Cornwall-Glück in der kleinen Reitschule - Cara Lindon - E-Book
SONDERANGEBOT

Cornwall-Glück in der kleinen Reitschule E-Book

Cara Lindon

0,0
4,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 4,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

»Manchmal muss man zurückkehren, um vorwärts zu kommen.« Amy aus Porthlynn wollte immer nur eins: reiten. Doch sie musste ihr Pferd aufgeben und hat sich geschworen, nie wieder zu reiten. In Newcastle hat sie sich ein neues Leben aufgebaut, doch sie vermisst ihre Familie und Cornwall. Als Amy ihre Eltern besucht, bittet ihr alter Freund Aidan sie um Hilfe: Die kleine Reitschule steht vor dem Aus. Amy springt ein und kommt Aidan bald näher, bis überraschend Liam ins Spiel kommt. Er war Amys große Liebe - hat sie ihn wirklich hinter sich gelassen? Ein Wohlfühlroman für Pferdemädchen und Cornwallfans, der zum Wegträumen, Verlieben und Lachen einlädt. Tauche ein in die idyllische Welt Cornwalls und erlebe mit Amy eine Geschichte voller Herz und Leidenschaft. Cornwall-Glück in der kleinen Reitschule ist der dritte Band der Cornwall-Sehnsucht-Reihe. Jeder Band ist in sich abgeschlossen und kann unabhängig voneinander gelesen werden.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Cara Lindon

 

Cornwall-Glück in der kleinen Reitschule

 

Roman

 

 

Cornwall-Glück in der kleinen Reitschule

Das Buch

Die Autorin

Impressum

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

KAPITEL 12

KAPITEL 13

KAPITEL 14

KAPITEL 15

KAPITEL 16

KAPITEL 17

KAPITEL 18

KAPITEL 19

KAPITEL 20

KAPITEL 21

KAPITEL 22

KAPITEL 23

KAPITEL 24

KAPITEL 25

KAPITEL 26

KAPITEL 27

KAPITEL 28

Herzlich willkommen in Porthlynn!

Reisetipp für Cornwall: Truro

Danksagung

Cornwall-Träume im kleinen Katzencafé

Cornwall-Küsse im kleinen Cottage

Das Buch

Nachdem sie ihr Pferd Alibaba verloren hat, hat Amy dem Reiten abgeschworen und ist nach Newcastle gezogen, wo sie als Call Center Agent arbeitet. Allerdings vermisst sie ihre Familie und Cornwall.

Als sie ihre Eltern in Porthlynn besucht, erfährt Amy, dass die kleine Reitschule kurz vor der Pleite steht. Also springt sie über ihren Schatten und hilft dort aus, unterstützt vom Stallburschen Aidan, dem sie bald näherkommt.

Amys Gefühle geraten in Aufruhr, als der bekannte Springreiter Liam nach Porthlynn kommt. Vor vielen Jahren war sie unglücklich in ihn verliebt, jetzt scheint er an ihr interessiert.

Doch kann sie ihm wirklich trauen?

 

Die Autorin

Cara Lindon ist das Pseudonym der Autorin Christiane Lind, die bei den Verlagen Knaur, Rowohlt und Aufbau sowie im Selbstverlag veröffentlicht hat.

In Cornwall verliebte sie sich Hals über Kopf, als sie für die Recherche zu einem Roman an einem verregneten Tag im Mai dort ankam. Seitdem ist der Landstrich ihr Sehnsuchtsort, den sie mindestens einmal im Jahr besuchen muss, damit Land und Meer ihre Seele streicheln.

Cara hat ihren Seelenverwandten bereits gefunden und lebt mit ihm, einer schüchternen Katze und einem etwas mutigeren Kater in einer kleinen Stadt, leider nicht in Cornwall.

www.cara-lindon.de

www.facebook.com/CaraLindonAutorin

https://www.instagram.com/cara.lindon/

 

Cornwall-Glück in der kleinen Reitschule

 

Sehnsucht nach Cornwall 3

Cara Lindon

 

 

 

Impressum

 

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe Dezember 2022

AIKA Consulting GmbH, Berliner Straße 52, 34292 Ahnatal

All rights reserved

 

 

Covergestaltung: www.BookCoverStore.com

Lektorat: Julia K. Rodeit

Korrektorat: Heike Freistühler

 

 

 

 

 

KAPITEL 1

 

Vor einem Jahr

 

Amy wischte sich mit dem Ärmel ihres Pullovers den Schweiß von der Stirn und stützte sich auf die Forke. Noch drei Boxen hatte sie auszumisten, bevor sie endlich mit Alibaba ausreiten konnte. An heißen Tagen wie heute kam es ihr vor, als befände sich der Stall unter einer Dunstglocke, die nach Pferdeäpfeln, Stroh und Heu roch und einem bei der kleinsten Bewegung Feuchtigkeit auf die Stirn trieb.

Aber so lautete nun einmal die Vereinbarung: Sie half beim Stall ausmisten, dafür durfte sie Alibaba reiten. Und für den Fuchswallach hätte Amy alles getan. Sobald sie an ihn dachte, breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus und mit neuer Energie widmete sie sich dem Mist, der sich über Nacht angesammelt hatte. Für Alibaba nahm sie in Kauf, sich von Isobel Gilbert und ihren Freundinnen schikanieren und sich »Stalljunge« nennen zu lassen. Für Alibaba und für …

»Soll ich dir helfen?«

Erschrocken sah sie auf. Sie war so in Gedanken versunken gewesen, dass sie nicht bemerkt hatte, dass sich jemand genähert hatte. Liam. Ausgerechnet er. Amys Herz schlug schneller, wie immer, wenn er in ihrer Nähe war.

Liam war einer der wenigen Männer, die ihr Glück auf dem Rücken der Pferde suchten. Allein das machte ihn für Amy bereits interessant. Dass er darüber hinaus noch extrem gut aussah mit seinen dunklen Haaren, den hellen grauen Augen und den markanten Gesichtszügen ließ sie in seiner Gegenwart jedes Mal verlegen und sprachlos werden.

»Was ist? Brauchst du Hilfe oder nicht?« Als er lächelte, hätte sie fast die Mistgabel fallen lassen. Bisher hatten sie nur wenig Zeit miteinander verbracht, seitdem sie gemeinsam von der kleinen Reitschule in Porthlynn in den großen Reitstall in Gwynndinas gewechselt waren. Amy hatte sich erhofft, durch den Wechsel mehr Zeit mit Liam zu verbringen, aber das Gegenteil war der Fall. Sie arbeitete viel im Stall, während Liam sich ganz auf das Reittraining konzentrierte, sodass sie kaum miteinander sprachen.

»Danke, ist schon in Ordnung«, antwortete sie und hätte sich treten können. Natürlich wäre es wunderbar, wenn ihr jemand half, dann könnte sie mehr Zeit mit Alibaba verbringen. Aber sie wollte niemandem dankbar sein. »Es ist mein Job, die Boxen zu misten.«

»Ja aber wo steht, dass du es alleine machen musst?« Sein Lächeln vertiefte sich. »Ich bin auf der Suche nach jemanden, der mit mir zusammen rausgeht.«

»Ich?« Ging es noch peinlicher? Amy hörte sich an wie eine Dreizehnjährige und nicht wie die Dreiundzwanzigjährige, die sie war.

»Siehst du hier sonst noch jemanden?« Bei jedem anderen hätte sie so ein Spruch geärgert, bei Liam kicherte sie. Sie kicherte! Amy hätte sich am liebsten in einem der Mauselöcher verkrochen, von denen es ziemlich viele in der Umgebung des Stalls gab.

Sie würde nie eines von diesen Mädchen sein, die kicherten, ihre Haarsträhnen um den Finger wickelten und einen Mann mit einem eleganten Augenaufschlag von unten herab ansahen. Das passte überhaupt nicht zu ihr: Sie war mittelgroß, stämmig mit ziemlich kräftigen Muskeln vom Reiten und Box ausmisten. Haare und Fingernägel trug sie praktisch kurz, und eigentlich gab es nichts an ihr, was besonders war. »Du hast schöne Augen«, meinte ihre Mutter immer, »und eine klare Haut. Das ist schon was.«

»Erde an Amy. Ja oder nein? Das ist deine letzte Chance, gemeinsam mit mir durch die Wälder zu streifen.«

Anstatt auf seinen scherzhaften Ton einzugehen, antwortete sie mit einer Gegenfrage. »Trainierst du heute nicht?«

»Ich habe mir eine Pause verdient. Und?«

Sag ja, verdammt noch mal, sag ja, rief ihr Herz ihr zu, während ihr Verstand fragte: bist du sicher, dass er dich nicht reinlegen will? Warum sollte er ausgerechnet mit dir reiten gehen? Soweit du weißt, ist er mit Isobel zusammen. Halt die Klappe, brachte sie ihren Verstand zum Schweigen.

»Es sind nur drei Boxen. Wir können sie gemeinsam erledigen, wenn du es ernst meinst. Mit der hier bin ich gleich fertig.«

»Okay.« Er drehte sich um und sofort verspürte sie Bedauern, dass er ging. Dann hörte sie das Quietschen der Karre, als er sie in die Box schob, gefolgt von dem Geräusch, mit der die Mistgabel das Stroh durcheinanderschüttelte.

Wenn sie etwas cooler und weniger Amy gewesen wäre, würde sie jetzt von Box zu Box mit ihm sprechen. Da sie aber Amy war, konzentrierte sie sich auf ihre Arbeit und war schnell fertig. Sie fuhr mit der Karre zum Misthaufen, der in den letzten Tagen immens gewachsen war, lud Stroh und Pferdeäpfel ab und beeilte sich, sofort zurückzukehren. Zu ihrer Überraschung hatte Liam die erste Box bereits gesäubert und stand bereits in der zweiten.

»Da … danke«, murmelte sie und hoffte, dass er sie verstanden hatte. Dann nahm sie sich die letzte Box vor. Wenn sie sich beeilte, würden Liam und sie mehr als nur eine Stunde draußen haben, bevor die Dämmerung hereinbrach. Amys Herz klopfte laut. So musste das Paradies sein. Sie und Alibaba und Liam auf Misty gemeinsam im Gelände. Vielleicht meinte es das Leben doch besser mit ihr, als sie es bisher gedacht hatte.

»Ich bin fertig! Wie weit bist du?«, erklang Liams Stimme.

»Gib mir noch zwei Minuten, dann kann es losgehen.« Ihre Hände zitterten, so dass sie die Gabel beinahe fallen ließ. Sie musste sich beruhigen, bevor sie auf ihr Pferd stieg. Alibaba war so sensibel, er würde ihre Stimmung bemerken und selber nervös werden. Das konnte sie heute gar nicht gebrauchen.

Tief einatmen, dachte sie, tief einatmen.

Den Weg zum Misthaufen nutzte sie, um innerlich zur Ruhe zu kommen. Sie lud die Karre ab, stellte sie an die Wand und ging in die Sattelkammer, um Alibabas Sattel und Trense zu holen. Der hochgewachsene Fuchswallach mit dem Stern auf der Stirn und den vier weißen Beinen schaute ihr bereits über die Boxentür entgegen. Er legte den Kopf leicht schief, seine Bettelgeste, mit der er hoffte, ihr ein Leckerli aus der Tasche zu locken. Obwohl sich Amy das jedes Mal vornahm, konnte sie seinen braunen Augen nicht widerstehen und gab ihm ein Stück Möhre.

»Wir gehen raus«, flüsterte sie ihm zu, während sie ihm das Halfter überstreifte. »Heute darfst du laufen, so viel du willst und musst dich nicht mit Dressurübungen abplagen.«

Er stupste sie mit dem Kopf an, als hätte er sie verstanden. Wahrscheinlich wollte Alibaba nur ein weiteres Leckerli. Sie putzte ihn schnell, im Sommer war er nicht allzu schmutzig. Dann sattelte und trenste sie ihr Pferd, bevor sie auf den Hof ging. Dort wartete Liam bereits mit seiner Stute Misty, einem zierlichen Grauschimmel, der nervös tänzelte. Alibaba hingegen blieb ruhig.

Nebeneinander ritten sie in ruhigem Schritt in Richtung der Dünen. Cornwall meinte es gut mit ihnen, der Himmel war von einem strahlenden Blau. Nicht eine Wolke war zu sehen, nur der Wind blies Amy ins Gesicht und brachte den Geruch des nahen Meeres mit sich. Auf der Wiese genossen Kühe die unverhoffte Sonne und blickten ihnen nach, als sie daran vorbeitrabten. Amys Herz jubelte. Gab es etwas Schöneres als mit dem Mann, den sie liebte, und dem wunderbaren Pferd, das sie reiten durfte, durch diese unglaubliche Landschaft zu reiten?

»Gestern habe ich Aidan gesehen«, begann Liam unvermittelt und es fühlte sich an wie eine kalte Dusche. »Er hat mich auch gesehen, aber vorgegeben, es nicht zu tun und hat die Straßenseite gewechselt.«

»Vielleicht hätten wir ihn fragen sollen, ob er mit nach Gwynndinas kommt«, überlegte Amy. »Wir waren doch gute Freunde.«

»Aidan würde Mr Pascoe nie verlassen.« Liams Stimme klang hart. Dann jedoch verzog er die Lippen zu seinem typischen Lächeln. »Und, wie wäre es mit einem Galopp?«

»Immer!«, rief Amy und gab Alibaba die Hilfen. Sofort sprang ihr Pferd an, Wind tobte durch ihr Haar, als sie sich nach vorn beugte. Sie rasten über den Feldweg, als Alibaba sich streckte.

Nachdem Amy durchpariert hatte, sah sie sich nach Liam um, der in ruhigerem Galopp auf sie zukam.

»Das war schön«, sagte er. »Das sollten wir öfter machen.«

»Auf jeden Fall. Das finde ich auch«, antwortete sie. Ihr Kopf war bestimmt tomatenrot, von dem schnellen Galopp und der Aufregung, gemeinsam mit Liam im Gelände zu reiten, aber das war ihr egal.

»Vermisst du die Mormargh Riding Stables?«, platzte sie heraus. Die Frage brannte ihr schon so lange auf der Seele, aber bisher war nicht die Zeit gewesen, sie zu stellen.

»Ich habe ein schlechtes Gewissen«, antwortete Liam nach kurzem Nachdenken, »aber reiterlich war es die richtige Entscheidung. Und du?«

Amy überlegte. Konnte sie ihm gegenüber ehrlich sein? Konnte sie ihm sagen, wie sehr sie es bedauerte, Mr Pascoe und Aidan im Stich gelassen zu haben?

»Manchmal, aber hier ist Alibaba.« Sie strich dem Wallach über den Hals. Er tänzelte nervös. »Lass uns noch ein Stück galoppieren. Mein Pferd ist noch nicht müde.«

Liam nickte und erneut rasten sie nebeneinander über den Weg, der sich zwischen hellgrünen Wiesen und tiefgrünen Hecken hindurchschlängelte. Als der Weg sich verengte, parierten sie die Pferde und Amy ließ Liam voranreiten.

»Wir sollten umkehren«, sagte er. »Ich habe gleich Springtraining.«

»Ja.« Amy wollte ihn noch so vieles fragen, wollte ihm so vieles sagen, aber wie so oft brachte sie in seiner Gegenwart nur wenige Worte hervor. Warum hatte sie sich so hoffnungslos in ihn verlieben müssen? Warum konnte ihr Leben nicht mehr so einfach sein wie früher, als Liam, Aidan und sie gute Freunde gewesen waren?

Es war ein wunderbarer Ritt gewesen, etwas von dem sie lange zehren könnte, wenn sie wieder einmal mit ihrem Leben haderte. Damit, dass ihre Eltern nicht genug Geld hatten, um Alibaba zu kaufen und dass ihre Reithose schon wieder ein Loch hatte und sie eine neue bräuchte, was sie sich nicht leisten konnten.

Als sie mit langen Zügeln auf den Hof ritten, kam ihnen Mr Hawken entgegen.

»Amy, wenn du Alibaba abgesattelt hast, müsste ich mit dir sprechen.«

»War etwas mit den Boxen nicht in Ordnung?« Das konnte Amy sich zwar nicht vorstellen, weil sie sehr gewissenhaft arbeitete, aber Mr Hawken sah so ernst aus und das war das Einzige, was ihr einfiel.

»Nein, nein, alles gut. Ich muss nur kurz mit dir reden.« Er marschierte in sein Büro und ließ Amy und Liam zurück. Sie knabberte an ihrer Unterlippe und wandte sich an Liam: »Hast du eine Ahnung, was er von mir will?«

Er zuckte mit den Schultern. »Tut mir leid, ich weiß auch nichts.«

Amy saß ab und führte Alibaba in den Stall. Der Wallach begann zu tänzeln, wahrscheinlich spürte er ihre Nervosität.

»Ist gut, mein Großer, es wird schon alles in Ordnung gehen.«

Sie nahm den Sattel ab, säuberte die Trense und verstaute die Sachen in der Sattelkammer. Ihre Gedanken galoppierten und kehrten immer wieder zu der Frage zurück, warum ihr Chef sie angesprochen hatte.

»Alles Gute.« Liam blickte sie an, als wüsste er mehr, als er ihr gegenüber zugab. Das machte Amy nur noch nervöser. Mit großen Schritten stiefelte sie über den Hof, um das Gespräch endlich hinter sich zu bringen.

»Sie wollten mit mir sprechen?« Mr Hawken war in seinem Büro und blickte hoch, als sie den Raum betrat.

»Amy, ich weiß nicht, wie ich es dir leichter sagen soll. Daher bin ich brutal offen.« Er musterte sie und Amy fühlte sich, als würde jemand ihren Magen zusammenpressen.

»Bin ich entlassen?«

»Nein. Ich musste Alibaba verkaufen.«

»Was? Wie? Ich verstehe es nicht.« Sie schüttelte den Kopf, um ihre Gedanken frei zu bekommen. Sie musste sich verhört haben. »Nein, das haben Sie nicht.«

»Es tut mir leid.« Er wirkte auf einmal älter und müder, als sie ihn je gesehen hatte. »Du weißt selbst, dass die Reitschule nicht gut läuft. Ich brauchte das Geld.«

Amy ließ sich auf den Stuhl fallen, der vor seinem Schreibtisch stand und verbarg ihr Gesicht in den Händen. Das kann nicht sein, das darf einfach nicht sein, ging ihr durch den Kopf. Nachdem sie sich einigermaßen gefangen hatte, sah sie auf.

Mr Hawken blickte sie an. »Amy, es tut mir ehrlich leid. Du kannst Dreamer reiten. Sie ist noch nicht ganz so weit wie Alibaba, aber ein gutes Pferd.«

Was stellte er sich vor? Dass sie Alibaba einfach so durch ein anderes Pferd ersetzte, als wäre er ein Sportgerät? Zorn verdrängte die Traurigkeit und gab ihr die Kraft, ihre Gedanken in die Zukunft zu richten.

»Wo geht Alibaba hin?«, brachte sie schließlich heraus. Vielleicht konnte sie ihn begleiten und als Stallbursche bei ihm bleiben. »Ist es weit weg?«

»Isobels Eltern haben ihn gekauft.«

Erneut fühlte Amy sich, als hätte er ihr einen Schlag versetzt. Nein, nicht nur einen, sondern ganz viele hintereinander, bis sie k.o. ging. Isobel! Alibaba würde also hierbleiben, aber sie würde ihn nie wieder reiten dürfen, dafür würde Isobel schon sorgen. Das könnte Amy nicht ertragen.

»Danke für Ihr Angebot, aber ich möchte es nicht.« Amy stand auf und musste sich gleich wieder setzen. Ihre Beine schienen sie nicht mehr tragen zu wollen.

»Amy, ich kann dich verstehen, aber schlaf eine Nacht darüber. Dreamer ist ein echter Rohdiamant. Mit ihr kannst du viel erreichen.«

»Vielen Dank, aber nein danke.« Amy schaffte es endlich, genug Kraft zu sammeln, um aufzustehen. »Ich habe meinen Entschluss gefasst, ich gebe das Reiten auf und werde Porthlynn verlassen.«

 

 

 

KAPITEL 2

 

Heute

 

»Es tut mir leid, aber die Bluse gibt es nur in den sieben Farbtönen.« Amy bemühte sich, ihre Stimme gelassen klingen zu lassen und rieb sich mit zwei Fingern die Nasenwurzel. »Ich kann Ihren Vorschlag, eine achte Farbe einzuführen, sehr gerne weitergeben.«

Die Kundin wiederholte ihre Forderung ein zehntes Mal, bevor sie endlich aufgab.

»Auf Wiederhören. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht.« Mit einem Seufzer legte Amy auf, sandte die obligatorische E-Mail zum Thema »wie zufrieden waren Sie mit uns« an die Kundin und lehnte sich auf dem Stuhl zurück. Sie ließ ihre Schultern kreisen und versuchte, ihren Rücken zu entspannen.

»Willst du auch einen Kaffee?« Lizzie, ihre Kollegin, die wie Amy häufig in der Nachtschicht arbeitete, schaute über die Wand in Amys Büro. Wobei Büro ein wirklich optimistischer Ausdruck für die kleine Parzelle war, in der sich das Telefon und der PC befanden. Seit einem Jahr arbeitete Amy als Call Center Agent in Newcastle und beherrschte den Job mittlerweile im Schlaf.

Sie mochte die Stadt im äußersten Norden Englands, sie mochte die Menschen und sie mochte ihren Job, jedenfalls meistens. Sicher, anstrengende Kunden wie die Frau, die mit der Auswahl nicht zufrieden war und mit Amy darüber diskutiert hatte, warum seegrün eine bessere Farbe als smaragdgrün wäre, konnten nachts um zwei schon nerven, aber die meisten Anrufer waren einfach zufrieden zu stellen und freuten sich, wenn sie bei Amy ein offenes Ohr fanden.

»Ich mache Pause.« Amy nahm das Headset ab und winkte ihrem Chef Toby. Er nickte bestätigend. Gemeinsam mit Lizzie spazierte sie in die kleine Küche. Hier wartete ein Kaffeevollautomat, mit dem man nicht nur Kaffee, sondern auch Teewasser und vor allem Cappuccino, Milchkaffee und Latte Machiato herstellen konnte.

Lizzie stellte zwei Tassen unter den Apparat. Er spuckte, zischte und schäumte und der Duft von frisch gebrühtem Espresso zog durch den Raum.

»Keks?« Lizzie drückte ihr die Tasse die Hand. »Hattest du wieder Mrs Seegrün in der Leitung?«

»Meinst du, sie stellen solche Problemfälle absichtlich immer zu mir durch?« Amy schüttelte den Kopf. »Warum bestellt die Frau nicht woanders, wenn sie mit der Auswahl der Farben nicht zufrieden ist?«

»Ich glaube, es geht nicht um die Farbe«, sagte Lizzie nach kurzem Überlegen. Sie war zehn Jahre älter als Amy, seit 15 Jahren Call Center Agent und kannte alle, die hier arbeiteten, und ziemlich viele der Kunden. »Sie kann nachts nicht schlafen und dann bleibt ihr die Wahl zwischen der Telefonseelsorge und uns.«

»Und warum ruft sie nicht die Seelsorge an?«

»Vielleicht ist ihr das peinlich. Wir werden dafür bezahlt, ein offenes Ohr zu haben.«

»Na ja, eigentlich werden wir dafür bezahlt, zu verkaufen.« Amy lächelte ihre Kollegin an. »Aber du hast recht, ab und zu können wir uns auch mal als Seelsorge betätigen.«

»Was machst du im Urlaub?« Lizzie trank einen Schluck Cappuccino. »Ausschlafen, oder?«

»Ich besuche meine Familie in Cornwall.«

»Oh, wie ich dich beneide: drei Wochen Südengland. Du warst ewig nicht dort, oder?«

»Mein Dad wird fünfzig«, antwortete Amy. »Ich werde wohl bei den Vorbereitungen helfen und allen Gästen erklären müssen, warum ich in Newcastle lebe und immer noch nicht verheiratet bin.«

Ihr Lächeln milderte die Worte.

»Wem sagst du das. Diese Fragen kenne ich von Familienfeiern auch.« Lizzie zuckte mit den Schultern. »Man kann es ihnen einfach nicht recht machen.«

»Meine Eltern sind schon in Ordnung, aber es wäre ihnen lieber, wenn ich in Cornwall geblieben wäre.«

»Und? Überlegst du, dich dort wieder niederzulassen? Warum bist du hergekommen?«

»Nein, ich mag den Norden«, ging Amy über die Frage hinweg. So gern sie ihre Kollegin auch mochte, sie wollte Lizzie nicht erzählen, warum sie Cornwall für immer hinter sich gelassen hatte. Warum es immer noch schmerzte, nach Porthlynn zurückzukehren. Nicht nur, dass sie ihr geliebtes Pferd verloren hatte. Was sie zutiefst enttäuscht hatte, war, dass Liam sich nie wieder gemeldet hatte. Noch immer war sie nicht ganz davon überzeugt, dass er wirklich nichts davon gewusst hatte, dass Isobel Alibaba gekauft hatte. Es war allzu passend gewesen, dass er mit ihr ausgeritten war, an dem Tag, an dem sie Alibaba das letzte Mal gesehen hatte.

»Ich muss wieder zurück«, presste Amy hervor, nachdem sie spürte, dass ihr Tränen in die Augen stiegen, wie immer, wenn sie an Alibaba dachte. Sie hatte gehofft, in Newcastle genug zu verdienen, um ihr Pferd zurückkaufen zu können, aber das erwies sich als schwierig.

Amy hatte nur den eher schlecht bezahlten Job als Call Center Agent finden können, dessen Lohn ausreichte, ihren Lebensunterhalt zu sichern und ihr die Möglichkeit gab, etwas Geld anzusparen. Aber für ein Springpferd wie Alibaba müsste sie noch zehn Jahre oder mehr arbeiten – und es war nicht sicher, ob Isobel ihr den Wallach verkaufen würde. Daher hatte Amy schweren Herzens den Entschluss gefasst, ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen und in Newcastle neu anzufangen.

Sie hatte das Reiten aufgegeben, obwohl sie es so sehr geliebt hatte. Wenn sie zu ihrer Familie fuhr, vermied sie es, die Mormargh Riding Stables von Mr Pascoe zu besuchen oder in den Reitstall in Gwynndinas zu fahren, wo Alibaba gestanden hatte. Isobel war inzwischen nach London gegangen, wie Amy im Internet herausgefunden hatte. Allerdings hatte Amy nicht feststellen können, ob ihre Feindin den Fuchswallach mitgenommen hatte.

Glücklicherweise hatte sie gleich den nächsten Kunden am Apparat, was sie von allen Gedanken an die Rückkehr nach Porthlynn und Alibaba ablenkte. Dieses Mal war es jemand Unproblematisches, der nur eine Bestellung aufgeben wollte und eine Nachfrage hatte, ob der Rock eher weit ausfiel oder knapp geschnitten war.

»Auf Wiederhören, ich wünsche Ihnen eine gute Nacht«, sagte Amy, bestimmt zum fünfzigsten Mal in dieser Nacht. Sie rollte ihre Schultern und drehte den Kopf nach rechts und links, aber die Verspannung blieb. Sie trank einen Schluck Tee, bevor sie sich dem nächsten Anruf widmete. Nach und nach wurden die Anrufer weniger, wie immer in den frühen Morgenstunden, aber immer noch gab es genug zu tun, dass sie nicht weiter über die Vergangenheit nachdenken musste.

 

***

 

Um 6:00 Uhr morgens setzte Amy ihr Headset ab, verabschiedete sich von Lizzie, den anderen Kollegen und ihrem Chef und spazierte hinaus. Es war ein trüber grauer Morgen, aber das machte ihr nichts aus, denn sie hatte drei Wochen Freizeit vor sich. Drei Wochen Cornwall, drei Wochen Strand und Meer! Sie hob die Hand zum Mund, um ein Gähnen zu verbergen und spazierte bis zur Bushaltestelle, um den Bus nach Hause zu nehmen.

»Darling, ich bin zu Hause«, rief sie, nachdem sie die Tür aufgeschlossen hatte. Aber natürlich antwortet Cassiopeia nicht, so wie jedes Mal, wenn Amy nach Hause kam. Sie ging ins Wohnzimmer, wo die Schildkröte in ihrem Terrarium wartete und ihr entgegensah. Jedenfalls hoffte sie es, ihr Gesichtsausdruck war nicht leicht zu deuten. Als Amy Cassiopeia gekauft hatte, hatte man ihr versichert, es wäre ein Mädchen. Erst durch einen Besuch bei der Tierärztin hatte sie herausgefunden, dass Cassiopeia ein Junge war. Aber da trug er seinen Namen bereits ein halbes Jahr und ihn störte es nicht, dass er Cassiopeia oder kurz Cassy hieß.

In der Küche machte Amy sich ein Sandwich und pflückte ein paar Blüten von ihrem Hibiskus für die Schildkröte. Nachdem sie gemeinsam gefrühstückt hatten, schlenderte Amy ins Schlafzimmer, wo sie die Vorhänge zuzog, ihr Schlaf-T-Shirt überstreifte und sich ins Bett legte. Normalerweise schlief sie nach einer Nachtschicht sofort ein, aber heute ging ihr zu viel durch den Kopf. Lizzies Frage hatte die alte Wunde wieder aufgerissen, hatte sie wieder an Alibaba denken lassen und dann an Liam. An ihren wunderschönen gemeinsamen Tag, der so bitter geendet hatte.

An Liam, der ihr weder eine Nachricht geschickt noch sie je angerufen hatte. Der Einzige, der ihr ab und zu schrieb, war Aidan. Da Amy Mr Pascoe und ihm gegenüber ein schlechtes Gewissen hatte, waren ihre Antworten immer knapp und beinahe schon unfreundlich gewesen. Wie hatte das nur passieren können? Liam, Aidan und sie waren so gute Freunde gewesen, bis Amy und Liam in den großen Stall in Gwynndinas gewechselt waren, um Chancen als Springreiter zu haben, während Aidan in den Mormargh Riding Stables geblieben war.

Amy war sich damals wie eine Verräterin vorgekommen und ertappte sich manchmal dabei, den Verlust von Alibaba als Strafe für ihren Wechsel zu betrachten. Für Liam hatte sich der Weggang aus der kleinen Reitschule auf jeden Fall gelohnt, denn er hatte immer gute Pferde bekommen. Amy hingegen hatte erst durch Alibaba eine Chance gehabt. Niemand hatte das Pferd reiten wollen, der Fuchswallach galt als bösartig und unvorhersehbar. Aber sie und Alibaba waren ein Dreamteam gewesen. Gemeinsam mit ihm hätte sie bei großen Turnieren antreten können und möglicherweise sogar vom Reiten leben können.

Amy drehte sich auf die andere Seite und starrte in das Halbdunkel ihres Zimmers. Hätte sie das wirklich gewollt? Schon damals hatte sie angefangen, dem Sport kritisch gegenüber zu stehen. Dabei ging es zu viel um den Erfolg, ums Gewinnen um jeden Preis und zu wenig um die Pferde.

Genug davon! Wenn sie sich nicht ablenkte, würde sie nicht einschlafen können und wäre vollkommen übermüdet. Also überlegte sie stattdessen, was sie alles noch erledigen musste, bevor sie morgen nach Porthlynn aufbrach.

Cassiopeia würde auf jeden Fall mitkommen. Der Schildkröte war es egal, wie lange und wie weit sie reisten, solange er sein vertrautes Zuhause mit sich führte und genügend zu essen und zu trinken bekam. Ob es etwas zu sagen hatte, dass sie von einem schnellen Pferd auf eine langsame Schildkröte als Haustier ausgewichen war?

Oh nein! Jetzt würde es wohl nichts mehr mit dem Schlaf werden. Amy drehte sich nach rechts, dann nach links und wieder nach rechts. Nach einer halben Stunde gab sie es auf, einschlafen zu wollen, zog die Vorhänge auf, packte ihren Koffer und ging ins Wohnzimmer. Sie kochte Tee, legte Kekse auf einen Teller und setzte sich vor den Fernseher. Vielleicht half es ihr, die Gedanken abzulenken und wieder müde zu werden. Sie zappte durch die Kanäle und fand nichts, was ihr gefiel. Bis sie schließlich beim Sportkanal landete. Ein Bericht über Springreiten. Ihr Daumen lag bereits auf der Fernbedienung, um weiter zu zappen, als der Sprecher den Namen sagte, den sie nicht mehr hören wollte.

»Als nächstes reitet Liam Roskilly auf Scarlett Princess.«

Du musst ihn dir nicht anschauen! Schalte weiter! Schau dir eine nette romantische Komödie an, riet ihr Kopf, aber trotzdem starrte Amy auf dem Bildschirm. Sie konnte ihren Blick einfach nicht von Liam lösen, der auf einer zierlichen braunen Stute an den Start ging. Er war ein guter Reiter gewesen, aber im vergangenen Jahr war er noch besser geworden. Mit leichter Hand lenkte er die Stute über die Sprünge, und ihm gelang ein Nullfehlerritt, in einer Zeit, die ihn sicher unter die vorderen Plätze brachte.

Amy begann, an ihrem Fingernagel zu knabbern, eine dumme Angewohnheit aus ihrer Kindheit, die sie wieder aufgenommen hatte, seitdem sie in Newcastle lebte. Die bevorstehende Rückkehr nach Porthlynn hatte Erinnerungen geweckt, denen sie nur mit Fingernagelkauen beikam. Sicher, sie war vorher schon zu Geburtstagen und Weihnachten zu ihrer Familie gefahren, aber immer nur für drei bis vier Tage, nie für drei Wochen.

Die Vorstellung, so lange Zeit in der kleinen Stadt zu bleiben, machte sie nervös, genau wie dieser Bericht über das Springreiten. Eigentlich wollte sie es nicht sehen, weil es schmerzte, aber genauso wenig wollte sie umschalten, weil es ebenso weht tat. Also wartete sie ab, bis das Turnier beendet war – Liam erreichte den dritten Platz –, bevor sie abschaltete und ins Bad ging, eine Schlaftablette nahm und ins Bett ging.

Trotzdem drehten sich ihre Gedanken immer wieder um die Frage, ob sie Alibaba und die Mormargh Riding Stables besuchen sollte. War nicht genug Zeit vergangen, dass sie Mr Pascoe und auch Aidan gegenübertreten konnte, ohne das Gefühl, sich ständig dafür entschuldigen zu müssen, dass sie sie verraten hatte? Ob die beiden ihr wohl verziehen? Amy drehte sich auf die andere Seite, dann wieder auf den Rücken und starrte in die Dunkelheit. Selbst mit Hilfe der Tablette wollte der Schlaf nicht kommen, denn die Frage verfolgte sie: Warum hatte sie damals nur diese falsche Entscheidung getroffen?

 

 

 

KAPITEL 3

 

»Hallo, Aidan. Nicht so eilig.«

Mist! Er hatte gedacht, Harriet Tallack hätte ihn nicht gesehen und er könnte ihr entkommen, ohne mit ihr über die neuesten Gerüchte sprechen zu müssen. Aber die Ladenbesitzerin gehörte zu den Menschen, die nicht so schnell aufgaben, wenn sie ein Ziel hatten, und ihr Ziel war es, möglichst viel zu erfahren. Und das von jedem, den sie traf. Es war erstaunlich, wie viel sie wusste und wie viel davon sie weitererzählte.

»Mrs Tallack, Entschuldigung, ich habe sie nicht gesehen.« Aidan blieb stehen. Gut, man sollte nicht lügen, aber man sollte auch höflich sein. Manchmal war das gar nicht einfach. Vor allem, wenn man es mit Harriet Tallack zu tun hatte.

Die Ladenbesitzerin hielt sich nicht mit Höflichkeiten auf, sondern schoss gleich den ersten Pfeil ab: »Sag mal, es heißt, den Mormargh Riding Stables geht es nicht gut?«

»Wer sagt denn sowas?«, stellte Aidan sich dumm. »Kommen Sie mal vorbei und nehmen eine Probestunde. Dann können Sie sehen, wie viele Menschen bei uns reiten.«

Er konnte ihr deutlich ansehen, wie wenig ihr diese Antwort gefiel, aber erstaunlicherweise gab sie sich damit zufrieden. Stattdessen feuerte sie eine weitere Frage ab: »Wie geht es denn bei Eleanor? Oder gehst du da nicht mehr hin, seitdem dieser Londoner auf dem Hof ist?«

Am liebsten hätte Aidan gesagt, dass er keine Zeit dafür hatte, ihre Neugier zu befriedigen, aber dann hätte er gewaltigen Ärger mit seiner Mutter bekommen. Denn sie war der Überzeugung, dass man sich in einer Kleinstadt mit niemandem anlegen sollte, nicht einmal mit Harriet Tallack. Also seufzte er und sagte: »Ich helfe dort aus, wenn sie mich brauchen, Jake und Sebastian kommen gut klar.«

»Jakes Melissa, die ist vielleicht eine Marke. Ich wollte, dass sie Schokolade für mich herstellt, aber sie sagte, sie will nicht, dass ich in Konkurrenz zu dem Katzencafé trete.« Die Ladenbesitzerin blies empört die Backen auf. »Dabei könnte ich das Geld gut gebrauchen.«

»Leider habe ich keinen Einfluss auf Melissa, sie trifft ihre eigenen Entscheidungen. Und die sind meist gut.«

Zum Glück hatte die neugierige Ladenbesitzerin noch nicht herausbekommen, dass Melissa Aidans Auftragggeberin war, sonst würde sie nur noch mehr Fragen stellen.

Ob Mrs Tallack jetzt genug hatte? Doch sie lief sich anscheinend erst warm. »Hoffentlich wird Amy zum 50. ihres Dads kommen.« Es kam Aidan vor, als ob sie ihn erwartungsvoll ansah. »Hast du gehört, wie es ihr in Newcastle geht?«

»Wir schreiben uns ab und zu.« Er lächelte. »Sie mag den Norden.«

»Aber ihren Eltern wäre es bestimmt lieber, wenn sie in der Nähe wäre, oder?«

»Tut mir leid, das müssen Sie die Angoves selber fragen. Ich kann da nichts zu sagen.« Nun hatte er wirklich genug Zeit mit ihr verbracht. »Auf Wiedersehen, Mrs Tallack, ich muss zur Reitschule.«

Schnell drehte er sich um und eilte davon. Verflucht! Wenn selbst Mrs Tallack schon darüber redete, dass es den Mormargh Riding Stables schlecht ging, würde das bald in ganz Porthlynn die Runde machen. Dann meldeten die Eltern ihre Kinder ab und die Einsteller zögen auf einen anderen Hof aus Sorge, sonst bald ohne Stellplatz für ihr Pferd zu sein. Aidan musste dringend mit Mister Pascoe reden. Bei dem Gedanken seufzte er, denn er wusste genau, wie dieses Gespräch ausgging.

Der Reitstallbesitzer hatte ein zu großes Herz. Er hielt die Preise für die Reitstunden niedrig, damit auch Kinder aus armen Familien es sich leisten konnten, Zeit mit einem Pferd zu verbringen. Außerdem rettete er Pferde vor dem Schlachter; Pferde, die zu alt, zu krank oder zu wild waren, um sie im Reitbetrieb einzusetzen. Jedes Mal, wenn Aidan mit seinem Chef darüber diskutierte, versprach Mister Pascoe ihm, beim nächsten Mal nur Pferde auszuwählen, die sie einsetzen konnten. Und dann kam er doch wieder mit irgendeinem armen Tier, das eine furchtbar traurige Geschichte hatte.

Aidan verstand das zwar nur zu gut und wenn es nach ihm gegangen wäre, hätten sie alle Pferde vor dem Schlachter gerettet, aber dafür hätte Mister Pascoe und auch er mehr Geld haben müssen, als sie besaßen. In den letzten Jahren war die kleine Reitschule trotzdem über die Runden gekommen, aber inzwischen waren die Preise für Heu und Futter so stark gestiegen, dass sie seit Anfang des Jahres in die roten Zahlen gerutscht waren. Und es war nicht absehbar, dass sie aus den roten Zahlen herauskamen.

Aidan hatte sich versucht gefühlt, Mr Pascoe Geld zu leihen, denn von der Bank bekäme der Reitlehrer sicher nichts, aber er war sicher, dass der alte Mann nichts von ihm annahm. Außerdem half ihnen das nur kurze Zeit. Sie brauchten eine frische Idee, die ihnen bisher fehlte. So sehr Aidan hin und her überlegt hatte, ihm war kein Weg eingefallen, wie sie die Mormargh Riding Stables retten konnten. Was auch daran lag, dass sie nur zu zweit waren. Sie hatten genug Ponys und Pferde für einen dritten Reitlehrer, aber es fand sich niemand. Die letzte Aushilfe war nur wenige Wochen geblieben, bevor sie von Mr Gilberts Reitstall abgeworben worden war.

Als er daran dachte, ballte Aidan die Hände zu Fäusten. Warum auch immer, es kam ihm vor, als wollte der große Reitstall Mr Pascoe in den Ruin treiben. Dabei gab es hier in Cornwall genug Reitinteressierte, dass sie sich überhaupt nicht in die Quere kamen. Es hatte immer schon leichte Konkurrenz zwischen ihnen gegeben, aber seit dem letzten Jahr war es schlimm geworden.

Isobels Vater hatte den Stall in der Nachbarstadt gekauft, den alten Besitzer hinausgeworfen und begonnen, dort ein Reitsportzentrum einzurichten. Etwas, das Aidan hasste. Eine Einrichtung, in der Pferde als Sportgeräte galten und ihr Wert nicht nach ihrer Persönlichkeit und ihrem Schicksal, sondern nur nach ihrem Springvermögen gemessen wurde.

Aidan hatte nicht verstanden, warum Amy damals dorthin gegangen war, anstatt bei Mister Pascoe zu bleiben. Denn Amy war, genau wie ihm, die Freundschaft zu den Tieren wichtig. Sie waren Reiter, weil sie mit Pferden zu tun haben wollten, nicht weil sie irgendwelche Medaillen gewinnen oder Rekorde brechen wollten.

Aidan stieß ein Schnauben aus. Als wüsste er nicht, warum Amy gegangen war. Jeder hatte es gewusst und ihn hatte es damals tief verletzt: Amy war in Liam verschossen gewesen. So wie fast jedes Mädchen in den Mormargh Riding Stables und wahrscheinlich auch auf dem großen Hof.

Dabei wusste Aidan nicht, was die Mädchen an Liam fanden. Nein, das war gelogen, er wusste nur zu gut, was Liam ihm voraushatte. Sein Konkurrent war nicht nur ein guter Reiter, sondern auch ein attraktiver Mann mit vollen dunklen Haaren und grauen Augen. Liam sah nicht aus wie Aidan, derr mit seinen roten Haaren, der blassen Haut und den vielen Sommersprossen einem Kobold ähnelte.

 

***

 

»Hallo, Mr Pascoe.« Aidan betrat das Büro, wo der Reitlehrer über die Pläne für die aktuelle Woche gebeugt saß. Da Mr Pascoe auf Kriegsfuß mit Computern stand, musste Aidan die Pläne erstellen und ausdrucken. »Ich wollte heute eine neue Route für Strandausritte ausprobieren. Wen soll ich nehmen?«

»Braveheart oder Ruby.« Mr Pascoe sah kurz auf und nickte zur Begrüßung.

Aidan überlegte, welches Pferd besser für seinen Plan geeignet wäre: der zuverlässige Tinker oder die temperamentvolle Shire Horse Stute.

»Ich nehme Braveheart.«

»Gute Wahl. Viel Spaß.«

»Danke.« In Gesprächen mit Mr Pascoe wirkte die Einsilbigkeit des Reitlehrers ansteckend.

Aidan holte den schwarz-weiß gescheckten Wallach von der Koppel, putzte und sattelte ihn und machte sich auf den Weg, eine Route auszuarbeiten, die den Touristen das Beste von Porthlynn und Umgebung zeigte.

Als sie am Meer ankamen, zügelte Aidan sein Pferd. Egal, wie lange er in Porthlynn lebte, er würde sich niemals an diesem Anblick sattsehen können: Vor ihm erstreckten sich tiefgrüne Wiesen, umgeben von dunkelgrünen Hecken oder grauen Steinmauern. Kühe und Schafe waren auf den Weiden verteilt wie kleine Farbtupfer. Obwohl der Himmel heute eher grau als blau war, musste man sehr genau hinsehen, um zu erkennen, wo er ins Meer überging.

Das liebte Aidan – und das schätzten auch die Touristen – an seiner Heimatstadt: das Meer war stets nahe. Man konnte die Algen riechen und manchmal sogar das Salz spüren, das der Wind mit sich brachte.

Aidan blickte auf seine Stoppuhr. Für diese Reitstrecke hatten Braveheart und er bisher eine knappe Stunde benötigt. Nachdem Mr Pascoe und er übereingekommen waren, Zwei-Stunden-Ritte anzubieten, musste Aidan sich etwas einfallen lassen, was er den Touristen zeigen konnte. Die Saison näherte sich dem Ende, das war eine gute Gelegenheit, etwas Neues auszuprobieren.

---ENDE DER LESEPROBE---