Cucina e giardino - Vea Carpi - E-Book

Cucina e giardino E-Book

Vea Carpi

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Beschreibung

Vea ist Bergbäuerin, Köchin und Gärtnerin. Auf ihrem Hof Mas del Saro im Trentino bekocht sie ihre Gäste am liebsten mit frischen, saisonalen Zutaten aus ihrem Garten. In der warmen Jahreszeit sind es einmal Basilikum-Pancakes, dann ein Erdbeer-Ricotta-Tiramisu. Im Winter greift Vea auf ihre Vorratskammer zurück, dort warten eingekochte, fermentierte Köstlichkeiten wie Schwarzkohl-Kimchi und Zucchinipesto. • 80 meist vegetarische, kreative Rezepte mit Zutaten direkt aus dem Garten • einfache Selbstversorgerküche aus den italienischen Alpen • leichte Rezepte für Einsteiger:innen

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Cucina e giardino

80 Rezepte aus meinem italienischen Bauerngarten

VEA CARPI

Übersetzung aus dem Italienischen: Claudia Amor

INHALT

Einleitung

Wir und der Mas del Saro

Unser Bergbauernhof

Ein Wink des Schicksals

Unser Leben

Die Arbeit auf dem Feld und in der Küche

Unser Garten

Im Gemüsegarten

Der Hühnerstall

Der Obstgarten

Schafe und Schweine

Wiesen und Wälder

Die Vorratskammer

Frühling

Die Vorratskammer im Frühling

Schnittlauchkapern

Holunderblütensirup (Robinienblütensirup)

Wegerichpesto

Erdbeeren auf Vorrat

Erdbeerlikör

Fichtenwipfelpesto

Schnittlauchblütenessig

Kirschenkompott

Kräutersalz

Grüne Sauce aus Brennnesseln

Frühlingsgerichte

Salbei-Thymian-Pudding

Brennnesselcremesuppe mit Knoblauch-Croûtons

Knusprig panierte Mangoldstrünke

Erdbeer-Rhabarber-Crumble

Ricotta-Schüttelbrot-Creme mit Schnittlauch

Marinierte Radieschen

Gekochte Eier, Löwenzahnblätter und marinierte Zwiebeln

Tortelli mit Ricotta und Fichtenwipfelpesto

Focaccia mit Zwiebeln und Ziegenfrischkäse

Sommer

Die Vorratskammer im Sommer

Confierte Cocktailtomaten

Gemüsewürfel

Marillen-Met (Starter für fermentierte Getränke)

Fermentiertes Gartengemüse

Ketchup aus dem eigenen Garten

Kräuter- und Gemüsepulver

Zucchinipesto

Sommerrezepte

Beerencoulis

Frittierte Salbeiblätter

Tomaten-Erdbeer-Gazpacho

Basilikum-Pancake mit Ziegenrobiola

Erdbeer-Ricotta-Tiramisu

Buchweizen-Cheesecake (ohne Backrohr)

Die perfekten Baisers

Carpaccio aus Wurzelgemüse

Parmigiana vom Bergbauernhof

Kalte Rohnensuppe mit Joghurt

Buchteln mit Waldbeeren und Crème anglaise

Alpen-Panzanella (toskanischer Brotsalat, neu inszeniert)

Aufgeschäumte Tomatensauce

Tomaten und Paprika mit Roggenfülle

Herbst

Die Vorratskammer im Herbst

Traubenmost-Reduktion (Saba)

Kürbis-Trauben-Chutney (Savor)

Hausgemachtes Sauerkraut im Glas

Erdbeertraubensirup

Mispel-Snack

Alpen-Kimchi aus Schwarzkohl

Schwarzkohlpesto

Hausgemachtes Joghurt

Brennnesselsamen im Glas

Kastanien für den Winter

Herbstrezepte

Tortel di patate

Kleiner Kürbisauflauf mit Mais-Haselnuss-Crumble

Gratinierter Karfiol mit Birnen

Pinza de lat mit Äpfeln

Labneh mit Kräuter- und Gemüsepulver

Gerstensuppe mit Wirsing und saurem Apfel

Friggitelli mit Kartoffeln und Speck

Tortelli mit einer Füllung aus altem Brot

Winter

Basisrezepte

Brot für alle Tage

Roggenbrot

Toskanische Schiacciata

Original Fersentaler Kukeler

Eierteignudeln

Teig für Schlutzer

Polenta

Risotto

Pici

Winterrezepte

Pinzotti di patate

Wirsingcremesuppe mit Augenbohnen

Gratinierte Zwiebelsuppe im Brot

Polenta-Gnocchi mit Ziegenkäsefondue und Schnittlauchpulver

Gekochtes Sauerkraut

Frittierte Polenta-Crostini

Schwarzkohl-Chips

Winterlicher Fruchtsalat vom Grill mit Joghurt und Saba

Hummus aus roten Rüben und Ricotta

Weicher Torrone

Buchweizenmuas

Winterliche Lasagne mit Nüssen

Register

Abkürzungen und Glossar

Sofern nicht anders angegeben, sind alle Rezeptangaben für 4 Personen.

Für Pietro, Viola und Sole.

Mögen sie den Bergen und dem Bauernhof immer von Herzen verbunden bleiben.

Und für alle Kleinbauern, die diesen Planeten mit Nahrung versorgen.

EINLEITUNG

Worum es in diesem Buch geht

Dieses Buch ist hier auf dem Bergbauernhof geboren. Seite für Seite wächst es seither zwischen dem großen Schreibtisch in der alten Stube und meiner Selbstversorgerküche heran. Dass ich hier von „meiner“ Küche spreche, ist kein Zufall, denn in diesem Buch werdet ihr, liebe Leserinnen und Leser, auf meine persönliche Interpretation von Gerichten verschiedenster Herkunft stoßen.

Das liegt schon einmal daran, dass ich eigentlich ein waschechtes Stadtkind bin. Erst mit 27 Jahren zog ich hierher, hatte keine Ahnung vom Kochen und schon gar nicht davon, wie man die Zutaten dafür selbst anbaut. Erst hier auf dem Hof habe ich kochen gelernt. Meine persönliche Art zu kochen entwickelte sich im Gleichschritt mit meinem Werdegang als Bäuerin. Auf diesem Weg begleiteten mich zahlreiche gute Seelen aus meiner Familie: meine Großeltern aus der Emilia, die vor langer Zeit nach Südtirol ausgewandert waren, meine Mutter aus Pisa, meine Schwiegermutter aus dem Trentino und meine Stiefmutter aus Parma. Außerdem war und ist unser Hof ein Ort der Begegnung, an dem Freiwillige aus aller Welt einkehren und mit ihren kulinarischen Traditionen die Fersentaler Küche bereichern.

In meiner Küche bilden Zutaten aus jeder Jahreszeit den Ausgangspunkt für einfache Rezepte. Der dominante Faktor dabei ist und bleibt der Boden, denn er bestimmt, was wächst und was nicht. Eine entscheidende Rolle spielt für uns aber auch die Vorratskammer, das Herz des Hauses. Auf den folgenden Seiten werde ich euch erzählen, was sich zu jeder der vier Jahreszeiten in der Küche zaubern oder zur späteren Verwendung verarbeiten lässt. Die Rezepte sind so einfach, dass sie in jeder Küche nachgekocht werden können. Ein großes Augenmerk lege ich auf die Qualität der (wenigen) Zutaten.

Wie schon bei meinem ersten Buch, „Backen mit Pasta Madre“, ist mein vorrangiges Ziel, euch ein Instrumentarium in die Hand zu geben, mit dem ihr auch ohne eigenen Bauernhof sofort loslegen könnt. Wer keinen eigenen Gemüsegarten hat, kann auf dem Bauernmarkt einkaufen oder sich einmal pro Woche von nahe gelegenen landwirtschaftlichen Betrieben eine Gemüsekiste liefern lassen. Auf dem Bauernmarkt findet man außerdem köstlichen Käse, Fleisch, Öle, Honig, Tees und frische Blumen.

Natürlich müssen wir uns durch diesen Ansatz im Einkauf auf das Saisonale beschränken und haben den Eindruck, die Kontrolle darüber zu verlieren, was wir essen. Doch in Wirklichkeit ist es genau umgekehrt: Sobald wir entscheiden, uns wieder in den natürlichen Kreislauf der Dinge einzufügen, holen wir uns die Kontrolle über uns selbst, unsere Ernährung und unsere Rolle im großen Gefüge des Lebens zurück.

Haben wir das anfängliche Zögern und Zweifeln einmal hinter uns gelassen, gibt es kein Zurück mehr. Wir essen besser und verschwenden weniger. Unserem Status als Konsument:innen können wir auf dieser Welt nicht entrinnen, aber immerhin konsumieren wir dann mit Herz und Hirn.

Ich würde mir wünschen, dass euch dieses Buch in seiner bäuerlichen Einfachheit zu einem treuen Begleiter wird, egal ob in der Küche, im Gemüsegarten oder beim nächsten Marktbesuch. Und vielleicht bringt es euch auch meinem Leben auf dem Bergbauernhof und in „meiner“ Selbstversorgerküche ein Stück näher.

Vea Carpi

Vea ist 1975 geboren und hat in Florenz Politikwissenschaften studiert. Der Liebe wegen zieht sie 2001 ins Trentino, auf den Bergbauernhof Mas del Saro im Fersental/Valle dei Mòcheni. Hier wird sie zur Köchin und Bäuerin mit einer ausgeprägten Leidenschaft für Wolle (sie spinnt, filzt, strickt und färbt mit natürlichen Farben). Mit ihrem Mann und ihren drei Kindern betreibt sie den Hof auch als Agriturismo.

masdelsaro.itinstagram.com/mas_del_saro

WIR UND DER MAS DEL SARO

Unser Bergbauernhof

Wir wären nicht die, die wir heute sind, wenn wir nicht die vergangenen 22 Jahre unseres Lebens hier auf dem Mas del Saro verbracht hätten, einem Bergbauernhof auf 1.000 m Seehöhe im Fersental, Trentino.

Warum ist der Hof für das Leben so prägend? Und warum lebt man nicht einfach auf einem Hof, sondern mit ihm?

Mit dem italienischen Wort maso bezeichnen die Menschen im Trentino einen Bergbauernhof. Der Terminus, der auf das lateinische mansio zurückgeht, steht für eine uralte Tiroler Institution: Erste Erwähnungen stammen aus der Zeit um 1200 n. Chr. und beweisen, dass der Bergbauernhof bereits im Mittelalter fest verwurzelt war. In den ladinischsprachigen Tälern hielt sich die römische Bezeichnung vila, abgeleitet vom lateinischen Wort für Bauernhof, villa: Diese Tatsache deutet darauf hin, dass es die villae bereits vor der Ansiedlung germanischer Völker gab.

Ursprünglich waren alle Tiroler Bauernhöfe „geschlossene Höfe“, durften im Erbfall also nicht geteilt werden. Ein einziger Nachkomme erhielt den gesamten landwirtschaftlichen Besitz samt Wohnhaus. Nur in Südtirol ist diese Praxis bis heute gesetzlich verankert, als einziges Land Europas, in dem dieses sogenannte Ältestenrecht (also der Erbanspruch für den Erstgeborenen) überlebt hat.

Diese auf den ersten Blick himmelschreiende Ungerechtigkeit (über die ich als Jugendliche mit meinem Südtiroler Vater hitzig diskutiert habe) hat aber tatsächlich gute Gründe und weitreichende praktische Auswirkungen. In den Bergen ist der Grund und Boden schwer zu bewirtschaften: Wenig Fläche trifft auf magere Böden und steile Hänge. Unter solchen Bedingungen war die Versorgung einer Familie nur dann gesichert, wenn die bebaubare Fläche eine kritische Größe nicht unterschritt. Daher war die Unteilbarkeit des Besitzes von so großer Bedeutung. Der Vollständigkeit halber sei jedoch erwähnt, dass das Erbrecht der Miterben heute genau geregelt ist und auch weibliche Nachkommen den geschlossenen Hof übernehmen dürfen.

Die Auswirkungen dieser Praxis für die Berglandschaft sind massiv: Dort, wo man den geschlossenen Hof abschaffte, wurde der Grundbesitz im Laufe der Generationen immer weiter zerstückelt, bis die Höfe irgendwann zu klein waren, um eine Familie zu ernähren. Dies führte dazu, dass viele Bergbauern ihre Höfe verließen und abwanderten (eine Entwicklung, die vor allem im Trentino zu beobachten war, in Südtirol hingegen nicht). Die Tradition der Trentiner masi wurde dadurch geschwächt, dennoch bleibt sie auch hier tief in der Kultur verwurzelt.

Das bedeutet für mich nicht, dass man sich blind alten Regeln und Gepflogenheiten unterwerfen muss oder dass meine Kinder zwangsläufig meine Arbeit fortsetzen müssen. Meine persönliche Empfindung ist, dass ich eine historische und geografische Verantwortung für den Mas del Saro trage, denn der Hof ist nicht nur mein Zuhause, sondern auch eine Institution, ein Teil unserer gemeinsamen Geschichte. Mich hat es – aus purem Zufall – hierher verschlagen, um mich um diesen Hof zu kümmern. Das macht mich stolz und glücklich, bereitet mir aber auch sehr viel Arbeit. Ein Bergbauernhof beansprucht deine gesamte Existenz und formt sie neu, prägt das Leben deiner Kinder und deine Sicht auf die Welt. Nein, auf einem Bergbauernhof kann man nicht einfach nur wohnen. Man lebt mit ihm.

Ein Wink des Schicksals

Wir sind im Herbst 2001 auf den Mas del Saro gestoßen. Damals wohnten wir erst seit Kurzem in einer hübschen Mansardenwohnung im Zentrum von Pergine und hatten weder die Absicht noch das nötige Kleingeld, um uns ein Haus zu kaufen. Eines Tages überkam mich der Wunsch, mir ein gebrauchtes Motorrad zuzulegen. Mein Mann Renzo fuhr Motorrad und mich langweilte es, immer nur hinten mitzufahren. Im Anzeigenteil der Zeitung stolperte ich dann über eine Immobilienannonce (ich weiß den Wortlaut bis heute): „Alleinstehendes Haus im Fersental, für echte Naturliebhaber.“ Wo das Fersental war, wusste ich gerade noch, weil wir dort ab und zu zum Wandern gewesen waren. Ich hatte es recht schön in Erinnerung, das war dann aber auch schon alles. Doch mein Mann ließ nicht locker: „Komm, wir fahren hin, anschauen kostet ja nichts.“ Sein Bedürfnis nach frischer Luft, nach Grün, nach einem eigenen Garten war oft Gesprächsthema zwischen uns gewesen, wirklich nachvollziehen konnte ich diesen Drang allerdings nicht. Ich fühlte mich in meiner Wohnung wohl, so war ich es gewöhnt. Ich fand, dass es keinen Unterschied machte, wo wir lebten. Ein Dach über dem Kopf war doch wie das andere. Oder etwa nicht?

Der Mas des Saro stand seit zwei Jahren zum Verkauf und fand keinen Käufer. Zu groß als Zweitwohnsitz, zu weit vom Schuss als Erstwohnsitz. Eine ungeteerte Straße (was sich auch die nächsten zehn Jahre nicht ändern sollte), überall wild wachsende Bäume, Fuchs und Hase, die sich gute Nacht sagen (das Dorf ist nur zehn Minuten entfernt, aber man glaubt sich am Ende der Welt …), ein teils sanierungsbedürftiges Wohnhaus. Niemand wollte diesen Hof haben. Nicht einmal ich, um ehrlich zu sein. Aber Renzo schon. Im Juli 2002 zogen wir ein, führten ein paar kleinere Arbeiten durch, um das Haus bewohnbar zu machen, und lebten unser Leben weiter, das nun teils in der Stadt (für die Arbeit) und teils in den Bergen stattfand. Ein neuer Weg war jedoch längst vorgezeichnet, auch wenn wir selbst es noch gar nicht bemerkt hatten.

Nach ein paar Jahren dort oben, eng getaktet zwischen der Arbeit in der Stadt und den völlig gegensätzlichen, immer weniger kompatiblen Rhythmen, die uns der Bauernhof vorgab, beschlossen wir nach reiflicher Überlegung der wirtschaftlichen Konsequenzen, dass es an der Zeit war, dass ich meinen Job kündigte, um mehr Zeit für die Kinder zu haben. (Wir haben drei, und damals waren sie noch sehr klein.) Ich muss gestehen, dass der Übergang für mich sehr hart, aber prägend war. Niemals hätte ich auch nur im Traum daran gedacht, Vollzeitmutter sein zu wollen. Dieser Paradigmenwechsel geschah auch nicht über Nacht. Es vergingen Jahre, in denen ich mich damit auseinandersetzte, frustriert war, meinen eigentlichen Wunsch unterdrückte, bis ich mich eines Tages zu sagen traute: „Nein, das ist nicht mein Weg. Das bin nicht ich.“ Dieses grundlegende Umdenken erlaubte mir, alle Gräben zu überwinden und (langsam) auf ein neues Leben zuzugehen.

Durch mein Leben zu Hause mit den Kindern entdeckte ich einige Charaktereigenschaften an mir, die mir bis dahin verborgen geblieben waren. Ich fand zum Beispiel heraus, dass ich bei praktischen Dingen äußerst effizient bin. Für jemanden wie mich, die in einer gewissen, für die 80er-Jahre ganz typischen, urbanen Trägheit aufgewachsen ist, führte die Erkenntnis, dass ich tausend Dinge ohne Hilfe tadellos selber machen konnte, zu einer enormen Steigerung meiner Selbstachtung. Kochen, Gemüse anbauen, Nahrungsvorräte anlegen, Holz hacken, Tiere halten … alles Dinge, von denen ich nie gedacht hätte, dass ich sie so intensiv und mit so großer Freude tun könnte. Aber wenn man genau überlegt, sind es doch alles Tätigkeiten, denen der Mensch schon seit Jahrtausenden nachgeht. Erst in den letzten, sagen wir, hundert Jahren haben wir uns davon distanziert, mit allen Vor- und Nachteilen.

Der Hof hatte unsere Aufmerksamkeit bitter nötig, also begannen wir nach und nach, ihn zu renovieren, bis er wieder zu dem wurde, was er einmal gewesen war: ein voll funktionstüchtiger Bergbauernhof mit Tieren, Gemüsegarten und Obstbäumen. Eine kleine, (beinahe) autarke Wirtschaftseinheit, wie anno dazumal.

Unser Leben

Wie läuft ein typischer Tag auf dem Mas del Saro ab, auf 1.000 m Seehöhe im Trentiner Fersental?

Es gibt einen, alles dominierenden Faktor: die Jahreszeiten. Sie wirken sich so prägend auf unseren Alltag aus, dass ich anhand der Jahreszeiten einen ziemlich genauen Plan aufstellen könnte, wie sich die letzten 22 Jahre meines Lebens abgespielt haben. Jeder Abschnitt dieses Buches ist daher einer Jahreszeit gewidmet.

Unsere Tagesabläufe werden neben dem jeweiligen Jahresabschnitt auch von den Bedürfnissen der Tiere bestimmt. Am Vormittag öffne ich den Hühnerstall, füttere die Hühner und sehe nach, ob sie Eier gelegt haben. Dann sind die Schafe an der Reihe. Während die Schleckermäuler mit der Portion Futter beschäftigt sind, die ich ihnen gegeben habe, nutze ich die Gelegenheit, um in Ruhe das Gehege sauber zu machen und neues Heu einzustreuen.

Zu gewissen Zeiten des Jahres gehören auch Schweine zu den Tieren, um die ich mich kümmere: Bei uns fressen die Schweine die Abfälle aus Küche und Garten, dazu etwas Getreide. Von allen Tieren sind sie wahrscheinlich die arbeitsintensivsten, nicht zuletzt wegen ihrer Masse, trotzdem gehören sie zu unseren Lieblingstieren: Sie sind klug, freundlich und reinlich. (Wenn sie mal müssen, machen sie immer in eine Ecke, in der sie sich nie wälzen.) Mit den Schweinen schließt sich für uns der natürliche Nahrungskreislauf: Wenn sie auf dem Hof sind, produzieren wir keinerlei organische Abfälle, weil sie alles wegfressen – und wir profitieren schließlich wiederum in Form von Schinken davon.

Zu jeder Jahreszeit gibt es auch im Gemüsegarten spezielle Arbeiten, die erledigt werden müssen: umgraben, jäten, säen, Setzlinge pflanzen, ernten. Tatsächlich ist das Symbol, das unser Leben hier am besten beschreibt, der Kreis. Jeder neue Tag ist ein Kreis, der mit der Versorgung der Tiere beginnt, sich mit der Gartenarbeit fortsetzt und vor dem Schlafengehen wieder bei den Tieren endet. Das Jahr ist ein Kreis, der (zumindest für mich) mit dem Frühling beginnt, wenn die Natur zu neuem Leben erwacht, und mit dem Winter endet, wenn alles in die wohlverdiente Ruhepause geht. Auch die Erzeugung unserer Lebensmittel folgt einem geschlossenen Kreislauf: Garten und Wiesen ernähren unsere Tiere, die Tiere wiederum ernähren uns und mit dem Dung unsere Felder. Ihre Wolle hält uns warm. Nichts verlässt den Kreis. Das Brennholz für unseren Ofen stammt aus unserem Wald, genauso wie die Kräuter und Pilze. Natürlich müssen auch wir manchmal etwas kaufen. Doch im Laufe der Jahre haben wir versucht, alles zu reduzieren, was von außen kommt.

Die Arbeit auf dem Feld und in der Küche

Unser Hof ist verhältnismäßig klein, was die landwirtschaftliche Nutzfläche betrifft. Das gilt aber für die meisten Bergbauernhöfe, wenn man sie mit Betrieben im Flachland vergleicht. Der Grund: Wir bewirtschaften meist unwegsames Gelände, das schwer zugänglich ist, die Böden sind karg und die Wachstumsperiode ist kurz.

Ursprünglich diente ein Hof dem Unterhalt einer Familie, nicht dem Erwirtschaften von Überschüssen. Hierin liegt der große Unterschied zu landwirtschaftlichen Betrieben mit Monokultur: Wenn ich mit dem Land, das ich bewohne, meine Familie ernähren möchte, ist Monokultur keine Option. Auf dem Bergbauernhof brauche ich von allem etwas: Gemüse, Milch, Obst, Tiere, Wald, vielleicht Bienen. Artenvielfalt ist hier kein Greenwashing, das man sich eitel auf die Fahnen schreibt, sondern schlichte Notwendigkeit. Wenn ich umgekehrt einen Überschuss erzielen möchte, ist es natürlich viel sinnvoller, sich auf ein Produkt zu spezialisieren und sämtliche Energie darauf zu verwenden. Doch die Konsequenzen einer solchen Landwirtschaft sind nicht zu übersehen, vor allem eine: In vielen Agrargebieten der Welt sind die Bauern (zum Beispiel die Mais- und Sojabauern in den USA oder die Kaffee- oder Kakaobauern in Südamerika) überhaupt nicht mehr in der Lage, sich von dem, was sie anbauen, zu ernähren, sondern sind ebenso wie alle anderen abhängig von globalisierten Nahrungsmittelmärkten.

Wir haben unserem Wirken andere Prinzipien zugrunde gelegt. Natürlich arbeitet man auf einem Bergbauernhof, der so viele Funktionen erfüllen muss, bei gleicher landwirtschaftlicher Fläche doppelt oder sogar dreimal so viel. Den finanziellen Überschuss, den man heutzutage einfach braucht, erwirtschaften wir mit einem Agriturismo, aber ohne Abstriche in unserer Lebensweise zu machen, denn die Biodiversität brauchen wir auch, um unsere Gäste zu versorgen.

Unsere Arbeit beginnt also auf dem Feld. Im Frühling starten wir mit der Vorbereitung der Erdwälle für unseren synergistischen Gemüsegarten, weiter geht es mit dem Auspflanzen der Setzlinge und der Pflege während der gesamten Vegetationsperiode. Bäume müssen gestutzt und Saatkartoffeln gelegt, Gras geschnitten und das Heu in Ballen gepresst werden. Wir bringen die Tiere auf die Weide und halten zudem von April bis November das Unkraut in Schach. Gegen Ende des Frühlings können wir endlich wieder mit der Ernte, Verarbeitung und Konservierung, dessen, was die Erde uns schenkt, beginnen, damit wir und unsere Gäste auch im Winter davon zehren.

Wir betreiben unseren Agriturismo nun schon seit sechs Jahren und ich weiß mittlerweile, dass sich diese zyklischen Abläufe auch darauf auswirken, was auf die Teller unserer Gäste kommt. Unsere Speisen bestechen nicht durch immer neue „Wunderzutaten“, sondern es sind mehr oder weniger immer die gleichen Dinge, die mir zur Verfügung stehen. Aber auf eines bin ich sehr stolz: Häufig bestehen unsere Menüs zu 95 % aus Produkten, die von unserem Bauernhof stammen. In unserer Küche beschreiten wir also im Vergleich zur konventionellen Gastronomie den umgekehrten Weg: Die zur Verfügung stehenden Zutaten geben vor, wie die Menüfolge am Ende aussehen wird. Dabei hat die Natur immer das letzte Wort.

In diesem Buch stehen Rezepte aus dem Agriturismo neben Gerichten, die wir auch im Familienkreis kochen. Es sind Rezepte, die ich im Laufe der Jahre irgendwo ausgegraben, selbst kreiert oder aktiv gesucht habe. So sollen euch diese Rezepte und ihre Zutaten vom Leben auf dem Mas del Saro erzählen. Und ich möchte so viele Menschen wie möglich dazu ermutigen, ihre Kochgewohnheiten im Sinne der Einfachheit zu überdenken. Die Vorratskammer spielt dabei eine wesentliche Rolle: Unser Zeitalter, in dem wir gefühlt alles zur ständigen Verfügung haben, ohne es selbst haltbar gemacht oder eingelagert zu haben, ist gleichzeitig eine Zeit, in der wir vergessen haben, wie schön das Gefühl ist, ein Glas der im Sommer selbst eingekochten Tomaten aufzumachen. In diesem kleinen Glas liegt unsere ganze Macht als nicht passive Konsumentinnen und Konsumenten.

UNSER GARTEN

Hand und Erde

Was würde ich pflanzen, wenn ich nur sehr wenig Platz (sagen wir zehn Quadratmeter) für den Gemüseanbau zur Verfügung hätte?

1 Cocktailtomate

2 Fleischtomaten (Sorte „Costoluto“)

2 Bratpaprikapflanzen (Friggitelli)

1 Zucchinipflanze (deren Blätter mit einem Bambusbogen hochgehalten werden, damit sie weniger Platz brauchen)

20 Zwiebeln

Basilikum

Petersilie

1 mehrjähriger Rosmarinstrauch

1 mehrjähriger Salbeistrauch

1 Rhabarber

5 mehrmals tragende Erdbeerpflanzen

1 Schnittmangold

Stangenbohnen, die am Gartenzaun ranken können

1 Stangensellerie

1 Reihe Karotten

ein schöner Rosenstrauch in einer Ecke

Blattsalate (überall dort, wo gerade Platz ist – oder an Stellen, wo frühes Gemüse bereits geerntet wurde, etwa Zwiebeln oder Bohnen)

Im Gemüsegarten

Wir bauen unser Gemüse auf einem Stück Land hinter dem Haus an, das (wie alle Grundstücke im Fersental) abschüssig ist und anfangs völlig verwildert war. Als wir hier einzogen, befand sich dort eine verwahrloste Weihnachtsbaumzucht. Wir fragten die ehemaligen Eigentümer (die Sari, wie man die Mitglieder der früheren Bauernfamilie in der Gegend nannte), was dort ursprünglich gewesen war. Ein alter Mann erzählte uns, dass sein Vater früher einen Flecken Land mit formentòn (Buchweizen) und segàla (Roggen) bestellt hatte.

Unser Garten ist mit ca. 1.000 m2 Fläche eher klein. Davon nutzen wir etwa 600 m2 für den Gemüseanbau und den Rest als Gehege für die Tiere. Das klingt nach sehr wenig für eine ganze Familie und eine Gastwirtschaft. In Wahrheit reicht es leicht für unsere Bedürfnisse. (Mais und Kartoffeln bauen wir an einem anderen Ort an, weil sie zu viel Platz in Anspruch nehmen würden.)

Sofern man die richtigen Pflanzensorten heranzieht, kann selbst ein sehr kleiner Garten unglaublich bereichernd sein und jede Menge Ertrag abwerfen. Wenn man also einen Garten besitzt, lohnt es immer, ein paar Quadratmeter für die Gemüseanzucht zu verwenden. Außerdem werden in immer mehr Städten Gemeindegärten eingerichtet, wo den Bürgerinnen und Bürgern kleine Parzellen zur Nutzung zur Verfügung gestellt werden. In Deutschland stößt man in den Peripherien der Großstädte immer häufiger auf Gemeinschaftsgärten, die Privatpersonen von Bauern pachten und daraus kleine Gemüseoasen machen. Wenn man sich die Mühe macht zu suchen, gibt es also immer eine Möglichkeit. Und ich möchte mich hier ausdrücklich wiederholen: Es reichen wenige Quadratmeter.

Mit den links angeführten Pflanzen seid ihr bereits den ganzen Sommer und Herbst über praktisch autark. Wer dann noch etwas mehr Platz zur Verfügung hat, kann sich ja nach Lust und Laune weiter austoben. Mir ist wichtig zu vermitteln, dass die Erde großzügig ist und nicht viel Platz nötig ist, um uns satt zu machen.

Der Hühnerstall

Wenn ich nur ein einziges Tier für meinen Bauernhof auswählen dürfte, wäre die Sache für mich klar: ein Huhn. Oder besser gesagt zwei, denn Tiere, die einsam sind, werden traurig. (Das ist keine Disneyfilm-Sentimentalität, sondern eine schlichte Tatsache: Entwicklungsgeschichtlich braucht jedes „Beutetier“ das Leben in der Gruppe, um sich sicher zu fühlen.) Hühner (zwei Stück) waren die ersten Nutztiere, die wir auf dem Hof hatten. Ich weiß noch, wie aufgeregt wir waren, als wir aus einem alten hölzernen Kinderspielhaus den ersten Hühnerstall bauten, als wir das allererste Ei fanden und sofort verkosteten, als wir das erste Kikeriki am Morgen hörten. Heute fühle ich mich richtig fremd, wenn ich nicht mit dem Ruf des Hahnes aufwache. Eier gehören zu meinen Lieblingserzeugnissen auf dem Bauernhof: Sie stehen täglich zur Verfügung, sind nahrhaft und schnell essfertig. Wenn ich nicht weiß, was ich zum Abendessen kochen soll, sind alle Familienmitglieder glücklich und zufrieden, wenn es Eier mit Speck und Kartoffeln gibt.