Das Buch, das dein Gehirn nicht lesen möchte - David del Rosario - E-Book

Das Buch, das dein Gehirn nicht lesen möchte E-Book

David del Rosario

0,0
13,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Können wir unser Gehirn umschulen, um freier zu sein und glücklicher zu leben? Die Antwort ist: Ja! Wir leben umgeben von einer riesigen Menge an Informationen, und nur ein kleiner Teil – ca. 5 Prozent – erreicht unser Bewusstsein. Dank neurowissenschaftlicher Fortschritte können wir heute besser verstehen, wie Körper und Geist funktionieren, und dieses Wissen nutzen. Wenn wir also verstehen, wie unser Geist Gedanken und Realität erzeugt, können wir das System beeinflussen, um Angst, tiefsitzende mentale Bilder und automatische Reaktionsmechanismen durch nichtlineares Denken, Glück und Vertrauen in das Leben zu ersetzen. Aus einer ebenso lehrreichen wie unterhaltsamen Perspektive verwandelt David del Rosario, Forscher und Wissenschaftskommunikator, die Neurowissenschaften in ein Werkzeug der Transformation, das wir hundertprozentig in unserem Alltag anwenden können. Dieses Buch ist ein origineller, nützlicher und unterhaltsamer Vorschlag zwischen inspirierendem Leitfaden, wissenschaftlicher Forschung und praktischer Philosophie. Er zeigt uns, dass unsere Wahrnehmung der Realität begrenzt ist, erklärt uns, wie unser Gehirn funktioniert, und schlägt einen Weg vor, unsere Perspektive zu ändern und wahres Glück zu finden. David del Rosario nimmt uns mit auf eine faszinierende Reise, die unsere Art, zu leben und die Welt zu verstehen, revolutionieren wird.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 328

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Wichtige Hinweise

Die im Buch veröffentlichten Empfehlungen wurden von Verfasser und Verlag sorgfältig erarbeitet und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Ebenso ist die Haftung des Verfassers bzw. des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ausgeschlossen.

Auch wenn eine gendergerechte Sprache wünschenswert ist, gibt es aus Sicht des Verlages bisher keine befriedigende, gut lesbare Lösung. Der leichteren Lesbarkeit zuliebe haben wir des Öfteren von der Doppelung männlicher und weiblicher Formen Abstand genommen. Selbstverständlich liegt es uns fern, dadurch einen Teil der Bevölkerung zu diskriminieren.

Aus dem Englischen vonAntoinette Gittinger

Titel der Originalausgabe:

El libro che tu cerebro no quiere leer

Cómo reeducar el cerebro para ser más feliz y vivir con plenitud

© by David del Rosario

Ediciones Urano S.A.U., 2019

Deutsche Ausgabe:

© 2022 NEXT LEVEL Verlag,

ein Imprint der Momanda GmbH, Rosenheim

www.next-level-verlag.de

Alle Rechte vorbehalten

Lektorat: Ruth Kalmund

Satz: Satzwerk Huber, Germering

Umschlaggestaltung: © Guter Punkt, München unter

Verwendung von Motiven von iStock/Getty Images Plus nach

einer Idee von Ediciones Urano, S.A.U.

Umschlagabbildungen: © FoxysGraphic/iStock/Getty Images Plus;

© seamartini/iStock/Getty Images Plus

Autorenfoto: © David del Rosario

Gesamtherstellung: Bernhard Keller

Druck: CPI Moravia Books

Printed in the EU

ISBN: 978-3-949458-37-8

eISBN 978-3-949458-39-2

Für Chicho, Pili und Luz

Inhalt

1. Dunkle Konstellationen

2. Die Grenze zwischen Leben und Nicht-Leben

3. Homo honestus

4. Das universelle Gehirn

5. M&M’s, überzogen mit Empfindungen und Emotionen

6. Mein Sohn hatte einen Motorradunfall (glaube ich)

7. Das Gedächtnis ist nicht unfehlbar

8. Gedankenstruktur

9. Überlegungen und geistige Botanik

10. Angst wird weder geschaffen noch zerstört, sondern umgewandelt

11. Umschulung des Gehirns

12. Vermehrung des Glücks

Anmerkungen

Über den Autor

1

Dunkle Konstellationen

Blindekuhspiel

Es heißt, wir seien in einen mehr oder weniger kugelförmigen Planeten eingeschlossen. Es klingt etwas seltsam, das zu schreiben, denn in Wahrheit haben wir das Gefühl, auf einem nicht enden wollenden Teppich zu leben, den wir durch zwei kleine Öffnungen des sogenannten menschlichen Körpers sehen. Zudem erscheint uns der Horizont, je nach Tageszeit, nicht immer gewölbt. Die Erforschung des menschlichen Organismus ergab bisher etwa 250 verschiedene Zelltypen, die wir unter dem Mikroskop betrachten können und dabei feststellen, dass jede einzelne Zelle einzigartig und einmalig ist. Die Zellen schließen sich auf bestimmte Weise zusammen und funktionieren als ein Ganzes, obwohl das Wie und Warum weiterhin ein Rätsel für uns bleibt. Wir beherrschen ihre Sprache noch nicht gut genug, um ihnen indiskrete Fragen zu stellen (auch wenn wir das gerne tun würden). Also geben wir uns damit zufrieden, sie zu beobachten und im Labor alle möglichen Experimente mit ihnen anzustellen, um das Geheimnis des Lebens und des Menschen entschlüsseln zu können. Immer noch verwechseln wir Wissen mit der Auflistung von Klassifizierungen oder dem Verfassen von immer mehr Büchern. Hat aber irgendjemand die leiseste Ahnung, was es bedeutet, ein Mensch zu sein?

Wenn wir ein Werk über Molekular- und Zellbiologie zur Hand nehmen, lesen wir, dass vor zwei Milliarden Jahren die Geschichte mit ein paar winzigen Lebewesen, den sogenannten Cyanobakterien, die Lichtenergie in Sauerstoff umwandeln können, ihren Anfang nahm. Die zurückhaltenden und unentschlossenen Zellen benötigten zweihundert Jahre, bevor sie sich auf das Abenteuer der Zusammenarbeit und der Bildung von Mikroorganismen einließen. Dann folgten Haaralgen, riesige Krebstiere, schnurrbärtige Meerestiere, Reptilien mit riesigen Körpern und winzigen Flossen und unzählige weitere Geschöpfe, bis hin zu einem Tausendfüßer mit einem Indiana-Jones-Komplex, dem nichts Besseres einfiel, als sich auf das Festland zu wagen.

Die Zellen lernten, unglaublich präzise Bewegungen auszuführen, zu verdauen, zu atmen und die Substanzen, die ihnen nicht schmeckten, auszuscheiden. Aus Algen entwickelten sich Pflanzen, aus Fischen Amphibien, aus Insekten Reptilien. Vor 150 Millionen Jahren wuchsen den Dinosauriern Flügel (ohne Zuhilfenahme von Red Bull), und 20 Millionen Jahre später trieben die Pflanzen Blüten und brachten einen Hauch von Farbe in eine hauptsächlich in Blau getauchte Landschaft – die perfekte Umgebung für Ameisen und Bienen.

Vor 60 Millionen Jahren nutzten clevere Säugetiere das Aussterben der Dinosaurier (angeblich infolge eines Meteoriteneinschlags), und übernahmen das Kommando. Während Robben, Otter, Wale und Delfine lieber im Meer blieben, bevorzugten die übrigen Tiere das Festland. Zur letzteren Gruppe zählten auch die Primaten. Vor sechs Millionen Jahren hatten die Primaten eine Entwicklungsstufe erreicht, bei der sie von der gebückten zur aufrechten Haltung übergingen. Sie begannen, Werkzeuge herzustellen, Feuer zu machen und zu kochen, während ihr Gehirn an Umfang zunahm. Vor ungefähr 200 000 Jahren lernten ihre hyperaktiven Zellen, zu handeln, zu hassen und zu lieben, bis sie schließlich den sogenannten Homo sapiens sapiens hervorbrachten – den Menschen, der denkt und weiß, dass er denkt. Es waren zwei Menschentypen entstanden – einer, der schreibt, und einer, der liest. Möglicherweise waren sie hoch entwickelt, hatten aber immer noch das Gefühl, unwillkürlich Blindekuh gespielt zu haben. Man verband ihnen die Augen, drehte sie ein paarmal im Kreis herum und schließlich wurden sie hier, am Ende der seelenlosen Geschichten aus den Biologiebüchern, wieder freigelassen.

Wir Menschen leben in einer überforderten Welt. In unserem Alltag findet sich keine Spur vom üppigen Grün der Wälder. Das einzige Grün, das wir sehen, ist das Grün des Meers, und es riecht seltsam. In den Städten dominiert die Farbe Grau an allen Ecken und Enden. Wollen wir ein anderes Tier als einen Hund, eine Katze, ein Meerschweinchen oder ein vietnamesisches Schwein sehen, müssen wir uns an einen speziellen Ort, den Zoo, begeben, und Eintritt zahlen. Mein eigener Planet umfasst 37 Quadratmeter, gewährt weder einen Meerblick, noch verfügt er über einen hübschen Garten, denn dafür benötigt man ein gut gefülltes Bankkonto. Es spielt keine Rolle, dass wir uns gut benommen haben, die Schule besucht und Linsen gegessen haben, einen Universitätsabschluss gemacht, einen Partner gefunden und zehn Stunden am Tag gearbeitet haben. Zwischen Beziehungsstress, Facebook und unserem Arbeitsalltag sind die meisten von uns auf der Suche nach dem Glück, das wir aber nur ansatzweise finden. Vielleicht, weil wir noch kein Haus gekauft haben, keine Kinder haben oder noch nicht im Ruhestand sind. Wer weiß? Aber wenn wir uns jetzt fragen, ob wir glücklich sind, werden wir etwas sehr Merkwürdiges feststellen: Wir haben keine Ahnung, wen wir da gerade fragen.

Die dunklen Konstellationen

Nachdem ich vor ein paar Jahren ein verrücktes Stellenangebot angenommen hatte, flog ich nach Peru, um im Amazonasgebiet bei einem Projekt für ein Heilpflanzenreservat mitzuarbeiten. Mitten im Dschungel lernte ich Justo kennen, einen liebenswürdigen Biologieprofessor der Nationalen Universität San Antonio Abad in Cusco, der die Göttin Pachamama verehrte. Er erklärte mir nicht nur meine ersten Pflanzenzellen unter dem Mikroskop, sondern machte mich auch mit der Kultur seiner Vorfahren vertraut. Als ich eines Tages in der Nähe einer hübschen Lagune in der Region San Martin darauf wartete, dass der Destillationsprozess zur Gewinnung ätherischer Öle abgeschlossen war, erzählte er mir eine Geschichte, die meine Weltsicht völlig auf den Kopf stellte. Sie inspiriert seither meinen Alltag und zieht sich durch jede einzelne Seite dieses Buchs.

Im heiligen Tal der Inka (außerhalb von Cusco) blicken die Bauern seit Tausenden von Jahren zu den Gestirnen empor, um den geeigneten Zeitpunkt für Aussaat und Ernte zu ermitteln. In Urubamba, einer hoch gelegenen Gemeinde in den Anden, versammeln sich die Weisen, um zu beobachten, wie sich bei Einbruch der Nacht der heilige Fluss, der Rio Urubamba, mit der Milchstraße vereint. Für die Andenbewohner findet der irdische Fluss seine Fortsetzung in einem himmlischen Fluss, deshalb heißt die Milchstraße auf Quechua Hatun Mayu, was himmlischer (hatun) Fluss (mayu) bedeutet. Dieses Prinzip, das sogenannte Ähnlichkeits- oder Korrespondenzprinzip, findet sich auch in vielen anderen Kulturen: »Was oben ist, ist gleich dem, was unten ist.«

In der Himmelskonstellation suchen jene Weisen Antworten auf ihre Fragen. Interessanterweise achten sie nicht auf die hellen Punkte am Himmel, die Sterne, sondern auf den Raum zwischen den Sternen. In den Schatten erkennen sie die genauen Umrisse der Tiere, die auf ihrem Land leben: eine Lamamutter mit ihrem Kalb, ein Yutu, eine Schlange oder eine Kröte. Von jedem einzelnen Lebewesen im Andengebiet findet sich ein Pendant am Himmel. Wenn zwei Menschen aus unterschiedlichen Kulturkreisen den Himmel aus verschiedenen Perspektiven betrachten, sehen sie völlig unterschiedliche Dinge. Die einen verbinden die hellen Punkte, die Sterne, zu Bildern und kartografieren den Himmel, während andere auf den Raum zwischen den Sternen achten. Wohl unterscheiden sich ihre Ergebnisse, ergänzen sich aber gleichzeitig. Unglaublich! Wie oft wurde das alles als »reine Erfindung« abgetan. Wir haben uns darauf eingelassen und sind zu etwas anderem übergegangen. Jedes Mal, wenn wir zweifeln, im Begriff sind, aufzugeben, jedes Mal, wenn wir das Gefühl haben, unsere Zeit zu vergeuden oder wenn wir uns einreden, dass das »alles reine Erfindung« ist, sollten wir an die Geschichte von Justo denken. Die dunklen Konstellationen gemahnen uns daran, dass wir, wenn wir etwas betrachten, zuerst die Sterne sehen, aber es besteht auch die Möglichkeit, Zeuge eines ganz anderen Schauspiels zu werden. Dies gilt für jeden beliebigen Aspekt des Lebens – für eine Untersuchung, ein Buch oder eine Beziehung. An dem Punkt, an dem wir glauben, dass es keine Alternative gibt, bieten sich nicht nur weitere Optionen an, sondern warten buchstäblich auf jeden, der bereit ist, alte Glaubenssätze hinter sich zu lassen und offen für eine neue Sichtweise ist.

Dieses Buch ist eine Einladung, die Welt gemeinsam aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Sie persönlich tun dies wohl schon seit vielen Jahren, womöglich länger als ich, aber der Grund, weshalb Sie so weit gekommen sind, lässt sich durch Ihre Erkenntnis, eine neue Sichtweise einnehmen zu müssen, erklären. Dies ist eine formelle, schriftliche Einladung, es zu tun. Das Kleingedruckte besagt lediglich, dass Sie alles, was Sie zu wissen glauben, beiseite lassen müssen, um zu einer anderen Perspektive zu gelangen. Tun Sie es aus ganzem Herzen.

Die »Wahrheit«, an der wir bis heute festgehalten haben, lässt uns lediglich die Sterne sehen. Eine neue Sichtweise kommt einer Reise zu unbekannten Horizonten gleich, die den Augen derjenigen vorbehalten ist, die nicht glauben, sie zu kennen. Alles, was Sie in diesem Buch lesen, ist nicht etwas, was ich bereits erlebt habe und von dem ich Ihnen aus meiner Erinnerung berichte, sondern etwas, das sich jetzt abspielt, etwas, das wir gemeinsam erleben, während ich schreibe. Wie wir sehr bald feststellen werden, gewinnt man das Wissen und die Realität nicht aus der Erinnerung, allenfalls eine vage, ungenaue Spur. Da ich in meiner Tasche ein Ticket für zwei habe, werde ich mich nicht ohne Sie auf diese Reise begeben. Falls dieser Augenblick ungünstig sein sollte, weil Sie vielleicht gerade viel Arbeit oder Verpflichtungen haben, machen Sie sich keine Sorgen. Ich werde hier, auf den Seiten dieses Buchs, auf den geeigneten Moment warten. Alle großen Reisen beginnen immer mit einem ersten Schritt.

2

Die Grenze zwischen Leben und Nicht-Leben

Wir sind im Begriff, uns auf eine Reise ins Unbekannte zu begeben, die Sterne zu besuchen, uns mit der Liebe und dem Atom auseinanderzusetzen, wollen den Organismus sowie das Universum aus einer neuen Perspektive betrachten. Die einzige Voraussetzung besteht darin, alles beiseite zu lassen, was wir zu wissen glauben und uns für unwissend zu erklären, nicht, weil wir uns für bessere Menschen halten, sondern weil nur derjenige wirklich sieht, der nicht weiß.

Mit jeder Seite dieses Buchs werden die Buchstaben deutlicher, bis irgendwann die Stimme des Schreibers und die des Lesers zu einer Einheit verschmelzen.

Die Bausteine des Lebens und die Euromillionen

Wir leben in einem Organismus, der aus Sauerstoff, ausreichend für fünf Flaschen, Stickstoff für 10 Sackfüllungen zum Düngen der Gartenpflanzen und Wasserstoff zum Füllen von fünftausend Heliumballons sowie Kohlenstoff, der 10 000 Minen eines Graphitstifts entspricht, besteht. Wenn wir diese vier verschiedenartigen Elemente (Sauerstoff, Stickstoff, Wasserstoff und Kohlenstoff) kombinieren, erhalten wir zwanzig verschiedene Aminosäuren. Mit diesen Molekülen synthetisiert der Organismus die berühmten Proteine, die Bausteine des Lebens. Diese wirken zusammen und produzieren Neuronen, Hormone, Muskeln, Organe, Drüsen, Nägel und Haare. Jede einzelne Zelle unseres Körpers ist eine Kombination aus verschiedenen Aminosäuren und Proteinen, aber … woher stammen diese lebenswichtigen Elemente? Existierten sie bereits vor uns auf unserem Planeten und sind sie wie durch Zauberei aufeinander getroffen, um den Funken des Lebens zu entzünden? Zufall und Zufälligkeit sind keine wissenschaftlichen Argumente, sondern lediglich Begriffe, die wir verwenden, wenn etwas nicht in unsere Weltanschauung passt. Um zu verstehen, wie das Leben funktioniert, müssen wir in echter Sherlock-Holmes-Manier diese Urelemente entdecken.

Diese Reise führt uns in unendliche Fernen, bis ins Innerste der Sterne selbst. Wir Menschen haben das Universum erforscht, indem wir eine helle Laterne, das sogenannte Teleskop, benutzten, das starke elektromagnetische Wellen (z. B. das Licht) durch den Weltraum bis zu den Sternen selbst oder bis zu den Planeten senden kann.1

Wir wissen, dass sich einige der Eigenschaften einer elektromagnetischen Welle ändern, wenn sie auf etwas auftrifft, was von der chemischen Zusammensetzung dieses Gegenstands abhängt, was wir uns zunutze machen können, um die Zusammensetzung des Universums zu entschlüsseln.

Eine Birne verändert das elektromagnetische Signal, auf das sie trifft, auf andere Art als der König von Spanien.2

Da Astronomen bereits früher untersucht haben, wie sich jedes chemische Element auf eine bestimmte Welle auswirkt und so etwas wie eine Farbkarte erstellt haben, wie man sie in einem Farbenladen finden kann, können wir Signale in den Weltraum senden und darauf warten, dass sie auf etwas treffen, um daraus abzuleiten, aus welchen Elementen dieses Etwas besteht, indem wir es mit unserer Farbkarte vergleichen. Auf diese Weise haben wir herausgefunden, dass Kohlenstoff und Sauerstoff, die für das Leben notwendig sind, im Innersten der Sterne entstehen. Wenn uns das Teleskop oder die elektromagnetischen Wellen zu langweilig erscheinen, können wir das Teleskop durch eine Katzenbürste ersetzen. Das Erforschen des Universums ist vergleichbar mit dem Bürsten des Fells Ihres Haustiers und dem anschließenden Versuch, sich anhand der Haare, die sich in den Borsten der Bürste verfangen haben, ein Bild zu machen. (Eine kleine Anmerkung: Sollten Sie je einen Astronomen verärgern wollen, brauchen Sie ihn nur »irrtümlich« als Astrologen zu bezeichnen).

Nach der Erforschung von über 150 000 Sternen wissen wir, dass 97 Prozent der Verbindungen des Organismus in ihnen entstehen.3

Das bedeutet, dass wir nicht von Primaten oder von L.u.c.a. abstammen, einem Einzeller, der vor 3,8 Milliarden Jahren existierte und vor Kurzem als der älteste Vorfahre des Menschen bezeichnet wurde1, sondern dass unsere eigentlichen Vorfahren, also die der Menschen und die aller übrigen bekannten Lebewesen, eindeutig die Sterne sind. Wenn Sie das überrascht, dann schnallen Sie sich gut an, denn wir fangen gerade erst an. Bevor wir verstehen, wie sich im Innersten der Sterne Kohlenstoff bilden kann, sollten wir einen Blick auf den Kern eines Atoms werfen. Der Anblick ist recht ernüchternd, da wir lediglich Neutronen und Protonen vorfinden werden, aber … warum befinden sich diese Neutronen immer an derselben Stelle? Warum wandern sie nicht zu anderen Atomen oder liebäugeln mit entgegengesetzten Ladungen? Das Hauptmotiv dafür ist die starke Kernenergie. Diese Kraft zwingt die Atomkerne dazu, aneinander zu haften, und wir Wissenschaftler erklären gern, dass eine Kernreaktion stattfindet, wenn zwei Atome zusammenstoßen.

Mit diesen Grundbegriffen der Physik besitzen wir gute Kenntnisse, um zu verstehen, wie Kohlenstoff im Innersten der Sterne entstehen kann. Kohlenstoff bildet sich durch das gleichzeitige Zusammenstoßen von drei Heliumkernen im Weltraum, und zwar am selben Punkt und zum selben Zeitpunkt. Ein Heliumkern ist etwa so groß wie eine Zelle und gewöhnlich ist der Kern eines normalen Sterns etwa 27 500 Mal größer als unser Planet.

Damit Kohlenstoff entstehen kann, müssen am selben Punkt des riesigen Weltalls und zum selben Zeitpunkt drei Heliumkerne zusammentreffen. Doch ohne Einsatz ist dies unwahrscheinlicher als ein Euromillionen-Gewinn. Trotz allem geschieht es immer wieder. Wir, Sie als Leser und ich als Schreiber, sind lebende Beweise dafür.

Das Leben beruht nicht auf Zufall. Wir leben in einem Universum, das speziell für das Leben entworfen wurde. Ein Beweis dafür sind die Konstanten. In der Physik und in der Chemie heißt es, dass der Kosmos aufgrund von 35 Konstanten so ist, wie er ist. Diese Konstanten sind unveränderliche Zahlen. Sie haben immer denselben Wert und basieren auf Gleichungen, die es uns ermöglichen, dem Verhalten der Phänomene, die wir im Universum beobachten, auf die Spur zu kommen. Verändert man bei einer dieser Konstanten auch nur eine Dezimalstelle, wird das Gleichgewicht, das im Universum herrscht, zerstört, und unter anderem würde Kohlenstoff nicht mehr im Innersten der Sterne produziert werden. Die Folge wäre, dass es das Leben so, wie wir es kennen, niemals gegeben hätte.

Das Leben als Organisator des Universums

Unsere Großeltern hatten die Vorstellung, dass Gott Tag und Nacht an einem Tag erschaffen hat. Dann folgten der Himmel und das Meer, die Pflanzen, die Sonne und der Mond, die Fische und die Vögel, die Tiere und als Letztes der Mensch. Am siebten Tag gönnte sich Gott ein KitKat und vermutlich ein Bier. Unsere Generation stellt sich die Entstehung des Universums als Ergebnis einer großen Explosion vor, bei der nach Abermillionen von Jahren des atomaren Chaos zufällig Leben auf einem Stück noch glühenden Gesteins entstanden ist. Diese auf Zufall basierende Vorstellung mag einleuchtend gewesen sein, als wir noch nichts über Atome, Zellen oder Teleskope wussten. Aber aufgrund des wissenschaftlichen Fortschritts im 21. Jahrhundert ist es in das Drehbuch eines Films über Außerirdische verbannt worden. Wir hätten durchaus noch weitere Lichtjahre abwarten können, bis drei Heliumatome am selben Punkt und zum selben Zeitpunkt im Weltall aufeinander getroffen wären. Und wir bestehen nicht nur aus Kohlenstoff. Der Mensch ist Teil des Universums, kann fühlen, gehen und arbeiten, reisen, lieben, sprechen oder sich ändern. Wir leben in einer spannenden Zeit, in der die Wissenschaft über neue Argumente verfügt, die uns helfen können, die eigentliche Rolle des Lebens bei der Organisation des Universums zu verstehen.

Unabhängig von Naranjito und den Olympischen Sommerspielen von Barcelona (1992), arbeiteten Peter Gariaev und Vladimir Poponin an einem Experiment, das das Universum in einem völlig anderen Licht erscheinen ließ. In den Labors der Russischen Akademie der Wissenschaften bewegte sich ein Laser, der aus Lichtpartikeln, den Photonen, bestand, wie ein Geist durch eine Dispersionskammer, während drei andere Geräte die Anzahl der Photonen zählten und das Licht in ein elektrisches Signal umwandelten, das von einem Computer verstanden werden konnte. Da sich die Wissenschaft immer gern der Vergleiche bedient, musste die erste Messung in der Leere einer Dispersionskammer erfolgen, in der sich die Photonen beliebig verbreiten konnten. Mit dieser Referenz im Hintergrund bestand der nächste Test darin, Leben, insbesondere die menschliche DNA, in die Dispersionskammer zu geben, um zu testen, ob die DNA irgendeine Wirkung auf die Lichtpartikel hat, die für uns reine harte Materie darstellen, ohne Gehirn oder Zellen irgendwelcher Art.

Die Dispersionskammer besitzt die Eigenschaft, ein spezielles Universum zu schaffen. Die Photonen sollten durch das Vorhandensein von Leben nicht beeinflusst werden, und die Lichtpartikel sollten sich weiterhin bewegen, wenn sich die Zelle bewegt. Wenn das Leben das Ergebnis von Zufall ist, sollten die Photonen durch die Präsenz des Lebens in keiner Weise beeinflusst werden, und die Lichtpartikel sollten einfach weiter umherschweifen, während die Zellen unauffälliger wären als der Buchstabe G im Wort Gummi. Unsere Vorstellung vom Universum ist drauf und dran, zusammenzubrechen, also ist es ein guter Zeitpunkt, aufzugeben. Es gibt kein Zurück. Die Ergebnisse sind eindrucksvoll und beängstigend: In Anwesenheit menschlicher DNA verhielten sich die Photonen nicht mehr willkürlich, sondern organisierten sich auf ganz konkrete Weise, die an eine Armee erinnert, die von ihrem Anführer den Befehl erhält, sich aufzustellen. Das Unglaubliche an dem Experiment war Folgendes: Auch wenn die DNA aus der Dispersionskammer entfernt wurde, verharrten die Photonen noch einen Monat lang nach dem Experiment in ihrer jeweiligen Position.2

Und so hört das Leben auf, mit der Magie und Nostalgie eines Experiments, eine Mischung aus Licht und Farbe zu sein (entschuldige bitte, Marisol) und organisiert nunmehr das Universum, das ist, wie es ist. Seine Konstanten besitzen den Wert, den sie aufgrund des Lebens haben. Der Zufall besitzt nicht die Fähigkeit, Leben zu geben, hat sie nie besessen und wird sie nie besitzen. Einige Wissenschaftler anderer Zweige der Physik haben das Leben als »Beobachter« bezeichnet, der das Universum organisiert. Soll das heißen, dass der Planet Erde genug Kapazität besitzt, um ein unendliches Universum aufzubauen? Das ist ziemlich unwahrscheinlich. Und nun? Wollen wir damit andeuten, dass es da draußen im Weltraum außerirdisches Leben gibt? Lassen Sie uns die Dinge lieber aus der Sicht des Wissenschaftlers sehen und nicht aus der des Skeptikers. Planeten bilden ihre Clans um Sterne herum. Unser Mutterstern, die Sonne, gehört zu den vierhundert Millionen Sternen, die die Milchstraße bilden (unsere geliebte Galaxie). Das Universum umfasst über zwei Billionen Galaxien, eine Zahl, die mit zunehmender Präzisionsschärfe der Teleskope zunimmt. Um uns eine Vorstellung von der Größenordnung machen zu können, müssen wir Folgendes wissen: Die zwei Billionen Galaxien, die im Kosmos bekannt sind, übertreffen bei Weitem die Menge der Sandkörner auf dem gesamten Planeten Erde.4

Tatsache ist, dass es im Universum für jedes Sandkorn auf unserem Planeten Erde über hundert Planeten mit lebensgeeigneten Bedingungen gibt. Auch wenn wir vermutlich in diesen weder Darth Vader noch den gut aussehenden Thor mit seinem Hammer und seinen durchtrainierten Muskeln finden werden, sind wir Wissenschaftler von der Existenz von Mikroorganismen und anderen weniger hollywoodmäßigen Lebensformen überzeugt, die eventuell fähig wären, die Materie des Kosmos zu organisieren.

Der Lebensprozess und der Flügelschlag eines Schmetterlings

Das Universum ist ein Kompendium chemischer Elemente, die vom Leben auf sehr bestimmte Art und Weise organisiert werden. Was ist eigentlich das Leben? Ein kleiner roter Ball rollt entlang einer Schiene und trifft auf das Ende eines Holzarms, der sich um die Achse dreht und schließlich einen Holzblock anstößt. Dieser fällt in einen Wasserbehälter, wodurch der Wasserpegel steigt. Das Wasser kommt zum Überlaufen und befeuchtet ein an einem Seil befestigtes Tuch. Das Seil spannt sich, das Tuch wird gestrafft, eine Murmel fällt aus dem Tuch und stößt gegen einen Dominostein. Der Dominostein stößt den nächsten an, der nächste wieder den nächsten, und so weiter, bis ein kleiner Wagen auf Schienen sich in Bewegung setzt und einen Mechanismus auslöst, durch den ein Pfeil abgeschossen wird. Der Pfeil trifft auf eine Platte, die die kleine rote Kugel wieder in Bewegung setzt, die genug Energie aufbringt, um den ganzen Prozess von vorne zu beginnen. Das Leben ist ein selbstgesteuerter Prozess, eine Vernetzung von Ereignissen, die von unseren Zellen bis zu den Sternen reichen. Ein Blick, eine Umarmung, ein Komet, ein Kuss, ein Abschied, die Angst, das Meer, das Lachen oder eine Ohrfeige sind alles Energieformen, die den Lebensprozess, in den wir alle eingebunden sind, vorantreiben.

Was ist das Leben? Ein intelligenter Prozess. Es gibt eine Intelligenz, die über das Gehirn oder den Computer hinausgeht. Wir sind uns darin einig, dass ein Chip über eine hohe Rechenleistung verfügt und den Satz des Pythagoras im Handumdrehen lösen kann. Aber er kann ihn nicht verstehen, kann nicht wissen, wann er ihn auf eine Lebenssituation anwenden soll, da er nicht intelligent ist (vielleicht irgendwann). Gehirn ist nicht gleichbedeutend mit Intelligenz.

Mikroorganismen oder Pflanzen, die nicht den Anspruch erheben, ein Gehirn zu besitzen, verhalten sich intelligent. Ein Schleimpilz wählt in einem zwanzig Quadratmeter großen Labyrinth den kürzesten Weg, um schnellstens Nahrung zu finden.3

Intelligenz ist ein kreativer Vorgang, der in jedem Augenblick entsteht und die Struktur des gesamten Universums beeinflusst. Der Zufall existiert nicht, er ist ein Zustand, der der Erkenntnis vorausgeht, der aber verschwindet, wenn wir uns des dahinter steckenden Musters bewusst werden.

Es gibt in der Mathematik eine Theorie, die erstaunlicherweise gut geeignet ist, den intelligenten Lebensprozess zu beschreiben: die Chaostheorie. Vor knapp einem halben Jahrhundert versuchte Edward Lorenz ein System von Gleichungen zu lösen. Er untersuchte, wie sich Temperaturschwankungen auf eine Flüssigkeit auswirken. Er wollte herausfinden, ob es am Tag darauf regnen oder ob Sonnenschein herrschen würde. Mitten im Computer-Boom verfügte das Massachusetts Institute of Technology, wo er als Professor und Forscher arbeitete, über die Hightech, um die Ergebnisse zu berechnen und grafisch darzustellen. Lorenz kam gewöhnlich nie vor dem Abendessen nach Hause. Er verbrachte seine Tage, vertieft in seine Arbeit, vergaß sogar häufig Verabredungen und Geburtstage. Wir Wissenschaftler leben in unserer eigenen Welt, wissen aber ganz genau: Vor einem Vakuum oder vor der Atomenergie brauchen wir uns nicht zu fürchten, sehr wohl aber vor einer wütenden Ehefrau.

Eines Tages beschloss Lorenz spontan, seine Arbeit früher als sonst zu beenden, die vorläufigen Ergebnisse seiner Gleichungen auszudrucken und nach Hause zu gehen. Um die Arbeit wieder aufzunehmen, musste er lediglich die vom Drucker aufgezeichneten Daten erneut eingeben und mit seiner Arbeit an der Stelle fortfahren, an der er sie unterbrochen hatte.

Am nächsten Morgen betrat der Wissenschaftler das Labor und setzte seine Arbeit, wie geplant, fort. Er suchte die gedruckten Daten, nahm Platz und begann, die Daten einzeln zu kopieren. Als Lorenz die Simulation erneut startete, konnte er aber keine Ergebnisse erkennen. Da er überzeugt war, dass die Wirkung seines Morgenkaffees noch auf sich warten ließ, wiederholte er den Vorgang mehrmals, jedes Mal noch akribischer als zuvor, ging alles noch einmal sorgfältig durch und achtete darauf, keinen Fehler zu machen. Nichts. Das Ergebnis ergab nach wie vor keinen Sinn. Es vergingen einige Tage, bis er die Ursache herausfand. Statt die Gesamtzahl 1.63784173247 einzugeben, hatte er, um schneller voranzukommen, die verkürzte Version 1.637842 getippt. Dieser minimale Unterschied bei den Ausgangsbedingungen der Gleichung hatte eine enorme Auswirkung auf die Ergebnisse. Lorenz formulierte den sogenannten »Schmetterlingseffekt« wie folgt: »Der Flügelschlag eines Schmetterlings kann in einem anderen Teil der Welt einen Sturm auslösen.« Legen wir an diesem Punkt der Geschichte eine Pause ein, wir sind gleich wieder zurück.

Sie sehen hier den Lorenz-Attraktor in drei Dimensionen, damit wir uns eine Vorstellung machen können, was die Augen des Wissenschaftlers auf dem Computerbildschirm gesehen haben.

Hier ist sie. Auf diesem Computer, an dem ich hier schreibe, haben wir mithilfe einer mathematischen Software die Lorenz-Gleichungen gelöst und in drei Dimensionen dargestellt. 60 Prozent der Menschen graut es vor der Mathematik, obwohl ja Gleichungen nicht beißen, sondern lediglich das Verhältnis zwischen verschiedenen Dingen beschreiben, die variieren können. Stellen wir uns zum Beispiel vor, dass wir unseren Kater Tofu zum Tierarzt bringen. Dieser präsentiert uns drei Futterproben, damit wir sie testen und herausfinden können, welche dem Kater am besten schmeckt (bevor wir 50 € für die Futterdose bezahlen). Der Futternapf ist immer derselbe, ebenso die Futtermenge, also dürften beide Konstanten in der Gleichung sein. Da das Futter unterschiedlich ist, wäre es somit eine Variable. Die Form der Gleichung, ihre Variablen und Konstanten hängen davon ab, wie wir das Ganze angehen. Fakt ist, dass Variablen zu Konstanten werden können und umgekehrt. Angenommen, wir haben herausgefunden, welches Futter Tofu am besten schmeckt und wollen jetzt wissen, wie viel Futter er pro Tag benötigt. Ein neuer Plan muss her. Wir bleiben bei demselben Futternapf und derselben Futtersorte, variieren aber die Menge, bis Tofu nicht mehr um Futter bettelt. Das bedeutet, dass wir die richtige Menge herausgefunden haben. Die Variable ist nun die Futtermenge und die Konstanten sind die Futterart und der Napf.

Im Fall von Lorenz geht es bei den Variablen und den Konstanten nicht um Katzenfutter, sondern um Flüssigkeiten und Temperaturen, aber die Idee ist genau dieselbe. Indem wir mit allen Variationsmöglichkeiten jonglieren, verstehen wir wirklich, wie die Gleichungen funktionieren und stellen sie grafisch dar. Mit etwas Übung können wir uns allein durch das Betrachten der grafischen Darstellung eine Vorstellung von dem System machen. Systeme wie das von Lorenz sind nicht-linear, denn zwei plus zwei muss nicht zwangsläufig vier ergeben, sondern eventuell auch sechs oder 3.247.923; das hängt von den Ausgangsbedingungen ab, d. h. dem gegenwärtigen Zeitpunkt. Das bedeutet, dass wir das Verhalten von etwas vorhersagen können, wenn wir die Details des Hier und Jetzt genau kennen. Wenn wir aber wissen wollen, wie sich dasselbe System künftig verhalten wird, wird es komplizierter, weil wir die Bedingungen des gegenwärtigen Zeitpunkts kontinuierlich aktualisieren müssen; andernfalls ist die Vorhersage nutzlos. Bei den chaotischen Systemen funktioniert der Dreisatz nicht, weil sie von linearen Vorstellungen geleitet werden, aber in der Natur ist nichts linear. Wenn wir in der Biomedizin den Herzschlag oder einen epileptischen Anfall untersuchen, halten wir uns an nicht-lineare Systeme, eine Gewohnheit, die sich auf alle Bereiche der Wissenschaft erstreckt, wie z. B. das Verhalten eines einfachen vibrierenden Metallstabs. Lassen Sie sich durch den Begriff nicht täuschen: Auch wenn wir die Systeme als »chaotisch« bezeichnen, weil sie auf den ersten Blick für Verwirrung sorgen, handelt es sich um strukturierte, kohärente Systeme, die durch Gleichungen, die stark vom gegenwärtigen Zeitpunkt abhängen, definiert sind.

Die Chaostheorie mit ihren Nicht-Linearitäten und ihren Abhängigkeiten vom gegenwärtigen Zeitpunkt wird durch den Lebensfluss inspiriert. Die Gezeiten, eine Pflanze, das Gehirn, die neuronalen Netze, die Bewegungen eines Proteins, die DNA oder die Photonen in einer Dispersionskammer werden anhand von nicht-linearen Gleichungen untersucht, da diese ihr Verhalten präzise vorhersagen können. Wir haben ein Modell entwickelt, eine mathematische Nachahmung, die jeden von uns Menschen zwei wichtige Dinge lehrt. Erstens: Wir sind nicht dem Zufall ausgeliefert. Wir haben unser Gehirn darauf gedrillt, linear zu denken und haben damit eine Reihe positiver Vorstellungen geschaffen, die wir ohne Rücksicht auf die Beschaffenheit des Gehirns oder des Lebens selbst erreichen können. Ein zweiter wichtiger Aspekt für normale Menschen ist die enge Verbindung zwischen dem Lebensprozess und dem gegenwärtigen Zeitpunkt. Wir Menschen knüpfen im Hier und Jetzt Verbindungen zum Lebensprozess. Den größten Teil der Zeit jedoch blicken wir entweder in die Vergangenheit oder in die Zukunft.

Nicht-lineare Systeme lehren uns, dass die Gegenwart die Art und Weise darstellt, wie wir uns der Welt anpassen und diese beeinflussen. Beschäftigen wir uns mit diesem Aspekt des Lebens etwas intensiver, dann stellen wir fest, dass es nur sinnvoll ist, wenn wir uns in der nahen Gegenwart bewegen. Mithilfe von Computersimulationen können wir eindeutig aufzeigen, wie die Wahrscheinlichkeit, eine treffende Vorhersage zu erhalten, durch die Eingabe vergangener Momente oder künftiger Projektionen in die Gleichungen, zu desaströsen Ergebnissen in einem chaotischen System führt. In Europa erziehen wir das Gehirn zu einem professionellen Linearisierer, als wollte man aus einem Baseballstar einen Tellerwäscher machen. Dank der Neuroplastizität ist das Gehirn dazu fähig, und noch zu viel mehr. Jedes Gehirn, das in den Unwägbarkeiten der Linearität geschult ist, kann eine lineare Welt simulieren, in der zwei plus zwei vier zu sein scheint, aber es kann niemals so sein, weil das Leben nicht linear ist. Deshalb wird das Gehirn ständig von Gefühlen überflutet: dem Gefühl, geliebt zu werden, dem Gefühl, im Job erfolgreich zu sein oder dem flüchtigen Glücksgefühl.

Abstieg zum Planeten Erde

Dank unserer neuen Sichtweise, die sich grundlegend von der unterscheidet, die uns an der Highschool oder an der Universität vermittelt wird, sehen wir das Universum mit anderen Augen. Wir müssen lediglich einen Moment den Blick von den Sternen lösen, von unseren fest verankerten Überzeugungen ablassen, um den intelligenten Lebensprozess zu entdecken, der vom gegenwärtigen Augenblick geleitet wird und die Fähigkeit hat, die Materie des Universums zu organisieren. Wir verhalten uns genauso wie Justos Vorfahren in Cusco. Bevor wir uns fragen, welche Auswirkungen dies auf den Friseur oder den Selbstständigen hat, deren Dienste wir in Anspruch nehmen, geben wir die genauen Koordinaten in das Raumschiff El libro que tu cerebro no quere leer ein. Dann verlassen wir das Innerste der Sterne und setzen den Fuß auf den Planeten Erde, einen ebenso wunderbaren wie geheimnisvollen Ort, an dem über dreißig Millionen unterschiedliche Organismen existieren (dabei müssen wir berücksichtigen, dass jedes Jahr 18 000 neue Tier- oder Pflanzenarten entdeckt werden). Beim Eintauchen in die Erdatmosphäre treffen wir auf Abermillionen winziger Bakterien, die durch die Luft schwirren, darunter auch die Bärtierchen, faszinierende Organismen, die mit verschiedenen Spezialaufgaben in den Weltraum geschickt wurden und dort schutzlos dem Kosmos ausgeliefert waren. Diese Bärtierchen, die aussehen wie Haribo-Gummibärchen, können ohne Raumanzug im Weltraum überleben, da sie in der Lage sind, ihre DNA zu regenerieren. Sie sind der Beweis dafür, dass auf dem Planeten Organismen ohne Raumanzug existieren können, auch ohne ein Familienmitglied bei der NASA zu haben.

Wir brauchen lediglich unseren Planeten zu betreten, um uns mit eigenen Augen von den Auswirkungen des Lebensprozesses zu überzeugen. In der gesamten Atmosphäre werden Milliarden von Organismen, wie zum Beispiel das Pseudomona syringae (Bärtierchen), wie auf Autobahnen in die hohen kühleren Luftschichten befördert. Ist das Bärtierchen dort oben angelangt, aktiviert es ein spezielles Protein, das Wasser über 0 Grad Celsius zum Gefrieren bringt und das Pseudomona (Bärtierchen) in Schneeflocken verwandelt.5 Bei dem Gefriervorgang verringert sich das Gewicht der Bakterien und sie sinken auf die Erdoberfläche zurück, wo sie in Form von Regentropfen landen. Hier bewässern die Regentropfen die Pflanzen, die anderen Organismen wiederum als Nahrungsmittel dienen.

Auf der Erdoberfläche leben Parasiten, die Ameisen mittels einer DNA-verändernden Infektion hypnotisieren und die Insekten dazu bringen, nach der Bewässerung durch das Pseudomona syringae (Bärtierchen) den Grashalm hochzuklettern. Später werden sie samt Grashalm von der Kuh gefressen. Befindet sich der Parasit erst einmal im Inneren des Organismus des Pflanzenfressers, arbeitet er sich bis zur Leber vor, einem idealen Ort, um sich zu ernähren und zu wachsen. Er nistet sich dann im Darm ein, legt dort unzählige Eier ab und vermehrt sich. Der letzte Schritt in diesem wunderlichen Lebenszyklus besteht darin, auf die übelriechende Darmentleerung der Kuh zu warten, durch die sich die Parasiten nach allen Seiten verbreiten. Diese wiederum versuchen, neue Ameisen aufzuspüren, die sie infizieren können. Das Leben ist ein intelligenter und selbstgesteuerter Prozess, ein Kreislauf, der sich selbst regelt. In der Zwischenzeit gelingt es einem Delfinschwarm, fern von Wiesen und Steppen, einen Schwarm Fische einzukreisen. Dabei wirbeln sie das Wasser auf und peitschen mit den Schwanzflossen gegen den Meeresboden. Wir beobachten aus unserem Raumschiff mitten im Ozean, wie die Fische über die Gischt springen und in den Mäulern der Delfine landen, die ihre Flugbahn genau berechnet haben.

Nach der Rückkehr auf das Festland und beim Erklettern der Bäume Mittelamerikas, wo wir vor manipulativen Parasiten oder Delfinfallen sicher sind, stoßen wir auf echte Experten für die Verarbeitung von Palmnüssen – die Kapuzineraffen. Wenn die reifen Palmnüsse heruntergefallen sind, lassen die Kapuzineraffen sie so lange in der Sonne trocknen, bis ihre Schalen aufbrechen. Dann bearbeiten sie diese mit einem sorgfältig ausgewählten runden Stein. Wir Menschen leben inmitten dieses Hin und Her intelligenter Prozesse, bilden einen kleinen Teil des Universums, können fühlen, uns verlieben oder Reality Shows erfinden, sind unwillkürlich Teil unvorstellbarer Prozesse. Ein Durchschnittsmensch produziert etwa 40 000 Zellen pro Minute und ist für 80 Prozent abgestorbener Hautzellen verantwortlich. Diese wirbeln durch die Luft und sinken durch die Schwerkraft wieder zu Boden, wo sie den Milben, den wenig ansehnlichen Verwandten der Spinnen, für die abgestorbene Haut ein Festmahl ist, gefressen und später in Kot umgewandelt werden. Vor Kurzem haben wir herausgefunden, dass ihre Exkremente und nicht die mikroskopisch kleinen Lebewesen, allergische Reaktionen bei uns hervorrufen (vermutlich ist unser Kopfkissen voller Milbenkot). Das Leben ist ein intelligenter Prozess, manchmal etwas abstoßend, nicht linear, abhängig von den gegenwärtigen Bedingungen und selbstgesteuert. Aber was interessiert das uns Normalsterbliche? Können wir damit unsere Rechnungen bezahlen? Und was nutzt einem Lkw-Fahrer das Wissen, dass das Leben ein nicht-linearer Prozess ist, der von den gegenwärtigen Bedingungen abhängig ist? Lassen Sie uns auf dem Planeten Erde landen und die Luken des Raumschiffs Das Buch, das dein Gehirn nicht lesen möchte öffnen.

Die nahe Gegenwart: die Vierundzwanzig-Stunden-Regel

Welcher Mensch hat nicht schon zwei Wochen vor dem ersehnten Urlaub überlegt, ob er eine Hütte in den Bergen mieten oder ob er sich für einen Strand- oder Skiurlaub entscheiden soll. Diese erste Überlegung dient uns als Ausgangspunkt, aber wir wissen auch, dass wir für diesen ersten Gedanken nicht die Hand ins Feuer legen oder uns zu große Hoffnungen machen sollten. Ein paar Tage später nämlich müssen wir, dem Wetterbericht entsprechend, eventuell die Skier im Keller lassen und nach dem Regenschirm greifen. »Mal schauen, ob der Himmel aufklart«, denken wir. Das liegt nicht daran, dass sich die Meteorologen ihren Spaß mit uns machen wollen, sondern daran, dass wir genau wissen müssen, was in der Gegenwart geschieht, um genau vorhersagen zu können, was in einem lebenden System in der Zukunft geschehen wird. Beides ist untrennbar miteinander verbunden. Die Zukunft ist derart stark von der Gegenwart abhängig, dass es korrekter wäre, die Zukunft in »nahe Gegenwart« umzubenennen. Die Zukunft ist aus nicht-linearer Perspektive sinnlos, denn die Genauigkeit einer Projektion verringert sich, je mehr wir uns von der Gegenwart entfernen, bis sie sogar nutzlos wird. Der Zeitpunkt, an dem sich eine Vorhersage als nutzlos erweist, ist die Zukunft.

Eine Situation, die uns helfen kann, dieses für den Alltag des Menschen so bedeutsame Problem zu verstehen, ist die Vorstellung, dass wir mit dem Auto vor einem Stoppschild anhalten und uns umblicken, ob ein Auto angefahren kommt. Wenn ja, schätzen wir dessen Geschwindigkeit und Entfernung ab, beobachten, ob es einen Blinker gesetzt hat. Mit Hilfe unseres Gehirns entscheiden wir dann, ob wir noch genug Zeit haben, über die Kreuzung zu fahren, oder nicht. Die Wahrscheinlichkeit, Erfolg zu haben, hängt von unserer genauen Kenntnis der gegenwärtigen Bedingungen ab. Wenn wir diese falsch einschätzen, kann eine Kollision verheerend sein. Ist es sinnvoll zu versuchen, aus der Kreuzung herauszufahren, wenn wir uns vor Augen halten, wie die Autos vor drei Wochen vor demselben Stoppschild standen? Offensichtlich nicht. Wir müssen die gegenwärtigen Bedingungen kennen, um die Lage richtig einzuschätzen und eine gute Vorhersage treffen zu können. Es ist auch nicht sinnvoll, die augenblickliche Verkehrslage heranzuziehen, um zu entscheiden, wann wir in der kommenden Woche aus der Kreuzung herausfahren werden. Trotz dieses eindeutigen Beispiels pflegen wir in unserem Alltag genau das Gegenteil zu tun.

Die Zukunft beginnt, wenn eine Vorhersage nicht mehr sinnvoll ist. Die Information über die Position und die Geschwindigkeit der Autos hilft uns dabei, genau jetzt oder innerhalb der nächsten zehn Sekunden aus der Kreuzung herauszufahren. Dieser Zeitraum ist die nahe Gegenwart, in der die Vorhersage Sinn macht. Vor der zweiten Null vermittelt die Vergangenheit, die in unserem Kopf gespeichert ist, keine nützliche Information, um zu entscheiden, ob wir an dem Stoppschild weiterfahren oder abwarten sollen. Es sei denn, wir leben in einer duplizierten Gegenwart, in der genau dieselben Umweltbedingungen herrschen, dieselbe Abnutzung des Asphalts, dieselben Fahrzeuge mit derselben Geschwindigkeit und demselben mechanischen Zustand auf der Straße fahren. Das ist praktisch unmöglich, denn wir haben noch nie zwei identische Gegenwartszeiten festgestellt. Jegliche frühere Information über die Position der Autos oder ihre Geschwindigkeit ist nutzlos. Das gilt auch, wenn nach einer Vorhersage zehn Sekunden verstrichen sind, und wir damit beginnen, tiefer in das Unbekannte einzutauchen, und die Vorhersage sich als instabil erweist. Trotz der erdrückenden Logik des Beispiels verwenden wir Menschen ständig Daten aus der Vergangenheit oder der Zukunft, um Beziehungen mit anderen Menschen zu knüpfen oder wichtige Entscheidungen zu treffen. Wenn alles nicht so läuft, wie wir es geplant hatten, schließen wir daraus, dass uns niemand versteht, und schieben dies auf Zufall oder Pech.

Die meisten von uns sind es gewöhnt, die Zeit in einer geraden Linie zu sehen, bei der die Vergangenheit links und die Zukunft rechts liegt. Dies entspricht einer Darstellung aus der Heiligen Schrift. Aus dieser linearen Perspektive sehen wir die Gegenwart als einen Punkt, der die Vergangenheit und die Zukunft trennt. Wendet man diese neue Sichtweise in Bezug auf die Zeit und das Universum auf die klassische Zeitdarstellung an, dann erweist sich, dass die Gegenwart kein Punkt ist, sondern ein Fluss, der aus der Bewegung der Zeitachse entsteht. Wenn wir diese wie ein mechanisches Band von links nach rechts verschieben, wäre die Gegenwart die Energie, die aus der Reibung des Lebens mit der Bewegung des mechanischen Bands entsteht. Mit anderen Worten: Die Gegenwart ist das Ergebnis der Bewegung, die durch den Lebensprozess entsteht. In kurzer Zeit, vielleicht in zwei oder drei Jahrzehnten, werden wir diese Art der Zeitdarstellung nicht mehr verwenden und anstelle eines Punkts ein Volumen zeichnen. Dieses Zeitvolumen stellt die nahe Gegenwart dar, das Hier und Jetzt, in dem die Vorhersagen Sinn ergeben.