Das Cholesterin-Buch - Dr. Ramon Martinez - E-Book

Das Cholesterin-Buch E-Book

Dr. Ramon Martinez

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  • Herausgeber: Humboldt
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2023
Beschreibung

Schluss mit Unsicherheit beim Thema Cholesterin Cholesterin ist für unseren Körper lebenswichtig. Zum Problem wird es, wenn wir zu viel davon im Blut haben. Dann kann es die Gefäße verstopfen und die Gefäßwände schädigen, was im schlimmsten Fall zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall führen kann. Durch eine gesunde Ernährung und Bewegung kann man jedoch selbst wesentlich zur Normalisierung des Cholesteringehalts im Blut beitragen. Und wer seinen überflüssigen Pfunden auf diese Weise zu Leibe rückt, mindert zudem das Risiko für andere Gefäßerkrankungen. Zuverlässige Experteninformationen – verständlich erklärt Dieser Ratgeber hilft, den Cholesterinspiegel maßgeblich zu senken und den allgemeinen Gesundheitszustand zu verbessern. Dr. Ramon Martinez, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie sowie Bluthochdruckspezialist der Deutschen Hochdruckliga, stellt alle wichtige Grundlagen und Studien zu Cholesterin vor und erläutert die Vorzüge einer nicht-medikamentösen Therapie – denn nicht immer ist der Einsatz von cholesterinsenkenden Medikamenten sinnvoll. Außerdem gibt er den Lesern eine Vielzahl an wirksamen Methoden und Maßnahmen an die Hand, um ihre Blutfette und viele weitere gesundheitliche Aspekte positiv zu beeinflussen. Aus dem Inhalt: • Cholesterin – was ist das? • Welche Werte sind normal? • Die vier Risikogruppen • Wie wichtig ist das Cholesterin im Essen? • Warum Abnehmen wichtig ist • So wirken Bewegung und Sport • Cholesterinsenkende Medikamente • Pflanzliche Mittel auf dem Prüfstand

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Seitenzahl: 160

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Cholesterin senken auf natürlichem Weg

Wer seine Cholesterinwerte senken möchte, muss nicht immer zu Medikamenten greifen. Neben vielen anderen Maßnahmen ermöglicht zum Beispiel eine Umstellung der Ernährung eine beträchtliche Senkung des Cholesterins und Steigerung der Herzgesundheit. Die untenstehende Grafi k verdeutlicht, welche zu erwartende Cholesterinsenkung die jeweilige Maßnahme bieten kann. Dabei handelt es sich um Mittelwerte aus wissenschaftlichen Untersuchungen, die allein durch Einhaltung der jeweils einzelnen Methode erreicht wurden. Daher beachten Sie bitte: Die Angaben vermitteln einen Eindruck der möglichen Werte einer Senkung des Cholesterinspiegels. Beim Einhalten mehrerer Maßnahmen dürfen diese Werte nicht einfach addiert werden – allerdings sinkt das Cholesterin mit jeder Maßnahme, die Sie umsetzen, einen weiteren Schritt.

WIE SIE DIESES BUCH AM BESTEN NUTZEN

WAS SIE ÜBER CHOLESTERIN WISSEN SOLLTEN

Cholesterin – was ist das?

Cholesterin senken – so funktioniert es

Cholesterinforschung – spannend wie ein Krimi

LDL, HDL und Co.

Welche Werte sind normal?

Die vier Risikogruppen

Ursachen und Risikofaktoren

CHOLESTERIN SENKEN MIT DER RICHTIGEN ERNÄHRUNG

Wie wichtig ist das Cholesterin im Essen?

Fette – keinesfalls nur schlecht

Kohlenhydrate – auf die richtigen kommt es an

Ernährungstipps für den Alltag

Mikronährstoffe – das nächste Level der Ernährung

DURCH ABNEHMEN DAS CHOLESTERIN SENKEN

Warum Abnehmen so wichtig ist

Übergewicht ist auch genetisch bedingt

Das Gewicht richtig einordnen

Nachhaltig abnehmen

Abnehmtipps für den Alltag

CHOLESTERIN SENKEN MIT BEWEGUNG

So wirken Bewegung und Sport

Geeignete Sportarten

Richtig essen und trinken beim Sport

Mit Bewegung besser abnehmen

CHOLESTERINSENKENDE WIRKSTOFFE IM ÜBERBLICK

Cholesterinsenkende Medikamente

Pflanzliche Mittel auf dem Prüfstand

WIE SIE DIESES BUCH AM BESTEN NUTZEN

Liebe Leserin, lieber Leser,

dieses Buch beschreibt eine Vielzahl an Maßnahmen, mit denen Sie Ihre Blutfette nachhaltig senken und gleichzeitig Ihren allgemeinen Gesundheitszustand erheblich verbessern können – damit steigern Sie innerhalb kurzer Zeit Ihr Wohlbefinden und Ihre Leistungsfähigkeit, denn die beschriebenen Umstellungen der Ernährung und des Lebensstils bewirken in Ihrem Organismus tiefgreifende Veränderungen, die viele gesundheitliche Aspekte positiv beeinflussen.

Ich freue mich, wenn Sie nach der Lektüre dieses Buches voller Elan in die neue Lebensphase eintreten. Bedenken Sie aber bitte: Alles auf einmal zu ändern, wird nur selten gelingen. Deshalb ist es sinnvoller, wenn Sie mit einem Thema beginnen, das Ihnen leichtfällt. Dann sind Sie motiviert, werden Erfolg haben und wagen sich auch an andere Bereiche, die Ihnen zuerst schwieriger erschienen. Ich empfehle Ihnen daher, dass Sie zunächst mit einer Änderung beginnen, etwa mit der Gewichtsreduktion oder mit einem Bewegungsprogramm. Nach einiger Zeit können Sie dann weitere Maßnahmen hinzufügen.

Indem Sie das Buch mehrmals durchlesen, erhalten Sie immer neue Impulse, die sich gut in Ihr Leben integrieren lassen, sodass Sie nach und nach über ein großes Repertoire verfügen, das Ihre Blutfette, aber auch Ihr gesamtes Wohlbefinden günstig beeinflusst.

Möge dieses Buch dazu beitragen, Ihre Gesundheit und Ihr Wohlbefinden zu verbessern! Auf dem Weg in ein gesundes Leben wünsche ich Ihnen viel Freude und Erfolgserlebnisse!

Ihr

Dr. med. Ramon Martinez

WAS SIE ÜBER CHOLESTERIN WISSEN SOLLTEN

Cholesterin ist für unseren Körper lebenswichtig. Zum Problem wird es, wenn wir zu viel davon im Blut haben. Dann kann es die Gefäße verstopfen und die Gefäßwände schädigen, was im schlimmsten Fall zu einem Herzinfarkt oder Schlaganfall führen kann. Was ist Cholesterin, wie gehen Sie am besten mit hohen Werten um und mit welchen Maßnahmen können Sie sie wirksam senken? Antworten dazu erhalten Sie in diesem Kapitel.

Cholesterin – was ist das?

Cholesterin misst man in mg/dl, also Milligramm pro Deziliter oder, in Deutschland unüblicher, in Millimol pro Liter, mmol/l.

Cholesterin ist ein Blutfett. Es erfüllt im Organismus so wichtige Funktionen, dass es unser Körper sogar selbst herstellt, um nicht auf die Zufuhr mit der Nahrung allein angewiesen zu sein: Drei Viertel des gesamten Cholesterins bildet er in der Leber und in der Darmschleimhaut. Der Rest gelangt über die Nahrung in unseren Körper. Cholesterin ist für die Funktion der Außenhaut der Zellen, der Zellmembranen, unabdingbar. Darüber hinaus ist es zur Herstellung unterschiedlicher Hormone wie Östrogen und Testosteron notwendig sowie für die Bildung von Gallensäuren, die für die Verdauung unverzichtbar sind.

Aufgaben von Cholesterin

• Cholesterin ist ein notwendiger Bauteil von Körperzellen.

• Cholesterin ist ein wesentliches Reparaturmolekül von geschädigten Zellwänden.

• Cholesterin wird zur Produktion von Gallensäuren benötigt und als solche ausgeschieden.

• Cholesterin ist die Grundsubstanz der weiblichen und männlichen Geschlechtshormone.

Problematisch wird es allerdings, wenn die Cholesterinmenge im Blut zu hoch liegt – und das tut sie bei vielen von uns: Etwa ein Drittel der Bevölkerung zwischen 18 und 79 Jahren hat laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung einen erhöhten Cholesterinspiegel im Blut. Und wenn die Konzentration dieser Blutfette über einen langen Zeitraum zu hoch ist, drohen gefährliche Konsequenzen. Ein hoher Cholesterinspiegel gehört zu den Hauptrisiken für Herzerkrankungen und Schlaganfälle, denen jedes Jahr in Deutschland mehr als 350.000 Menschen zum Opfer fallen. Den Cholesterinspiegel zu senken, lohnt sich also: Über 80 % aller Herzinfarkte und Schlaganfälle könnten vermieden werden, wenn alle aktuellen medizinischen Erkenntnisse im Alltag angewandt würden. Eine Chance, von der jeder profitiert, der sich entsprechend informiert und diese Erkenntnisse für sich nutzt – auch Sie!

Ich zeige Ihnen in meinem Buch Schritt für Schritt, wie Sie nach und nach einen erhöhten Cholesterinspiegel und zusätzliche Risikofaktoren beseitigen, die zu Herzerkrankungen führen können. Das dazu notwendige Rüstzeug bekommen Sie aus meiner Sicht des praktisch tätigen Mediziners: Meine Erfahrungen und Einschätzungen gehen in alle Empfehlungen ein.

Cholesterin senken – so funktioniert es

Jeder kann allein durch seinen Lebensstil wesentlich dazu beitragen, einen überhöhten Cholesterinspiegel zu senken, und dadurch sein Risiko zu erkranken deutlich verringern. Leider wird die Wirkung dieser nicht-medikamentösen Maßnahmen immer noch unterschätzt! Selbst bei hoher genetischer Veranlagung u. a. für Herzinfarkte konnte in einer Untersuchung aus dem Jahr 2016, bei der über 55.000 Teilnehmer eingeschlossen wurden, das Auftreten dieser Erkrankungen schon mit relativ einfachen Maßnahmen eines gesunden Lebensstils nahezu halbiert werden. Es existieren fundierte Daten, die bestätigen, dass über 80 % aller Herzinfarkte und Schlaganfälle mit geeigneten Maßnahmen, die jeder ergreifen kann, vermeidbar wären.

Über 80 % aller Herzinfarkte und Schlaganfälle wären mit Maßnahmen, die jeder ergreifen kann, vermeidbar.

Was bringt die Cholesterinsenkung für meine Gesundheit?

Allgemein gesprochen, lassen sich durch eine konsequente Senkung der Blutfette etwa 35 % aller Herzinfarkte und rund 33 % aller Schlaganfälle vermeiden. Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) und die Europäische Arteriosklerose Gesellschaft (EAS), also wissenschaftlich sehr fundierte Quellen, gehen davon aus, dass sich durch eine entsprechende Lebensweise 80 % der Herz-Kreislauf-Erkrankungen und 40 % der Krebserkrankungen vermeiden lassen. Eine Senkung des LDL-Cholesterins um 40 mg/dl vermindert Herzinfarkte und Sterblichkeit um 20 %. Das sind Werte, die es lohnend erscheinen lassen, sich mit dieser Thematik zu befassen.

Der lange Weg zu gesicherten Therapieempfehlungen

Auf das Cholesterin als Krankheitsfaktor stießen Forscher in den 1960er-Jahren. Sie beobachteten, dass sich das Spektrum an Krankheiten unter dem zunehmenden Wohlstand erheblich wandelte und Infektionserkrankungen als Folgen von schlechter Hygiene und Mangelernährung zurückgedrängt wurden. An ihre Stelle traten nun Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems, allen voran Herzinfarkte, die bald als „Epidemie des 20. und 21. Jahrhunderts“ bezeichnet wurden. Forscher begannen dieses Phänomen zu untersuchen und stießen dabei auf einen Zusammenhang zwischen Herzinfarkten und hohem Cholesterin. Diese Entdeckung verbreitete sich in der Bevölkerung sehr rasch – und ebenso rasant mögliche Gegenmaßnahmen. Es ist seither eine unüberschaubare Fülle an Daten und Studien zum Cholesterin zusammengekommen. Diese Vielzahl an Informationen hat häufig zu Missverständnissen und teilweise zu einer einseitigen Betrachtung geführt.

Zunächst wurde versucht, dem Problem des Cholesterins mit Hilfe der Ernährung beizukommen, später mittels Medikamenten. Diese waren zunächst in ihrer Wirkung nicht sehr effektiv, bis 1987 eine neue Klasse cholesterinsenkender Medikamente auf den Markt kam, die sogenannten Statine. Sie ermöglichten eine Senkung der Cholesterinwerte, wie sie bis dahin undenkbar war.

Mit dem zu dieser Zeit noch relativ beschränkten Wissen darüber, wer von einer solchen Medikation profitiert, breiteten sich diese Substanzen rasant aus, und die nicht-medikamentösen Maßnahmen gerieten in den Hintergrund. Zu Unrecht wurde den Medikamenten mehr Bedeutung beigemessen als einer gesunden Lebensführung. Dabei wurden zum einen die Nebenwirkungen der Statine vernachlässigt. Zum anderen bewirkt eine vernünftige Änderung des Lebensstils nicht nur die Cholesterinsenkung, sondern eine Vielzahl weiterer Effekte: Das reicht von Blutdrucknormalisierung, Gewichtssenkung, Erhöhung des günstigen HDL-Cholesterins bis hin zur Vermeidung eines Diabetes Typ 2. Ein gesunder Lebensstil bringt also in der Summe einen enormen Gesundheitsgewinn, der weit über die isolierte Cholesterinsenkung hinausgeht.

Inzwischen hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass Cholesterin nicht für sich allein betrachtet werden sollte. Die weiteren Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, also Blutdruck, Raucherstatus, Diabetes Typ 2 oder nicht, müssen mit dem Cholesterin berücksichtigt werden. Darauf gehe ich später noch im Detail ein. Vorab aber sollten Sie sich schon merken, dass nicht ein einziger Cholesterinwert als normal angesehen werden kann, sondern dass Cholesterin bei dem einen Patienten noch als „in Ordnung“ gelten kann, während derselbe Wert bei einem anderen Patienten als „behandlungsbedürftig“ eingestuft werden muss – je nach Begleit-Risikofaktoren und nach den gegebenenfalls vorliegenden Erkrankungen.

Inzwischen hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass Cholesterin nicht für sich allein betrachtet werden sollte.

Bei sehr vielen Menschen genügen die Maßnahmen, die ich Ihnen zeige, um das Cholesterin ausreichend zu senken, während andere unter Umständen zusätzlich Medikamente einnehmen müssen. Trotzdem sollten die nicht-medikamentösen Maßnahmen immer (!) die Grundlage der Behandlung bilden und auch im Fall einer medikamentösen Therapie intensiv fortgeführt werden. Für Ihren Organismus ist nämlich auch eine niedrigere Medikamentendosis ein Gewinn.

Cholesterinforschung – spannend wie ein Krimi

Cholesterin kann man schon seit 1934 messen, als Krankheitsfaktor wurde es aber erst in den 1960er-Jahren bekannt.

Die Voraussetzungen, um einen Zusammenhang zwischen Cholesterinspiegel und Herzinfarkten herzustellen, waren bereits seit 1934 gegeben, als sich das Cholesterin im Blut zuverlässig bestimmen ließ. Herzinfarkte konnten seit 1918 mittels Elektrokardiogramm (EKG) zumindest in vielen Fällen diagnostiziert werden.

Ende der 1940er-Jahre rückten in den industrialisierten Ländern, allen voran in den USA, Erkrankungen aufgrund von Arteriosklerose, landläufig Arterienverkalkung genannt, an die Spitze der Todesursachen. Ohne direkten ersichtlichen Grund verbreitete sich vor allem der Herzinfarkt in Windeseile. Es begann die fieberhafte Suche nach der Ursache für diesen „Killer Nummer 1“.

Viele der heutigen Erkenntnisse verdanken wir einer amerikanischen Kleinstadt namens Framingham, in der 1948 eine groß angelegte Studie begonnen wurde. 5209 Einwohner beteiligten sich daran, die Ursache für die hohe Zahl an Herz-Kreislauf-Erkrankungen in den USA zu ergründen. Da die Auswirkungen verschiedener Lebensumstände auf die Gesundheit oft erst nach vielen Jahren und sogar Jahrzehnten zum Vorschein kommen, werden bis heute Daten aus dieser Bevölkerung gesammelt. 1971 wurden die Kinder der ersten Probanden in die Studie mit einbezogen (5124); sie verlief also über zwei Generationen.

Erkenntnis 1: Ein niedrigerer Cholesterinspiegel wirkt sich positiv auf Herzinfarktrisiko und Lebenserwartung aus

In der Auswertung nach einer Zeitspanne von 30 Jahren lag die Sterblichkeit bei den unter 50-Jährigen umso niedriger, je niedriger der Cholesterinspiegel war. Ein um 10 mg/dl höherer Cholesterinspiegel erhöhte die Sterblichkeit um 5 % und das Risiko einer tödlichen Herzerkrankung um 9 %. Eine relativ geringe Senkung des Cholesterins wirkte sich schon deutlich auf das persönliche Herzinfarktrisiko und auf die Lebenserwartung aus.

Aber nicht alle Resultate passten so gut zur Lehrmeinung über das Cholesterin. So war bei den über 50-Jährigen kein solcher Zusammenhang mehr zu erkennen. Das muss aber nicht zwangsläufig bedeuten, dass ein erhöhter Cholesterinspiegel bei den über 50-Jährigen nicht mehr das Risiko für Herzinfarkte erhöht. Möglicherweise gehen bestimmte schwere Krankheiten wie Krebs, der oft zur Auszehrung der Patienten führt, mit einem niedrigen Cholesterinspiegel einher. So könnten sich in der Gruppe der Menschen mit niedrigem Cholesterinspiegel mehr Schwerkranke befinden als in der Gruppe mit höherem Cholesterinspiegel. Das könnte den schützenden Effekt eines niedrigen Cholesterinspiegels auf das Herz-Kreislauf-System aufheben.

Diese und andere Daten, die Anlass zur Kritik seitens der Cholesterinzweifler gaben, wurden in der Öffentlichkeit tatsächlich kaum diskutiert. Veröffentlicht wurden zumeist Deutungen, die in das damals geltende wissenschaftliche Bild passten. Fest steht, dass die Framingham-Studie Fragen offen ließ und sie in der Öffentlichkeit zum Teil einseitig als Beleg für die schädliche Wirkung des Cholesterins aufgeführt wurde, ohne wirklich alle Resultate zu würdigen. Erst weitere Studien brachten mehr Licht in diesen Sachverhalt. Eine spätere Analyse der Framingham-Studie aus dem Jahr 1993 offenbarte zwar für 40- bis 60-Jährige einen positiven Zusammenhang zwischen Cholesterinspiegel und dem Risiko, an einer Herzerkrankung zu sterben, nicht aber für über 70-Jährige. Wohlgemerkt sprechen wir hier vom Gesamtsterberisiko, denn das Herzinfarktrisiko nahm auch hier mit ansteigendem Cholesterinspiegel merklich zu, nicht jedoch die Gesamtsterblichkeit. Während die Framingham-Studie also zeigte, dass mit ansteigendem Cholesterinspiegel Herzinfarkte häufiger auftreten, wurde an dieser Stelle nicht bewiesen, dass eine Senkung des Cholesterinspiegels die Lebenserwartung erhöht.

Die Framingham-Studie zeigte, dass mit ansteigendem Cholesterinspiegel Herzinfarkte häufiger auftreten – aber nicht, dass eine Senkung des Cholesterinspiegels die Lebenserwartung erhöht.

Erkenntnis 2: Das richtige Fett senkt das Herzinfarktrisiko

Ancel Keys, einer der bekanntesten Pioniere in der Cholesterinforschung, leitete ab 1958 eine bedeutende Untersuchung, bei der die Häufigkeit von Herzkrankheiten in sieben verschiedenen Ländern erfasst und mit dem Cholesterinspiegel sowie den Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung in Zusammenhang gebracht wurde. In dieser „7-Country-Study“ wurden 12.763 Männer aus den USA, Italien, Griechenland, Japan, Finnland, Serbien und den Niederlanden untersucht und beobachtet. Die Unterschiede zwischen den sieben Ländern waren verblüffend: Als Land mit der höchsten Sterblichkeit am Herzinfarkt stellte sich Finnland mit 972 Infarkten pro 10.000 Personen heraus. Das war achtmal mehr als in Griechenland, das mit 120 pro 10.000 Personen das geringste Risiko zeigte.

Was war der Grund für diese erstaunlichen Unterschiede? Zu dieser Zeit, und noch lange danach, galt ein hoher Fettkonsum allgemein als schädlich. Es überraschte zunächst, dass die Fettmenge, die im Durchschnitt täglich verzehrt wurde, für Griechenland und Finnland etwa gleich hoch lag, nämlich bei ca. 40 % der täglichen Kalorienmenge. Die Lösung für diesen scheinbaren Widerspruch lag nicht in der Fettmenge, sondern in der Fettart! Die Griechen bevorzugten einfach ungesättigte Fette, vor allem aus Olivenöl. Diese machten 29 % der Fettmenge aus. Dagegen lag die Menge an gesättigten Fetten bei nur 8 %. In Finnland wurden überwiegend gesättigte Fette (22 %) und nur wenig ungesättigte (14 %) verzehrt – ein wichtiger früher Hinweis darauf, dass nicht die Fettmenge, sondern ihre Zusammensetzung über kranke oder gesunde Arterien entscheidet. Tatsächlich weisen die einfach ungesättigten Fette aus Olivenöl einen schützenden Effekt auf. Diese Beobachtung führte übrigens zur Popularität der mediterranen Kost (siehe auch Seite 70).

Schon zu diesem Zeitpunkt – also vor über 50 Jahren – fanden sich Hinweise auf den Zusammenhang zwischen erhöhtem Cholesterinspiegel und Herzinfarkt, aber keine sicheren Beweise, denn zu viele andere Faktoren könnten diese Ergebnisse verursacht haben.

1958 gab es erste Hinweise darauf, dass nicht die Fettmenge, sondern ihre Zusammensetzung über kranke oder gesunde Arterien entscheidet.

Erkenntnis 3: Eine Cholesterinsenkung mittels Ernährungsumstellung reduziert das Herzinfarktrisiko

Der nächste Schritt erschien logisch: Wenn auf der einen Seite zu viel Cholesterin Herzinfarkte verursachte, müsste auf der anderen Seite eine Senkung des Cholesterins das Herzinfarktrisiko vermindern. Wenn außerdem eine Studie nachweist, dass eine bestimmte cholesterinsenkende Ernährung die Sterblichkeit reduziert, wäre damit der Durchbruch erreicht. Zu diesem Zweck wurde 1959 den Patienten zweier finnischer Krankenhäuser eine cholesterinsenkende Diät mit einem niedrigen Anteil an gesättigten Fetten und Cholesterin sowie einem relativ hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fetten verabreicht. Die Patienten im zweiten Krankenhaus erhielten die dort übliche Kost. Nach sechs Jahren wurde in beiden Krankenhäusern die Kost getauscht. Es zeigte sich, dass unter der cholesterinsenkenden Kost erwartungsgemäß der Cholesterinspiegel der Patienten merklich abfiel. Was noch wichtiger war: Es ergaben sich auch Hinweise darauf, dass unter der cholesterinsenkenden Diät weniger Herzerkrankungen auftraten, was der damals noch jungen Cholesterinhypothese als Ursache von Herzinfarkten einen ziemlichen Auftrieb gab.

Um eindeutig zu beweisen, dass eine Cholesterinsenkung mittels Ernährungsumstellung das Herzinfarktrisiko reduziert, wäre eine groß angelegte Untersuchung mit einer großen Personenzahl notwendig gewesen. Das erschien dem britischen National Heart & Lung Institute (NHLI) als zu teuer und schwer durchführbar. Stattdessen wurde die „Multiple Risk Factor Intervention Trial Study“ (MRFIT-Studie) in den USA realisiert: 1972 wurden 85.773 Männer untersucht; anhand der Risikofaktoren Cholesterin, Blutdruck und Rauchen wurden 15 % der Männer (= 12.866) mit dem höchsten Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, für die Studie ausgewählt. Die Teilnehmer im Alter von 35 bis 57 Jahren wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei gleich große Gruppen eingeteilt. Die erste erhielt ein spezielles Gesundheitsprogramm: eine cholesterinsenkende Diät, kein Nikotin, zusätzlich wurde der Blutdruck konsequent behandelt. Der zweiten Hälfte der Teilnehmer wurde keine dieser Maßnahmen zuteil. Nach sieben Jahren prüften die Wissenschaftler, wie viele Menschen in jeder Gruppe an einer Erkrankung der Herzkranzgefäße verstorben waren. Mit Behandlung lag die Sterblichkeit bei 17,9 von 1000, ohne die genannte Behandlung mit 19,3 pro 1000 höher. Doch überraschenderweise fiel das Ergebnis bei Betrachtung der Gesamtsterblichkeit ganz anders aus: Sie lag bei 41,2 pro 1000 in der Behandlungsgruppe gegenüber 40,4 pro 1000 in der Vergleichsgruppe. Was die Herzinfarktsterblichkeit angeht, blieb das Ergebnis deutlich unter den Erwartungen, aber das Resultat der Gesamtsterblichkeit enttäuschte ohne Zweifel.

Letztlich hinterließ die Studie anstelle der erhofften Bestätigung weiterhin viel Spielraum für Spekulationen zugunsten und auch gegen die Bedeutung des Cholesterins. Nicht nur in Amerika, auch in Deutschland wurden große Anstrengungen unternommen, um das Rätsel des Herzinfarkts zu entschlüsseln. In den 1970er-Jahren startete die aufsehenerregende deutsche „Prospective Cardiovascular Munster Study“ (PROCAM-Studie). Ab dem Jahr 1978 wurden für diese Studie 50.000 Teilnehmer – 31.376 Männer und 18.624 Frauen – im Alter von 16 bis 65 Jahren rekrutiert.

Erkenntnis 4: Es reicht nicht, nur das Gesamtcholesterin oder das LDL-Cholesterin zu senken

Als wichtige Ergebnisse stellten sich mehrere beeinflussbare Risikofaktoren für Herzinfarkte heraus: das „böse“ LDL-Cholesterin sowie die Triglyceride, also die Neutralfette, die bis dahin, teilweise auch noch heute, wenig Beachtung gefunden hatten. Ebenso bestätigten sich Rauchen, Bluthochdruck und Diabetes Typ 2 als Risikofaktoren. Ein hohes HDL-Cholesterin ließ das Herzinfarktrisiko sinken, eine wichtige Erkenntnis, die vielfach bestätigt wurde. Schon an dieser Stelle wurde deutlich, dass es nicht reicht, nur das Gesamtcholesterin oder das LDL-Cholesterin zu senken, sondern auch die Triglyceride und das HDL-Cholesterin. Bei niedrigem Cholesterinspiegel sollte, so glaubte man, die Lebenserwartung besonders hoch liegen – die Wirklichkeit zeigte etwas anderes: Bei einem niedrigen Anfangscholesterinspiegel wurde eine höhere Sterblichkeit beobachtet. Bei näherer Betrachtung war dies auf eine bei Rauchern beobachtete höhere Krebsrate mit niedrigem Cholesterinspiegel zurückzuführen. Da nach über zehn Jahren Beobachtungsdauer ein solcher Zusammenhang nicht mehr vorhanden war, sprechen die Daten dafür, dass eine vorbestehende, noch nicht festgestellte Krebserkrankung in der Gruppe der Raucher einen niedrigeren Cholesterinspiegel bewirkt hatte. Wäre der niedrige Cholesterinspiegel die Ursache für die höhere Zahl an Krebserkrankungen, müsste sich dieser Zusammenhang auch nach zehn Jahren abzeichnen, dann sogar besonders stark, was jedoch nicht der Fall war.

Erst in den 1970er-Jahren war klar: Ein hohes HDL-Cholesterin lässt das Herzinfarktrisiko sinken, eine wichtige Erkenntnis, die vielfach bestätigt wurde.

Fazit: Der Zusammenhang zwischen Cholesterin und Herzinfarkt ist nicht so einfach wie oft dargestellt. Es genügt nicht, dass der Cholesterinspiegel mit einem Medikament sinkt, denn damit wird nicht automatisch auch das Risiko für Herzinfarkte reduziert oder gar die Lebenserwartung gesteigert. Wir werden sehen, dass auch nicht alle Medikamente, die den Cholesterinspiegel senken, ein geringeres Risiko oder eine höhere Lebenserwartung erzielen – und wie wichtig es ist, dass Sie selbst aktiv etwas an Ihren Lebensgewohnheiten ändern.

LDL, HDL und Co.

Sie wissen nun, dass eine Erhöhung oder Senkung des Cholesterinspiegels mit der Art des Fettes zusammenhängt, das wir zu uns nehmen. Nun wird es Zeit, dass wir uns die unterschiedlichen Fette genauer anschauen. Dazu wird es erst einmal etwas chemisch, aber keine Angst, es bleibt einfach und verständlich.