COMMANDER CONNAR (SEHNSUCHT DER STERNE) - Jens Fitscher - E-Book

COMMANDER CONNAR (SEHNSUCHT DER STERNE) E-Book

Jens Fitscher

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Beschreibung

Tarik Connars Kampfboot wird von feindlichem Feuer getroffen und stürzt auf einen namenlosen Planeten ab. Er überlebt und muss sich unter den wilden, katzenartigen einheimischen Lebensformen behaupten. Connar ist in einer Traumphase der VR-Strahlen gefangen und sieht sich in einer fantastischen, exotischen Welt, die er zunächst für Wirklichkeit hält. Auch Syeel befindet sich in einer neuen Traum-Sequenz. Als er endlich wiedererwacht, kann er sich zunächst nur schwerlich zurechtfinden. Syeel findet Altrea im Schläfer-Bau. Sie liegt im Sterben und nur die Chron-Bastion kann ihr Weiterleben sicherstellen, wenn auch nur für einen hohen Preis, die Umwandlung. Der malakurische Usurpator Mreckk’saah Mahl greift aktiv in das Geschehen ein. Er hat mittlerweile die Kopah übernommen und sich an deren Spitze gesetzt. Commander Tarik Connar erwacht aus einem tiefen Traum.

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Seitenzahl: 424

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JENS FITSCHER

COMMANDER

CONNAR

SEHNSUCHT DER STERNE

© 2021 Jens Fitscher

Illustration: S. Verlag JG

Verlag: S. Verlag JG, 35767 Breitscheid,

Alle Rechte vorbehalten

1.Auflage

ISBN: 978-3-96674-271-9

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Breits erschienen:

COMMANDER CONNAR

 (Im Schatten der Sterne)

COMMANDER CONNAR

(Träger der Alten Kraft)

COMMANDER CONNAR

(Sternen-Schlag)

COMMANDER CONNAR

(Vergangene Wahrheiten)

Träume bestimmen unser Leben. Wenn sie aber anfangen, unser Bewusstsein zu beeinflussen und die Realität zu verfälschen, dann ist eine Situation entstanden, in der wir auf Hilfe anderer angewiesen sind.

Ein wirkliches Leben gibt es nicht. Die menschlichen Eindrücke sind absolut subjektiv. Die Grundvoraussetzung für das Erlebte sind der Geist und die biochemischen Abläufe in unserem Gehirn. Wird beides beeinflusst, durch welche Umstände auch immer, wird das Cogito ergo sum in ein Absurdum geführt.

Inhaltsverzeichnis:

Prolog

Traum-Sequenz Syeel

Intermezzo: Geheimbund Kopah

Erinnerungen

Kontakt

Träumer

Die Dritte Kraft

Tarjas Traum

Kampf der Giganten

Kampfgebiet

Connars Eingreifen

Stahl-Helden

Kampf dem Usurpator

Im Zwiespalt

Zenos Stunde

Mit der Macht der Materie

Sternenkampf

Ein letztes Aufbäumen

VR-Strahlenimpuls

Zerrissen

Flucht

Geisterwelt

Verzweifelt

In Gefangenschaft

Auf dem Sklavenmarkt

Syeels Traumhilfe

Die Welt der fliegenden Städte

In Haushalt von Syeel

Neue Lebensqualität

SYEELS Begegnung mit Mesalik

Versuchte Entführung

Verhängnisvolle Entwicklung

Syeels Gefühl

Flucht zurück

Erwachen

Traum-Schlaf

Die Entführung

Die Raumstation

Sklavenmarkt

Artefakten Handel

Artefakte einer fremden Welt

In den Katakomben von Siena

Zurück

Prolog

Tarja befand sich mit dem bewusstlosen Syeel im Schlepp auf dem Weg zur Chron-Bastion TILMUN.

Syeels Schiff SOWALLO hatte eine Notlandung vollzogen, nachdem die gesamte Besatzung in einen Tiefschlaf gefallen war.

Zeno war im Schiff zurückgeblieben, um notfalls einen möglichen, weiteren Angriff abzuwehren. Die VR-Strahlung hatte die Besatzung lahmgelegt, nur sie und Zeno waren davon ausgenommen worden, da ihre Hightech-Körper ein entsprechenden Absorberfeld erzeugen konnten.

Zuerst wollte Zeno selbst den erstarrten Syeel zur Chrom-Bastion schleppen. Tarja hatte ihn überrumpelt und genau das war es, was ihm jetzt zu schaffen machte. Am liebsten wäre er ihnen nachgeflogen.

Nur sein immer noch menschliches Pflichtgefühl hielt ihn davor zurück, die Besatzung ihrem Schicksal zu überlassen.

Mehr als unzufrieden mit sich und der Welt machte er sich auf den Weg zurück zur Schiffsbrücke.

Immer wieder musste er an Tarja denken und wie sie diesen Syeel angeschaut hatte. Das Ganze gefiel ihm immer weniger.

Die beiden Tegaren S’schrack und Z’schuck lagen immer noch an der gleichen Stelle, als er durch das Schott die Schiffzentrale betrat.

Die beiden besaßen das für ihre Spezies typische Aussehen. Das Volk der Tegaren bestand aus einer reptilienartigen Spezies, die Repbs genannt wurde.

Ihr Aussehen konnte man sich als Mischung zwischen Schlange und Reptil vorstellen.

Sie bewegten ihren etwa ein Meter fünfzig großen, sehr geschmeidigen Körper schleifend fort und passten die Farbe der Außenhaut immer ihrer unmittelbaren Umgebung an.

Tatsächlich würde man die beiden Körper übersehen können, wenn man nicht von ihrem Vorhandensein gewusst hätte.

Nicht nur die Schuppenhaut, sondern ebenso die Bordmontur der beiden Träger hatte sich der Bodenfarbe angepasst.

Zeno blickte unentschlossen über die beiden Körper.

Dann heftete sich sein Blick auf ein Kontrolldisplay, das in einem dezenten Orange zu leuchten begann. Zeno spürte regelrecht, dass eine Gefahr auf ihn zukam.

Noch war sie körperlos, nicht greifbar. Aber das konnte sich schnell ändern.

Der Schläfer-Bau trug die Eigenbezeichnung Clek’kl-1. Die künstliche Intelligenz des Bauwerks handelte, wie es ihr Grundprogramm vorsah.

Als in nächster Nähe ein fremdes Raumschiff niederging, wurde eine Alarmmeldung abgestrahlt.

Dararena, ehemals Erfüllungsgehilfin der Meister, hatte das quadratische Gebäude mit einer Kantenlänge von 500 Metern verlassen.

Ihr Geist war befreit worden. Befreit von dem aufoktroyierten, künstlichen Bewusstseins der Situations-Positronik der Schlafstätte.

Sie war plötzlich frei.

Ihre Gedanken wurden nicht mehr manipuliert.

Unter einem unbändigen Bewegungsdrang bewegte sie sich durch die Flora, welche aus schenkelhohen Buschgras bestand, das stellenweise durch Elefantengras abgelöst wurde.

Vereinzelt standen riesige Laubbäume auf der Ebene, auf die sie jetzt zu rannte. Nur weg von dem Monster, das sich weit in die Hemisphäre erstreckte und tiefe, dunkle Schatten auf den Boden warf.

Weg von der Schläfer-Stätte. Dararena stolperte abwechselnd über tiefe Bodenfurchen und durch dichtes Unterholz, dann blieb sie im Schilfdickicht stecken und ließ sich einfach zu Boden sinken.

Die Panik flaute langsam ab und sie atmete tief durch. Ihre Augen suchten immer wieder die nähere Umgebung nach möglichen Verfolgern ab.

Erst, als ihr bewusst wurde, dass sie allein war und der Schläfer-Bau, verdeckt durch die massiven Stämme der Mammutbäume, nicht mehr erkennbar war, beruhigte sich ihr Herzschlag und das bewusste Denken gewann wieder Oberhand.

Sie erhob sich langsam vom Boden, schaute sich kurz um und ging vorsichtig weiter.

Sie wusste nicht, wohin, aber sie wollte zunächst auch nur zwischen sich und der Schläfer-Stätte eine größere Distanz herstellen.

Nach etwa einer Stunde erreichte sie das Ende des Schilfgebiets und der feuchtnasse Boden blieb zurück.

Der jetzt trockene, harte Boden unter ihren nackten Fußsohlen taten ihr besonders gut. Die Wiese, die jetzt vor ihr lag, welche sich fast bis zum sichtbaren Horizont erstreckte, gab ihr neuen Mut.

Alles wirkte so friedlich. Die Wiese war übersät mit Kornblumen in allen möglichen Farben und Formen.

Insekten schierten umher und ließen sich auch von ihrer Anwesenheit nicht beirren.

Vorsichtig bewegte sie sich durch die Reihen der Blüten und versuchte keine einzige umzuknicken.

Es war ein von vornherein zum Scheitern verurteiltes Unterfangen, es gab zu viele von ihnen.

Sie hatte das Ende des Blumenfelds fast schon erreicht, als über ihr ein dumpfes Brausen einsetzte.

Dararena blieb sofort stehen und schaute angsterfüllt nach oben. Als sie das riesige schwarze Ungetüm erblickte, begann sie augenblicklich zu rennen.

Ihre Füße mähten reihenweise die herrlichsten Wiesenblumen um, bis sie mit einem Fuß an einer dicken, oberirdischen Wurzel hängenblieb und zu Boden stürzte.

Das anfänglich noch mit mäßiger Lautstärke zu hörende Geräusch der spontan verdrängten Luft über ihr wurde zu einem wahren Orkan.

Wie Donnerschläge in einem stampfenden Stakkato ertönte der immer noch mehrfache Überschallflug des zur Landung ansetzenden Raumschiffs auf sie hernieder.

Dararena hielt sich mit den Händen die Ohren zu und drückte ihren Kopf in die Grasnarbe.

Sie begann am ganzen Körper vor Furcht zu zittern. Ein eisiger Wind fegte über ihren nur spärlich bekleideten Körper, dann setzte Hagelschauer ein.

Die eisigen Körner, die auf sie herabfielen, taten ihr gut, obwohl einige von ihnen auch Blutergüsse verursachten.

Das Schiff wirkte riesig, obwohl die Entfernung zum Landeplatz noch über einen Kilometer betrug.

Wie eine zweite Schläfer-Stätte, nur viel bedrohlicher, erhoben sich die Schiffswandungen steil in den Himmel hinein.

Dararena erhob sich fröstelnd, als sich der Hurrikan etwas gelegt hatte und begann, in die entgegengesetzte Richtung zum Schiffslandeplatz, davonzurennen.

Der große Zentralbildschirm hatte sich selbstständig aktiviert. Zeno sah das fremde Schiff mit weit überhöhten Werten auf die Oberfläche zustürzen.

Zuerst hatte er noch angenommen, dass es sich um Aufnahmen der SOWALLO handelte, als sie auf den Planeten abzustürzen drohte.

Erst einige Minuten später realisierte er, dass es sich doch um ein fremdes Raumschiff handelte und es Echtzeitaufnahmen waren, die er sah.

Das fremde Schiff nahm beim Landeanflug keine Rücksicht auf die Umwelt, noch auf die Fauna und Flora.

Der von ihm ausgelöste Orkan versuchte mit aller Gewalt, das von den Schwerkräften abgeschirmte Raumschiff auf den Boden zu drücken oder es mit vernichtender Wucht gegen die schroffen Gipfel der Berge zu treiben.

Es wurde immer dunkler, je weiter sich das Schiff dem Bodenniveau näherte, umso wilder und eisiger wurde der Sturm.

Donnernd senkte sich das riesige Schiff auf den Schläfer-Bau zu, bis die Bodenstützen des mächtigen Rumpfes auf dem flachen Dach Bodenkontakt bekamen.

Zwischen den niederzuckenden Blitzen und dem dichten Hagel wurden unvermittelt metallene Körper reflektiert.

Zeno konnte nichts Genaues erkennen, dann brach die Übertragung vollkommen zusammen und der Zentralschirm wurde schwarz.

Jetzt hielt ihn nichts mehr auf.

Er musste herausfinden, was dort draußen vor sich ging. Zeno verließ das Schiff durch das Außenschott, welches sich etwa 115 Meter über Bodenniveau befand und er und Tarja bereits zum Verlassen des Raumschiffs genutzt hatten.

Er stürzte einhundert Meter in die Tiefe, bevor sein flugfähiger Körper ein Antigrav-Feld projizierte, dass ihn abfing und horizontal ausrichtete.

Mit steigender Geschwindigkeit flog er in Richtung des gelandeten fremden Schiffs, wobei er darauf achtete, immer in relativer Bodennähe zu bleiben, um die hier sehr dichte Flora als Ortungsschutz zu nutzen.

Er machte sich zwar wenig Hoffnung, dass die Flora eine Ortung seines Metallkörpers und den von ihm emittierten Energien wirklich verhindern konnte, aber er würde so jedenfalls kein direktes Angriffsziel bieten.

Das fremde Schiff war etwa einen Kilometer vor dem schwarzen Quarterbau niedergegangen.

Die Entfernung zur SOWALLO schätzte er dabei auf etwas weniger als zehn Kilometer.

Das war nicht wirklich viel. Er reduzierte seine Geschwindigkeit auf etwa 50 KM/Stunde.

Noch befand er sich in einem dicht bewachsenen Wald und musste ständig den Stämmen der hier wachsenden Mammutbäume ausweichen.

Seine Gedanken beschäftigten sich kurz mit Tarja und dem fremden Stahl-Kämpfer, der Syeel genannt wurde.

Mittlerweile sollte die Chron-Bastion TILMUN ihn aus seinen Träumen befreit haben.

Es war mit Tarja abgesprochen, dass sie mit ihm sofort wieder zurück zum Schiff kam, sobald die Chron-Bastion ihn mit einem VR-Strahlungsabsorber ausgerüstet hatte.

Irgendwie gefiel ihm die Vorstellung nicht, Tarja mit dem Fremden alleingelassen zu haben.

Er hatte schon ein mulmiges Gefühl dabei, als sie mit ihm im Schlepptau vom Schiff aufgebrochen war.

Jedenfalls wollte er unbedingt wieder im Schiff sein, wenn beide zurück zum Raumschiff kamen.

Somit blieb ihm nur wenig Zeit, für seinen Erkundungsgang.

Unvermittelt lichtete sich der Wald und eine Grünfläche tat sich auf, die mit unzähligen Wiesenblumen bewachsen war.

Zwischen den bunten Klecksen ihrer Blüten bemerkte er plötzlich Bewegung. Sofort reduzierte er die Geschwindigkeit, stoppte den Flug und ließ sich zu Boden sinken.

Dann stand er direkt vor der Frau, die mit einem Ruck ebenfalls stehenblieb und ihn aus großen Augen anstarrte, als würde sie gerade ein Gespenst sehen.

Traum-Sequenz Syeel

Syeel erwachte schweißgebadet. Er wusste zuerst nicht, wo er war. Der Raum lag in einem düsteren Dunkel, jedoch nicht ganz so dunkel, dass man nichts erkennen konnte.

Es gab nicht genug Helligkeit, um etwas mehr zu erkennen, als nur schemenhafte Umrisse. Es war absolut still.

Seine Gedanken versuchten noch, die letzten Bilder seines Albtraums zu erhaschen, bevor sie sich ganz verflüchtigt hatten. Es gelang nur zum Teil.

Er sah sich noch in einem dreckigen Loch zwischen Abfällen herumstolpern - mit zerrissener Kleidung und einem hungrigen Magen. Merkwürdige Gestalten, die so wenig Ähnlichkeit mit dem Aussehen eines Menschen hatten, beobachteten ihn.

Reptilienhafte Wesen stürmten mit ihm zusammen durch in Flammen getauchte, stinkende und verrauchte Korridore. Dann explodierte direkt vor ihm ein noch schwach glühender Beleuchtungskörper.

Verwirrt blinzelte er in das dämmrige Licht und richtete sich auf. Sofort erhellte sich der Raum um einige Nuancen.

Das war aber nicht sein Studentenzimmer im Studentenwohnheim. Verwirrende Gedankengänge liefen wie nicht zueinander gehörende Filmsequenzen in seinem Geist ab. Seine Schweißdrüsen reagierten auf die scheinbar ungewohnten Erlebnisse und Umgebungen. Er fing wieder an zu transpirieren.

Ein leises, aber beständiges Trillern ließ ihn nach links schauen. Dort befand sich das Holoscreen, eine Art dreidimensionales Multikommunikationsdisplay mit Interfaceverbindung direkt in den Transferchip, der in seine Schläfe implantiert war und direkten Zugang zum auditorischen Cortex hatte.

Mit einem Schlag setzte seine kurzzeitig blockierte Erinnerung wieder ein. Ob es sich jedoch dabei um eine wirkliche Erinnerung handelte, oder aber nur um eine weitere, fiktionale Bewusstseinsstörung, das war im Moment für ihn zweitrangig. Es war für ihn ein greifbarer, weil noch deutlich klare erscheinender Ansatzpunkt seines Erlebten. Ob es sich dabei tatsächlich um die Wirklichkeit handelte, war jetzt sowieso nicht nachzuprüfen. Er glaubte es einfach.

Er befand sich auf dem Handelsraumschiff ZERBRASS, einem 200 Meter durchmessenden Raumschiff der Händlerallianz des Planetensystems ESTRATO.

Mit etwas Wehmut dachte er an das zurückliegende Jahr.

Damals, fast vor genau 365 Tagen war er aus bis heute noch nicht geklärten mysteriösen Umständen von seinem Heimatplaneten verschwunden. Er hatte sich auf einem fremden Planeten wiedergefunden.

Der Schock, als er all die fremden Lebensformen erblickt hatte, saß noch heute tief in seiner Seele.

Der tägliche Kampf als Obdachloser.

Die Erlernung der Tegaren-Sprache und die erste Anstellung als Mädchen für alles in einem heruntergekommenen Club.

Erst als er sie kennenlernte, bekam sein bis dahin fast aufgegebenes Leben wieder einen Sinn. Sie, das war Altrea, ebenfalls eine Mammalianer, wie man seine Spezies innerhalb des Sternenreichs von Bahrein nannte.

Bis auf die Anordnung einiger weniger innerer Organe war ihr Aussehen menschenähnlich. Sie war der Kapitän des Raumschiffes, auf dem er sich jetzt befand.

Er arbeitete genau wie Altrea, seine jetzige Freundin, für die Handelsvereinigung Kopah. In deren Auftrag und mit Unterstützung der Händler-Allianz waren sie auf dem Weg zu seinem Heimatplaneten.

Er hatte Altrea bereits viel von ihm vorgeschwärmt. Die Erinnerungen waren immer noch frisch und das Verlangen, die Sehnsucht nach seinem zu Hause, war niemals erloschen, im Gegenteil: Sie war immer größer geworden.

Aus reinem Zufall war der Kopah eine Sternenkarte mit einigen Randbezirken in die Hände gefallen und er, Syeel, hatte ebenfalls mehr durch Zufall diese Karte in seinem Multicom auf den Holoscreen angezeigt bekommen.

Aus Spaß hatte er alle Daten seines Heimatplaneten in den Hightech-Computer eingegeben und war mehr als erstaunt, als dieser nicht nur einen Planeten lieferte, sondern ebenfalls eine genaue Route dort hin.

Schnell stellte er fest, dass es sich nur um seinen Planeten handeln konnte.

Die Sternenallianz hatte anscheinend schon vor Äonen diesen Teil des Sternhaufens befahren und katalogisiert.

„Mein Terry, endlich aufgewacht?“

Altrea meldete sich aus der Zentrale. Sie sprach ihn, wenn sie allein waren, immer mit seinem Kosenamen an, einem kleinen, Babybär ähnlichen Tier auf ihrem Heimatplaneten Traster.

„Guten Morgen Altrea. Was machst du so früh in der Zentrale?“

„Wir hatten in der Nacht einen Intern-Alarm. Ich weiß auch nicht, aber irgendetwas scheint mit unserem Baby nicht in Ordnung zu sein.“

Sie nannte das Raumschiff ZERBRASS immer „Baby“. Syeel war auf einmal hellwach.

„Was meinst du mit ‚nicht in Ordnung’?“

„Kann ich auch nicht sagen. Das Diagnoseprogramm läuft noch oder hat sich aufgehängt.“

Ich bin gleich in der Zentrale. Lass mich nur noch kurz duschen.“

Mit einem Sprung stand Syeel neben dem Bett und schüttelte sich kurz.

Die ZERBRASS besaß eine Besatzung von fünfzig einigermaßen gut ausgebildeten Männern und Frauen der Händler-Allianz.

Bis auf die vier Tegaren waren alle mehr oder weniger ebenfalls menschenähnlich.

Nur waren es keine Speziallisten für Raumschifftechnik, genauso wenig wie er.

Als Syeel in der Zentrale ankam, saßen neben seiner Freundin Altrea noch zwei weitere Traster.

Sie nickte ihm lediglich zu, ohne ihn wie gewohnt zur morgendlichen Begrüßung in den Arm zu nehmen. Auf dem Bildschirm der Kontrolleinheit zur Schiffsintern-Überwachung liefen Zahlenreihen über Zahlenreihen.

Das geht schon die ganze Nacht so.“ „Wie sieht unser Kurs aus. Haben wir Abweichungen zu verzeichnen?“

„Subator, irgendwelche Abweichungen?“

Altrea schaute zu dem Traster hinüber.

„Nein, Kapitän. Wir werden in genau fünfzehn Zeiteinheiten das Zielgebiet erreicht haben.“

„Vielleicht ist ja die Kontrolleinheit defekt!“ Syeel schien nicht wirklich besorgt zu sein.

Er legte von hinten seine Arme um Altreas Schulter und zog sie zu sich heran. Er wusste natürlich, dass sie Hemmungen hatte im Beisein von anderen Humanoiden Zärtlichkeiten auszutauschen.

Das war ihm aber in dieser Minute vollkommen egal. Außerdem reizte es ihn gerade deswegen so.

Syeel drückte sie fest an sich und ihre ablehnende Haltung schmolz dahin, als er sie hingebungsvoll küsste. Etwas irritiert schaute sie ihn danach an.

Sie kannten sich jetzt etwas mehr als ein Viertel Trasterjahr. Er hielt sie immer noch im Arm.

„Ist etwas? Du scheinst mir heute Morgen irgendwie anders zu sein.“

Syeel fing an zu lächeln. „Nein, ich fühle mich wie immer. Vielleicht etwas beschwingter, aber sonst normal.“

Als er ihr wieder einen Kuss geben wollte, entzog sie sich seinem Zugriff.

„Dein Planet wird gleich auf dem Zentralbildschirm auftauchen.“

Syeel hatte noch seine Hand an der Hüfte von Altrea liegen, als das Raumschiff aus der Überlichtphase trat.

Und plötzlich schien in dem Handelsraumer die Hölle los zu sein. Auf dem Zentralbildschirm waren für kurze Zeit lange Feuerstreifen zu sehen, die mit rasender Geschwindigkeit auf das Schiff zustürzten.

Im gleichen Moment war ein hartes, berstendes Geräusch zu vernehmen, und die Feuerstreifen waren in den mächtigen Körper des Raumers eingedrungen. Ein schrilles Sirenengeheul tönte nervenaufpeitschend durch das ganze Schiff, rote Gefahrendisplays zuckten auf, in allen Räumen des Schiffs schaltete die Raumbeleuchtung auf rotes Gefahrenlicht um. Höchste Gefahrenstufe!

Auf der ungeheuer widerstandsfähigen Stahlfläche der Schiffswand zeigten sich reifengroße Blasen, im Bruchteil einer Sekunde wuchsen sie zu dicken Bällen an und platzen auf.

Und dann begann die Panzerwand zu zerbröckeln, immer tiefer werdende Löcher wurden sichtbar.

Syeel und Altrea fielen zu Boden. Die Steuerbordfläche begann zu zerbrechen.

Vollkommen überrascht und starr vor Schrecken lag Syeel auf dem Fußboden. Wie gebannt irrten seine Augen von einem Schreckensbild zum anderen, irrten hin und her in ungläubigem Staunen.

Doch plötzlich stieß er einen Schrei aus.

In der Zentrale ertönte ein grollender Donner, eine riesige Feuersäule stieg auf, brach sich Bahn durch den gesamten Schiffskörper und drang, begleitet von zerfetzendem Metall und davonfliegenden Maschinenteilen, aus dem Oberschiff des Transporters ins Freie, in den leeren Weltraum.

Gähnende Öffnungen klafften in den Schiffswänden, ungehindert konnte die Weltraumkälte in das Schiffsinnere eindringen.

Doch die meisten Besatzungsmitglieder spürten nichts mehr davon, denn auch in den anderen Teilen des Raumschiffs hatten ähnliche verheerende Explosionen stattgefunden.

Von den beiden Trastern der Kommandobesatzung war kein Stäubchen mehr zu entdecken, die Explosion schien sie buchstäblich zerrieben zu haben.

Syeel schwang sich über Altrea, die ohnmächtig neben ihm lag und sprang mit letzter Kraft durch das sich jetzt endlich schließende Zentralschott.

Der Sog der entweichenden Atmosphäre stoppte, als das Schott vollständig geschlossen war.

„Irgendetwas hatte das Schiff getroffen.“

Syeels Gedanken jagten durch seinen Kopf. Er musste schnellstens aus dem Schiffswrack, denn mehr war es nicht mehr.

Die beiden Beiboote standen in Hangar IX. Das musste von dort in zwei Minuten zu schaffen sein.

Er schulterte Altrea und rannte den Gang entlang zur Notschleuse. Der Gravolift war ausgefallen.

Er musste zwei Decks tiefer und das ging jetzt nur über den Not-Steg. Altrea kam zu sich.

„Was ist mit dem Baby?“

Syeel zog sie durch das Notschott. „Die Brücke ist zerstört. Wie es sonst aussieht, weiß ich nicht. Ich weiß nur eines, wir müssen hier raus. Die einzige Möglichkeit sind die Beiboote. Also komm!“

Sie blickte wild um sich, konnte aber außer Rauch nichts erkennen.

„Ist es wirklich so schlimm?“

„Ich glaube schon. Los hier herunter“, Syeel deutete auf die Notstufen.

Er ließ Altrea den Vortritt. Nach zwei Minuten waren sie im unteren Bereich angekommen. Auch hier hatten die zuschlagenden Zwischenschotts das Entweichen wertvoller Sauerstoffatmosphäre verhindert.

Nach einem kurzen Sprint über zehn Meter erreichten sie Hangar IX. Beide Beiboote standen noch in ihren Halterrungen.

Anscheinend hatte es kein weiteres Besatzungsmitglied bis hierhergeschafft. Die Boote hatten einen Durchmesser von 50 Meter und waren scheibenförmig.

Sie waren mit zwei Decks versehen und konnten bis zu dreißig Mann befördern.

Sämtliche in der Händler-Allianz aktiv fliegende Raumschiffe besaßen Beiboote, die ebenfalls über einen Überlichtantrieb verfügten.

Dieser Grundsatz hatte schon mehr als tausend Mal nicht nur Leben gerettet, sondern ebenfalls der Besatzung die Möglichkeit gegeben, wieder zurück in die Zivilisation zu gelangen, anstatt ein menschenunwürdiges Leben auf irgendeinem unbesiedelten Planeten zu fristen.

Die Notsprengung an der präparierten Außenwandung des Raumers gab ihnen genügend Zeit, um den Notstart durch den Autopiloten ausführen zu lassen.

Wie eine Kanonenkugel beschleunigte das 50 Meter Schiff aus dem Wrack des Handelsraumers hinaus.

Altrea hatte die Aufzeichnungsgeräte aktiviert und war dabei, sich die Sicherungskopie des Hauptspeichers der ZERBRASS anzuschauen.

Deutlich war ein flammendes Ungeheuer zu erkennen, das die ZERBRASS direkt nach dem Ausgang aus Überlicht erfasst hatte.

Es musste ein Meteorit oder etwas Ähnliches gewesen sein. Genaues war nicht zu erkennen. Die Messungen gaben jedoch einen sehr hohen Metallgehalt des Objektes an.

„Schau dir diesen Anblick an.“

Syeel sah auf den Zentralbildschirm des Beibootes. Eine blau strahlende Kugel wurde sichtbar, der Syeels Heimatplanet.

„Etwas schöneres gibt es im ganzen Universum nicht!“

„Angeber. Aus dieser Entfernung sieht Traster fast genauso aus.“

Altrea blickte wieder auf die Bildfläche des Aufzeichnungsgeräts. Syeel hatte noch rechtzeitig den Schutzschirm aktiviert.

Das Boot wurde nur kurz etwas durchgeschüttelt, als die ZERBRASS durch gewaltige Explosionen in mehre Stücke zerrissen wurde.

Ein größeres Stück wurde in den Raum hinauskatapultiert, die anderen, kleineren Stücke, rasten auf die Planetenatmosphäre zu. Sie begannen sofort aufzuglühen.

Von der Planetenoberfläche sahen sie wie Kometenschweife aus, die den Himmel kurz, aber heftig in leuchtende Helligkeit tauchten, bevor sie in der Atmosphäre verglühten.

„Sind die wichtigsten Dateien überspielt worden?“

Syeel fragte nicht umsonst. Sie waren unter anderem mit der Absicht aufgebrochen, ältere Allianztechnik auf seinem Heimatplaneten zu vermarkten.

Die genauen Unterlagen waren im Hauptcomputer der ZERBRASS gespeichert gewesen. Diesen gab es nun nicht mehr.

„Habe ich gerade geprüft. Die Daten sind noch im letzten Moment überspielt worden.“

Altrea schaltete das Gerät aus und setzte sich neben Syeel in den zweiten Pilotensessel.

„Mit dem Überlichtantrieb dieses Beibootes kommen wir aber nicht mehr ganz zurück in Allianz Raumgebiet. Ich habe letzte Nacht die Entfernung überprüft. Der Antrieb schafft bis zu 1500 Lichtjahre. Wir sind hier aber in einen Nebenarm der Galaxie gelangt, der etwa 2000 Lichtjahre von der Händler-Allianz entfernt ist.“

Syeel sah sie fragend an und nickte. Altrea wusste mittlerweile diese Geste zu deuten.

„Die fehlenden 500 Lichtjahre werden unser Problem werden.“

Syeel steuerte das Schiff manuell. Er hatte in sehr kurzer Zeit gelernt, kleinere Schiffe und Beiboote zu steuern. Es hatte ihm von Anfang an Spaß bereitet und so wurde das Lernen, natürlich mit Unterstützung von Lernprogrammen, zu einem wahren vergnügen für ihn.

Es konnte sich rühmen, dass es in der ganzen Händler-Allianz vielleicht gerade Mal zwei weitere Personen gab, die ein Raumschiff manuell so perfekt steuern konnten, wie er.

Er leitete den Sinkflug ein. Die Schirme wurden nur minimal von der stärker werdenden Reibungshitze belastet, da er eine Parabel-Kurve einschlug.

Syeel genoss sichtlich den Flug über seinen alten Heimatplanenten. Auch Altrea schien jetzt verträumt auf die großen Wasserflächen und die etwas grünlich wirkenden Landmassen, die unter ihnen vorbeihuschten, hinauszuschauen.

„Das ist also deine Welt. Von hier bist du auf so merkwürdige Art und Weise verschwunden. Sieht gar nicht mal schlecht aus. Für meinen Geschmack nur etwas zu viel Wasser.“

Ihre Hände wanderten über die Instrumentenkonsole.

„Der Scanner scheint keinerlei Besonderheiten anzumessen. Und du bist dir sicher, Syeel, dass du von diesem Planeten verschwunden bist?“

Syeel deutete auf eine zusammenhängende Landmasse: „Das ist Südsrey mit dem riesigen Gebirgszug hier, den Zlaken. Natürlich ist das meine Heimatwelt.“

„Es gibt aber keinerlei Anzeichen einer Technologie, die eine Transferschleife zu anderen Welten herstellen könnte. Und nur damit hättest du den Übergang machen können. So einfach lässt sich eine Raumkrümmung nicht hervorrufen und schon gar nicht mit vorzeitlicher Technik. Und die scheint hier gang und gäbe zu sein, wenn ich dem Scanner und den verschiedenen Funkwellen, die das Boot empfängt, Glauben schenken kann.“

„Deswegen sind wir unter anderem auch hier. Wir wollen Technologie verkaufen, vergiss es nicht.“, erwiderte Syeel.

Altrea blickte ihn an und zeigte mit dem Finger auf den Schirm: „Und von wo bist du denn nun genau gekommen.“

„Aus einem Föderalstaat mit der Bezeichnung Darland. Mein Geburtsort hieß Ferkental. Wir werden in etwa zehn Zeiteinheiten dort sein.“

„Gibt es dort viel Industrie, in deinem Geburtsort. Können wir dort ins Geschäft kommen?“

Syeel lächelte. „Nein, nicht direkt. Aber ganz in der Nähe ist eine größere Stadt. Dort können wir mit der Suche nach Abnehmern beginnen. Wichtig ist lediglich, dass niemand erfährt, woher das Know-how wirklich stammt. Das würde eine allgemeine Panik auslösen und wer weiß noch was. Besser, wir gehen sehr vorsichtig vor.“

Syeel konnte seinen Blick nicht von der Frontbildfläche nehmen.

Das Schiff war jetzt auf etwa eintausend Meter gesunken und überflog die Landmasse von Südsrey.

Der zweite Kontinent kam in Sicht. Auch Altrea schien sehr beschäftigt zu sein. Ihre Fingerkuppen bewegten sich wie unter Zwang über die Flüssigkristalle des Holodisplays auf dem erweiterten Steuerpult des Copiloten.

Als endlich Darland in Sicht kam, schaute Syeel zu ihr und bemerkte ihre angestrengte Haltung. Sie saß direkt neben ihm und war in ihre Tätigkeit vertieft.

„Gibt es etwas Besonderes, weshalb du so konzentriert auf dem Display herumtippst?“

„Einen Moment noch. Ich habe es gleich.“

Jetzt wurde auch Syeel aufmerksam. Er beugte sich zu ihr hin. Sie hantierte an der Steuerung des Frequenzen Scanners herum.

„Knapp daneben ist auch vorbei. Jetzt ist wieder alles wie es vorher war.“

Sie schaute auf und blickte direkt in Syeels Augen. Er lächelte.

„Schau nicht so schlau. Ich dachte eben noch, dass ich eine Koba-Standard-Frequenz gescannt hätte. Aber das ist ja unmöglich. Kommunikationen mit einem Koba-Modulator ist auf diesem hinterwäldlerischen Planeten wohl noch Zukunftsmusik, oder?“

Syeel schaute immer noch in ihre hübschen, dunkelblauen Augen, die von einem natürlichen Lidschatten in Bronze umrahmt wurden.

„Einfache lichtschnelle Telekommunikation ist auf meinem Heimatplaneten noch unbekannt. Außerdem, wo sollten gerade Allianz-Standardfrequenzen hier im Randbezirk des Sternhaufens herkommen? Ich glaube, da hast du dich vertan.“

Sie streckte ihm schnippisch die Zunge heraus und bevor er darauf reagieren konnte hatte sie den Sitz verlassen und war auf dem Weg in die kleine Kombüse.

„Ich habe Hunger“, hörte er sie noch sagen, bevor das Cockpitschott wieder zuschlug.

Syeel konzentrierte sich wieder auf die Bildfläche. Das Beiboot war natürlich getarnt. Es konnte weder von einem Radar noch sonst irgendwelchen Scannern erfasst werden. Ein Manko gab es jedoch. Der Sichtschutz funktionierte nicht richtig.

Aber in eintausend Metern Höhe würde es sowieso von unten nur als großes Flugzeug wahrgenommen werden, wenn überhaupt.

Er hatte die teilautomatische Selbstkontrolle eingeschaltet, die dafür sorgte, dass es zu keiner Kollision mit einem anderen Fahrzeug kommen konnte.

Natürlich erwartete er in dieser niedrigen Flughöhe kein Linienflugzeug.

Aber Privatmaschinen konnten in dieser Höhe schon noch verkehren.

Als die Stadt Ferkental näherkam, flog Syeel per Handsteuerung eine große Kurve, um nicht in den hier doch relativ dichten Luftverkehr zu gelangen.

Sein Ziel war das nahe Mgush Gebirge. Hier gab es noch große Waldstücke und unberührte Natur.

Das Schiff wurde langsamer.

Syeel schien etwas zu suchen. Seine Hände strichen über die Steuerungsmatrix und die gewaltige Energie erzeugenden Maschinen unterhalb seines jetzigen Aufenthaltsortes fuhren mit einem lauten Getöse hoch.

Der Schutzschirm, welcher sich mit einem lauten überschallartigen Knall um das 50 Meter Boot legte, ließ einige Fenster in den Wohngebäuden weit unter dem Raumschiff erzittern.

In der vorderen Schiffsfront schoben sich Laserstrahlwerfer aus den dafür vorgesehenen Öffnungen und ein farbiges Holoscreen signalisierte, dass eine ganze Breitseitenbatterie feuerbereit war.

Syeel hatte das Schiff kampfbereit gemacht. Altrea erschien kauend im Schott.

„Habe ich da richtig gehört, die Energieumformer laufen auf Hochtouren. Werden wir angegriffen?“

Sie schwang sich in den Copiloten Sessel und steckte sich noch schnell das trockene Stück Bratenfleisch in den Mund, welches sie in der Hand gehalten hatte.

Die Menschen des Planeten Traster mochten besonders trockenes Fleisch und es musste abgekühlt sein.

Verwirrt schaute sie auf die Instrumente.

„Ich kann überhaupt keine Gefahrensituation erkennen. Syeel, was ist in dich gefahren?“

Syeel zeigte auf die jetzt im Zentralschirm erkennbare Bodenfläche. Hier standen nur wenige Bäume.

„Hier war es, hier ist es gewesen. Mit Sicherheit!“

„Was ist hier gewesen. Wieso sprichst du auf einmal in Rätseln?“

Syeel schien von Minute zu Minute aufgeregter zu werden. „Das Tor zu den Sternen oder wie auch immer du es nennen willst.“

Intermezzo: Geheimbund Kopah

Der Kampf hatte begonnen. Innerhalb der Wissenschaftskaste gab es den Geheimbund Kopah.

Hier hatten sich eine Handvoll Klasskl zusammengefunden, die allesamt mehr als unzufrieden mit König Haastak II waren.

Mehr aus Zufall waren sie bei Labor-Experimenten auf eine Strahlenart gestoßen, welche bei intelligentem Leben künstlich eine REM-Phase erzeugen konnte, und zwar in Sekundenschnelle.

Der Thalamus, die Gehirnschaltzentrale, reagierte auf diese Strahlenart besonders intensiv, und schloss Programm für Programm die Signale von Augen und Ohren, Nase, Zunge und Haut.

Gleichzeitig wurde das limbische System des Gehirns angeregt und mit künstlichen Erlebnissen aufgeladen.

Die Schlafenden befanden sich unvermittelt in einer VR-Welt.

Diese Entdeckung sollte der Kopah helfen, nicht nur das bestehende Herrschaftssystem zu stürzen, sondern ebenfalls innerhalb des Sternenreichs von Bahrein die Vormachtstellung der Spezies der Klasskl auszubauen.

Der führende Wissenschaftler Karriehm war die treibende Kraft innerhalb des Geheimbunds Kopah.

Er hatte mittlerweile die Herrschaft an sich gerissen und einen regelrechten autokratischen Führungsstil etabliert. Er besaß die uneingeschränkte Machtfülle und verpflichtete seine Untergebenen zu absolutem Gehorsam.

Mittlerweile waren bereits neben dem Planeten KLERK, welcher der Sitz des Herrschers von ARCMON war, fünf weitere Planeten mit sogenannten Schläfer-Zentren versehen worden.

Die von ihnen ausgehenden VR-Strahlen beeinflussten bereits viele Millionen von Lebewesen.

Darunter befanden sich die menschenähnlichen Mammalianer, wie auch die Spezies der Repbs, eine Mischung zwischen Schlange und Reptil.

Als die Alarmmeldung des Schläfer-Zentrums auf dem Planeten Soleit im Sonnensystem SOSEMT eintraf, befand sich Karriehm auf einem Inspektionsflug nur Unweit davon entfernt.

Er unterbrach sein ursprüngliches Vorhaben, ein neues Schläfer-Zentrum auf einem der zum Sternhaufen ERC gehörenden Planeten zu errichten, welcher sich in relativer Nähe des Planeten RACCKT, dem Regierungssitz des Sternenreichs der Repbs befand, um schnellstmöglich nach dem Rechten zu sehen.

Gerade die Spezies der Mammalianer hatte bisher besonders gut auf die Bestrahlung reagiert.

Er konnte sich nicht wirklich vorstellen, was auf Soleit geschehen war, dass einem Notruf rechtfertigen würde.

Nur kurz dachte er an das bisweilen sehr aggressive Verhalten der reptilienartigen Repbs.

Hatten sie etwa Soleit heimgesucht? König Haastak II hatte befohlen, die Raumflotte auszubauen und insbesondere auch eine Weltraumpatrouille zu etablieren. War man diesbezüglich etwa auf die Machenschaften der Kopah aufmerksam geworden?

Er würde es in weniger als zwölf Zeiteinheiten wissen.

Sein Körper kämpfte gegen den hohen Blutverlust, während er sich zu konzentrieren versuchte.

Er verfluchte diesen Primatenabkömmling Syeel, dem er diese Niederlage zu verdanken hatte.

Es war mehr als nur eine bloße Schmähung. Usurpator Mreckk’saah Mahl fühlte sich in seiner Ehre verletzt und gedemütigt.

Er versuchte unter aufkommender Verzweiflung einen Kurs zu programmieren, der ihn nach MALAKUR brachte.

Ob ihm das gelungen war, konnte er nicht mit Bestimmtheit sagen. Schlussendlich fiel er in eine über zwei Zeiteinheit dauernde Ohnmacht.

Das Sonnensystem SOSEMT und der Planet Soleit befanden sich jedenfalls bereits hinter dem kleinen Beiboot, das ihn aus der FERGAS in letzter Sekunde herausgetragen hatte, bevor diese in der Atmosphäre von Soleit verglühte.

Jedenfalls nahm er an, dass das Schiff aufgrund der starken Beschädigung den beginnenden Absturz nicht überstanden haben konnte.

Er begann zunächst mit der langsam wiedererachten Kraft seines paranormalen Geistes die körperlichen Wunden zu schließen.

Unvermittelt hing ein im Ultraschall liegendes Zirpen im Raum. Die Tonfrequenz erhöhte sich im Sekundentakt.

Mahl war zunächst nur irritiert. Als jedoch der Ton anfing, sein Gehör an der empfindlichen Stelle zu reizen, wurde er ungehalten.

Fast hätte er das dunkelrot blinkende Licht auf dem Steuerdisplay übersehen.

Distanzalarm! Das kleine Beiboot befand sich auf Kollisionskurs.

Fast gleichzeitig wurde auf dem kleinen Zentralschirm auch der Grund des Alarms sichtbar.

Ein Raumschiff war aus der Überlichtphase getreten und bewegte sich mit einer Geschwindigkeit von 189.000 Kilometern/Sekunde in das Sonnensystem hinein, das Mreckk’saah Mahl mit dem kleinen Beiboot gerade verlassen hatte.

Leider lagen die beiden künstlich geschaffenen Raumflugkörper auf derselben Flugbahn, was unausweichlich zu einer Kollision führen würde, da sie von entgegengesetzten Richtungen kamen.

Im Vergleich zu dem Schiff der Klasskl bewegte sich Mahls Raumboot sehr langsam.

Die Bootsautomatik hatte längst schon die unmittelbare Gefahrenlage erkannt und versuchte seit mehreren Sekunden, was in diesem Moment bereits eine halbe Ewigkeit bedeutete, die Geschwindigkeit drastisch zu reduzieren bei gleichzeitiger Änderung des Kurses.

Trotzdem wäre es zur Vernichtung des kleinen Beiboots gekommen, hätte nicht das Schiffsgehirn des Klasskl-Raumers ebenfalls sofort reagiert.

Ein starker Traktorstrahler schoss aus einem Bug und riss Mahls Boot unvermittelt aus dem Kurs.

Karriehm beobachtete auf dem Panoramabildschirm, wie das Repbs Beiboot tatsächlich nur wenige Meter an der Wandung seines Raumschiffs SORGA vorbeischoss. „Fremdes Raumboot hängt weiterhin im Traktorstrahl und wird der sinkenden Fluggeschwindigkeit der SORGA angepasst. Ihre Befehle, Meister!“

Karriehm blickte kurz zu einem der Wissenschaftsassistenten hinüber, der eben gesprochen hatte.

Dieser stand neben einem anderen Klasskl am Pult der Waffensteuerung und wartete auf seine Anweisungen.

Natürlich war der führende Wissenschaftler Karriehm und oberster Meister des Geheimbundes der Kopah

 nicht allein zu diesem Flug aufgebrochen.

Sein Gefolge bestand aus sieben Wissenschaftsassistenten, welche ihm absolut ergeben waren und die ihm unter anderem auch als persönliche Leibwächter dienten. Sie waren in gewisser Weise sein verlängerter Arm und standen unter seiner psychomechanischen Kontrolle.

Er konnte über einen mental-organisch-hadronischen Chip, welcher oberhalb der beiden riesigen weit hervorquellende und unbeweglich im Schädel sitzenden Augen, im Chitin der Panzerung saß, mentalen Kontakt zu jedem von ihnen aufnehmen.

Es war seine Erfindung und sie war erst im Rahmen der Forschung zu den VR-Strahlen ermöglicht worden.

„Das Raumboot ist unter Beachtung aller Sicherheitsmaßnahmen in Hangar V zu ziehen. Ich werde mich persönlich darum kümmern.“

Vier der sogenannten Wissenschaftsassistenten folgten Karriehm, als dieser die Schiffsbrücke verließ.

Mreckk’saah Mahls Schwäche war verschwunden. Nicht nur seine körperlichen Kräfte kamen langsam zurück, sondern ebenfalls seine geistigen.

Auf dem Frontbildschirm seines Raumboots sah er die beiden sich öffnenden Hangar-Tore des fremden Raumschiffs.

Das Positronengehirn seines Boots hatte die Antriebaggregate deaktiviert, als es bemerkt hatte, dass die Fremdeinwirkung stärker war als die Schubkräfte des Antriebs.

Andernfalls hätte es zu einer energetischen Verpuffung und damit zur Zerstörung des gesamten Beiboots führen können.

Mahl war mit einem Mal vollkommen ruhig. Sein paranormal verändertes Gehirn jedoch war in diesem Moment hyperaktiv.

Es analysierte und durchdachte Duzende von möglichen Szenarien, wie er sich diese unerwartet eingetretene Change für sich nutzbar machen konnte. Am Ende stand das Boot im Hangar.

Die Schleusentore hatten sich geschlossen und der atmosphärische Druckausgleich war bereits erfolgt, als er einen fertigen Plan hatte.

Oberstes Ziel war immer noch die Vernichtung von Syeel. Dazu benötigte er Unterstützung und diese würde er sich jetzt holen.

Es durfte wohl kein Problem sein, dieses Raumschiff zu übernehmen und für seine Zwecke einzuspannen.

Er würde mit einer noch größeren Macht zurückkehren und dieses Primatenabkömmling in Stahlausführung einfach von der Oberfläche des Planeten radieren. Gespannt beobachtete er, wie sich das Innenschott zum Hangar nach einer kurzen Zeitspanne öffnete.

Obwohl Mahl den Raumschiffstyp nicht erkannt hatte, waren ihm die Kreaturen, die er jetzt sah, bekannt.

Das typische Aussehen des runden Schädels mit den zwei riesigen weit hervorquellende Augen, die unbeweglich in dem Schädel saßen und die Form von schmalen Ellipsen hatten; die sich um den ganzen Kopf in einer dichte Reihe ziehenden, kleinen augenförmigen Gebilden, die ebenfalls starr in den Höhlen saßen und wie geschliffene Brillanten funkelten.

Es handelte sich hier um die Bewohner des Sternhaufens ZZACHK.

Die insektenartigen Wesen nannten sich Klasskl und sie bewohnen das 22 Planetensystem ARCMON.

Ihrer Körpergröße lag bei Durchschnittlich 1,5 Meter und damit waren sie fast einen halben Meter kleiner als ein durchschnittlicher Repbs.

Mahl zischte laut vor Aufregung und Speichel tropfte ungewollt aus seinem Maul.

Die Geschichtsforscher seiner Spezies hatten tatsächlich behauptet, dass vor sehr langer Zeit die Klasskl noch von den Repbs als Delikatesse angesehen worden waren.

Sie hatten regelrecht Jagd auf sie gemacht, um sie dann zu verspeisen.

Er glaubte nicht wirklich an solche Aussagen, jedoch kamen in ihm immer wieder sehr merkwürdige Gefühle auf, wenn er ihnen begegnete.

Mit zusammengezogenen Schlitzaugen und immer noch triefender Schnauze beobachtete er, wie nur fünf Klasskl den Schiffshangar betraten.

Er wunderte sich über ihre geringe Anzahl, schließlich konnten sie doch nicht annehmen, dass von dem fremden Boot keine feindliche Handlung ausging.

Er jedenfalls hätte einen ganzen schwerbewaffneten Trupp von Soldaten aufmarschieren lassen.

Aber umso besser für ihn.

So hatte er zumindest zunächst leichtes Spiel. Mahl öffnete die Ausstiegsluke.

Vier der fünf Klasskl reagierten sofort und hielten Waffen in ihren Klauen, welche auf ihn gerichtet waren und aus deren Abstrahlöffnungen es gefährlich rot glühte.

Mahls Gesichtszüge verzogen sich zu einem diabolischen Grinsen, dann schlug er zu.

Er riss ihnen telekinetisch die Waffen aus ihren Klauen und schleuderte sie unter die Landekufen seines Bootes.

„Ich okkupiere dieses Schiff mit seiner Crew. Ihr untersteht mit sofortiger Wirkung meiner Befehlsgewalt! Widertand ist zwecklos und wird mit sofortigem Tod bestraft!“

Die fünf Klasskl waren zunächst vollkommen erstarrt.

„Das hast du nicht zu bestimmen!“

Der führende Wissenschaftler Karriehm und nunmehr alleiniges Oberhaupt des Geheimbunds Kopah, befahl seinen Wissenschaftsassistenten unverzüglich den unverschämten Fremdling dingfest zu machen.

Alle vier versuchten fast gleichzeitig sich auf Mreckk’saah Mahl zu stürzen, kamen jedoch nicht sehr weit.

Mahl bemühte sich nicht sehr, als er mit bloßer Geisteskraft allen Vieren gleichzeitig das Genick brach.

Sie starben mitten im Sprung und ihre leblosen Körper fielen wie nasse Säcke direkt vor ihm zu Boden.

Karriehm stand wie erstarrt und verfolgte die Szene mit seinen vielen Augen, ohne wirklich zu wissen, was gerade geschah. Plötzlich verlor er den Boden unter den Füßen und hing etwa einen Meter in der Luft.

„Telekinese“, durchzuckte ihn der Gedanke.

Natürlich kannte er sich mit parapsychologischen Phänomenen aus. Eine solch starke Kraft war ihm jedoch noch nicht untergekommen.

„Ich verlange absoluten gehorsam, verstanden!“

Mahl gab dem Klasskl keine Chance. Er verstärkte den paramechanischen Druck auf alle seine Gliedmaße und den gesamten Chitin Körper, bis dieser anfing, merkwürdige Geräusche von sich zu geben.

Karriehm schrie vor Schmerzen auf und bevor er in eine wohltätige Ohnmacht fallen konnte, ließ er ihn los.

Der Klasskl fiel zu Boden und benötigte fast eine halbe Minute, um sich wieder zu erheben. Mahl gewährte ihm diesen Zeitraum.

Er benötigte zumindest in der jetzigen Situation jemanden, der von der Crew dieses Schiffs als Führungskraft respektiert wurde. Später, wenn die Mannschaft sich an ihn gewöhnt hatte, wurde der Klasskl mehr oder weniger überflüssig.

„Wie heißt du?“

Mahl legte seine ganze paranormale Kraft in die Fragestellung.

Bereits in der Vergangenheit hatte er mehrfach festgestellt, dass er gewisse suggestive Fähigkeiten entwickelt hatte.

Tatsächlich benahm sich der Klasskl ebenfalls entsprechend.

Mit dumpfem Gesichtsausdruck erwiderte er: „Karriehm.“

Welche Funktion übst du auf diesem Schiff aus?“

Der Klasskl starrte ihn teilnahmslos an ohne die Frage zu beantworten. Anscheinend war die Antwort zu komplex, als dass er sie mit seinem eingeschränkten Geist beantworten konnte.

Mahl reduzierte die parapsychische Beeinflussung und änderte die Fragestellung etwas ab.

„Was bist du?“

Sofort kam, wie eine Art Erlösung, die Antwort aus dem Dreiecksmaul des Insektenwesens.

„Ich bin der führende Wissenschaftler seiner Erhabenheit König Haastak II und Vorsitzender des Geheimbunds Kopah.“

Mreckk’saah Mahl horchte auf. Von einem Geheimbunds Kopah hatte er bisher noch nichts gehört.

Aber das musste nichts bedeuteten. Schließlich kannte er Haastak II nur dem Namen nach.

Er wusste noch, dass dessen Sitz der Hauptplanet KLERK des Planetensystems ARCMON war, das sich insgesamt aus Sage und Schreibe 22 bewohnten Planeten zusammensetzte.

„Welchen Hintergrund hat der Geheimbund Kopah?“

Mahl wollte mehr darüber wissen. Er hatte ein Gespür für bedeutsame Situationen und Gegebenheiten.

Als Karriehm abermals schwieg, änderte er erneut die Fragestellung.

„Was ist der Zweck der Kopah?“

„Sturz des Herrschaftssystems von König Haastak II und Ausbau der Vormachtstellung der Klasskl innerhalb des Sternenreichs von Bahrein“, kam sofort die Antwort.

„Wie soll das geschehen?“

„Durch Ausbau und Erweiterung der VR- Strahlenart, die durch Zufall während eines Labor-Experiments entdeckt wurde. Bereits initialisierte Schläfer-Stätten werden aktiviert und erweitert!“

Mahl hatte aufmerksam zugehört, jedoch nur wenig verstanden. Ihm fehlten einfach Hintergrundinformationen.

Diese musste er sich in Ruhe verschaffen und Karriehm war genau die richtige Person dafür.

In ihm reifte bereits ein grober Plan, wie er sich die Kopah für seine eigenen Zwecke nutzbar machen konnte.

Führe mich in deine Privatgemächer. Du musst mir alles über die Kopah und ihre Ziele berichten!“

Erinnerungen

Jetzt erst schien Altrea zu verstehen.

Du meinst, von hier aus bist du damals entführt worden. Genau von dort unten?“

Sie deutete jetzt ebenfalls auf den Schirm, der einen Ausschnitt des Areals zeigte.

Syeel nickte mehrmals stark mit dem Kopf und fing wie unter Zwang an zu erzählen: „Ich war wieder einmal mit meinem Bike unterwegs gewesen. In der Nähe, am Altkönig gab es großartige Wege zum Biken, musst du wissen. Der Tag war wie gemacht, um die alten Wege zu nutzen und durch die Wiesen und Wälder des alten Darlands zu fahren. Am Himmel zeigte sich nicht eine Wolke. Ich hatte mir etwas zu Essen eingepackt und meinen kleinen Rucksack auf den Rücken geschnallt. Die Luft war an diesem Morgen frisch und würzig.

Einige Bauern hatten gemäht und das geschnittene Gras roch sehr intensiv- ein Geruch, den ich besonders gernhatte. Ich war gerade Mal zwei Stunden unterwegs. Über mir bewegten sich die dichten Laubbäume, deren Blätter im lauen Wind ein gleichmäßiges, leises Rauschen verursachten.

Die Sonne versuchte mit einzelnen Strahlen, die Baumkronen zu durchdringen, während ich auf meinem Rad versuchte, Spur zu halten. Die verschiedenartigsten Schatten tanzten in meinem Blickfeld, als ganz plötzlich ein greller Lichtblitz mich vollständig blendete. Ich konnte im Nachhinein nicht mehr sagen, aus welcher Richtung er gekommen war.

Jedenfalls musste ich die Augen zukneifen und hatte trotzdem noch helle Schlieren auf der Netzhaut. Ich machte eine Vollbremsung, das Hinterrad ging hoch, weil ich nur die Vorderbremse betätigt hatte und ich überschlug mich mit samt dem Rad.

Im hohen Bogen landete ich im weichen Gras des Seitenstreifens. Ich konnte gerade noch die Arme hochreißen, um mich vor dem auf mich fallenden Rad zu schützen.

Da lag ich nun und wusste nicht, wie mit geschehen war. Ich stand auf und besah mir zuerst das Bike.

Ein sehr großer Achter war im Vorderrad. Den konnte man nicht einfach wieder hinbiegen. Wütend schaute ich mich um.

Woher kam bloß dieser lautlose Lichtblitz? Einige Meter seitlich hinter einem aufgestapelten Holzhaufen vernahm ich merkwürdige Geräusche.

Es hörte sich an, als ob eine dünne Kunststofffolie knistern würde. Ich trat auf den Holzstapel zu. Die Luft flimmerte vor mir bläulich.

Als ich noch keine zwei Meter weit gegangen war, erfasste mich ein gewaltiger Sog. Ich versuchte mich dagegen zu stemmen, aber es hatte keinen Zweck. Hals über Kopf wurde ich nach vorne gerissen.

Ich schrie auf. Vor mir stand eine Art Windhose, wie ein kleiner Tornado mitten in der Luft.

Sie zog mit einer schier unmöglichen Gewalt alles an, was sich in ihrem unmittelbaren Umfeld befand und das war jetzt hauptsächlich ich.

Mir blieb das Wort im Halse stecken und ob du es glaubst oder nicht, ich war wie gelähmt. Gleichzeitig rutschte ich weiter auf das Ding zu.

Und dass Schlimmste überhaupt, man hörte nichts. Nicht das kleinste Geräusch war zu vernehmen, mehr als gespenstisch, sag ich dir.

Dann verschlang mich dieses Monstrum. Ich musste wohl ohnmächtig gewesen sein, denn als ich wieder sehen konnte, war mein erster Gedanke, dass ich wohl die Böschung hinter diesem Wirbel hinuntergefallen war.

Ich lag in Haufen von stinkendem Abfall. Um genau zu sagen, Biomüll. Es stank barbarisch. Nur die Bäume und Büsche hatten mit einem Mal eine wirklich komische Farbe. Sie waren mehr blau als grün. Und viel größer und höher, als ich es in Erinnerung hatte.“

Syeel schaute Altrea in die Augen.

Sie saß immer noch neben ihm und hatte gebannt seiner Erzählung zugehört.

„Das war der Planet Queral, auf dem du erschienen warst, richtig?“

Er nickte. „Der übelste Planet, den man sich überhaupt vorstellen konnte. Und ich hatte damals vor fast genau 365 Tagen noch überhaupt keine Vorstellungen, was alles noch auf mich zukommen solle.“

Ein Display blinkte in Orange und lenkte Syeel ab. Das Beiboot hatte an den von ihm eingestellten Koordinaten angehalten und schwebte keine zwanzig Meter über dem Boden. Die Waffensysteme zeigten Grünwerte.

„Was hast du jetzt vor?“

Altrea war etwas nervöser als sonst.

„Ich werde hinunter gehen und dann sehen wir, was geschieht. Ich nehme die Waffenfernkontrolle mit. Dieses Mal bin ich gewappnet.“

Syeel schien finster entschlossen zu sein. Als Altrea ebenfalls mit ihm aufstand, drückte er sie zurück in den Sitz.

„Das lassen wir lieber. Außerdem gibt es mir ein viel sicheres Gefühl, wenn du hier oben über mich wachst, trotz dem hier“, er hielt die Fernkontrolle kurz hoch und steckte sie dann ein.

„In Ordnung, es ist dein Planet!“

Sie schaute ihm nach, als er das Cockpit verließ. Aus einer Wand Box im Hangar holte Syeel sich noch den Antigravitationsgürtel und schnallte ihn um. Damit wollte er zunächst zur Erde hinunter schweben.

Er hatte zwar immer noch mit der Höhenangst zu kämpfen, aber die Wut in ihm überbrückte sogar dieses Handicap.

Kurz überlegte er sich noch, auch eine Waffe mitzunehmen, aber dann entschied er sich dagegen.

Das Außenschott öffnete sich und heller Sonnenschein kam ihm entgegen. Die Luft roch wie damals, nach frischem gemähtem Gras. Syeel aktivierte den Gürtel und sprang hinaus.

Schnell waren die zwanzig Meter nach unten überbrückt und seine Füße betraten wieder seinen Heimatplaneten.

Irgendwie theatralisch, aber trotzdem mit einem guten Gefühl, ließ er sich auf die Knie nieder und strich mit der Hand über die Grasnarbe am Boden.

Er fühlte sich tatsächlich etwas beschwingt, als er wieder aufstand. Eine kurze Orientierung folgte und er wusste wo er stand.

Etwas mehr als fünfhundert Meter weiter und die Stelle von damals war erreicht. Jedenfalls müsste sie genau hier gewesen sein.

Der Holzstoß war natürlich nicht mehr vorhanden. Auch hatte er die Bäume irgendwie größer in Erinnerung. In seinem Ohr piepste es leise und kurz.

Das InCom, ein kleines, Platinen ähnliches Gerät, das an der Ohrmuschel unter die obere Hautschicht implantiert worden war, meldete sich.

Syeel aktivierte die Verbindung reflexartig, indem er mit dem Zeigefinger leicht an sein Ohr fasste und die dadurch übertragene zusätzliche Wärmequelle seines Fingers gab dem Gerät den Input sich einzuschalten.

„Wie sieht es da unten aus. Ziemliche Hinterwelt, was!“

Altreas Stimme hatte einen ironischen Unterton.

„Du siehst nicht gerade glücklich aus, wie du da herumstehst.“

Natürlich konnte sie ihn auf dem Zentralschirm des Bootes sehen. Die erste Mundbewegung aktivierte die Sprechverbindung.

„Es ist nichts, weit und breit absolut nichts. Auch die Messung mit dem Handscanner ergab nichts. Noch nicht einmal die Chronozone-Aufnahme zeigte eine Anomalie.“

Das war eine Aufzeichnung mit einer sogenannten Zeitverschiebung. Man konnte unterschiedliche in der Vergangenheit erfolgte Abläufe wieder bildlich aktivieren. Er überlegte kurz.

„Altrea, ich schlage vor, du landest hier. Einen besseren Platz werden wir sowieso nicht finden. Dort drüben, hinter den großen Bäumen, sollte der freie Platz für das Boot ausreichen.“

Das kleine Raumschiff machte einen Satz, so sah es jedenfalls für Syeel aus, und verschwand hinter den Bäumen.

„Befehl ausgeführt, Kommandant. Und wie geht es jetzt weiter?“

Syeel und Altrea saßen in einer der zehn Wohnkabinen und schmiedeten ihren Plan. Altrea war gerade dabei, über den Incom-Anschluss und dem Raumterminal Verbindung mit den öffentlichen Netzen zu bekommen.

Der Bordcomputer hackte sich problemlos in das lokale Netz ein und schon erschienen auf der Bildfläche des Terminals verschiedene Updates von Informationen und eine Matrix wurde durch das Bordgehirn zur Verfügung gestellt, mit deren Hilfe es einfach war bestimmte Suchbegriffe flächendeckend einzusetzen.

„So, lass uns jetzt erst einmal einen ersten Überblick über die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf deinem Hinterwältlerplaneten verschaffen.“

Sie blickte kurz zu ihm auf. Syeel ließ sie gewähren.

„Es gibt zwei unabhängig voneinander agierende Netze, das sogenannte Internet und das WirtNet und man schreibt den 21. Junn 21025.“

Jetzt wurde auch Syeel aufmerksam. Normalerweise war Altrea die Fachfrau für Programme, Datenverarbeitung und so weiter und er hielt sich meist zurück.

„Sag das noch einmal. Welches Datum haben wir heute?“

„Den 21. Junn 21025. Warum fragst du?“

„Ganz einfach, weil ich am 04. Junn 21015 durch dieses Ding von hier verschwunden bin. Das war vor etwa einem Planetenjahr!“

„Bist du dir da sicher?“

„Ich bin auch nur ein Jahr gealtert. Wären es zehn Jahre gewesen, müsste ich das doch wohl mitbekommen haben.“

Syeel war etwas irritiert und eine innere Spannung baute sich bei ihm auf. Altrea wechselte in schneller Reihenfolge die Seiten.

„Keine Zweifel möglich. Das Datum stimmt.“

„Sagtest du eben noch etwas von einem WirtNet? Was soll das sein. So etwas kenne ich nicht.“

Altreas Hände bewegten sich wie magisch auf der integrierten Flüssigmaske des Terminals.

„Es scheint eine Art von wirtschaftlichem Informationsaustausch mit gleichzeitiger Business Integrationsmöglichkeit zu sein. Viele industrielle Geschäfte werden ebenfalls darüber getätigt und abgewickelt.“

„Es hat sich wohl einiges in den vergangenen zehn Jahren getan! Jetzt komme ich endlich zurück und fühle mich auf meinem eigenen Heimatplaneten irgendwie fremd. Hättest du mir das noch vor ein paar Tagen gesagt, ich hätte dich vermutlich ausgelacht.“

Syeel schaute Altrea weiterhin bei ihren Recherchen zu. Syeels Gedanken gingen jedoch schon wieder in eine ganz andere Richtung.

Was würde die Händler-Allianz zu dem Verlust des Schiffes und der Mannschaft sagen? Es waren zwar nur Freiwillige gewesen, die wussten, dass es nicht ganz ungefährlich werden könnte, aber, dass durch einen bloßen Zufall Mann und Maus draufgingen, das konnte und wollte er sich nicht wirklich zugestehen. Die Aufzeichnungen des Hergangs waren ebenfalls mehr als ungenügend. Ob man sie später zur Rechenschaft ziehen würde, hing natürlich davon ab, inwieweit Altrea und er sich rechtfertigen konnten, obwohl er hier noch am wenigsten in der Verantwortung stand - Altrea war der Kapitän.

Diese flammende Erscheinung kurz vor der Kollision. Er musste unbedingt mit Altrea über ihre Situation sprechen.

Er wollte sie aber jetzt nicht stören.

Immer wenn sie sich so engagierte und vertieft mit einer Sache beschäftigte, sollte man sie in Ruhe lassen.

Das hatte Syeel mittlerweile in den drei Monaten ihres Zusammenseins gelernt. Er legte sich auf das Bett, das den Raum fast zur Hälfte ausfüllte und dachte nach. Dabei beobachtete er Altrea.

„Ich glaube, ich weiß wie wir vorgehen können. Zunächst werde ich eine Aufstellung der möglichen Patente, Erfindungen, Formelsammlungen und so weiter machen.“

Sie hatte mehr zu sich selbst, als zu Syeel gesprochen.

„Die nötigen Ausweispapiere haben wir ja bereits auf Traster nach deinem Muster anfertigen lassen. Wirklich sehr primitiv, aber das war ein Vorteil für uns.“

Jetzt drehte sie sich zu ihm um.

„Hoffentlich haben die Ausweise noch ihre Gültigkeit, nachdem über zehn Jahre vergangen sind.“

„So viel ich noch in Erinnerung habe, ist die Gültigkeitsdauer genau auf zehn Jahre beschränkt. Da das Datum der Erstellung vordatiert worden ist, sollte es hier keine Probleme geben.“

Syeels Gedanken wurden träge und er legte sich entspannt zurück. Er musste wohl eingeschlafen sein. Plötzlich stand er wieder an diesem stinkenden Reinigungsbecken und säuberte die merkwürdigsten Trinkbehältnisse.

Syeel schaute sich vorsichtig nach allen Seiten um.

Richtig, das war der hintere Trakt dieser miesen Spelunke „Zur Weltraum Lady“ auf dem Planeten Queral im Sonoarsh System.

Hier war er angekommen, damals vor etwas mehr als einem Erdenjahr. Syeel schaute hinüber zum Schanktresen. Dort stand der fette Orkha, dem der Laden auch gehörte.

Zwei männliche Bedienstete eilten geschäftig zwischen den Gästen an den Tischen umher und versuchten immer wieder von Neuem, Getränke, Drogen und was sonst noch alles, anzubieten.

„Hey, boy, mach voran. Wir benötigen saubere Drahtos. Anstatt dumm in die Luft zu stieren, solltest du Samos und Zulos beim Einsammeln helfen.“

„Drahtos“ wurden die Getränkebecher genannt, in denen fast alles ausgeschenkt wurde, was genießbar war und manchmal auch solche Sachen, die nicht unbedingt für alle Gäste zu genießen waren.

Orkha winkte ihn an die hintere Reihe von Tischen, deren Gäste eben den Schankraum verlassen hatten.

Er hatte ihn damals in einem Müllhaufen vor seinem Geschäft gefunden und sich seiner angenommen.

Von ihm hatte er auch die zunächst wenigen Worte in Spes, der Einheitssprache der Sternenallianz SpESCT, gelernt.

Langsam ging Syeel zu den hinteren Tischen und räumte ab. Dabei sah er, wie zufällig, zum Eingang hinüber.

Die Raumfahrerkneipe von Orkha war noch eine der Besten auf dem Planeten Queral, so sagte man jedenfalls.

Syeel wollte nicht wissen, wie es woanders zuging. Er bewohnte einen kleinen Raum in Orkhas Haus und versuchte, neben dem Erlernen der Sprache, sich so unauffällig wie möglich zu benehmen.

Er wusste nicht, wie er hierhergekommen war, aber eines war ihm schnell klar geworden: an diesem Ort galten andere Gesetze als auf seinem Heimatplaneten.

Um hier zu überleben, sollte man sich zu allererst mit den Sitten und Gebräuchen bekannt machen

und nicht unbedingt auffallen.

Als sie eintrat, war er vom ersten Augenblick von ihrem Anblick gefangen genommen.

Schulterlanges, leicht gewelltes, dunkelblondes Haar zierte den Kopf einer griechischen Göttin. Der schwarze Hosenanzug in einem lederartigen Material saß sehr eng.

Nur der Gürtel mit den beiden gefüllten Waffenholstern passte nicht so recht zu ihrem Erscheinungsbild.

Sie schien einen gut durchtrainierten Körper zu besitzen, so wie sie sich jetzt leichtfüßig in den Raum hinein bewegte. Oder sie war an eine andere Schwerkraft gewöhnt.

Syeel hatte sich bereits auf die neuen Gegebenheiten umgestellt, insbesondere, wenn er Schlussfolgerungen zog, konnte er sich nicht mehr auf seine alten Erdvorstellungen verlassen.

In dem Gefolge dieser dunkelblonden Göttin kam ein etwas zierlicher, junger Mann mit herein.

Er schien etwas nervös zu sein. Jedenfalls bewegten sich seine Augen stetig von links nach rechts und wieder zurück.

Sein Kopf ruckte entsprechend mit.

Beide ließen sich an dem langen Tresen nieder.

„Hey Orkha, ich bekomme das Gleiche wie immer und gib meinem Freund hier neben mir das Doppelte davon. Er ist etwas schüchtern und benötigt einen Aktivator.“

Sie hatte ein helles und einnehmendes Lachen.

„Kommt sofort, Altrea, mein Lieblingsgast von der Händler-Allianz!“

„Altrea, ich weiß nicht. Vielleicht trinke ich doch lieber nur Wasser.“

Ihr angeblicher Freund schien nicht so begeistert von dem zu sein, was sie bestellt hatte. Syeel ging langsam nach hinten.

Er war voll beladen mit Drahtos, die er zur Reinigung in den angrenzenden kleinen Raum bringen wollte.

Natürlich konnte er seinen Blick nicht mehr von ihr nehmen. Als Altrea, den Namen hatte er eben gehört, jetzt mit einem eleganten Kopfschnicken ihr Haar in die richtige Positur brachte, stolperte Syeel über die eigenen Füße und alle Drahtos fielen mit einem lauten Scheppern zu Boden.

Nie zuvor hatte Syeel jemanden so schnell seine Waffe ziehen sehen, wie jetzt Altrea es tat.

Als er aufblickte, schaute er genau in den Lauf einer mittelgroßen Stabwaffe. Er hatte überhaupt keine Ahnung, welche Waffenart es war. Seine erstaunten Augen trafen die ihren.

Er versuchte ein Lächeln, was aber daneben ging.

„Entschuldigung, war meine Schuld. Bitte nicht wehtun!“

Ihre Augenbrauen zogen sich etwas nach oben. Das war die ganze Regung in ihrem Gesicht. Mit einer genauso schnellen und fingerfertigen Bewegung wie beim Ziehen hatte sie die Waffe wieder in den Holster zurückgesteckt und blickte zu Orkha hinüber.

„Was ist das denn für eine Neuerwerbung, die du da eingestellt hast?“

Syeel versuchte den Boden von den Scherben zu säubern.

Die Zeiten sind schlecht. Ich muss nehmen, was ich bekommen kann!“

Orkha schaute kurz auf Syeel herunter und grinste, was Altrea nicht sehen konnte.

„Verschwinde“, kam die belustigende Aufforderung.

Bevor Syeel den Schankraum verließ, schaute er nochmals zu ihr hin und dass in genau dem Augenblick, indem sie ebenfalls mehr zufällig ihren Blick in seine Richtung warf.

Es waren vielleicht nur zwei Sekunden, in denen sich ihre Augenpaare trafen. Irgendetwas in ihm wurde dabei ausgelöst.

Er hatte das Gefühl diese Frau schon ewig zu kennen. Verwirrt blickte er zu Boden und als er von Neuem in ihre Richtung sah, war sie bereits wieder ins Gespräch mit ihrem Partner vertieft.

„Schade, vertan.“

Syeel ließ den Schankraum hinter sich und stürzte sich in die Arbeit. Es gab noch genug benutze Drahtos zu säubern.

Als Syeel an diesem Abend müde, wie immer in letzter Zeit, in sein Bett fiel, kam ihm einen Begriff ins Bewusstsein: „Händler-Allianz“.

Hatte nicht Orkha ihn heute erwähnt? Er hatte ihn schon mehrmals gehört, aber konnte ihn nicht richtig einordnen.

Jetzt erinnerte er sich genau. Orkha hatte von Altrea als seinen Lieblingsgast von der Händler-Allianz gesprochen.

Es musste sich demzufolge um eine Organisation oder ähnliches handeln.

Mit dem Gedanken an die dunkelblonde Göttin schlief er ein.

Sein Schlaf war traumlos.

Als Syeel am anderen Morgen aufwachte, dachte er, es wären erst ein paar Stunden vergangen.

„Neuer Morgen, neues Glück.“

Mit einem Sprung stand er vor dem Bett und begann seinen morgendlichen Dehnungs- und Atemübungen.

Meist schlossen sich auch einfache Schlagkombinationen an. Syeel war ein begeisterter Anhänger des Karasports.

Hauptsächlich um seinen Körper in Form zu halten, war er bereits mit neunzehn Jahren in einen Verein eingetreten und übte tagtäglich.

Es machte ihm unheimlich Spaß, manchmal bis an die körperlichen Grenzen zu gehen und immer wieder neue Varianten auszuprobieren oder selbst zu entwickeln. Seinen Yoko-Geri Kekomi, dem Fußtritt zum Kopf des Gegners, konnte er fast bis zu einer Körperhöhe von zwei Metern ausführen.

Das bedeutete fast schon einen Spakat im Stehen zu machen.

Ebenso vollführte er den Mawashi-Geri mit Sprung fast meisterhaft aus. Syeel hatte schon überlegt, mehr auf die Ebene von Toku-Fu zu gehen, da hier die Bewegungen runder und geschmeidiger waren.

Es war mehr das Tanzen, was ihm dabei gefiel. Tanzen in der Luft, während die Beine und Füße wie Schaufelräder agierten und den Körper in Bewegung hielten. Leider benötigte er für solche Aktionen viel Raum, was sein jetziges kleines Zimmer ungeeignet machte.

An diesem Tag hatte er vor, sich ein passendes Areal in einem nahen kleinen Waldstück zu suchen, wo er unbeobachtet trainieren konnte.

Am späten Nachmittag hatte er sich tatsächlich freinehmen können. Es war nicht viel los in der Raumfahrerkneipe von Orkha.

„Sei nur vorsichtig, du Greenhorn. Die Stadt ist nicht ungefährlich“, hatte Orkha ihm noch mit auf den Weg gegeben.

Syeel wusste selbst, dass hier mehr Halunken auf einem Haufen lebten, als in den meisten Großstädten der Erde zusammen.