Dämonen-Detektiv Jake Sloburn: Die komplette Staffel 1 - L.C. Frey - E-Book
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Dämonen-Detektiv Jake Sloburn: Die komplette Staffel 1 E-Book

L.C. Frey

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Beschreibung

Band 1: NEST Dämonenjäger Jake Sloburn begibt sich auf die Spur einiger junger Männer, die es ein letztes Mal so richtig krachen lassen wollen. Sie konnten ja nicht ahnen, dass die leicht bekleideten Mädels im Club "Angel Hearts" viel mehr zu bieten haben als die fleischliche Befriedigung sinnlicher Genüsse. Band 2: KINDERSPIELE Port, New Hampshire. Am Strand wird eine unbekannte Leiche angespült. Ein Obdachloser wird von beängstigenden Visionen heimgesucht. Ein Schüler folgt einem seltsamen Licht auf dem Friedhof und beginnt kurz darauf, sich zu verändern. Als das Grauen um sich greift, taumelt die Küstenstadt in den Ausnahmezustand. Die Menschen scheinen plötzlich von grausamen fremden Gedanken beseelt und tun sich gegenseitig unaussprechliche Dinge an. Doch wer - oder vielmehr was - ist für diese Fälle spontaner Besessenheit verantwortlich, und wer zieht wirklich die Fäden hinter den Kulissen des scheinbar beschaulichen Küstenstädtchens? Band 3: BEUTETRIEB Es sollte die Abschlussparty des Jahrzehnts werden. Doch dann verschwanden die Haustiere ... Und damit hörte es nicht auf. Die Studenten der Universität von Port, New Hampshire, haben zu ihrem Abschlussball die angesagteste Rockband der Gegend engagiert, das Bier fließt in Strömen und alle sind in Feierlaune. Doch während sich die meisten Studenten noch um den Verstand trinken, bereitet sich eine ganz besondere Studentenverbindung auf die Begegnung mit ihrem ältesten Mitglied vor - und dieses stammt nicht von dieser Welt. Bonus: DAS GEHEIMNIS VON BARTON HALL Der Tod ist nicht das Ende. Viel schlimmer. Er ist erst der Anfang ... Port, New Hampshire, am Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Nach dem Tod seines vermögenden Vaters zieht der junge Robert Barton zurück in den Stammsitz seiner Familie. Doch das uralte Gebäude beherbergt manches finstere Geheimnis ...

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Jake Sloburn - Die komplette Staffel 1

DER DÄMONENJÄGER ERMITTELT!

L.C. FREY

Über das Buch

Vier Horror-Thriller von Bestseller-Autor L.C. Frey - erstmals in einem Band!

Über 700 Seiten Wahnsinn, Horror und Okkultismus!

NEST - Jake Sloburn begibt sich auf die Spur einiger junger Männer, die es ein letztes Mal so richtig krachen lassen wollen. Sie konnten ja nicht ahnen, dass die leicht bekleideten Mädels im Club "Angel Hearts" viel mehr zu bieten haben als die fleischliche Befriedigung sinnlicher Genüsse ...

KINDERSPIELE - Seit am Strand von Port die Leiche eines jungen Mannes angespült wurde, ist die Stadt im Ausnahmezustand. Die Menschen scheinen plötzlich von grausamen fremden Gedanken beseelt - doch wer steckt wirklich hinter den Kulissen dieser plötzlichen Besessenheit?

BEUTETRIEB - Es sollte die Abschlussparty des Jahrzehnts werden. Doch während die Studenten sich in Feierlaune trinken, werden die Vorbereitungen für die mitternächtliche Hauptattraktion getroffen: Das Jagdtreiben. Doch bei dieser Hatz sind nicht die Tiere die Gejagten ...

Bonus: DAS GEHEIMNIS VON BARTON HALL - Port, New Hampshire, am Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Der Tod seines vermögenden Vaters zieht den jungen Robert Barton zurück nach Barton Hall, dem Stammsitz seiner Familie.

Als er beginnt, sich mit den merkwürdigen Umständen zu beschäftigen, die zum Tod seines Vaters führten, gerät er in einen Strudel aus üblen Machenschaften und uralten Geheimnissen ...

© 2013 L.C. Frey, Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Autors reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Alle in diesem Roman beschriebenen Personen sind fiktiv. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Umschlaggestaltung d. Sammelbands: Ideekarree Leipzig, unter Verwendung von ©nataliahubbert, Fotolia.com

Impressum: L.C. Frey, c/o IDEEKARREE Leipzig, Alexander Pohl, Breitenfelder Str. 66, 04157 Leipzig

E-Mail: [email protected]

Tel.: 0341 / 91888977

BUCH 1: NEST

DÄMONENDETEKTIV JAKE SLOBURNS ERSTER FALL

Über das Buch:

Vier Jugendfreunde um die 30 wagen sich zum ersten Mal in ein Bordell. Die Clique will es ein letztes Mal so richtig krachen lassen. Das abgelegene Haus am Waldrand scheint der richtige Ort zu sein, um sich ein paar ihrer geheimsten Wünsche von willigen Mädchen erfüllen zu lassen. Als Jan ein paar Stunden später erwacht, kann er die anderen Jungs nirgends finden. Und auch das Haus scheint plötzlich ein Eigenleben zu besitzen ... Etwas Uraltes und Böses ist zu unheiligem Leben erwacht und lauert in den tiefen Schatten im Haus der sinnlichen Genüsse. Und dieses Etwas hat mächtig Kohldampf.

© 2013 L.C. Frey, Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Autors reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Alle in diesem Roman beschriebenen Personen sind fiktiv. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Lektorat: Wolma Krefting

Gewidmet meiner Süßen, und meinem guten Freund Felix

Denn darin liegt das Geheimnis der Nacht: dass sie im Grunde endlos ist.

Aus dem Tagebuch von Jake Sloburn

Kapitel1

* 1 *

Die Gesichter der vier Jungs waren fast nicht zu erkennen. Lediglich die flackernde rot-grüne Leuchtreklame über dem Eingang des Hauses riss hin und wieder und nur für Sekunden ihre Konturen aus dem Dunkel im Wageninneren. Erwartungsvolle Spannung beherrschte ihre Züge, und eine Art zaghafter Furcht.

Genau die Mischung gegensätzlicher Gefühle, die in den Gesichtern kleiner Jungs geschrieben steht, die sich anschicken, einen ganz vorzüglichen Streich durchzuführen, den sie gemeinsam ausgeheckt haben.

»Also, na ja, hier ist es«, sagte Jakob und strich sich nervös über das glattrasierte Kinn. Er war Lehrer, der Jüngste in der Truppe und hatte die kleine Versammlung hierher kutschiert.

Jetzt saßen sie in seinem Wagen, immer noch unschlüssig, ob sie aussteigen oder doch wieder heimfahren sollten, während über ihnen die Leuchtreklame mit dem großen Pfeil »Angel arts« verkündete. Eigentlich hätte es »Angel Hearts« heißen sollen, aber das große ‘H’ und das kleine ‘e’ hatten irgendwann das Zeitliche gesegnet und es war nur diese etwas kryptische Inschrift übrig geblieben. Aus den Herzen der Engel waren ihre Künste geworden. Auch gut.

»Jo«, sagte Bert und grinste. Was niemanden sonderlich überraschte, da Bert stets und ständig ‘Jo’ zu sagen und dann zu grinsen pflegte. Insbesondere Letzteres war wahrscheinlich zu einem gewissen Teil auf seine innige Beziehung zum »Kraut der Halblinge« zurückzuführen, wie es Gandalf im Herrn der Ringe genannt hätte. Und genau wie Gandalf hatte Bert einen riesigen Bart. Das struppige Ding reichte ihm fast bis auf den Bauch.

Aber von Gras verstand er was, ohne Frage. Und von Musik. Keine Ahnung, dachte Jakob beiläufig, wo er das Geld für seine beeindruckende Plattensammlung hernahm.

Auf den Gedanken, dass man das »Kraut der Halblinge« nicht nur rauchen, sondern damit auch ein hübsches Sümmchen nebenher verdienen konnte, kam Jakob nicht. Und schließlich ging ihn das auch gar nichts an. Jakob war Lehrer am Freiherr-vom-Stein-Gymnasium und es gab eine Menge Dinge, für die er sich nicht mehr interessierte, seit er sein Referendariat bestanden und diesen Job bekommen hatte.

Seitdem verlief sein Leben in recht geordneten Bahnen, sah man von den gelegentlichen Touren mit den Jungs ab, und auch die waren seltener geworden. Sie hatten sich verändert, seit sie damals – selbstverständlich ziemlich betrunken – ihre Unterarme aufgeritzt und im knöchelhohen Schlamm eines Zeltplatzes Blutsbrüderschaft gefeiert hatten.

Das war auf dem Skyscraper-Festival gewesen, vor nahezu zehn Jahren. Nein, das stimmte nicht, korrigierte Jakob den Gedanken. Es war genau zehn Jahre her und auch wenn die Jungs in diesen Jahren öfter betrunken gewesen waren und manchen Blödsinn angestellt hatten, einen Puff hatten sie bisher noch nicht gemeinsam besucht.

Und, so ließ zumindest die spürbare Anspannung der Insassen des kleinen Wagens vermuten, auch einzeln noch nicht.

Ein bisschen ahnte Jakob, dass diese letzte große Aktion der Skyscraper-Blutsbrüder das Ende ihrer gemeinsamen Zeit als ‘die Jungs’ sein würde, der krönende Abschluss der gemeinsamen Abenteuer einer Dekade.

Jan würde ab dem nächsten Monat für ein halbes Jahr nach Berlin versetzt werden und danach mit Jenny zusammenziehen. Alle hatten inzwischen eine feste Freundin, es ging straff auf das Familienleben zu, sozusagen. Außer Olli natürlich.

Und außer Bert, der gleich mit beiden Mädchen seiner Wohngemeinschaft regelmäßig schlief, manchmal auch gleichzeitig, und dann frühstückten sie zu dritt und rauchten wahrscheinlich noch einen Joint dabei.

Jakob und die anderen waren ziemlich neidisch auf diese freizügige Lebensweise gewesen, sogar Olli, und der bekam nun wirklich genug Weiber ab. Na ja, zumindest waren sie neidisch gewesen, bis ihnen Bert die Mädels vorgestellt hatte.

Pummelige, schmucklose Wesen mit langen verfilzten Rastazöpfen und bis zu den Fußknöcheln reichenden Wollkleidern, die auf die unheimlich erregenden Namen Bärbel und Annegret hörten. Selbstverständlich ernährten sie sich rein vegan und ließen auch keine Gelegenheit aus, jeden, der ihnen über den Weg lief, zur fleischlosen Lebensweise zu bekehren.

Olli hatte daraufhin bei seinem nächsten Besuch bei Bert ein Schweinesteak mitgebracht und vor den entsetzten Augen der Mädchen in das rohe Stück Fleisch gebissen, das noch blutig war. Überflüssig zu erwähnen, dass dies sein letzter Besuch bei Bert gewesen war, aber sie hatten alle köstlich gelacht, als die fetten Weiber ihre Wollkleider gerafft und entrüstet kreischend aus dem Zimmer gestürmt waren wie die Walküren in einer Wagner-Oper.

Olli – ja, für solche Zoten war der gut! Sogar Bert hatte ein wenig über den Abgang der Landpomeranzen schmunzeln müssen. Und sie am Abend wahrscheinlich trotzdem wieder mit Tofustäbchen bekocht und anschließend gevögelt.

Die Idee zum Bordellbesuch war von Jan gekommen. Von dem hatten sie einen solchen Vorschlag wohl am allerwenigsten erwartet, immerhin war Jan Polizist und Puffs waren doch irgendwie illegal. Oder zumindest etwas in der Art.

Jan trank selten und sprach nicht besonders viel, aber wenn er es tat, kamen mitunter recht interessante Dinge aus seinem Mund. Wie zum Beispiel, dass es da diesen Laden am Stadtrand gäbe (den Tipp hatte er allen Ernstes von seinem Vorgesetzten erhalten!), wo die Mädchen garantiert sauber seien und auch ziemlich hübsch, für jeden Geschmack etwas dabei.

Und das traf wohl nicht nur auf die Mädchen zu.

Zunächst hatten sie den Vorschlag abgetan, hatten gelacht und sogar ein wenig Entrüstung geheuchelt. Aber nach ein paar Bier war das Thema wieder beim Bordell angelangt – und die Jungs schienen interessierter denn je. Und auf einmal hatte die Idee ziemlich vielversprechend geklungen.

Klar, hatte Jan gesagt, er liebe seine Freundin. Jan und Jenny waren seit Ewigkeiten ein Paar und seit dem Januar sogar stolze Eltern eines entzückenden kleinen Mädchens, welches auf den reizenden Namen Jay-Jay hörte. Aber die Girls hier, sinnierte Jan, wussten Dinge anzustellen, die keiner von ihnen zu Hause geboten bekäme.

Und ihr würdet auch gar nicht wollen, dass eure Mädels solche Sauereien veranstalten, hatte er hinzugefügt und schief gegrinst. Solche Dinge stellte man einfach nicht mit der Frau an, die man seiner Mutter vorstellt – oder, in Berts Fall, mit den Frauen.

Für diese letzte Bemerkung hatte Jan großes Gelächter geerntet und auch Bert war, nachdem er eine Weile versucht hatte, beleidigt dreinzuschauen, in ihr Lachen eingefallen.

Nur Olli hatte nicht gelacht. Aber er hatte verdammt interessiert ausgesehen.

Olli war vom Fach. Er verdiente sein Geld damit, dass er irgendwelchen Typen, die das Stadium des pickeligen Schulhofopfers nie überwunden hatten, verriet, wie man Mädchen klarmachte. Anbaggerte, aufriss.

Darin war er gut, richtig gut sogar. Im Shakers hatte er ihnen eine Kostprobe seines Könnens gegeben und war nach sagenhaften fünf Minuten mit der hübschen Kellnerin abgezogen, die am Nebentisch bedient hatte. Er hatte sie an den Tisch gewunken, kurz mit ihr gesprochen, und das Mädchen hatte dem verdutzten Wirt ihre Schürze auf die Theke geknallt und war lachend mit Olli abgezischt, der der Kleinen anschließend die ganze Nacht die Seele aus dem Leib gevögelt hatte.

Behauptete er zumindest und nach der Vorstellung in der Bar war es vermutlich sogar wahr.

Was Olli dagegen nicht so besonders gut auf die Reihe zu bekommen schien, und auch den Teilnehmern seiner Kurse wohlweislich verschwieg, war, wie man es schaffte, ein Mädchen für mehr als ein paar wilde Nächte zu begeistern. Er behauptete stets, längerfristige Bindungen interessierten ihn auch gar nicht, er wolle das Eisen schmieden, so lange es heiß sei und es gäbe eine Menge Mütter da draußen mit verdammt hübschen Töchtern (und ja, einige der Mütter dieser Töchter seien selbst auch nicht zu verachten!), aber Jakob nahm ihm das nur teilweise ab.

Jakob hatte eine ziemlich gute Vorstellung davon, wie einsam es sein konnte, am Morgen allein zu erwachen und am Abend niemanden zu haben, mit dem man reden und dem man sein Herz ausschütten konnte.

Er hatte das durch, mit Julia. Aber er hatte gekämpft und nach zwei Wochen war sie zurückgekommen. Er hatte ihr geholfen, diese Phase ihrer Beziehung zu überwinden und zu sich zurückzufinden. Liebe war eben weit mehr als nur Herumvögeln.

Manchmal, wenn Olli zu Besuch kam, vermeinte er sogar, so etwas wie einen sanften Anflug von Neid in dessen Augen zu lesen. Neid darauf, dass er, Jakob, etwas aufgebaut hatte mit Julia, was einer wie Olli wahrscheinlich nie aufbauen würde. Vielleicht gar nicht aufbauen konnte.

Julia schien das auch zu spüren, irgendwie kamen die beiden überhaupt nicht miteinander klar. Sie setzten sich stets an die diametral entgegengesetzten Enden des großen Speisetischs und wechselten kaum je ein Wort miteinander. Und wenn sie schon miteinander sprachen, ließ Julia pausenlos spitze Bemerkungen fallen, die Olli wissen ließen, was sie von seinem Lebenswandel und seinen Ansichten über Frauen hielt. Und merkwürdigerweise hielt Olli, der solche Anschuldigungen sonst stets wortgewandt konterte oder ins Lächerliche zog, dann immer die Klappe und zog den Schwanz ein, während er Julia mit diesem seltsamen Blick bedachte.

Sie war schon eine Klassefrau, seine Julia. Und doch gab es etwas, das Julia nicht wusste. Und nie erfahren würde. Ein ganz bestimmtes Verlangen, welches sich in Jakob mit seinen ersten feuchten Träumen geregt und ihn erneut durchzuckt hatte, als Jan von dem Bordell gesprochen hatte.

Etwas, das man nicht zu Hause geboten bekam. Und ganz bestimmt nicht von der Frau, mit der man vorhatte, Kinder groß zu ziehen, ganz recht.

Wie auch immer, sie würden jetzt da reingehen und die Künste dieser Engelchen begutachten. »Also los«, sagte Jakob und fühlte sich dabei ein bisschen so, als seien sie Gangster in einem Film und zögen gerade einen Banküberfall durch. Sie würden die schwarzen Wollmasken über ihre Köpfe ziehen und alle bis auf Bert, der selbstverständlich den Fluchtwagen fuhr, würden in die Bank stürmen und die gute alte »Gesichter auf den Boden! Keiner bewegt sich – keinem passiert was!«-Nummer abziehen. Bei dieser Vorstellung musste Jakob ein grinsen. Sollte er jemals in die Verlegenheit kommen, mit diesen schrägen Typen irgend etwas Illegales anzustellen, konnte er sich auch gleich freiwillig stellen. Am besten vorher, dann ersparte er ihnen wahrscheinlich nur eine größere Blamage.

Sie stiegen aus dem Wagen.

Kapitel2

* 2 *

An der Tür des Angel Hearts erlebten sie zunächst eine herbe Enttäuschung. Sie war nämlich verschlossen und auf ihr zögerliches Klopfen antwortete niemand. Olli, ganz der Lässige, war in der Nähe des Wagens stehengeblieben und schaute skeptisch zu ihnen herüber.

»Keiner da, wie?«, spöttelte er.

»Sieht so aus. Vielleicht haben Sie heute keinen Dienst?«, vermutete Bert und löste damit schnaubendes, wenn auch etwas verlegenes Gelächter aus. Sie hatten jeder so um die zwei Bier intus, nicht zu viel, schließlich wollten sie von dem Abend noch etwas mit- und im entscheidenden Augenblick auch einen hochbekommen.

Das einzeln stehende Gebäude am Waldrand ragte gespenstisch in den Nachthimmel, die Fenster sämtlich mit schweren Läden verschlossen, wie die Augenlider von Toten, auf die jemand eine Münze gelegt hatte. Nicht besonders einladend. Auf der anderen Straßenseite erstreckten sich längst abgeerntete Felder bis zum Horizont, an dem sie gerade noch die die blinkenden Lichter der Stadt erkennen konnten. Ziemlich weit weg von da, wo sie jetzt waren.

Das Haus war dreistöckig, ein schmuckloser, regelrecht trister Kastenbau, der weit besser in die ehemaligen Arbeiterviertel im Stadtzentrum gepasst hätte als hierher, mitten ins Niemandsland der kaum befahrenen Landstraße. Möglicherweise war es früher ein Hotel für müde Wanderer gewesen, in den Sechzigerjahren vielleicht.

Vermutlich hatten sich die Betreiber dieses exklusiven Etablissements ja gerade aufgrund des abgelegenen Standortes für das Gebäude entschieden. Und nun hatten sie keine Lust, ihre Kunden zu bedienen?

Bert knackte das Rätsel schließlich. Nachdem ihr Klopfen weiterhin nicht die geringste Reaktion im Inneren des Hauses hervorrief, hatte er schließlich der Tür den Rücken gekehrt, war die drei Stufen auf den lehmigen Vorplatz heruntergestiegen und dann hinter einer Ecke des Gebäudes verschwunden.

»Hey«, hatte er gerufen, »kommt mal hierher.«

Na klar, ein Hintereingang. Konnte es überhaupt offensichtlicher sein? An der Rückseite des Gebäudes befand sich eine weitere ‘Leuchtreklame’. Sie bestand lediglich aus fünf Glühbirnen, die jemand rot angepinselt hatte. Diese fünf Birnen bildeten einen Pfeil, der zum Haus hindeutete, so einfach wie wirkungsvoll.

Und sie Trottel wären beinahe wieder nach Hause gefahren.

Zumindest gab sich Jakob alle Mühe, diesen Gedanken zu formen. Aber eine einzelner Impuls am Rande seines Bewusstseins zuckte für den Bruchteil einer Sekunde durch sein Hirn. Und die Botschaft dieses Gedankens war in etwa: ‘Nein, wir sind die Trottel, weil wir dieses verdammte Schild gefunden haben. Wir hätten an der Vordertür einfach umkehren sollen, als uns keiner aufgemacht hat. Als wir noch eine Chance dazu hatten.’

Er konnte nicht sagen, woher dieser blitzartige Gedanke gekommen war, aber er hielt für einen Moment inne. Und dann tat er etwas, was sich als ein Riesenfehler herausstellen sollte. Er dachte über diesen Impuls nach, interpretierte ihn, anstatt instinktiv zu handeln. Anstatt auf der Stelle umzukehren und einfach heim zu fahren.

Na klar: Julia. Daher wehte der Wind. Er hatte ein schlechtes Gewissen. Schließlich war sie zu ihm zurückgekehrt und hatte versprochen zu bleiben – und er? Er ging mit seinen besoffenen Kumpels in einen Puff!

Ja, das tat er, dachte Jakob, aber damit würde dieses Kapitel dann auch beendet sein. Nach diesem Erlebnis mit den Blutsbrüdern würde ihn Julia ganz und gar für sich haben können. Und im Grunde war es doch nur ein harmloser Jux, eine Art vorgezogener Junggesellenabschied, mehr nicht. Von Betrügen konnte man im Zusammenhang mit einer Nutte ja wohl kaum sprechen, oder?

Olli riss ihn aus seinen Gedanken: »Hier, fang!« rief er und warf ihm eine kleine Flasche zu.

»Auf uns, Gentlemen!«, tönte Jan und sie versammelten sich in einem kleinen Kreis, erhoben die kleinen Flaschen und ließen sie klirrend in ihrer Mitte zusammenstoßen. Dann legten sie die Köpfe in den Nacken und tranken das Bier auf ex. Als die damit fertig waren, warfen sie die leeren Flaschen in den Wald hinter dem Häuschen, wo sie in einiger Entfernung dumpf auf dem weichen Waldboden aufschlugen. Eine der Flaschen zerplatzte mit einem gedämpften Plop! an einem Baum.

Dann betraten sie endlich das Angel Hearts. Durch die Hintertür, wie man das Angel Hearts eben betrat.

Sie hatten damit gerechnet, dass ihnen ein Türsteher den Weg versperren würde, aber das war nicht der Fall. Durch die Hintertür kamen sie in einen kleinen Vorraum, und ein weiteres Schild mit den selbst bemalten Glühbirnen wies auf eine Treppe nach unten, in den Keller. Am unteren Ende der Treppe hörten sie leise Musik und Gemurmel, was durch einen schweren Vorhang an der Eingangstür gedämpft wurde.

»Gentlemen«, sagte Olli geziert und schob den Vorhang mit spitzen Fingern zur Seite, wobei er den Gesichtsausdruck eines englischen Butlers imitierte. »Nach Ihnen.«

Das Innere des Kellers war gemütlich und größer, als sie es erwartet hatten und wäre der Raum mit Fenstern bestückt gewesen, hätte man ihn ebenso gut für eine ziemlich teure Kneipe in der Innenstadt halten können oder für einen dieser exklusiven Pubs, in welchen man ausschließlich feinsten Whisky an erlesene Genießer ausschenkte. Dieser Umstand zerstreute Jakobs Bedenken noch ein wenig mehr, als es das Bier draußen vor der Tür bereits getan hatte. Hier drin würde er sich jedenfalls nichts wegholen oder so. Er hatte zwar Kondome dabei, na klar, aber man konnte eben nie wissen.

Die Bar wurde von einem hübschen Mädchen mit einer pechschwarzen Ponyfrisur, in die sie eine rote Schleife gesteckt hatte, bedient, und kaum, dass sie den Raum betreten hatten, stießen sie förmlich dagegen. Gegen die Bar, nicht das Mädchen.

Die Barkeeperin mit den strahlend blauen Augen unter ihrem schwarzen Pony wirkte eher wie eine Studentin als eine Hure und wahrscheinlich war sie auch Ersteres und ging hier lediglich ihrem Nebenjob nach. Sie trug ein schlichtes, ebenfalls schwarzes T-Shirt und Jeans, aus deren rechter Gesäßtasche ein Wischtuch hing. Sie begrüßte die Neuankömmlinge mit einem Nicken und einem herzlichen Lächeln, das ein überaus reizendes Grübchen auf ihrer rechten Wange bildete.

Das Mädchen deutete auf den großen Raum vor sich. Die Geste schloss sowohl die kleinen Tische im Raum als auch die mit Plüsch bezogenen Barhocker am Tresen ein. Olli zog die Freunde sofort an den Tresen, setzte sich direkt vor die Kleine, die ein paar Gläser spülte und grinste sie breit an. Sie grinste zurück und Olli beugte sich zu ihr herüber, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern. Sie hörte geduldig zu und neigte sich ihm anschließend zu, so nahe, dass ihr schwarzer Pony Ollis Wange leicht berührte und flüsterte lächelnd zurück, woraufhin Ollis Grinsen schlagartig in sich zusammenfiel, er die Augen niederschlug und leise ein Bier bestellte. Der große Macker hatte eine Abfuhr erhalten, dachte Jakob, und schloss das Mädchen augenblicklich in sein Herz.

Die Kleine fuhr fort, die Gläser zu spülen, lächelte und fragte in Richtung der anderen Jungs: »Bier?« Alle nickten, Bier.

Sie füllte ihre Gläser mit raschen, routinierten Bewegungen und ja, sie war wirklich ziemlich hübsch. Und sehr jung, Anfang zwanzig vielleicht. Jakob bemerkte die straffen Muskeln, welche sich unter der Haut ihrer sommersprossigen Oberarme bewegten, und er konnte Olli ein bisschen verstehen. Die Kleine wäre tatsächlich ein süßer Hauptgewinn, aber offenbar war Olli einfach nicht ihr Typ.

Jakob begann an seinem Bier zu nuckeln, drehte sich auf dem Barhocker um und betrachtete den Gastraum. Dieser war gar nicht so leer, wie es bei ihrem Eintreffen den Anschein gehabt hatte, er war nur eben ziemlich dunkel. Zwei der Tische waren besetzt, von Pärchen. Na ja, nicht wirklich Pärchen im eigentlichen Sinne, es war schon ziemlich offensichtlich, dass es sich dabei um Begegnungen auf der Basis finanzieller Transaktionen handelte. Aber sie waren schließlich auch nicht nur zum Biertrinken hier, nicht wahr? Bert stieß ihn mit der groben Heftigkeit eines Angetrunkenen in die Seite, während er sich zu ihm hinüberlehnte und nach Bier riechenden Atem in Jakobs Gesicht blies.

»Alle besetzt, wie?«, sagte Bert und deutete auf die zwei Pärchen an den Tischen. Die Mädchen waren augenscheinlich ziemlich hübsch und wesentlich jünger als ihre männlichen Begleiter. So richtig ließ es sich nicht sagen, weil Jakob ihre Gesichter nicht erkennen konnte – eine hielt sich dezent im Schatten, außerhalb des schmalen Lichtkegels, den eine kleine Deckenlampe auf dem Tisch warf, aber was man von ihr sehen konnte waren lange, schwarz bestrumpfte Beine, die sie übereinandergeschlagen hatte. Und was für Beine das waren.

Memo an Selbst, dachte Jakob. Er würde sich ein Mädchen mit ebensolchen Beinen suchen, mindestens. Und dann würde er sich dieser Beine annehmen, sie zentimeterweise mit zärtlichen Küssen bedecken. Bei ihren kleinen Zehen würde er beginnen und sich dann langsam nach oben hocharbeiten und dann...

Jakob bemerkte plötzlich, dass die Jungs zu ihm hinüberschauten und heftig grinsten. Jan zwinkerte ihm zu und sagte: »Lass ihn erst mal noch drin, ja?« Im Schritt von Jakobs Jeans zeichnete sich bereits ein ziemlich offensichtlicher Ständer ab. Die Jungs begannen zu lachen und Jakob wurde rot, wofür er sich auf der Stelle hätte ohrfeigen können. Rotwerden, in einem Puff, na klasse! Er hoffte, dass im schummerigen Licht der Bar dieser Umstand wenigstens einigermaßen verborgen blieb.

»Sieh mal, Sugar-Daddy da drüben hat sich aber auch ein süßes Baby angelacht. Bestimmt heißt die Kleine heute Abend wie seine Tochter und muss Papa zu ihm sagen, wenn er sie, na ihr wisst schon ...«

Olli, war ja klar. Der kam ständig auf solche Ideen. Irgendwie schien seine Welt nur aus Schweinereien zu bestehen, denen von der abartigen Sorte. Vielleicht wurde man so, wenn man es einfach nicht auf die Reihe bekam, sich auf ein Mädchen zu konzentrieren. Geschah ihm recht. Andererseits, heute ging das mit den Ferkeleien wohl in Ordnung. Dafür waren sie schließlich hier.

Wenigstens hatte Olli leise gesprochen, während er mit dem Kopf in Richtung des anderen Paares deutete: ein älterer Herr, dessen weißer Haarkranz in dem Licht der Tischlampe schimmerte wie ein kleines, weißes Flammeninferno und ein schlankes, rothaariges Mädchen, das den Kopf an seiner Schulter vergraben hatte und ihm ständig etwas in sein Ohr zu flüstern schien. Das Mädchen hätte tatsächlich gut und gerne seine Tochter sein können, vielleicht sogar seine Enkelin.

So ekelhaft Jakob den Ausflug in Ollis krankhafte Gedankenwelt auch finden mochte – der Gedanke an den offensichtlichen Altersunterschied zwischen den beiden erfüllte ihn in der Tat mit so etwas wie schuldbewusstem Vergnügen und die Tatsache, dass sich hier unten niemand darum zu scheren schien, brachte seinen Ständer augenblicklich wieder auf Touren.

Dann kam Jakob ein anderer Gedanke, wie aus heiterem Himmel. Und dieser Gedanke erregte ihn noch wesentlich mehr als die Vorstellung des schlanken Mädchens und der Dinge, die der alte Kerl mit ihr anstellen würde. Es war ein verbotener Gedanke, der vom Grund seiner Seele heraufschwappte wie eine schillernde Gasblase vom Meeresgrund. Und als diese Blase zur Oberfläche gestiegen war, zerplatzte sie und verbreitete ein verlockend süßliches Aroma – viel zu süß, um wahr sein zu können, oder? Was Jakob dachte, war: Die haben ganz sicher Dildos in solchen Läden, in allen Formen und Größen. Bestimmt auch welche zum Umschnallen.Oh. Mein. Gott!

Kapitel3

* 3 *

»Entschuldigen Sie, meine Herren, aber es ist eigentlich nicht üblich, unsere Gäste anzustarren«, stellte eine wohlklingende Stimme neben ihnen fest und ließ ihre Köpfe herumfahren. Hinter einem dunkelroten Samtvorhang, den sie bislang gar nicht bemerkt hatten, war eine großgewachsene Blondine hervorgetreten, welche sie nun freundlich anlächelte. Und trotzdem das Kunststück fertigbrachte, dies auf eine Weise zu tun, die klarmachte, dass sie genau so lange lächeln würde, wie man sich hier an die Regeln hielt. Und dass, falls man tatsächlich dumm genug war, sich nicht an die Regeln zu halten, man mit ernsthaften Konsequenzen zu rechnen hatte.

»Entschuldigung«, stammelte Jakob und schlug die Augen nieder. Und gleich wieder auf, als ihm auffiel, dass er sich gerade benahm wie eine seiner vierzehnjährigen Schülerinnen, wenn er sie im Unterricht dabei erwischte, wie sie ein Herz mit dem Namen ihres Angebeteten auf ihr Diktatheft kritzelte.

Auch die anderen murmelten etwas Entschuldigendes, und die Blonde mit der beeindruckenden Mähne nickte knapp, immer noch lächelnd, damit war sie offenbar fürs Erste zufrieden.

Und dann sah Jakob sie richtig an.

Gott, wie groß war diese Frau, dachte Jakob, während er fasziniert ihren Körper musterte, der sich verlockend durch ein eng anliegendes, schwarzes Ballkleid abzeichnete. Eleganter Samtstoff. Teuer. Edel. Die Blondine musste mindestens eins achtzig groß sein, und das ohne die High Heels, die sie trug. Das ist keine Frau, dachte Jakob, das ist eine fleischgewordene Göttin!

»Wenn ihr auf etwas starren wollt, werdet ihr gleich Gelegenheit dazu bekommen, Jungs«, lächelte die Göttin weiter. »Genau genommen habt ihr bereits die Gelegenheit dazu«, sagte sie und schaute Jakob für einen Moment intensiv an, immer noch kokett lächelnd, und mit leuchtend blauen Augen, die auf den Grund seiner Seele zu tauchen schienen. Jakob wurde augenblicklich rot, senkte den Kopf diesmal aber nicht. Wusste sie es?War es ihm so offensichtlich anzusehen, was er hier suchte?

Die Blondine stellte sich vor ihnen ins Licht, damit sie sie besser begutachten konnten. Selbstsicher, sich ihrer außergewöhnlichen Reize wohl bewusst – sie spielte in einer Liga weit oberhalb der ihrer Kunden, und sie schien das Spiel offensichtlich zu genießen. Ein bisschen wie ein Baseball-Profi, der den Kids in der Junior League ein paar Tricks beibringt. Ungeteilte Aufmerksamkeit. Anbetung.

Sie präsentierte sich nicht übertrieben, strich nicht verführerisch über die strammen Rundungen ihres hochgewachsenen Körpers. Ein Bein stellte sie jedoch leicht vor, damit sie ihren schlanken Oberschenkel durch das geschlitzte Ballkleid bewundern konnten, eine sanfte Geste von wohlkalkulierter Anmut. Sie mochte ungefähr vierzig sein, gute zehn Jahre älter als Jakob und trug das elegante Kleid mit einer Lässigkeit, als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes getan, als die Opernbälle der High Society mit ihrer Anwesenheit zu bereichern. Und vielleicht hatte sie das ja auch. Vielleicht war sie die frustrierte Ehefrau irgendeines reichen Schnösels, der ihrer Reize mittlerweile überdrüssig geworden war, und vertrieb sich nun ihre Langeweile, indem sie sich stundenweise im Angel Hearts verdingte. Jakob glaubte, sich dunkel an einen Film mit einer ähnlichen Handlung zu erinnern. Irgendwas aus den Siebzigern, mit einer Französin, ebenfalls blond, elegant, herausragend schön.

Ihr Kleid war aus demselben schwarzen Samt wie die armlangen Handschuhe und ihre blonden Locken fielen wie ein dichter Vorhang aus purem Gold über ihre Schultern.

Diese Frau würde es sein, musste es sein, das wurde Jakob in diesem Moment klar. Es würden ihre Beine sein, vor deren stummer Eleganz er sich verneigen würde. Er würde die Zehen ihrer bestrumpften Füße in den Mund nehmen und daran herumlutschen, während sie noch in den Riemchensandalen steckten, deren hohe Absätze er ebenfalls küssen würde. Und schließlich würde sie sich etwas ganz Bestimmtes umschnallen und dann würde er den Samt ihrer behandschuhten Hände auf seinen Hüften spüren. Fest und fordernd – und doch unsagbar sanft.

Sie lehnte sich zu ihm an die Bar herüber, eine geschmeidige Geste von beeindruckender Grazie, bei der ihr Haar hinter ihr her zu schweben schien wie eine dichte, goldene Wolke. Sie beugte sich zu Jakob hinab und sah ihm ein weiteres Mal tief in die Augen, während sie ihre Hand sanft auf seinen Unterarm legte. Mit diesem festen Blick, ihr Lächeln unergründlich, bestimmt und wissend.

Dann beugte sie sich zu ihm herunter, bis ihre Lippen fast sein Ohr berührten und während er kerzengerade und mit knallrotem Kopf auf seinem Barhocker saß, spürte Jakob das köstliche Kitzeln ihres Atems auf der empfindlichen Haut seines Ohrläppchens.

Dann hauchte sie etwas in sein Ohr – und ihre tiefe, raue Stimme jagte Schauer köstlicher Erregung durch Jakobs Körper.

»Du hast dich schon entschieden, stimmt's?«

Ja, das hatte er in der Tat, aber zu mehr als einem ruckhaften Nicken der Bestätigung war er nicht in der Lage. Für einen Moment kam ihm der Verdacht, dass vielmehr sie sich für ihn entschieden hatte. Das war ihm mindestens ebenso recht.

»Das freut mich, Liebster«, sagte sie, »das freut mich ganz besonders. Ich bin Diana.« Liebster. Julia hätte über so einen altertümlichen Kosenamen wahrscheinlich nur gelacht. Julia nannte ihn »Schatz« oder, wenn sie es etwas ernster meinte, gelegentlich auch »Hase« oder »Herzchen«.

Andererseits würde Julia natürlich nie erfahren, was gleich hier in einem der Zimmer im oberen Stockwerk passieren würde. Und das war vermutlich auch gut so.

Als sich die Blondine wieder aufrichtete, erhaschte Jakob einen flüchtigen Blick in ihr beeindruckendes Dekolleté. Makellose Haut von der Farbe frischer Milch, feste und unglaublich große Brüste, die sich unter dem weichen Stoff ihres Kleides eng gegeneinander pressten.

Die Blonde setzte sich auf den freistehenden Barhocker neben Jakob und zwei weitere Mädchen betraten den Raum. Eines war zierlich, mit langen schwarzen Haaren und eindeutig slawischen Gesichtszügen. Sie stellte sich als Nadescha vor – nicht Natascha, sondern weiches »d« und »e« – so hatte sie freundlich, aber bestimmt erklärt und sich zielgerichtet neben Jan gestellt.

Der hatte sie mit seinem muskelbepackten Arm einfach an der Hüfte gepackt und auf seinen Oberschenkel gesetzt wie ein kleines Kind. Das gefiel ihr offenbar, sie hatte gekichert und sich an ihn geschmiegt.

»Starker Mann«, hatte sie gesagt und ihre Stimme hatte aufrichtig bewundernd geklungen, während ihre langen, bunt lackierten Fingernägel über Jans sehnige Oberarme strichen.

»Großer starker Mann«, wiederholte Nadescha und ihr »Mann« klang eher wie »Maahn«, während sie sich an Jan kuschelte und ihre Hand wie zufällig von seinem Oberschenkel zur Körpermitte zu wandern begann, wo sich eine nicht zu übersehende Beule gebildet hatte.

Das andere Mädchen dagegen sagte überhaupt nichts, und das musste sie auch nicht. Sie war eine beeindruckend exotische Schönheit mit nahezu rabenschwarzem Teint, welcher fast dieselbe Farbe hatte wie das Ballkleid von Diana, der großen Blonden. Und eine ähnlich samtige Beschaffenheit, wie Bert und Olli feststellten, als sie sich wortlos zwischen sie stellte und sanft über die Wangen der beiden Jungs strich. Dann drehte ihren Kopf graziös erst auf die eine, dann auf die andere Seite und schaute jedem von ihnen für einen langen Moment in die Augen. Jan und Jakob würdigte sie keines Blickes.

Dann ging sie einen Schritt zurück und begann damit, vor den Jungs einen aufreizend langsamen Tanz zu vollführen, wobei sie Bert und Olli abwechselnd Blicke aus ihren tiefschwarzen Augen zuwarf und ein strahlendes Lächeln von reinstem Weiß zur Schau stellte. Sie trug nichts als ein luftiges, helles Sommerkleid, unter dem die Schwärze ihrer Haut geheimnisvoll schimmerte. Und falls sie Unterwäsche trug, dann war diese so schwarz wie sie selbst. Jeder Quadratzentimeter ihres beweglichen Körpers war verlockende Perfektion.

Bert und Olli warfen sich einen kurzen Blick zu, aber das war eigentlich völlig überflüssig. Keiner der beiden hätte auf die dunkle Schönheit verzichten mögen. Und, so schien es, das würden sie auch nicht müssen.

Kapitel4

* 4 *

Im Schankraum vor der Bar gab es lediglich einen Tisch, der groß genug für sieben Personen war, daher nahmen sie dort Platz. Olli und Bert setzten sich auf die bequeme Ledercouch, die atemberaubende Schwarze nahm zwischen ihnen Platz. Die beiden schienen völlig hingerissen von dem Mädchen, unfähig, ihre Augen und Hände von ihr zu lassen. Die exotische Schönheit lachte auf, zerzauste ihren Begleitern fröhlich das Haar und genoss die ungeteilte Aufmerksamkeit, die ihr beide Männer entgegenbrachten.

Ein wenig später servierte das Barmädchen ihnen die erste Flasche Sekt, ziemlich edel aussehender Schampus, von dem die Jungs nur nippten, den die Mädchen aber umso eifriger vernichteten. Jakob wurde dumpf bewusst, dass dieser Schampus ihre Brieftaschen vermutlich gehörig strapazieren würde, und in diesem Moment brachte das Mädchen auch schon die zweite Flasche. Es würde teuer werden, Herrgott ja, geradezu ruinös wahrscheinlich. Aber es würde sie schon nicht umbringen. Wie sich herausstellte, sollte sich Jakob in dieser Hinsicht ganz gewaltig irren.

Kapitel5

* 5 *

Innerhalb der nächsten zwei Stunden verschwanden sie nach und nach paarweise auf die Zimmer, bis auf Olli und Bert, die noch eine Weile unten saßen und ganz verliebt mit dem schwarzen Mädchen flirteten. Später tauschten sie abwechselnd Küsse mit ihr und stellten fasziniert fest, dass ihre Lippen der bei Weitem samtigste Teil ihrer Körperoberfläche waren. Zumindest jenes Teils ihres Körpers, den sie bisher erkundet hatten. Als sie allmählich damit begannen, dem sanft lächelnden Mädchen mit immer ungeduldigeren Bewegungen unter den Rock und zwischen die Beine zu gehen, schlenderte das Barmädchen zu ihnen herüber, und begann damit, die Stühle im Saal demonstrativ auf die Tische zu stellen. In der Bar war für heute Feierabend und so verzog sich schließlich auch das Trio kichernd nach oben.

Ein paar Minuten später saßen Bert und Olli auf der Kante eines riesigen Wasserbetts, welches mit weichem, rotem Samtstoff bezogen war, und wurden Zeugen einer erstaunlichen Vorführung, bei der sie vor allem erkannten, dass man einen aufreizenden Striptease auch dann durchführen kann, wenn man eigentlich nur ein einziges Kleidungsstück am Leibe trägt.

Wie kleine Jungs saßen sie auf der äußersten Kante des riesigen Betts und verfolgten aus staunenden Augen die geschmeidigen, tänzelnden Bewegungen des Mädchens, während aus den Boxen an der Wand die betörende Stimme einer Jazzsängerin aus den vierziger Jahren ertönte. Und während Kay Starr ihre unvergessliche Interpretation des Sharecroppin' Blues zum Besten gab, tanzte das schwarze Mädchen heran und versprach Träume von der Hitze des Südens und schattigen Küssen auf dem weichen Heuboden. Immer wieder schob sie ihr Kleid mit weit gespreizten Fingern nach oben, ließ es fallen, hob es eine Winzigkeit höher als beim vorigen Mal, ließ es wieder fallen.

Schließlich tänzelte sie heran und setzte sich mit einer fließenden Bewegung auf Berts Schoß. Dann legte die Arme um seinen Hals und gab ihm einen langen, leidenschaftlichen Kuss. Ihre Zunge schlüpfte zwischen seinen Zähnen hindurch und glich dabei einem kleinen Salamander, der zwischen aufgeheizten Steinen umherhuscht. Ihr geschmeidiger Körper schien ständig in Bewegung zu sein, sie rieb sich aufreizend langsam im Rhythmus der Musik an Bert, während ihre schlanken Finger sich in sein Haar gruben. Irgendwann löste sie den intensiven Kuss, schaute Bert tief in die Augen und leckte sich lasziv etwas Speichel von den Lippen. Dann beugte sie sich, immer noch auf Berts Schoß sitzend, zu Olli hinüber und küsste nun ihn, während ihre Hand gleichzeitig die Gürtel an den Hosen ihrer Liebhaber zu öffnen begann.

Bert war völlig vertieft in den Anblick des faszinierenden Spiels, welches die Zungen der beiden vollführten. Das Mädchen küsste Olli auf viel obszönere Weise, mit weit offenen Mündern ließen die beiden ihre Zungen ein kleines Scharmützel austragen. Olli hielt ein lockiges Haarbüschel der Kleinen fest gepackt und zog ihren Kopf bald hierhin, bald dorthin, wobei sie ihm gelegentlich spielerischen Widerstand entgegensetzte, ohne den feuchten Kuss auch nur für einen Moment zu unterbrechen. Es war Bert unmöglich, seine Augen von diesem kleinen Pornofilm abzuwenden, der da nur wenige Zentimeter von ihm entfernt stattfand – und dessen Hauptdarstellerin auf seinem Schoß kreisende Bewegungen vollführte, während sie ihre kleine Hand in seine Hose gleiten ließ.

Bert hatte in Vorbereitung auf ihren heutigen Abend einen geraucht, um in Stimmung zu kommen, und das Zeug, zusammen mit ein paar Bier, sorgte dafür, dass ihm Erkenntnisse eher durch den Kopf krochen als schossen. In diesem Moment dämmerte ihm träge, dass er noch nicht einmal den Namen des schwarzen Mädchens kannte. Allerdings war er bislang auch viel zu beschäftigt gewesen, um sie danach zu fragen.

Aus einem Impuls heraus beugte Bert sich hinüber, um seinerseits an dem kleinen Zungengefecht teilzunehmen – und wurde nur allzu bereitwillig von den Kämpfenden aufgenommen. Er schmeckte ihren Speichel und den biergetränkten Atem seines Kumpels Olli. Und ihm wurde klar, dass der Name der kleinen Schwarzen so ziemlich das Letzte war, was im Moment eine Rolle spielte.

Kapitel6

* 6 *

Nadescha hatte Jan in eines der anderen Zimmer geführt. In diesem gab es keinen roten Samt auf den Betten, genau genommen gab es überhaupt keinen Samt in dem Raum. Das Bett in der Mitte des Zimmers wirkte mehr wie eine große Matratze aus Gummi oder diesem Latexzeug, was sich so gut abwischen lässt, überlgete Jan. Überhaupt schien in dem Zimmer fast alles aus Latex oder Gummi zu bestehen, sogar die Wände hatten diesen merkwürdigen Bezug, weich und nachgiebig, sodass sie ein wenig an die Wände einer Gummizelle erinnerten.

Und es gab Bildschirme, jede Menge davon, und außerdem Spiegel, die so geschickt an den Wänden und an der Decke angebracht waren, dass man gleichzeitig sich selbst und das Geschehen auf den Monitoren betrachten konnte. Falls man, vermutete Jan, nur dann einen hochbekam, wenn man gleichzeitig die Börsenkurse oder ein spannendes Fußballspiel verfolgte. Im Moment jedoch waren alle Bildschirme schwarz.

Nadescha und Jan zogen sich beide in einer Art stummer Routine aus, mit effektiven, raschen Bewegungen, aber ohne jede Hast. Dann stellten sie sich nackt einander gegenüber und ließen ihre Blicke anerkennend über die muskulösen Glieder des jeweils anderen schweifen. Die vielen Spiegel warfen die Abbilder ihrer durchtrainierten Körper aus einer Vielzahl bizarrer Winkel und Perspektiven zurück, und Jan konnte sich kaum sattsehen am Spiel der Muskeln und Sehnen unter straffer, gebräunter Haut. Er besuchte alle drei Tage das Solarium und fast täglich das Fitnesscenter. Und wenn er das nicht tat, bemühte er die kleine Hantelbank im Hobbykeller. Er hatte lange geschwitzt für diesen Körper, und das war zweifellos einer der Momente, für die sich der ganze Aufwand gelohnt hatte.

Das nackte, zierlich wirkende Mädchen mit dem hüftlangen, rabenschwarz gefärbten Haar kuschelte sich an ihn und ließ die Hand über seine straff gespannten Brustmuskeln nach unten gleiten, über den ausdefinierten Sixpack-Bauch und dann, aufreizend langsam, weiter hinab. Dabei murmelte sie zum dritten Mal mit diesem ungeheuer geilen Akzent »Großer, starker Maahn.« und drückte sich noch ein wenig mehr in seine Arme. Jan ließ seine Hände ebenfalls nach unten wandern und umfasste ihren Hintern. Prüfend betastete er die Pobacken des süßen Dings, etwa so, wie ein erfahrener Schlachter ein Stück Fleisch begutachten mochte. Klein, fest und stramm. Das Mädel verbrachte mit Sicherheit ebenfalls eine Menge Zeit im Fitnessstudio. Er sollte sie gelegentlich fragen, in welches sie ging, vielleicht …

Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und begann damit, ihren drahtigen Körper an seinem zu reiben, ihr flacher Bauch war ebenfalls perfekt, hart und fest. Kein Vergleich zu Jennys, der zwar flach war (sie hatte die Schwangerschaft zum Glück halbwegs gut überstanden), aber bei Weitem nicht so muskulös. Er griff nach unten, spreizte seine Finger, die so fast die gesamte Oberfläche von Nadeschas Bauch bedeckten und strich über die festen Rillen, die den Bauchbereich in acht Segmente unterteilten. Unglaublich, das Mädel.

Was ihn aber wirklich fertig machte war der Anblick ihrer unwahrscheinlich langen schwarzen Haare, die auf den gebräunten Pobacken hin- und herschwangen, als Nadescha vor ihm auf die Knie ging.

Sie wandte ihr Gesicht nach oben und feixte ihn an. Fröhlich und erwartungsvoll, ungeduldig wie ein kleines Mädchen, das endlich sein Weihnachtsgeschenk auspacken darf. Jan blickte in die unglaublichsten blauen Augen, die er je gesehen hatte. Was hauptsächlich an den leicht fluoreszierenden Kontaktlinsen lag, die sie trug, aber das bemerkte Jan in diesem Moment nicht und – offen gestanden – hätte er es bemerkt, wäre es ihm scheißegal gewesen.

Während Nadescha langsam an seinem Körper nach unten glitt, berührten ihre gespreizten Oberschenkel seine Waden und er fühlte, wie sich die angespannten Muskeln unter ihrer gebräunten Haut bewegten. Sie drückte einen Knopf, der vor Jans Blicken verborgen gewesen war und die Bildschirme an den Wänden erwachten zum Leben. Und als das Mädchen, welches vor ihm auf den Knien lag, damit begann, ihre Zunge kreisen zu lassen, betrachtete Jan in den Spiegeln fasziniert die Reflexion ihrer perfekten Körper, inmitten von etlichen Pornofilmen, auf denen hübsche, perfekte Mädchen mit irgendwelchen muskelbepackten Kerlen so ziemlich das gleiche trieben wie Nadescha gerade mit ihm. Er packte ihren Hinterkopf, was sie ohne den geringsten Widerstand geschehen ließ und warf aufstöhnend den Kopf in den Nacken, als er zwischen ihre weichen Lipppen glitt. Es würde eine gute Nacht werden.

Kapitel7

* 7 *

Er erwachte schlagartig und sah sich um. Alle seine Sinne waren auf einen Schlag hellwach und er begann damit, wieder in seinen Körper zurückzufinden. Er war Jake Sloburn. Das war nicht sein wirklicher Name, den wusste er nicht. Möglicherweise hatte er auch gar keinen. Aber das war im Moment nicht wichtig. Wichtig war der Anruf.

Er stand aus dem Lotossitz auf, in dem er vor dem Bett auf dem Boden gesessen hatte, stützte sich zuerst auf das linke Knie, dann auf beide und schnappte schließlich aus seinen Fußgelenken hoch wie ein Klappmesser. Jede seiner katzenhaften Bewegungen war von einer routinierten Eleganz, so als hätte er sie jahrelang trainiert.

Noch immer nackt, vollführte er in dem kleinen Schlafzimmer eine komplexe Yoga-Übung und verharrte dann in einer bestimmten Position, sodass er dem gewundenen Ast eines bizarren Baumes glich. So stand er für ein paar Minuten, reglos, jeder Muskel seines Körpers bis an seine Belastungsgrenze strapaziert. Es war ein guter Körper, von durchschnittlicher Statur. Eine leichte Fettschicht bedeckte die trainierten Muskeln, nicht so dick jedoch, dass sie seine flüssigen Bewegungen behindert hätte.

Jake Sloburn hatte das Allerweltsgesicht eines beliebigen Mannes Ende dreißig, das einzig herausstechende Merkmal seiner Züge schien eine gewisse Teilnahmslosigkeit und Starre zu sein, aber kaum jemand betrachtete ihn je lang genug, um das wahrzunehmen. Das dunkle, dichte Haar an seinen Schläfen wurde bereits grau, was durchaus zu seiner leidlichen Attraktivität beitrug. Sloburn war beileibe kein schöner Mann, aber auch nicht besonders hässlich: Er war irgendwie genau dazwischen.

Er streckte seine Glieder, dann schüttelte er sich wie ein nasser Hund und zog schließlich das weiße Hemd und den hellgrauen Anzug über; beides hatte auf dem Kleiderständer am Fußende des einfachen Bettes gehangen. Das Bett selbst war ein schlichter Holzkasten, sauber und ordentlich bezogen – und offensichtlich noch nie benutzt worden.

Dann griff er nach dem Joint, der vor ihm auf dem Tisch lag. Der Joint stammte aus einer kleinen Metallkiste, die im Schubfach seines Jugendstil-Sekretärs lag. Die Schatulle war jetzt leer, es war der letzte Joint gewesen. Das machte nichts, er würde bald Nachschub haben. Er würde den Händler treffen, heute Nacht.

Kapitel8

* 8 *

Weiße Laken, dachte Jakob. Weiß, die Farbe der Unschuld. Und obwohl dies für einen unbeteiligten Zuschauer dessen, was in den nächsten Minuten hier passieren würde, wahrscheinlich absurd geklungen hätte, so war es doch auf seltsame Weise schlüssig. Das Zimmer war ebenso hell und freundlich wie das Laken und wirkte wie die Kulisse einer Heile-Welt-Jugendserie.

Raffiniert angebrachte Scheinwerfer hinter dem künstlichen Fenster ließen die Illusion von Zwielicht am Abend eines heißen Sommertags entstehen, kurz bevor die Sonne sich anschickte, unterzugehen. Die mystische Zeit des Tages, dachte Jakob, die magischeStunde. Es gab sogar die passenden Geräusche dazu, Vogelgezwitscher und das Plätschern eines kleinen Bächleins drangen leise aus versteckten Lautsprechern.

Das Bett in diesem Raum war bei Weitem nicht so groß wie jene in den anderen Räumen, es war ein Einzelbett.

Den Boden bedeckte ein großer, flauschiger Teppich, in der Ecke des Zimmers lag ein freundlich grinsender Teddy, etwa mannshoch, den man auch als Sitzsack benutzen konnte. Einer von der Sorte, die Jugendliche toll finden, kurz bevor sie aufhören, Tom Sawyer zu lesen, um sich den ernsthafteren Dingen des Lebens wie Zigaretten, Alkohol und Pornoheftchen zuzuwenden. Jakob stand ein wenig unschlüssig in der Mitte des Jugendzimmers, während Diana noch damit beschäftigt war, die Tür abzuschließen. Als sie damit fertig war, ließ sie den Schlüssel auf der Innenseite stecken.

Damit sie ungestört waren.

Sie lächelte, als sie mit wenigen Schritten das Zimmer durchquerte und jetzt, da sie direkt vor ihm stand, bemerkte er, wie unglaublich groß sie tatsächlich war. Sie überragte ihn um mehr als eine Kopflänge und blickte aus ihren irritierend sanften, blauen Augen auf ihn herab.

»Setz dich, Jakob«, sagte sie und das tat er. Ohne den Blick von ihrem hohen, schlanken Körper abwenden zu können, ging er rückwärts, bis seine Fersen an das Bett stießen, dann setzte er sich auf die Bettkante.

»Ich freue mich«, sagte sie, »dass du mich zu deiner Party eingeladen hast.« Ihre Stimme war tief, rauchig und voll verführerischer Verheißung – purer Sex.

Jakob spürte einen trockenen Kloß in seiner Kehle und musste schlucken. Dann nickte er langsam, die aufgerissenen Augen immer noch unverwandt auf das Gesicht seiner Lehrerin gerichtet.

»Weißt du, von den anderen Kindern hat mich noch keines zu seinem Geburtstag eingeladen, das weiß ich also wirklich zu schätzen«, sagte sie und lächelte spitzbübisch. So, wie sie ihn manchmal in der Klasse anlächelte.

»Was möchtest du denn unternehmen an deinem Geburtstag, Jakob?«, fragte sie ihn, und ihr Lächeln wurde noch eine Winzigkeit breiter.

Sie kam noch einen Schritt näher und beugte sich zu ihm hinab. Er konnte nicht anders, sein Blick wurde mit einer beinahe körperlichen Gewalt zu den langen, glatten Schenkeln gelenkt, die in glänzenden Nylons dicht vor ihm in die Höhe ragten. Da er aufrecht saß, befand sich sein Mund nun ungefähr auf der Höhe ihrer Körpermitte, nur wenige Zentimeter vor ihrer …

Jakob wurde rot und schlug die Augen nieder. »Ich … ich weiß nicht …«, murmelte er leise, während sein Blick zunächst zu seinen Schuhspitzen und dann, unwillkürlich, zu ihren Zehen hinüberglitt. Sie waren rot lackiert und lugten unter den vorderen Schnüren ihrer Absatzschuhe hervor.

Er spürte, wie sie ihren gekrümmten Zeigefinger unter sein Kinn schob und seinen Kopf sanft nach oben drückte.

»Jakob«, ihre Stimme war fest. Tief und etwas rauchig und so wunderbar erwachsen. Er schaute ihr ins Gesicht, in diese unglaublichen Augen, groß und blau und nah, so nah. Und dann kamen diese Augen noch ein wenig näher, so nahe, dass sich ihre Nasenspitzen fast berührten. Für einen Moment vermeinte er einen bitteren, fast fauligen Beigeschmack in ihrem Atem zu riechen, was in ihm das absurde Bild einer verfaulten Torte heraufbeschwor, welche jemand mit einer dicken Schicht Zuckerguss überzogen hatte. Dann verschwand das Bild, so plötzlich, wie es gekommen war. Ihr Atem war tatsächlich leicht und süß wie der eines jungen Mädchens.

»Jakob, ich habe ein Geschenk für dich.«

»Danke, Frau Zeisig, ich ...«

»Pssscht!«, sagte sie und dann passierte das Unglaubliche. Seine Lehrerin presste ihre leicht geöffneten Lippen mit sanftem Druck auf die seinen und küsste ihn. Und dann küsste ihn erneut, diesmal fordernder.

Und er folgte, seine Augen schlossen sich und für einen Moment kämpfte er mit ein paar Tränen des Glücks. Er verlor den Kampf und eine einzelner, salziger Tropfen stahl sich aus dem Winkel seines rechten Auges und rann seine glatte Wange hinab.

Ihre behandschuhte Rechte fand sein Haar und spielte mit den störrischen Locken darin, zog sanft daran, während ihre Zungenspitze elektrisierend über seine Lippen fuhr. Sie hauchte sanfte Worte der Beruhigung in seinen Mund und schließlich öffnete er seine Lippen und ihre emsige Zungenspitze fand einen Weg hinein, stieß sanft an seine Zunge, neckte und spielte mit ihm, bis er das Spiel aufnahm und ihr seine Zunge ebenfalls entgegenschob. Ihre Küsse wurden drängender und ihr Atem schien sich etwas zu verändern, wurde eine Winzigkeit schwerer und tiefer, als sie seinen Mund vollends eroberte.

Plötzlich beendete sie den Kuss abrupt und löste sich von ihm.

Mist. War er zu weit gegangen? Gleich würde sie die Tür öffnen, womöglich seine Eltern holen, auf die nicht zu übersehende Erektion in seiner Hose deuten und rufen: »Da seht, was euer Sohn angerichtet hat!«

Doch Frau Zeisig tat nichts dergleichen. Mit feucht glänzenden Lippen trat seine Lehrerin einen Schritt zurück und studierte ihn mit langen Blicken, in denen die Andeutung eines tiefen, animalischen Begehrens aufloderte.

Ihre blassen Wangen hatten eine rosige Färbung angenommen, ihr Lächeln wirkte jetzt ein wenig hölzern und sie schien ihn zu taxieren.

Sie stand vor ihm, die Arme in die Seiten gestützt, eines ihrer perfekten Beine teilte das geschlitzte, schwarze Ballkleid und gab den Blick auf den Ansatz eines Strumpfbandes frei. Sie war ein Bild der Selbstsicherheit ohne die geringste Spur von Arroganz.

Er liebte sie. Sie würde führen. Und er würde folgen.

Und dann sagte sie, während sie ihre Hüften in winzigen, kreisenden Bewegungen langsam hin- und herzuwiegen begannen:

»Willst du dein Geschenk denn nicht auspacken?«

Doch, das wollte er, das wollte er sogar sehr. Also rutschte er von der Bettkante und kniete sich vor ihr auf den weichen Teppich, fiel vor ihr auf die Knie wie ein Moslem, welcher nach langer Suche die Richtung nach Mekka gefunden hat, beugte sein Gesicht hinab und begann damit, ihre bestrumpften Zehen zu küssen, langsam und sorgfältig, um ja keinen Quadratzentimeter ihrer köstlichen Haut auszulassen.

Jakob achtete nicht mehr auf das Zimmer, in dem er sich befand, aber irgendwie spürte er, dass es sich verändert hatte. Es war nun vollends zu dem Zimmer geworden, das er im Haus seiner Eltern bewohnt hatte, bis er dort ausgezogen war. Mit dreißig. Aber das war wieder eine andere Geschichte und diese lag noch in weiter Ferne.

Im Moment war er vierzehn und seine Klassenlehrerin ahnte inzwischen wahrscheinlich, dass er überhaupt keine anderen Kinder eingeladen hatte. Besonders viele Freunde hatte er, offen gestanden, auch gar nicht. Er war ein eher stiller Junge, der zurückgezogen in einer fantastischen Welt lebte, die sich hauptsächlich aus Versatzstücken der Bücher in seinem Schrank zusammensetzte.

Größtenteils Abenteuer- und Jugendromane, vor allem die klassischen. Cooper, Blyton, Twain und ein paar Kassetten der Drei Fragezeichen und von Alfred Hitchcock präsentiert. Und Kafka, selbstverständlich auch Kafka, auch wenn er mit dessen düsterer Gedankenwelt noch nicht allzu viel anzufangen wusste, der Schreibstil gefiel ihm. Sehr gut sogar. Intelligent, gewitzt und ein bisschen zynisch. Das liebte er. Er würde später auch so schreiben, in diesem guten Stil.

Er war inzwischen am Knie seiner Lehrerin angelangt, die immer noch unbeweglich dastand und geduldig lächelnd auf ihn herabschaute. Er sog den köstlichen Duft ein, den seine feuchten Küsse auf dem glatten Stoff ihrer Strümpfe hinterließen. Er küsste ihre Schenkel wie die Lippen einer Geliebten, vergrub sein Gesicht in ihrem Aroma, während seine Hände mit sanftem Druck die Hinterseite ihrer Wade umfingen. Als er schließlich am Saum ihres Ballkleids angekommen war und ihn nach oben schieben wollte, stoppte ihn Frau Zeisig.

»Später« ,sagte sie und er nickte gehorsam und begann die Prozedur am anderen Bein der Lehrerin. Er sog das Bouquet ihrer Füße ein, Parfüm mit einer lieblichen Andeutung des Geruchs ihrer Haut. Wenn er doch nur seine Zunge zwischen diese köstlichen kleinen Zehen schieben und über ihre rot lackierten Nägel gleiten lassen könnte. Dann würde er ihren Nagellack schmecken können, das aufreizend beißende, süßlich-chemische Aroma.

Einmal hatte er im Bad an sich herumgespielt, während er am Nagellackfläschchen seiner Mutter gerochen und sich dabei entzückende kleine Zehen vorgestellt hatte. Mit lackierten Nägeln, wie die von Frau Zeisig. Das war schön gewesen. Aber selbstverständlich konnte seine Lehrerin nichts von seinen geheimen Sehnsüchten ahnen. Oder – konnte sie? Hatte sie nicht schon so vieles gewusst? In dieser kleinen hermetischen Welt, in diesem zeitlosen Zimmer schien alles möglich zu sein.

»Jakob«, sagte sie, und er verharrte, den Mund noch immer auf ihren kleinen Zeh gepresst, den Geschmack ihres Nylons auf seinen Lippen. War da nicht die Spur eines erregten Zitterns in ihrer Stimme, als sie seinen Namen sagte?

»Jakob, ich möchte, dass du dich ausziehst.«

Schüchtern schaute er zu ihr empor. Sich ausziehen, vor seiner Lehrerin? Sie lächelte. Keine Angst, sagten ihre Augen, nur keine Angst, es ist okay, völlig okay.

»Ich werde dir helfen, Jakob«, sagte sie, »und mich auch ein wenig ausziehen. In Ordnung?«

Ja, er schätzte, das war in Ordnung, sehr in Ordnung sogar. Sie schob den schwarzen Samt ihres Ballkleids ein wenig nach oben und Jakob sah, dass sie Halterlose trug. Solche, wie sie auch seine Mutter besaß. Und während er mit hastigen, unsicheren Bewegungen am Verschluss seiner Hose herumfingerte, stieg sie aus ihren Absatzschuhen und platzierte diese vor den kleinen Stuhl am Fußende des Bettes, säuberlich nebeneinander. Dann stellte sie einen Fuß anmutig auf die Bettkante und rollte erst einen, dann den anderen Strumpf an ihren endlosen Beinen herab. Als sie damit fertig war, legte sie die zusammengerollten Strümpfe auf den kleinen Stuhl. Dann lächelte sie ihn auffordernd an.

Jakob war nun nur noch mit seiner Unterhose und seinem T-Shirt bekleidet. Er trug seinen dunkelblauen Slip mit den weiß abgesetzten Nähten. Niemals trug er Boxershorts, denn er mochte nicht, wenn das da unten herumbaumelte wie die Glocken in einem Kirchturm. Das war irgendwie unanständig, fand er.

»Jetzt musst du mir helfen«, sagte Frau Zeisig und wandte ihm ihren Rücken zu. Sie klang dabei, als würde sie etwas in der Art wie ‘Und jetzt wollen wir eine Klammer setzen und das Ergebnis ausrechnen’ sagen.

Sie drehte den Kopf über die Schulter, sah ihm für einen aufreizend langen Moment in die Augen und setzte dann hinzu:

»Und danach helfe ich dir.«

Mit zitternden Fingern fand er den Reißverschluss ihres Ballkleides und zog ihn nach unten, das Kleid aus schwarzem Samt folgte mit einem raschelnden Geräusch und fiel sanft zu Boden. Frau Zeisig war jetzt nackt. Seine geliebte Lehrerin stand nackt und bloß in seinem Zimmer. Und sie würde sich über ihn hermachen, sich seiner bedienen. Oh Gott, hoffentlich! Nein, wahrscheinlich – mit Sicherheit! Sie hatte sich endlich, nach all den Jahren, in ihn, den stillen Bücherwurm verliebt. So, wie er es immer vorhergesehen und herbeigesehnt hatte. Schließlich war er der gescheiteste Junge in der Klasse, und der anständigste. Zumindest tagsüber, im Klassenzimmer. Und jetzt war der Moment da, in dem sie sein allnächtliches Flehen erhören würde – endlich!

Als sie sich vollends zu ihm umdrehte, war er völlig vom Anblick ihrer nackten Brüste gefesselt. Er war regelrecht verdattert im Angesicht ihrer Perfektion. Nur am Rande nahm er wahr, dass sie ebenfalls einen Slip trug, einen violetten, in dessen elastischen Bund sie nun ihre Finger hakte, um ihn ebenfalls nach unten gleiten zu lassen.

Er hätte sich auch gar nicht getraut, nach da unten zu schauen. Noch nicht. Aber vom Anblick dieser Brüste konnte er sich einfach nicht lösen. Sie waren riesig, auf eine fast unwirkliche Weise voluminös und sehr prall, wie ein Paar reife Melonen aus festem Fleisch. Erneut hörte er ihr glucksendes, kleines Kichern, als sie fragte:

»Gefallen sie dir?«

Daraufhin wurde er wieder rot, und diesmal musste sie es bemerkt haben. Ihre Augen fanden die seinen, und sie sagte:

»Es ist in Ordnung, Jakob. Schau sie dir ruhig in Ruhe an. Ich mag es, wenn du sie dir anschaust.«

Und er schaute. Während er das tat, drängte sie sich mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung an ihn und er konnte endlich diese fantastischen, diese göttlichen Titten an seinem Körper spüren, die hüpfenden Bewegungen ihres Fleisches und der steil aufgerichteten Knospen darauf. Dann spürte er, wie ihre Hände (die immer noch in den schwarzen Samthandschuhen steckten und Jakob betete, dass sie diese anlassen möge) in den elastischen Bund seiner Unterhose schlüpften. Sie streichelte seinen Hintern, während sie ihn mit derselben Bewegung von seiner Unterhose befreite. Jakob bemerkte nur am Rande, wie der Stoff seine Beine hinabglitt und sacht auf seine Füße fiel.

Dann zog sie ihn mit überraschender Kraft in ihre Arme und nun pressten sich ihre großen Brüste an ihn, quetschten sich drängelnd zwischen ihre erhitzten Körper. Und an seinem Bauch spürte Jakob etwas, das ihm einen kleinen Schock versetzte, aber nur für einen Augenblick.

Denn in diesem Moment wurde ihm klar, dass Frau Zeisig nichts zum Umschnallen brauchen würde.

»Wirst du mir gehören?«, fragte seine Lehrerin und ihre samtenen Hände strichen über seine Pobacken, kneteten sie sanft, fanden die Ritze dazwischen und streichelten sanft daran entlang, suchend, tastend.

»Ja«, hauchte Jakob und versenkte sein Gesicht im zarten Fleisch ihrer wundervollen Melonenbrüste. Diesmal versuchte er nicht, gegen die Tränen anzukämpfen.

Kapitel9

* 9 *

Später fand sich Jakob verschwitzt, etwas neben sich stehend, aber ausgesprochen glücklich auf dem Bett des Jugendzimmers am Ende der Zeit wieder. Da das Bett so schmal war, mussten sie eng aneinandergekuschelt liegen, was ihn jedoch kein bisschen störte. Im Gegenteil. Er genoss die Nähe ihres schlanken Körpers und den sanften Druck ihrer vollen Brüste in seinem Rücken. Er seufzte zufrieden und schmiegte sich in die starken Arme, die ihn zärtlich umfingen.

Sie hatte ihre Handschuhe anbehalten und eine ihrer samtenen Hände streichelte seinen mittlerweile erschlafften Schwanz. Der voraussichtlich nicht besonders lange schlaff bleiben würde, wenn sie damit weitermachte – oh Gott, was diese Frau zu tun imstande war!

Und dann hörte Jakob einen Schrei, oder so etwas Ähnliches. Er setzte sich auf und lauschte. Ein Schrei der Lust, höchstwahrscheinlich. Derartige Geräusche waren an einem Ort wie diesem durchaus zu erwarten.

Das darauf folgende Rumpeln, so als ob ein schwerer Gegenstand zu Boden stürzte, war allerdings nicht zu überhören, und Jakob schrak unwillkürlich zusammen. Fragend drehte er sich zu Diana um, die ihn lächelnd ansah und sich streckte wie eine große, blonde Raubkatze, eine zahme Tigerin vielleicht. Hätte bloß noch gefehlt, dass sie zu schnurren anfing.

»Die Kinder haben ihren Spaß, mein Liebster«, sagte sie zu Jakob. »Bei Nadescha klingt das öfter so. Wahrscheinlich stemmt er Gewichte, während sie ihm einen runterholt.« Sie kicherte.

Ihre Worte klangen seltsam vulgär und Jakob musste sich fast schon bemühen, ihr Lächeln zu erwidern. Offenbar hatte sie ihre Rolle als seine strenge Klassenlehrerin abgelegt, betrachtete den Job als erledigt.

Sie war noch immer die elegante Dame von vorhin, zumindest fast, aber sie hatte sich verändert. Ihre Schminke (im Lichte des »Danach« betrachtet, war es sogar reichlich Schminke) hatte hier und da abzublättern begonnen und nun sah man ihr das Alter auch ein wenig an. Jakob konnte die Ansätze winziger Bartstoppeln auf ihren Wangen erkennen. Plötzlich wurde ihm kühl und er fröstelte.

Außerdem musste er pissen.

»Ich muss mal«, sagte er.

»Schräg gegenüber. Zweite Tür links«, antwortete das Wesen, das sich ihm als Diana vorgestellt hatte, vor Urzeiten, so schien es. Ihre Stimme klang tief, fast schon zu tief, seltsam brüchig und verbraucht – und jetzt nur noch geschäftsmäßig. Das verführerische Fabelwesen war verschwunden und hatte etwas anderes zurückgelassen. Etwas Zynisches, in dessen Augen Spott und sanfte Ungeduld lagen. Als Jakob seinen Slip vom Boden raffte und ihn hastig überzog, schüttelte sie mit einem schiefen Grinsen den Kopf und drehte sich auf den Bauch, wobei er einen flüchtigen Blick auf die Cellulite an der Rückseite ihrer Schenkel erhaschte. Es schien sie nicht zu kümmern.

Sollte sie ihren Kopf schütteln, wie sie wollte, er würde sich außerhalb dieses Zimmers jedenfalls nicht splitternackt sehen lassen, geschweige denn sein Gehänge jedem präsentieren, der zufällig vorbeikam. So imposant war es nun auch wieder nicht.

»Komm bald zurück, Liebster!«, rief sie ihm nach und plötzlich klang es wie ein alter, schal gewordener Witz. Ihr schiefes Grinsen war jetzt kaum mehr als eine alte, verblichene Karnevalsmaske. Jakob wurde schlecht. Auf einmal wollte er nur noch raus aus dieser billigen Kulisse eines Jugendzimmers.

Während er auf dem Topf saß, die Hosen heruntergelassen, und sein Geschäft verrichtete, barg er das Gesicht in seinen Händen und begann, seine Schläfen mit den Handballen zu massieren.

Er hatte es mit einem Schwulen getrieben, oder einem Zwitter, oder wie auch immer dieses Geschöpf sich selbst bezeichnen mochte. Gott, wann hatte er sich eigentlich solche Abartigkeiten in den Kopf gesetzt? Was schwelte da in ihm und wie lange hatte es ihn schon gequält?

War das wirklich noch er selbst, war das seine Natur oder hatte ein flüchtiges Begehren, das in dem Jungen gewohnt hatte, sich zu einem Verlangen gesteigert, einfach deshalb, weil es plötzlich möglich schien, hier in diesem Haus der seltsamen Freuden am Rande der Stadt?

Wie auch immer, er war jedenfalls davon geheilt, für immer. Dessen war er sich jetzt sicher. Plötzlich wollte er nur noch zu Hause sein, bei Julia. Bei Julia, die er liebte, auch dessen war er sich nun sicher. Gott, er würde ihr auf der Stelle ein verdammtes Gewürzregal bauen und es an die Wand der Küche schrauben. Und anschließend die Garage streichen, wenn es sein musste.