Daniel hat eigene Pläne! - Edna Meare - E-Book

Daniel hat eigene Pläne! E-Book

Edna Meare

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Beschreibung

Die Familie ist ein Hort der Liebe, Geborgenheit und Zärtlichkeit. Wir alle sehnen uns nach diesem Flucht- und Orientierungspunkt, der unsere persönliche Welt zusammenhält und schön macht. Das wichtigste Bindeglied der Familie ist Mami. In diesen herzenswarmen Romanen wird davon mit meisterhafter Einfühlung erzählt. Die Romanreihe Mami setzt einen unerschütterlichen Wert der Liebe, begeistert die Menschen und lässt sie in unruhigen Zeiten Mut und Hoffnung schöpfen. Kinderglück und Elternfreuden sind durch nichts auf der Welt zu ersetzen. Genau davon kündet Mami. Die Sonne stand direkt über der Palser Burg und vergoldete die lehmfarbenen Türme, Erker und Zinnen mit ihren Strahlen. Rechts davon streckte sich »Die schlafende Jungfrau« dem Meer entgegen: Ein Felsmassiv, das sich vorbei an Torella zwischen die Städte Estartit und L'Escala schiebt. Links dämmerte die Stadt Pals in trägem Siesta-Schlaf, und weit hinten, von bläulichem Dunst verhüllt, erhoben sich die Pyrenäen, von denen sich manchmal der Tramontana auf das Land herunterstürzt, um es zu zerzausen und die Sonnenschirme der Urlauber am Strand umzuwehen. Heute herrschte kein Tramontana. Er hatte sich schon seit Wochen in die Berge zurückgezogen und tobte dort auf den höchsten Gipfeln, die immer noch mit einer feinen Schneeschicht überzogen waren. Justus Landauer stand auf der Terrasse seines Hauses und sah zu eben diesen Gipfeln, die sich schemenhaft aus dem Dunst erhoben. In seinen Händen hielt er immer noch den Brief, den ihm seine Haushälterin vor einer halben Stunde gebracht hatte. Es war eigentlich kein Brief, sondern eine ziemlich geschmacklose Doppelkarte mit viel Gold und Flitterkram, der seine glitzernden Spuren auf Justus' Fingern und Unterarm hinterließ. Langsam kehrte er zu der bequemen Gartengarnitur zurück, die im Schatten der Markise auf Besucher wartete. Justus nahm Platz und las die engbeschriebenen Zeilen noch einmal. ja, nun hat es mich doch erwischt, obwohl Mutter immer sagte, die Frau, der ich einmal die Hand zum Bunde reiche, muß erst noch geboren werden. Aber ich habe sie gefunden, und so teile ich Dir überglücklich mit, daß ich in wenigen Wochen heiraten werde. Ich möchte so gern, daß Du an diesem Tag bei mir bist. Hier verzogen sich Justus' Lippen zu einem spöttischem Lächeln. Nicht regelmäßig miteinander verkehren, das hört sich so verdammt geschraubt an, daß es nur von Mechthild stammen konnte. Himmel, wir sind doch keine Busse! Justus verzog das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Der sogenannte Freund trug sich zwar mit dem Gedanken zu heiraten, aber das Wörtchen »wir« ging ihm anscheinend weder von den Lippen noch aus der Feder!

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Seitenzahl: 109

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Mami – 1959 –Daniel hat eigene Pläne!

Die Mami will den falschen Mann heiraten

Edna Meare

Die Sonne stand direkt über der Palser Burg und vergoldete die lehmfarbenen Türme, Erker und Zinnen mit ihren Strahlen. Rechts davon streckte sich »Die schlafende Jungfrau« dem Meer entgegen: Ein Felsmassiv, das sich vorbei an Torella zwischen die Städte Estartit und L’Escala schiebt.

Links dämmerte die Stadt Pals in trägem Siesta-Schlaf, und weit hinten, von bläulichem Dunst verhüllt, erhoben sich die Pyrenäen, von denen sich manchmal der Tramontana auf das Land herunterstürzt, um es zu zerzausen und die Sonnenschirme der Urlauber am Strand umzuwehen.

Heute herrschte kein Tramontana. Er hatte sich schon seit Wochen in die Berge zurückgezogen und tobte dort auf den höchsten Gipfeln, die immer noch mit einer feinen Schneeschicht überzogen waren. Justus Landauer stand auf der Terrasse seines Hauses und sah zu eben diesen Gipfeln, die sich schemenhaft aus dem Dunst erhoben.

In seinen Händen hielt er immer noch den Brief, den ihm seine Haushälterin vor einer halben Stunde gebracht hatte. Es war eigentlich kein Brief, sondern eine ziemlich geschmacklose Doppelkarte mit viel Gold und Flitterkram, der seine glitzernden Spuren auf Justus’ Fingern und Unterarm hinterließ. Langsam kehrte er zu der bequemen Gartengarnitur zurück, die im Schatten der Markise auf Besucher wartete. Justus nahm Platz und las die engbeschriebenen Zeilen noch einmal.

Lieber Justus,

ja, nun hat es mich doch erwischt, obwohl Mutter immer sagte, die Frau, der ich einmal die Hand zum Bunde reiche, muß erst noch geboren werden. Aber ich habe sie gefunden, und so teile ich Dir überglücklich mit, daß ich in wenigen Wochen heiraten werde.

Ich möchte so gern, daß Du an diesem Tag bei mir bist. Immerhin verbindet uns eine langjährige Freundschaft, auch wenn wir nicht regelmäßig miteinander verkehren…

Hier verzogen sich Justus’ Lippen zu einem spöttischem Lächeln. Nicht regelmäßig miteinander verkehren, das hört sich so verdammt geschraubt an, daß es nur von Mechthild stammen konnte. Himmel, wir sind doch keine Busse!

…so stehen wir uns geistig doch sehr nahe, und aus diesem Grunde möchte ich Dich herzlich zu meiner Hochzeit einladen…

Justus verzog das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Der sogenannte Freund trug sich zwar mit dem Gedanken zu heiraten, aber das Wörtchen »wir« ging ihm anscheinend weder von den Lippen noch aus der Feder!

Das Ereignis findet am 25. Mai dieses Jahres statt. Es wird nur eine kleine, sehr intime Feier werden, aber ich möchte dabei auf Dich als meinen Freund aus Kindertagen nicht verzichten. Vielleicht kannst Du es ja einrichten, daß Du schon zu meinem Polterabend kommst? Dieser findet am 23. Mai statt. Wohnen kannst Du natürlich bei meiner Mutter, sie hat ja jetzt ausreichend Platz und lädt Dich auf diesem Wege herzlich ein.

Bitte, teile mir mit, ob ich Dich als Gast begrüßen kann, und sei bis dahin herzlich gegrüßt Mark-Dennis

Justus klappte die Karte zu und legte sie vor sich auf den Tisch. Der gute alte Mark hatte also endlich eine Frau gefunden, die bereit war, sich mit ihm gemeinsam durchs Leben zu langweilen. Das konnte nur bedeuten, daß diese Frau entweder spukhäßlich war oder den Charakter eines Feldmarschalls besaß, sonst hätte sie es nie geschafft, an Mechthild vorbei bis zu Mark-Dennis zu gelangen.

Im ersten Fall sah Mechthild keine Konkurrenz. Das arme Mädchen war wahrscheinlich so schüchtern, daß sie nie auf den Gedanken kommen würde, sich ernsthaft zwischen Mutter und Sohn zu stellen. Im zweiten Fall konnte es nur sein, daß die Braut noch herrschsüchtiger und selbstbewußter war als Mechthild und diese sich absolut mit nichts gegen die Feldmarschallin zur Wehr setzen konnte.

Dieser Gedanke gefiel Justus so sehr, daß er ernsthaft den Gedanken erwog, nach Deutschland zu reisen, um die Dame kennenzulernen.

Es wäre das erste Mal seit vielen, vielen Jahren. Und eigentlich hatte Justus sich vorgenommen, seine Heimatstadt nie wieder zu besuchen. Aber unter diesen Umständen…

Nein, er schwankte doch noch in seinem Entschluß. Bei dem Gedanken an enge, verwinkelte Gassen, mit Eternitplatten verunstaltete Fassaden, unter denen wunderschönes Fachwerk langsam verrottete, an Muff und Spießigkeit hinter Spitzengardinen, sträubte sich alles in Justus gegen die Reise.

Sein Magen hob sich heute noch, wenn er an seine Eltern dachte, die an einer liebeleeren, von Gewalt und Lügen beherrschten Ehe festhielten, nur um vor »den Leuten« das Ansehen zu bewahren.

Niemand durfte erfahren, daß Justus’ Vater trank wie ein Kamel nach einer vierwöchigen Wüstentour. Und niemand durfte erfahren, daß die blauen Flecke, Platzwunden und Blutergüsse im Gesicht der Mutter nicht von den kleinen Haushaltsunfällen stammten, wie sie es eisern vor den Nachbarn und Verwandten behaupten, sondern von den brutalen Schlägen des Vaters, der seine Frau grün und blau schlug, wenn er endlich das ersehnte Quantum intus hatte. Und es durfte auch keiner wissen, daß Justus’ Mutter ihren Frust mit rauschartigen Einkaufstouren kompensierte, in denen sie ein Vermögen ausgab, das sie nicht besaß.

Nach außen hin waren sie eine glückliche Familie, die sonntags in die Kirche ging und scheinbar brav und bieder ihrem Tagewerk nachging. Doch es war die Oma, die immer wieder aushalf, wenn der Gerichtsvollzieher im Anmarsch war. Und es war auch die Oma, zu der Justus sich flüchtete, wenn der Vater mal wieder wie ein Berserker wütete.

Seine Trinksucht forderte körperliche Tribute. Im Alter von sechsundvierzig Jahren glich Hans Landauers Leber einem porösen, aufgequollenen Schwamm, und sein Gesicht arbeitete nur noch auf Notstrom. Immer häufiger kam es vor, daß er selbst in nüchternem Zustand seine nächsten Verwandten nicht mehr erkannte.

Rita Landauer deklarierte seinen Zustand als »Alzheimer Krankheit«, was bei den Nachbarn und Verwandten betroffenes Mitgefühl auslöste. Als Hans seine Schwiegermutter in einem Anfall von totaler geistiger Umnachtung schließlich die steile Kellertreppe hinunterwarf, wäre es an der Zeit gewesen, ihn in eine geschlossene Klinik einzuweisen. Aber Rita kaschierte den Mord als einen Unfall und hielt nach wie vor die Fassade der anständigen Familie aufrecht, in der so etwas nicht vorkommt.

An dem Tage, an dem die alte Dame beerdigt wurde, hatte Justus seinen Rucksack mit dem Allernotwendigsten gepackt und war auf und davon gegangen.

Er hatte sich bis nach Gerona durchgeschlagen, wo Justus durch eine gute Fügung die Bekanntschaft eines Priesters machte, der ihn mit in sein Kloster in den Pyrenäen nahm, wo Justus erst einmal seine Schulausbildung beenden konnte.

Pater Sebastian war es dann auch gewesen, der Justus das Jura-Studium in Barcelona finanzierte. Doch Justus merkte schnell, daß er nicht zum Anwalt geboren war. Das Schreiben füllte ihn viel mehr aus. Trotzdem beendete er sein Studium, schrieb aber während dieser Zeit bereits etliche Kurzgeschichten, mit denen er sein mageres Taschengeld aufbesserte. Nach erfolgreichem Abschluß war das Glück dem jungen Mann erneut hold. Diesmal durch einen ganz unscheinbaren Artikel in der »Cataluna«, einer kleinen Tageszeitung, die überall an der Costa Brava an die deutschen Rentner und Frühpensionäre verkauft wurde, die sich hier im Laufe der Jahre angesiedelt hatten.

Ein deutsch-spanischer Verlag hatte einen großen Autorenwettbewerb ausgeschrieben, bei dem nur Kinder- und Jugendthemen angesprochen werden sollten. Dem Gewinner winkte ein Vertrag bei eben diesem Verlag mit einer Honorargarantie von zwanzigtausend Mark.

Justus setzte sich umgehend nieder und schrieb seinen ersten großen Text. In weniger als vier Wochen brachte er eine spannende Geschichte über einen Jungen zu Papier, der wegen einer Sprachbehinderung von allen anderen Kindern gehänselt wird und der es schafft, nicht nur seine Behinderung zu überwinden, sondern auch seine Minderwertigkeitskomplexe. Justus gewann damit den ersten Preis und erhielt den Vertrag. Seit jenem Zeitpunkt arbeitete er als freier Autor für zwei Spanische Verlage, der unter Justus’ Pseudonym Enrique Paduez bereits mehr als zehn Romane veröffentlicht hatte, von denen drei verfilmt worden waren. Niemand kannte seine wahre Geschichte und so konnten die Menschen wohl kaum von seinem Erfolg wissen. Justus legte auch wenig Wert darauf. Deutschland und besonders Idstein waren ihm inzwischen fremd geworden. Ja, es kam sogar vor, daß er, kam er mit deutschen Touristen ins Gespräch, nach den passenden Vokabeln suchen mußte. Die spanische Sprache war ihm inzwischen geläufiger als die heimische. Sollte er sich jetzt dem Streß aussetzen, alte Wunden aufzureißen und nach Deutschland zu reisen?

Justus dachte an Mark-Dennis, den er als Kind immer glühend um dessen Mutter beneidet hatte. Erst später war ihm aufgegangen, wie besitzergreifend Mechthild war. Und wie sehr sie die Entwicklung des Sohnes behinderte.

Vielleicht waren sie deshalb Freunde geworden? Der schüchterne, ängstliche Mark-Dennis, der von seinen Klassenkameraden verprügelt wurde, und der ruppige Justus Landauer, der hinter seiner großen Klappe seine verletzte mit blauen Flecken übersäte Seele versteckte. Sie waren ein Paar wie Stan und Olli, nur, das Olli nicht Stan verhaute sondern dessen Feinde, die ihm auf dem Schulweg auflauerten.

Erst Jahre nach seiner Flucht hatte sich Justus bei dem alten Schulkameraden gemeldet. Daraus war ein sporadischer Brief-, und später Internetkontakt entstanden, der sich im Grunde nur auf die Feiertage beschränkte. Bei einem kurzem Besuch, den Mark-Dennis dem Freund in Pals abstattete, hatten sie schnell gemerkt, das sie eigentlich so gut wie nichts mehr miteinander verband. Trotzdem wollte Justus den Kontakt nicht abbrechen lassen, weil er es Mark hoch anrechnete, daß er bis heute sogar seiner heißgeliebten Mama nichts von Justus Aufenthaltsort verraten hatte. War das ein Grund, auch auf seiner Hochzeit zu erscheinen?

*

»Señor Paduez?« Die Stimme seiner Haushälterin holte Justus aus der Vergangenheit zurück. Wie erwachend blickte er um sich, entdeckte erstaunt, daß die Sonne längst über Bagur stand, und schüttelte den Kopf, um auch den Rest seiner Gedanken zu vertreiben, die noch hinter seiner Stirn herumflatterten.

»Si, Leona.« Er schenkte der älteren Frau ein warmherziges Lächeln. Leona Ramirez war weit mehr als nur eine Haushälterin für ihn. Sie hatte viele Jahre in der Mensa der Universität gearbeitet, an der Justus studierte. Der magere, blasse junge Mann war ihr aufgefallen und aus einem Gefühl mütterlicher Zuwendung, hatte sie ihm immer die größten Portionen auf den Teller gelegt.

Kurz nach Justus’ ersten schriftstellerischem Erfolg waren sie sich zufällig in der Tapas-Bar in Barcelona wieder begegnet. Als Leona erzählte, daß sie ihre Stellung in der Universitätsküche verloren hatte, entschloß Justus sich spontan, ihr den Job als Haushälterin anzubieten. Eine Entscheidung, die er bis heute nicht bereut hatte. »Was ist, Leona?« erkundigte er sich und setzte sich auf, um seine Bereitschaft zuzuhören zu demonstrieren.

Leona deutete auf den Brief, der noch auf dem Tisch lag. »Haben Sie schlechte Nachrichten erhalten?« Justus hob die Brauen und blickte den Brief an, als müsse er sich erst an ihn erinnern. »Nein, nein, ganz bestimmt nicht, Leona«, erwiderte er schließlich. »Es ist eine Einladung zu einer Hochzeit.«

»Sie schauen aber drein, als sollten Sie zu einer Beerdigung gehen.« Leona strich sich eine ihrer immer noch tiefschwarzen Locken aus dem Gesicht. »Eine Hochzeit ist etwas Schönes. Wieso freuen Sie sich nicht?«

Justus seufzte leise.

»Es ist die Hochzeit eines alten Freundes in Deutschland«, gab er er widerstrebend Auskunft. »Er heiratet in wenigen Wochen und hat mich gebeten, diesem Ereignis beizuwohnen.«

Leona tippte mit dem Zeigefinger auf den Brief.

»Dann müssen Sie reisen«, erklärte sie entschieden. »Es gibt keinen Grund, um ausgerechnet der Hochzeit eines Freundes fernzubleiben.«

Justus erhob sich und trat an den Rand der Terrasse. Er sah zwar zur Burg hinüber, aber sah weder die mittelalterliche Fassade, deren Farbe jetzt in der hereinbrechenden Dämmerung einen ockerfarbenen Ton angenommen hatte, noch das Meer, dessen Wellen sanft die Ausläufer der Isla Medas und der schlafenden Jungfrau umspielten.

»Ich möchte nicht nach Deutschland zurückkehren«, sagte Justus, nachdem er eine Weile über die Worte der Haushälterin nachgedacht hatte. »Sie haben sicherlich recht, wenn Sie sagen, daß man einen Freund an seinem Hochzeitstage nicht allein lassen darf. Aber wenn ich an meine Heimat denke, dann sträubt sich alles in mir gegen dir Reise. Ich möchte meiner Vergangenheit um keinen Preis der Welt mehr begegnen.«

»Es wäre aber wichtig.« Leonas Stimme klang ungewohnt sachlich. »Damit, daß Sie Ihren Erinnerungen wieder und wieder entfliehen, machen Sie es nicht besser. Es wird höchste Zeit, daß Sie sich mit Ihrer Vergangenheit auseinandersetzen und aufhören, die Menschen, die Sie verletzt haben, zu verdammen.

Nur dann können Sie diesen Teil Ihres Lebens wirklich ganz abschließen.«

»Sie meinen, ich soll zu meinem Vater gehen und die Vergangenheit ruhen lassen?« Justus starrte die Haushälterin fassungslos an.

»No.« Leona deutete ein Kopfschütteln an. »Sie sollen in Ihre Heimat reisen und die Dinge auf sich zukommen lassen.«

Justus runzelte die Stirn. Er wußte sehr wohl, daß Leona recht hatte. Es wurde wirklich höchste Zeit, die Schatten der Vergangenheit abzustreifen, um sich endlich voll und ganz der Zukunft zuwenden zu können. Aber es kostete ihn viel Überwindung, diesen Schritt zu tun.

»Hören Sie auf den Rat einer alten Frau«, schmunzelte Leona und nahm ihren Worten damit den strengen Ernst, der in ihrem Ton mitklang. »Das Leben hat mich gelehrt, daß es besser ist, die Dinge nicht aufzuschieben.«

Justus stieß einen erneuten Seufzer aus, dann drehte er sich um und sah zu Leona, die immer noch neben dem Tisch stand.

»Sie können manchmal eine schreckliche Nervensäge sein, Leona, wissen Sie das?« fragte er sie schmunzelnd.

»Ja.« Leona nickte, ohne mit der Wimper zu zucken.

Justus gab sich einen Ruck, dann kehrte er an den Tisch zurück.