Das 4-Wochen-Anti-Entzündungsprogramm - Simone Koch - E-Book + Hörbuch

Das 4-Wochen-Anti-Entzündungsprogramm Hörbuch

Simone Koch

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Beschreibung

Stille Entzündungen brennen nicht spürbar, entfalten ihre vielfältigen Wirkungen aber umso heimtückischer im Verborgenen: Viele vermeintliche Zivilisations- und Alterserkrankungen wie Rheuma, Herzerkrankungen, depressive Verstimmungen oder Diabetes sind deren Folge. Oft führen sie auch zu einer lähmenden Energielosigkeit, zu Gewichtszunahme oder rätselhaften Hormonschwankungen.

Die Autorin Dr. Simone Koch kennt aus eigener Erfahrung, worüber sie schreibt: verschiedene Autoimmunerkrankungen machten ihr seit ihrer Jugend das Leben schwer. In diesem praktischen 4-Wochen-Programm stellt die Ärztin für Ernährungs- und Funktionelle Medizin die verschiedenen Therapieansätze vor, die ihr geholfen haben.

Das 4-Wochen-Programm reicht von klassischen Behandlungsmöglichkeiten wie Ernährung, Schlafhygiene, Atmung und Entgiftung bis hin zu ungewöhnlichen Ansätzen wie Eisbaden, Vitalpilzen und Infrarotlicht. Vertrauen Sie diesem praktischen und erprobten Selbsthilfe-Plan.

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Zeit:7 Std. 13 min

Veröffentlichungsjahr: 2021

Sprecher:Simone Koch

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Das 4-Wochen-Anti-Entzündungsprogramm

Immunsystem, Stoffwechsel & Hormone ins Gleichgewicht bringenStille Entzündungen stoppen

Dr. med. Simone Koch

1. Auflage 2021

40 Abbildungen

Widmung

dem Biohackpack für die unablässige Inspiration

Wie meine Geschichte zu diesem Buch führte

(© Julian Gunkel)

Als ich anfing dieses Buch zu schreiben, kam ich gerade von einem meiner Wochenend-Retreats zurück, die ich für Menschen mit Autoimmunerkrankungen durchführe, damit sie zu einer praktischen Durchführung einer gesundheitsfördernden Lebensweise gelangen. Vor allem die Geschichte einer Teilnehmerin ist mir stark im Gedächtnis geblieben, weil sie mich so sehr an meine eigene erinnert hat. Eigentlich war sie immer ein fröhlicher Mensch mit einem – aus ihrer Sicht – perfekten Leben. Doch dann war plötzlich von einem Tag auf den anderen alles anders: die Person, die sie gekannt und mit der sie sich identifiziert hatte, war verschwunden. Denken, sich bewegen und Freude im Leben empfinden war plötzlich unmöglich geworden. Wie könnte das alles nun mit dem Thema dieses Buches zusammenhängen, das Sie gerade in Ihren Händen halten? Und was hat dies alles mit der stillen Entzündung zu tun?

Wenn wir uns verletzen, so führt dies im Anschluss zu einer Entzündung und Schwellung, welche die Funktion des betroffenen Körperteils stark beeinträchtigt. Da es hier einen klaren Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung gibt, machen wir uns, zumindest wenn die Verletzung nicht allzu schwer ist, keine großen Sorgen. Wir warten ab, bis unser Körper den Schaden behoben hat und die Funktion wiederhergestellt ist. Dies nennt man dann in der Medizin »Restitutio ad integrum«, eine vollständige Wiederherstellung. Was passiert aber, wenn das Immunsystem und die Heilungsprozesse in ihrer Funktion gestört sind und diese Wiederherstellungsprozesse nicht so laufen, wie sie sollten? Im Falle einer Verbrennung könnten wir eine schwere Infektion und im schlimmsten Fall den Verlust der Extremität oder sogar des Lebens erleiden. Solche Prozesse können auch still in unserem Inneren ablaufen und dazu führen, dass nach und nach immer mehr Prozesse ihre ursprüngliche Funktion verlieren. Der Anteil des Immunsystems, der Entzündung hervorruft, gewinnt zunehmend die Oberhand. In der Folge verlieren wir Unmengen Energie und ganze Systeme, wie der Magen-Darm-Trakt, das Gehirn oder sogar das Herz, nehmen ihre Funktion nicht mehr wie gewohnt wahr. Diese Prozesse nennt man dann »stille Entzündung« oder auf Englisch »silent inflammation«. Und genauso wie man Umweltverschmutzung heute nicht mehr als schwarzen Smog am Himmel wahrnehmen kann, sondern wir im Verborgenen multiplen Giftstoffen ausgesetzt sind, finden auch Entzündungsprozesse in unserem Körper heute viel häufiger im Stillen statt. Die chronische stille Entzündung wird inzwischen als eine der Hauptursachen für alle modernen Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht, Diabetes Typ 2, Herzinfarkt, Schlaganfälle und Bluthochdruck gehandelt. Aber auch das große Heer der Ausgebrannten und Erschöpften scheint mit chronischen Entzündungsprozessen in Verbindung zu stehen. In unserem Körper herrscht nämlich ein ständiger Krieg zwischen den entzündlichen und den antientzündlichen Systemen. Und nur, wenn diese sich miteinander im Waffenstillstand befinden, geht es uns wirklich gut. In Medizin und Wissenschaft nennt man diesen Zustand Homöostase. In diesem Buch werde ich aber meist von Balance sprechen.

Ich selbst habe diesen Krieg in sehr eindrucksvoller Art und Weise fast mein ganzes Leben lang erfahren. Bereits mit zwölf Jahren hatte ich das Gefühl, mein Körper würde sich auf eine für mich ungute Art und Weise verändern. Ich begann meine erste Diät mit dem Ziel, wieder 33 kg zu wiegen. Wenn ich daran zurückdenke, finde ich es erschreckend und traurig, dass ich mich schon als Kind überhaupt mit solchen Dingen auseinandergesetzt habe. Aber ich war damals sehr belesen und immer neugierig auf Experimente mit mir selbst. Mein erstes Langzeitfasten begann ich mit 14 Jahren. Ich war auf der Suche nach etwas, das mir meine Energie zurückbringen und mich von Bauchschmerzen und Heißhungerattacken auf Süßes befreien würde. So begann meine Karriere mit unzähligen Ernährungsformen, die von Vegetarismus über Kohlsuppe, Rohkost, Atkins- und Strunz-Diäten und vieles mehr reichen. Gut in Erinnerung ist mir geblieben, dass ich eigentlich immer das Gefühl hatte, schwerfällig und aufgebläht zu sein, außer wenn ich fastete. Auch litt ich immer wieder unter depressiven Phasen und war zum Teil sehr erschöpft. Das erste Mal fühlte ich mich mit 16 Jahren so und dann immer wieder. Dazu war ich unglaublich infektanfällig. Jede schwerere Anstrengung verursachte bei mir eine Mandelentzündung oder einen grippalen Infekt. Als wenn das nicht gereicht hätte, litt ich seit meinem siebten Lebensjahr unter Schlafstörungen.

Ab und zu ging es mir hervorragend und ich erinnere mich, wie ich während meiner Studienzeit auf meinem Balkon stand und topfit mit einem Gefühl tiefen Glücks im Inneren in den Sonnenaufgang blickte. So wohl hatte ich mich bis dahin noch nie gefühlt. Dass dies eventuell etwas mit der Ernährungsform zu tun haben könnte, durchschaute ich noch nicht. Ich verzichtete damals auf Kohlenhydrate und nahm deswegen kein Getreide zu mir. Und auch aus der Tatsache, dass es mir in meinem veganen Jahr, in dem ich sehr viel Getreide verzehrte, so schlecht ging wie noch nie im Leben, verknüpfte ich lediglich mit Anämie durch Eisenmangel, aber nicht mit den eigentlichen Inhalten meiner Ernährung. Meistens war ich schlank und sportlich, aber dies war vor allem einer eisernen Disziplin und meinem starken Willen geschuldet. Leicht fiel es mir nie.

Intuitives Essen war also seit meinem 12. Lebensjahr ein Fremdwort für mich geworden. Sobald ich nur ansatzweise das aß, »was ich wollte«, nahm ich blitzschnell zu und musste danach darum kämpfen, zu meinem Wohlfühlgewicht zurückzukehren. Als ich mit 16 an einer Segelfreizeit teilnahm, bei der Unmengen an dänischen Backwaren verzehrt wurden, hatte ich in zwei Wochen so viel zugenommen, dass meine eigene Mutter mich beim Abholen zunächst nicht wiedererkannte. Und immer träumte ich davon, dass es leicht sein möge und einfach. Zu Beginn meiner beruflichen Tätigkeit machte ich eine recht zeitintensive Kommunikationsausbildung, die an einer ganzen Reihe von Wochenenden in einem Bio-Hotel in Österreich stattfand. Das Essen war clean und hervorragend. Dennoch musste ich immer die gesamte Mittagspause auf dem Fahrradergometer verbringen, um nicht jeweils nach den Wochenenden ein bis zwei Kilo schwerer zu sein, und dass, obwohl ich mich bei den Portionen bereits stark einschränkte. Mein Energielevel war desaströs. Nach der Arbeit schlief ich fast immer auf dem Sofa ein, während mein Partner mit seinen Studienkollegen lernte. Außerhalb der Arbeit hatte ich weder Freunde noch Hobbys, da mir hierfür komplett die Zeit fehlte. Nur meine regelmäßige sportliche Tätigkeit zog ich durch, außer wenn ich mal wieder eine meiner superhartnäckigen Erkältungen hatte … und die hatte ich oft. Fast jeden Winter hustete ich wochenlang. Zum Teil war meine Atemhilfsmuskulatur vom Husten so überlastet, dass jede Bewegung schmerzte. Und noch heute ergreift mich eine Welle von Panik, wenn ich einmal husten muss, da ich immer fürchte, es könnte wieder eine Bronchitis sein, die dann ewig mein ganzes Leben beeinträchtigt.

Rückblickend kann ich sagen, dass sich mein Körper durch die unerkannte Zöliakie permanent in einem Zustand der Unterversorgung und der chronischen Entzündung befand. Er konnte gar nicht optimal funktionieren. Jede zusätzliche Belastung brachte das gesamte System zum Kippen und akute Entzündung, Erschöpfung, Gewichtszunahme und Ähnliches begannen. Es gab immer mal Phasen, meist in Zusammenhang mit Low-Carb-Diäten (bei denen Getreide verboten war), in denen es mir hervorragend ging. Da ich aber nicht genau wusste, wo die Ursachen liegen und ich die einzelnen Symptome nicht ausreichend zusammenbringen konnte, schaffte ich es nie, dauerhaft sinnvolle Verhaltensweisen in meinem Leben zu integrieren. Meine Neigung, mich immer für alle in meinem Umfeld verantwortlich zu fühlen und mir grundsätzlich zu viel aufzuhalsen, half auch nicht unbedingt. Dabei kannte ich sehr viele Bausteine zur Stressreduktion und einer gesunden Lebensweise schon seit meiner Kindheit: Fantasiereisen, Meditation und Achtsamkeit gehörten zu unserem Familienalltag. Mit zwölf Jahren machte ich meinen ersten Feldenkrais-Kurs, mit 16 erlernte ich das luzide Träumen und zwei Jahre später durchlief ich die komplette philippinische Schamanenausbildung. Der Stress des Alltags und die Ausbildung in der Schulmedizin, die mit ihrer extremen Beanspruchung gar keinen Raum für einen Gedanken außerhalb der Norm lässt, hatten aber all das verschüttet. Zudem fehlten selbst mir als Wissenschaftlerin ein paar solide Fakten und Mechanismen, um das Problem der chronischen Entzündung endlich anzugehen. Erst der erste Schub und der in kurzem Abstand folgende zweite Schub (bei dem ich in kürzester Zeit 30 Kilo zunahm) einer schweren postpartalen Thyreoiditis (eine nach der Geburt auftretende Sonderform der Hashimoto-Thyreoiditis) führten dazu, dass ich mich endgültig meiner selbst annahm und mich auf einen langen, steinigen, aber am Ende sehr erfolgreichen Weg der dauerhaften Heilung begab. Die Ernährung spielte hierbei eine sehr große Rolle, da ich mit meinen autoimmunen Vorerkrankungen bestimmte Lebensmittel gar nicht vertrage. Aber auch die Optimierung meines schon immer gestörten Schlafes, meiner Darmflora und ihrer Funktion, Thermogenese durch Kältetherapie, das feste Integrieren von Achtsamkeit in meinen Alltag, das Beenden von kräftezehrenden Beziehungen, das Erlernen und vor allem auch Anwenden multipler Atemtechniken, und endlich zu lernen, wie wichtig es ist, auf meinen Körper zu hören und nicht ständig meine Grenzen zu überschreiten, waren die Bausteine meiner Genesung.

Über die Jahre hatte ich die Ehre und Freude, all das Erlebte und das über die Jahre gesammelte Wissen auch meinen Patienten zugutekommen zu lassen.

Was ich bei meiner Arbeit immer wieder sehe, ist, wie schwer es Menschen fällt, die Dinge, die man eigentlich weiß, dauerhaft in den Alltag zu integrieren. Wenn wir den Top-Biohackern und Gesundheits-Influencern folgen, erscheint alles so einfach. Es ist aber so, dass diese ganz andere Voraussetzungen haben, als der »normale Mensch«. Schließlich verdienen sie ihr Geld damit, einem gesunden und antientzündlichen Lebensstil nachzugehen. Beim Lesen einiger dieser Bücher kam bei mir das Gefühl auf, dass ich eigentlich keiner beruflichen Tätigkeit nachgehen kann, wenn ich all die Tipps und Möglichkeiten darin umsetzen will. Daher möchte ich Ihnen in diesem Buch eine zeitlich abgegrenzte Herausforderung mitgeben. Es soll der Versuch sein, eine übersichtliche und machbare Reihe von Anleitungen zu geben, zusammen mit dem nötigen Wissen, das motivieren soll, sie auch durchzuführen. Denn in letzter Instanz muss der Impuls zur Veränderung in dieser Welt, in der wir uns so weit von dem Entwurf wie wir leben sollten, entfernt haben, aus uns selbst kommen. Damit wir dennoch ein gesundes und energiereiches Leben führen.

Natürlich gibt es unendlich viele, zum Teil sehr teure Nahrungsergänzungsmittel, die helfen können, diesen Zustand zu erreichen. Wenn aber das Fundament nicht stabil ist, sind sie im Prinzip komplett verschwendetes Geld. Daher werde ich mich in diesem Buch auf die Dinge konzentrieren, die man selbst umsetzen kann und die einfach und relativ kostengünstig zu bekommen sind. Denn wer hat schon eine Infrarotsauna im Garten oder einen wasserstoffanreichernden Wasserspender in der Küche. Außerdem gibt es viele wirkungsvolle und durchaus sinnvolle Behandlungsgeräte, die jedoch durch ihre Preise pro Sitzung für viele kaum infrage kommen. Ihre Wirkung kann man jedoch auch durch die Aufnahme bestimmter Übungen und Verhaltensweisen stabil in das Leben integrieren.

(© Julian Gunkel)

Was du brauchst, um diese Herausforderung zu meistern, ist der Wille, deine Komfortzone zu verlassen und am Ball zu bleiben. Selbst wenn dir manchmal die Motivation fehlt, solltest du die absolute und totale Verantwortung für dein Leben übernehmen. Natürlich kann man mit einem Betablocker den Blutdruck senken, das zugrunde liegende Problem bleibt jedoch weiterhin bestehen und wird, zusammen mit den Nebenwirkungen des Medikaments, die eigene Lebensspanne verkürzen und die Energie, die einem jeden Tag zur Verfügung steht, drastisch einschränken. Und so sollte das Ziel dieser Herausforderung sein, mit so viel Energie und Freude wie irgendwie möglich durchs Leben zu gehen und nicht nur gerade so zu überleben. Viele von uns haben so lange Zeit in einem zombieartigen Zustand überlebt, dass sie angefangen haben zu glauben, dass dies der Normalzustand sei. Wir akzeptieren, dass uns schon im Alter von 40 Jahren alles wehtut und es uns schwerfällt, morgens aus dem Bett zu kommen, obwohl wir doch bis ins hohe Lebensalter voller Kraft durchs Leben gehen könnten. Erfreulicherweise habe ich hierfür in meiner Familie einige gute Beispiele gehabt, die mir auch klar gemachten haben, dass es harte Arbeit ist, diesen Zustand zu erhalten. Sowohl meine Großeltern als auch mein Urgroßvater haben die 90 in vollem Gesundheitszustand weit überschritten, obwohl sie zum Teil massiven psychischen und körperlichen Belastungen ausgesetzt waren. Damit möchte ich auf keinen Fall die Lasten, die jeder Einzelne zu tragen hat, kleinreden oder negieren, sondern nur dazu ermutigen, den ersten Schritt auf dem Weg zu gehen. Wenn dieser einmal getan ist, möchte ich dich Schritt für Schritt anleiten weiterzugehen, damit du am Ende aufblicken kannst und feststellst, dass du, ganz ohne es zu merken, den Gipfel erreicht hast. Bestimmt hattest du dabei sogar viele Momente der Freude.

Ich wünsche dir viel Spaß auf deinem Weg und sage in diesem Sinne: Lasst uns damit beginnen.

Simone Koch, im Frühjahr 2021

Inhaltsverzeichnis

Titelei

Widmung

Wie meine Geschichte zu diesem Buch führte

Wie entsteht eine stille Entzündung?

Das Immunsystem: eine Armee, viele Gesichter

Die Teammitglieder

Das Bollwerk – angeborenes Immunsystem

Strategen, Spezialisten und Magier – erworbenes Immunsystem

Ersatztruppen und Baumeister

Das »magische« Arsenal

Wappen von Feind und Freund

Die Markierungszauber für die Angriffstruppen

Die Funktion der Antikörper

Die Funktion der zellulären Entzündungsmediatoren

Akute Entzündung: Verteidigung der Stadt

Hormesis – oder die Menge macht das Gift

Die stille Entzündung erkennen

Ursachen

Diagnostik

Entstehung

Chronischer Stress

Steroidhormon-Stoffwechsel

Steroidhormonabbau

Chronische Aktivierung der Stressachse

Stress ist nicht gleich Stress

Stress, ein System mit drei Ebenen

Das hungrige Gehirn

Die Gefahr von Dauerstress

Kortisol – ein System mit zwei Schaltern

Tests zu Nebennierenrinde und Achsen-Funktion

Genetische Probleme im Stresshormonabbau

NO/ONOO-Zyklus

Tagesrhythmik und Licht

Chronotypen

Taktgeber

Melanopsin und der Hauptzeitgeber

Temperatur

Ernährung

Bewegung

Das Orexinsystem

Weitere wichtige Rhythmen

Auswirkungen auf die chronische Entzündung

Die Bedeutung von Schlaf

Schlaftypen und ihr Nutzen

Non-REM-Schlaf

REM-Schlaf

Welchen Schlaf brauchen wir dringender?

Warum werden wir müde?

Schlafhelfer und Gegenspieler

Schlaf und das Immunsystem

Wie viel Schlaf brauche ich?

Entzündungsfördernde Lebensstilfaktoren

Fettgewebe – mehr als nur Energiespeicher

Was ist mit den gesunden »Dicken«?

Gewichtsverlust – auch eine Form von Verletzung

Muskelmasse und Entzündung

Myokine

Übertraining

Muskelschwund bei Entzündung

Entzündungsfördernde Gifte

Schwermetalle

Lipophile Giftstoffe

Schimmelpilzgifte

Atmung als Werkzeug gegen Entzündung

Der Weg des Atems

Auswirkungen von Hypoxie und Hypokapnie

Modulation des autonomen Nervensystems durch Atmung

Immunsystem und Atmung

Entzündliche und antientzündliche Nahrung

Schlechte Fette und fehlende Fettbalance

Zuckerarten und Stärke

Blutzuckerspitzen umgehen

Histamin

Oxalat

Süßstoffe

Lektine

Acrylamide und Chloropropanol

Antientzündliche Nahrungsmittel

Die antientzündliche Macht der Kälte

Kälte als Therapie

Reaktionen des Körpers auf Kälte

Kälte, Fettgewebe und Gewicht

Optionen der Kälteexposition

Vorsichtsmaßnahmen und Kontraindikationen

Die praktische Umsetzung

Die Vier-Wochen-Challenge

Woche 1: die Magie des Beginns

Montag

Eine gute Aufstehzeit festlegen

Positive Tagesaffirmation

Dienstag

Entzündungsarmes Frühstück

Frühstücksgiftstoff-Check

Mittwoch

Vitalpilze im Heißgetränk

Atemübung mit Getränk

Donnerstag

Lass die Sonne rein

Augentraining

Freitag

Morgensport

Überdenke dein Frühstück

Samstag

Kälteinduktion

Schüttle dich durch

Sonntag

Erlebnistagebuch

Plane deine zukünftige Morgenroutine

Woche 2: die goldene Mitte

Montag

Begrenzte Essenszeiten

Mehr Alltagsbewegung

Dienstag

Mittagspause an der frischen Luft

Plane dein Mittagessen

Mittwoch

Teste den Flugmodus

Halt die Luft an

Donnerstag

Auspowern

Lokale Kälte

Freitag

Meditation in der Mittagspause

Bewusster Zeit am Handy verbringen

Samstag

Siesta machen

Zink einnehmen

Sonntag

Wim-Hof-Atmung testen

Oxytocin erhöhen

Woche 3: Zauber der Nacht

Montag

Inspiziere deine Schlafumgebung

Lege deine Schlafenszeit fest

Dienstag

Dankbarkeitsritual

Boxbreathing

Mittwoch

Abendtrunk

Nackt schlafen

Donnerstag

Abendmahlzeit

Tiefenmassage

Freitag

Yin Yoga

Strahlung reduzieren

Samstag

Omega-3-Fettsäuren und Niacin

Blaues Licht ausschalten

Sonntag

Infrarotlicht

Bildschirmfrei

Woche 4: das große Ganze

Montag

Speiseplan

Dienstag

Tagesplan

Mittwoch

Trainingsplan

Donnerstag

Supplement-Plan

Freitag

Langzeitplan

Samstag

Die Erde spüren

Sonntag

Abenteuer

Ein Wort zum Schluss

Danksankung

Verwendete und weiterführende Literatur

Autorenvorstellung

Sachverzeichnis

Impressum

Impressum

© Alicia Kassebohm |

Wie entsteht eine stille Entzündung?

Es gibt viele Ursachen, weshalb stille Entzündungen auftreten können. Aber wenn man ihre Auswirkungen erkennt, kann man bewusst dagegensteuern.

Das Immunsystem: eine Armee, viele Gesichter

Unser Immunsystem ist unglaublich komplex und nicht leicht zu verstehen. Daher stelle ich erst einmal alle Teammitglieder mit ihren Funktionen vor.

Entzündungen sind hilfreich und nützlich. Wenn wir uns in den Finger schneiden, sorgen die entzündlichen Prozesse und Signale dafür, dass wir nicht von fremden Bakterien überrannt und gefressen werden. So werden die Regenerations- und Reparationsprozesse des Körpers aktiviert. Ohne Entzündung keine Heilung und keine Verbesserung. Es konnte zum Beispiel gezeigt werden, dass die Einnahme von antientzündlichen Stoffen wie Ibuprofen nach dem Sport zwar dafür sorgt, dass man weniger Muskelkater hat, aber dadurch, dass die proentzündliche Prostaglandin-E2-Antwort unterdrückt wird, kommt es zu signifikant weniger Muskelwachstum. In geringerem Umfang gilt dies auch für andere antientzündliche Substanzen und Antioxidantien wie Vitamin C. Seinen Post-Work-out-Eiweißshake sollte man tatsächlich pur und nicht mit Beeren oder Greens genießen, sonst torpediert man eventuell seinen eigenen Fortschritt.

Akute Entzündungen entwickeln sich sehr schnell, haben meist einen heftigen Verlauf und verschwinden nach wenigen Tagen wieder. Subakute Entzündungen können unseren Körper auch mal ein paar Wochen beschäftigen, bevor sie schließlich abklingen. Verläuft eine Entzündung jedoch chronisch und stumm im Verborgenen, so wird sie zu einer massiven Bedrohung für den ganzen Körper. Nach Angaben der WHO, der Weltgesundheitsorganisation, ist die chronische stille Entzündung inzwischen die Todesursache Nummer 1 weltweit, da sich die meisten Zivilisationskrankheiten auf sie zurückführen lassen. Bevor wir aber dazu kommen, was eine stille Entzündung eigentlich ist und wo ihre Ursachen zu suchen sind, widmen wir uns erst mal den Akteuren in diesem Spiel: den Zellen und Botenstoffen des Immunsystems.

Täglich gibt es neue Erkenntnisse über das Immunsystem und seine Funktionen. In den letzten 50 Jahren hat es daher zahlreiche Paradigmenwechsel zu seiner Funktion gegeben. Auch wenn ich mich für dieses Buch an den neuesten Studien aus dem Jahre 2020 orientiert habe, kann es sein, dass sich, bis du diese Zeilen liest, bereits wieder ein paar Dinge geändert haben. Ich denke aber, die Grundbotschaft wird die Gleiche bleiben.

Darüber hinaus ist es mir wichtig, eine Brücke zwischen enorm komplexen Prozessen und einer möglichst guten Verständlichkeit zu finden. Ich werde daher einige Prozesse vereinfachen und Mitspieler, die für die chronische stille Entzündung weniger wichtig sind, weglassen.

Das Immunsystem befindet sich in unserem gesamten Körper. Manche Organe wie die Thymusdrüse und die Milz sind Organe des Immunsystems, andere sind ein großer Teil davon, wie zum Beispiel das Knochenmark und der Darm. Über das lymphatische System ist alles miteinander verbunden. Ziel des Immunsystems ist es, Eindringlinge (Pathogene) von außen zu finden und zu vernichten. Bakterien, mit denen wir in Symbiose leben, werden von unserem Körper nicht als fremd angesehen und somit auch nicht angriffen. Zumindest, wenn alles normal läuft.

Eine der großen Besonderheiten der Zellen des Immunsystems und aller immunologischen Reaktionen von Zellen ist, dass man sie nicht klar in die Bösen und die Guten einteilen kann. Fast alle Zellen und auch Botenstoffe können für den Körper gute Funktionen ausfüllen. Geraten sie jedoch aus dem Gleichgewicht, so kehren sich ihre hilfreichen Eigenschaften ins Gegenteil und können uns erheblich schaden.

Da es nicht ganz einfach ist, in diesem System durchzublicken, habe ich mir überlegt, wie man Bilder für diese »Welt« benutzen kann. Da fiel mir das Spiel ein, das meine Schwester so liebt: Live Action Role Playing. Ein- bis zweimal im Jahr finden hier sogenannte Großcons in Deutschland statt, an deren Ende Tausende von Menschen in zwei Gruppen aufgeteilt werden. So gehen sie dann aufeinander los, um möglichst den Sieg davonzutragen. Hierbei gibt es Späher, Rufer, Bogenschützen, Trolle, Elfen und Halblinge, Musikanten und Zauberer und nicht zuletzt die sogenannten Sprenggoblins. Letztere jagen sich mit einem Sprengstofffass selbst in die Luft, nur um möglichst viele Gegner mit sich in den Limbus (so was wie die Zwischenwelt zum Jenseits) zu reißen. Zur Orientierung dienen diverse Hilfen, dennoch gibt es auch mal Missverständnisse. Am Ende lässt sich aber meistens ein Sieger ermitteln. Da das Immunsystem mit seinen Unmengen an Funktionen, Zellklassen und Typen, verschiedenen Sprachen, Waffen und Subspezialisierungen, mich sehr an dieses Fantasy-Heer erinnert, werde ich im Folgenden ein etwas chaotisches Heer einer fantastischen Welt als Analogie nutzen.

Die Teammitglieder

Das Immunsystem besteht aus einer angeborenen Abwehr und einer erworbenen. Sie sind zwar eng miteinander verwoben, doch ihre Aufgaben sind verschieden.

Das Bollwerk – angeborenes Immunsystem

Die Antwort des angeborenen Systems erfolgt sofort, allerdings nicht besonders gezielt. Die meisten Zellen sind ortsgebundene Wächter, auch wenn es ihnen möglich ist, bei Bedarf in Gewebe einzuwandern.

Basophile/Eosinophile/Neutrophile Die ersten beiden Klassen sind vor allem an allergischen Reaktionen und an der Abwehr von Parasiten beteiligt. Die Neutrophilen hingegen sind die schnellsten Zellen des Immunsystems mit der brutalsten Abwehrstrategie. Was von ihnen als fremd erkannt wird, wird zerstört. Gleichzeitig schütten sie eine ganze Reihe von Faktoren aus, die den Entzündungsprozess einleiten. Diese Neutrophilen sind die Orks: schnell, gemein, stark, effektiv, aber nur mäßig schlau.

Natürliche Killerzellen Das sind die dummen starken Bergtrolle in der Mannschaft. Sie greifen alles an, was fremd oder ungewohnt aussieht. Dies können Bakterien, Viren oder auch Tumorzellen, unglücklicherweise aber auch zum Beispiel leicht veränderte körpereigene Zellen oder Spermazellen sein. Sie brauchen keinen Außenreiz, kein Signal und keine Anweisung, um dies zu tun. Dadurch sind sie allerdings auch etwas schwierig zu steuern.

Monozyten/Makrophagen Monozyten und Makrophagen sind im Prinzip das Gleiche. Als Monozyten sind sie frei im Blut unterwegs, sobald sie sich jedoch in einem Gewebe niederlassen, entwickeln sie sich weiter zu den unbeweglichen, großen und etwas trägen Makrophagen. Bei den Makrophagen gibt es solche, die sauber und fair kämpfen, Angriffe abblocken und dann in ihre Ruheposition zurückkehren. Es gibt aber auch solche, die mal in den Berserkermodus verfallen und durch ihre Aggression Schwierigkeiten haben, Freund von Feind zu unterscheiden. Sie lassen sich nur schwer wieder beruhigen. Vor allem die Makrophagen haben daher eine große Rolle in der Entwicklung chronisch stiller Entzündungen. Nicht alle, aber einige der Monozyten machen einen Abstecher in den Thymus für eine gezieltere und spezifischere Ausbildung. Die Makrophagen sind die Waldtrolle der Armee. Deutlich klüger als ihre Bergverwandten, aber immer noch im mit Vorsicht zu genießen.

Dendritische Zellen Diese Fresszellen helfen den beweglichen und spezialisierten Truppen bei der Strategieentwicklung. Sie erkennen den Krankheitserreger, fressen ihn und präsentieren seine Strukturen nach außen. Diese Info kann dann von den Spezialisten, den T-Helferzellen, aufgenommen und an die B-Zellen weitergegeben werden. Diese Gruppe der Trolle der Ebenen ist wesentlich klüger und arbeitet gezielter als ihre Artgenossen.

Mastzellen Sie bewegen sich nicht im Blut, sondern sind an bestimmte Gewebe gebunden. Diese unbeweglichen Späher sind wehrlos, machen aber unglaublich viel Geschrei und zünden die Signalfeuer an, wenn ein Gegner sie attackiert. Das bedeutet, sie schütten reichlich Histamin aus und können ihr Heimatgewebe mit der ausgelösten Entzündungsreaktion erst mal lahmlegen. Sie sind vor allem in der Haut und Schleimhaut zu finden. Die Mastzellen sind die Signalzauberer in unserer Geschichte.

Wer die Teammitglieder des Immunsystems noch besser kennenlernen möchte, kann in das Wimmelbild auf der nächsten Seite tiefer einsteigen und auf Entdeckungsreise gehen.

Strategen, Spezialisten und Magier – erworbenes Immunsystem

Seine Antwort erfolgt wesentlich gezielter und strategischer, es braucht aber etwas länger für den Aufbau.

B-Lymphozyten Bis es zum Angriff kommt, warten die B-Zellen in den Lymphknoten (Kasernen). Hier werden sie aktiviert, sobald ihr Einsatz nötig wird. B-Zellen produzieren zunächst ausschließlich IgM-Antikörper. Je nachdem, welche Infos sie von den T-Helferzellen bekommen haben, passen sie ihre Strategie zunehmend an, bis diese genau zum vorhandenen Gegner passt. Docken die IgM-Antikörper an, so registriert das die B-Zelle und beginnt nun mit der Expression von IgG-Antikörper. Sie ist zu einer reifen Plasmazelle geworden. Einige B-Zellen werden nach Ende der Schlacht zu Gedächtniszellen und tragen die strategischen Infos weiter, bis sie eventuell wieder gebraucht werden. Sie sind damit der entscheidende Faktor für Immunität. Aktivierte und reife B-Zellen werden im lymphatischen System durch den Körper transportiert. Es gibt zwei Sorten Plasmazellen. Die langlebigeren und die kurzlebigeren. Die mit der kurzen Lebensspanne wandern an die Orte im Gewebe, wo ein Entzündungsgeschehen herrscht, angelockt durch die Signalstoffe der anderen Immunzellen. Die langlebigeren Plasmazellen gehen zurück an den Ort ihres Ursprungs: ins Knochenmark. Von hier aus geben sie konstant die spezifischen Antikörper ins Blut ab. Diese verteilen sich im gesamten Körper, um die Feinde ins helle Licht zu tauchen und damit für die Fresszellen sichtbar zu machen. Die B-Lymphozyten sind die Kampfmagier. Ihre Such- und Zerstörungszauber sind präzise und tödlich.

T-Lymphozyten Sie sind für fast alles zu gebrauchen: als Strategen (Helferzellen), tödliche Kämpfer (T-Killerzellen) und Schlichter (T-Regulatorzellen). So richtig zu Hause fühlen sich die T-Zellen aber in enger Zusammenarbeit mit den B-Lymphozyten. Unter den T-Zellen gibt es jene, die eher strategisch und beruhigend aus der Abwehr eingreifen und dafür sorgen, dass die Waldtrolle nicht völlig durchdrehen (regulatorische T-Zellen). Des Weiteren gibt es die Halblinge (T-Helferzellen), bei denen es Späher gibt (TH2-System) und solche, die die Kommunikation zwischen den Zellen organisieren (TH1-System). Gebildet werden die T-Zellen als T-Vorläuferzellen. Bevor man diese in den Kampf schicken kann, müssen sie erstmal ins Trainingslager im Thymus. Hier lernen sie alles darüber, wer Feind und wer Freund ist und welche Taktiken sinnvoll in welcher Situation anzuwenden sind. Außerdem wird ihre Spezialisierung ermittelt und sie werden Killer- (CD8-Zellen) oder Helferzellen (CD4-Zellen). Auch die T-Helferzellen werden, sobald sie ihre Ausbildung im Thymus hinter sich haben, im lymphatischen System zu ihren Einsatzorten gebracht. In unserer Geschichte sind die Killer- und Regulatorzellen die Elfen, die Helferzellen sind die Halblinge.

Wie in jedem guten Heer wird die Schlacht nur dann gewonnen, wenn alle eng zusammenarbeiten und viel kommunizieren. Dringt also ein Pathogen in den Körper ein, so erfolgt der erste Angriff über Zellen aus den Wächtertruppen. Sind diese erfolgreich, so erledigen sie den Angreifer und präsentieren dann unverwechselbare Teile auf ihrer Außenhülle. So wird ein wichtiges Erkennungsmerkmal des Gegners an die restlichen Truppen weitergegeben.

Anhand dieser präsentierten Struktur können die T-Lymphozyten nun strategisch genauer angreifen oder die Information über die T-Helferzellen an die B-Zellen weitergeben, welche dann präzise und absolut genau reagieren, indem sie spezifische Antikörper produzieren. Einige der B-Zellen merken sich Aussehen und Strategie des Gegners für einen langen Zeitraum, manchmal sogar für immer, sodass sie beim nächsten Angriff sofort reagieren können und den schnellen Sieg davontragen.

Die jeweils nächste Reihe kommt allerdings immer nur dann zum Einsatz, wenn Teile des gegnerischen Heers durchbrechen konnten.

Ersatztruppen und Baumeister

Viele der Strukturzellen des Körpers sind in der Lage, selbst Entzündungsmediatoren auszuschütten und sich damit Hilfe zu holen. Einige, wie die Fibroblasten, werden zudem durch bestimmte Botenstoffe der Entzündung zum Einströmen angeregt, um mit Reparaturprozessen zu beginnen.

Fibroblasten Diese Zellen gehören zum Bindegewebe. Sie führen vor allem Reparaturen durch, wenn es nicht gelingt, die ursprüngliche Struktur wiederherzustellen.

Endotheliale Zellen Sie umkleiden alle Gefäße. Inzwischen weiß man, dass ihre Reaktionen auf Entzündung der entscheidende Faktor für die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind.

Epitheliale Zellen Dies sind die Zellen der Schleimhäute. Sowohl im Darm als auch sonst wo. Da sie sehr viel Kontakt zur Außenwelt haben, haben sie besonders viele Verteidigungsmechanismen und Möglichkeiten, nach Hilfe zu rufen. Zu ihnen gehört auch das IgA, ein Antikörpersystem, das nur für die Schleimhäute da ist. In ihrer unmittelbaren Nähe befinden sich meist größere Ansammlungen von Sturmtruppen in Wächterposition. Zudem können sie sich selbst verteidigen, indem sie reichlich Schleim produzieren, um den Gegner wegzuspülen. Etwas, das vom Besitzer der Zellen meist weniger geschätzt wird.

Adipozyten Entgegen dem, was man früher dachte, sind die Fettzellen, zu denen die Adipozyten zählen, mitnichten stille Energiespeicher. Sie spielen eine große Rolle bei der Generierung von Entzündungen, als auch dabei, diese am Leben zu erhalten. Fettzellen sind in der Lage, über 80 verschiedene Hormone und Botenstoffe zur Modulation des Immunsystems zu produzieren. Da sie sehr vulnerabel sind, fühlen sie sich schnell »belästigt« und geben dann Entzündungsstoffe ab. Mehr hierzu im Kapitel ▶ »Entzündungsfördernde Lebensstil-Faktoren«.

Myozyten Auch die Muskelzelle ist nicht nur ein stummer Arbeiter, sondern macht mit Signalstoffen auf Probleme, Überarbeitung und nötige Reparaturen auf sich aufmerksam. Zudem regen bestimmte Signalstoffe den Körper zu einer erhöhten Energieausbeute und Produktion an. Die von ihnen produzierten Myokine haben ebenfalls einen großen Anteil an Balance und Wohlbefinden. Auch hierzu mehr im Kapitel ▶ »Entzündungsfördernde Lebensstil-Faktoren«.

Das »magische« Arsenal

Komplementsystem Es komplettiert bzw. unterstützt unser Immunsystem. Entgegen dem, was man früher glaubte, gehört das Komplementsystem zum angeborenen Immunsystem und dient der direkten Abwehr von Mikroorganismen. Es besteht aus 30 verschiedenen Proteinen, die im Plasma unterwegs sind und zu einem kleineren Teil auch zellgebunden vorkommen. Sie werden überwiegend in der Leber produziert, in geringeren Mengen aber auch von Fibroblasten, Makrophagen und Lymphozyten. Man kann sich die Proteine des Komplementsystems ein bisschen wie die Leuchtfeuerrakete des Körpers vorstellen. Finden sie einen »Feind«, so rufen sie Unmengen ihrer Freunde, die dann das Ziel komplett überziehen, um es so für die Fresszellen des Körpers sichtbar zu machen. Gleichzeitig schütten sie Lockstoffe aus, die das Ziel als besonders »lecker« erscheinen lassen. Dieser Prozess des Findens, Andockens und Markierens läuft in einer bestimmten Reihenfolge ab. Es gibt hierbei den klassischen Weg und einen alternativen Weg.

Der als klassischer Weg bezeichnete Vorgang führt zu einem Andocken an einen Antigen-Antikörper-Komplex von IgM oder IgG. Besonders relevant ist dieser Weg, der Mannose-bindendes Lektin benötigt, bei bestimmten Bakterien und Candida-Hefen. Es gibt Gendefekte, die dazu führen, dass kaum Mannose-bindendes Lektin gebildet wird, wodurch dieser Weg stark beeinträchtigt wird.

Beim alternativen Weg finden das Andocken und die Zerstörung der Feindzelle unabhängig von Antikörpern statt. Der Auslöser sind hier bakterielle Endotoxine. Dieser Weg ist zum Beispiel für die Jarisch-Herxheimer-Reaktion verantwortlich, wenn durch das massenhafte Absterben pathologischer Keime im Darm unter einer (antibiotischen, phytotherapeutischen oder ernährungsmedizinischen) Behandlung große Mengen bakterieller Endotoxine frei werden. Jedoch besonders aktiviert wird dieser Weg nämlich durch die Lipopolysaccharide gramnegativer Bakterien, wie zum Beispiel Escherichia Coli und den Zellwandbestandteilen von Hefepilzen. Da man zunächst dachte, dass das Komplementsystem zum erworbenen Immunsystem gehört, wurde die Reaktion auf den Antikörper-Antigen-Komplex als klassische Reaktion benannt. Inzwischen weiß man, dass das Komplementsystem zum angeborenen Immunsystem gehört und daher der alternative Weg eigentlich der klassische ist.

Warum ist das wichtig? Wenn ich eine Verminderung von Entzündungsprozessen erreichen will, muss ich herausfinden, an welcher Stelle das Immunsystem überaktiv ist, um dies regulieren zu können. Für das erworbene und das angeborene Immunsystem gibt es hier unterschiedliche Maßnahmen.

Unabhängig vom Anlocken der Fresszellen können die Proteine des Komplementsystems auch selbst einen Angriffskomplex bilden, der Löcher in die Membran der Zielzelle macht und schließlich zu ihrer Zerstörung führt.

Man kann sie sich ein bisschen wie eine riesige Menge magischer Vögel vorstellen, die sich laut krächzend auf den Feind setzt, aber wenn sich die Gelegenheit bietet, ihn auch tödlich verletzen kann.

Eine letzte, aber für immer mehr Menschen recht entscheidende Funktion ist die Mastzellaktivierung durch das Komplementsystem. Hiernach wird eine große Menge an Entzündungsfaktoren durch die Mastzellen ausgeschüttet, zum Beispiel Histamin und Serotonin. Eine Überregulation dieses Mechanismus ist wahrscheinlich eine der Ursachen für chronische Mastzellaktivierungen, die einen Anteil an chronischen Entzündungen haben können.

Die Proteine des Komplementsystems, die man auch Zymogene nennt, kommen überall in unserem Körper vor. Solange sich keine Mikroorganismen zeigen, führen sie ein friedliches Leben. Kommt es jedoch zu Störungen und sie werden unnatürlich aufgeregt und aggressiv, können sie durch ihre stark zellschädigenden Eigenschaften erheblichen Schaden anrichten.

Interleukine und Zytokine Interleukine und Zytokine sind die Signalzauber und Leuchtfeuer, die die Truppen überall loslassen, sobald ein Gegner auftaucht. Sie rufen damit um Hilfe und lösen Prozesse aus, die bei der Verteidigung unterstützen sollen. Es gibt unzählige von ihnen in allen Farben und Formen. Ein paar spezielle möchte ich jedoch genauer beschreiben, da sie besonders wichtige Rollen spielen.

Interleukin-6 Dieses Interleukin ist einer der stärksten Entzündungsmediatoren. Es macht ein extrem helles Licht, das stark genug sein kann, dass es selbst Zerstörung verursacht. Erreicht Interleukin-6 die Leber, so sorgt es für einige der unschönen Begleiterscheinungen von Entzündung. Es verdickt das Blut, regt die Zerstörung roter Blutzellen an, vermindert die Produktion von Eiweiß (Albumin) und regt zur Produktion von CRP als weiterem Entzündungssignalstoff an. Es erhöht stark die T-Zellaktivität. Dies wird bei chronischer Entzündung dann schnell zum Problem, da diese sich bei Langeweile irgendwann gegen den eigenen Körper richten. Das Gleiche kann auch für die B-Zellen gelten.

Interleukin-1 Es sorgt dafür, dass die Truppen den Weg durch die Straßen schneller finden und auf die Wälle kommen. Außerdem gibt es das Signal, vermehrt andere Signalzauber wie TNF-Alpha zu aktivieren. Es ist auch eines der Signale, um die Baumeister heranzurufen und zu zügiger, aber nicht immer 100 % sauberer Arbeit anzuregen. In unserem Körper bedeutet das, der Schaden verheilt, es entsteht jedoch eine Narbe. Die Kriegertruppen reagieren auf Interleukin-1 mit vermehrter Kampfeslust. Es ist damit ein mächtiger Entzündungsunterstützer.

TNF-Alpha Das ist vor allem ein »Signalzauber« der Trolle. Es ruft nach mehr Truppen, indem es kleine Leuchtfeuer entzündet, das heißt, der Körper bekommt Fieber. Seine Besonderheit ist aber, dass es so furchteinflößend aussehen kann, dass die Gegner vor Schreck erstarren. Im Körper induziert es die Apoptose, den kontrollierten Zelltod. Erhöhte TNF-Alpha-Spiegel führen zu einer permanenten Aktivierung der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse und verursachen im Körper chronischen Stress. Zudem macht es die Zellen des Körpers insulinresistent.

Alle Interleukine und Zytokine sind an der Entwicklung von Erschöpfung und Konzentrationsstörungen und dem Bedürfnis, sich auszuruhen und zu schonen, beteiligt. Dazu kommen wir aber später noch genauer.

Wappen von Feind und Freund

MHC-Komplex Leider gibt es unter den Gegnern des Immunsystems auch Gestaltwandler und Dämonen, die Besitz von den Stadtbewohnern ergreifen können. Daher müssen diese immer einen Ausweis bei sich tragen, auf dem eine geheime Parole aufgedruckt ist, die nur die Stadtbewohner kennen und die absolut geheim gehalten wird. Dies ist der MHC-Komplex, der von allen zellkerntragenden Zellen des menschlichen Körpers ausgebildet wird. Es können MHC-I- und -II-Komplexe gebildet werden. MHC-I ist der Passierschein der Zellen, der sie als körpereigen darstellt. Wann immer sie eine Killerzelle treffen, zeigen sie ihren Ausweis vor und dürfen dann unbeeinträchtigt passieren. Nach Gebrauch muss der Ausweis »neu gedruckt« werden. Stimmt etwas mit den Zellen nicht, ist sie zum Beispiel von einem Virus (Dämon) befallen, so weiß dieser die Parole nicht oder der neue Ausweis sieht verdächtig aus. Trifft er auf eine Killerzelle, so macht diese kurzen Prozess und exekutiert Dämon samt Wirt.