Das avocadogrüne Känguru - René Sommer - E-Book

Das avocadogrüne Känguru E-Book

René Sommer

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Beschreibung

Wäre der Beutel des Kängurus mit Freiheiten des lichten Gedankenspiels, augenscheinlicher Unverbindlichkeiten und dem Recht auch unverstanden zu bleiben gefüllt, entstände ein allgemeines Verständnis fürs Vorwärtsgehen in smarten Sprüngen und dem unaufhörlichen Versuch die zweifelsfrei verbindlichen Möglichkeiten der Schwerkraft neugierig zu erforschen. René Sommers literarisches Spiel lässt mit suchenden Antworten und ausgefallenen Einfällen einen prickelnd leichtfüssigen oder beinah unmerklichen Wechsel zwischen einzelnen und gemeinsamen Perspektiven zu. Unbestechlich frönen unzählig auftretende Figuren kommunikativen Momenten wie Zeit haben, Zuhören, individuellem Verlangen und unverstellten Anregungen zur Eigengestaltung. Ob etwas gelungen, fragwürdig oder gewünscht möglich wird, hängt stets vom Einfallsreichtum, der Überwindung des Widersprüchlichen und dem gerade gemeinsam Möglichen ab. Man bekommt eine Ahnung vom Reichtum an Geschichten, die in Wörtern und im Beutel des avocadogrünen Kängurus schlummern.

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Zuletzt erschienen (edition jeu-littéraire):

Das Popcorn und die Vögel. Kurzgeschichten. ISBN: 978-3-7448-6475-6

Woanderswoher. Roman. ISBN: 978-3-7460-8082-6

Das Mädchen mit rotem Hut. Kurzgeschichten. ISBN: 978-3-7528-1413-2

Play Huch. Gedichte. ISBN: 978-3-7528-2037-9

Inhalt

Verborgene Himbeeren

Die Prinzessin und das Genie

Die Goldidee

Unter 4 Augen

Das Suchteam

Der Baum ist ein Bruder

Schneewittchen und der Tiger

Die Hütte in der Wiese

Lesen überrascht

Die Stille am See

Die Linie auf der Straße

Treffpunkt Bootssteg

Das erste Mal

Der Lochfels

Das avocadogrüne Känguru

Unterwegs

Die kleine Bäckerei

Seide für einen Schal

Ein Glas Milch

Der Frosch würde gern Chopin hören

Der Festwagen hält beim Riesenrad

Der Honigbach

Alles im Schrank

Bis zum Ende des Wegs

Jeder malt anders

Verborgene Himbeeren

Spiegelglatt liegt der See da. Die Wolken zerfasern, lösen sich auf. Die Sonne scheint. Johann Sebastian Huch betrachtet den üppig bewaldeten Bergrücken, der sich über dem türkisfarbenen Wasser erhebt. Der Sand schimmert milchkaffeebraun. Die Steine sind von den Wellen rundgeschliffen.

Ein Schild verheißt.

- Erlaube, dass wir dich verzaubern!

Huch nähert sich einem riesigen Strandhaus mit geschnitzten Fensterläden.

Eine Frau empfängt ihn mit freundlichem Blick.

- Hallo, ich bin Anne Wilkens.

Sie hat lange blonde Haare.

- Bist du ein Vogelbeobachter?

Er winkt ab.

- Ich schaue mir alles an.

Anne legt ihre Hand auf seine Schulter.

- Was ist dein Lieblingsdessert?

Ein Lächeln huscht über sein Gesicht.

- Waldhimbeeren, frisch vom Strauch und sonnenwarm.

Sie wickelt sich spielerisch eine Haarsträhne um die Finger.

- Die sind nicht überall zu finden.

Huch schlägt die Augen nieder.

- Ich werde mal den Strand entlang gehen.

Die Wellen schwappen träge über den Sand.

Anne hakt sich bei ihm ein.

- Ich begleite dich. Vielleicht sollten wir in den Wald abzweigen. Dort könnte hinter jedem Baum eine Himbeere auf uns warten.

Huch lässt den Blick schweifen.

- Wie lange dauert es, von hier in den Wald zu gehen?

Sie stellt sich auf die Zehenspitzen.

- Wir sind gleich da.

Er nickt aufmunternd.

- Zeig mir den Weg.

Anne führt ihn zu den Felsen.

- Es macht Spaß, auf den Berg zu steigen.

Aus einer Schlucht rieselt ein schmaler Bach in den See.

Das Ufer ist von Weiden gesäumt.

Anne und Huch klettern die Serpentinen hoch, gelangen in einen lichtdurchfluteten Wald.

Ein Mann lehnt gegen einen Baum.

- Hallo, ich bin Charly Nelson.

Er trägt ein Hemd und eine Krawatte, hat einen eingerollten Teppich.

- Seid ihr Freunde?

Anne schiebt Mittelfinger und Ringfinger zusammen.

- Wir haben uns am Strand getroffen.

Nelson tippt mit dem Zeigefinger an den Teppich.

- Ich würde ihn dir gern schenken.

Sie streckt den Arm aus.

- Das ist kein Problem. Ich nehme ihn.

Er überreicht ihr den Teppich.

- Ich gebe ihn nicht gern her. Er fehlt mir schon jetzt.

Huch spitzt die Lippen.

- Dann behalt ihn doch.

Nelson senkt die Augen.

- Nein, ich möchte ihn lieber hergeben als behalten.

Anne wiegt die Teppichrolle.

- Er ist federleicht. Ich habe schon schwerere Teppiche getragen. Komm mit uns. Dann kannst du ihn jederzeit zurückhaben.

Nelson erkundigt sich.

- Wohin geht ihr?

Ein leichtes Lächeln umspielt Huchs Mund.

- Wir sehen uns nach Waldhimbeeren um.

Sie kommen vor eine alte Scheune.

Eine Frau öffnet das Tor, rennt heraus.

- Hallo, ich bin Ina Larini.

Sie ist barfuß und trägt ein langes Kleid. Die Puffärmel haben die Ausmaße eines Volleyballs.

- Ich bin daran, die Scheune wohnlich einzurichten. Darf ich euch meine Tapete zeigen?

Anne tänzelt wie eine Feder vorneweg.

- Ja gern, ich habe noch nie in einer Scheune gelebt.

Nelson folgt ihr, betrachtet den Lehmboden und die aquamarinblaue Tapete.

- Bei dir ist alles in Ordnung.

Ina rümpft die Nase.

- Der Boden ist ein bisschen kühl.

Anne senkt den Kopf.

- Darf ich den Teppich ausrollen?

Ina legt ihr eine Hand auf den Rücken.

- Du rettest mich.

Anne breitet ihn aus.

- Ich denke, es ist Zeit, den Teppich zu brauchen.

Ina stellt sich darauf.

- Ich habe warme Füße.

Ihr Blick wandert von Nelson über Huch zu Anne.

- Wer hat gern Waldhimbeeren?

Anne weist auf Huch.

- Er.

Ina steuert den Blick zu Huch.

- Du gefällst mir. Ich habe auch gern Waldhimbeeren.

Nelson lacht.

- Ich mache gern Scherze mit dem Teppich.

Sie richtet die Augen auf ihn.

- Was für Scherze?

Er bückt sich, packt den Saum des Teppichs mit beiden Händen.

- Ich könnte dir den Teppich unter den Füßen wegziehen.

Ina hebt vom Boden ab, schwebt 10 Zentimeter über dem Boden.

- Ist gut. Konzentrieren wir uns auf diese Sache.

Anne faltet leicht die Stirn.

- Ich kann leider nicht fliegen.

Ina klimpert mit den Wimpern.

- Das macht fast gar nichts. Du stehst ja neben dem Teppich.

Nelson presst den Mund zu einem Strich zusammen.

- Wie lange kannst du in der Luft bleiben?

Sie richtet die Fußspitzen leicht nach innen.

- Bis du den Teppich weggezogen hast.

Er lässt den Saum los.

- Das mache ich doch gar nicht. Ich liebe dich.

Ina dreht die Fußspitzen nach außen und landet.

- Wir könnten gemeinsam das große Scheunentor anmalen.

Ein Mann stolpert in die Scheune.

- Hallo, ich bin Marco Kamp.

Er trägt eine helle Hose, bringt 5 Pinsel und einen Kübel mit türkisgrüner Farbe.

- Es macht mehr Spaß, ein Tor zu öffnen, wenn es farbig ist.

Anne nimmt einen Pinsel.

- Ich glaube, wir sollten unverzüglich beginnen.

Nelson läuft zum Kübel.

- Ich bin dabei.

Ina klatscht aus Leibeskräften.

- Danke für eure spontane Bereitschaft!

Kamp wirft Huch einen Blick zu.

- Brauchst du auch einen Pinsel?

Er verlässt die Scheune.

- Im Moment nicht.

Anne folgt ihm mit den Augen nach.

- Was hast du vor?

Er geht in den lichtdurchfluteten Wald.

- Einige malen ein Tor an, manche suchen Waldhimbeeren.

Nelson weist mit dem Kopf auf den Farbkübel.

- Ich mag das Malen wirklich.

Ina lehnt sich gegen die Wand.

- Willst du einen Schlüssel?

Huch stellt sich auf ein Bein.

- Was für einen Schlüssel?

Sie deutet auf das Tor.

- Für die Scheune. Dann hast du einen Schlüssel und gehörst zu unserer Gemeinschaft.

Er wiegt den Kopf hin und her.

- Ich überlege es mir in aller Ruhe.

Kamp führt mit der Hand einen Pinsel übers Tor.

- Geh nicht zu weit und lass bald von dir hören.

Huch streift durch den Wald, hört die Vögel singen. Das Licht schimmert ahorngrün unter den Wipfeln.

Eine Frau bummelt mit schlenkernden Hüften.

- Hallo, ich bin Mariam Marconi.

Sie trägt eine farngrüne Jacke und bringt eine Streichholzschachtel.

- Wie viele Himbeeren hast du gefunden?

Er blinzelt verschmitzt.

- Ich habe keine gefunden.

Mariam öffnet die Schachtel.

- Da ist eine für dich drin.

Huch klaubt sie heraus.

- Vielen Dank!

Sie richtet den Blick auf seinen Mund.

- Wie schmeckt sie?

Er lässt die Beere auf der Zunge zergehen.

- Es ist nicht einfach, ein Wort dafür zu finden.

Mariam schließt die Zündholzschachtel.

- Ich wünschte, ich hätte mehr Himbeeren.

Ein Mann durschreitet den Wald mit festem, schnellem Schritt.

- Hallo, ich bin Konrad Palm.

Er trägt enge Hosen und bringt einen kleinen Korb voll Waldhimbeeren.

- Habt ihr Lust?

Mariam greift zu.

- Ich denke, dass ich nicht widerstehen kann.

Palm bietet Huch den Korb an.

- Nehmt alle. Sie sind nicht lang haltbar.

Huch streckt lächelnd den Kopf weit vor.

- Ich möchte gern die Sträucher sehen, von denen du sie gepflückt hast.

Die Prinzessin und das Genie

Ein taubenfarbener Schimmer liegt über dem weiten Lavendelhang. Huch kommt einen Feldweg entlang, findet eine Landstraße. Sie hat tiefe Rillen und Schlaglöcher. Hinter einer Biegung umspielt warmes Sonnenlicht ein rostiges Straßenschild mit der Aufschrift.

- Triff eine Prinzessin.

Huch schaut sich großäugig um.

- Seltsame Schilder hat das Land.

Die Landstraße führt in eine Bucht hinunter, zieht sich dem Ufer entlang.

Eine Frau steht im Sand.

- Hallo, ich bin Leyla Masnada.

Sie hat eine Krone im Haar.

- Kannst du eine Espressotasse entwerfen?

Huch schiebt den Strohhut mit einer trägen Bewegung in den Nacken.

- Hast du eine Idee, wie sie aussehen soll?

Leyla spitzt kurz die Lippen.

- Ja, sie soll 2 Flügel bekommen.

Er geht zu ihr.

- Ich kann sie in den Sand malen.

Sie blickt ihn ermunternd an.

- Es wird oft gesagt, dass ein Künstler kein Papier braucht.

Huch kauert und zeichnet mit dem Finger eine Tasse mit 2 Flügeln.

- Ich mache nur den Entwurf.

Leyla bricht in lautes Lachen aus.

- Was für eine unglaubliche Espressotasse!

Ein Mann kommt mit resolutem Schritt.

- Hallo, ich bin Leonhard Crook.

Er trägt eine Fransenjacke und hält ein Silbertablett hoch.

- Die Luft riecht schon nach Kaffee.

Eine Espressotasse fliegt heran, schlägt mit den Flügeln und landet auf dem Tablett.

Leyla ergreift sie.

- Ich habe Kaffee gern.

Crook blickt auf den See hinaus.

- Es gefällt mir, am Strand zu sein.

Sie streichelt über Huchs Arm.

- Wir sollten uns auf eine Bank setzen und gemeinsam den Espresso genießen.

Huch setzt ein Lächeln auf.

- Ich stehe gern.

Eine Frau und ein Mann bringen eine Bank an den Strand.

Die Frau geht vorn.

- Hallo, ich bin Nike Apfelberg.

Sie trägt dunkle Halbschuhe.

- Wo kommt die Bank hin?

Leyla nimmt einen Schluck Kaffee.

- Es gibt viele schöne Orte am Ufer.

Der Mann stellt die Bank ab.

- Hallo, ich bin Enno Jerry.

Er trägt ein ameisenschwarzes Leibchen.

- Wir könnten diesen Platz mal testen, wenn es euch recht ist.

Crook setzt sich aufrecht auf die Bank.

- Das machen wir.

Sein Blick wandert zu Nike.

- Setz dich neben mich.

Sie nimmt Platz.

- Hast du es gemerkt? Dies ist eine super Bank. Das Holz wird nie verwittern.

Crook schnuppert an der Lehne, dreht verträumt den Kopf.

- Ich bin beeindruckt.

Er schiebt die Oberlippe leicht vor.

- Willst du mich küssen?

Nike lächelt verschmitzt.

- Uns fehlt etwas.

Crook zuckt etwas ratlos die Schulter.

- Was denn?

Sie entblößt beim Lächeln die obere Zahnreihe.

- Ich hätte gern eine Zigarrenkiste.

Jerry schiebt sich zwischen Nike und Crook.

- Wir brauchen eben den Kontakt zu verschiedenen Sachen aus Holz.

Leyla setzt sich neben Nike.

- Ehrlich gesagt, ich finde Zigarrenkisten interessant.

Crook fasst sich ans Herz.

- Ich auch! Überhaupt müssten wir das Holz viel mehr schätzen.

Eine Frau läuft in hurtigen Sprüngen über den Strand.

- Hallo, ich bin Ruby Gala.

Sie trägt helle Strümpfe, bringt eine leere Zigarrenkiste und einen goldgelben Stift.

- Ich bringe, was ihr wahrscheinlich braucht.

Nike springt auf.

- Ja, so eine Kiste haben wir uns gewünscht.

Sie nimmt sie Ruby aus der Hand.

- Wir möchten damit etwas Neues ausprobieren.

Leyla stellt sich neben sie.

- Das ist eine ungeheuer inspirierende Zigarrenkiste.

Crooks Augen leuchten.

- Ich finde sie vielversprechend.

Jerry hält den Kopf vorgestreckt.

- Wir könnten sie mit dem Stift verschönern.

Rubys Augen blicken umher.

- Wem darf ich den Stift geben?

Leyla ergreift den Stift und drückt ihn Huch in die Hand.

- Zeichne etwas!

Er atmet durch.

- Wir sollten versuchen herauszufinden, was die Kiste verschönert.

Crook spricht mit ausladenden Gesten.

- Male Goldmünzen!

Eine goldene Münze rollt über den Strand, glänzt in der Sonne.

Crook rennt ihr nach.

- Ich dachte schon, solche Münzen würde es nur in Schatzkisten geben.

Nike klopft Huch auf die Schulter.

- Wie wäre es mit einem Wecker mit 2 Glocken?

Ein Wecker schrillt aus der Tiefe der Bucht.

Nike gibt ihm die Zigarrenkiste, läuft davon.

- Hoffentlich komme ich nicht zu spät.

Jerry blinkert mit den Augen.

- Mir würde ein Velo gefallen.

Ein goldenes Fahrrad taucht aus den Wellen auf.

Jerry holt es aus dem Wasser, schwingt sich in den Sattel.

- Es ist nur natürlich, dass ich in die Pedalen trete.

Er radelt davon.

Ruby hat dafür nur ein Kopfschütteln übrig.

- Treffen wir keine übereilten Entscheidungen.

Sie legt sich auf die Bank.

- Ich schlafe eine Runde.

Leyla schaut Huch an.

- Kannst du eine Sonne malen?

Er zeichnet einen Kreis und ein paar Striche als Strahlen.

- Ich denke, die Sonne passt zur Kiste.

Sie krümmt Daumen und Zeigefinger zu einem Kreis.

- Das wird schön.

Ein Lächeln legt sich auf sein Gesicht.

- Danke. Darf ich dir den Stift und die Kiste zurückgeben?

Leyla legt ihn in die Zigarrenkiste.

- Du bist ein guter Künstler. Niemand außer dir zeichnet so die Sonne.

Huch macht eine große ausladende Handbewegung.

- Alle Menschen können einen Kreis und Striche zeichnen.

Sie sieht sich um.

- Wir sollten in die Stadt gehen und die Kiste ins Kunsthaus bringen.

Er entdeckt am Ende der Bucht einen Weg, der sich durch die Felsen in die Höhe schlängelt.

- Steigen wir dort hinauf?

Leyla kneift die Augen zusammen und schaut.

- Dieser Weg führt sicher in die Stadt.

Huch versucht, sie mit neugierigen Blicken zu erforschen.

- Woher weißt du das?

Sie hält mit gerecktem Hals Ausschau.

- Ich vertraue eben meinen Instinkten.

Kehre um Kehre gewinnen sie Höhe, erreichen eine Straße. Sträucher, Brombeeranken und Bäume überwuchern den Straßenrand und die anschließenden Brachen.

Huch wendet den Blick von der Straße.

- Viele Pflanzen finden hier Platz.

Leyla streckt das Kinn nach vorn.

- Ich mag es, wenn es wild ist.

Er sieht weiter vorn Häuserstümpfe.

- Dort könnte die Stadt beginnen.

Leyla geht zu den dunklen, fensterlosen Fassaden.

- In diesen Gebäuden könnte ich mich nicht sofort einleben.

Huchs Augen wandern im Kreis.

- Wir brauchen etwas Zeit, um das Kunsthaus zu finden.

Ein Park verwildert um ein großes Haus herum.

Ein Mann öffnet das Tor.

- Hallo, ich bin Amir Small.

Er trägt eine Brille mit perlweißem Gestell.

- Normalerweise ist das Kunsthaus geschlossen. Aber extra für euch mache ich die Tür auf.

Ein Schmunzeln gräbt sich in Leylas Wangen.

- Wir sind angenehm überrascht.

Small faltet die Hände vor der Brust.

- Ich bin stolz, dass ihr unser Kunsthaus ausgewählt habt.

Er führt sie vor den Treppenaufgang zu einer Halle.

- Ihr könntet Genies sein.

Huch stopft die Hände in die Hosentaschen.

- Alle Menschen sind Genies.

Small hebt die Hand an den Kopf.

- Wie fühlt man das?

Leyla läuft die Treppe hinauf, immer 2 Stufen auf einmal.

- Ich denke, deine Haarfarbe sieht gut aus.

Er rückt die Brille zurecht.

- Erkennt man das Genie an der Haarfarbe?

Sie stemmt den Arm in die Hüfte.

- Manchmal auch an den Kleidern.

Die Goldidee

Am Himmel zieht eine hohe Wolke.

Huch schaut ihr nach.

Die Landstraße entlang führt ein Trottoir.

Eine Frau stellt einen Stuhl darauf.

- Hallo, ich bin Karla Karola.

Sie hat lange blonde Haare.

- Bist du müde? Möchtest du dich setzen?

Huch schließt die Augenlider halb.

- Im Moment bin ich gut zu Fuß.

Ein Mann bummelt daher.

- Hallo, ich bin Nathan Lauterbach.

Er trägt eine Baseballmütze.

- Der Stuhl ist fantastisch.

Karla blickt direkt in seine Augen.

- Ist es für dich wichtig, dass er hier steht?

Lauterbachs rechte Augenbraue geht hoch.

- Sehr wichtig. Am liebsten würde ich mich darauf setzen.

Sie weitet die Arme.

- Ja, tu das.

Er nimmt Platz.

- Ich mag Stühle mit 4 Beinen.

Huch streckt den Fuß spitz.

- Tschau zusammen, ich gehe dann.

Lauterbach ringt die Hände.

- Moment! Nur nichts überstürzen! Ich habe nämlich eine wichtige Frage.

Huch hält inne.

- Vielleicht weiß Karla die Antwort.

Sie weist auf sich selbst.

- Ich gebe gern Auskunft.

Lauterbach winkelt ein Knie hoch.

- Sitze ich richtig?

Karla biegt die Finger.

- Du sitzt schon richtig. Aber wie willst du mir im Sitzen eine Rose schenken?

Eine Frau schreitet langsam auf sie zu.

- Hallo, ich bin Melek Gamma.

Sie trägt ein ananasgelbes Kleid und einen Gitarrenkoffer auf dem Rücken.

- Rosen sind selten in Koffern.

Karola zieht die Augenbraue kurz hoch.

- Rosen sind überall, nur leider nicht in meiner Hand.

Lauterbach setzt ein sympathisches, spitzbübisches Grinsen auf.

- Wenn sie überall wären, dann müssten sie doch auch in deiner Hand sein.

Melek legt den Gitarrenkoffer auf die Straße.

- Ich bin mir sicher, dass es eine Frage der Zeit ist.

Sie zeigt auf Huch.

- Öffnest du die Verschlusslaschen?

Er lässt seine Hand locker baumeln.

- Ich schau sie mir gern an.

Lauterbach juckt es in den Fingern.

- Ich mag Verschlüsse.

Karola schließt die Augen halb.

- Bist du in Form?

Er flitzt vom Stuhl.

- Sogar in Bestform.

Melek klopft ihm von hinten auf die Schulter.

- Ich möchte mehr über deine Form wissen.

Lauterbach öffnet den Gitarrenkoffer.

- Du siehst mich heißblütig am Werk.

Er findet eine Rose im rosa Futter.

- Du wirst hocherfreut sein.

Karola reibt sich die Augen.

- Ich brauche eine Minute um mich zu fassen.

Melek klopft mit den Fingerkuppen auf den Deckel des Gitarrenkoffers.

- Ihr könnt es unumwunden bekennen: Das ist die schönste Rose, die ihr je gesehen habt.

Lauterbach nimmt sie in die Hand, riecht an der Blüte.

- Der Duft macht unheimlich müde.

Karola senkt den Blick.

- Dann setz dich wieder auf den Stuhl.

Melek hebt den Kopf.

- Hast du auch ein Bett?

Karola verneint entschieden.