber Vincenzo Lombardi auf rätselhafte Weise ums Leben gebracht, und auch das Tatmotiv liegt völlig im Dunkeln. Als Chief Inspector Primes von Scotland Yard mit seiner Ermittlung beginnt, steht nicht nur Colin Bradley seinem Freund zur Seite. Denn auch Colemans Tochter Miranda macht sich an die Nachforschungen, aber aus Gründen, die sie nicht preisgeben will. Und es dauert nicht lange, bis erste Schatten aus der Vergangenheit auftauchen…

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Seitenzahl: 252

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Colin Bradley

HOUR OF THE HUNTRESS

Crime Novel

Blossom Rydell

Bibliografische Information durch

die Deutsche Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

http://dnb.de abrufbar

1. Auflage 2020

2. Auflage 2024

Cover- und Buchgestaltung:

© 2024 Blossom Rydell

Impressum

Copyright: © 2018 Blossom Rydell

Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

ISBN siehe letzte Seite des Buchblocks

»Solange der Mensch Tiere schlachtet,

werden die Menschen einander töten.

Wer Mord und Schmerz sät,

kann nicht erwarten,

Liebe und Freude zu ernten.«

Phytagoras von Samos (570-500 v.Chr.)

Kapitel 1

London, in den 1920er Jahren

Colin Bradley schob die Hand in die Tasche und klimperte mit den Münzen. Missmutig zog er die Augenbrauen hoch, als er an die letzten Scheine dachte, die sich noch in seiner Brieftasche befanden. Einhundert Pfund. Wird gerade noch zu Leben reichen, bis endlich das nächste Honorar eintrifft, ging es ihm durch den Kopf. Er fingerte eine seiner filterlosen ›Woodbine‹-Zigaretten aus der Tasche und setzte sie nachdenklich in Brand, fuhr sich mit der Hand durchs volle Haar und überlegte. Kurz entschlossen stand er auf, zog sich vor dem Spiegel den schmalen Binder zurecht und musterte sein Ebenbild.

»Bist doch eigentlich ein ganz ordentlicher Bursche«, grinste er sein Konterfei an. »Allerdings lief die Sache mit der Detektei schon mal deutlich besser. Aber letztlich bleibt dir immer noch der Weg offen, eine gute Partie zu machen. Na, wer weiß?« Mit einer ironischen Verbeugung verabschiedete er sich von seinem Gegenüber und sah sich noch einmal seiner gemütlichen Wohnung um. Eigentlich müsste mal eine Frau her, die richtig aufräumt, dachte er still und ließ die Tür hinter sich hart ins Schloss fallen.

Seinen Sportwagen, ein blaues ›Cunningham Type V3‹-Cabriolet, den er sich vor zwei Jahren aus den Vereinigten Staate hatte kommen lassen, ließ er in der Auffahrt seines Hauses stehen, um Benzin zu sparen, als er ziellos durch die Straßen von Soho schlenderte.

*

Die ersten Lichtreklamen leuchteten auf, und die Farben der Neonröhren spiegelten sich schillernd auf dem nassen Pflaster. Wie schon in den letzten Tagen hatte wieder ein leichter Regen eingesetzt und schlug ihm unangenehm ins Gesicht. Fröstelnd studierte er die Speisekarte vor dem ›Chapmans‹. Er wollte bereits in den Pub eintreten, verharrte aber und musterte die junge, ausnehmend hübsche Frau, die in diesem Moment dicht an ihm vorüberlief und einige Worte vor sich hinmurmelte, die er nicht verstand. Sie machte auf ihn einen verstörten Eindruck. Ihr schönes, ebenmäßiges Gesicht wirkte verkrampft und ihre dunklen Augen flackerten unstet. Er vermochte nicht zu sagen, was es war, aber da war etwas an ihr, dass ihn sein ursprüngliches Vorhaben vergessen ließ und dazu trieb, ihr zu folgen …

***

Kapitel 2

Francesca Lombardi ließ sich erschöpft in einen Sessel fallen und starrte geistesabwesend vor sich hin.

Neben ihr hatte sich ihr Mann niedergelassen. Sein schwarzes, gewelltes Haar und der dunkle Teint verrieten den Südländer. Seine Augen waren starr auf seine Frau gerichtet, die es nicht wagte, ihren Blick zu heben und ihn direkt anzusehen. »Francesca, ich kann mir nicht helfen, aber mit der Zeit wirst du immer nervöser. Täglich vergisst du etwas. Mittlerweile geht es auch im Haushalt drunter und drüber. Ich habe einfach nicht die Zeit, mich laufend mit dir zu befassen! Das muss wirklich anders werden! … Willst du nicht wenigstens vorübergehend für ein paar Monate ausspannen und in ein Sanatorium auf dem Land? Du könntest dich dort sehr viel besser erholen als hier in der Stadt, wo alles so hektisch ist.«

»Ich kann mir schon denken, warum du darauf drängst.« In den Mundwinkeln der jungen Frau erschien ein bitterer Zug. »Du willst mich abschieben! Kannst dich wohl nicht oft genug mit deiner Freundin treffen, wie?! Noch bin ich deine Frau. Vergiss das nicht! Natürlich ist dieColemanblond, blauäugig und eine durch und durch unterkühlte Engländerin. Sie muss total vernarrt in dich sein. Vor einer Stunde hat sie es wieder gewagt, hier anzurufen. Dass sich diese Frau nicht schämt, einfach in meinem Beisein …«

»Lass‘ Miranda aus dem Spiel!« Mit Vincenzo Lombardi ging sein südländisches Temperament durch, und er sprang auf. »Sie hat nichts damit zu tun! Sie ist die Tochter meiner Chefs, und ich werde mir wohl erlauben können, sie ab und zu einmal zu sehen. Mehr steckt nicht dahinter.«

»Ach, und das soll ich glauben?!« Sie warf ihm einen funkelnden Blick zu. »Dann erklär‘ mir mal, warum sie dir laufend Nachrichten schickt, in denen man mit jedem Wort eine Liebeserklärung herausliest?«

Er zuckte zusammen. Obwohl er sich gerade in dieser Beziehung immer sehr vorsichtig verhalten hatte, musste sie doch irgendwie hinter sein Verhältnis mit Miranda gekommen sein. »Ach, lass‘ mich doch mit diesen sinnlosen Eifersüchteleien zufrieden! Wenn ich dir sage, dass die Sache ganz harmlos ist, dann ist sie das auch!«

Sie schlug ihre schlanken Beine übereinander. »Wir wollen es kurz machen, Vincenzo«, reagierte sie jetzt erstaunlich ruhig. »Du liebst diese Frau, und ich denke nicht daran, dir als Notbehelf zu dienen ... Du kannst dich scheiden lassen, wenn es das ist, was du willst.« Sie hatte noch nicht ganz ausgesprochen, als sie sich auch bereits erhob und auf die Tür zuschritt.

Augenblicklich sprang er ihr in den Weg. Sein Blick hatte etwas Bannendes in sich.

Unwillkürlich senkte sie ihren Blick.

»Du bist doch völlig verrückt, Francesca!«

»Ja, ich weiß, dass ich in deinen Augen verrückt bin!«, schrie sie plötzlich hemmungslos auf. »Aber nur, weil es dir so in den Kram passt! Eine Scheidung kannst du dir in deinen versnobten Kreisen doch gar nicht leisten!« Sie lachte höhnisch. »Da würde doch dein Ruf drunter leiden, nicht wahr, mein Lieber?! Aber natürlich würdest du versuchen, es so hinzustellen, als wäre ich nicht mehr ganz richtig im Kopf, um eine Scheidung zu rechtfertigen!« Ihre Stimme war schneidend geworden und hatte einen zynischen Klang angenommen. »Du kannst mich ruhig untersuchen lassen! Oh, … ich werde dir sogar den Gefallen tun und in ein Sanatorium gehen. Aber verlass dich darauf, dass ich dir keine Ruhe lassen werde! Ich verspreche dir: Du wirst es noch bereuen! … Als du nichts als deine Kleidung am Leib hattest und völlig allein warst, habe ich dir aus dem Sumpf geholfen … Und nun, wo du endlich einen guten Posten in Colemans Firma hast, bin ich dir nicht mehr nützlich. Miranda ist jetzt die bessere Partie, nicht wahr? Aber ich weiß schon jetzt, dass sich Coleman für einen solchen Schwiegersohn bedanken wird! … Zwei Jahre jagst du mich bereits durch die Hölle. Damit ist es endgültig vorbei! Ich kann nicht mehr!« Laut aufweinend warf sie sich auf die Couch und presste ihr Gesicht auf ihre Unterarme.

In Vincenzo Lombardis Gesicht stahl sich ein harter Zug. Er kannte kein Mitleid mit der Frau, die verzweifelt vor ihm lag, und hatte sie nie wirklich geliebt. Achselzuckend griff er zum Telefon und rief einen Psychiater an, mit dem er bereits im Vorfeld Kontakt aufgenommen hatte.

Francesca vernahm kaum seine Stimme. In ihr war alles leer. Sie fühlte sich ausgebrannt. Trotz all seiner Demütigungen musste sie sich eingestehen, dass sie ihn immer noch liebte. Erst als sie den Namen des Arztes hörte, horchte sie auf. Er macht es also wirklich wahr!, schrie sie in sich hinein. Im gleichen Augenblick sprang sie auf, riss auf dem Gang ihren Mantel vom Haken und lief auf die Haustür zu.

Mit einem Sprint war er ihr gefolgt und hielt sie ziemlich brutal zurück.

An seinem zu allem entschlossenen Gesicht sah sie, das er kein Erbarmen mit ihr kannte. In ihrer Not wanderte ihre Hand an der Wand entlang, bis sie plötzlich einen schweren Gegenstand ertastet hatte. Mit einem lauten Aufschrei holte sie aus und schlug mit aller Kraft zu.

Die Vase zerschellte an seinem Kopf. In der gleichen Sekunde sackte er auch bereit mit einem dumpfen Aufstöhnen zu Boden, wo er reglos liegen blieb.

Sie sah die große, an seinem Kopf klaffende Wunde und presste ihre Hände vor den Mund, um nicht erneut lauf aufzuschreien. In ihrer Panik warf sie sich ihren Mantel um die Schultern und verließ eilig das Haus.

*

Ruhelos irrte sie durch die Straßen. Sie bemerkte nicht einmal, wie ein leichter Regen einsetzte, der sich auf ihrem hübschen Gesicht in winzigen Tröpfchen niederließ. Erst als eine Stimme hinter ihr sie ansprach, zuckte sie zusammen und blieb stehen.

»Geht es Ihnen nicht gut?«

Erschrocken drehte sie sich um und blickte in das Gesicht des jungen Mannes, der sie offen anlächelte. »Nein. Aber es geht schon wieder. Danke.«

»Wirklich?« Er schaute sie zweifelnd an. »Es sieht mir nicht danach aus ... Kommen Sie. Reden hilft und ich kann gut zuhören …«

Ohne Widerrede ließ sie sich von ihm in ein kleines Restaurant ziehen und war dankbar für den doppelten Gin, den er ihr bestellt hatte.

»Ich heiße übrigens Colin Bradley«, stellte er sich ihr vor, indessen sein Blick zufällig auf den Ausschnitt ihres Kleides fiel, dessen weiße Einfassung an einer Stelle eine rötliche Verfärbung zeigte.

»Francesca Lombardi …« Unbewusst deckte sie den blutigen Fleck mit ihrer rechten Hand ab.

»Wollen Sie sich nicht aussprechen?«, bot er ihr ernsthaft besorgt an.

Sie presste ihre vollen Lippen zusammen und schwieg eine Weile. »Ich habe wohl gerade meinen Mann erschlagen«, brachte sie dann mühsam heraus. »Am besten bringen Sie mich bitte direkt zum Yard.«

Unbewusst schob er sich den Zeigefinger zwischen Hals und Hemdkragen und schnappte kurz nach Luft. »Erschlagen?« Sein Gesichtsausdruck war in diesem Moment nicht besonders geistreich.

Sie nickte bejahend und erzählte ihm leise, was ihr widerfahren war.

Gespannt lauschte er ihren Worten, derweil sich vor ihm eine Welt auftat, die durch pures Grauen gezeichnet war. Als sie ihren aufwühlenden Bericht beendet hatte, legte er ihr sanft und beruhigend eine Hand auf den Unterarm.

»Ich wusste mir einfach nicht mehr zu helfen, als er mich bedrängte … Ich wohne in der Lexington Street. 27 Lexington Street. Bitte, Mr. Bradley, Sie müssen unbedingt den Yard informieren.«

***

Kapitel 3

Chief Inspector Alexander Primes lehnte sich hinter seinem Schreibtisch zurück und betrachtete aufmerksam den Mann, der mit einem dicken Kopfverband vor ihm saß.

In einer Ecke des Raumes saß Francesca Lombardi und starrte auf ihren Mann, der mit harten, harschen Worten den an ihm verübten Mordversuch verurteilte.

Als dessen endlose Tirade kein Ende fand, machte Primes eine beschwichtigende Handbewegung. »Mr. Lombardi, es wäre schön, wenn Sie sich ein wenig zurücknehmen würden!«, fuhr er dazwischen. »Meinen Sie nicht auch, dass Sie selbst ebenfalls weit übers Ziel hinausgeschossen sind?« Er schenkte ihr einen freundlichen Blick, ehe er nachsetzte: »Nach der Aussage Ihrer Frau wurden Sie zuerst übergriffig. Der Angriff ging von Ihnen aus, und sie hat Sie nur abgewehrt. Wir können in diesem Fall wohl kaum von einem Mordversuch sprechen! … Eheliche Zwistigkeiten kommen allein hier London jeden Tag mehrere hundert Mal vor. Und ja, dabei kommt es auch immer wieder zu Verletzungen. Abgesehen davon würde ich mir die Sache mit einer Anzeige an Ihrer Stelle gut überlegen, denn möglicherweise stimmen die Geschworenen letztlich Ihrer Frau zu und betrachten Sie als den Angreifer, Sir! … Bis jetzt habe ich noch nichts schriftlich aufgenommen!«

Vincenzo Lombardi biss sich sichtlich auf die Unterlippe. »Also gut, Chief Inspector«, gab er klein bei. »Ich will von einer Anzeige absehen … Sie müssen wissen, die ganze Sache kam nur dadurch, dass ich meiner Frau vorgeschlagen habe, für einige Monate ein Sanatorium aufzusuchen. Leider verwechselt sie ein Sanatorium mit einer Irrenanstalt. Sie ist mit den Nerven ziemlich runter, und ich habe es bestimmt nur gut gemeint …«

***

Kapitel 4

Das Erlebnis ließ Colin Bradley in den nächsten Tagen keine Ruhe, weshalb er seinen Freund genötigt hatte, sich mit ihm noch einmal die Wohnung der Lombardis anzusehen.

Primes lehnte sich ihm Flur gegen die Wand und betrachtete nachdenklich den mit Blut befleckten Läufer, auf dem Vincenzo Lombardi gelegen hatte.

»Wenn ich so darüber nachdenke, kommt mir die Sache doch verdammt komisch vor, Alexander. Nach dem, was mir Mrs. Lombardi erzählt hat, bestand für ihren Mann durchaus ein Grund sie aus dem Weg zu räumen«, gab Colin zu bedenken.

»Du willst darauf hinaus, dass Lombardi mit dieser Miranda Coleman ein Verhältnis haben soll, nicht wahr?«

»Ganz genau ... Ich bin gestern mal dort vorbeigegangen und hab sie zufällig gesehen. Ich kann dir sagen: Diese Frau verdreht jedem Mann den Kopf.«

Primes stieß sich von der Wand ab. »Mrs. Lombardi wurde doch in ein Sanatorium eingewiesen, das Coleman gehört, nicht wahr?«

Colin nickte. »Miss Colemans Vater ist Chef einer Gesellschaft, die sich mit dem Bau von Krankenhäusern und Sanatorien befasst.«

»Kommt dir die Sache deshalb spanisch vor?«

Colin nickte wieder. »Genau deshalb, Alexander! … Ich frage mich nämlich die ganze Zeit, warum Lombardi darauf bestanden hat, dass seine Frau unbedingt nach ›Eltham‹ geht? Soweit ich in Erfahrung gebracht habe, arbeitet der Mann für Coleman, und inzwischen ist er in der Hierarchie soweit aufgestiegen, dass er sich sogar einige der Firmenanteile kaufen konnte. Ist dir nicht auch der völlig verstörte Ausdruck aufgefallen, als Mrs. Lombardi erfuhr, dass sie nach ›Eltham‹ sollte?«

»Ja, schön, aber …?«

»Die Klinik ist schon ziemlich in die Jahre gekommen, aber mehr noch: Das Sanatorium ist schön weit abgelegen!« Er sah seinen Freund fragend an. »Hast du eigentlich schon den Befund des Psychiaters gelesen?«

»Mhmmm … Sie ist reichlich mit den Nerven runter und wird wohl eine ziemlich lange Zeit brauchen, bis sie wieder ganz auf dem Posten ist. Allerdings habe ich das unbestimmte Gefühl, dass das Sanatorium in ›Eltham‹ für sie nicht das Richtige ist!«

In Gedanken versunken verließen die beiden Freunde die Villa.

Vincenzo Lombardi hatte sie seit Vorfall nicht mehr betreten und sich stattdessen in eine kleine Pension in Soho eingemietet. Angeblich, weil er es in dem ›Mordhaus‹, wie er sich ausdrückte, nicht mehr ausgehalten hatte.

***

Kapitel 5

Um dieselbe Zeit drückte Vincenzo Lombardi auf die Klingel an Miranda Colemans Haustür und musste sich eine ganze Zeit gedulden, bis ihm geöffnet wurde.

Obwohl es gegen Mittag war, erschien sie bereits in einem Abendkleid an der Tür.

Sofort entflammte die Eifersucht des Südländers und ließ ihn alle Vorsicht vergessen. Mit einem raschen Schritt war er in den Korridor getreten und schlug die Tür hinter sich zu. »Wo bist du gewesen?«, fauchte er und deutete auf ihr Kleid.

Mit gleichgültigem Gesicht schritt die schlanke Frau in den Salon, wo es noch unaufgeräumt war. »Du bist sehr neugierig, mein lieber Vincenzo! Ich wüsste nicht, was es dich etwas angeht, wann ich ausgehe und wohin.« Sie schenkte ihm einen missbilligenden Blick. »Bis jetzt bin ich noch nicht deine Frau und kann tun und lassen, was ich will, verstanden?! … Deine ständige Eifersucht macht mich langsam verrückt!«

Lombardis unsteter Blick glitt durch den Raum. Auf der Couch lagen zerknüllten Kissen, und in der Luft hing ein seltsamer Geruch. Er glaubte den Rauch einer Zigarre und Dunst von Alkohol zu riechen.

Lässig ließ sich Miranda Coleman auf die Couch fallen.

Als das enge Kleid dabei ihre reizvolle Figur weiter modellierte, raubte es Lombardi auch den letzten Rest an Beherrschung. »Miranda! Ich kann ohne dich nicht leben.«

»Hast du deine Frau deshalb ins Sanatorium einweisen lassen?«, fragte sie scharf zurück.

»Sie ist nicht mehr ganz zurechnungsfähig!«

»Ach?! Ist sie das?!«, reagierte sie spöttisch.

»Niemand kann es mir verübeln, wenn ich mich jetzt von ihr scheiden lasse«, fuhr er fort, ohne auf ihre Spitze einzugehen. »Dann können wir heiraten!«

Mit einem klingenden Lachen zog Miranda ihre Beine an. Dabei rutschte das Kleid ein wenig zurück und gab ein wenig der bestrumpften Haut frei. »Du bist und bleibst ein Fantast, Vincenzo! Ist dir eigentlich noch gar nicht aufgefallen, dass ich gar keinen Wert darauf lege, geheiratet zu werden. Und eine Ehe mit dir wäre doch das reinste Gefängnis. Am liebsten würdest du mich einsperren, nur damit mich andere Männer nicht sehen.« Ein vielsagendes Lächeln umspielte ihre zarten Mundwinkel. »Ich will aber nicht wie eine eingesperrte Nonne leben und vor mich hinwelken!« Mit einem Seufzer richtete sie sich auf.

Im selben Moment war Lombardi bei ihr, packte sie und riss sie an sich heran. »Das kann doch nicht dein Ernst sein, Miranda!«

»Lass‘ mich in Ruhe, Vincenzo!«, begehrte sie gegen ihn auf. »Langsam gehst du mir wirklich auf die Nerven! … Dr. Freeman ist weitaus weniger eifersüchtig wie du!«

Sein Gesicht verfärbte sich. »Dann warst du also mit ihm zusammen, nicht wahr?!«

»Wenn du es genau wissen willst: Ja! Schließlich ist er der leitende Arzt in ›Eltham‹ und sieht ausgesprochen gut aus. Vor allem aber: Er ist nicht verheiratet!« Mit einer unwilligen Bewegung schob sie ihn zurück. »Und jetzt lass‘ mich allein. Ich bin müde.«

Lombardi riss sich zusammen, wenngleich sich seine Hände zu Fäusten ballten. Nur Sekunden später fiel die Haustür hinter ihm ins Schloss.

Mit einem maliziösen Lächeln sah ihm Miranda nach …

***

Kapitel 6

Dr. Freeman stützte sich auf seinem Schreibtisch ab und schaute zu Heather Greenwoodhinüber.

Für Sekunden ruhte ihre Blicke ineinander. In den Jahren der Zusammenarbeit als Kollegen hatte sich zwischen ihnen eine ausgesprochene Sympathie eingestellt.

»Gibt es etwas Neues?«, erkundigte er sich mit einem höflichen Lächeln.

Die junge Ärztin schüttelte verneinend den Kopf. »Nein, eigentlich nicht. Wir haben allerdings vier Neuzugänge. Eine von ihnen, eine gewisse Francesca Lombardi, soll im Affekt einen Mordversuch auf ihren Gatten unternommen haben. Die anderen drei sind die üblichen Fälle. Patientinnen, die vor lauter Langeweile nicht wissen, was sie machen sollen, … verfügen über Geld wie Heu und müssen jeden Tag darüber nachdenken, wie sie es unters Volk bringen. Außer Mrs. Lombardi sind alle geschieden oder verwitwet und leben vom Vermögen ihrer Männer, die sich frühzeitig aus dem Staub gemacht haben. Wir werden mit diesen dreien schwer zu tun haben.«

Dr. Freeman schmunzelte bei den Worten seiner Kollegin. »Es sind nicht die ersten, mit denen wir beide fertig werden, Heather.«

*

William Coleman hatte das Sanatorium umfassend modernisieren lassen. Dennoch haftete an dem alten Gemäuer noch immer das romantisch umwitterte Fluidum längst vergangener Jahrhunderte. Auf der breiten Sonnenterrasse des klassizistischen Anwesens hatten sich die ›Neuzugänge‹ niedergelassen und benahmen sich, als würden sie sich an einem Luftkurort an der Südküste befinden.

Dr. Freeman riss die Augen auf, als er auf die Terrasse heraustrat und direkt über einen Krocket-Schläger stolperte, den jemand achtlos liegengelassen hatte.

Kaum hatten ihn die drei jungen Frauen ausgemacht, stürzten sie sich auch bereits mit einem freudigen Aufschrei auf ihn, wobei ihm jede Einzelne in einer endlosen Tirade über ihre Krankheiten zu berichten und ihn für sich zu vereinnahmen suchte.

Er verzog keine Miene. Aufmerksam schien er ihrem nicht enden wollenden Wortschwall zu lauschen. Dabei waren seine Gedanken in Wirklichkeit jedoch an Miranda Coleman.

Lucy Warner, eine blonde Schönheit in einem Bade-Einteiler wie er gerade modern war, warf ihm einen schmachtenden Blick zu, was den beiden anderen in keiner Weise zu passen schien.

Heather Greenwoods Mund verzog sich spöttisch. Na, die nächsten Wochen dürften ziemlich turbulent werden, dachte sie still. Sie arbeitete seit drei Jahren mit Dr. Freeman zusammen und hatte eine heimliche Schwäche für den ernsten Mann, die sie sich aber nicht anmerken ließ.

Als sie die drei Frauen endlich beruhigt hatten, trat Freeman lächelnd auf Francesca Lombardi zu, die während der ganzen Zeit ruhig auf ihrem Liegestuhl gesessen hatte. »Und wie geht es Ihnen, Ma’am?«, erkundigte er sich,

Endlich hatten sich die drei Frauen beruhigt, mit einer Ruhe, die wohltuend wirkte.

Francesca bemühte sich eines Lächelns. »Danke, Doktor. Bis eben war es hier wunderbar ruhig.« Mit einem Seitenblick streifte sie die drei Frauen, die sich immer noch eifrig unterhielten und mit denen das hektische, turbulente Treiben der Großstadt in das ruhige Sanatorium eingedrungen war.

»Nur keine Sorge, Ma’am. Hier finden alle ihre Ruhe.« Er konnte nicht vorhersehen, dass seine Worte für die Vorfälle bezeichnend sein sollten, die sich in der nächsten Zeit in ›Eltham‹ abspielen würden. Er ließ seinen Blick über den Park schweifen, und als er dort einen Mann über das gepflegte Grün schlendern sah, kniff er die Augen zusammen.

Francesca, die seinem Blick gefolgt war, zuckte zusammen, als sie ihren Mann erkannte und ahnte bereits, was sich nun ereignen würde.

Diskret zog sich der Arzt zurück, blieb aber in der Nähe, und beobachtete, wie frostig der Neuankömmling seine Frau begrüßte und ihn kaum eines Blickes würdigte. Nur dessen kurzes Kopfnicken deutete eine Begrüßung an. Er war ihm einmal zufällig in Miranda Colemans Haus über den Weg gelaufen, und seitdem war die Stimmung zwischen ihnen nicht besonders rosig.

»Francesca, ich bin nur hergekommen, um mich nach deinen Absichten zu erkundigen. Du wirst schließlich einsehen müssen, dass es nicht möglich ist, auf dieser Basis weiterzuleben. Ich erwarte von dir, dass du in die Scheidung einwilligst.«

Sie streckte ihre Beine weit von sich, ehe sie ihm antwortete: »Aber natürlich, Vincenzo! Sicher bekommst du meine Einwilligung … Vielleicht ist es für dich nicht mehr so wichtig, aber wie du mir, so ich dir. Seit ich wusste, dass du mit Miranda Coleman ein Verhältnis hast, habe ich mich eben auch anderweitig getröstet.« Die Worte waren ihr unbeabsichtigt lauter über die Lippen gekommen, als es in ihrer Absicht lag.

Dr. Freeman presste seine zusammen. Denn der Blick, der Lombardi traf, verhieß nichts Gutes.

»Damit hast du einen Grund vorzuweisen, der die Scheidung in den Augen der Leute berechtigt erscheinen lässt.« Sie lächelte boshaft. »Ich habe nichts dagegen einzuwenden. Im Übrigen fände ich es besser, wenn du hier nicht wieder erscheinst!«

In Vincenzo Lombardi breitete sich plötzlich ein seltsames Gefühl aus. Sein männlicher Stolz schien verletzt. Sie hatte ihn also ebenfalls betrogen. Er dachte an die Unterredung mit Miranda Coleman, und eine Röte verletzten Stolzes überzog sein Gesicht, die es noch dunkler wirken ließ. »Mit wem?!«, verlangte er zu wissen.

Francesca lächelte, begleitet von einer abweisenden Handbewegung. »Na, du machst mir Spaß, Vincenzo! … Du darfst allem Anschein nach einen ganzen Harem haben, aber eine Frau darf dich nicht betrügen? Findest du nicht, dass du unverschämt neugierig bist, mein Lieber?!«

Ihr Mann zuckte zusammen, hatte er dieselben Worte doch bereits einmal von Miranda gehört. Nach einer kurzen, sehr unpersönlichen Verabschiedung trat er auf Dr. Freeman zu und zog ihn mit sich in den Park.

*

»Ich möchte Ihnen nur einen kleinen Rat geben, Doktor!«, begann Lombardi. »Nehmen Sie einmal an, irgendjemand interessiert sich sehr für Miss Coleman, und nehmen Sie weiter an, dieser Jemand will sie sogar heiraten und weiter, dass es diesem Jemand gar nicht passt, dass ein anderer Mann dazwischen steht … Finden Sie nicht auch, dass dieser Bursche lieber vernünftig sein sollte?«

Freeman sah Lombardi gelassen an. »Mr. Lombardi, ich habe das Gefühl, dass Sie mit Ihren Worten weit über das Ziel hinausschießen. Miss Coleman ist eine erwachsene Frau. Sie ist durchaus in der Lage, ihre Wahl frei zu treffen und braucht sich von Ihnen keinerlei Vorschriften machen zu lassen. Selbstverständlich können Sie Ihre Frau besuchen, aber mit derartigen Gesprächen wollen Sie mich künftig bitte verschonen!« Ohne ein weiteres Wort wandte er sich von ihm ab und schritt wieder auf das Sanatoriumsgebäude zu.

Mit hasserfüllten Augen starrte ihm Vincenzo Lombardi hinterher …

***

Kapitel 7

William Coleman war ein Mann um die fünfzig Jahre. Gemütlich lehnte er sich im Ledersessel hinter seinem Schreibtisch zurück und sah Vincenzo Lombardi an. »Nun, Sie haben mir da allerlei Neues erzählt, aber ich sehe keinen Grund, warum Sie derartige Wünsche äußern. Natürlich kann ich Ihnen das Sanatorium in ›Eltham‹ überschreiben lassen. Die Höhe Ihrer Geschäftsanteile würden dazu gerade ausreichen. Allerdings ist mir neu, dass Sie nach Ihrer Scheidung meine Tochter zu heiraten gedenken. Miranda hat mir gegenüber darüber noch kein Wort verlauten lassen.«

Er hatte kaum die letzten Worte ausgesprochen, als Miranda das elegante Büro betrat und ihn mit einem flüchtigen Kuss auf die Stirn begrüßte. Von Lombardi nahm sie fast keine Notiz. Nur ein leichtes Kopfnicken in seine Richtung deutete an, dass sie seine Anwesenheit zur Kenntnis genommen hatte.

»Machen Sie die entsprechenden Papiere fertig«, erklärte Lombardi ruhig. »Ich möchte das Sanatorium auf eigene Rechnung übernehmen. Die notwendigen Formalitäten können wir dann am Nachmittag erledigen!« Er stand auf und verabschiedete sich mit einer knappen Verbeugung.

Miranda sah ihm kurz nach, ehe sie sich ihrem Vater zuwandte. »Warum will Lombardi aussteigen?«

»Beantworte du mir eine Frage. Er hat mir gerade erklärt, dass er dich heiraten will. Wie steht das mit dir?«

Sie lachte. »Ich denke gar nicht daran!«

***

Kapitel 8

Heather Greenwood zuckte zusammen, als sie Dr. Freeman in einem vertraulichen Gespräch mit Francesca Lombardi sah. Sie kam nicht umhin zu bemerken, dass er der jungen, hübschen Frau eine Hand leicht auf den Arm gelegt hatte, während auf sie einredete. Das angenehme Lachen der Italienerin stach ihr ins Herz, und sie konnte nicht verhindern, dass ihre Augen feucht wurden.

In diesem Moment lief WadePickford an ihr vorbei.

»Ach, Wade, sehen Sie doch bitte einmal im Keller nach, warum das Kühlaggregat nicht läuft«, bat sie ihn. »Wird vermutlich ein Kurzschluss sein.«

Der Schotte, dessen Aufgabe darin bestand, im ganzen Haus nach dem Rechten zu sehen, nickte wortlos und machte sich auf den Weg. Als dicht hinter ihm ein schepperndes Geräusch ertönte, hielt er inne, drehte sich um und bemerkte, dass sie ihre Thermosflasche hatte fallen lassen und sich hastig bückte, um deren Bruchstücke aufzusammeln.

»Scherben müssen nicht immer Glück bringen«, murmelte sie vor sich hin.

»Das sollten Sie nicht sagen, Dr. Greenwood«, lächelte er, ehe er die Tür zum Keller aufstieß.

*

Eine eiskalte, feuchte Luft schlug Pickford entgegen, als er mit schnellen Schritten die Treppe hinablief, um einen Blick in den Sicherungskasten zu werfen. Mit tastenden Fingern suchte er nach dem Lichtschalter, als er unerwartet in das Gesicht eines fremden Mannes starrte, der plötzlich dicht vor ihm stand. Im gleichen Augenblick streckte ihn auch bereits ein furchtbarer Schlag zu Boden.

*

Erst in den Abendstunden fiel Pickfords Verschwinden auf, und trotz eifrigen Suchens konnte ihn niemand finden. Es verging über eine Woche, ehe ein Arbeiter bei Kanalisationsarbeiten auf eine bis zur Unkenntlichkeit entstellte Leiche stieß, von der angenommen wurde, dass es sich um den vermissten Schotten handeln musste …

*

Chief Inspector Primes drückte die Kellertür auf und gab seinem Freund Colin ein Handzeichen ihm zu folgen.

»Chief Inspector!«, ertönte in dieser Sekunde die scharfe Stimme von Vincenzo Lombardi. »Selbst, wenn Sie von Scotland Yard sind, haben Sie die Pflicht, sich wenigstens anzumelden, und zwar bei mir! Falls es Ihnen noch nicht bekannt sein sollte: Ich habe das Sanatorium gekauft. Und als Eigentümer möchte ich unterrichtet werden, wenn sich Polizei auf meinem Grund und Boden befindet … Was suchen Sie eigentlich im Keller?!«

»Sie sollten sich nicht aufregen, Mr. Lombardi.« Seelenruhig wandte Primes sich ihm zu. »Vergessen Sie nicht, dass Sie sich in einem Sanatorium befinden«, erwiderte er gelassen. »Ich untersuche den Keller aus einem einfachen Grund: Hier wurde Mr. Pickford nämlich zum letzten Mal gesehen, und zwar von Ihrer Ärztin Miss Greenwood. Ich nehme doch an, dass Sie ebenfalls daran interessiert sind, dass der Mord, der sich allem Anschein nach auf ihrem Besitz abgespielt hat, schnellstens aufgeklärt wird!« Damit ließ er es bewenden und drehte er den Lichtschalter herum.

Colin beugte sich über die Treppenstufen und untersuchte sie eingehend, während sich Lombardi wütend abwandte und auf eines der Ärztezimmer zuging.

Lucy Warner, die blonde Schönheit stelzte in Absatzschuhen dicht an ihm vorbei und warf ihm einen glühenden Blick zu, worauf sich Lombardi nach ihr herumdrehte und ihr nachsah.

*

Dr. Freeman blickte erstaunt auf, als Lombardi sein Arbeitszimmer betrat.

»Nachdem ich das Sanatorium übernommen habe, hat es doch wohl wenig Sinn, dass wir zusammenarbeiten, Mr. Freeman!«, erklärte Lombardi dem Mediziner unterkühlt. »Sie sind ein tüchtiger Psychiater und Arzt. Ich bin sicher, dass Sie schnell einen neuen Posten finden werden. Ich will Sie nicht drängen, aber es wäre wünschenswert, wenn Sie ›Eltham‹ bald verlassen würden!«

Freeman starrte ihm an. Sein Gesicht hatte jede Farbe verloren. »Das ist ein ziemlich billiger Triumph. Haben Sie das Sanatorium gekauft, um mich kaltzustellen? … Nun, wie auch immer. Vielen Dank, Mr. Lombardi. Ich sehe bereits, wie ›Eltham‹ unter Ihrer kompetenten Leitung aufblühen wird!« Mit raschen Schritten verließ er den Raum und schritt in Richtung des Speisesaals durch den Korridor.

Heather Greenwood folgte ihm und beeilte sich, um ihn einzuholen. »Dr. Freeman, wenn Sie eine neue Stelle gefunden haben … Ich meine, wir haben nun schon so lange zusammengearbeitet …«

Er lächelte sie an. »Vielen Dank, Heather. Ich werde auf jeden Fall daran denken. Es würde mich auch freuen, wenn wir weiter zusammenarbeiten könnten. Bisher haben wir uns doch immer großartig verstanden.«

Ein schüchternes Lächeln glitt über die Züge der jungen Frau.

***

Kapitel 9

Colin tippte seinem Freund auf die Schulter. »Und? Hast du schon etwas gefunden?«

Primes schüttelte den Kopf und stieß die Stahltür zum Nebenkeller auf. »Möchte verdammt nur wissen, warum die in dieser eisigen Gruft noch eine Kühlanlage brauchen«, brummte er vor sich hin, derweil er die riesigen Kompressoren an den Wänden musterte, deren leises, gleichmäßiges Summen in der feuchten Luft hing.

Wortlos öffnete Colin eine der dicken Türen. Der Inhalt des Schrankes bestand zum größten Teil aus Flaschen mit Kühlflüssigkeit. »Der einzige Fingerzeig bleibt der große, nasse Fleck neben der Treppe!«

»Vermutlich hat der Mörder versucht, Spuren zu beseitigen und das Blut wegzuspülen«, knurrte Primes, während er ein frisches Taschentuch aus der Jackentasche zog und damit mehrmals kräftig über den Boden wischte, ehe er es anschließend wieder zusammenfaltete. »Ist ein Job für den Doc«, stellte er fest. »Tanner kann auch mal was tun. Für ihn ist es eine Kleinigkeit, festzustellen, ob das Blutreste sind. Die Mordwaffe werden wir eh nicht mehr finden, die hat der Täter natürlich längst beseitigt.«

Unzufrieden mit dem, was sie vorgefunden hatten, stiegen sie wieder die Treppe hinauf – und obwohl es im Gang oben ziemlich kühl frisch war, erschien ihnen die jetzt Luft glühend und stickig.

Gerade schritt Dr. Freeman mit einem größeren Koffer auf das Portal des Sanatoriums zu, gefolgt von seiner Kollegin Heather Greenwood, die ihm bis zur Tür folgte.

Colin und sein Freund konnten gerade noch hören, wie sich der Psychiater an die Ärztin wandte: »Meine anderen Sachen lasse ich später abholen. Bis Morgen ist nichts mehr von mir im Haus. Mr. Lombardi kann also beruhigt schlafen.«