Darcy - Der Glückskater als Retter in der Not - Gesine Schulz - E-Book

Darcy - Der Glückskater als Retter in der Not E-Book

Gesine Schulz

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Beschreibung

Ein eigenes Café - das war schon immer Brionys Traum. Mit Anfang dreißig hat sie sich diesen in einem südenglischen Dorf erfüllt. Besonders beliebt ist ihre saftige Schokoladentorte, deren handgeschriebenes Rezept sie kürzlich in einem alten Buch gefunden hat. Die Geschäfte laufen hervorragend, bis ein zweites Café im Dorf eröffnet und Leckereien zu Dumpingpreisen anbietet. Briony gerät in einen argen Konkurrenzkampf.

Eines Morgens stolpert sie über einen bunt gescheckten Kater, der sie zu einer verletzten Katze führt. Die tierischen Gefährten ziehen bei Briony ein und schon bald hat sie die beiden ins Herz geschlossen. Die schoko-braune Katze und Darcy lenken sie von ihren Zukunftssorgen ab. Und obwohl mehr und mehr Gäste fortbleiben, gibt Briony nicht auf. Mithilfe ihrer besten Freundin Kiki und dem bunten Kater schmiedet sie einen Plan und kämpft gegen die unerwünschte Konkurrenz an. Als sie durch einen sympathischen Gast das Geheimnis hinter dem Tortenrezept entdeckt, wird ihr kleines Café sogar berühmt.

Ins Abseits gedrängt, greift ihre Konkurrentin zu einem drastischen Mittel. Doch glücklicherweise ist Kater Darcy nicht weit ...

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Inhalt

CoverDarcy – Die SerieÜber diese FolgeÜber die AutorinTitelImpressumProlog1. Im Café2. Briony und Kiki3. Kiplings Kater4. Darcy5. Der Strickzirkel6. Darcy7. Das Schilder-Rätsel8. Des Rätsels Lösung9. Konkurrenz-Kuchen10. In die Brombeeren11. Die Patientin12. Darcy13. Porridge & Pute14. Charlie15. Das Little Nymfield Café16. Desmond17. Im Cotswold Journal18. Ruhe im Café19. Darcy20. Die Agatha-Christie-Inspiration21. Briony ist baff22. Tiefschläge23. Darcy24. Mrs. Crickmore25. Ein fieses Gerücht26. Darcy27. Lampenfieber28. Premiere!29. Der Torten-Verdacht30. Unangekündigter Besuch31. Mr. Yalding32. Es bröckelt33. Katzen mit Alibi34. Eine kleine Erpressung?35. Einladung nach Torquay36. Darcy37. Ein kurzer Ausflug

Darcy – Die Serie

Darcy ist ein Glückskater. Ein Kater, der um die Welt streunt, plötzlich bei dir auftaucht und innerhalb weniger Wochen dein Leben verändern wird.

Denn wo auch immer er hinkommt, bewirkt er ein kleines Wunder – macht das Leben ein bisschen leichter, tröstet oder hilft, endlich loszulassen.

Über diese Folge

Ein eigenes Café – das war schon immer Brionys Traum. Mit Anfang dreißig hat sie sich diesen in einem südenglischen Dorf erfüllt. Besonders beliebt ist ihre saftige Schokoladentorte, deren handgeschriebenes Rezept sie kürzlich in einem alten Buch gefunden hat. Die Geschäfte laufen hervorragend, bis ein zweites Café im Dorf eröffnet und Leckereien zu Dumpingpreisen anbietet. Briony gerät in einen argen Konkurrenzkampf.

Eines Morgens stolpert sie über einen bunt gescheckten Kater, der sie zu einer verletzten Katze führt. Die tierischen Gefährten ziehen bei Briony ein und schon bald hat sie die beiden ins Herz geschlossen. Die schoko-braune Katze und Darcy lenken sie von ihren Zukunftssorgen ab. Und obwohl mehr und mehr Gäste fortbleiben, gibt Briony nicht auf. Mithilfe ihrer besten Freundin Kiki und dem bunten Kater schmiedet sie einen Plan und kämpft gegen die unerwünschte Konkurrenz an. Als sie durch einen sympathischen Gast das Geheimnis hinter dem Tortenrezept entdeckt, wird ihr kleines Café sogar berühmt.

Ins Abseits gedrängt, greift ihre Konkurrentin zu einem drastischen Mittel. Doch glücklicherweise ist Kater Darcy nicht weit …

Über die Autorin

Gesine Schulz liebt Katzen, Krimis und Gärten. Ihre Schwäche für klassische Five o’Clock Teas hat sie von einem Großonkel geerbt, der Butler in London war. Derzeit lebt sie als freie Schriftstellerin im Ruhrgebiet. Ihr zweiter Schreibtisch steht in Irland, Schauplatz ihres Erfolgsbuchs »Eine Tüte grüner Wind«.

Gesine Schulz

Der Glückskater als Retter in der Not

beHEARTBEAT

Digitale Originalausgabe

»be« – Das eBook-Imprint von Bastei Entertainment

Dieses Werk wurde vermittelt durch die agentur literatur Gudrun Hebel.

Copyright © 2017 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Dorothee Cabras

Lektorat: Anna-Lena Meyhöfer

Covergestaltung: Kirstin Osenau unter Verwendung von Motiven © icgbaldauf/Stockphoto, © Rolf E. Staerk/shutterstock, © 1000 Words/shutterstock, © hbpictures/shutterstock

eBook-Erstellung: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7325-3122-6

www.be-ebooks.de

www.lesejury.de

Prolog

Im Wurf war er der Kleinste gewesen. Doch schon sieben Wochen nach seiner Geburt hatte er ordentlich zugelegt, und seine unverhältnismäßig großen Tatzen ließen darauf schließen, dass er zu einem stattlichen Kater heranwachsen würde.

Mit drei Monaten nahm er ohne Bedauern Abschied von seiner Mutter und den fünf Geschwistern und zog bei einem Menschenpaar ein, das sich ohne Zögern für ihn, »den kleinen Bunten da«, entschieden hatte.

Nach einigen Diskussionen darüber, welchen Namen er erhalten sollte, setzte sich die junge Frau durch. Sie liebte die Romane von Jane Austen, besonders den, in dem Elizabeth Bennet und Mr. Darcy nach vielen Missverständnissen und Verwicklungen endlich zusammenfinden. »Wenn der Kater nicht Darcy heißen darf, dann nennen wir eben unseren Sohn so.« Sie legte die Hände auf ihren leicht gewölbten Leib. Woraufhin der Ehemann umgehend nachgab.

So war Darcy in einem Haus mit Garten mitten im Grünen aufgewachsen, hatte bei Katerkämpfen erste Blessuren davongetragen, Konkurrenten das Fürchten gelehrt und dafür gesorgt, dass sie die Grenzen seines Reviers respektierten. Als das Baby zur Welt kam und bei ihnen einzog, hatte er es ausgiebig beschnuppert und eine tiefe Zuneigung zu dem kleinen Wesen gefasst.

Im folgenden Sommer fuhr die junge Familie samt Darcy im Wohnwagen in die Ferien. Bei einem seiner Streifzüge über den Campingplatz stieg er frühmorgens in ein Wohnmobil, aus dem es köstlich nach gebratenem Fisch roch. Kurz darauf klappte die Tür zu, der Motor sprang an, und das Gefährt rumpelte vom Platz. Als die Tür nach endlos scheinenden Stunden geöffnet wurde, schoss Darcy hinaus ins Freie und verschwand in der Dunkelheit.

Seitdem suchte er den Weg zurück nach Hause. Meist war er auf vier Pfoten unterwegs, manchmal als blinder Passagier. Er hatte Glück.

Immer wieder führte sein Weg ihn zu Menschen, die ihn freundlich aufnahmen. Doch nirgends hielt es ihn lange. Er hatte ein Ziel. Er wollte heim.

1. Im Café

Seine Beerdigung war die schönste gewesen, an die man sich in Little Nymfield erinnern konnte. Selbst Mrs. Crickmore, die nach dem Tod von Jeremiah Hickman die Älteste im Dorf und berühmt für ihr phänomenales Gedächtnis war, widersprach nicht, wenn sie am Buffet des Cafés um Bestätigung dieser Behauptung gebeten wurde.

»Aye«, sagte sie jedes Mal, wortkarg wie oft, und füllte ihren Teller zum x-ten Male mit Gebäck und Sandwiches.

»Ist mir ein Rätsel, wo sie das alles hinsteckt, hager wie sie ist«, meinte eine Dame, die erst vor wenigen Monaten ins Dorf gezogen war, zu Briony.

Die nickte lächelnd, behielt des Rätsels Lösung jedoch für sich. Fast jeder im Dorf wusste Bescheid. Sie beobachtete aus dem Augenwinkel, wie Mrs. Crickmore einen Teil ihrer Beute in eine Papierserviette wickelte und in der großen Handtasche verschwinden ließ. Brionys Blick traf den von Pfarrer Pence.

Er schlug kurz die Augen gen Himmel, grinste und steckte sich einen Jam Penny in den Mund. »Köstlich«, murmelte er und griff nach dem nächsten.

»Freut mich, wenn’s Ihnen schmeckt«, erwiderte Briony. Ihre Jam Pennies waren beliebt, dabei so simpel zuzubereiten. Das A und O war neben wirklich gutem Weißbrot eine erstklassige Himbeermarmelade wie Brionys selbst gekochte, um den runden Happen so besonders zu machen. Die Queen hatte ja eine Vorliebe für Jam Pennies. Sollte sie sich je ins Café verirren …

»Briony, einen Penny für Ihre Gedanken!«, sagte Mrs. Freeman-Coutts. »Sie starren ja Löcher in die Luft.«

»Oh, ich dachte nur an Jam Pennies.«

»Haha, aber die füllen ja nicht mal ein Loch im Zahn. Was ich wissen will: Wo ist der Köstliche Tod?«

»Den gibt es doch nur am Wochenende. Selbst dann hätte ich ihn heute nicht angeboten. Wegen … Sie wissen schon.«

»Höchst bedauerlich. Jeremiah zu Ehren hätte ich es eigentlich erwartet. Schließlich war der Köstliche Tod seine Lieblingstorte, seit Sie die anbieten, und hat von jetzt auf gleich die Victoria-Sandwich-Torte abgelöst, die seit seiner Kindheit sein Favorit war. Hat er mir selbst erzählt.«

»Höre ich Köstlicher Tod?«, mischte sich Miss Baker ein. »Sagen Sie nicht, dass Sie diese himmlische Schokoladentorte aus Pietät wieder von der Karte entfernen, Briony!« Andere Stimmen schlossen sich dem Protest an.

»Aber wenn Sie den Köstlichen Tod streichen, dann müssen Sie uns einfach das Rezept verraten!«

»Keine Sorge, Leute! Am Wochenende steht die Torte wie immer auf der Speisekarte. Doch heute wäre es mir irgendwie unpassend erschienen.«

»Nur weil der alte Mr. Hickman mit dem Gesicht in der Torte gestorben ist?«

»Sind Sie da nicht ein klein wenig zu empfindlich, Miss Walker?«

»Wem darf ich noch Tee nachschenken?«, rief Kiki und lenkte die Aufmerksamkeit auf sich und die große Teekanne in ihren Händen.

Briony nickte ihr dankend zu. Nie würde sie vergessen, wie der alte Jeremiah sie von seinem Tisch am Fenster aus angesehen hatte. Wie es seine Gewohnheit war, hatte er Vorfreude auf das vor ihm stehende Tortenstück gemimt, das Briony für ihn immer besonders großzügig schnitt, und die buschigen weißen Augenbrauen auf- und abschnellen lassen. Briony hatte gelacht. Mit einem zufriedenen Lächeln hatte Jeremiah Hickman sich dem Kuchenteller zugewandt und war dann wie in Zeitlupe nach vorne gesunken und mit dem Gesicht in dem Stück Torte gelandet. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte Briony es für eine Fortsetzung seiner lustigen Pantomime gehalten. Doch er machte keinen Versuch, sich wieder aufzurichten, und sie war losgestürzt, mit der vagen Absicht, an ihm das Heimlich-Manöver anzuwenden. Aber er hatte ja noch nichts gegessen oder getrunken, hatte sich also nicht verschluckt! Durch ihren erschreckten Aufschrei waren die anderen Gäste auf den Notfall aufmerksam geworden und hatten mit aufgerissenen Mündern zugesehen.

»Mr. Hickman?«, hatte Briony hervorgestoßen und ihn an den Schultern berührt. »Oh, Mr. Hickman!«

»Wählen Sie den Notruf!«, hatte sie den anderen Gästen zugerufen und dann behutsam den Kopf des alten Mannes aus der Torte gehoben. Seine blicklosen Augen sagten alles.

»Ist er tot?« fragte jemand. »Sie dürfen ihn nicht anfassen. Sie könnten Beweise zerstören.«

»Red doch keinen Quatsch!«, ermahnte ihn seine Begleiterin.

Briony lehnte den erschlafften Oberkörper vorsichtig gegen die Stuhllehne und hielt den Kopf fest, damit er nicht zur Seite sank. Das Gesicht war voller Schokoladencreme und dunkelbrauner Krümel und trug beinahe noch ein Lächeln. Briony stützte ihn so, bis der Krankenwagen kam, und war froh, dem Arzt mitteilen zu können, dass Jeremiah sich oft gegen Wiederbelebungsmaßnahmen ausgesprochen hatte. »Er sagte, er habe im Portemonnaie einen Zettel, auf dem das steht.«

»Vernünftig in seinem Alter. Wie alt ist der Herr genau?«

»Jeremiah Hickman. Er war vierundneunzig. Keine Angehörigen mehr.«

»Grämen Sie sich nicht. Es war doch ein guter Tod.«

Briony seufzte bei der Erinnerung an den dramatischen Nachmittag.

Als hätte Pfarrer Pence ihre Gedanken gelesen, sagte er: »Eine schönere Begräbnisfeier hätte sich der alte Jeremiah nicht wünschen können, Briony. Danke, dass Sie die übernommen haben. Im Gemeindesaal hätten wir uns zwar auch Mühe gegeben, aber mit dem undichten Dach riecht es immer etwas muffig …«

»Ich tu’s doch gerne. Auch hatte ich das Gefühl, ich wär’s ihm schuldig. Wo er doch hier bei mir …«

»Sie haben deswegen doch wohl kein schlechtes Gewissen, Briony? Ein leichter Tod im gesegneten Alter, den Köstlichen Tod vor Augen, ho, ho.«

»Sage ich mir ja auch. Aber dennoch …« Sie ließ den Blick durch ihr Café schweifen.

Wie erwartet, war es gut gefüllt. Gemeinsam mit Kiki hatte sie alle Stühle rausgestellt und die Tische fürs Buffet zusammengerückt. Einzig der Stuhl und der kleine Tisch am Fenster waren geblieben. Trotz des warmen Wetters stand eine brennende Kerze am Stammplatz des alten Jeremiah. Und der Sommerblumenstrauß, den Briony im Garten gepflückt hatte. Dort hatte Kiki wohlweislich den Tisch für die wenigen Kinder des Dorfes gedeckt.

Die ersten Gäste gingen, nicht ohne vorher einen Umschlag neben die Vase zu legen. Es wurde für den Grabstein gesammelt.

Der Pfarrer nickte zufrieden. »Es dürfte für einen ansehnlichen Stein reichen. Ein köstlicher Tod wäre eigentlich keine unpassende Inschrift.« Er zwinkerte Briony zu.

Sie musste wider Willen lachen. »Nicht Ihr Ernst!«

»Warum nicht? Kirchlicherseits wäre nichts dagegen einzuwenden.« Er stellte sich am inzwischen ziemlich geplünderten Buffet an.

Briony sah ihm hinterher. Manchmal hatte der Pfarrer einen seltsamen Humor.

»Er ist ein bisschen Banane, denke ich manchmal.« Mrs. Crickmore tippte sich an die Stirn. »Nette Feier, Briony, hätte Jeremiah gefallen. Aber nun muss ich gehen.« Ihre Handtasche machte einen wohlgefüllten Eindruck.

Von einem Teufelchen geritten, sagte Briony: »Darf ich Ihnen ein Stück von dem Teekuchen einpacken, Mrs. Crickmore?«

»Nicht nötig. Danke fürs Angebot, doch ich habe genug.« Auf ihren Gehstock gestützt, verließ sie das Café.

»Wahre Worte«, murmelte Kiki. »Glaubt sie wirklich, niemand bemerkt ihr Stibitzen?«

»Keine Ahnung. Viel mehr würde mich interessieren, ob sie es schon immer getan hat und früher nur geschickter vorgegangen ist oder ob eine milde Alterskleptomanie sie befallen hat.«

»Kommt aufs Gleiche raus, oder?«

Mrs. Freeman-Coutts gesellte sich zu ihnen und sagte in verschwörerischem Ton: »Neulich hat sie mir mindestens drei Stückchen Fudge aus dem Auto gemopst! Das Verdeck war geöffnet, die offene Dose stand auf dem Armaturenbrett, und als ich aus dem Haus kam, um die restlichen Einkäufe hereinzutragen, entdeckte ich es: Plötzlich lagen nur noch drei in grünes Glitzerpapier eingewickelte Süßigkeiten drin. Den Pfefferminz-Fudge mag ich besonders gerne, daher hatte ich mir gemerkt, dass es nur noch fünf grüne waren. Mrs. Crickmore stand sogar noch auf der Beifahrerseite, als ich zurückkam. ›Schönes Wetter‹, sagte sie und ging von dannen.«

»Ich weiß nicht«, meinte Kiki. »Nie stellt jemand sie zur Rede. Unterstützt man sie damit nicht in ihrem ›Hobby‹?«

Mrs. Freeman-Coutts zuckte mit den Schultern. »Almosen akzeptiert sie ja nicht. Dies ist vielleicht ihr Weg, mit der Armut im Alter umzugehen, denke ich manchmal. Und ehe ich es vergesse, Briony: Für meinen Bridge-Nachmittag nächsten Dienstag bitte wieder eine Platte Sandwiches, aber diesmal einen Madeira-Kuchen, bitte.«

»Geht klar, Mrs. Freeman-Coutts.« Briony notierte es im Auftragsbuch.

2. Briony und Kiki

»Ist doch gut gelaufen«, meinte Kiki. Sie saßen mit frisch gebrühtem Tee im wieder eingeräumten Café an einem der Zweiertische und genossen die Pause, bevor die nächsten Gäste eintrudeln würden.

Briony nickte. »Der alte Jeremiah hätte sich gefreut.«

»Deine Großzügigkeit hat dich aber einen ganz schönen Batzen gekostet.«

»Ich weiß, doch das geht schon. Der neue Kaffeeautomat bleibt eben noch eine Weile auf der Warteliste.«

»Du hast ein zu gutes Herz. Wollen wir hoffen, dass der alte Apparat noch eine Weile durchhält.«

Kikis Sohn steckte den Kopf durch die Küchentür. »Bin fertig, Briony. Die letzte Ladung läuft in der Spülmaschine.«

»Danke für deine Hilfe, Charlie.« Briony lächelte ihm zu. »Nimm dir einen Zehner aus der Kasse, ja?«

»Oh, super! Danke.«

Kiki schüttelte den Kopf. »Das ist zu viel, Briony. Wenn du es heute umsonst machst, kannst du ihm doch nicht –«

»Schon in Ordnung.« Briony mochte den schlaksigen Dreizehnjährigen, der sich ab und zu im Café etwas Taschengeld verdiente. Das mittelblaue T-Shirt ließ das Blau seiner Augen noch heller erscheinen. Sie bildeten einen Kontrast zu der dunklen Haut, die er von seinem Vater geerbt hatte. Charlie war auf dem besten Weg, ein äußerst attraktiver junger Mann zu werden. Zu Kiki gewandt, sagte sie: »Weißt du noch, wie ich hier früher an den Wochenenden und in den Ferien ausgeholfen habe?«

»Klar. Ich konnte deine Leidenschaft fürs Kellnern nie verstehen.«

»Es war ja weniger das Kellnern an sich als der Café-Betrieb insgesamt. Die Gäste, das bunte Leben – vor und hinter der Kulisse.«

»Und heute kellnere ich hier für dich …«

»Du Arme! Tief bist du gesunken.«

»Mach dich nur lustig über mich.« Kiki biss in ein übrig gebliebenes Kresse-Sandwich. »Außerdem, mit dir zusammen macht es mir ja Spaß. Und Arbeitsstellen sind hier in der Umgebung ja sparsam gesät.«

»Na ja, da war letztes Jahr die Stelle in der Verwaltung von Beechwood.«

»Stimmt. Aber unter dem strengen Auge der Direx arbeiten? Ich wäre mir wieder wie eine Schülerin vorgekommen. Außerdem bin ich hier flexibler, kann mich um Charlie kümmern. Denke also nicht, dass ich meckere.« Sie stand auf. »Dann komme ich so um drei zurück, okay?«

»Lass dir Zeit. Ich glaube nicht, dass heute jemand aus dem Dorf ein zweites Mal herkommt, abgesehen vom Strickzirkel. Die paar Touristen am frühen Nachmittag schaffe ich schon alleine. Es reicht, wenn du wieder da bist, wenn der Strickzirkel kommt.«

»Hast du nicht auch den Eindruck, dass die immer anspruchsvoller werden? Früher reichte ein Pott Tee und ’ne Kanne Kaffee mit Gebäck; heute will die eine Earl Grey, die andere Latte, die nächste einen Cappuccino oder was weiß ich. Ganz zu schweigen von den ständigen Sonderwünschen, die Mr. Gisbourne hat.«

»Macht doch nichts. Außerdem belebt es das Geschäft.«

»Kommst du, Mam?«, rief Charlie von der Tür.

Briony sah den beiden durchs Fenster hinterher. Kiki reichte ihrem aufgeschossenen Sohn nur noch bis zur Schulter. Charlie kam nach seinem Vater Sam, auch mit dem Berufswunsch Fernfahrer.

Mit einem Seufzer wandte Briony sich ab. Sie sah in der Küche nach dem Rechten und ging mit einer Schere in den kleinen Garten hinter dem Haus. Eine begnadete Gärtnerin war sie nicht, doch sie mochte das leicht Verwilderte. Und das ganze Jahr über fand sie hier Blühendes oder Grünes für die kleinen Vasen auf den Tischen. Auf ihren morgendlichen Spaziergängen pflückte sie manchmal Wildblumen oder filigrane Gräser.

Im Frühjahr und bis in den Sommer hinein streute sie großzügig Samentüten in den Beeten vor der alten Ziegelmauer und neben dem Holzschuppen aus. Die Kletterrosen und Sträucher, die Mrs. Shuttleworth vor Jahrzehnten klug gepflanzt hatte, trugen das Ihre zur Schönheit des Gartens bei.

Der knorrige kleine Apfelbaum an der Mauer zum Nachbargarten brachte nur noch wenige Früchte hervor. Als Mädchen war Briony in den Arbeitspausen manchmal mit einem Buch hineingeklettert und hatte gelesen. Heute würde der Ast sie vermutlich nicht mehr tragen.

Einzig den Kräutern ließ Briony mehr Sorgfalt angedeihen. In Kübeln und Töpfen bevölkerten sie die schmale Terrasse und sorgten für Geschmack und Vitamine in Sandwiches und Gebäck. Gerade bei Kräutern war Frische wichtig; außerdem konnte man nur so sicher sein, dass kein Gift auf sie gespritzt worden war.

Briony fuhr mit der Hand durch den Rosmarinstrauch und sog den würzigen Duft von den Fingern ein. Scones mit zerriebenen Rosmarinnadeln und in den Teig gebröseltem alten Cheddarkäse hatten sich zu einem Renner entwickelt, nicht nur bei Gästen, die wegen des Zuckers die traditionell süßen Scones mieden.

Briony setzte sich auf die blaue Bank und hielt ihr Gesicht in die von einem wolkenlosen Himmel scheinende Sonne. Eine Verschnaufpause, bevor der Nachmittagsbetrieb einsetzte, auf der Bank, die Miroslaw im letzten Sommer für sie gebaut und gestrichen hatte. Wenn sie die Bank »Denkmal meiner längsten Beziehung« nannte, schimpfte Kiki. Doch es war so. Ein Jahr, acht Monate und ein paar Tage zwischen dem ersten Kuss und Miros Auszug. Hier im Garten hatte er ihr gesagt, er wolle zurück nach Polen, und sie gebeten, mit ihm nach Krakau zu gehen.

»Würdest du mich wirklich lieben, kämst du mit, Ulubienica!«, hatte er immer wieder argumentiert, auch in den folgenden Tagen, doch gegen Ende hatte er das Kosewort weggelassen.

Sie hatte es sich verkniffen zu sagen, dass es auch umgekehrt gelten könnte – denn, was hätte es genützt? Er wollte heim, hatte nie vorgehabt, mehr als ein paar Jahre in England zu arbeiten; und sie mochte nicht fort aus Little Nymfield, nicht aus ihrem Café. Er hatte seine Koffer gepackt. Sie hatte die plötzliche Leere in der Wohnung über dem Café kaum ertragen. Halbe Nächte hatte sie in der Küche verbracht, hatte mit einer Zahnbürste Fugen und Ritzen gescheuert, hatte geheult, gebacken, neue Rezepte ausprobiert.

Die wenigen Rendezvous, die sich im Winter über die ländliche Dating-Agentur Country Loving ergeben hatten, waren enttäuschend gewesen. Vielleicht würde sie es nach der Hauptsaison, im Herbst, dort noch einmal versuchen. Miroslaw hatte sich inzwischen getröstet. Im Mai hatte er eine Jugendliebe geheiratet, Weronika.

Briony stand von der Bank auf und schnipste mit der Schere Blumen und Blüten ab. Anfangs mit mehr Kraft, als nötig war. Sie lachte auf, als ihr das auffiel, und gewann ihre gewohnte Gelassenheit zurück.

»Wer weiß, wozu es gut ist?«, war unweigerlich Mrs. Shuttleworths Kommentar gewesen, wenn etwas schiefgegangen war. Und im Rückblick hatte sie meist recht gehabt. In diesem Fall nicht. Jedenfalls nicht erkennbar. Briony nahm sich vor, sie am Abend mal wieder anzurufen. Auch wenn sie sich in Devon bei ihrer Schwester gut eingelebt hatte und ihr neues Leben an der englischen Riviera genoss, hörte Mrs. Shuttleworth gerne das Neuste aus dem Café und den Dorfklatsch, über den das Cotswold Journal, das sie bezog, natürlich nicht berichtete. Little Nymfield kam in dem Wochenblatt überhaupt nur selten vor. Wenn, dann meist im Zusammenhang mit dem renommierten Mädcheninternat Beechwood oder der Internationalen Sommerakademie für kreatives Schreiben, die dort seit einigen Jahren stattfand und Schreiblustige aus aller Welt anzog.

3. Kiplings Kater

Die Türglocke des Cafés bimmelte. Hastig knöpfte Briony das Sommerkleid zu, das sie gegen das dunkelblaue vom Vormittag getauscht hatte. Sie eilte die Treppe hinunter und stieß die Tür auf, die vom schmalen Flur ins Café führte. Eine junge Familie nahm gerade am Fünfertisch Platz. Es waren französische Touristen, die einen englischen Afternoon Tea wünschten.

»Es ist entzückend hier, n’est-ce-pas?«, sagte die Frau und sah sich wohlwollend um. »So typisch englisch. Wir dürfen Fotos machen?«

»Aber sicher.« Briony holte die Scones aus dem Ofen, schaltete den Wasserkocher an, schnitt Madeira-Kuchen auf und belegte Sandwiches. Für die Kinder stellte sie Mini-Muffins und Jam Pennies dazu.

Weitere Gäste traten ein. Touristen, die mit dem Auto oder als Wanderer die Cotswolds erforschten. Briony nahm Bestellungen entgegen, gab Auskunft über Sehenswürdigkeiten, servierte.

Der Nachmittag geriet in Schwung und sie mit. Sie liebte es, wenn sie wie eine emsige Biene – summ-summ – umherschwirren konnte. Es duftete nach Scones, Kaffee und zart nach Earl-Grey-Tee. Gäste plauderten. Ein einzelner älterer Wanderer saß am Tisch des alten Jeremiah und las in einem Buch, das er aus dem Regal genommen hatte. Es diente als öffentlicher Bücherschrank von Little Nymfield. Hier konnte man gelesene Bücher loswerden, ein Buch mitnehmen oder eben im Café lesen.

Briony hatte die zwei Dutzend Bücher dazugestellt, die ihr der alte Jeremiah zu ihrer Überraschung hinterlassen hatte. Wie in jeder Sommersaison leerte sich das Regal schneller, als dass Bücherspenden hineinfanden. Höchste Zeit, dass sie beim nächsten Kirchenbasar wieder den Bücherstand plünderte, um die Reihen aufzufüllen, mit für zwanzig oder dreißig Pence erstandenen Taschenbüchern, am besten Krimis, Thriller und Sommerromane. Briony zahlte auch schon mal fünfzig Pence, wenn ein Buch in den Cotswolds spielte; sie sah es als einen besonderen Service für die Reisenden, die im Café einkehrten.

Wenn sie den Roman noch nicht kannte, las sie ihn zuerst selbst. Je nach Wetter und Jahreszeit abends auf der Terrasse oder gemütlich mit einem Becher heißer Schokolade im Bett. Zuletzt war es eine leichte Liebesgeschichte von Katie Fforde gewesen; jetzt lag einer der heiteren Agatha Raisin-Krimis von M. C. Beaton auf dem Nachttisch.

Bisher war Little Nymfield betrüblicherweise in keinem der Romane vorgekommen. Selbst Reiseführer erwähnten das Dorf – wenn überhaupt – nur im Zusammenhang mit Beechwood, dem exklusiven Mädcheninternat, das ein paar Kilometer außerhalb lag. Seit das Internat während der Sommerferien die Sommerakademie veranstaltete, waren Lehrende wie Studierende gern gesehene Gäste im Café. Abends bevölkerten viele von ihnen das Trafalgar, den einzigen Pub im Dorf, doch nachmittags kehrten sie gerne bei Briony ein und füllten die Kasse.

Kiki kam gegen vier zurück ins Café, gerade rechtzeitig, um sich um eine lebhaft miteinander diskutierende Gruppe zu kümmern, drei Männer, eine Frau, für die Kiki zwei Tische zusammenrückte.

»Schauspieler«, sagte sie, als sie die Küchentür aufstieß. »Sie drehen in der Nähe. Eine große Kanne Kaffee, ansonsten das volle Afternoon-Tea-Programm, aber zweimal vegan.«

»Okay. Wird gemacht.« Mit flinken Fingern nahm Briony Scones aus dem Wärmeofen des Aga-Herdes und legte sie auf den unteren Teller der Etagere.

Kiki nahm ihre Schürze vom Haken und band sie sich um. »Du, Briony …?«, sagte sie, während sie sich am Handwaschbecken die Hände wusch.

»Mh?«

Kiki räusperte sich. »Ich habe vorhin –« Die Türklingel bimmelte. »Oh, verflixt! Na, ich gehe schon. Ich erzähle es dir später.«

»Was Wichtiges?«

»Könnte man so sagen.«

Briony sah auf die hinter Kiki zufallende Tür. Kiki hatte nicht unglücklich geklungen. Ob ihr Mann endlich eine Stelle in Aussicht hatte, die ihn nicht immer durch halb Europa führte? Schön wär’s. Auch für den Jungen.

Vor sich hin summend, hackte Briony Kräuter, schmierte und belegte Sandwiches, schnitt sie mit dem schärfsten Messer säuberlich zu Dreiecken, füllte die Etageren. Kiki trug die Bestellungen hinaus und kassierte. Sie waren ein gut eingespieltes Team.

»Briony, ein Herr möchte dich kurz sprechen. Es geht um ein Buch. Willst du eben rausgehen, oder soll er –«

»Ich komme schon. Übernimmst du solange hier? Der Teekuchen für den Strickzirkel müsste geschnitten werden.«

Der Wanderer am ehemaligen Tisch des alten Jeremiah hob die Hand, als er Briony sah. Hin und wieder kam es vor, dass Gäste ihr persönlich ein Kompliment über das Café aussprechen wollten. Beschwerden hatte es bisher nur einmal gegeben. »Sie wollten mich sprechen?«

Er nickte. »Nehmen Sie doch bitte einen Augenblick Platz.«

Sie rückte einen zweiten Stuhl an den Tisch. »Ja? Worum geht’s?«

»Um dieses Buch.« Er klopfte mit dem Zeigefinger darauf. »Ich möchte es Ihnen abkaufen.« Er drehte das Buch zu ihr herum. Briony erkannte eins von Jeremiahs Büchern, die sie ins Regal gestellt hatte. »Ach, das können Sie so mitnehmen.«

»Nein.«

»Doch, wirklich, können Sie. Das Regal funktioniert wie ein öffentlicher Bücherschrank.«

»Das mag sein, doch ich würde mich nicht wohlfühlen dabei. Wissen Sie, was das ist?«