Das Buch der Pintxos - Marti Buckley - E-Book

Das Buch der Pintxos E-Book

Marti Buckley

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Beschreibung

Dies ist die kulinarische Kulturgeschichte der baskischen Tapas. Mit viel Liebe zum Detail hat die Autorin Marti Buckley die 70 besten Pintxos-Rezepte zusammengestellt, Anekdoten gesammelt, Historisches ausgegraben und Gastronom*innen besucht. Viele Rezepte sind mit Warenkunde zu typischen Zutaten und speziellen Kochtechniken angereichert. Das Buch ist ein Genuss, der inhaltlich überzeugt und dank seiner farbenfrohen Gestaltung einfach Spaß macht!

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Seitenzahl: 337

Veröffentlichungsjahr: 2025

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MARTIBUCKLEY

VORWORT VONJUAN MARI UND ELENA ARZAK

FOTOGRAFIE:SIMON BAJADA

DAS BUCH DERPINTXOS

Absolut alles über die baskischen Tapas

Produktmanagement: Stefanie Gückstock

Übersetzung aus dem Englischen: Christian Verlag

Redaktion: Dr. Margit Brand

Korrektur: Judith Bingel

Umschlagadaption: Dominik Günzinger

Layout und Design: Evi-O.Studio | Susan Le

Herstellung: Elke Mader

Gesamtherstellung

Verlagshaus GeraNova Bruckmann GmbH

Texte Copyright © 2024: Marti Buckley

Vorwort: Juan Mari und Elena Arzak

Bildnachweis

Fotografie Copyright © 2024: Simon Bajada, mit Ausnahme von:

Seite 25 (oben): Mit freundlicher Genehmigung von Kutxateka/Fondo Foto Marín Funtsa/Paco Marí; Seite 25 (unten): Mit freundlicher Genehmigung von El Diario Vasco; Seite 132: Mit freundlicher Genehmigung von Kutxateka/Fondo Foto Marín Funtsa/Paco Marí; Seite 238: Copyright © Aitor Calero.

Copyright © 2024 der Originalausgabe:

Artisan, an imprint of Workman Publishing, a division of Hachette Book Group, Inc.

1290 Avenue of the Americas New York, NY 10104

artisanbooks.com

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

THE BOOK OF PINTXOS: Discover the Legendary Small Bites of Basque Country

All rights reserved.

Copyright © 2025 für die deutschsprachige Ausgabe: Christian Verlag GmbH, Infanteriestr. 11a, 80797 München

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten.

This edition published by arrangement with Artisan, an imprint of Workman Publishing Co., Inc., a subsidiary of Hachette Book Group, Inc., New York, New York, USA.

All rights reserved.

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-95961-955-4

eISBN 978-3-98951-029-6

FÜR DIE

HART ARBEITENDEN MENSCHEN

DER

PINTXO-BARS

IM BASKENLAND

Vorwort von Juan Mari und Elena Arzak

Intro

Einführung

Über dieses Buch

Anmerkungzu den Übersetzungen und Rezeptbezeichnungen

Die Pintxo-Gebote

Die Geschichte des Pintxo

KAPITEL EINS

ZAHNSTOCHER

PINTXOS

KAPITEL ZWEI

BROT

PINTXOS

KAPITEL DREI

SALAT

PINTXOS

KAPITEL VIER

FRITTIERTE

PINTXOS

KAPITEL FÜNF

BAR

PINTXOS

KAPITEL SECHS

GEBACKENE

PINTXOS

KAPITEL SIEBEN

KÜCHEN

PINTXOS

KAPITEL ACHT

DESSERT

PINTXOS

Bezugsquellen

Weiterführende Lektüre

Danksagungen

Register

Vorwort

VON

Juan Mari und Elena Arzak

DER PINTXO. Dieser kleine Happen ist ein fester Bestandteil unserer Lebensweise in San Sebastián. Unsere Familie hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, hier in der Küche des Arzak zu kochen. Aber wir haben unser ganzes Leben in den Bars unserer Stadt verbracht, sei es, dass wir nach dem Einkauf im La Bretxa eine pastel de merluza, eine Seehechtpastete, probieren oder einen Abend mit Freunden verbringen und von einer Pintxo-Bar zur nächsten schlendern.

Pintxos sind nicht nur ein Essen. Sie sind eine Lebensart. Durch den Akt des Pintxos-Essens teilen wir Zeit mit Freunden, wir lachen, wir genießen. Die Geschichte dieser exquisiten Art des Essens ist dabei ein Geheimnis geblieben, nur mündlich weitergetragen und in lokalen Zeitungsartikeln diskutiert. Im Buch der Pintxos freuen wir uns, die Bars, die Pintxos und die Menschen, die wir kennen und lieben, zusammen mit ihren Geschichten vorzustellen. Marti hat diese Erzählungen aufgegriffen und sie zusammen mit den Rezepten mit Authentizität und Gewissenhaftigkeit präsentiert. Dabei stellt sie den Pintxo in Dutzenden unserer Lieblingsrezepte vor. Wir leben in einer Zeit des raschen Wandels, vor allem in der Welt der Pintxos – die älteren Generationen geben die Fackel weiter, die Besucherzahlen in der Stadt steigen jedes Jahr, und der Zustrom neuer Ideen ist größer denn je. Deshalb ist dieses Buch für uns so wichtig. Es fängt die Rezepte und Geschichten ein, die wir kennen, die wir erlebt haben und die es wert sind, überliefert zu werden.

Was einen Pintxo zu einem Pintxo macht, sind der Ort und die Menschen, die ihn genießen, und das ist es, was Marti uns in diesem Buch zeigt. Ihre Liebe zu San Sebastián, dem Baskenland und seinen Gerichten schimmert durch ihre Arbeit, und wir sind stolz darauf, sie eine donostiarra, eine Bürgerin San Sebastiáns, nennen zu dürfen.

Ihr Buch gibt einen wunderbaren Einblick in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Pintxo im gesamten Baskenland. Genießen Sie die Küche unserer Stadt.

Bar Irrintzi, Bilbao

Intro

PINTXOS SIND DAS LEBENSELIXIER meiner Wahlheimatstadt San Sebastián – sie bringen die Menschen zusammen, dienen als Stoff für urbane Legenden und sind eine Quelle des Stolzes für die Einheimischen.

Ich habe mit dem Schreiben dieses Buches begonnen, nachdem ich neun Jahre lang in San Sebastián gelebt hatte. Genug Zeit, um in einen sprichwörtlichen Trott zu verfallen, wenn es um Pintxos ging – von den Bars, die ich besuchte, bis zu den Pintxos, die ich aß. Das liegt zum Teil wohl in der menschlichen Natur, zum Teil in der Physik: sich einzurichten, wo die Dinge stabil und unveränderlich sind. Und so war es auch bei mir.

Das Schreiben dieses Buches erforderte, dass ich meine Augen – und meinen Gaumen – wieder öffnete. Ich suchte Bars auf, die ich schon lange von meinem Schirm gestrichen hatte, nicht weil sie es nicht wert gewesen wären, sondern vielleicht, weil ich ihr Wesen nicht vollständig erfasst oder ihre besten Pintxos nicht probiert hatte. Es erlaubte mir, wieder neugierig zu sein, wie ein Kind oder ein Urlauber, und gab mir die Gelegenheit, mit den Menschen zusammenzusitzen, die die Welt der Pintxos geschaffen haben, die sie revolutionierten und denen sie immer noch sehr am Herzen liegen. Ich war wie besessen davon, ihre Geschichten festzuhalten, die durch Veränderungen, den Ruhestand und dann die COVID-19-Pandemie still und leise verschwanden.

Die Geschichte des Pintxo ist bis heute mit wenigen Ausnahmen eher gelebt als katalogisiert worden. Die Städte San Sebastián, Bilbao, Pamplona und Vitoria-Gasteiz haben sich im letzten Jahrhundert unglaublich entwickelt, aber ihre kulinarischen Spuren sind zusammen mit dem kollektiven Gedächtnis verblasst. Wäre dies eine selbstbezogenere Region der Welt mit einer harmonischeren Geschichte im 20. Jahrhundert gewesen, wäre es vielleicht anders gekommen. So machte ich mich voller Freude auf den Weg, um die Gerichte und die Geschichten dazu zu dokumentieren, die das Essen und die Lebensweise der Region miteinander verbinden.

Die Arbeit an diesem Buch hat mir Hoffnung für die Esskultur und die Traditionen von San Sebastián gemacht. Auch wenn es äußerlich betrachtet den Anschein hat, dass sich die Dinge verändert haben, gibt es immer noch viele Bars und Küchen, in denen alles so ist, wie es immer war.

Das Schreiben des Buches hat mich auch dazu gebracht, mich zu fragen, warum Pintxos so gut sind. Dabei hat sich gezeigt, dass es auf diese Frage mehr als eine Antwort gibt: Es liegt an den hervorragenden Rohstoffen eines Landes, das zwischen kaltem Meer und fruchtbaren Hügeln liegt. Es ist der Lebensstil, der in den Straßen und Gassen gelebt wird, der eine ungebrochene Nachfrage hervorgerufen hat. Es ist die Nueva-Cocina-Bewegung, die dem Kochen Legitimität verlieh, Köche für die breite Menge der Arbeitnehmerschaft ausbildete und neue Techniken einführte. Es sind die kontroversen, aber wichtigen Wettbewerbe und die institutionelle Unterstützung durch Verbände und lokale Regierungen. Aber ich denke, es ist vor allem die Freude, die die Basken am gemeinsamen Essen haben. Und ich hoffe, dass Sie mit diesem Buch sowohl an ihrer Geschichte als auch an ihren köstlichen Pintxos teilhaben können.

Einführung

/ PIN(T)∫Ō/

AUSGESPROCHEN PIIN - SCHO

pintxo

BASKISCH

pincho

SPANISCH

DEFINITION NACH DER REAL ACADEMIA ESPAÑOLA, der Königlichen Spanischen Akademie: porción de comida tomada como aperitivo, que a veces se atraviesa con un palillo.

Ein Pintxo ist, wie dieser Schiedsrichter der spanischen Sprache sagt, eine Speise, »die man als Vorspeise reicht und die manchmal mit einem Zahnstocher durchstochen wird«. Wäre die Wahrheit jedoch so eindeutig, wie es das Wörterbuch glauben machen will, würden Sie dieses Buch wahrscheinlich nicht in den Händen halten.

Pintxos sind kleine Happen, ja, und manchmal werden sie tatsächlich mit einem Zahnstocher in der Mitte aufgespießt. Aber die Wahrheit ist, dass Pintxos eine Lebensart repräsentieren, die nur in einem sehr kleinen Teil der Welt vorkommt, nämlich im spanischen Baskenland. Ein Pintxo ohne Bar ist kein Pintxo. Ein Pintxo ohne ein Getränk und einen Freund oder Barkeeper, mit dem man sich unterhalten kann, existiert eigentlich nicht. Pintxos umfassen nicht nur die Speise selbst, sondern auch den Ort, an dem man sie isst, und das, was man tut, während man sie isst – sie sind untrennbar mit ihrem kulturellen Kontext verbunden.

Pintxos haben ihren Ursprung in San Sebastián in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts und entwickelten sich langsam zu den wunderbaren kleinen kulinarischen Kunstwerken, die sie heute sind. Es ist höchste Zeit, dass sie eine neue Definition für das 21. Jahrhundert bekommen:

PIN - TXO / PIN(T)∫Ō: eine kleine Portion Essen, die in zwei oder drei Bissen verzehrt werden kann und in einer Bar im Baskenland in Nordspanien serviert wird.

Pintxos wurden traditionell mit einem Zahnstocher oder auf einem Stück Brot serviert und sollten mit den Händen gegessen werden, aber dieser Name umfasst inzwischen auch avantgardistische Miniaturgerichte, die mit einer Gabel, einem Löffel und/oder einem Messer verzehrt werden.

Bodegón Sarria, Pamplona

Gandarias, San Sebastián

Bar Toloño, Vitoria-Gasteiz

Bar Gaucho, Pamplona

PINTXOS

VERSUS

TAPAS

Ist das Wort pintxo nur ein baskisch geprägtes Synonym für tapa? Die Antwort ist ein klares Nein. Was ist also der Unterschied zwischen einem Pintxo und einer Tapa? Die Real Academia Española (Königliche Spanische Akademie) ist bei der Beantwortung dieser Frage keine große Hilfe, denn sie definiert folgendermaßen: Tapas sind klein und werden immer zu einem Getränk gegessen, während man Pintxos gezielt vor einer Mahlzeit isst und sie manchmal mit einem Zahnstocher aufgespießt werden. Die Frage nach dem Unterschied ist eine klassische Frage, aber die Antwort darauf ist weit gefächert. Noch schwieriger wird es, wenn man die Entwicklung der Pintxos und der Tapas und die Verwischung der Grenzen zu den kleinen Tellern und Gerichten der Haute Cuisine betrachtet. Viele behaupten, dass es sich um eine Tapa handelt, wenn der Bissen mit Gabel, Löffel und/oder Messer gegessen oder auf einem Teller serviert wird, aber das spiegelt im Baskenland heute nicht die Realität wider. In den letzten Jahren haben sich die Grenzen zwischen dem Pintxo und der Tapa verschoben. Im Folgenden werden einige der grundlegenden Unterschiede aufgeführt. Beachten Sie jedoch, dass es sich dabei zwar um genaue Angaben, aber auch um Verallgemeinerungen handelt, sodass es immer Ausnahmen gibt.

1

Der Preis

Auch wenn diese Praxis immer weniger üblich ist, werden Tapas manchmal kostenlos zu den Getränken serviert. Das ist in Pintxo-Bars nicht üblich; Pintxos werden immer bezahlt.

2

Die Zusammensetzung

Traditionell ist eine Tapa eine kleine Portion eines einzelnen Lebensmittels. Pintxos vereinen verschiedene Zutaten oder es handelt sich um kleine Gerichte.

3

Die Größe

Pintxos sind oft kleiner als Tapas.

4

Der Moment

Bis vor Kurzem wurden Pintxos, anders als Tapas, nicht als Mahlzeit gegessen, sondern immer vor einer Mahlzeit als Appetithappen verzehrt.

5

Die Situation

Heutzutage gibt es zwar einige Abweichungen, aber traditionell werden Pintxos im Stehen gegessen, während Tapas im Allgemeinen im Sitzen am Tisch verzehrt werden.

6

Das Wo

Pintxos sind am häufigsten im Baskenland und den umliegenden Provinzen zu finden; das Wort tapa ist im übrigen Spanien gebräuchlicher.

Über dieses Buch

ALS ICH MICH DARANMACHTE, das ultimative Buch über Pintxos zu schreiben, erwartete mich eine einzige Aufgabe: die Pintxo-Szene von ihrer Entstehung bis zum heutigen Tag zu erfassen. Aufgrund der schieren Menge an Pintxos, die auf den Theken der Region zu finden sind, konnte ich nicht alle der besten Häppchen des Baskenlandes auflisten, aber ich habe viele der bekanntesten Favoriten aufgenommen.

Dieses Buch richtet sich an alle Hausfrauen und Hausmänner, wo immer sie auch sein mögen. Die darin enthaltenen Rezepte sind in dieser Ausführlichkeit nirgendwo sonst zu finden – viele von ihnen existierten bisher oft nur in den Köpfen der Köche, die sie tagein, tagaus in den kleinen Küchen des Baskenlandes zubereiten.

Das Buch enthält Schritt-für-Schritt-Anleitungen in acht Kapiteln, die nach der Art der Pintxos geordnet sind. Die Kapitel zeichnen die Entwicklung des Pintxo nach, beginnend mit seiner ersten Version, die auf Zahnstochern serviert wurde (siehe Seite 35) und die sich drastisch veränderte, als die Zutaten neue Präsentationsformen fanden, von Brot (siehe Seite 57) über Blätterteig (siehe Seite 203) bis hin zu ausgefallenem Geschirr. Die kreative Revolution zeigt ihr Gesicht im Kapitel »Bar-Pintxos« (siehe Seite 161), und die Geschichte entwickelt sich weiter, wenn Pintxos heiß aus der Küche serviert werden (siehe Seite 229) und sogar als Nachtisch (siehe Seite 285).

Innerhalb jedes Kapitels werden die Rezepte in der Regel in chronologischer Reihenfolge vorgestellt, je nachdem, wann sie zum ersten Mal auf der Bildfläche erschienen sind.

Zu den Rezepten gibt es eine Entstehungsgeschichte und die Geschichte der Bar, in der die Pintxos zuallererst serviert wurden.

Traditionell wurden diese Bars von Familien betrieben, die von früh bis spät arbeiteten und nie die Zeit hatten, ihre Geschichten und Rezepte zu Papier zu bringen. Hier sind sie das erste Mal in einem Buch versammelt und bieten Ihnen sowohl den Kontext als auch detaillierte Anleitungen zum Nachkochen.

Zu Beginn jedes Rezepts habe ich aufgelistet, wann und wo der Pintxo entstanden ist und was die Barbesitzer selbst als Getränk dazu empfehlen. Außerdem finden Sie Tipps zu den Zutaten, Einblicke in die Pintxo-Kultur und Anleitungen, wie Sie jeden Pintxo am besten genießen können.

Die Mengenangaben erfolgen in Gramm und Millilitern, den im Baskenland üblichen Maßen. Für schwer zu findende Zutaten habe ich Bezugsquellen (siehe Seite 302) beigefügt.

Bei Pintxos geht es in erster Linie um Genuss und das Vergnügen daran. Ich hoffe, dass Sie mit diesem Buch nicht nur in der Lage sind, einige der besten Pintxos des Baskenlandes nachzukochen, sondern auch die Informationen und Werkzeuge haben, die Sie brauchen, um eigene Kreationen herzustellen.

Und ich hoffe, dass Sie eines Tages Pintxos in ihrem natürlichen Lebensraum genießen werden: in einer überfüllten baskischen Bar.

Anmerkung

ZU DEN ÜBERSETZUNGEN UND REZEPTBEZEICHNUNGEN

IN SPANIEN KÖNNEN Pintxos mit Namen, die aus einer Beschreibung der Zutaten bestehen, auf Spanisch oder in der baskischen Sprache Euskara bestellt werden, je nach sprachlicher Präferenz des Bestellers.

Bei Pintxos mit Eigennamen wird im Allgemeinen das Spanische (nicht das Baskische) beim Ordern verwendet. In diesem Buch habe ich jedoch sowohl den spanischen als auch den baskischen Namen angegeben. Ich habe mich dafür entschieden, wenn der Name des Pintxo eine wichtige Bedeutung hat, wie z. B. El Velero (belaontzia auf Baskisch, was »Segelboot« bedeutet). So erhält das Rezept Einordnung und Kontext.

Eigennamen wie Gilda und Filomena wurden im Allgemeinen nicht übersetzt. Tatsächlich wurden aber nur sehr wenige Pintxos in baskischer Sprache mit Eigennamen versehen, und das einzige Beispiel in diesem Buch ist Limoia Ber Bi (siehe Seite 294); in diesem Fall wurde das Baskische ins Spanische übersetzt.

Die baskische Sprache ist alt und geheimnisvoll, und auf dem Papier kann sie etwas einschüchternd wirken.

Nehmen Sie das Wort pintxo – die Kombination »tx« ist die schwierigste, eigentlich nichts anderes als ein einfacher »ch«-Laut. Z, ein gängiger Konsonant, wird als weiches, zischendes »ess« ausgesprochen. Die Kombination »tz« klingt wie das doppelte »z« in dem Wort »Pizza«. Das doppelte »t« ist ziemlich schwierig auszusprechen; es hat einen seltsamen Klang, wie eine feuchte, gedämpfte Version von »tx« – im Zweifelsfall spricht man es als »ch« aus.

Auf der spanischen Seite des Baskenlandes ist Euskara neben dem Spanischen eine von zwei Amtssprachen, sodass man Ortsnamen sowohl auf Spanisch als auch auf Baskisch findet. Manchmal ähneln sie sich (wie das spanische Zarauz und das baskische Zarautz), und manchmal haben sie überhaupt nichts miteinander zu tun (wie das spanische Vitoria und das baskische Gasteiz). In diesem Buch finden Sie eine Mischung aus baskischen und spanischen Ortsnamen, genau wie in den größeren Städten, in denen der Pintxo entstand und sich entwickelt hat.

DIEPINTXOGEBOTE

Das Institut für den Pintxo wurde 2019 gegründet, um den Pintxo als kulturelles Identitätsmerkmal zu definieren und zu schützen. Das Gründungskomitee aus lokalen Berühmtheiten und Köchen hat mit seiner einzigartigen Vision eine Reihe von Anforderungen an einen echten Pintxo im Stil der Zehn Gebote aufgestellt:

1

Klein, aber mit viel Geschmack.

2

EIGENE HERSTELLUNG,

nicht kommerziell.

3

An der Spitze von Kreativität und Entwicklung.

4

Mit einer charakteristischen Eigenart des Lokals.

5

Eine Frische-Theke und

HEISSE PINTXOS,

die à la minute zubereitet werden.

6

Hergestellt aus hochwertigen Zutaten.

7

Freundliche, professionelle Bedienung hinter der Theke.

8

Mit einem klar ausgewiesenen Preis, der seine Qualität widerspiegelt.

9

An der Theke essen.

10

GENIESSEN SIE

Pintxos in Gesellschaft mit Einheimischen und in einem authentischen

BASKISCHEN

Ambiente.

DIEGESCHICHTEDESPINTXO

Pintxos sind nicht einfach spontan in ihrer ganzen Pracht auf den Bartheken der Altstadt von San Sebastián aufgetaucht. Sie haben sich im Laufe des letzten Jahrhunderts entwickelt, sich durchgesetzt und sich durch Trends, Geschmäcker und soziopolitische und wirtschaftliche Einflüsse verändert. Und sie sind nicht zufällig so gut geworden. Hier folgt, wie es dazu kam, erzählt von denen, die es erlebt haben.

1920ER1960ER

Der Ursprung

»Ein schwarzes Loch in der Geschichte; niemand weiß, wie und warum.«

JESÚS CASTRO, LA ESPIGA, ÜBER DIE ENTSTEHUNG DES PINTXO

Die Anfänge des Pintxo zu bestimmen, ist nicht nur schwierig, sondern unmöglich. Oft heißt es, der erste Pintxo sei die Gilda gewesen (siehe Seite 39) und 1946 in der Bar Casa Vallés entstanden. Allerdings datieren die ersten Werbeplakate für »heiße und kalte« Banderillas (der ursprüngliche Name für Zahnstocher-Pintxos) in der Bar Nido, wo sie von der Urgroßmutter der heutigen Besitzer von La Espiga (siehe Seite 64) serviert wurden, auf das Jahr 1920 zurück. Ein Pintxo, der mehr oder weniger mit der Gilda identisch ist, erscheint auf einem Foto in der Bar Martínez aus den frühen 1940er-Jahren. Und genau genommen kam Rita Hayworths Film Gilda, der den Namen inspirierte, erst 1947 in Spanien heraus, und zwar zwei Tage vor Weihnachten in Madrid. Die urbane Legende von Gilda stammt wahrscheinlich aus einem Artikel in der Lokalzeitung Diario Vasco aus dem Jahr 2007. Und verhalf dem Pintxo zu einer ordentlichen Entstehungsgeschichte.

Aber der eigentliche Ursprung des Pintxo ist vielmehr, nun ja, alkoholgetrieben und zweideutig. In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts waren die Straßen von San Sebastián voller Ultramarinos, Sidrerías und Bodeguillas. Diese Geschäfte verkauften Lebensmittel, Apfelwein und offenen Wein in Gläsern, Krügen oder Flaschen. Die Bodega Donostiarra, eine mittlerweile klassische Pintxo-Bar, wurde 1924 in der Calle 31 de Agosto eröffnet. Die Leute brachten ihre eigenen Snacks zum Wein mit, und der Großvater von Manu Marañón (siehe Seite 72) erfand hier die Jardinera und servierte den Kunden Sardellen. Auch die Bar Nido, La Espiga, Ezkurra und einige andere öffneten zu dieser Zeit ihre Türen. Die Tradition des Poteo, die Sitte, von Bar zu Bar zu gehen, um ein Pote (Glas) Wein zu trinken, war geboren.

Die aktuelle Generation von La Espiga, San Sebastián

Der Spanische Bürgerkrieg (1936–1939) richtete verheerende Schäden an und führte im ganzen Land zu extremer Armut. In den 1940er-Jahren war die Altstadt von San Sebastián immer noch ein Durcheinander aus schlammigen Straßen, Eseln und den dazugehörigen Fliegen. In dieser Zeit wurden jedoch auch einige heute legendäre Bars eröffnet: Martínez, Casa Tiburcio, Paco Bueno, Casa Alcalde und La Cueva, um nur einige zu nennen. Die Tradition des Pintxo-Hoppings begann mit den Bewegungen zwischen diesen Geschäften und Bars, die als Txikiteo bezeichnet werden. Dabei trafen sich Kuadrillas, Gruppen baskischer Freunde, nach der Arbeit oder am Wochenende und gingen vor dem Mittag- und Abendessen von Ort zu Ort, wobei sie abwechselnd für die Txikitos, kleine Gläser Wein, die in Bechern mit dickem Boden serviert wurden, zahlten. Zehn bis 30 Runden Txikitos galten als selbstverständlich, aber natürlich wäre das ohne etwas zum Auffüllen des Magens etwas zu viel gewesen – und so kamen die Pintxos ins Spiel. Anfangs handelte es sich dabei einfach um hart gekochte Eier (el huevo del txikitero ist eine Institution in Bilbao), Oliven oder gegrillte Sardinen, wie im Fall der Apfelweinkneipen, aber schließlich wurden sie mit Zahnstochern aufgespießt und als Banderillas bezeichnet.

Nach dem Krieg waren die Zeiten noch immer hart – es gibt Berichte über Gildas, die nur aus einer halben Sardelle bestanden und bei denen Kartoffeln das Brot als Grundlage ersetzten –, aber nach dem Zweiten Weltkrieg kamen bessere Tage. Das Baskenland begann seinen Aufstieg zum Industriemotor, der es heute ist, und seine gut entlohnten Bürger gaben ihr Einkommen großzügig aus. Zu diesem Zeitpunkt begannen sich Pintxos langsam von einem bloßen Beiwerk zu einem Trend zu entwickeln. Die Grundlagen für Pintxos waren geschaffen: Sie waren Teil eines geselligen Beisammenseins, wurden im Stehen und unterwegs genossen und waren eine Art Vorläufer einer »richtigen« Mahlzeit, die in familiengeführten Bars oder Tavernen eingenommen wurde.

Paco Bueno, San Sebastián

Bar Martínez, San Sebastián

1960ER1980ER

Die Entwicklung

»Ah, sie haben nicht mehr als drei oder vier Gildas!«

JOSÉ IGNACIO, GANBARA, UND EIN VON IHM GEPRÄGTER AUSDRUCK FÜR BARS OHNE ZUFRIEDENSTELLENDE PINTXO-AUSWAHL

Der Zahnstocher, das Brot, das Schlendern von Bar zu Bar – all das prägte die Realität des Pintxo bis in die 1960er-Jahre. Es war eine Zeit der Kontraste, der Entwicklung, der Überschneidung von Vergangenheit und Gegenwart. In der Bar Martínez wurde ein Plakat aufgehängt, das das Mitbringen von Speisen verbot, was den Übergang vom reinen Alkoholausschank zum Speisenangebot signalisierte. María Salud in La Cueva, einer der ersten Pintxo-Bars in der Altstadt von San Sebastián, ging über Chorizo auf Brot hinaus und servierte Maurische Spieße (siehe Seite 237) und Gambas al ajillo, was für Aufsehen sorgte und Dutzende von Nachahmern auf den Plan rief. Damals befand sich La Cueva nicht wie heute bei einem Speiselokal an einem Jai-Alai-(Pelota-)Platz, sondern bei einem Hühner- und Kaninchenschlachthof, und es war nicht ungewöhnlich, dass gelegentlich ein Hühnerkopf auf die Terrasse rollte.

In der Altstadt von San Sebastián eröffneten immer mehr Bars, die sich den Pintxos widmeten, wie das Astelena mit seiner köstlichen Auswahl an frisch zubereiteten Toasts, Tintenfisch, paniertem Spargel und gefüllten Paprika. Zu dieser Zeit wurde der Begriff pincho, der sich aus dem spanischen Wort für »aufspießen« ableitet, im Volksmund durch den Begriff banderilla ersetzt – eine Veränderung, von der manche sagen, dass sie durch Besucher aus dem restlichen Spanien angestoßen wurde. In den 1970er-Jahren war eine Bar für ihren typischen Pintxo bekannt – mehr Wettbewerb bedeutete, dass man sich von der Masse abheben musste, zum Teil durch die Suche nach ausgefalleneren Produkten wie Txaka (Königskrabbe; siehe Seite 111) und das Aufstellen der Pintxos auf der Theke, um die Kunden zu verführen. Dennoch galt die Herstellung von Pintxos immer noch als ein Job wie jeder andere – nicht glamourös, nicht anerkannt, manchmal sogar der Putzfrau unterstellt.

In den 1970er-Jahren begannen die Preise für Pintxos in der Altstadt von San Sebastián zu steigen. Die anderen Stadtteile sowie die umliegenden baskischen Hauptstädte wachten da gerade erst auf. In Gros, einem neueren Viertel, dessen entlegene Ecken noch ein wenig öde waren, eröffneten Aloña und Hidalgo, die Vorläufer von Aloña Berri (siehe Seite 182) und Hidalgo 56 (siehe Seite 261). Die Bar Eme (siehe Seite 171) schlug ihre Wurzeln im damaligen Bilbao, Pamplona servierte seine ersten Pintxos, und Vitoria-Gasteiz leistete Pionierarbeit mit frittierten Speisen am Stiel im Trafalgar (siehe Seite 83), einem frühen Außenposten der Pintxo-Bewegung in dieser Stadt.

Und Anfang der 1980er-Jahre präsentierte der Sohn der Hidalgo-Besitzer, Juan Mari, die erste Speisekarte mit heißen Pintxos in San Sebastián, die aus individuellen Versionen bekannter Gerichte bestand. Der Wandel und der Appetit auf Neues lagen in der Luft.

1980ER2010ER

Das Goldene Zeitalter

»Der Pintxo hat sich allmählich, fast unbemerkt, von der Brotscheibe zum Teller entwickelt. Er hat sich aus dem ovalen Korsett befreit, in das er gesteckt werden musste, um sich in verschiedenen Formaten entwickeln zu können. Der Pintxo ist nicht mehr etwas, das man mit der Hand nimmt, er befleckt nicht mehr unser Revers. Man bestellt ihn, wartet und isst ihn mit Messer und Gabel.«

JOSEMA AZPEITIA, PINTXOS DE VANGUARDIA A LA DONOSTIARRA

Als Spanien die jahrzehntelange Franco-Diktatur hinter sich ließ, entstand eine neue Nachfrage nach Pintxos durch eine hungrige Öffentlichkeit. Unter den Fachleuten des Hotel- und Gaststättengewerbes wurde das Gerede über die immer raffinierteren Häppchen immer lauter, was 1989 durch ein von der Cofradía Vasca de Gastronomía organisiertes Restaurant-Seminar, bei dem 13 lokale Bars ihre Banderillas und Pintxos vorstellten, sowie durch den Concurso de Banderillas de Gipuzkoa, den ersten Wettbewerb für Banderillas, noch verstärkt wurde.

Der Pintxo, angetrieben durch die wachsende Nachfrage und Kaufkraft der Verbraucher, tat das, was er am besten kann – er eroberte die Herzen, Köpfe und Mägen aller kulinarisch interssierten Barbesucher. Er erwies sich auch als wirtschaftlicher Segen, und es dauerte nicht lange, bis Bars von Gros bis Bilbao begannen, den Trend zu kopieren. Barbesitzer wie José Ramón Elizondo (siehe Seite 182) und Patxi Bergara und seine Frau Blanca (siehe Seite 216) machten aus dem Pintxo die Nueva Cocina Vasca, indem sie baskische Traditionen mit Techniken der Haute Cuisine kombinierten. Eine echte Innovation begann außerhalb der Altstadt. Im Jahr 1992 wurde Pintxos Donostiarras von Pedro Martín Villa veröffentlicht – ein Vorbild für das gesamte Baskenland.

All dies fiel mit einem Rückgang der terroristischen Gewalt und einem Aufschwung des Tourismus zusammen, insbesondere um die Jahrhundertwende. Dazu kamen weitere Veränderungen. 1989 erhielt der Txakoli seine eigene Denominación de Origen, Getariako Txakolina, was die Qualität des einstmals rauen Tafelweins erfreulich steigerte und die in den Pintxo-Bars servierten Weine enorm verbesserte. Eine volle Bar zog Kunden an, und so begannen die Bars in den touristischeren Teilen der baskischen Hauptstädte Dutzende Teller mit Pintxos an der Theke übereinanderzustapeln, zufällige Kombinationen von Brot, Eingelegtem und Käse, mit Papierschildern zur Erklärung.

Am 21. Dezember 1999, dem Tag des heiligen Tomás, eröffnete in einer Ecke der Altstadt von San Sebastián eine winzige Bar, die nichts auf dem Tresen stehen hatte und nur eine Speisekarte auf einer Kreidetafel vorwies. Doch die Pintxos, die aus der Küche von La Cuchara de San Telmo (siehe Seite 251) kamen, waren revolutionär und markierten einen weiteren Wendepunkt in der Entwicklung des Pintxo. Köche aus der Welt der Haute Cuisine begannen, ihren Blick auf die Möglichkeiten des Pintxo zu richten, und experimentierten mit neuen Techniken und Zutaten. Ein Pintxo musste nicht mehr nur ein Begleiter zu einem Getränk sein, der mit den Händen gegessen wird, sondern konnte auch ein Stück geschmortes Fleisch mit einer schönen, glänzenden Demi-Glace-Sauce sein – eine Miniaturportion von dem, was normalerweise ein Hauptgericht ausmacht. Das öffnete die Türen für die Idee, Pintxos als Mahlzeit zu essen, ein wahrer Umbruch für diese Art des Essens. Dies führte auch unweigerlich zur Entwicklung von süßen Pintxos, was nur wenige Jahrzehnte zuvor noch unvorstellbar gewesen wäre.

In dem Maße, in dem sich die Speisekarten mit heißen Pintxos verbreiteten, begann auch die Welt der Molekulargastronomie in Erscheinung zu treten. Da die Pintxos nicht mehr auf der Theke ausgestellt werden mussten, ergaben sich neue Möglichkeiten. Bars im ganzen Baskenland begannen, mit Gelen, Schäumen und Sphären im Pintxo-Format zu experimentieren, angespornt durch die Trophäen, die nun bei den jährlichen Pintxo-Wettbewerben in der ganzen Region vergeben wurden.

Das innovative A Fuego Negro (siehe Seite 157) führte den Pintxo zu neuen Ufern, von Salaten bis zu Suppen in Schnapsgläsern, zusammen mit schwarzen Servietten und extralangen Zahnstochern. Diese Jahre schienen wirklich das Goldene Zeitalter des Pintxo zu sein – der Himmel war grenzenlos, viele Köche und Besitzer machten aus Freude am Spiel mit, und die Einheimischen von San Sebastián und darüber hinaus nahmen den sich ständig verändernden Pintxo mit Neugier und gutem Appetit an.

Bar Charly, Pamplona

Bar Toloño, Vitoria-Gasteiz

La Cuchara de San Telmo, San Sebastián

PerretxiCo, Vitoria-Gsteiz

2010ERGEGENWART

Der aktuelle Stand

»Die Nachfrage ist da. In jedem Viertel findet man eine Tafel mit einer Liste von heißen Pintxos. Die Qualität kann variieren, aber der Pintxo hat sich weit verbreitet.«

PAUL ARRILLAGA, ZAZPI, ÜBER DIE ZUKUNFT DES PINTXO

In den 2010er-Jahren schien die Innovation bei der Herstellung von Pintxos einen Höhepunkt erreicht zu haben. Der Tourismus im Baskenland erreichte neue Höhen, gefördert durch staatliche Werbemaßnahmen und, zumindest auf nationaler Ebene, durch einen Waffenstillstand, der allmählich zu einer Entwaffnung der baskischen Separatistengruppe ETA führte. In dieser Zeit fand eine Art Wachablösung statt. Viele der Köche – Ehepaare und Familien, die 30 oder 40 Jahre hinter ihren Theken verbracht hatten – wollten nun in den Ruhestand gehen, und oft hatten sie niemanden, der ihren Platz einnehmen konnte. Auch die letzten Txikiteros verschwanden, und die Folgen der Rezession von 2008 sowie gesündere Essgewohnheiten sorgten dafür, dass die Straßen und Bars weniger voll mit Einheimischen waren als je zuvor.

Das Internet hat auch die Pintxo-Karte revolutioniert. Touristen machen einen größeren Teil der Kundschaft aus, und sie kommen mit bereits geplanter Route oder schließen sich einer der vielen Pintxo-Touren an. Atari (siehe Seite 297) wurde zu einem Magneten für Ausländer und Einheimische und konnte in einem einzigen Sommerservice um die 1000 Bar-Pintxos verkaufen. In San Sebastián und Bilbao ist eine ehemals ausländische Restaurantgruppe aus dem Boden geschossen, die verschiedene Pintxo-Bars aufkauft und die meisten ihrer Pintxos an einem zentralen Ort zubereitet – gut für die Wirtschaftlichkeit, weniger für den Charakter. Im Jahr 2004 wurde in Vitoria-Gasteiz das Phänomen des »Pintxo Pote« geboren, als sich zehn Bars zusammenschlossen, um jeden Nachmittag für einen bestimmten Zeitraum einen Pintxo und ein Getränk für einen Euro anzubieten. Das Konzept verbreitete sich wie ein Lauffeuer und erreichte seinen Höhepunkt im Viertel Gros in San Sebastián, wo es nach wie vor donnerstagabends ein Getränk und einen Pintxo (in der Regel von minderer Qualität) für kleines Geld gibt. Obwohl das Konzept viele Menschen anzieht, fehlt ihm der kulinarische Geist, der den Pintxo ausmacht.

Heute bemühen sich die Einheimischen um die Bewahrung des Pintxo, anstatt ihn zu erneuern. Das Institut für den Pintxo wurde 2019 gegründet, um Grundregeln dafür festzulegen, was einen guten Pintxo ausmacht. Die Gründung des Instituts kam gerade zur rechten Zeit – die COVID-19-Pandemie, die Spanien praktisch lahmlegte, brachte den Pintxo in ernste Gefahr. Pintxo-Bars wurden geschlossen und dann vorsichtig wiedereröffnet, allerdings nur mit Tischbestuhlung – ein vernichtender Schlag für die kleinen Bars im Baskenland. Mehrere Bars schlossen für immer oder wechselten den Besitzer, weil sie sich rechtzeitig zur Ruhe setzten. Heute entwickelt sich die Geschichte des Pintxo weiter, aber das Ritual hat mehr Fans und leidenschaftliche Verfechter denn je.

WIE MAN PINTXOS WIE EIN EINHEIMISCHER ISST

Für den Fall, dass Sie sich in einer Pintxo-Bar im Baskenland wiederfinden, gibt es einige Regeln, die Sie beachten sollten:

1NICHT SCHÜCHTERN SEIN: Je nach Viertel, Lokal und Tageszeit kann es sein, dass Sie sich durch eine Menschenmenge schlängeln müssen, um an die Bar zu gelangen. Seien Sie höflich, aber nicht schüchtern! Nehmen Sie Augenkontakt mit den Barkeepern auf, wenn sie beschäftigt sind, damit sie wissen, dass Sie warten.

2 Essen Sie im STEHEN. Pintxos sind dafür gedacht, direkt an der Bar gegessen zu werden.

3EINE BAR, EIN PINTXO, EIN GETRÄNK. Die Idee hinter dem Pintxo ist es, weiterzuziehen. Die Einheimischen trinken ein Getränk und genießen einen dazu passenden Pintxo und machen sich dann zur nächsten Bar auf. Gut, vielleicht gibt es zwei Pintxos – aber bestellen Sie nicht fünf in der ersten Bar, in die Sie gehen!

4 Probieren Sie DIE SPEZIALITÄT: Wenn Sie nicht wissen, für welchen Pintxo eine Bar berühmt ist, fragen Sie den Kellner oder schauen Sie sich einfach um. Die besten Bars haben eine besondere Spezialität, wegen der alle hier einkehren.

5 Servietten AUF DEN BODEN. Es ist üblich, die benutzten Servietten diskret unter die Theke zu werfen. Das gilt als hygienischer, als schmutzige Servietten auf dem Tresen mit den Pintxos liegen zu lassen.

6 Bezahlen Sie ERST, WENN SIE MIT DEM ESSEN FERTIG SIND. Sie sollten nicht aufgefordert werden, zu zahlen, bevor Sie fertig sind. Achten Sie aber darauf, was Sie bestellt haben, denn Sie werden wahrscheinlich gefragt werden, auch wenn der Kellner es weiß.

7 Plaudern UND KONTAKTE KNÜPFEN. Der Sinn von Pintxos ist es, sich miteinander zu unterhalten. Wenn Sie keine Begleitung haben, beginnen Sie ein Gespräch mit jemandem, der neben Ihnen sitzt.

WETTBEWERBE

Es gibt unzählige Pintxo-Wettbewerbe, von der traditionellen Pintxo-Meisterschaft bis zum Idiazábal-Käse-Pintxo-Wettbewerb – es scheint, als hätte jedes Dorf seine eigene Version. Kritiker behaupten, die Welt der Wettbewerbe sei inzwischen ein einziges Durcheinander von Sponsoren und Köchen, die Pintxos präsentieren, die noch nie das Licht einer Pintxo-Bar gesehen haben. Doch ob man sie nun liebt oder hasst, Pintxo-Wettbewerbe haben den unbestreitbaren Effekt, dass sie die Innovation und den Einsatz hinter der Theke anspornen.

Die Wettbewerbe wurden ins Leben gerufen, um Kriterien für qualitativ hochwertige Pintxos zu institutionalisieren, und die Tatsache, dass weltberühmte Sterneköche über Pintxos urteilten, war für den Ruf des Pintxo von großer Bedeutung. Viele Barbesitzer räumen ein, dass die Pintxo-Wettbewerbe sie dazu brachten, kreativer zu werden, vor allem in der Anfangszeit.

Preise in der Bar Bergara, San Sebastián

Sie hatten den zusätzlichen Effekt, dass sie Wissen verbreiteten, bevor es Mobiltelefone und das Internet gab, was es den Köchen ermöglichte, sich über Trends zu informieren und auf dem Laufenden zu bleiben.

Bei diesen oft tagelangen Wettbewerben bereiten Köche und Barbesitzer ihre Pintxos für eine Jury aus Köchen und Journalisten zu, die die Beiträge bewertet und über den Sieger entscheidet. Die früheste Erwähnung eines Pintxo-Wettbewerbs findet sich im Bericht des Centro de Atracción y Turismo aus dem Jahr 1971, in dem auf den Primer Concurso de Banderillas de San Sebastián verwiesen wird, der von La Espiga gewonnen wurde. Bis zum Concurso de Banderillas de Gipuzkoa im Jahr 1989 gibt es jedoch keine weiteren Belege für Wettbewerbe. In Pamplona fand 1992 der erste Wettbewerb, der I Concurso de Pinchos y Banderillas, statt, der 1996 von der Feria del Pintxo abgelöst wurde. Deren Sieger wurde durch eine Volksabstimmung und nicht durch eine Fachjury ermittelt.

Hier sind die wichtigsten Pintxo-Wettbewerbe nach Regionen mit ihrem Gründungsdatum.

BASKENLAND

Campeonato de Pintxos

de Euskal Herria

seit 2006

GIPUZKOA

Campeonato de Pintxos, Banderillas y Cocina en Miniatura de Gipuzkoa

seit 2021

Campeonato de Pintxos de Gipuzkoa

seit 1999

BIZKAIA

Campeonato de Pintxos de Bizkaia, seit 2017

Vorgänger: Concurso de Pintxos de Bilbao Bizkaia, seit 1997

ARABA

Semana del Pintxo de Álava, seit 2014

Vorgänger des Concurso Alavés de

Pinchos y Banderillas, seit 1993

NAVARRA

La Semana del Pincho

seit 1999

SPANIEN

(Valladolid)

Concurso Nacional de Pinchos y Tapas

seit 2005

ERSTES KAPITEL

ZAHNSTOCHERPINTXOS

GILDA – SARDELLEN-PAPRIKA-OLIVEN-SPIESS

BILBAINITO – SPIESS MIT GARNELEN UND EI

GRILLO – SPIESS MIT KARTOFFELN, SALAT UND ZWIEBELN

INDURAIN – SPIESS MIT SARDELLEN, THUNFISCH, PAPRIKA UND OLIVEN

Wenn dieses Buch eine Bibel der Pintxos ist, dann ist dieses Kapitel ganz sicher die Genesis. Während die Merkmale, die einen Pintxo definieren, manchmal vage und manchmal umstritten sein können, wird niemand bezweifeln, dass zwei oder drei Zutaten, die auf einen Zahnstocher gesteckt werden, ein Pintxo sind. Warum eigentlich? Weil so diese Form des Essens begann.

Das Wort pintxo kommt vom spanischen Verb pinchar, was so viel bedeutet wie »stechen, piksen oder injizieren«, und tatsächlich ist die erste Inkarnation dieser Art von Miniaturküche die visuelle Umsetzung des Verbs: nichts weiter als ein oder zwei Zutaten, aufgespießt auf einen hölzernen Zahnstocher. Der Ursprung dieses in seiner Einfachheit wunderschönen Grundsteins des Pintxo ist nicht überliefert, trotz der vielen urbanen Legenden, die ihn auf diesen oder jenen Zeitpunkt festnageln. Die populärste Version besagt, dass der erste Pintxo in den 1940er-Jahren in Casa Vallés in San Sebastián von einem klugen Mann namens Txepetxa erfunden wurde. Fotografische Beweise aus den Jahren zuvor widerlegen jedoch diese Theorie. Die Wahrheit ist, dass niemand weiß, wer als Erster eingelegtes Gemüse, Oliven, geräucherten Fisch und alles andere, das so herumliegt, auf einen spitzen Stock gesteckt hat.

Heutzutage sind Zahnstocher-Pintxos nicht mehr so häufig anzutreffen, da sie Platz für schickere Varianten gemacht haben. Aber das tut ihrer Perfektion als Appetitanreger und ihrer Leichtigkeit keinen Abbruch. Mit unzähligen Zutaten wie gesalzenen Sardellen, eingelegtem Thunfisch, Paprika, Cocktailzwiebeln und sonnengetrockneten Tomaten, um nur einige der beliebtesten zu nennen, lassen sich die Pintxos beliebig kombinieren.

Diese Art von Pintxo wurde ursprünglich Banderilla genannt, eine Anspielung auf die im Stierkampf verwendeten Stachelstöcke. Die wörtliche Übersetzung lautet »kleine Fahne«, was sehr passend ist – nichts fühlt sich so patriotisch an wie das Aufspießen einiger der besten Lebensmittel des Baskenlandes zu einem schönen Band aus Farbe … und dann hineinzubeißen.

Gilda

SARDELLEN-PAPRIKA-OLIVEN-SPIESS

Wenn eine Bar nur einen Pintxo im Angebot hat, ist es wahrscheinlich die Gilda. Sie besteht aus nichts anderem als baskischer Guindilla-Paprika, eingelegten Sardellen und grünen Oliven am Stiel, doch diese spezielle Kombination hat alle anderen Pintxos mit Zahnstochern in den Schatten gestellt. Das lag nicht zuletzt an der Verbindung zu Rita Hayworths Figur im gleichnamigen Film von 1946. Urbane Legenden, die die Gilda als ersten Pintxo bezeichnen oder seine Erfindung der Casa Vallés zuschreiben (siehe Seite 40), sind genau das: Legenden. Wahr ist jedoch, dass die Gilda einer der ersten Happen war, die in den Bars von San Sebastián serviert wurden, und es gibt Belege dafür, dass sie bereits in den 1920er-Jahren auf den Tisch kam. Der Schlüssel zur besten Gilda liegt in der Auswahl der Zutaten: Die Guindillas sollten zart, dünn und glatt sein, die Sardellen keine sichtbaren Gräten haben und das Olivenöl frisch und extra vergine sein.

BASKISCH

KREIERT

WO ESSEN

DAZU TRINKEN

GILDA

1920ER- BIS 1930ER-JAHRE

CASA VALLÉS, SAN SEBASTIÁN

EIN KÜHLES GLAS GETARIAKO TXAKOLINA, EINGESCHENKT AUS ZWEI METERN HÖHE

FÜR 4 STÜCK

8 eingelegte Guindilla-Paprikaschoten (siehe Hinweis unten)

8 entsteinte grüne Manzanilla-Oliven

4 in Olivenöl eingelegte Sardellenfilets, vorzugsweise aus Kantabrien

natives Olivenöl extra von guter Qualität zum Beträufeln

Die Stiele der Paprikaschoten abschneiden. Jede Paprika kreuzweise halbieren.

Mit einem langen Zahnstocher eine Olive in der Mitte durchstechen, gefolgt von zwei Paprikastücken. Eine Sardelle S-förmig auf den Zahnstocher spießen. Zwei weitere Paprikastücke hinzufügen und mit einer weiteren Olive abschließen. Für drei weitere Spieße den Vorgang mit den restlichen Zutaten wiederholen.

Bei Zimmertemperatur auf einer Platte servieren und großzügig mit Olivenöl beträufeln.

HINWEIS

Wählen Sie den Zahnstocher mit Bedacht. Ursprünglich wurden für die Zubereitung von Pintxos flache Zahnstocher verwendet, aber sowohl die Größe als auch die ästhetische Komplexität der Pintxos haben sich seither weiterentwickelt. Der beste Pintxo-Zahnstocher ist etwa 10 cm lang und hat nur ein spitzes Ende, das zum Einstechen der Zutaten verwendet wird.

PIPARRAK / GUINDILLA-PAPRIKA / GUINDILLAS

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Die berühmtesten Guindillas, eine Paprika-Art der Gattung Capsicum frutescens, werden in und um das Dorf Ibarra angebaut und kommen zu Beginn des Sommers auf die baskischen Märkte. Sie sind leuchtend grün, haben eine glatte, zarte Haut und können zwischen 5 und 15 cm lang sein. In der Saison werden frische Guindillas in der Regel kurz gebraten oder eingelegt und das ganze Jahr über verwendet. Sie sind eine unverzichtbare Zutat für viele traditionelle Pintxos wie die Gilda. Am ehesten kann man sie durch eingelegte Peperoni ersetzen, auch wenn deren Textur und Geschmack etwas anders sind.

HINTER DER BAR

CASA VALLÉS, SAN SEBASTIÁN

Die Casa Vallés nimmt in der dünnen schriftlichen Geschichte des Pintxo einen ruhmreichen Platz ein, dank eines lokalen Zeitungsartikels, der der Bar die Erfindung der Gilda zuschreibt. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt dieser Geschichte ist die Casa Vallés eine der ältesten noch existierenden Pintxo-Bars von San Sebastián. Blas Vallés, ein Winzer aus Olite in Navarra, gründete sie im Jahr 1942, um den von ihm produzierten Wein zu verkaufen (Aufzeichnungen zeigen, dass bereits 1936 an gleicher Stelle Wein verkauft wurde). Die Bar ist seit Langem ein Objekt der Zuneigung und sogar des Streits unter den Donostiarras (baskische Bezeichnung für die Einwohner von San Sebastián). Im Jahr 1973 geriet die Bar in Brand und die Besitzer mussten mehr als 100 Schinken wegwerfen, die durch das Feuer verdorben waren. Jahre später entbrannte in der Stadt eine Debatte darüber, ob diese Schinken nicht einfach als eine besondere »geräucherte« Sorte verkauft worden sein könnten.

Die Bar befindet sich seit vier Generationen im Familienbesitz und hat sich ein Gefühl der Authentizität bewahrt. Das Interieur mit Terrazzoböden, einer Theke und vertäfelten Wänden ist mit luftgetrockneten ganzen Schinken und mittelalterlich anmutenden Kronleuchtern ausstaffiert, was den Eindruck erweckt, die Zeit sei stehen geblieben. Und in gewisser Weise ist sie das auch – die klassischen Pintxos gibt es immer noch an der Theke, zusammen mit belegten Broten, und in der Ecke stehen Gläser mit Konserven und Käsestücken.

Banderillas und Stierkampf